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Nach vier- bis fünfstündigem Marsche sehen wir die sieben Stein-
Häuser vor uns, welche seitwärts eines schmalen Wiesenthales an einem
mit düsteren Fuhren bewachsenen Hügel liegen. Wir ruhen aus auf
einem der großen Granitblöcke, und der Nadelwald begünstigt unser
Zurücksinnen in die dunkle Vorzeit, in welcher diese Grabdenkmäler
irgend welchen tapferen Heerführern errichtet worden sind. Vielleicht
war es die Zeit, in der die Ägypter ihren Königen die Pyramiden
als letzte Ruhestätten erbauten.
Kein Lied und keine Weltgeschichte melden uns etwas von den
Erbauern der Steinhäuser, aber die in diesen Hünenbetten aufgefundenen
steinernen Streitäxte und zugespitzten Geweihe geben uns Nachricht
über die Waffen und Hausgeräte damaliger Zeit. Und von diesen
Gerätschaften machen wir weitere Folgerungen auf Wohnung, Kleidung
und Lebensart der Ureinwohner dieser Gegenden.
Äxte und Sägen sind ihnen unbekannt, und ohne dieses Hand-
werkszeng können sie weder Häuser bauen, noch Spinnräder und Webe-
stühle anfertigen. Bekleidet sind sie daher nur mit einem Bären- oder
Wolfsfelle, oder mit einem Umhange, aus Binsen und Bast geflochten,
und gegen Wind und Wetter suchen sie Schutz in Höhlen und Erd-
Hütten.
Das erlegte Wild, dazu Wurzeln, Rüben, Rettiche und Beeren
aller Art liefern ihnen Nahrung, und als Messer dienen ihnen scharfe
Feuer- oder Flintsteine, womit die Heideflächen an manchen Orten
förmlich übersäet sind.
Hebemaschinen und Wagen besitzen sie nicht, deshalb vereinigen
sie sich zur Zeit des Glatteises, um die vor uns liegenden Granitblöcke
mit gemeinsamer Kraft auf den Schurrbahnen mühsam herbeiznschleisen
und aufzurichten zu Begräbnisstätten für ihre gefallenen, tapfersten
Krieger. Zwei hohe Steine stellen sie aufrecht als Thorpfeiler, und
darüber legen sie als Dach einen breiten Deckstein. Unverbrannt be-
graben sie ihre toten Helden darin und geben ihnen Streitäxte und
ihre besten Gerätschaften mit in das Grab. Nach den steinernen
Waffen nennt man diese Zeit die Steinzeit.
Der hierauf folgenden Zeit gehören die Hünengräber an. Das
sind größere Hügel, in welchen aus Thon geformte Krüge (Urnen)
vergraben sind, angefüllt mit Asche von verbrannten Toten. Zwischen
der Asche findet man kleine Schwerter, Spangen und andere Schmuck-
fachen aus Bronze, das ist ein Gemisch aus Kupfer und Zinn. Diese
Wiermann, Heimatskunde. y
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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— 21 —
,*>♦ Zeitalter -er L^ohenftaufen.
a) Das Ritterfeft zu Mainz.
1184.
Zu Pfingsten des Jahres 1184 wurde zu Maiuz ein großartiges Pruukfest abgehalten. Es galt die Wehrhaftmachung der beiden älteren Söhne des Kaisers Friedrich Notbart: Heinrichs, des römischen Königs, und Friedrichs, des Herzogs von Schwaben. Seit dem Falle vou Mailand 1163 war Mainz die Liebliugsstadt Friedrichs I. Es war ein glänzendes Ritterfest, das man hier gab; aus allen Gauen Deutschlands, aus Frankreich, England und Italien warnt Ritter gekommen. Auf den Höhen der Umgegend erhob sich ein ritterliches Lager. In Hülle und Fülle waren hier Lebensmittel und Wein aufgespeichert. Zwei Hallen waren von oben bis unten mit Hühnern und Hähnen angefüllt. Dem Erzbischöfe von Mainz folgten 1000 Ritter in strahlenden Helmen und Panzern, dem Erzbischöfe von Böhmen 2000 Begleiter, dem Kurfürsten vou Köln 1500, dem Rheinpfalzgrafen 1000. Ein ebenso beträchtliches glänzendes Gefolge von Rittern folgte den Landgrafen und übrigen Fürsten. Der älteste Sohn des Kaisers, Heinrich, trug die deutsche Königskrone. Am folgenden Tage wurden die beiden Söhne des Kaisers feierlich zum Ritter geschlagen. Der Kaiser gürtete ihnen das Schwert um; die Ritter legten ihnen die Sporen an; dem Dienste Gottes und der Verehrung der Heiligen wurde das Schwert geweiht.
