Das Obererzgebirge.
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stellen — die Bergleute sich jenen Tag „erstritten", um frei von den Sorgen
ihres schweren Berufs einmal sich und ihren Familien ganz angehören zu können.
Damit soll nicht gesagt sein, daß an diesem Tage der Bergwerksbetrieb gänzlich
eingestellt sei, das ist eben nach unseren obigen Darlegungen undenkbar. Aber
die nur irgendwie abkömmlichen Mannschaften feiern an diesem Tage, und wer
sonst, um seinen Verdienst zu erhöhen, neben der Nacht- noch eine Tagschicht
verfuhr — jede annähernd 10 Stunden umfassend — der verzichtet heute gewiß
auf letztere und jede anderweite Nebenbeschäftigung (Holzschnitzerei, Musikmachen,
Garten- und Feldbau u. a.). Daß man aber den Tag als höchstes Fest begeht,
zeigt auch die Paradeuniform, die heute selbst den einfachsten Gaughäuer schmückt.
Die schönste Zierde des Festes aber, will uns bedünken, und zugleich ein rührendes
Ueberbleibsel aus der oft zu Unrecht verspotteten „guten, alten Zeit" bildet die
feierliche Kircheuparade der Belegschaft des Reviers mit nachfolgendem Fest-
gottesdienst in der Hauptkirche. Die Bergleute waren es bekanntlich, deren
unverfälschter frommer Sinn frühzeitig die Irrlehren der römischen Kirche
erkannte und sich dem evangelischen Glauben zuwandte. Noch heute erinnert
ein mit einem Bibelbuch und einem Kelche (aus Eisen) geschmückter gewaltiger
Granitwürfel inmitten des Schneeberger Grubeureviers auf dem „hohen Gebirge"
an die Knappschaftskapelle zu „St. Anna", in der schon im Jahre der Ueber-
gabe der Augsburger Konfession (1530) evangelisch gepredigt wurde.
Die Kirchenparade der Bergleute am 22. Juli gestaltet sich besonders in
der ehrwürdigen Bergstadt Schneeberg zu einem hervorragend merkwürdigen und
glänzenden Schauspiele. Nicht nur, daß sich die Bergleute in ihrer alter-
tümlichen Tracht hier auch in größerer Anzahl beteiligen — jetzt etwa 500
Mann, vor 20 Jahren mochten es über 800 gewesen sein —, sondern auch
des gewaltigen Gotteshauses wegen, wohin sich der Zug zur Festfeier bewegt.
Die Schueeberger Hauptkirche, auf dem höchsten Gipfel des Berges gelegen,
welcher der Stadt ihren Namen gab, ist, aus dem Ertrage der Gruben erbaut,
schon in ihrem gewaltigen Umfange ein Zeugnis frommen Bergmannssinnes
und dem Bergheiligen St. Wolfgang geweiht. Weit und licht, ohne beengende
Emporen, an bereu Stelle ein in drittel Höhe um das ganze Gotteshaus herum-
laufender Prozessionsgang tritt — der Bau wurde im Jahre 1516 katholisch
begonnen, im Jahre 1540 aber vollendet und die Kirche evangelisch eingeweiht —,
gehört das Gotteshaus, das entsprechend seiner spätgotischen Bauart vor nicht
zu langer Zeit innerlich prächtig erneuert ward, zu Sachsens größten Kirchen,
dem nicht einmal die St. Annakirche in Annaberg trotz ihrer gewaltigen Größe
gleichkommt. Die ehernen Zungen des harmonischen Geläutes (G-dur), darunter
Sachsens größte Glocke, die weit über 100 Zentner schwere „Dounerglocke",
begrüßen die in festlichem Zuge Nahenden. Eine besondere Gruppe, die wegen
ihrer kleidsamen und eigenartigen Tracht stets ungeteilteste Aufmerksamkeit
erregt, sind die Blaufarbcnarbeiter. Ihre blinkend weißen, faltigen Blusenhemden,
geschmückt mit den nötigen Rang- und Arbeitsabzeichen, stehen seltsam
mit den schwarzen, grün gesäumten Paradeuniformen der übrigen Bergleute,
deren Lederzeug (Berg- und Knieleder) heute blankgeputzt ist. Altertümlich
nimmt sich bei allen auch der federgeschmückte Tschacko aus, während die berg-
männischen Werkzeuge — Hammer. Schlägel, Fäustel, Spitzhacke rc. — dem
Ganzen ein etwas militärisches Gepräge verleihen. Weniger soldatisch mutet
uns die eigenartige Gangart der Bergleute an, die ihnen offenbar infolge ihrer
Berufsarbeit zur andern Natur geworden ist: wir meinen das Vorbeugen der
Knie bei jedem Schritt. Der Volkswitz nennt daher den uralten Marsch, nach
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Das Obererzgebirge.
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Wilhelm, Fürst zu Weimar, zehn Jahre laug Administrator in Kursachsen war,
ließ er alles Wild im Gebirge, jung und alt, wegschießen, sodaß viele Jahre
hindurch die Laudleute zum Schutz ihrer Felder keiner Wildzäune mehr be-
durften. Das sah der alte Jägermeister von Nabeustein nicht gern, denn er
rief seinen Jägern zu: „Treibt fort, wenn gleich etliche Stücke auf die Decke
springen, denn die jungen Herren müssen auch etwas behalten." Herzog Johann
Georg jagte im Jahre 1609 im Gebirge und hielt sich ans dem Fichtelberg
auf, da kam ein grausam Wetter, daß auch der Donner in eine Tanne schlug,
da zog der Herzog den Hut ab und sagte: „Gott ist ein Herr!" Den Tag
hernach gastierte ihn Junker Rüdiger auf Sachsenfeld, und da ihn Nikol Klinger,
Rüdigers Schwähervater, fußfällig empfing, sagte er mit Darreichung der Hand:
„Alter, stehet auf!" Im Jahre 1609 im August lag dieser Herzog wieder auf
dem Hirschpfalz in der Hanerwiesen hinter dem Fichtelberg, da mußte der
Pfarrer aus Wiesenthal am 19. August eine Wald- und Jagdpredigt thun.
