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1. Neuntes Schuljahr - S. 17

1912 - Halle a.S. : Schroedel
17 dächtiges Loch zeigen wollte, so wußte sie doch immer wieder eine geheime Ader des Breies zu eröffnen oder langte kurzweg in offenem Friedensbruch mit ihrem Löffel und mit lachenden Augen in des Bruders gefüllte Grube. Alsdann warf er den Löffel weg, lamentierte und schmollte, bis die gute Mutter die Schüssel zur Seite neigte und ihre eigene Brühe voll in das Labyrinth der Dämme und Kanäle ihrer Kinder strömen ließ. 3. So lebte die kleine Familie einen Tag wie den andern, und indem dies immer so blieb, während doch die Kinder sich auswuchsen, ohne daß sich eine günstige Gelegenheit zeigte, die Welt zu erfassen und irgend etwas zu werden, fühlten sich alle immer unbehaglicher und kümmerlicher in ihrem Zusammensein. Pankraz, der Sohn, tat und lernte fortwährend nichts als eine sehr ausgebildete und künstliche Art zu schmollen, mit welcher er seine Mutter, seine Schwester und sich selbst quälte. Es ward dies eine ordentliche und interessante Beschäftigung für ihn, bei welcher er die müßigen Seelenkräfte fleißig übte im Erfinden von hundert kleinen häuslichen Trauer- spielen, die er veranlaßte, und in welchen er behende und meisterlich den steten Unrechtleider zu spielen wußte. Estherchen, die Schwester, wurde da- durch zu reichlichem Weinen gebracht, durch welches aber die Sonne ihrer Heiterkeit schnell wieder hervorstrahlte. Diese Oberflächlichkeit ärgerte und kränkte dann den Pankraz so, daß er immer längere Zeiträume hindurch schmollte und aus selbstgeschaffenem Ärger selbst heimlich weinte. Doch nahm er bei dieser Lebensart merklich zu an Gesundheit und Kräften, und als er diese in seinen Gliedern anwachsen fühlte, erweiterte er seinen Wirkungskreis und strich mit einer tüchtigen Baumwurzel oder einem Besenstiel in der Hand durch Feld und Wald, um zu sehen, wie er irgendwo ein tüchtiges Unrecht auftreiben und erleiden könne. Sobald sich ein solches zur Not dargestellt und entwickelt, prügelte er unoerweilt seine Widersacher auf das jämmerlichste durch, und er erwarb sich und bewies in dieser seltsamen Tätigkeit eine solche Gewandtheit, Energie und feine Taktik, sowohl im Ausspüren und Aufbringen des Feindes als im Kampfe, daß er sowohl einzelne ihm an Stärke weit überlegene Jünglinge als ganze Trupps derselben entweder besiegte oder wenigstens einen un- gestraften Rückzug ausführte. War er von einem solchen wohlgelungenen Abenteuer zurückgekominen, so schmeckte ihm das Essen doppelt gut, und die Seinigen erfreuten sich dann einer heiteren Stimmung. Eines Tages aber war es ihm doch be- gegnet, daß er, statt welche auszuteilen, beträchtliche Schläge selbst ge- erntet hatte, und als er voll Scham, Verdruß und Wut nach Hause kam, hatte Estherchen, welches den ganzen Tag gesponnen, dem Gelüste nicht widerstehen können und sich noch einmal über das für Pankraz aufgehobene Essen hergemacht und davon einen Teil gegessen, und zwar, wie es ihm vorkam, den besten. Traurig und wehmütig, mit kaum verhaltenen Tränen Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. Teil Ihn. 1912. 2