Diese feierliche Wehrhaftinachuug der Söhne des Kaisers und der Prunk, mit dem bieselbe ftattfaub, ist ein romantischer Zug der hohen-staufischen Periobe. Auf dem politischen Gebiete war das Zeitalter der Hohenstaufen durch die Verbindung mit Italien ergebnislos, ja verhängnisvoll für Deutschland Auf geistigem Gebiete ist jene Zeit vou hervorragenber Bebeutung. Wir Verbanken ihr die Pflege der deutschen Kunst, die Förberung des bentschen Gemütslebens. Das glänzende Auftreten der hohenstanfischen Kaiser blieb Jahrhunderte lang in der Erinnerung. Dieses prunkvolle Erscheinen des Kaisers bei jeder Gelegenheit ist geplant, beabsichtigt. Durch die Heran bilbung eines starken Rittertums, durch die Pflege der ritterlichen Tngenben wollte sich der Kaiser eine Macht schaffen als Gegengewicht zu der Lehnsherrschaft, welche sich die einzelnen Lanbesherren, zum Schaben des Kaisertums, zu nutze machten.
Im Jahre 1188 weilte Rotbart wieber auf einem Reichstage in Mainz. Hier wnrbe der Kreuzzug beschlossen, auf welchem der Kaiser in Kleinasien im Salephflusse so jäh seinen Tod sanb (1190). Der plötzliche Tod im Morgenlanbe schuf im Munde des Volkes die Kyff-Häuser-Sage vom schlafenben Kaiser und seinem einstigen Erwachen. Denn wenn auch jene Sage aus Kaiser Friedrich Ii. geht, so war es boch die Persönlichkeit des Staufers Friedrich Rotbart, die in der Erinnerung des Volkes fortlebte und in dem Sehnen besfelben ncidj Einheit jenen Mythus schuf.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Notbart Friedrich Heinrichs Heinrichs Friedrichs Friedrichs_I. Ritter Heinrich Heinrich Friedrich_Ii Friedrich Friedrich_Rotbart Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Friedrichs Schwaben Mailand Mainz Deutschlands Frankreich England Italien Mainz Rheinpfalzgrafen Gottes Italien Deutschland Mainz Kleinasien
— 28
geeignet. Es gedeihen vorzugsweise Apfel, Birnen, Aprikosen, Kirschen,
Pfirsiche, Walnüsse und edle Kastanien. Zu dem milden Klima gesellt
sich ein fruchtbarer, toniger, kalkhaltiger Boden Mergel), der Feuchtig-
keit und Wärme im rechten Verhältnis festhält, ferner Schieferboden *),
der von der Sonne leicht erwärmt wird. Auf diesem Erdreich und in
der geschützten Lage gedeihen die edle Rebe und üppiges Getreide. —
Cob/enz
Stolzenfelsmahnst. *of)n
Rhens;:
Boppard'
Oberweskl
c.
Bacharach
Gerolstein ^ ^ i
|,.......4.....f fy
Kartenskizze Nr. 5. Rfyeingau und Kheintal,
Mit den Vorzügen der Natur wetteifert der Fleiß der Bewohner; beides
macht den Rheingau zur „Perle deutscher Lande."
