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die Fahrt im Lenzessonnenschein. Am 2. Mai langte er abends in Eisenach an, von wo er 20 Jahre zuvor als fröhlicher Student gen Erfurt gewandert war. Ausgestoßen aus der Kirche und gebannt vom Papste, doch umjubelt vom deutschen Volke, kehrte er zurück.
Von Eisenach ging die Fahrt weiter durch den Thüringer Wald. Nichts lag da näher, als daß er einen Abstecher nach Möhra, der elterlichen Heimat, unternahm, um die Verwandtschaft zu besuchen. Er war Gast bei Heinz Luther, dem Bruder seines Vaters, und verkündete in der Dorfkirche das Wort Gottes, wie er es auch in Eisenach getan hatte. Bei seiner Abreise gaben ihm Verwandte und Freunde das Geleit bis Allenstein und nahmen beim Anbruch der Nacht innigen Abschied.
Ueberfall bei Altenstein: Nun gings in den tiefen, dun-
keln Wald. Zu beiden Seiten des engen, tiefen Hohlweges ragten hohe, dichtbewaldete Hügel empor. Dumpf rauschten die Wipfel der Tannen, und über krachendes Gezweig stob flüchtiges Rot-wild. Es war schier unheimlich; der schreckhafte Ordensbruder fuhr bei jedem Geräusch zusammen. Auf einmal vernahm man das Schnauben von Rossen und das Klirren von Harnischen. Da sprengten auch schon in höchster Eile gepanzerte Reiter mit geschlossenem Visier (Helmgitter) daher. Bei einer großen Buche in der Nähe eines Brunnens stießen sie aufeinander und umringten die Wagen. Der Ordensbruder schrie Mordio und ergriff eilends die Flucht. Amsdorf, in den Plan eingeweiht, erging sich, um den Fuhrmann zu täuschen, in lauten Schmähungen über die frechen Straßenränder. Diese aber bedrohten mit gespannter Armbrust den zitternden Wagenlenker, ihnen zu sagen, welcher der ruchlose Ketzer sei. Scheltend und fluchend rissen sie dann Luther aus dem Wagen und eilten mit ihm tiefer in den Wald. Amsdorf aber schrie immer lauter über die angetane Gewalt, indes die Reiter verschwanden.
Anfangs mußte Luther zu Fuß folgen, dann aber setzten sie ihn aufs Pferd. Um falsche Fährte zu hinterlassen, sprengten sie zuerst gen Morgen und kreuz und quer durch den Wald, bis sie nordwärts die Richtung nahmen. Außer Hörweite des Fuhrmanns behandelten die fluchenden Gesellen ihren Gefangenen überaus fein und höflich und ritten mit ibm gegen 11 Uhr in der Nacht durch das Tor der Wartburg.
Auf der Wartburg: Der Schloßhauptmann Hans von Berlepsch zog das Barett und begrüßte den Gast sehr ehrerbietig als Herrn Junker Georg. Sorgsam wachte er auch darüber, daß das Geheimnis der Person des fremden Ritters gewahrt blieb. — Eine goldene Kette schmückte nun Luthers Brust, und bald umrahmte ein stattlicher Vollbart sein Antlitz. Bei Wanderungen in die Umgebung, beim Ausritt in die Wälder und auf dem Wege nach der Stadt begleitete ibn, der dann wie ein Ritter das Schwert
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Extrahierte Personennamen: Heinz_Luther Altenstein Fuhrmann Schloßhauptmann_Hans_von_Berlepsch Georg
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irgendeine Bewegung auf dessen Flanken zu machen. Sein Rückzug aber, wenn der Feind siegte, war nur auf den schmalen Landstrichen an beiden Enden des Heiligen Sees möglich.