2. Siebentes und achtes Schuljahr - S. 304

1912 - Halle a.S. : Schroedel
304 Feldflasche mitführen, um ihn zur Hand zu haben. — Als Morgen- trunk ist heute der Kaffee fast allerorten verbreitet; Milch und Morgen- suppen sind dagegen recht zurückgetreten. Wir verlangen aus Ge- wohnheit nach dem Aufstehen ein ernüchterndes Getränk. Die Wärme, der aromatische Duft des Kaffeeaufgusses, wirken ermunternd und belebend, weit mehr als eine Suppe oder eine Tasse Milch. Will man daher für den Kaffee ein unschädliches Ersatzmittel haben, so muß dieses vor allem in diesen äußern Eigenschaften dem Kaffee ähn- lich sein. Die richtigen Ersatzmittel sollen gar kein Kaffee sein; sie haben den Zweck, dem Kaffee zugesetzt zu werden, um den Geschmack zu ver- bessern oder schädliche Eigenschaften abzuschwächen. Abgesehen von Zichorie, Feigen, Eicheln, hat Gerste heutzutage den Hauptplatz unter den Kaffeeersatzmitteln eingenommen. Da ein solches Produkt aber keinen irgendwie an Bohnenkaffee erinnernden Geschmack hat, und das feine Kaffeearoma gerade dasjenige ist, was der Trinker bei den Er- satzmitteln nicht vermissen will, so wird das Malz während des Röstens mit einem Wasserauszug von rohen Kaffeekirschenschalen durchtränkt. Dadurch erhält das Ersatzmittel die duftenden Bestandteile des Kaffees ohne die giftigen (Koffein) zugemischt. 1 8. Der Malzkaffee ist wie der Bohnenkaffee kein Nahrungsmittel, sondern in erster Linie ein Genußmittel. Für die Einführung des Malzkaffees an Stelle des Kaffees hat sich eine große Anzahl Ärzte ausgesprochen. Er ist frei von schädlichen Stoffen, besitzt kaffee- ähnlichen Geschmack, ein appetitliches Aussehen, und seine Reinheit (reine Gerstenkörner) ist für jeden Käufer erkennbar. Somit kann man für den täglichen Gebrauch, namentlich wo es sich um Kinder, bleichsüchtige Mädchen, schwächliche Frauen handelt, wo ein Kaffeemißbrauch getrieben zu werden pflegt, die Ersatzmittel, und zwar besonders die aus Getreide hergestellten empfehlen. Der arbeitende Körper bedarf der reichlichen Wasserzufuhr. Das reichliche Trinken gewöhnlichen Wassers hat aber teils unangenehme, teils auch schädliche Einwirkungen. Ferner steht nicht immer ein- wandfreies Wasser zur Verfügung. Kann man an Stelle dieses Was- sers, zumal beim Arbeiten in der Kälte, ein unschuldiges, leicht anregendes, den Magen nicht belästigendes Genußmittel verwenden, dessen Zubereitung zugleich etwaige im Wasser enthaltene Krankheits- erreger vernichtet, so ist das sicher ein großer Gewinn. Gänzlich verdrängt wird der Kaffee durch diese Ersatzmittel nie werden. Er soll es auch nicht. Denn er ist für viele Fälle ein un- schätzbares Nervenreizmittel. Aber die gedankenlose, gewohnheits-

