Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 88

1911 - Erfurt : Keyser
der Erzbischof vom Abt des Petersklosters und den Mönchen begrüßt und zur Klosterkirche geleitet. Nach einem feierlichen Hochamt, bei welchem die Sänger und die herrliche Orgel wetteiferten, das Herz der Teilnehmer zu ergreifen, begab sich der Erzbischof in seine Gemächer in der Abtswohnung. Sein Gefolge aber fand Unterkunft in der Stadt. Nach einigen Tagen fand dann die Huldigung in der Severi-kirche statt, wobei der gesamte Rat den Eid des Gehorsams ablegte. Er lautete also: „Wir schwören, daß wir unserm Herrn, dem Erzbischof, unserm Herrn, dem Grafen, unserm Herrn, dem Viztum, der Stadt zu Erfurt und den Bürgern, reich und arm, ihr Recht behalten wollen ohne alle Uebellist, so wahr wir das wissen und vermögen. . Die Formel wurde beibehalten auch zu der Zeit, in welcher der Graf und der Viztum (f. S. 53) schon ihre Rechte an den Stadtherrn abgetreten hatten. Damals mußte dann eine besonders bestellte Person bei der Stelle „unserm Herrn, dem Grafen, unserm Herrn, dem Viztum," sagen: „das ist unser Herr von Mainz." Nach beendeter Huldigung trat der Erzbischof aus der Kirche und nahm unter der Rose, dem heute noch vorhandenen, kunstvollen Rundfenster auf der Nordseite der Stiftskirche, Platz und empfing den Treueid der Gemeinde. Das geschah durch Erheben der Schwurhand mit zwei aufgerichteten Fingern. Damit war die Feierlichkeit zu Ende. Nun überreichte der Rat dem hohen Gaste zahlreiche und wertvolle Geschenke, kunstvoll gearbeitete silberne und goldene Köpfe mit neuen Groschen gefüllt, im ganzen 100 Pfund oder 40 Mark. Auch wurden täglich Fässer mit Rhein- und italienischem Wein, mit Most und schwerem Bier ins Kloster gebracht, dazu Brot, Fleisch, Fische, Hafer und Heu. Außerdem kamen Geld, Wein und Bier an die Bischöfe, Prälaten. Grafen, Ritter und das Gesinde zur Verteilung. An einem Abend gab die Stadt auf dem Rathause einen Tanz, woran die Frauen und Töchter der vornehmen Bürger teilnahmen. Dabei wurde der große Saal mit Wachskerzen hell erleuchtet, und die Tafeln brachen fast unter der Last der feinen Weine, des Naschwerks und anderer leckerer Dinge. Als Gegenleistung erhielt der Rat eine Einladung zur fürstlichen Tafel. Hier ging es, zum geheimen Aergernis der frommen Mönche, denen solche Lustbarkeit in ihrem Kloster zuwider war, nicht minder hoch her. Der letzte Einritt solcher Art geschah unter Erzbischof Dietrich I. (1434—1459). Als er 1440 einritt, brachte er mehr als 600 Personen und mindestens ebenso viele Pferde mit. Die Stadt wendete für seinen Einzug 3150 Schock Groschen, d. s. nach unserem Gelde ungefähr 25 000 Mark, auf, und erhielt für diese Summe nichts anderes als die Bestätigung ihrer Rechte. Nach

