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1. Unser Vaterland - S. 201

1900 - Berlin : Bruer
— 201 — hervorströmende Blut aus dem Antlitz mit dem zärtlichen Dankeswort: „Heinrich, ich gedenke Dir's!" Und zu den Seinen gewandt, meinte er: „So haben wir den Wunsch der Römer erfüllt und das Kaisertum erkauft, nicht mit Geld, aber nach deutscher Sitte mit dem Schwerte." Ehe Friedrich nach Deutschland zurückkehrte, ließ er das schmachvolle Bild im Lateran verbrennen, das spottend rühmte, wie Lothar „die deutsche Kaiserkrone demütig vom Papste" empfing. Denn Friedrich Barbarossa war sich voll bewußt, die deutsche Kaiserkrone nicht vom Papste, sondern von Gottes Gnaden zu Lehen zu tragen, um gleich Karl dem Großen sein Kaiseramt in heiliger Pflichterfüllung zu verwalten. In Deutschland galt es zunächst, der Fehdelust und manchen Auswüchsen des Rittertums zu wehren, das in dem ungebundenen Leben der Kreuzzüge vielfach zum Raubrittertum geworden war. Stegreif nannten es die Herren, wenn sie von ihren sicheren Burgen aus Wegelagerer an den Landstraßen wurden und ihre Feinde oder reisende Kaufleute überfielen, ausplünderten und erst gegen ein teures Lösegeld freigaben. Der Kaiser zog zunächst den Rhein entlang und zerstörte die festen Burgen der ritterlichen Räuber, unter denen auch die Bewohner des flachen Landes, die Bauern und Hörigen, so schwer litten, daß sie sich lieber Bürgerrecht in den Städten erwarben und „Pfahlbürger" wurden. Die Streitigkeiten der großen Herren schienen ebenfalls gütlich beigelegt zu sein, als Heinrich Jasomirgott freiwillig auf das Heinrich dem Löwen verliehene Bayern verzichtete und dafür seine Markgrafschaft Oesterreich als erbliches Herzogtum erhielt. Der Kaiser selbst vermehrte die eigenen Besitzungen durch seine Vermählung mit der reichen Beatrix von Burgund und konnte dadurch dem deutschen Kaisertum mehr äußeren Glanz verleihen, als bisher. Gleichwie zu Karls des Großen Zeiten kamen aus fernen Landen Fürsten und Gesandte zu den Hof- und Reichstagen Friedrich Barbarossas, ihm ihre Huldigung darzubringen. So versicherte der Gesandte des englischen Königs bei Ueberreichung kostbarer Geschenke im Namen seines Herrn, daß England und alles was dazu gehöre, nach des Kaisers Wunsch eingerichtet werden und ihm als dem Größeren der Wille des Königs zum Gehorsam nicht fehlen solle.