3. Siebentes und achtes Schuljahr - S. 302

1912 - Halle a.S. : Schroedel
302 Während in der frühsten Zeit die Kaffeebohnen roh in den Ge- brauch genommen wurden, ging man bald dazu über, den Kaffee zu rösten, d. h. einer Temperatur von 200 bis 250 Grad auszusetzen. Erst durch das Rösten entwickelt der Kaffee bekanntlich die fein- schmeckenden und duftenden brenzlichen und aromatischen Stoffe, nach deren Feinheit er im Handel bewertet wird. Bei diesem Röst- prozeß erleidet der Kaffee indes gewisse Änderungen in seiner chemi- schen Zusammensetzung. Wir genießen den Kaffee in Form des heißen, wässerigen Aus- zuges der gerösteten Bohnen. In diesen Auszug gehen eine Menge löslicher Stoffe hinein, vor allem auch leicht das Koffein. 4. Die Wirkung, die der Kaffeeauszug oder Kaffeeaufguß auf uns ausübt, ist bekannt: Gehirn und Nerven werden erregt, das Hunger- gefühl wird beseitigt, der Schlaf verscheucht. Das Koffein ist in etwas größerer Menge schon ein ziemlich starkes Gift. Daher kommt es, daß starker Kaffee, in großem Mengen genossen, beim Menschen Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann: Herzklopfen, Blutwallun- gen, Angstgefühl, Muskelzittern usw. Ein mäßiger Kaffeegenuß regt das Denken und den Verstand an, beseitigt die körperliche und geistige Abspannung und erheitert bis zu einem gewissen Grade das Gemüt. Diese anregende Wirkung be- ruht indessen nicht auf einer Zufuhr von Ernährungs- und Kraft- stoffen zum Gehirn. Der Kaffee ist bloß ein Reizmittel, eine Peitsche wie der Alkohol, aber dem letztem deswegen weit überlegen, weil er nicht so wie dieser zu unmäßigem Genusse verführt, nicht so schädi- gend wirkt. Vor allem pflegt der Rückschlag, die Erschlaffung, die nach dem Alkoholgenuß stets eintritt, fast ganz beim Kaffeegenuß aus- zubleiben. Trotzdem eignet sich der Kaffeegenuß mehr für nervenstarke, ruhige und kräftige als für reizbare, nervenschwache und wenig wider- standsfähige Naturen. Für Kinder ist der Kaffeegenuß nicht dienlich, da er auf das Blutgefäßsystem einen starken Einfluß zu haben scheint. 5. Es ist eine im Publikum noch immer weitverbreitete Ansicht, daß der Kaffee einen gewissen Nährwert besitze oder wenigstens den Stoffwechsel so beeinflusse, daß er als Sparmittel dienen kann. Beide Auffassungen sind falsch. Sie sind im Publikum wohl hauptsächlich dadurch entstanden, daß der Kaffeegenuß das Gefühl der Nüchternheit und des Hungers beseitigt. Die Wirkung auf den menschlichen Körper beruht nicht nur auf der Koffeinwirkung, sondern auch auf dem Einfluß mehrerer in ihm ent- haltener Stoffe, welche im einzelnen zu betrachten hier zu weit führen

4. Siebentes und achtes Schuljahr - S. 303

1912 - Halle a.S. : Schroedel
303 würde. Schädliche und günstige, unangenehme und angenehme Ein- wirkungen sind hier miteinander verquickt. Was an schädlichen Wir- kungen sich geltend macht, ist indessen hauptsächlich ans Rechnung des Koffeins zu setzen. Neuerdings ist es nach vielfachen Versuchen unsern Chemikern gelungen, den Kaffeebohnen das giftige Koffein zu entziehen, ohne dadurch den Wohlgeschmack zu beeinträchtigen. Dieser koffeinfreie Kaffee kotamt unter dem Namen „Kaffee Hag“ in den Handel. 6. Die wirtschaftliche Bedeutung des Kaffees ist sehr groß, wie allein schon aus dem Kaffeeverbrauche zu ersehen ist. Der Verbrauch an Kaffee in Deutschland betrug nach dem statistischen Jahrbuche für das Deutsche Reich z. B. im Jahre 1899 1538400000 kg. Der jährliche Verbrauch auf den Kopf der Bevölkerung beträgt durch- schnittlich 2,8 kg, und wenn man die Kinder unter zwei Jahren aus- schließt, 3,1 kg. Dazu kommt noch, daß ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung den Kaffeegenuß durch Tee ersetzt. Es wäre ein ganz falsch angebrachter Eifer, wollte man gegen den Kaffee überhaupt Stellung nehmen; niemand wird die vorzüglichen Eigenschaften dieses Genußmittels verkennen. Aber ebenso kann man mit Recht gewisse Mißbräuche im Kaffeegenuß bekämpfen. Der Verfasser wendet sich im besondern gegen das gewohnheits- mäßige Kaffeetrinken und gegen das Kaffeetrinken am Morgen. Für gewöhnlich dürfte der in den Familien übliche, meist nicht gerade starke Morgenkaffee, der überdies noch reichlich mit Milch ge- mischt zu werden pflegt, Erwachsenen nicht schädlich sein. Aber es ist schon an sich falsch, am Morgen, nach der Erholung durch den Schlaf, ein Genußmittel aufzunehmen, das dazu dienen soll, einen Sporn zu geben, wenn körperliche und geistige Kräfte bei dringender Arbeit zu erschlaffen beginnen. Ebenso wie es also unrichtig ist, ein solches Reizmittel vor Beginn der ersten Arbeit zu geben, ebenso un- richtig ist es, ein solches Nervenreizmittel dauernd und gewohnheits- mäßig zu genießen. Der Körper gewöhnt sich dann daran, und wenn eine ungewöhnliche Anspannung der geistigen und körperlichen Kräfte wirklich einmal gefordert und unter Zuhilfenahme dieses Mittels zu- wege gebracht werden soll, dann versagt das gewohnte Mittel oder muß in so großen Gaben aufgenommen werden, daß Schädigungen der Gesundheit dabei nicht ausgeschlossen sind. 7. Der Kaffeegenuß kann von unschätzbarem Werte sein im Eisen- bahndienst, im Militärdienst usw., kurz überall dort, wo es darauf ankommt, vorübergehend den Schlaf zu verscheuchen, klaren Blick und Verstand zu erhalten, ungewöhnliche Strapazen zu überwinden. Aber es muß dann auch zur richtigen Zeit geschehen. Der Soldat soll morgens vor dem Ausrücken keinen Kaffee trinken, ihn aber in der