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 55

1911 - Erfurt : Keyser
— 55 — oder Vierherren genannt, wurden alljährlich von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte gewählt. Sie hatten das 91 echt, sich im Rathaus aufzuhalten, die Klagen der Bürger anzuhören und vor den Rat zu bringen. Dieser mußte in einem solchen Falle sofort seine Verhandlungen unterbrechen, den Kläger hören und ihm ein Urteil geben. Doch schon wenige Jahre darauf wurden die Vierherren in den Rat ausgenommen. Sie erlangten in ihm eine solche Bedeutung, daß sie sich später als die eigentlichen Stadtregenten ansehen konnten. Zu dieser Zeit wurden sie wieder ans den ratsfähigen Familien gewählt. Mit der Ausnahme der Vierherren in den Rat hörten die inneren Zwistigkeiten aus (1322) und ruhten fast 200 Jahre. Zu dieser Zeit bestand der Rat aus vier Ratsmeistern, vier Vierherren und zwanzig Ratsmannen, bei fünfjährigem Tranfitns also aus 140 Personen. Er hielt sich an die aufgezeichneten Vorschriften und vermied jede Parteilichkeit und den Mißbrauch städtischer Gelder. Er richtete vielmehr sein Augenmerk aus die Erhaltung des Landfriedens und den Straßenschutz, wovon die Macht der Stadt und der Wohlstand der Bürger abhing. Beide hoben sich darum auch zusehends trotz der mancherlei Unglücksschlüge. Häufige Mißernten riefen große Hungersnöte hervor (1315 und 1368), und mehrmals (1345, 1382 u. 1462) brach die Pest aus (s. Der schwarze Tod in Erfurt und die Geißler, Nr. 26 u. das Pestkreuz in den Anlagen an der Nachoderstraße). In diesem Zeitabschnitt wurde Erfurt zur „einzigen wirklichen Großstadt Mitteldeutschlands, die sich an Reichtum und Volkszahl mit Straßburg und Frankfurt und mit Nürnberg und Danzig messen konnte." Erfurter Handel: Der Stadtsäckel wurde gefüllt aus den reichen Einnahmen, die das Stapelrecht1) brachte. Die Bürger dagegen sammelten ihre Reichtümer aus dem Handel mit Waid, dem damals einzig vorhandenen Blau- und Grünsärbemittel und aus dem Handel mit den gegen den Waid eingetauschten Kolonial- waren und den Erzeugnissen der heimischen Wollweberei und Gerberei (s. 1. Erfurter Handel und Handelsstraßen, Nr. 32, 2. Auf i) Alle Kaufleute, die mit ihren Wagen in einem bestimmten Umkreis Thüringen durchfuhren, mußten nach Erfurt kommen und hier niederlegen, d.h. an die Bürger verkaufen. Diese besaßen das Vorkaufsrecht. Erst nach ihnen konnten auch Fremde kaufen. Das Niederlegen geschah im Kaufhaus oder in der Wage, einem besonders dazu eingerichteten Gebäude mit großem Hof und vielen Kammern, welche die Kaufleute pachten mußten^ Anfänglich diente wohl das untere Stockwerk des Rathauses diesem Zwecke. Im 14. Jahrhundert aber stand das Kaufhaus Michaelisstraße 7. Heute erinnert noch die Wagegasfe an dieses Gebäude. Später diente der Packhof, der auch Wage genannt wird, als Kaufhaus (Anger, Ecke Bahnhofstraße). — Auf jedes Geschäft mußte ein Zoll entrichtet werden, bald vom Verkäufer oder vom Käufer allein, oft aber auch von beiden zugleich. Die Einrichtung t>es_ Niederlegend war für die Kaufleute ein sehr häßlicher Zwang. Sie hörte im 16. Jahrhundert, als Leipzig durch Begünstigung der sächsischen Fürsten fast den ganzen thüringischen Handel an sich riß, allmählich auf.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 69

1911 - Erfurt : Keyser
— 69 — zur Residenz, das dadurch fast ein Jahr des Deutschen Reiches Hauptstadt wurde. Ankunft: Am 14. Dezember 1289 hielt der König mit einem glänzenden Gefolge von Fürsten und Edelleuten seinen Einzug. Er selbst trug nur das gewohnte schlichte Gewand, das mächtig gegen die herrlichen Waffenrüstungen und bunten Wappenschilde seiner Begleiter abstach. Trotzdem ruhten aller Blicke aus ihm, dem langen, hageren Mann, dessen blasses Gesicht mit der gewaltigen Adlernase so freundlichen Auges die Menge anblickte. Auf seine schon bewährte Regentenkraft fetzten die fo übelgeplagten Erfurter und Thüringer, sür welche die kaiserlose, die schreckliche Zeit noch immer nicht zu Ende war, ihre letzte Hoffnung. Erste Taten: Sie wurde auch erfüllt. Kaum waren die Jubelgesänge zum Empfange in der Domkirche verklungen, da rückten auf König Rudolfs Befehl die streitbaren Bürger Erfurts mit den Rittern über die Schneefelder nach dem Thüringer Walde zu aus. Sie wollten dem strengen Landfriedensgebote Achtung verschaffen. Und schon am 20. Dezember wurden 29 Raubritter, die man auf der lustigen Ausfahrt in Ilmenau gefangen batte, auf dem Rabenstein hingerichtet. Vor solchem Ernst zerstoben die Wegelagerer und Raubburg-Jusassen gar bald und brachten ihren Hals in Sicherheit. Damit ihnen aber die Lust zur Wiederkehr auf lange Zeit verging, erließ der König am 12. März 1290 an Ritter und Volk innerhalb und außerhalb des Erfurter Weichbildes das Aufgebot zum Niederreißen der etwa 66 Raubburgen, in welchen sich hauptsächlich das sriedhässige Gesindel barg. Außerdem gelang es dem Könige, Frieden zwischen dem Thüringer Landgrafen Albrecht dem Unartigen und seinen Söhnen zu stiften. Dadurch wurde der eigentliche Herd des Unfriedens, ans dem sich nur zu oft die Fehdelust im ganzen Lande entzündet hatte, zerstört. Leider dauerte die Einigkeit nur bis nach dem Tode Rudolfs. Ferner stellte der König das Landfriedensgericht wieder her, das unter dem Vorsitze des Landfriedenshauptmannes mit 12 Land-friedenspflegeru als Beisitzern über alle Fälle von Landsriedens-brnch urteilte. Dazu rechnete man selbst unbefugte Erhebung von Zoll und Geleit, unberechtigte Münzprägung, Hehlerei, unbefugtes Waffentragen und unbefugte Pfändungen. Das Gericht konnte Abbruch von Burgen anordnen, die Landesacht verhängen und Landstreicher ausweisen. Zn seiner Erhaltung schrieb Rudolf eine Steuer aus, zu welcher ganz Thüringen, Klöster und Kirchen nicht ausgenommen, beisteuern mußten. Der Reichstag: Auf den Weihnachtstag des Jahres 1289 hatte der König einen Reichstag in Erfurts Mauern anberaumt. Aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes strömten darum die geistlichen und weltlichen Großen zusammen, und die Erfurter hatten in diesen Tagen manche Augenweide. So sahen sie den Thüringer Landgrafen Albrecht friedlich neben feinen Söhnen