Nach der Einsegnung des Heeres ward vor Aufgang der Sonne schnell die breite Floßbrücke aufgefahren, und die Fahrzeuge füllten sich mit Streitern. Ein Teil der Ritter war abgestiegen; in dichter Eisenrüstuug schritten sie voran und brachen mit ihren Speeren sich Bahn durch die nur leichtgeharnischten Haufeu der Wenden, die mit Streitäxten, Keulen, Schwertern und Schilden vergeblich ihrem Vordringen sich widersetzten. Bald war Raum um den Landungsplatz gewonnen. Albrecht stürzte sich mit seinen Rittern in den dichtgedrängten Feind, und es entspann sich ein langer, verzweifelter Kampf. Tausende fielen auf dem engen Raume, während von der einen Seite die langen Horner und das dumpfe Schlachtgeheul, vou der auderu die schmetternden Trompeten und der laute Zuruf der Führer die Streiter zu immer neuen Anstrengungen ermunterte. Da sank die heilige Fahne der Wenden, und sie wandten sich zur Flucht. Vergebens bemühte sich Pribislaw, diese aufzuhalten. Nach der Stadt zu drängte sich die wirre Masse, dicht hinter sich den'morden-den Feind. Hier aber trat ein andrer den Fliehenden entgegen. Albrecht hatte eine starke Schar bei Werder in der Nacht über die Havel setzen lassen, und diese rückte jetzt gegen die Wenden an, in deren Reihen nun von allen Seiten der Tod wütete.
Berzweifluugsvoll sammelten sich um den Wendenfürsten seine Edlen. Die kühne Schar mit den dunklen Augen und schwarzen Locken brach sich Bahn längs den Ufern des Heiligen S^es, um da, wo am obern Ende der Graben ihn jetzt mit der Havel verbindet, die Flucht zu versuchen. In der Gegend von Nedlitz aber trafen sie von neuem auf den Feind, der auch diesen Ausweg besetzen wollte. Vergeblich strebte der tapfere Fürst, sich durchzukämpfen; die Übermacht war zu groß. Fast alle die Seinen fielen um ihn her, und immer weiter wurde er zurückgedrängt nach der Gegend, woher das Siegesgeschrei der Deutschen erscholl. Da wandte Pribislaw, des verlassenen Vaterlandes gedenkend, das hohe, starke Pferd nach der Gegend, wo sich Sakrow gegenüber das Ufer am weitesten in die Havel erstreckt. Kühn trieb er das schnaubende Roß hinein in die Flut und erreichte schwimmend den sichern Strand, er allein gerettet von so vielen Tausenden.
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Nedlitz Sakrow
es trieb manchmal auch diesen verdüsterten Fürsten hinaus in den frischen, harzduftenden Wald, hinaus in die klare Herbstluft, die über den Jagdgründen der alten ballenstädtischen Fürsten, der Liebenwalder, Grimnitzer und Werbelliner Forst so wonnig wehte. So auch einst im Jahre 1534, nachdem seine Gemahlin schon lange von ihm gewichen war. Heut schien der Renner unter dem Fürsten nicht müde zu werden, — weit, weit ab von den Weidgesellen jagte er dahin durch die grüne Waldwildnis, auf deren leuchtendem Moose die Strahlen der Herbstsonne mit den leise rauschenden Fichtenzweigen spielten. Der Abend brach allmählich herein. Der Kurfürst ritt auf Liebenwalde zu, wo er die Nacht zubringen wollte. Da springt auf einmal ein gewaltiges Wildschwein vor ihm auf. Er schwingt den Speer, erjagt ihm nach, er treibt's in einen Morast. Jetzt sitzt er ab. Er faßt den Spieß fest in die Hände und will das Ungetüme Tier, das sich geängstigt gegen ihn gewandt hat, abfangen. Da springt es wider ihn an, Feuer sprüht aus dem Rachen und den weit geöffneten Nüstern; Joachims Speer lodert auf aber der Eber ist verschwunden. Schon dnnkelt's am Himmel. Soeben glaubte Joachim noch die Glocken von Liebenwalde zu vernehmen — jetzt ist alles, alles still; nur fern am Rande des Morastes fliegen krächzend die Krähen auf. Er sucht und sucht den Weg und findet ihn erst, als von fernher Lichter durch das Holz schimmern. Aber er sieht's: nicht nach Liebenwalde, nach Grimnitz ist er gekommen. Da scheut aus einmal sein Pferd vor einer Anzahl weißer, mondscheinbeleuchteter Steine; aber ein kräftiger Rück der nervigen Faust bringt es wieder zurecht. Der Fürst kennt den Ort wohl; es ist der Bärenskirchhof, und die Sage erzählt, daß hier ein Förster begraben sei, der die Todeswunde noch von einem schon getöteten Eber erhalten habe. Die Nächte vorher hatte es aus dem nahen Forste gerufen, daß der „Stumpfschwanz" ihn morden werde. Als er das erlegte Wild auf den Wagen werfen wollte, da fiel der Kops des Ebers herunter; der fcharfe Hauer schlitzte ihm den Schenkel. Er starb an der Wunde. Joachim gedachte der alten Sage — in Schweiß gebadet kam er zu Grimnitz an. Auch ihm war das Erscheinen des Ebers ein verhängnisvolles Zeichen gewesen ■— er starb anderthalb Jahr daraus.