5. Siebentes und achtes Schuljahr - S. 293

1912 - Halle a.S. : Schroedel
293 so wenig kann ein guter, gesunder Essig aus chemischer Essigsäure und aus Gewürzessenzen hergestellt werden. Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem einen und andern. Der durch die natürliche Essigsäuregärung entstandene Essig enthält neben der chemisch reinen Essigsäure und den gewürzhatten Bestandteilen des Weines oder des Bieres, aus dem der Essig durch die Bazillen gegoren wurde, noch andre aromatische Bestandteile, welche als Stoffwechselerzeugnisse der Essigsäurebazillen aufzufassen sind, und welche den natürlichen Gärungsessig wohlschmeckend und wohlbekömmlich machen. Auch der Reifungsvorgang der verschiedenen Käsearten ist der Entwickelung der an der Oberfläche der Käse angesiedelten niederen Pilze, unter denen namentlich Spaltpilze auftreten, zuzuschreiben. Noch zu mancherlei anderen wirtschaftlichen Zwecken arbeiten die Bakterien für den Menschen: bei der (technischen) Herstellung man- cher Farbstoffe — Indigo — bei der Loslösung von Pflanzenfasern zu den Zwecken der Textilindustrie — Seide, Hanf — bei der Gärung der Tabak- und Teeblätter, bei der Düngung der Ackererde. Mehr als sich mancher träumen läßt, sind wir Menschen abhängig von den kleinsten Mitbewohnern der Erde. 3. Diesen geradezu nützlichen Spaltpilzen stehen nun allerdings eine große Anzahl solcher Arten gegenüber, welche giftig sind oder welche im Innern des Körpers durch ihre sonstige Lebenstätigkeit krankmachend und tödlich wirken. Entweder in der Art, daß sie — wie die Cholerabazillen — Gift hervorbringen, welches von dem Darmrohr, der inneren Körperfläche, aufgesogen wird, oder daß — wie bei den Pestbazillen — die Spaltpilze selbst in die Gewebe und in die Blutbahn eindringen und den Körper überschwemmen. 4. Aber selbst von den krankmachenden Spaltpilzen, den eigent- lichen Krankheitsverbreitern, sind viele — vielleicht mehr, als selbst von Fachleuten heute noch angenommen wird — für ihr Leben gar nicht unbedingt auf den menschlichen oder tierischen Körper ange- wiesen, sondern benutzen denselben nur unter dem Zwange der Not- wendigkeit als Wirt, oft genug nicht nur zum Nachteil des letzteren, sondern mehr noch zum eignen Schaden. Ein besonders lehrreiches Beispiel dafür bietet der Milzbrand. Unter den Herden der nomadisierenden Hirtenvölker Sibiriens, in den Niederungen der Wolga und der Donau tritt die Milzbrandkrank- heit nicht selten bei Renntieren, Pferden, Schafen und Rindern als verheerende Seuche auf und fordert sogar Opfer unter den sonst wenig für Milzbrand empfänglichen Menschen. Die Ursache der Krankheit sind Bakterien, die Milzbrandbazillen, deren Lebensbedingungen genau, wohl am besten von allen Spaltpilzen bekannt sind.