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 44

1911 - Erfurt : Keyser
— 44 — Klosters enthielt die seltensten Bücherwerke und wurde jahraus, jahrein vermehrt, da sich die Mönche auf das Malen der kunstreichen Buchstabenbilder auf Pergament in hohem Maße verstanden. Was ^würden wir heute noch um die Kleinode des Bücherschatzes von Skt. Peter geben, um den silbernen Kodex, von dem wir nur wissen, daß er 2 Pfund wog, um den „dreifachen Psalter", um all die wertvollen Chroniken, die von den fleißigen Mönchen abgeschrieben und mit mancher Beifügung erweitert wurden, von denen wir nur Trümmer ans dem Schiffbruch der Zeiten in unsere Tage gerettet haben! Aufhebung des Klosters: Mit Beginn des vorigen Jahrhunderts schlossen sich die Pforten des Petersklosters für immer. Es wurde am 22. März 1803 aufgehoben, nachdem das gesamte Erfurter Gebiet des Erzbistums Mainz in preußische Hände übergegangen war. Der letzte Abt, Placidus Muth, der Prior und sämtliche 22 Mönche gingen in Pension. Zehn Jahre darauf wurden die Gebäude ein Raub der Flammen, als das Kloster und die Festung Petersberg, die damals in den Händen der Franzosen waren, zum letzten Male mit der Stadt die Leiden einer Belagerung teilten. (Nach Pros. Als. Kirchhofs u. a.) 16. Vom Erfurter Wappen. Gestalt des Wappens und Siegels: Seit der Zeit, von welcher Kunde und Abbildungen auf uns gekommen sind, führt Erfurt ein acht- oder (vom 16. Jahrhundert ab) ein fechsfpeichiges Rad als Wappen, das auch vom Erzbischof, bezw. vom Erzstift Mainz geführt wurde. Außerdem zeigte das große und kleine Siegel der Stadt bis zu ihrer Uebernahme durch die Krone Preußens den heiligen Martin, den Schutzherrn des Mainzer Stifts, sitzend in einem Tor unter Türmen und Mauern, mit der Inschrift „Erfurt ist die getreue Tochter des Mainzer Stifts" (s. S. 4). Deutung des Wappens: Tatsächlich hat auch Erfurt un- gefähr feit dem Jahre 1000 zu Mainz gehört; doch können Sieget* Umschrift und Wappen nicht etwa als vollgültige Beweise dieser Zugehörigkeit angesehen werden. Wahrscheinlich hat Otto Iii. dem Erzbischof Willegis, dem er zu großem Danke verpflichtet war, um diese Zeit die Stadt geschenkt, oder schon Ottos I. Sohn Wilhelm, Erzbischof von Mainz, war ihr Besitzer (s. Erfurts Entstehung usw., Nr. I). Der Erzbischof und Kurfürst von Mainz war in Deutschland dem Range nach der erste Erzbischof. Unter allen geistlichen und weltlichen Fürsten war er der höchste, überhaupt der erste nächst dem Kaiser. Er war der erste Reichsstand und leitete allein alle Beratungen der Reichsstände. Er machte das Absterben des Kaisers seinen Mitkurfürsten bekannt, schrieb den Wahltag aus, nahm den Kurfürsten oder ihren Gesandten den Wahleid ab, leitete die Wahl