Den stolzen Namen „Krone des Rheingaues" trägt Schloß Jo-
hannisberg, auf einem breiten Hügel unweit Geisenheim. Um das
Schloß herum liegt eines der schönsten und ältesten Weingüter des
Rheingaues. Ruthart, Erzbischos vou Mainz, siedelte 1106 auf der
kahlen Höhe Benediktinermönche an, die sich als ausgezeichnete Wiuzer
erwiesen. Sie rodeten den Schloßberg und ernteten den herrlichen
Wein als ihrer Mühe Preis. Welchen Wert dieser Wein hat, geht
i) Vorwiegend Bunt- und Hunsrückschiefer.
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4
mit Zaum und Gebiß, einer Lanze und einem
Schwerte bestand. Der Bräutigam erhielt von
feiner Braut nur einige Waffen zum Gegenqe-
schenk. — Die Frau besorgte nicht nur das
Hauswesen und nahm thätigen Antheil an der
Erziehung ihrer Kinder; sondern sie folgte selbst
auch ihrem Manne in den Krieg, um ihm seü
tte Wunden zu verbinden, ihn mit Lebensmit-
teln zu versorgen und gegen den Feind anzufeu-
ern. — Als ein freies Volk duldeten sie keine
Könige unter sich. Nur im Kriege wählte man
einen Heerführer oder Fürsten, dessen Würde
aber aufhörte, sobald der Friede wieder herge-
stellt war. In Friedenszeiten waren sie, außer
Len Priestern, von gleichem Ansehen; es seydenn.
Laß sich einer durch vorzügliche Tapferkeit und
große Thaten ausgezeichnet hatte. — In Hinsicht
ihrer Religion waren sie, so wie andere teutsche
Völker, dem Götzendienst ergeben. Doch verehr-
ten sie ihre Götter (Tuisko und Hertha rc. rc.)
nicht, wie die Heiden, in Tempeln, sondern in
dunkeln Hainen und Waldgegenden. —
Um ihren kriegerischen Muth zu üben, fan-
den sie Gelegenheit in den Kriegen, worin sie
mit dem damaligen herrschsüchtigen Volke, den
Römern, verwickelt wurden. Als nämlich der
teutsche König Arrovist in Gallien von den Rö-
mern auf's Haupt geschlagen, und aus diesem
Lande vertrieben worden war: so ging der römi-
sche Feldherr, Julius Cäsar, über den Rhein
gegen die Sueven, vielleicht dasselbe Volk, wel-
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3
Zur Wohnung diente ihnen eine aus bloßen,
groben Holzstämmen aufgerichtete, und statt der
Ziegeln, mit Rasen und Erde bedeckte Hütte. —
Da sie keine Künste und Wissenschaften kannten,
und nur die Tapferkeit über Rang und Vorzug
entschied: so konnte sich auch keiner anders wo-
durch auszeichnen und Ansehen und Hochachtung
erwerben, als durch der Tapferkeit große Thaten.
— Ihre Waffen bestanden in einem Schilde,
Spiese, Wurfspiese, Schwerte und einer Schleu,
der; ihre Fahnen in den Köpfen erlegter wilder
Thiere, und ihre Kleidung in Thierhauten z. B.
von Löwen, Auerochsen rc., welche ihnen ein
fürchterliches Ansehen gaben. Vom Schwerte
trennten sie sich nie, weder im Kriege noch im
Frieden. Ihre Starke bestand im Fußvolke. Auch
wußten sie befestigte Lager aufzuschlagen, und
hatten mehr, als andere teutsche Völker, Kenntt
niß von der Kriegskunst. Tacitus sagt: schlagen
können alle teutsche Völker; aber die Kattcn wis,
sen Krieg zu führen. Eine besondere unter ihr
nen herrschende Sitte war es, daß die Jünglin-
ge so lange einen Ring am Finger trugen und
den Bart sich wachsen ließen, bis sie mit eigener
Hand einen Feind erlegt hatten. Damit ihr Cha-
rakter, ihre Gewohnheiten und Neigungen unverr
mischt bleiben möchten, verheiratheten sie sich nur
an Einheimische, niemals an Fremde. Nach der
unter ihnen herrschenden Sitte, mußte der Mann
und nicht die Frau das Heirathsgut mitbringen,
welches in einem Gespann Ochsen, einem Pferde
1*
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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8
Hannover.