6. Teil 3 - S. 26

1907 - Halle a.S. : Schroedel
26 die gelbe Butter, welche am Rande der Schüssel umherfloß, gleichmäßig in die abgeteilten Gruben laufe. Das Schwesterchen hingegen, welches viel harmloser war, suchte, sobald ihre Quellen versiegt waren, durch allerhand künstliche Stollen und Abzugsgräben die wohlschmeckenden Bächlein auf ihre Seite zu leiten, und wie sehr sich auch der Bruder dem widersetzte und ebenso künstliche Dämme aufbaute und überall verstopfte, wo sich ein ver- dächtiges Loch zeigen wollte, so wußte sie doch immer wieder eine geheime Ader des Breies zu eröffnen oder langte kurzweg in offenem Friedensbruch mit ihrem Löffel und mit lachenden Augen in des Bruders gefüllte Grube. Alsdann warf er den Löffel weg, lamentierte und schmollte, bis die gute Mutter die Schüssel zur Seite neigte und ihre eigene Brühe roll in das Labyrinth der Dämme und Kanäle ihrer Kinder strömen ließ. 3. So lebte die kleine Familie einen Tag wie den andern, und indem dies immer so blieb, während doch die Kinder sich auswuchsen, ohne daß sich eine günstige Gelegenheit zeigte, die Welt zu erfassen und irgend etwas zu werden, fühlten sich alle immer unbehaglicher und kümmerlicher in ihrem Zusammensein. Pankraz, der Sohn, tat und lernte fortwährend nichts, als eine sehr ausgebildete und künstliche Art zu schmollen, mit welcher er seine Mutter, seine Schwester und sich selbst quälte. Es ward dies eine ordentliche und interessante Beschäftigung für ihn, bei welcher er die müßigen Seelenkräfte fleißig übte im Erfinden von hundert kleinen häuslichen Trauer- spielen, die er veranlaßte, und in welchen er behende und meisterlich den steten Unrechtleider zu spielen wußte. Estherchen, die Schwester, wurde da- durch zu reichlichem Weinen gebracht, durch welches aber die Sonne ihrer Heiterkeit schnell wieder hervorstrahlte. Diese Oberflächlichkeit ärgerte und kränkte dann den Pankraz so, daß er immer längere Zeiträume hindurch schmollte und aus selbstgeschaffenem Ärger selbst heimlich weinte. Doch nahm er bei dieser Lebensart merklich zu an Gesundheit und Kräften, und als er diese in seinen Gliedern anwachsen fühlte, erweiterte er seinen Wirkungskreis und strich mit einer tüchtigen Baumwurzel oder einem Besenstiel in der Hand durch Feld und Wald, um zu sehen, wie er irgendwo ein tüchtiges Unrecht auftreiben und erleiden könne. Sobald sich ein solches zur Not dargestellt und entwickelt, prügelte er unverweilt seine Widersacher auf das jämmerlichste durch, und er erwarb sich und bewies in dieser seltsamen Tätigkeit eine solche Gewandtheit, Energie und feine Taktik, sowohl im Ausspüren und Aufbringen des Feindes, als im Kampfe, daß er sowohl einzelne ihm an Stärke weit überlegene Jünglinge als ganze Trupps derselben entweder besiegte, oder wenigstens einen un- gestraften Rückzug ausführte. War er von einem solchen wohlgelungenen Abenteuer zurückgekommen, so schmeckte ihm das Essen doppelt gut, und die Seinigen erfreuten sich dann einer heiteren Stimmung. Eines Tages aber war es ihm doch be-