2. Unser Vaterland - S. 158

1900 - Berlin : Bruer
— 158 — Reichsheer in Breitenbach an der Fulda, zu dem auch bald die oberdeutschen Fürsten stießen, die er vorher vergeblich um Hülfe gebeten hatte. Seine Macht und sein Ansehen war überraschend gewachsen. Alle Herzoge leisteten persönlich Heeresfolge, und jeder Stamm eilte unter seinem Fürsten herbei. Von Heinrich selbst aber heißt es: „Durch hohen Wuchs ausgezeichnet, saß er hoch zu Roß, unter Tausenden sichtbar, von goldner Wehr umglänzt; wie der Morgenstern unter den Gestirnen, so strahlte er unter den übrigen Fürsten hervor." Bei Hohenburg (1075) an der Unstrut in der Nähe von Langensalza trafen die Reichstruppen mit dem sächsischen Heere zusammen, das zumeist aus Bauern bestand, an ihrer Spitze der tapfre Herzog Otto. Aber Heinrich siegte, und gegen 8000 Sachsen sollen das Schlachtfeld bedeckt haben, indeß 1500 Streiter des Reichsheeres gefallen waren. Jetzt erst sprach Erzbischof Siegfried den Baun gegen die Rebellen aus, und König Heinrich zog mit seinem Heere verwüstend durch den Harz, durch Sachsen und Thüringen. Ohne Mäßigung ließ der königliche Sieger das Land verwüsten, Kirchen und Klöster zerstören, so daß die Herzöge Rudolf von Schwaben und Bert hold von Kärnthen wegen dieser großen Sünde Fasten einstellten und gelobten, ihr Schwert für solches Kriegen nicht mehr ziehen zu wollen. Endlich beugten sich die Sachsen, selbst das tapfre Geschlecht der Billunger unter ihren Herzögen Magnus und Hermann. Auch Otto von Nordheim nebst vielen Bischöfen erschienen auf dem Felde zu Speyer Gnade flehend vor dem König, der ihnen zwar königliche Milde versprach, sie aber streng bewachen ließ, bis die Reichsfürsten über ihr Geschick entschieden haben würden. Doch Heinrichs Groll gegen die Sachsen war unversöhnlich. Das Verlangen des Papstes, den sächsischen Bischöfen Amt und Würden wiederzugeben, erfüllte er nicht; auch kam die Sache der Gefangenen gar nicht vor die nächste Reichsversammlung zu Goslar. Sie sollten bis zur Vernichtung gebeugt werden. Nur Otto von Nordheim, der in der Folge das Vertrauen Heinrichs gewann, wurde seiner Haft entlassen und ihm der Auftrag gegeben, die zerstörten Harzburgen und Königspfalzen wieder herzustellen. Die Sachsen sollten den königlichen Zorn empfinden. Mit tiefem Schmerze hörte der totkranke Hanno von solchem Thun. Seit die Wormser ihren Bischof vertrieben und die rheinischen Städte sich für Heinrich entschieden hatten, war dort auch der Sitz der übrigen

3. Unser Vaterland - S. 172

1900 - Berlin : Bruer
Volk allmälig nicht mehr waffenfähig; der Bauer durfte endlich feine Waffen mehr tragen. Brach ein Krieg aus, dann entbot der König seine großen Vasallen, diese ihre Lehnsleute, die sogenannten Ministerialen und alle zusammen bildeten mit ihrem zahlreichen Dienstvolke das Reichsheer. Glücklicherweise gab es nicht immer Krieg; aber die Ritter, nur aus den Vornehmen des Volks, dem Adel bestehend, bildeten allmälig einen besonderen Stand, dessen Bildungsschule die Turniere, d. i. Waffenspiele, wurden, welche einen edeln und ernsten Charakter an sich trugen. Tie Wassenführung wurde kunstgerecht gelernt; der Ritter hatte eine soldatische Schule durchzumachen. Waffendienst und Rittersitte war nicht ohne strenge Uebung zu erreichen. Wehrhaft gemacht, trat der Edelknabe zuerst als Knappe zu treuem Hofdienst bei seinem Lehnsherrn ein, begleitete ihn als Schildträger zu Turnier und Krieg, wenn er zuvor seit seinem siebenten Jahre als Bube ehrfurchtsvollen Umgang mit edlen Frauen und die Anfangsgründe der Rittertugend geübt hatte. Erst nachdem seine Waffentüchtigkeit erprobt worden, war, legte er meist nach siebenjähriger Lehrzeit und nach einem makellosen Leben, nach vorhergegangenem Fasten und Gebet das Rittergelübde ab: Religion, Wahrheit und Recht zu verteidigen, die bedrängte Unschuld, Witwen und Waisen zu schützen. Dann erst erhielt er von einem höher stehenden würdigen Ritter den Ritterschlag oder die Schwertleite. Auch wurde in älteren Zeiten des Rittertums nur der zum Turnier zugelassen, welcher einen christlichen Lebenswandel führte. Es gab Turniergesetze, an welche Kämpfer und Kampfrichter, Turniervögte, Wappenkönige, Herolde u. s. f. zur Aufrechterhaltung der Ordnung streng gebunden waren. Der Turnierplatz war mit Sand bestreut und von Schranken umgeben, hinter denen das Volk stand und den Ritterkämpfen zuschauen durfte. Auf hohen Balkönen saßen die Damen neben den vornehmsten Herren, die sich nicht am Turnier beteiligten, und unter rauschender Musik eilten die vom Kopf bis zum Fuß in Eisen gepanzerten Ritter in die Schranken, sobald der Herold die einzelnen Paare aufrief. Wer die meisten Gegner überwunden hatte, erhielt aus den Händen der vornehmsten Dame den Dank in Form einer goldenen Kette oder eines andern Kleinods, auch wohl eines kostbaren Waffenstücks, und saß bei dein folgenden Festmahle auf dem Ehrenplatz in den Prachtkleidern, womit die Damen ihn selbst geschmückt hatten. Auch eröffneten die