b) Wie die Kapelle erbaut wurde. Gleich darauf fiel der Kaiser in einen tiefen Schlaf, und als er wieder erwachte, sah er zu seiner groen ver-Wunderung vor sich den Platz mit Schnee bedeckt, während ringsumher alles in grner Sommerpracht stand, fluch das Kreuz, welches er in den Rosenbusch gehngt hatte, war darin festgefroren, und dennoch blhten am Busch die Rosen weit schner und voller, als sie vorher geblht hatten. Da merkte der Kaiser, da Gott hier ein Wunder getan habe, und gelobte, auf der Stelle, wo der heilige Schnee" gefallen war, eine Kirche zu bauen.
Noch sann er der diesen frommen Vorsatz nach, als Hundegebell und Wald-hrner durch den Wald erklangen. Sein Zagdgefolge kam herbei und war hocherfreut, den Herrn gesund und frohgemut wiederzufinden. Nun erzhlte der Kaiser, welchen Wink ihm Gott gegeben habe, und befahl, auf der heiligen Sttte sofort eine Kapelle zu bauen. Der wilde Rosenstock aber, der das Kreuz so festgehalten hatte, sollte nicht ausgerodet werden. So geschah es. Es entstand an der Stelle, wo die kleine Kapelle am Dome steht, das erste Gebude von hildesheim. Der Rosenstock aber grnt und blht noch heute und umrankt mit seinen frischen Zweigen das alte Gemuer. (Karl Seifert.)
4. Hermann Btllung.
Es war um das Iahr 940 nach Christi Geburt, da htete nicht weit von Hermannsburg ein 13mjhriger Knabe die Rinderherde seines Vaters. Da kommt ein prchtiger Zug von gewappneten Rittern dahergezogert, stolz zu Ro. Der Knabe sieht mit Lust die blinkenden Helme und Harnische, die glnzenden Speere und die hohen Reitersleute an und denkt in seinem herzen: Das sieht noch nach was aus! Aber pltzlich biegen die Reiter von der sich krmmenden Strae ab und kommen querfeldein auf die Stelle zugeritten, wo er htet. Das ist ihm doch zu arg; denn das Feld ist keine Strae, und es gehrt noch dazu seinem Vater. Er besinnt sich kurz, geht den Rittern entgegen und ruft ihnen zu: Kehrt um, die Strae ist euer, as Zeld ist mein!"
Ein hoher Mann, auf essen Stirn ein majesttischer Ernst thront, reitet an er Spitze es Zuges un sieht ganz verwunert ert Knaben an, er es wagt, sich ihm in en Weg zu stellen. Er hlt sein Ro an un hat seine Kreue an em mutigen Jungen, er so khn un furchtlos seinen Blick erwiert un nicht vom platze weicht. Wie heit u, Knabe?" fragt er. Ich bin hermarm Billungs Sohn un heie auch Hermann. Un ies ist meines Daters $el; Ihr rft nicht hinberreiten." Ich will's aber, Knabe," erwierte er Ritter mit rohenem Ernst, weiche, oer ich stoe ich rtieer!" Dabei erhebt er en Speer. Der Knabe aber bleibt furchtlos stehen, sieht mit Mitzertem fluge zu em Ritter hinauf un spricht: Recht mu Recht bleiben, un Ihr rft nicht der as $el reiten, Ihr reitet enn der mich hinweg!" Was weit u vom Recht, Knabe?" Mein Dater ist er Billung, un ich roere es nach ihm," antwortet er Knabe; vor einem Billung arf nieman as Recht verletzen." Da ruft
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Extrahierte Personennamen: Karl_Seifert Karl Hermann_Btllung Ernst Hermann Ernst
Extrahierte Ortsnamen: hildesheim Christi Hermannsburg
17. Die Hildesheimer Stiftsfehde. 1619. 67
sammelten Kurfürsten den Versuch, Frieden zu stiften. Vergeblich! Die Braunfchweiger Fürsten vermeinten, mit ihrem Heere von der Elbe bis an den Rhein ziehen zu können, ohne von jemand ausgehalten zu werden.