7. Teil 3 - S. 348

1907 - Halle a.S. : Schroedel
348 4. Der Simplon-Tunnel übertrifft alle frühern Tunnel an Länge, und die Kühnheit seiner Ausführung ist bewundernswert. Ungefähr 20 km lang — also beinahe die Entfernung von Halberstadt bis Oschers- leben — brauchte man über 8 Jahre bis zu seiner Fertigstellung. Wäh- rend die bisherigen Tunnel nur aus einem Stollen bestehen, in dem zwei Geleise liegen, hat der Simplon-Tunnel zwei Stollen mit je einem Geleise. Der zweite Stollen, der beim Bau, wie wir gesehen, der Luftzufuhr, dann auch dem Arbeiterverkehr und dem Heranschaffen der Lasten diente, soll erst später für den Betrieb ausgebaut wer- den. Einstweilen wird nur ein Stollen benutzt, durch den die Züge mit elektrischer Kraft fahren. Von Brig (686 m über dem Meere) steigt der Tunnel bis zum Scheitelpunkt, der auf etwa 700 m Höhe, ziemlich genau unter der Grenzscheide zwischen der Schweiz und Italien liegt. Denkt euch, daß an diesem Punkt die gewaltige Last des über 2000 m hohen Gebirges über dem Tunnel lagert. Nach 500 m horizontalen Laufs senkt sich die Bahn bis zum Austritt bei Iselle (634 in). Die südöstlich laufende Richtung des Tunnels ist im wesentlichen grad- linig; seine Steigungen sind, wie ihr euch selbst ausrechnen könnt, ver- hältnismäßig gering. Daher man auch mit großer Geschwindigkeit hindurchfahren kann. Ich möchte euch wohl wünschen, ihr säßet in einem solchen Zuge: der Berg gähnt euch entgegen, sein schwarzer Mund verschlingt euch, durch 20 Kilometer Bergesnacht fliegt der hell erleuchtete Zug, und über euch türmt sich immer gewaltiger die Masse des Gebirges. Könnte sie auf euch herabstürzen? Doch nein! Da ist alles wohl gefügt und berechnet; die Fahrt so sicher wie über der Erde. Aber so gruselig interessant sie auch sein mag, man be- grüßt ihr Ende und freut sich des Augenblicks, da der Berg uns wie- der in die Freiheit entläßt. Ich könnte euch von diesem berühmten Bauwerk noch manches erzählen, doch fehlt hier der Raum dazu. Nur eins möchte ich noch erwähnen: Es waren neben vielen andern tüchtigen Männern in erster Reihe deutsche, deutsch-österreichische und deutsch-schweizerische Ingenieure, die das Werk erdachten und leiteten. Deutsches Wissen, deutsche Gründlichkeit, deutscher Fleiß wieder einmal an erster Stelle in der Welt — nun, wie wär’s? Wollt ihr einmal Ähnliches leisten? Oswald Körte. 172. Bodenbau Frankreichs. 1. Bedeutsam ist der Acker- und Gemüsebau Frankreichs. Ein Drittel des nutzbar gemachten Bodens dient als Getreideland. Am reichsten ist der nördliche und mittlere Teil Frankreichs an ausge-