Anno 1613 lag der Kurfürst Johann Georg acht Tage lang in Crottendorf,
fischte und jagte nur in den Vorbüschen und schoß bei der Richterin Bretmühle
ab, obgleich die Pest im Dorfe grassierte. Im Jahre 1625 kam der Kurfürst
Johann Georg mit seiner Gemahlin, den jungen Prinzen und Fräulein am
11. Mai in Annaberg an und schoß den 7. Juni den Vogel ab. Der jungen
Herrschaft wurde auch eine Vogelstange zur Lust in Wiesenbad aufgerichtet,
woselbst sie den Vogel den 12. Juni abschössen. Der Kurfürst hielt auch ein
Abschießen bei Annaberg im Hüttengrunde zwischen der Stadt und Frohnau,
darunter war ein so großer und starker Hirsch, daß er unter 2300 Tieren, die
in unterschiedlichen Stallungen auf dem Gebirge waren abgeschossen worden, das
allerschwerste gewesen ist.
Im August desselben Jahres und, wie es scheint, noch aus derselben Jagd-
reise begriffen, wurde dem Kurfürsten und seiner Gemahlin angesagt, daß der
Hammerherr Heinrich von Elterlein auf dem Löwenthal so schöne Fische in
seinem Teiche und sonderlich große Forellen hätte, die er lange gemästet habe.
Da ließ der Kurfürst mit seiner Familie sich anmelden, daß er dem Fischzug
beiwohnen und denselben sehen wolle. Um 10 Uhr früh kam der Kurfürst selbst
mit seinem Jägermeister und anderen Hofoffizieren und bestellte die Mahlzeit,
mittlerweile wurde der Teich gefischt; von dem Fischzng bekam der Knrfiirst
3 Mandel der schönsten Forellen, darunter war eine, die 8 Pfund wog. Es
wurden die Fische in Gegenwart des Fürsten von Darmstadt, der um ein
Fräulein ans dem kurfürstlichen Hause freite, gesotten und zu Crottendorf
auf die Tafel getragen, darüber sich alle verwundert haben. In des Hammer-
herren Stube wurde ans zwei Tafeln gespeist unter grünen Birken, doch war
der Fehler begangen worden, ehe sie sich zu Tische setzten, hatte man zwar
Kannen und Gießbecken aufgesetzt, aber kein Wasser drein gethan. Da nun der
Jägermeister dem Kurfürsten Wasser aufgießen wollte, war keins drinnen, da
gab es ein gutes Gelächter. Der Kurfürst zeigte sich fröhlich, ritt spät von
dannen, dankte mit der Hand, auch der Wirtin, die in der Küche geschäftig war.
„Ei," sagte er, „habt Ihr nicht eine räucherige Küche, doch die Küchen sind
nicht anders. Gute Nacht!" Den 23. August hielt der Kurfürst ein Abschießen
bei Nendorf, und es war kurzweilig dabei, denn die Crottendorfer hatten
einen Bauern auf die Wache gestellt, damit er aufmerke, wenn der Kurfürst
aufsäße und wieder nach Crottendorf wolle. Der Kurfürst allein und zu Fuß
traf den Bauern auf einem Hügel sitzend an; letzterer aß ein Stück Brot und
der Kurfürst setzte sich zu ihm. „Hast Du den Kurfürsten schon gesehen?"
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Johann
Georg Johann Nikol_Klinger Rüdigers_Schwähervater August August Johann_Georg Johann Johann_Georg Johann August Heinrich_von_Elterlein Heinrich August
Das Obererzgebirge.
fragte er ihn. „Nein, ich soll aufsehen, wenn er wird ans sein." „Wer, denkst
denn Dn, wer ich bin?" Der Bauer sieht ihn an, ohne den Hut zu ziehen
und ohne eine Reverenz zu machen und spricht endlich: „Ich sehe wohl, daß
Ihr ein Herr seid, Ihr habt doch Stiefel an." Während des weiteren Ge-
spräches kommen die Jäger hinzu und verwundern sich. Der Kurfürst aber
lacht und spricht: „Einen solchen tölpischen Fichtclberger habe ich im Gebirge
noch nicht gesehen", und läßt ihm venedische Seife geben, d. i. ergänzt der
Chronist, die Haare ein wenig zausen. Von Crottendorf schickte der Kurfürst
zwei Waldhüter mit drei Wildtauben nach Annaberg und verehrte dem Super-
intendenten, dem Kapellenprediger und dem Hospitalpsarrer jedem eine. Als er
in Steinbach 300 Stück Wild abgeschossen und auch ein Abschießen in
Mauersberg gehalten hatte, kam er von Crottendorf nach Schlettau und
fischte daselbst zwei Teiche. Hier ereignete sich's, daß der Bäcker Auersbach auf
dem Teichdamm einen Fußfall vor dem Kurfürsten that und um Verzeihung
seinen Herrn anflehete. Er hatte nämlich an seinem Krautzann ein Stück Wild
am Fuß in einer Schlinge gefangen. Kurfürst: Was wolltest Dn damit machen?