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 114

1911 - Erfurt : Keyser
Iii. Bus der Geschichte Erfurts von 1§00 ad. Stellung Erfurts zu Mainz und Sachsen und zum Reich: Um den Aufruhr der niederen Schichten der Bevölkerung, die durch die Straßensperre während der Streitigkeiten der Stadt mit Mainz und Sachsen (s. Nr. Ii) in große Not geraten waren, abzuwenden, hatte der Rat den Frieden von Amorbach und Weimar geschlossen (1483). In der Amorbacher Urkunde erkannte er das Mainzer Erzstist als den „rechten Erbherrn" an, dieses aber ließ Erfurt bei allen seinen Obrigkeiten, Herrlichkeiten, Gnaden, Freiheiten, Rechten und Gewohnheiten, die ziemlich bedeutende waren; denn außer der Erhebung des Marktzolls, der Freizinsen und eines geringen Anteils an der Gerichtsbarkeit standen dem Erzbischos keine weiteren Rechte mehr zu. Trotzdem war der Amorbacher Vertrag ein großer Sieg des Erzbischoss. Seine Anerkennung als „rechter Erbherr" der Stadt durch den Rat machte eine Entwicklung Erfurts zur völligen Unabhängigkeit von Mainz für die Zukunft unmöglich. Durch den Weimarer Vertrag aber, der Erfurt unter die Schutzherrschaft Sachsens brachte und ihm eine Steuer von fast unerschwinglicher Höhe auslegte, wurde geradezu eine Doppelherrschaft von Kurmainz und Kurfachfeu über die Stadt geschaffen und ein Zustand herbeigerührt, der in der Folge zu weiteren Kämpfen beider Gewalten um den Besitz Ersurts führen mußte. — Von 1417 bis 1471 war Erfurt als Reichsstadt angesehen worden, wie seine Ladungen zu den Reichstagen beweisen. Durch die Belehnung des Rates und der Bürgerschaft mit dem Reichslehen Kapellendorf (1352) war das Reich Erfurts „rechter Herr" und jene „des Reiches liebe Getreue" geworden; Erfurt hatte feit dieser Zeit den Königen die Lehenshuldigung geleistet, die zugleich die Hoheitshuldigung in sich schloß. Ta nun Kapellendorf auch nach 1483 der Stadt verblieb, fo war scheinbar nichts an der unmittelbaren Verbindung Erfurts mit dem Reiche geändert worden; aber wie schon oben gesagt, war es durch den Amorbacher Vertrag der Stadt unmöglich, sortan sich der anerkannten Macht des Erzstifts zu entziehen und in die Reihe der Reichsstädte einzutreten. Geldnot Erfurts: Beide Verträge hatten über Erfurt eine große Schuldenlast gebracht, die noch durch die in dieser Zeit eintretende allgemeine Geldentwertung bedeutend vergrößert wurde. Letztere hatten ihren Grund in der außerordentlich starken Ausbeutung der Edelmetalle im Harz und im sächsischen und ungarischen Erzgebirge und in dem Hereinfluten des überseeischen Gol-