5. Die Schlacht bei Soltau. 1519. Es war am 29. Juni 1519; da standen sich die Gegner zwischen den Dörfern Langeloh und Valenfen bei Soltau gegenüber. Heinrich von Lüneburg, der die Gegend ant genauesten kannte, hatte auch am glücklichsten die Örtlichkeit benutzt und einen Teil seines Heeres in einen Hinterhalt gelegt. Das Heer der Brannschweiger war in der Front durch einen Morast, in den Flanken durch seine Wagenburg und feilt Geschütz gedeckt. Ohne Zögern schritten die Lüneburger zur Schlacht. Herzog Heinrich kniete dreimal mit seinen Scharen zum Gebete nieder; dann ermahnte er sie, ritterlich für das Fürstentum zu streiten, und stellte sich nun mit dem Bischof Johann an die Spitze der Reiter. Mit ihrem Adel, 300 Pferden, dem Hauptbanner und 12 Fähnlein Knechten griffen sie den aus 2000 Knechten bestehenden verlorenen Haufen an. Tapfer widerstanden die Braunschweiger! Aber die Menge der Krämer und Kaufleute und die mitgeschleppte Beute verbreitete alsbald Verwirrung. Da brachen die geldrifchen Reiter aus dem Hinterhalt hervor und umzingelten das braunschweigische Geschütz; zugleich drang das inzwischen herangefommene Fußvolk in die Reihen der Feinde und brachte die 5000 Knechte des feindlichen Gewalthaufens zum Wanken. Hans von Steinberg, tief in ihre Reihen einsprengend, entriß dem Feinde das Hauptbanner, und weder Herzog Wilhelm, ein Bruder Heinrichs des Jüngern, noch der tapfere Erich vermochte die Fliehenden zum Widerstande zu bewegen. Nach dreistündigem Kampfe war der Sieg für Lüneburg entschieden, und nach allen Seiten verfolgten die hildesheimfchen und geldrifchen Reiter die flüchtigen Braunschweiger. 4000 Tote bedeckten die Walstatt. Heinrich und Franz eilten auf flüchtigen Rossen in das benachbarte Verdenfche und fanden auf dem festen Schlosse Rotenburg ihre Sicherheit. Nur Herzog Erich hielt festen Stand und wehrte mit kräftiger Faust den immer mächtiger werdenden Andrang ab. Schon bei Beginn der Schlacht hatte er zu Herzog Heinrich gesagt: „Vetter, reit, es ist Zeit; meine gelben Sporen wollen's nicht leiden, daß ich reite." Dieser war dann geflohen; aber Herzog Erich, „der schon mehr bei solchem Schimpf gewesen war," focht ritterlich, selbst als schon alles verloren war. Vom Pferde geworfen, ward er von seinem Getreuen, dem langen Heinz, wieder beritten gemacht. Ein lüneburgischer Ritter verwundete den Helden am Oberschenkel; doch er saß tapfer im Sattel und führte den verzweifelten Kampf noch eine Weile fort, bis das aus der Wunde strömende Blut die Kraft erschöpfte. Da sprengte der Herzog auf einen geldrischen Ritter an und reichte ihm das Schwert zum Zeichen, daß er sein Gefangener
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Lüneburg Heinrich Heinrich Heinrich Johann Johann Hans_von_Steinberg Wilhelm Heinrichs Erich Heinrich Heinrich Franz Franz Erich Heinrich Heinrich Erich Heinz
120
Göttinger Markt zu schicken. „Toif" (Warte!), sagte der Herr von der Draken-
bürg, zog dem Esel die Hant ab, schlachtete ihn ganz kunstgerecht aus und packe
am andern Morgen seiner Magd den Tragkorb voll Eselfleisch; auf den Grund
des Korbes aber legte er die Eselshaut nebst einem Brief und schickte alles an
den Markt. Hier bot nun die Magd das Fleisch des unreinen Tiers für
Kalbfleisch aus, und die Göttinger kauften so fleißig, daß der Korb bald bis
auf den Grund geleert war. Darauf machte sich das Mädchen hurtig aus dem
Staube, und die zuletzt kommenden Kauflustigen fanden in dem geleerten Korbe
die Eselshaut samt dem Briese. Sie brachten beides sogleich zum Magistrat.