Bäcker: Ach, gnädigster Kurfürst und Herr, ich wollte dem Stück Wild nichts
am Leben thun, sondern nur ein paar Schläge geben, weil es mir das Kraut ab-
gefressen hatte. Kurfürst: Ja, Dir sollte man Schläge geben. Wenn ich Deines
grauen Kopfes nicht scheute, wollte ich Dir weisen, wie Du mein Vieh hegen
solltest, laß ich doch Dein Vieh auf meinem Grund und Boden gehen und
zürne nicht darum, gehe und hüte Dich.
Am 9. August 1628 hielt der Kurfürst ein Abschießen zwischen Steinbach
und Grumbach, er erlegte dabei 570 Stiick Wild. Er ließ auch den Herrn
Peter Versmann, Pfarrer zu Arnsfeld, vor sich predigen, und da ihm seine
Gaben wohl gefielen, versorgte er nicht allein sein Haus mit Wildbret, sondern
er befahl auch seinen Leibärzten, sie sollten den armen Mann, weil er wasser-
süchtig war, doch heilen. Die Ärzte versuchten ihr Heil, trieben zwar das
Wasser heraus, aber der Pfarrer fiel in die Schwindsucht, worau er starb.
„Gesegne euch Gott, ihr Hölzer, ich sehe euch nicht wieder," waren die Ab-
schiedsworte des Kurfürsten an sein erzgebirgisches Jagdgebiet.
Die Fanfaren der kurfürstlichen Jäger sind in unserem Erzgebirge schon
seit langer Zeit verstummt, der Reichtum an Wild ist verschwunden, dennoch
ist die Poesie in unseren Wäldern nicht ganz dahin, denn noch hört man, wenn
auch vereinzelt, in unseren Staatsforsten auf dem Kamme des Gebirges den
Schrei des Hirsches und noch lacht in hoher Krone der Auerhahn!
Nach Lungwitz.
c. Jagdsronden der Obererzgebirger.
Eine große Last waren die Jagddienste, welche die Unterthanen zu leisten
hatten. Im Amte Crottendorf hatten von 302 Mann die eine Hälfte die
Seile in die Wildhecken einzubinden, wieder aufzuheben und vor den Seilen
aufs Wild zu warten; die andere Hälfte hatte die Netze, Tücher und Seile
aufzuhängen und zu trocknen, sowie das Jagdzeug auf die Wolfsjagd zu fahren.
Zu den Netzfuhren mußten auch die Hammermeister Vorspann leisten und er-
hielten dann von den dienstpflichtigen Dorfschaften für 4 Pferde 16 Groschen,
für 2 Pferde 8 Groschen. Außerdem hatten die Dorfschaften noch die Wild-
bretfuhren, die Abfuhr des erlegten Wildes, zu leisten, die Hammermeister, zwei
Jäger mit Jägerburschen, Hundebuben und Hunden, nach Gelegenheit der zuge-
stellten Jagden mit Herberge und Mahl zu versorgen. Zn einer im Jahre
1564 beabsichtigten kurfürstlichen Jagd im Erzgebirge wurden erfordert: im
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Extrahierte Personennamen: Crottendorf Kurfürst Kurfürst August Peter_Versmann Lungwitz
Das Obererzgebirge.
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bekannt wurde. In der Nähe des Zschopauer Thores in Marienberg giebt es
heute noch einen „Frischen Quell", dessen Wasser jedoch nur als Trinkwasser
benutzt wird.
Das Bad Raschau wurde 1808 eingerichtet. Nach ihm fuhrt noch ein
Gasthaus in Raschau seinen Namen. Auch in der Nähe von Ehrenfrieders-
dorf giebt es einen Mineralquell, der bald als Stahl-, bald als Sauerbrunnen
bezeichnet wird. Im Jahre 1646 wurde in Grumbach bei Jöhstadt am Walde
nahe dem „Thumshirn-Brunnen" ein Heilbrunnen entdeckt, dessen Wasser zu
warmen Bädern gebraucht ward. Nach ihm war eine Zeit lang großer Zulauf
aus Meißen und Böhmen. Es wurden bei ihm selbst Betstunden abgehalten.
Auch in Nendorf und Crottendorf hat man ans einer nicht mehr vorhandenen
Quelle zur Kur getrunken. Zwei eisenhaltige Quellen sollen vom Fichtelberge
in den Zechengrund abfließen.
Mathesius sagt über die Gesundbrunnen und warmen Bäder des Erz-
gebirges: „Unser Herr Gott ist ein weiser Hausvater. Weil er denn weiß,
daß arme Bergleute in Gruben und Hütten viel böses Wetter, koblichten Stank,
kalte Dämpfe, feuchten Brodel und giftigen Ranch in sich ziehen, pflegt er neben
die Bergwerke gemeiniglich eine eigene Apotheke anzurichten, damit die Bergleute
eine Bergarznei hatten wider die Lähme und verschleimte Lunge, erkältete Mägen
und verlähmte Glieder und was der Bergsncht und Beschwerungen mehr sind."
Nach Köhler u. a.
y. Fischreichtum erzgebirgischer Flüsse.
Die Flüsse und Bäche Sachsens enthielten zu der Zeit, wo Petrus Albinus
aus Schneeberg seine 1590 erschienene „Meißnische Land- und Bergchronik"
schrieb, noch einen Fischreichtum, wie derselbe trotz unserer künstlichen Fisch-
zucht und Fischereigesetze bei den durch Fabrikanlagen verunreinigten Gewässern,
ihren Uferbauten und Regulierungen, den Entwaldungen unserer Berge und
anderen schädigenden Einflüssen mehr, wohl kaum wieder erzielt werden dürfte.