Nachdem Joachim I. in Lehnin bestattet worden war, änderte sich das düstere Aussehen des Berliner Schlosses gar bald. Ein
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Extrahierte Personennamen: Joachim Joachim Joachim_I.
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und wollte sie gerne zur Gemahlin haben. Eines Tages machte
er sich daher auf nach Schloß Hammerstein und bat den Herrn
von Kettler um die Hand seiner Tochter Mechthilde. Der Vater
wollte die zarte Jungfrau dem rauhen, wilden Ritter nicht an-
vertrauen und gab dem Freier eine abschlägige Antwort. Der
aber stieß drohende Worte aus und kehrte voll Ingrimm auf
seine Burg zurück. Er sammelte seine Kriegsgesellen und be-
lagerte die Burg Hammerstein, um die Jungfrau zu rauben. Er
wurde aber zurückgeschlagen. Da der Vater fürchtete, daß der
wilde Ritter nicht ruhen würde, bis er sein Ziel erreicht hätte,
so brachte er seine Tochter in das Kloster zu Gräfrath und ließ
sie Nonne werden.
Aber Wolfgang von Kronenburg gab sich auch jetzt noch
nicht zufrieden. Er sann einen Plan aus, wie er die Jungfrau
in seine Gewalt bekommen könnte. Eines Tages gingen die
Nonnen von Gräfrath in einer Prozession in den Wald. Wolf-
gang von Kronenburg hatte davon gehört und hielt sich mit
seinen Spießgesellen im Dickicht des Waldes versteckt. Die Jung-
srauen gingen, fromme Lieder singend, nichts ahnend, dahin. Da
mit einem Male brachen die Raubgesellen aus dem Dickicht
hervor. Eine unbeschreibliche Verwirrung entstand unter den
andächtigen Nonnen. Wolfgang aber hob die zitternde Mecht-
Hilde auf sein Roß und jagte mit seiner Beute und seinen Kriegs-
knechten davon. Der Klostervogt eilte mit seinen Knechten dem
frechen Räuber nach und holte ihn am Ufer der Wupper ein.
Als Wolfgang merkte, daß die Verfolger ihm dicht auf den
Fersen waren, gab er die geraubte Jungsrau einem seiner Spieß-
gesellen, damit er sie nach der Kronenburg in Sicherheit bringe.
Er selbst riß sein Pferd herum, jagte seinen Verfolgern entgegen
und schlug den Klostervogt mit seinem Schwerte nieder. Die
Begleiter dieses wackeren Manne? ergriffen feige die Flucht.
Der Nonnenräuber ritt nach seiner Burg und machte Mechthilde
zu seiner Gemahlin.
Die Äbtissin des Klosters von Gräfrath wollte den Frevel
nicht ungerächt lassen und verklagte den Räuber bei dem Bischof
von Köln, unter dessen Schutz ihr Kloster stand. Der Bischof
sprach den Kirchenbann über den Ritter von Kronenburg aus.