8. Teil 2 = 4., 5. u. 6. Schulj - S. 369

1912 - Halle a.S. : Schroedel
V — 369 — Gefahren die Arbeitenden von hüben und drüben sich die Hände schütteln konnten, — wie ihr das schon beim Sandtunnel mit Vergnügen tatet. 4. Der Simplon-Tunnel übertrifft alle frühern Tunnel an Länge, und die Kühnheit seiner Ausführung ist bewundernswert. Ungefähr 20 km lang — also beinahe die Entfernung von Halberstadt bis Oschersleben — brauchte man über 8 Jahre bis zu seiner Fertigstellung. Während die bisherigen Tunnel nur aus einem Stollen bestehen, in dem zwei Geleise liegen, hat der Simplon-Tunnel zwei Stollen mit je einem Geleise. Der zweite Stollen, der beim Bau, wie wir gesehen, der Luftzufuhr, dann auch dem Arbeiterverkehr und dem Heranschaffen der Lasten biente, soll erst später für den Betrieb ausgebaut werden. Einstweilen wird nur ein Stollen benutzt, durch den die Züge mit elektrischer Kraft fahren. Von Vrig (686 m über dem Meere) steigt der Tunnel bis zum Scheitelpunkt, der auf etwa 700 m Höhe, ziemlich genau unter der Grenzscheide zwischen der Schweiz und Italien liegt. Denkt euch, daß an diesem Punkt die gewaltige Last des über 2000 m hohen Gebirges über dem Tunnel lagert. Nach 500 m horizontalen Laufs senkt sich die Bahn bis zum Austritt bei Iselle (634 m). Die südöstlich laufende Richtung des Tunnels ist im wesentlichen grad- linig; seine Steigungen sind, wie ihr euch selbst ausrechnen könnt, ver- hältnismäßig gering. Daher man auch mit großer Geschwindigkeit hin- durchfahren kann. Ich möchte euch wohl wünschen, ihr säßet in einen; solchen Zuge: der Berg gähnt euch entgegen, sein schwarzer Mund ver- schlingt euch, durch 20 Kilometer Bergesnacht fliegt der hellerleuchtete Zug, und über euch türmt sich immer gewaltiger die Masse des Gebirges. Könnte sie auf euch herabstürzen? Doch nein! Da ist alles wohl gefügt und be- rechnet; die Fahrt so sicher wie über der Erde. Aber so gruselig interessant sie auch sein mag, man begrüßt ihr Ende und freut sich des Augenblicks, da der Berg uns wieder in die Freiheit entläßt. Ich könnte euch von diesem berühmten Bauwerk noch manches er- zählen, doch fehlt hier der Raum dazu. Nur eins möchte ich noch er- wähnen : Es waren neben vielen andern tüchtigen Männern in erster Reihe deutsche, deutsch-österreichische und deutsch-schweizerische Ingenieure, die das Werk erdachten und leiteten. Deutsches Wissen, deutsche Gründ- lichkeit, deutscher Fleiß wieder einmal an erster Stelle in der Welt — nun, wie wär's? Wollt ihr einmal Ähnliches leisten? Oswald Körte. 212. Die Pferde- und Rinderherden der ungarischen Pußta. (Gekürzt.) 1. Der Pußta verdankt der Magyar seinen unvergleichlichen Viehstand, voll dem man sich bei uns schwer eine Vorstellung machen kann, sowohl was Sncdersächsisches Lesebuch für Mittelschulen. Teil Ii. 24

9. Teil 3a = 7. u. 8. Schulj - S. 350

1912 - Halle a.S. : Schroedel
350 so wenig kann ein guter, gesunder Essig aus chemischer Essigsäure und aus Gewürzessenzen hergestellt werden. Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem einen und andern. Der durch die natürliche Essigsäuregärung entstandene Essig enthält neben der chemisch reinen Essigsäure und den gewürzhaften Bestandteilen des Weines oder des Bieres, aus dem der Essig durch die Bazillen gegoren wurde, noch andre aromatische Bestandteile, welche als Stoffwechselerzeugnisse der Essigsäurebazillen aufzufassen sind, und welche den natürlichen Gärungsessig wohlschmeckend und wohlbekömmlich machen. Auch der Reifungsvorgang der verschiedenen Käsearten ist der Entwickelung der an der Oberfläche der Käse angesiedelten niederen Pilze, unter denen namentlich Spaltpilze auftreten, zuzuschreiben. Noch zu mancherlei anderen wirtschaftlichen Zwecken arbeiten die Bakterien für den Menschen: bei der (technischen) Herstellung man- cher Farbstoffe — Indigo — bei der Loslösung von Pflanzenfasern zu den Zwecken der Textilindustrie — Seide, Hanf — bei der Gärung der Tabak- und Teeblätter, bei der Düngung der Ackererde. Mehr als sich mancher träumen läßt, sind wir Menschen abhängig von den kleinsten Mitbewohnern der Erde. 3. Diesen geradezu nützlichen Spaltpilzen stehen nun allerdings eine große Anzahl solcher Arten gegenüber, welche giftig sind octer welche im Innern des Körpers durch ihre sonstige Lebenstätigkeit krankmachend und tödlich wirken. Entweder in der Art, daß sie — wie die Cholerabazillen — Gift hervorbringen, welches von dem Darmrohr, der inneren Körperfläche, aufgesogen wird, oder daß — wie bei den Pestbazillen — die Spaltpilze selbst in die Gewebe- und in die Blutbahn eindringen und den Körper überschwemmen. 4: Aber selbst von den krankmachenden Spaltpilzen, den eigent- lichen Krankheitsverbreitern, sind viele — vielleicht mehr, als selbst von Fachleuten heute noch angenommen wird — für ihr Leben gar nicht unbedingt auf den menschlichen oder tierischen Körper ange- wiesen, sondern benutzen denselben nur unter dem Zwange der Not- wendigkeit als Wirt, oft genug nicht nur zum Nachteil des letzteren, sondern mehr noch zum eignen Schaden. Ein besonders lehrreiches Beispiel dafür bietet der Milzbrand. Unter den Herden der nomadisierenden Hirtenvölker Sibiriens, in den Niederungen der Wolga und der Donau tritt die Milzbrandkrank- heit nicht selten bei Renntieren, Pferden, Schafen und Rindern als verheerende Seuche auf und fordert sogar Opfer unter den sonst wenig für Milzbrand empfänglichen Menschen. Die Ursache der Krankheit sind Bakterien, die Milzbrandbazillen, deren Lebensbedingungen genau, wohl am besten von allen Spaltpilzen bekannt sind.