Man sing in der Elbe bis zu 2 Zentner schwere Störe, und zwar galt
als die beste Fangzeit die Zeit der Rosenblüte; ebenso fehlten auch die Welse
nicht, die um Johannis am besten waren, „darnach," so meldet Albinus, „ver-
bargen sie sich in die Felsen, darinnen verhielten sie sich, bis sie die „Eglen",
d. h. wahrscheinlich die gemeinen Fischegel, stachen, hernach machten sie sich
wieder heraus". Brassen und selbst die noch jetzt aus der Ostsee in die Oder
kommenden Zährten, ferner Barben, Hechte, Aale, Aalranpen, Lampreten und
Neunaugen, sowie Lachse bevölkerten damals unsere Gewässer; in der Mulde
sing man Barben bis zu 10 bis 15 Pfund, Lachse bis zu 18 Pfund, und zu-
weilen wurden 18pfündige Hechte gefangen. Erwähnt wird dabei, daß man
1544 in der Jll bei Straßbnrg einen Hecht von 26 Pfund und in dem Filz-
teiche bei Schneeberg einen so großen sing, daß derselbe nicht Raum in einem
Bierfasse hatte. Dazu kamen noch in den Büchen zahlreiche Forellen, Stein-
beißer und Schmerlen, Gründlinge und Kaulbarsche vor, so daß die Fische vor
300 Jahren einen nicht unwesentlichen Teil der Ernährung, selbst des ärmeren
Volkes bilden konnten. Mit besonderer Vorliebe verweilt daher auch Albinus
bei diesem Kapitel seiner Landeschronik, und er begnügt sich nicht, dabei nur
die Namen der einzelnen Fische zu nennen, sondern durch verschiedene beigefügte
Bemerkungen über Laichzeit, Nahrungswert, Schmackhaftigkeit und anderes mehr
weiß er für seinen Gegenstand ein noch größeres Interesse zu erregen. So
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Das Obererzgebirge.
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Der erzgebirgische Bergstaat zerfiel am Anfange unseres Jahrhunderts in
das Oberbergamt und in das Oberhüttenamt zu Freiberg. Unter ersterem
standen die Öberzehntner- und Austeilämter in Freiberg und im Obergebirge,
wo wir finden die Bergämter Annaberg, Geyer, Ehrenfriedersdorf, Johann-
georgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock, Marienberg, Scheibenberg mit
Oberwiesenthal.
Außer den Steigern giebt es: Kunstarbeiter, Ganghäuer, Helfersknechte,
Zimmerlinge, Doppelhäuer, Lehrhäuer, Siebsetzer, Treibelente, Haspelmeister,
Nachtpocher, Gruben-, Wasch- und Scheidejungen. Eine Schicht umfaßt 4, 6
oder 8 Stunden. Im Annaberger Bergamte gab es 5 Schichten die Woche,
weil Sonnabend frei war.
Die Hänerglocke forderte zum Anfange auf. Seit 1595 wurde im Hut-
oder Zechenhaufe vor Beginn Betstunde gehalten. Im Huthause wohnt der
Steiger, der das Werkzeug bewahrt.
Ist ein Arbeiter alt oder krank, so heißt er bergfertig. Die Büchsen-
pfennige fließen in die Knappschaftskasfe.
Ehemals gab es in jedem Bergamte einen verpflichteten Rutengänger.
Für die Bergleute sind auch Getreidemagaziue angelegt worden. Sie sind frei
von allen Abgaben.
Schon der Bergknabe vom 6. Jahre an kennt und übt den Fleiß als
eine der ersten Tugenden, und dadurch wird sie dem Bergmanne gleichsam zur
andern Natur. Die Poch- und Scheidejungen müssen bei Karbatschenstrafe
oder Vogelbolzen täglich ihre bestimmte Zahl Körbe voll Erz pochen, ja sogar
die Feiertage in den Wochentagen nach und nach mit einbringen. Sie treiben
einander häufig durch Wetten an. Wer z. B. zum Johannisfeste am ersten mit
der bestimmten Arbeit fertig ist oder Schicht hat, heißt König oder Staats-
lümmel und wird, mit Blumen oder Kränzen behängen, unter dem Voran-
tragen einer roten Fahne mit Ehrenbezeigungen nach Haufe geführt. Den
aber, der zuletzt Schicht hat, nennt man den faulen Lümmel und begleitet
ihn, ihn mit diesem Namen neckend, nach seiner Wohnung.
Ein Schacht ist eine viereckige Öffnung, die senkrecht in die Erde führt.
Dahinein führen Fahrten oder Leitern. Die Absätze zum Ruhen heißen Böhnen.
Das Innere ist ausgezimmert oder ausgemauert. Die Stölln führen wagerecht
ins Gebirge und dienen zum Wasserabfluß, zur Zuführung frischer Luft und
Abfuhr des Erzes auf Hunden.
Gänge nennt der Bergmann nach ihrem Gehalte edel oder taub, mächtig
oder leer.
Fünftel, Schlägel, Bohrer sind Werkzeuge des Bergmanns. Das Zntage-
fördern geschieht mit dem Haspel, an dem durch einen an dem Seile hängenden
Kübel die Erze emporgewnnden werden. Tiefe Gruben brauchen den Göpel,
welchen Pferde oder Wasser treiben. Das Wasser heben die „Künste" empor,
deren Pumpen durch Räder getrieben werden.
Bergbananteilscheine heißen Kuxe.
Im Berggebiete war das Holz ein wichtiges Bedürfnis. Das Auszimmern
der Schächte und Stölln, der Wasser- und Maschinenbau, die Schmelzöfen,
Schmiedehammer, Siedewerke, Pechhütten und dergleichen verschlangen viel Holz.