Der aber verhöhnte ihn und weigerte sich, Buße zu tun. Seine
Burg wurde von dem Bischof und seinen Kriegsknechten belagert,
aber hinter seinen Mauern trotzte Wolfgang den Angriffen der
Feinde. Sie zogen endlich ab.
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Extrahierte Personennamen: Kettler Wolfgang_von_Kronenburg Gräfrath Kronenburg Hilde Gräfrath Kronenburg Wolfgang
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Traurig zog Graf Adolf -in seine Berge zurück. Tag und
Nacht dachte er darüber nach, wie er es anfangen solle, um den
geliebten Bruder wieder in seiner Nähe zu haben. Endlich hatte
er einen Ausweg gefunden. Er ließ sein Schloß Berg in ein
Kloster umwandeln. Dort zog Graf Eberhard als Mönch mit
zwölf andern Mönchen ein. Graf Adolf aber baute sich ein neues
Schloß: Burg an der Wupper. Jetzt waren die Brüder nur eine
kleine Strecke von einander entfernt und konnten wie in ihrer
Jugend oft bei einander sein. Als Graf Adolf alt geworden
war, ließ er seine Söhne regieren und wurde auch Mönch. Nun
waren die beiden Brüder in Liebe vereinigt und führten ein
stilles, frommes Leben bis an ihr Ende. Im Dom zu Altenberg
wird noch jetzt die Stelle gezeigt, wo die beiden Brüder be-
graben sind.
24. Gottesgericht auf Schloß Burg.
Der Graf Heinrich von Berg hielt einst auf seinem Schlosse
Burg an der Wupper einen Gerichtstag. Unter einer mächtigen
Eiche am südlichen Ende des Schloßberges waren alle Richter,
Schöffen genannt, um einen langen Tisch versammelt. Neben
dem Grafen stand ein Edelknabe, der ein bloßes Schwert in der
Hand hielt. Auch jeder Schöffe trug ein solches. Als das Gericht
anfangen sollte, nahm der Graf dem Edelknaben das Schwert
aus der Hand, schlug dreimal auf den Tisch und legte dann die
Waffe vor sich nieder. Ein Herold des Grafen rief nun den
Versammelten zu: „Wer eine Klage hat, soll sie vorbringen!"
Da trat der junge Engelbrecht vom Boltenberge vor die Schöffen
hin, hob seine rechte Hand empor und sprach: „Ich klage den
Ritter Gerhard von Steinbach einer schmachvollen Tat an. Im
Schwelmer Walde hat er den edlen Gerlach von Scherven hinter-
rücks überfallen und ermordet. Wir fanden den Leichnam des
Erschlagenen und hatten ihn kaum in Sicherheit gebracht, als
unser Feind, der Graf von der Mark, uns überfiel und zehn
unserer besten Männer erschlug. Gerhard von Steinbach hatte
uns dem Feind verraten. Zwölf Männer aus unserer Ritter-
schast können bezeugen, daß Gerhard von Steinbach ein feiger
Verräter und Mörder ist."
Kaum hatte der Ankläger ausgeredet, als sich ein lautes
Murren unter den Rittern erhob. Alle liebten Gerhard von
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Extrahierte Personennamen: Graf_Adolf Adolf Eberhard Adolf Adolf Adolf Adolf Heinrich_von_Berg Heinrich Engelbrecht Gerhard_von_Steinbach Gerlach_von_Scherven Gerhard_von_Steinbach Gerhard_von_Steinbach
1. Die Schatzgräber auf dem Engelnberg.
Vor vielen, vielen Jahren war es auf dem Engelnberg recht
öde. Da wuchs nur niederes Gestrüpp zwischen den Steinen.
Auch gab es dort manche Schluchten und dunkle Höhlen.' In
diesen Schlupfwinkeln hielten sich Räuber auf und versteckten
dort ihre Schätze. Wenn nun in Elberfeld den Leuten etwas
abhanden kam, so sagten sie: „Et geiht dem Engelenberg herop?"