Hier öffnete der Bnrgemeifter den Brief und las: „Damit inan für alle Zeiten
weiß, daß ihr eures Gleichen freßt, so schreibt auf diese Eselshaut, was ihr
heute von mir gekauft und gegeffen habt. Herr von der Drakenburg." — Da
aber lief den Herren vom Rat die Galle über; sofort ließen sie die Sturm-
glocke schlagen und trugen den sich mit Wehr und Waffen sammelnden Bürgern
den Schimpf vor, welchen der Drakenburger der ganzen Stadt angethan hatte.
Nun verschworen sich die Bürger, nicht eher Wehr und Waffen abzulegen, bis
die Drakenburg der Erde gleich gemacht sei, zogen in hellen Hausen über
den Hainberg und eroberten in grimmigem Mute beim ersten Anlaufe die
Drakenburg. Alles was Leben in der Burg hatte, mußte über die Klinge
springen, und der Burgherr ward von der Zinne des Hauptturms in die
Spieße der unten stehenden Eroberer gestürzt. — Mehrere Wochen lagerten die
Göttinger in Herberhausen, Rohringen und am Klausberge und zerstörten die
Burg bis auf den Grund; erst als der Pflug über die Stelle der Zerstörung
hinweg gegangen, zogen sie zur Stadt zurück, und heute sindet man noch nicht
einmal mehr die Grundmauern der Burg vor.
[21] Karl Seifart.
50. Die Messe.
Ein besonderer Anziehungspunkt in der Umgegend von Güttingen
ist die Plesfe, eine Burg aus grauer Vorzeit, die etwa eine halbe
Meile von Göttingen int Leinethale auf einem hervorspringenden,
jedoch mit der übrigen Bergkette zusammenhängenden, hohen und
steilen Bergkopfe liegt. Ein wunderbarer Anblick! Zwei graue
Türme von beträchtlicher Höhe, ein Trotz dem Sturme der Jahr-
hunderte, ragen hehr und majestätisch über die hier und da durch-
löcherten Mauern.