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 127

1911 - Erfurt : Keyser
— 127 — tu na Sachsen, eine von den 8 Provinzen,1) in die der preußische Staat durch die neue Verwaltungseinrichtung geteilt wurde. Jede der Provinzen, an deren Spitze ein Ober-Präsident gestellt wurde, zerfiel in zwei oder mehr Regierungsbezirke. Die Regierungen dieser Bezirke teilte man wieder in zwei Abteilungen, in die des Innern und die der Finanzen; doch wurden beide einem Regierungs-Präsidenten unterstellt. Die Regierungen der Provinz Sachsen wurden in Magdeburg, Merseburg und „in Thüringen zu Erfurt" errichtet. Magdeburg wurde zugleich der Sitz des Ober-Präsidenten. Die Regierung zu Erfurt trat am 3. April 1816 in Tätigkeit und verkündete in Nr. 2 des Amtsblattes vom 5. April 1816, daß der Regierungsbezirk in neun Kreise geteilt sei, darunter der Stadtkreis Erfurt mit 14 500 und der Landkreis mit 12 588 Einwohnern. Außer „Stadt und Gebiet Erfurt mit dessen Tependenzen" (Zubehör) umfaßte der Regierungsbezirk noch die „Hennebergischen Aemter Schlenfingen, Suhl, Kühndorf und Bens-haufeu, die Thüringischen Aemter Weißensee und Langensalza nebst den von dem Kreisami Tennstedt verwalteten Ortschaften, das Eichsfeld mit seinen Dependenzen, die Grafschaft Hohenstein und die Städte Nordhausen und Mühlhausen mit ihren Gliedern." Ein Teil des alten Erfurter Gebietes, nämlich die Grafschaft Blankenhain, außer dem Amt Wandersleben, welches preußisch und bei Erfurt blieb, und die Aemter Schloß-Vippach, Azmannsdorf und Tonndorf wurden an Sachsen-Weimar abgegeben, von dem Ringleben gegen Nöda eingetauscht wurde. Anderer alterfur-tifcher Besitz, Sömmerda, Röhrborn und Schallenburg sowie Groß-vargula, blieb wohl preußisch, wurde aber bei der Besitzregelung anderen Kreisen des Regierungsbezirkes Erfurt zugeteilt. Die ersten drei Orte erhielt der Kreis Weißensee, Großvargnla aber kam zu Langensalza?) Wie schon oben erwähnt, waren anfangs Land- und Stadtkreis voneinander getrennt und wurden auch getrennt verwaltet. Später aber wurde eine Personal-Union für zweckmäßiger gehalten, wonach der Landrat zugleich Oberbürgermeister der Stadt sein sollte; nur die Geschäftsführung blieb getrennt (1818). Doch diese Aenderung war nicht von Bestand. 1831 wurde die Personal-Union ansgehoben, und Ersurt hatte einen besonderen Oberbürgermeister zu wählen. Es geschah dies zum ersten Male 1833. Stadt und Land bildeten nun bis zum Jahre 1872 einen gemeinschaftlichen Kreis. Am 1. Januar 1872 schied die Stadt aber wieder aus dem bisherigen Kreisverband aus und bildete mit dem Königlichen Steigerforste, den Stadtkreis Erfurt. Seit dieser Zeit besteht ') Ost- und Westvreußen damals nur eine Provinz. — Zuerst hatte man den Staat sogar in 10 Provinzen geteilt. 2) Die kirchliche Einrichtung ist heute noch die alte: Sömmerda und Var-gula gehören zur Diözese (geistlicher Amtsbezirk) Erfurt.

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 49

1911 - Erfurt : Keyser
— 49 — 31. Oktober 1290 verließ Rudolf die Stadt, deren Bewohner ihn liebgewonnen hatten (Rudolfstraße). Nach dem Tode des Landgrafen Albrecht verlangte sein Sohn Friedrich mit der gebissenen Wange vom Rate der Stadt und einzelnen Bürgern den erkauften väterlichen Besitz zurück. Als die Rückgabe verweigert wurde, da der Landgraf das Kauf- oder Pfaudgeld nicht zurückerstattete, kam es zum Kampfe (1309). Friedrich sperrte den Erfurtern die Straßen und überfiel ihre reichbeladenen Wagenzüge; die Bürger aber eroberten unter Führung ihres Stadlhauptmannes Ludwig von Göttern die landgräfliche Wasserburg Andisleben (,f. Belagerung der Wasserburg usw., Nr. 23). Der Streit endete erst 1325 durch einen für die Stadt nicht ungünstigen Frieden. Sie brauchte nur die Grafschaft an der Schmalen Gera, einen Gebielsstreisen mit den Dörfern Mittelhaufen und Riethnordhausen herauszugeben, erhielt ihn aber gegen ein Darlehen von 300 Mark Silber sofort wieder verpfändet. Der bald folgende Thüringer Grafenkrieg (1342 bis 1346) sah Erfurt auf Seiten des Landgrafen Friedrich Ii., während der Mainzer Erzbischof die Thüringer Grafen unterstützte. Sie wollten sich der landgräflichen Abhängigkeit entziehen (s. Schlacht bei Egstedt, Nr. 24). Die Fehde endete mit einem sür den Landgrafen und Erfurt günstigen Frieden. Die Stadt erhielt das Dorf Zimmern am Ettersberg (Niederzimmern) aus dem Besitz des Grafen vou Orlamünde und Weimar als Kriegsentschädigung. Die Wahl des Grafen Adolf von Nassau zum Erzbischof von Mainz durch das Mainzer Domkapitel brachte Erfurt neue Kämpfe mit den Thüringer Landgrafen. Die drei Söhne Friedrichs Ii., die gemeinschaftlich über Thüringen regierten, hatten die Wahl ihrers Bruders Ludwig zum Erzbischof erwartet. In ihrer Hoffnung betrogen, zogen sie gegen Erfurt zu Felde, das zu Adolf von Nassau hielt. Zwar versuchte Kaiser Karl Iv., die Gegner zu versöhnen. Als es ihm aber nicht gelang, verhängte er die Reichsacht über die Stadt und nahm mit teil an ihrer Belagerung (1375). Damals wurde das Erfurter Gebiet aufs entsetzlichste verheert. Nichts wurde geschont, kein Mensch, keine Kirche, kein Gottesacker. Die Glocken wurden zerschlagen, die Kirchengeräte geraubt und die Kirchen verbrannt. Die Toten grub man aus und warf die Gebeine auf die Straßen, den Vögeln und Hunden zum Fraße. Geistliche, Bauern und Bürger mußten die härtesten Martern ertragen und fanden unter den Händen ihrer Peiniger ein schreckliches Ende. Man hielt die unmenschlichen Handlungen für erlaubt, weil die Stadt mit Bann, Interdikt und Reichsacht belegt war. Das Hauptquartier der Verbündeten war im Eyriakskloster, weil die Stadt von hier am besten übersehen werden konnte. Auch boten die dort vorhandenen Hohlwege und Steinbrüche guten Schutz gegen die aus der Stadt geschleuderten Geschosse. Da hierdurch jede Annäherung verhindert wurde, mußten sich die Verbün- 4