Später erzählten sich die Leute auch, man könne auf dem Engeln-
berg Schätze in der Erde finden.
Nun wohnte am Rommelspütt ein Mann, der wollte mit
seinem Sohn auf dem Engelnberg einen Schatz graben. Vor
Mitternacht brachen sie auf und gingen hinauf zum Engelnberg.
<£§ war eine stürmische, düstere Nacht. Die beiden Schatzgräber
kamen an einzelnen kleinen Bauernhäusern vorbei, und vor jedem
bellte ein Hund. Sie gingen ganz still weiter, denn wenn man
einen Schatz graben will, darf man nicht sprechen. Auf einmal
merkten sie, daß ein schwarzes Ungetüm wie ein großer Hund
mit feurigen Augen ihnen nachging und immer um sie herum-
lief. Sie hatten beide so große Angst, daß ihnen die Schweiß-
tropfen auf der Stirne standen. Keiner aber wollte es den
andern merken lassen, und so gingen sie mutig vorwärts. Als
sie fast oben waren, kam wieder das Ungetüm mit den feurigen
Augen ganz dicht an sie heran. Da wurde ihnen so unheimlich
zumute, daß sie umkehrten und schnurstracks den Berg hinunter-
liefen. Die Lust zum Schatzgraben war ihnen vergangen. Sie
arbeiteten aber von nun an fleißig und wurden wohlhabende
Leute. Da lernten sie, daß die Arbeit der beste Schatz ist.
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Stadt und Land als Lehen erhalten. Nur dem Kaiser will
ich dienen."
Da der Kaiser sah, daß durch Güte der Streit nicht bei-
zulegen war, befahl er, daß ein Gottesurteil entscheiden solle. Die
beiden Feinde stellten sich einander gegenüber, zogen die
Schwerter und drangen hart aus einander ein. Lange dauerte
der Kampf, bis endlich Drost Brüning seinen Gegner mit einem
gewaltigen Schlag zu Boden streckte. „Drost Brüning ist Sieger,"
erscholl es aus den Reihen der Umstehenden, „und er bleibt
des Kaisers Lehensmann."
5. Vom treuen Schildknappen.
Wo jetzt die beiden Städte Elberfeld und Barmen liegen,
war vor vielen hundert Jahren dichter Wald. Ein silberhelles
Bächlein floß hindurch. Buchen spiegelten sich in dem klaren
Wasser. An einer Stelle war ein besonders schönes Fleckchen.
Ein Wiesental zog sich am Berge hin. Blumen leuchteten aus
dem Grase hervor, und Nachtigallen sangen im nahen Gebüsch
ihr Lied. ,
Nicht weit von diesem Wiesental wohnte ein Ritter. Ihn:
diente ein treuer Knappe, der seinen Herrn auf jeder Jagd und
in jedem Streite begleitete. — Einst waren sie zur Jagd an den
Rhein ausgezogen. Plötzlich bemerkten sie hinter sich eine Schar
Feinde. Vor ihnen rauschte der Fluß. An ein Entfliehen war
nicht zu denken. Der Ritter verzagte. Doch sein treuer Schild-
knappe flüsterte ihm zu: „Mut, mein Herr, ich weiß eine Furt
im Rhein und führe Euch sicher hinüber." So geschah es. Ehe
die Feinde es merkten, war der Ritter mit seinem Knappen am
anderen Ufer des Rheins. Zornig blickten die Feinde ihnen
nach. Sie konnten sich nicht erklären, wie der Ritter entkommen
war, und meinten, der treue Knecht sei ein böser Geist, der durch
Zauber seinem Herrn geholfen habe.