Der äußerte Berggipfel, aus dem die stolze Bnrg sich erhob,
ist durch einen tief in den Felsen gehauenen Graben von dem
übrigen Teile des Berges getrennt. Sonst führte eine Zugbrücke
hinüber zum Thore des Vorhofs, dessen Pfeiler und Bogen nebst
der darau häugeudeu Vormauer noch manchem Jahrhundert trotzen
können. Die Burghut, welche die Einfahrt deckte, ist nicht mehr
vorhanden, wohl aber die Schießscharten mit ihren Brustwehren und
Basteien. Die eigentliche Burg ist nochmals mit einer zum Teil
zerfalleueu Mauer umgeben; die Pforte derselben befindet sich nach
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Extrahierte Personennamen: Karl_Seifart Karl
Extrahierte Ortsnamen: Drakenburg Drakenburg Hainberg Drakenburg Herberhausen Burg
255
ja nur wieder der Hammer Asathors und weiter nichts." Da trat Verthulf
kräftigen Schrittes an das Feuer und sprach: „Davor sei Gott, daß unter
meinem Dache irgend eine Lüge laut werde, die nicht sogleich ihren ehrlichen
Wiederruf fände! Das da an der Wand ist nicht Asathors Hammer, es ist ein
Christusbild am Kreuze." — „Gottlob, Vater," sagte der Knabe, „daß du den
Hammergeschichten ein Ende machst. Die Mutter erzählte schon vorhin davon,
und ich wußte nicht, was das bedeuten sollte." Alle waren einen Augenblick
still, Mutter und Tochter vor Angst, der Knabe innerlich froh, Verthulf und
die Gäste in tiefen, ernsten Gedanken. Endlich Hub der mit dein blutigen Kopf-
tuche an und sprach: „Ich will dir sagen, abtrünniger Landsmann, daß du
vor zwei furchtbaren Richtern stehst. Ich bin der Herzog Wittekind, und dieser
ist der Herzog Albion." Da schrie die Frau vor Schrecken laut auf und nahm
ihre Tochter in die Arme. Berthulf aber faßte die beiden Herzöge scharf ius
Auge und sprach: „Ich habe schon längst einmal gewünscht, euch zu schauen,
weil ihr zwei große Kriegshelden seid und wohl verdientet, für meinen lieben
Herrn Jesus zu fechten. Jetzt kommt ihr mir freilich ungelegen; und ich werde
wohl mein Leben vor euch lassen müssen. Haltet nur Maß in eurer Rache
und schonet Hütte und Weib und Kinder!" — „Das wird noch darauf ankom-
meu!" antwortete Albion, sich zornig von seinem Sitze erhebend und das Schwert
aus der Scheide reißend. Wittekind faßte nach der blanken Streitaxt, die er
hinter sich an die Wand gelehnt hatte, und stand ebenfalls vom Seffel anf.
Beide waren furchtbar anzusehen in ihrem Zorne. Der Knabe hatte indessen
das Beil genommen und es dem Vater gegeben. Dann riß er einen Brand
aus dem Feuer, stellte sich neben ihn und sagte: „Vater wir wehren uns doch?"
— „Versteht sich," sprach Berthulf, seine Waffe sest fassend, „wir werden fech-
tend sterben wie ehrliche Sachsen." — „Sterben?" lachte der Knabe, „das ist
noch die Frage; der Feind ist ja auch nur zu zweien." — Da sahen sich die
Herzöge staunend an und senkten Streitaxt und Schwert, Wittekind aber sagte:
„Frieden! Ich verlange nichts weiter als zu hören, wie ein so echter Sachse
sich zu der Lehre des Gekreuzigten hat bekennen mögen." — „Das will ich
euch recht gern erzählen," antwortete Verthulf. Sie setzten sich, ihre Waffen
ablegend, ruhig um das Feuer, und Berthulf begann folgendermaßen: „Ich
war noch ein wilder Jüngling, etwa neunzehn Jahre alt, da zog ich einmal
auf der Jagd mit Armbrust und Bolzen durch den Forst. Da begegnete mir
ein Christenpriester in langen weißen Kleidern; der ging hier durch unsere
Gauen, um die Leute zu der rechten Lehre zu bringen." — „Hättest ihn tot
schießen sollen!" unterbrach ihn der sinstere Albion. — „Nein," erwiderte Ber-
thulf, „so Schlimmes kam mir nicht in den Sinn; aber das muß ich mit
Schmerzen bekennen: ich gab unvernünftiger Weise dem frommen Manne Schuld
daran, daß mir den ganzen Tag noch kein Wild vor den Schnß gekommen war.
Hexenmeister! sagte ich, spannte die Armbrust und hielt sie auf seinen rechten
Arm an, Hab' ich heute noch nichts geschossen, so will ich doch dich schießen,
und du sollst deine Zauberzeichen ein wenig unbehülflicher machen als bisher.