8. Praxis des heimatkundlichen Unterrichts - S. 136

1912 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 136 — Osnabrück. In den ersten Zeiten war seine Gewalt nur eine beschränkte gewesen. Als aber mit dem Staufer Friedrich Ii. des Reiches Macht und Herrlichkeit ins Grab sank und die einzelnen Landesherren auf Kosteu der kaiserlichen Gewalt mächtiger und unabhängiger wurden, da bildete sich auch hier allmählich die volle Laudeshoheit aus. In dem benachbarten osnabrückschen Amte Reckenberg mit der Stadt Wiedenbrück gewann sehr früh das Geschlecht der Edelherren von Freckenhorst Einfluß. Widukiud von Freckenhorst gründete 1190 das Kloster Marienfeld und stattete es reich mit Gütern aus. Er nahm an dem Kreuzzuge Friedrich Barbarossas teil und starb in fernen Landen. Mit seinem Tode kam die Herrschaft Rheda an die edlen Herren von der Lippe. Im Jahre 1365 wurde der Junker Otto von Tecklenburg Vormund der Grafschaft Lippe. Heftige Fehden entbrannten zwischen dem lippischen und tecklenburgischen Geschlechte über den Besitz der Länder. Erst nach mehr als hundertjährigem Streit ver- zichtete Lippe 1491 endgültig auf die Herrschaft Rheda. Seit der Zeit waren die Tecklenburger die Herren in Rheda und iu der Gemeinde Gütersloh bis zum Jahre 1809. Der Verwalter des Grafen war der Amtsvogt. Er wohnte in der Amtsvogtei. Sie befand sich an der Wende des 18. Jahrhunderts in dem Daltropscheu Hause an der kleinen Kirch- straße. Bei Bultmanns Hofe hatte die Gütersloher Bürgerschaft ihrem neuen Herrn zu huldigen und den Treueid zu leisten. In der Nähe der Neuen Mühle führt die Tiggbrücke über die Ems. Hier hielteu alle freien Männer der Grafschaft Rheda das Ding oder Thing ab. Die Gerichtsbarkeit. Im Mittelalter waren die Rechtsverhältnisse, wie in gauz Deutsch- laud, so auch in der Herrschast Rheda sehr verwickelt. Das alte Franken- reich war in Grafschaften eingeteilt. Ost fielen diese Verwaltungsbezirke mit den Gauen, den Gebieten der alten Völkerschaften, zusammen. An der Spitze eines solchen Gaues stand der Gaugraf. Karl der Große über- trug die Einrichtung auch auf das Sachsenland. Der Gaugraf war der Vertreter des Königs in seinem Bezirk. Als solcher war er auch der Richter des Landes. Unter Karl dem Großen hatten die Freien dreimal im Jahre zu dem ungeboteneu Ding, an dem Gericht gehalten wurde, zu erscheinen. In diesem Gericht, das später oft uur ein- oder zweimal im Jahre statt- fand, wurde die hohe Gerichtsbarkeit gepflegt, d. h. es wurde über Tod und Leben befunden. Alle leichteren Fülle gehörten vor das Zentgericht; es ist das Niedergericht, an dessen Spitze früher der Vorsteher der Hundert- schaft, der Huuno, Zentenar oder Zentgraf stand. Die alte Gerichtsver- fassuug wurde im Laufe der Jahrhunderte vielfach eiugeeugt, umgeändert oder aufgehoben. An die Stelle der früheren Grafen, der Verwaltungsbeamten der Krone, traten nach und nach selbständig werdende, mehr oder weniger große und unabhängige Landesherren. In den frühesten Zeiten wurde ihuen von den deutschen Königen die Gerichtsbarkeit übertragen. Unter deu schwachen Herrschern wurden die Würden und Ämter erblich, und die Territorialherren erweiterten ihre Macht und ihre Rechte unablässig. So