Schon im Anfange des 15. Jahrhunderts merkte man das. Der Bergbau,
das damalige weit stärkere Brauwesen, die häufigen Brände nagten um die
Wette an dem Kern der Waldungen. Hierdurch wurden die ersten Flößen
ans holzreichen in holzürmere Gegenden veranlaßt.
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Das Obererzgebirge.
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der Spinnerei gesellte sich die Weberei und Strumpfwirkerei. Vor dem Dreißig-
jährigen Kriege hatte in Chemnitz außer der Leinweberei die von Niederländern
eingebürgerte Tuchmacherei geblüht. Nunmehr wandte mau sich mit Erfolg
der Baumwollweberei zu und fertigte anfangs 1717 Barchent und dann 1725
Musseline und Kattune und allerlei bunte Waren. Fünfzig Jahre nach dem
Betreten der neuen Bahn mögen in und um Chemnitz 2000 Handstühle in
Thätigkeit gewesen sein. Die Strumpfwirkerei war in Chemnitz schon 1728
eingeführt worden. Sie gewann aber erst große Bedeutung, als es dem
Kaufmann Esche in Limbach 1776 gelungen war, mit Hilfe zweier geschickter
Arbeiter den von dem Engländer Lee erfundenen Strnmpfwirkerstuhl nachzu-
bauen.
Auch das erzgebirgische Franengewerbe erhielt im Laufe des 18. Jahr-
hunderts eine Zugabe. Die ans Bialystock gebürtige Klara Angermann,
welche sich mit dem Förster Nollain in Eibenstock vermählte, hatte in einem
polnischen Kloster das Tambourieren oder Sticken mit einer Häkelnadel gelernt
und verpflanzte es 1775 nach Eibenstock.
Rechnet man zu dem allen, daß der Bergbau durch die 1765 in Freiberg
errichtete Bergakademie zur Wissenschaft erhoben wurde und man nun im stände
war, einen größeren „Teufen" abzubauen und minder edle Erze zu verhütten,
so wird man begreifen, daß schon im verflossenen Jahrhunderte das Erzgebirge
ein Hanptindnstriegebiet für Sachsen, ja für ganz Deutschland wurde. Dabei
ist jedoch anzuerkennen, daß die Großindustrie erst seit Anwendung der Ma-
schinen und der Einführung des fabrikmäßigen kaufmännischen Betriebes ent-
standen ist. Der Gebrauch der Spinnmaschine, die 1775 durch Richard
Arkwright in England verbessert wurde, die Anwendung des Jacquard- und
des Kraft- oder mechanischen Webstnhles wirkten entscheidend. Trotzdem daß
die Handspinnmaschinen in die Rumpelkammer verwiesen, das Weberschifflein
der Hand des Arbeiters entzogen und der gewöhnliche Strnmpfwirkerstuhl auf
gewisse Arbeiten beschränkt wurde, so wuchs die Erzeugung von Waren doch
ungemein und wurden überhaupt viel mehr Leute beschäftigt denn früher.
Auch bei der Klöppelei und Stickerei traten Maschinen auf, so die 1800
von Heathcoat in Nottingham erfundene und rasch vervollkommnete Bobbinet-
maschine, welche einfache Spitzen sehr billig herstellt, und ferner die von den
Schweizern aufgebrachte Stickmaschine, welche 200—500 Nadeln durch einen
Hebeldruck in Bewegung setzt und darum nicht zu verwickelte Muster um einen
geringen Preis liefert. Beide Maschinen machten der Frauenarbeit gefährlichen
Wettbewerb, drückten die Löhne herab und drohten, der weiblichen Hand, welche
früher das Spinnrad und neuerdings durch die Strick- und Nähmaschine fast
das Strick- und Nähzeug verloren hat, auch den Klöppel und die Sticknadel
zu entwinden. Aber durch den Übergang zu künstlicheren Mustern und die
Verbindung von Maschinen- und Handarbeit ist es ihr dennoch gelungen, sich
neben und mit den Maschinen zu behaupten.
Im Sehmathale herrscht die Posamentenerzeugnng als Hausindustrie und
zieht sich in starkbevölkerten Dörfern über Annaberg und Bnchholz bis zu dem
Fichtelberge hinaus, an dessen Fuße die vier Städtlein Wiesenthal liegen. Die
Mannigfaltigkeit der Posamentenerzeugnng läßt sich nur andeuten; alles, was
Kleiderbesatz und Garnitur heißt, Ornamente, Knopf, Borte, Franse, Quaste,
Schnur, wird gewirkt und geschlungen, gedreht und genäht. Geht das Ge-
schäft flott, wie 1844—1849, in den 60er Jahren, auch in den ersten 70er
fahren noch, dann sind Tausende von Posamentierstühlen, Hunderte von Mühl-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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Extrahierte Personennamen: Klara_Angermann Richard
Arkwright Wiesenthal
Extrahierte Ortsnamen: Chemnitz Chemnitz Chemnitz Limbach Nollain Eibenstock Eibenstock Freiberg Sachsen Deutschland England Nottingham Annaberg Bnchholz Franse
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Das Obererzgebirge.
litt ka iech net huchgelehrt redn
Sn wie's in Kerngbuch stiehl,
Sn ka ich doch singe un batn
:/: Un ah manch gebergsch Lied. :/:
9k' Snnntig da thu iech mich putzn,
No her iech de Predig mit oh,
Nooch flies) iech zun Schwasterle hntzn,
:/: Do sänne mer enannr när ah. :/:
S' Karschettl, es Tichl, es Schürzt
Js olles neiwaschn un schie',
De schwäbischn Aermln an Leiwl,
:/: Die ho iech gemanglt heit frieh. :/:
Wenn ohm'sd nooch Häm werd gange,
Sieht Schätzt mich sehnettich oh,
Un fragt mich: he Host ke Verlange,
:/: He, Schätzet, he brauchste sän Mo? :/:
Was latschte, wos patzschte mer wiedr,
Mach mir ner tan Meerettig nah,
De brauchst mich doch net erst ze froong,
De sift marsch an Aange schieh oh.