Nicht lange darnach wurde die Gemahlin des Ritters sehr
krank. Kein Arzt konnte sie heilen. Der Jammer aller Burg-
bewohner war groß. Da erklärte ein weiser Mann: „Ja, wenn
die Burgfrau Löwenmilch tränke, dann würde sie gesund." Dies
hörte der Schildknappe. Es verging noch keine Stunde, und der
treue Knecht war mit Löwenmilch zur Stelle. Die Frau des
Ritters trank und wurde bald gesund, zur großen Freude ihres
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bert, Erzbischos von Cöln. Die Quelle bewässerte eine Wiese,
die man den Jungserntanzplatz hieß; denn hier führten in Voll-
Mondnächten drei schöne Jungfrauen kunstvolle Tänze auf, die
sie mit lieblichem Gesänge begleiteten. Manche Wanderer haben
die herrlichen Gestalten in ihren blendendweißen Kleidern gesehen
und viel Wunderbares von ihnen erzählt.
An heißen Sommertagen badeten die drei Jungfrauen im
Heribertsborn. Sie tauchten unter, plätscherten, neckten einander
und spielten wie die Kinder. Ihre goldenen Haare kämmten
sie mit goldenem Kamme. Waren sie vom Bade ermüdet, so
lagerten sie auf weichem Moose unter den schattigen Eichen. Mit
sanften Weisen sangen sie sich in den Schlummer. Ihre Ge-
wänder pflegten sie während des Bades am Rande der Quelle
niederzulegen. Man sagte, wer sie ihnen entwenden könnte, der
erhielte viel Lösegeld, und zeitlebens würden die Jungfrauen
ihm dienen.
Nun wohnte in dem benachbarten Leiensiepen ein Ritter,
der ein gar wüstes Leben führte. Alle Tage lud er sich viele
gleichgesinnte Kameraden ein. Sie schmausten und tranken dann
aufs beste und durchstreiften wie wilde Jäger den Wald. Bei
solchem Leben hatte der Ritter bald sein Hab und Gut durch-
gebracht. Um neue Reichtümer zu erlangen, gedachte er, den
Jungfrauen am Heribertsborn die Gewänder zu rauben.
Eines Mittags sah er von fern, wie die Jungfrauen aus
dem Bade stiegen und sich zum Schlummer niederlegten. Leise
schlich er sich in ihre Nähe. Schon hatte er seine Hand nach
den Gewändern ausgestreckt, als ein lauter Angstruf durch den
Wald ertönte. Eine junge Bauernfrau vom Oberbüscherhof
Hatte sich im Dickicht verirrt. Sie kam in die Nähe des Brunnens,
sah, wie der Ritter die Gewänder stehlen wollte und weckte durch
ihren Schrei die schlafenden Jungfrauen. Diese sprangen er-
ichreckt auf, tauchten in der Quelle unter und bespritzten den
Frevler über und über mit Wasser. Von Stund' an war er
blind und tappte nach den Bäumen, ob er wohl den Heimweg
finden möchte. Die Bäuerin, die Mitleid mit ihm sühlte, führte
ihn nach seinem Schlosse zurück. Nicht Weib und Kind hatte er,
die ihn pflegten. Nur ungetreue Dienstleute umgaben ihn. Sie
verschwendeten, was der Ritter noch besaß, gingen davon und
ließen ihren blinden Herrn in bitterster Armut zurück. Da nahm
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Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
2. Vodengestaltung. 7
Schnaufen von Bodos Roß und das gellende Lachen des Unholdes. In verzweifelter
Entschlossenheit gab sie dem Rosse die Sporen; einen Augenblick zauderte das edle Tier,
dann aber bäumte es sich hoch empor, sprang über den tiefen Abgrund in herrlichem
Sprunge und fchlug jenseits seinen beerzten Huf tief iu das harte Gestein. Die
schwere, goldene Königskrone fiel der Königstochter vom Haupte hinab in die Tiefe,
die Jungfrau aber selber war gerettet und streichelte den Hals ihres edlen Rosses.
Das Roß des Riesen aber erreichte beim Sprunge den jenseitigen Felsen nicht,
sondern stürzte mit dem Unholde in die Tiefe. Hier verwandelte sich Bodo in einen
Hexentanzplatz. Roßtrappefelsen.
Hund und bewacht als solcher die der Prinzessin entfallene Krone, so daß Taucher
vergeblich nach derselben suchen. Nach dem Riesen Bodo hat der Fluß den
Namen Bode.