9. Geschichte - S. 91

1913 - Berlin : Oehmigke
— 91 — 30. Ein Überfall und seine Folgen. Heinrich von Queiß zu Plössin, Gerichtsherr und Lehnsträger des Bischofs von Lebus, ein fast achtzigjähriger Greis, war mit seinem Schäfer in Streitigkeiten geraten, und dieser vergriff sich, man weiß nicht, wodurch gereizt, an der Familie seines Brot- und Gerichtsherrn. Nicht genug damit, flüchtete er nach Friedersdorf bei Storkow und wußte die Bauern für sich zu gewinnen. Nachdem sich ihm auch noch die Bewohner von Dolgenbrodt angeschlossen hatten, fiel er eines Tages hinterlistig in Plössin ein und trieb die Schafe des alten Queiß hinweg. Dieser verklagte sofort den Aufrührer und Räuber beim Bischof, und dieser gab dem Amtshauptmann von Storkow Befehl, nicht nur die Schafe wieder beizubringen, sondern auch den Schäfer in des Gutsherrn Gericht zu liefern. War es nun Saumseligkeit oder Parteinahme, der Hauptmann ließ jenen Befehl unbefolgt. Inzwischen war zu verschiedenen Malen Feuer iu Plössin ausgebrochen, und mit Recht vermutete man in dem Schäfer den Übeltäter. Queiß wiederholte inständig seine Bitten. Der Bischof befahl den: Amtshauptmann nochmals ernstlich, seinem Erlaß nachzukommen. Daß mithin die Schuld eigentlich an dem säumigen Hauptmann lag, ahnte der racheschnaubende alte Herr nicht. Als noch immer keine Genugtuung erfolgte, wandte er sich nun endlich an den Landvogt der Niederlausitz als seine nächst höhere Behörde. Dieser, Heinrich Tuukel, Herr von Bernizko, oberster Münzmeister des Königreichs Böhmen, ersuchte noch an demselben Tage in einem ebenso schicklichen wie bestimmten Schreiben den Bischof, sich der Sache doch endlich mit Nachdruck anzunehmen und seinem Vasallen Schutz und Recht angedeihen zu lassen. Der Stolz des Bischofs siegte über seine Klugheit. Seine Empfindlichkeit war aufs äußerste gereizt. Es ging die Rede, daß er beim Lesen des Briefes geäußert habe, er werde dem Queiß dieseu Schritt nicht vergessen, sondern ihn deshalb zu züchtigen wissen. Jedenfalls sandte er bald ein Schreiben nach Plössin, worin er unumwunden seinem Grolle Ausdruck verlieh. War es bisher nur Säumnis gewesen, was den Rechtsgang aufgehalten hatte, so mischte sich jetzt immer erkennbarer die böse Absicht mit hinein, dem klagenden Teile nicht mehr zu seinem Rechte zu verhelfen, zum mindesten aber die Sache aufzuhalten. Bischof