25. Lrzgebirger beim ersten sächsischen vslkstrachtensest.
An dem Festzuge des ersten sächsischen Volkstrachtenfestes am 5. Juli 1896
in Dresden haben auch die Erzgebirger sich beteiligt lind manche ihnen noch
eigentümliche Tracht aufgewiesen. Die erste Abteilung des erzgebirgischen Zuges
bildeten die Bergleute, und zwar zunächst die Farbenwerk- und Hüttenleute mit
Zimmerlingen und Maurern mit Musikkorps, sodann die Gruppe aus den Blau-
farbwerken in Oberschlema und Pfannenstiel. Der Gruppe aus dem Kupfer-
hammer „Grünthal" folgte die Gruppe der Kohlenbergleute. Dem Bergmannszug
schlossen sich noch Bauern und Hausierer ans dem Erzgebirge an. Hierzu
gehörten Lösfelhündler aus Beyerfeld, Spielwarenhändler aus Grünhainichen
und Kastenleute ans Jöhstadt. Den Schluß des Zuges bildete ein vollständig
ausgerüsteter erzgebirgischer Lastwagen, der vom Fuhrwerksbesitzer Israel in
Löbtau gestellt wurde.
Streiten ist an sich keine löbliche Eigenschaft, und am allerwenigsten scheint
ein sittlicher Grund vorzuliegen, die Erinnerung an einen Streit in einem
alljährlich wiederkehrenden, festlich begangenen Tage festzuhalten und ans die
kommenden Geschlechter zu vererben. Und doch haben unsere biederen sächsischen
Bergleute dies Ungeheuerliche fertig gebracht und sie feiern alljährlich ihren
„Streittag" als einziges und höchstes Bergfest, im Schneeberger Bergrevier und
auch wohl in anderen am Tage Maria Magdalena, den 22. Juli. Die Grundlage
dieses Festes bildet das gewiß begreifliche Verlangen der geplagten Bergleute,
wenigstens an einem Tage im Jahre von ihrer saueren Arbeit „tief unter der
Erd'" ausruhen zu dürfen. Denn im Dienste der Sicherheit und Regelmäßig-
keit des Betriebes giebt es bekanntlich im Bergbau keine eigentliche „Sonntags-
ruhe", sondern unablässig arbeitet im Schachte das sogenannte „Knnstgezeng"
weiter, wie das von dem auf der Halde stehenden Zechenhäuschen erklingende
Bergglöckchen mit seinem regelmäßigen „Kling" anzeigt. Zur Bedienung des
„Kunstgezeugs" aber, das den gesäurten für den Grubenbau unentbehrlichen
Maschinenbetrieb zur Entfernung bez. Nutzbarmachung der Grubengewässer, der
Förderung des Gesteins, Beförderung der Belegschaft, d. h. der Mannschaften,
n. s. w. zu ordnen hat, sind Menfchenkräfte unentbehrlich, und würde einmal
plötzlich das Bergglöckchen sein eintöniges „Kling" nicht vernehmen lassen, so
wäre die bange Furcht, daß die finsteren Mächte des Abgrundes wieder einmal
ihr unheimliches Zerstörungswerk begonnen haben, leider nur allzusehr begründet.
Da haben nun vor Zeiten — urkundlich läßt sich das Datum nicht genau fest-
2% Der Streittag.
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Extrahierte Personennamen: Schneeberger_Bergrevier Maria_Magdalena Maria
Extrahierte Ortsnamen: Kerngbuch Dresden Oberschlema Israel
Das Obererzgebirge.
41
innerhalb der Waldungen, welche die verschiedene Thalgebiete trennenden Höhen-
rückenzüge bedeckten, die Grenzlinien zwischen den in gleicher oder ähnlicher Weise
angeordneten Nachbargemeinden.
Ein jeder der Höfe lag in seinem ein nnzertrenntes Ganze bildenden Besitz.
In der mehr oder weniger breiten Sohle der Thäler waren die Wiesen, weiter
oben ans dem Abhänge und dessen weniger steiler Fläche das Ackerfeld und auf
dem Rande zwischen beiden der Hof mit seinen Gebäuden und dem Garten.
Weiter aufwärts lagen die Hutungen und oben auf der Höhe der Wald.
Diese Art der Hufenteilung ist die im Erzgebirge bei seiner Besiedelung
vorwiegende gewesen. Weniger gebräuchlich, aber doch auch vorkommend, ist die
z. B. in Thüringen vorherrschende, mit der slawischen oder sorbenwendischen
Hufeneinteilung im Grundgedanken übereinstimmende Hufengattung, bei welcher
die Hufe aus einer großen Anzahl einzelner Ackerstücke besteht, welche durch die
Feldflur der Dorfgemeinde verstreut liegen. Das gesamte Pflugland wird in
eine Anzahl von Vierecken dergestalt geteilt, daß der Boden eines jeden dieser
Vierecke von möglichst gleicher Beschaffenheit ist. Nun wird ein jedes dieser
Vierecke in so viele Streifen oder Gewende zerlegt, als die Flur Hufen oder
Höfe zählt, sodas; eine Hufe wie die andere aus ganz gleichen Teilen zusammen-
gesetzt ist.