Nahe dem Nordrande des Harzes zieht sich von Blankenburg über
Weddersleben nach Balleustedt eiu aus Quadersandsteinen aufgebauter Wall,
welcher an manchen Stellen eine Höhe von 250 m erreicht. Dieser Gebirgs-
wall ist durch große Lücken unterbrochen; er wird die Teufelsmauer genannt.
Die Sage erzählt: Der Teufel wollte einmal die Welt mit dem Herrn Christus
teilen; dieser sollte den Harz, er aber wollte das Flachland nehmen, und um die
Grenze besser kenntlich zu machen, wollte er eine Mauer dahin bauen. Der Herr
war damit zusriedeu, sagte aber, vor dem ersten Hahnenschrei müßte alles fertig sein.
Da arbeitete der Teufel rüstig, und als es gegen Morgen kam, fehlte nur noch ein
Stein. Gerade als er den herbei trug, um ihn einzusetzen, krähte der Hahn. Nun
warf der Teufel unmutig die Quadersteine umher, wie sie noch liegen, und so ist die
Mauer bis diesen Tag unvollendet geblieben.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 130 —
Störer. In der Kirche ging die Traufeierlichkeit ohne Störung
vor sich. Nach der Rückkehr war Tanz und Schmaus in Hansens
Hause und bis zum frühen Morgen ertönten die frohen Stimmen
der Hochzeitsgäste, deren Scherze bald die Wolken von der Stirn
der Neuvermählten scheuchten.
In ungetrübtem Glück verflogen die ersten Wochen dem jungen
Paare, in fröhlicher Arbeit und aufrichtiger Liebe genossen sie ihr
Leben. Tie bösen Worte des Bruders waren fast vergessen. Dieser
jedoch, wenn er nicht mit seinen Zechgenossen beisammen war, brütete
dumpfe Rachepläne. So beaufsichtigte er eiues Tages die Feldarbeit
seiner Untergebenen, und wie er so die Straße lang sah, erblickte er
plötzlich den Gegenstand seiner Rache, den ihm tötlich verhaßten
Bruder. Schnell schickte er seine Arbeiter heim, und auf die Pflug-
schaar gestützt, erwartete er die Aukunft des Bruders, der ein sröh-
liches Liedchen trällernd, mit dem Pfluge über der Schulter heim
zu seinem Weib eilte. Da ergriff der wilde Bruder seine Pflugschaar
und holte mit den Worten: „Stirb, Räuber meines Glückes!" zu
einem tötlichen Schlage aus. Erschreckt sprang Hans zur Seite und
benutzte sein Pflugschaar ebenfalls als Wehr. Nnn folgte Schlag
auf Schlag, bis beide tötlich getroffen zur Erde sanken. Ein leises
„Ich vergebe dir! — — Leb wohl, Gretchen!" aus dem Munde
des einen, ein dumpfes „Zwei Fliegen auf einen Schlag!" aus dem
Munde des andern.
Vergebens erwartete am Abend Margaretha ihren Gatten,
Stunde auf Stunde verrann, noch kehrte er nicht heim. Nichts
Gutes ahnend läuft sie hinaus in die finstere Nacht, bis sie ihren
Mann und daneben den wilden Jürge — beide in ihrem Blute
liegend — findet. Verzweifelt wirft sie sich aus den Geliebten und
suchte vergeblich, ihn mit Küssen zu erwecken. Ihr Glück war für
immer dahin, Wahnsinn nahm ihre Sinne gefangen. Täglich saß
sie auf dem Grabe ihres Mannes, den Hügel mit Waldblumen
bestreuend. Nach Verlauf eines Jahres ward sie eines Morgens
von den Nachbarn tot dort ausgefunden.
Zum Andenken an dieses gransig-romantische Ereignis erhebt
sich an der Chaussee, die von Minden nach Bückeburg führt, links
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Extrahierte Personennamen: Schmaus Hans Margaretha