10. Geschichte - S. 42

1913 - Berlin : Oehmigke
— 42 — Berlin versammelt, um mit ihnen über die Not des Landes zu beraten. Tyle Wardenberg war damals Alderman; er hatte die Polizeigewalt, mußte über Frieden und Ordnung in der Stadt wachen und während des Landtages dasjenige besorgen, was die Fürsten ihm für denselben auszurichten hießen. Da geschah es, daß dieselben von dannen ziehen und schleunig noch die Abgeordneten versammeln wollten, um ihnen den Landtagsabschied zu erteilen. Sie sandten deshalb zu Wardenberg, daß er die guten Leute, die in der Stadt bei den Bürgern Herberge genommen hatten, schnell zusammenberiefe. Als an Wardenberg dieser Befehl überbracht wurde, setzte er sich aufs Pferd und eilte aufs Feld, so daß die Fürsten und Mannen davonritten, was dem Lande und der Stadt zu Schaden kam. Einer aus d e m Volke: Ja, das Wegreiten war Wardenbergs Leidenschaft. Büttel: Ruhig draußen! Ankläger (fortfahrend): Bald hierauf geschah es, daß eine Pilgerin von Rom durch Berlin zog, die von Wardenbergs Freunden in der Nähe der Stadt beraubt und geschunden wurde. Als das Zetergeschrei in die Stadt drang, sandten die Ratmannen Diener aus, um die Räuber zu suchen, welche schon wieder in die Stadt zurückgekehrt waren. Als die Ratmannen dies erfuhren, drangen sie in Wardenberg, daß er die Täter verhaften ließe, damit auf Zetergeschrei über sie ein Notgedinge gerichtet werden konnte, welches er aber versagte, so daß weder Strafe noch Sühne erfolgen konnte. Einer aus dem Volke: Die alte Schraube habe ich gesehen, sie schrie Zeter wie ein Landsknecht. Ankläger: Damals geschah es auch, daß er sich an den Geldkisten der Stadt vergriff. Dieselben hatten einen zwiefachen Verschluß, wozu die beiden Kämmerer die Schlüssel verwahrten. Da forderte Wardenberg dem einen der Kämmerer den Schlüssel ab, den er wohl sechs Tage bei sich behielt. Ob er dabei nach Ehre und Pflicht gehandelt, werden die Schöffen entscheiden. Man hatte ihn aber im Verdacht, daß er sich Gelder angemaßt habe, deren er bedurfte, um sich damit Freunde zu machen. Auch versprach er den Gemeindebürgern, wenn sie ihm folgen würden, sie schoßfrei zu machen. Dies haben die Leute dem Rat bekannt und gesagt, daß sie wohl wüßten, er könne dies nicht möglich
   bis 10 von 202 weiter»  »»
202 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 202 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 11
1 17
2 34
3 108
4 79
5 262
6 0
7 173
8 235
9 23
10 80
11 0
12 10
13 247
14 3
15 12
16 45
17 1
18 103
19 46
20 3
21 14
22 9
23 7
24 23
25 49
26 121
27 62
28 54
29 40
30 48
31 6
32 13
33 36
34 14
35 22
36 325
37 350
38 114
39 85
40 10
41 0
42 23
43 70
44 1
45 59
46 87
47 43
48 20
49 8

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 14
2 0
3 8
4 19
5 1
6 0
7 18
8 0
9 20
10 11
11 2
12 3
13 5
14 0
15 0
16 22
17 43
18 3
19 2
20 5
21 2
22 0
23 7
24 0
25 0
26 1
27 0
28 2
29 0
30 0
31 0
32 6
33 0
34 2
35 0
36 8
37 63
38 4
39 1
40 1
41 56
42 1
43 21
44 6
45 11
46 5
47 0
48 0
49 1
50 0
51 1
52 1
53 0
54 17
55 0
56 12
57 51
58 3
59 9
60 5
61 3
62 0
63 3
64 0
65 3
66 1
67 0
68 72
69 24
70 2
71 1
72 55
73 53
74 1
75 2
76 31
77 9
78 7
79 0
80 26
81 0
82 5
83 39
84 1
85 0
86 8
87 6
88 0
89 0
90 4
91 1
92 34
93 0
94 14
95 1
96 3
97 0
98 18
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 49
1 3
2 5
3 17
4 7
5 263
6 10
7 160
8 2
9 3
10 77
11 3
12 22
13 23
14 8
15 0
16 0
17 2
18 44
19 18
20 0
21 2
22 0
23 0
24 5
25 43
26 30
27 0
28 1
29 9
30 5
31 7
32 3
33 90
34 5
35 8
36 18
37 0
38 108
39 94
40 17
41 12
42 2
43 49
44 18
45 0
46 3
47 38
48 2
49 0
50 54
51 29
52 102
53 1
54 68
55 19
56 5
57 22
58 10
59 63
60 22
61 7
62 245
63 5
64 33
65 20
66 76
67 4
68 0
69 1
70 9
71 11
72 100
73 1
74 1
75 10
76 0
77 17
78 10
79 8
80 117
81 144
82 2
83 1
84 0
85 0
86 0
87 0
88 1
89 9
90 0
91 24
92 2
93 18
94 31
95 2
96 47
97 267
98 43
99 415
100 65
101 1
102 29
103 0
104 0
105 16
106 30
107 2
108 0
109 3
110 18
111 14
112 30
113 2
114 21
115 2
116 26
117 5
118 38
119 9
120 6
121 26
122 16
123 16
124 19
125 19
126 2
127 24
128 0
129 7
130 34
131 25
132 14
133 40
134 0
135 7
136 58
137 4
138 0
139 3
140 10
141 2
142 182
143 15
144 58
145 197
146 0
147 3
148 11
149 0
150 1
151 23
152 13
153 1
154 62
155 11
156 16
157 19
158 2
159 4
160 0
161 9
162 0
163 0
164 2
165 12
166 10
167 10
168 9
169 24
170 11
171 114
172 2
173 21
174 8
175 35
176 0
177 96
178 0
179 33
180 4
181 0
182 31
183 257
184 0
185 8
186 1
187 5
188 20
189 0
190 0
191 32
192 1
193 0
194 36
195 3
196 33
197 0
198 1
199 38