Die Wiesen werden auch bei dieser Hufengattung besonders verteilt. In
der Regel erhielt eine jede Hufe Wiesenanteile in den drei schon im frühesten
Mittelalter unterschiedenen Wiesenlagen, und zwar Thal- oder Bewässernngs-
wiesen, Wiesen an den Hängen oder Thalhängen und Berg- oder Höhenwiesen.
Jede ans dieser Hufengattnng bestehende Dorfflnr bildet ebenfalls ein geschlossenes
Ganze; die Hufe ist sogar vollständig abgeschlossen, wie bei der ersten Hufen-
gattnng; denn jedes neugerodete Stück Land liegt außerhalb der Hufe. Daher
kommen neben der Hufe häufig noch einzelne Äcker vor. besonders dann, wenn
der Wald ursprünglich geschlossenes Gemeindeeigentum war. — Die zu dieser
Hufengattung gehörigen Hoferaithen liegen stets zu einem geschlossenen Dorfe
vereinigt beisammen.
Für die große Mehrzahl aller Dörfer im Erzgebirge, wenigstens soweit
sie mit Ackerbau und Viehzucht in Verbindung stehen oder wenigstens in Ver-
bindung gestanden haben, kann man die Ansiedelung der Dorfgemeinde im ganzen
als die Regel annehmen. Dies schließt jedoch nicht aus, daß eine kleine An-
siedelung durch Zuzug einer geschlossenen Menge neuer Ansiedler mit einem
Male oder durch allmählichen Zuwachs nach und nach im Laufe der Jahr-
hunderte wesentlich vergrößert worden ist. Nach M. v. Süßmilch.
c. Neste der sorbischweudischen Sprache.
Noch heuzutage sind ans dem Abhange des Erzgebirges mancherlei Wörter
und Bezeichnungen inmitten einer vollkommen deutsch erscheinenden Bevölkerung
gebräuchlich,^welche auf sorbenwendischen Ursprung zurückweisen. In der berg-
männischen Sprache begegnen wir den Wörtern „Halde" für eine Aufschüttung
von Gesteinen, was auf halda = der Weiler führt; „Perl", der Breithammer,
auf perlik; „Kaue", das Stollenhaus, auf kavna — die Hütte; „Tscherper",
das Messer der Bergleute, auf serp = die Sichel; „Nusche", das schlechte
Messer (auch Kutternusche), auf nuz = das Messerchen; „Schrägen", Holz-
schragen, ein bestimmtes Maß Holz auf srak — das Gestell (znm Messen des
Holzes); „Bähnert", ein runder Korb, auf dano = der Flechtkorb. Unter
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102
Das Obererzgebirge.
nach dem Zinnseifen oder Auswaschen des Zinnerzes übrig geblieben ist. Diese
Halden sind durchwühlt worden. Durch Zuführung von Wasser wurde ans
ihnen nicht nur das Zinnerz, sondern auch die Feinerde ausgeschieden. Nach
Mathcsins in Joachimsthal führte der Zinnwäscher Wasser in zinnhaltige Ge-
biete und stach eine torfähnliche Masse. Grobe Stoffe und Steine warf man
mit der Gabel heraus. Der gute Stein setzte sich dann zu Boden. Man
reiniget ihn, um dann das Zinn zu gewinnen. Diese Seifen befanden sich
besonders in flachen Thalmulden. Außer Zinnstein fand man auch Topas,
Opal, Beryll, letzten besonders im Denitzgrnnde bei Eibenstock. Auch Gold-
körner fand man, so 1733 am Anersberge eins von 13 Aß Gewicht, das in
demselben Jahre dem Kurfürsten bei der Huldigung in Freiberg überreicht wurde.
Sehr zahlreich waren die Seifenwerke im Gebiete von Schneeberg und
Eibenstock. Zahlreich waren auch im 17. und 18. Jahrhundert die Seifen in
der Umgegend des Dorfes Bockau. Da hat man in jedem Thälchen nach
Zinnerzen gesucht. Das geschah im ganzen Gebirge bis nach Johanngeorgen-
stadt hinauf.
Besonders bemerkenswert sind die Seifen bei Geyer und Umgebung, die
zu den ältesten gehören. Der jetzt durch seine Spielwaren weit bekannte Ort
Seiffen verdankt seine Entstehung auch dem Zinnbergbau. Nach Dr. Köhler.
51. Der ehemalige Silberbergbau,
a. Altes Berglied.
Ein Bergmann:
Wenn der Schacht erst eingesenket,
Fahrt und Sprossen wohlverwahrt,
Seil und Kübel eingehenket,
Ist des edlen Bergmanns Art,
Daß er mit Schlägel und Eisen
Mag seine Kunst erweisen!
Der volle Chor:
Daß er mit Schlägel und Eisen
Mag seine Kunst erlveisen!
Hurra! — Glückauf!
Ein Bergmann:
Wenn das Glöcklein drei thut läuten,
So heißt's: Bergmann, steh'aufmitfreuden,
Es heißt: Bergmann, geh' ans die Zech,
Dann wirst du wohl finden
Steiger, Häuer und die Knecht!
Chor:
Steiger, Häuer und die Knecht!
Hurra! — Glückauf!
Ein Bergmann:
Zünd' ich an mein Grubenlicht,
So heißt's: Bergmann, fahr an die Schicht,
Jahr ein die Schächtlein tief und lang,
Dann lvirst du wohl finden
Einen schönen Silbergang.
Chor:
Einen schönen Silberguug.