10. Teil 3a = 7. u. 8. Schulj - S. 359

1912 - Halle a.S. : Schroedel
359 Während in der frühsten Zeit die Kaffeebohnen roh in den Ge- ‘Urauch genommen wurden, ging man bald dazu über, den Kaffee zu rösten, d. h. einer Temperatur von 200 bis 250 Grad auszusetzen. Erst durch das Rösten entwickelt der Kaffee bekanntlich die fein- schmeckenden und duftenden brenzlichen und aromatischen Stoffe, nach deren Feinheit er im Handel bewertet wird. Bei diesem Röst- prozeß erleidet der Kaffee indes gewisse Änderungen in seiner chemi- schen Zusammensetzung. Wir genießen den Kaffee in Form des heißen, wässerigen Aus- zuges der gerösteten Bohnen. In diesen Auszug gehen eine Menge löslicher Stoffe hinein, vor allem auch leicht das Koffein. 4. Die Wirkung, die der Kaffeeauszng oder Kaffeeaufguß auf uns übt, ist bekannt: Gehirn und Nerven werden erregt, das Hunger- gefühl beseitigt, der Schlaf verscheucht. Das Koffein ist in etwas größerer Menge schon ein ziemlich starkes Gift. Daher kommt es, daß starker Kaffee, in großem Mengen genossen, beim Menschen Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann: Herzklopfen, Blutwallun- gen, Angstgefühl, Muskelzittern usw. Ein mäßiger Kaffeegenuß regt das Denken und den Verstand an, beseitigt die körperliche und geistige Abspannung und erheitert bis zu einem gewissen Grade das Gemüt. Diese anregende Wirkung be- ruht indessen nicht auf einer Zufuhr von Ernährungs- und Kraft- stoffen zum Gehirn. Der Kaffee ist bloß ein Reizmittel, eine Peitsche wie der Alkohol, aber dem letztem deswegen weit überlegen, weil er nicht so wie dieser zu unmäßigem Genusse verführt, nicht so schädi- gend wirkt. Vor allem pflegt der Rückschlag, die Erschlaffung, die nach dem Alkoholgenuß stets eintritt, fast ganz beim Kaffeegenuß aus- zubleiben. Trotzdem eignet sich der Kaffeegenuß mehr für nervenstarke, ruhige und kräftige als für reizbare, nervenschwache und wenig wider- standsfähige Naturen. Für Kinder ist der Kaffeegenuß nicht dienlich, da er auf das Blutgefäßsystem einen starken Einfluß zu haben scheint. 5. Es ist eine im Publikum noch immer weitverbreitete Ansicht, daß der Kaffee einen gewissen Nährwert besitze oder wenigstens den Stoffwechsel so beeinflusse, daß er als Sparmittel dienen kann. Beide Auffassungen sind falsch. Sie sind im Publikum wohl hauptsächlich dadurch entstanden, daß der Kaffeegenuß das Gefühl der Nüchternheit und des Hungers beseitigt. Die Wirkung auf den menschlichen Körper beruht nicht nur auf der Koffeinwirkung, sondern auch auf dem Einfluß mehrerer in ihm ent- haltener Stoffe, welche im einzelnen zu betrachten hier zu weit führen
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