Damit schwirrte die Sehne und der Pfeil saß unter dem Ellbogen fest. Der
Priester zuckte schmerzhaft zusammen und hielt sich die verwundete Stelle, aus
der viel Blut floß; zugleich aber sah er mich freundlich an und sagte: „Mein
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
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Hermann Billung war nach dem Bericht Albert Crantzius' (Cr. lebte
um 1500) in dessen Saxonia ein langer ansehnlicher Herr, von sehr scharfem
Gesicht und einem ausgezeichneten Verstände.
Schließlich geschehe hier noch des Epitaphiums Erwähnung, das wahr-
scheinlich aus dem 16. Jahrhundert stammt und in der Michaeliskirche zu Lüne-
bürg aufgestellt ist. Die Verse lauten wie folgt:
Hermann Billich bin ich genandt,
Im Römischen Reich wohlbekandt.
Ein Edelmann von Stubekeshorn,
War von schlechtem Stamm gebohrn;
Kunst, Tugend und Gerechtigkeit mich bracht.
Daß der Keyser Otto mich zum Fürsten macht.
Da ich nu erhaben zu einem Herrn,
Stisst ich Gott und dem Adel zu Ehren,
Und bavet das Kloster zu St. Michael fürwahr,
Daneben Lüneburg das Schloß aldar,
War züchtig, streng in aller That
Otto der Gerechte mich darum begnad.
[18] G. Müller.
121. Heinrich der Köm.
Kühnern Mut, mächtigere Thatkrast hatte noch keiner der Welsen gezeigt,
als Heinrich der Löwe. Alt und ehrwürdig war das Geschlecht der Welsen,
auch Odoaker, der 476 das römische Reich zertrat, gehörte ihm an. Frei sein
und bleiben, das war der Welsen Losung, und als einst „Heinrich mit dem gol-
denen Wagen" sich zu des Kaisers Lehnsmann erniedrigte, da tröstete es den
Vater Etticho nicht, daß der Sohn als Lohn dafür sich vom Kaiser das Land
ausbedungen hatte, welches er an einem Sommertage mit einem goldenen Wagen
uinkreisen werde — und das war nicht wenig, denn der Schalk nahm ein gol-
den Wägelchen vor sich auf den Sattel und nmjagte mit oft gewechselten Pfer-
den weite Strecken. — Der Vater zog von dannen und vertrauerte in der Ein-
famkeit der Tiroler Berge den Rest seines Lebens. Zu großer Gewaltigkeit war
der Welfenstamm heran gewachsen. Des Löwen Vater, Heinrich der Stolze,
gewann zu seinem Herzogtum Baiern durch Vermählung mit Kaiser Lothars
Tochter noch die sächsischen Herrschaften und wurde mm von seinem Schwieger-
vater zum Herzog von Sachsen ernannt. Von den Alpen bis zur Nordsee dehnte
sich sein Reich; kein Herr in deutschen Landen mochte sich ihm vergleichen. Da
ward der Hohenstause Konra d Iii. zum Kaiser erwählt. Ihm trotzte Heinrich,
der sich große Hoffnung auf Deutschlands Krone gemacht hatte. Der Kaiser
neidete und sürchtete den mächtigen Herzog, schenkte dessen Herzogtum dem bran-
denburger Markgrafen, Albrecht dem Bären, gab auch das Baierland einem andern.
Als Heinrich eben sein Sachsen mit dem Schwerte dem Markgrasen wieder ab-
gejagt hatte und nun schlagfertig des Kaisers grüsteten Scharen gegenüberstand,
da starb er plötzlich — man murmelte: an erhaltenem Gift. Das geschah im
Jahre 1139. Der Sohn, Heinrich der Löwe, war jetzt ein Knabe von 10
Jahren. Er wuchs kräftig heran. Viel Arbeit harrte sein. Unterdes kämpfte
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Hermann_Billung Albert_Crantzius' Hermann_Billich Otto Michael Otto Heinrich Heinrich Heinrich_der_Stolze Heinrich Heinrich Heinrich Albrecht Heinrich Heinrich Heinrich_der_Löwe Heinrich