Hurra! — Glückauf!
Ein Bergmann:
Und als ich kam vor meinen Ort,
Da saßen die lieben Engelein und wachten
dort.
Sie thun mich recht lehren und weisen,
Wo ich soll ansetzen mit meinem Eisen.
Schlag ich darauf mit allem Fleiß,
Daß von mir abdringt der Schweiß,
So bin ich doch derhalben nicht
Verzaget, dieweil ich schönes Silber sah,
Das Herzlein darauf that lachen.
Chor:
Das Herzlein daraus thät lachen.
Hurra! — Glückauf!
Ein Bergmann:
Wenn die Schicht verfahren ist, _
Ruf' ich zu dir, Herr Jesu Christ,
Befehl' Leib' und Seel' in deine Hände.
Du wirst mich ivohl führen
In das himmlische Zelt.
Chor:
Du wirst mich wohl führen
Ju das himmlische Zelt.
Chor:
Du wirst mich ivohl führen
Ju das himmlische Zelt.
Hurra! — Glückauf!
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Das Obererzgebirge.
109
züge, auf denen die Gewinnung jahrhundertelang bergmännisch betrieben
wurde. Vielfach sind diese Gänge zu Tage ausgegangen: Frühzeitig hat man
schon das Erz verwertet. Es ist wahrscheinlich, daß der Aufschwung der
Eisenhüttenwerke im 16. und 17. Jahrhundert zu suchen ist. Im 16. Jahr-
hundert entstanden Muldenhammer, Unter- und Oberblauenthal, Wildenthal,
Breitenbach, die Hämmer von Pöhla und Raschau. Im 17. Jahrhundert sind
gegründet Carlsseld und Wittigsthal. Vom Jahre 1660 stammt ferner die
„Hammerordnung" Kurfürst Johann Georgs Ii. für die Blechhämmer in
den Ämtern Schwarzenberg, Wolkenstein und Lauterstem. 1775 sind im Be-
zirke des Kreisamtes Schwarzenberg allein 18 Eisenhämmer, ohne die Wafsen-
und Drahthämmer, im Gange gewesen. Heutzutage sind von den alten Eisen-
hämmern noch Pöhla, Obermittweida, Erlahammer, Morgenröte, Rautenkranz,
Schönheiderhammer als Eisengießereien vorhanden. Der Hohofeubetrieb hat
ganz und gar aufgehört.
Es muß in der Zeit der Blüte dieser Eisenhämmer ein gar reges Leben
in den Gebirgsthälern gewesen sein. Da dampften die Hohöfen, die Gebläse
pfauchten, und hell erklang der Schall der mit der Hand geschwungenen Hämmer
zwischen den vereinzelteren dumpfen Schlägen des großen Hammers, den
Wasserkraft in Hub setzte. In den niederen schwarzen Hütten rührten sie sich
emsig, die rußigen Gestalten der Hammerschmiede, die um die Frischfeuer, die
Ambosse und Gießstätten herum thätig waren. Sie bildeten eine echte und
gerechte Zunft. Manche der ersten von ihnen im wilden Waldgebirge werden
stellenweise ihr bißchen Eisenstein selbst erst gegraben haben, um es dann zu
verschmelzen. Meist hatten sie jedoch nur sogenannte „Zerrenufeuer" und
„Blauöfen". Erstere sind Gebläseöfen gewesen, in denen nur Eisen geschmolzen
werden konnte, auch in letzteren konnte nur Harteiseu geschmolzen werden, doch
sind die Blauöfen gewissermaßen als Vorstufe der Hohöfen anzusehen. Ende
des 16. Jahrhunderts scheinen die ersten Hohöfen gebaut worden zu sein.
Hammerschmiede hießen die Gesellen dieser Hammermeister. Mitte des 18.
Jahrhunderts stellte man schon eiserne Kessel, Öfen, Ofentöpfe und dergleichen
Gußwerke her. Im 17. Jahrhundert, im Jahre 1683, hat man zu Carlsfeld
ein Eisenschmiedewerk angerichtet. Auch ein Pfannenschmiedewerk erstand. Die
Hauptsache war aber die Herstellung der Bleche. An die Blechhämmer schlossen
sich die zahlreichen Löffelschmiedereien an. Von diesem Gewerbe hat sich noch
ein bedeutender Rest erhalten. Nach Dr. gocooi.
b. In einer overerzgebirgischen Eisenhütte vor 50 Jahren.
Jedes Hammerwerk hat wenigstens einen Leiter, welcher ein technisch ge-
bildeter Mann sein muß, und einen Schichtmeister, dem das Rechnungswesen
anvertraut ist, während ersterem die technische Leitung des Werkes obliegt.
Zu dem Hohofen, in welchem der Eisenstein geschmolzen wird, gehören 1 Stein-
pocher, 2 Aufgeber, 2 Hohöfner und 1 Schlacken- oder Wascheisenpocher. Ehe
der Hohofen angeht, wird durch deu Leiter der untere Teil des Hohofens
eingebaut, was man Zustellen nennt; früher besorgte dies der Hohofenmeister.
Bei einem Stabhammer oder Frischfeuer, in welchem das rohe, durch den
Hohofen gewonnene Eisen ausgeschmiedet wird, arbeiten der Meister oder
Frischer, der Vorschmied, der Einschmelzer und ein Junge; zuweilen bei fran-
zösischen Feuern noch ein Fröner, welcher Vorschmiedsstelle dann mit versehen
muß. Die Arbeit der Hammerschmiede ist und bleibt wohl eine der schwersten
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Extrahierte Personennamen: Breitenbach Pöhla Johann