4. Unser Vaterland - S. 249

1900 - Berlin : Bruer
Begründer der Habsburgischen Hansmacht (1273 bis 1291.) „Geendet nach langem, verderblichen Streit War die kaiserlose, die schreckliche Zeit, lind ein Richter war wieder auf Erden. Nicht blind mehr waltet der eiserne Speer, Nicht fürchtet der Schwache, der Friedliche mehr, Des Mächtigen Bente zu werden." Diese Zeit mar gekommen mit der Erwählung des Grafen Nubolf von Habsburg zum deutschen König, und obiges Dichterivort giebt ein treffenbes Bilb berfelben. Das Grafengeschlecht der Habsburger, beren Stammgüter, beherrscht üon der kleinen Habsburg ober Habichtsburg, sich im Aar- und Reuß-thale ausbreiteten, war im zwölften Jahrhundert zu besonberem Ansehn gelangt und dem 9reichsoberhaupte allezeit treu ergeben gewesen. Durch kaiserliche ©nabe wie durch Heirat hatten die Habsburger allmählich reichen Besitz in der Schweiz und im Elsaß gewonnen und gehörten als „Lanbgrafen von Oberelsaß" zu bert Fürstengeschlechtern. Rudolf von Habsburg (geb. 1. Mai J 218) war als treuer Anhänger feines kaiserlichen Paten, Friebrichs Ii., schon in jngenblichem Aller vom Papite in den Bann gethan worben, hatte aber später

5. Unser Vaterland - S. 285

1900 - Berlin : Bruer
— 285 — So stauben die Kurfürsten gewissermaßen über dem Kaiser, dem sie durch ihre Wahl seine Würde verliehen. Der Krone war überhaupt fast nur noch der äußere Glanz übrig geblieben, seit ihre Träger all mählich so viele kaiserliche Rechte verschenkt hatten, daß sie thatsächlich gezwungen waren, auf die Vergrößerung ihrer Haus macht bebacht zu sein, um nur ein Gegengewicht für die Macht der deutschen Fürsten zu finden, die jetzt Landesherren ihrer Territorien waren. Begehrte der Kaiser etwas von den Kurfürsten, so mochte er es von ihnen erkaufen, wie Kaiser Karl Iv. jedem derselben 100,000 Gulden für das Versprechen zahlte, seinen Sohn Wenzel zum einstigen Nachfolger wählen zu wollen. Auch die Gunst der Städte suchte er später für diesen Plan durch die kaiserliche Erlaubnis des Einigungsrechts zu gewinnen, obgleich' er ihnen dadurch eine Macht verlieh, die der Krone nicht zum Vorteil gereichte. Es ist begreiflich, daß auch die andern Fürsten eine Selbständigkeit erstrebten, welche die Kurfürsten durch die goldne Bulle erlangt hatten, Ritterschaft und Städte dagegen sich durch große Bündnisse gegen die fürstliche Uebermacht zu schützen suchten, wo einst Kaiser und Reich den Schwachen zu schirmen vermochten. Vielmehr suchte der Kaiser auch daraus für sein Haus Vorteile zu gewinnen; besonders würden die reichen Hanfastäbte mit ausgesuchtester Rücksicht behanbelt. Aber gerade diesen war der Kaiser nur eine Schattengestalt. Sie nannten ihn ihren Herrn und Kaiser, der nur zu gebieten habe, wie der Lübecker Bürgermeister ihn einst feierlich begrüßte, führten aber ohne Kaiser und Reich Kriege, schlossen Handelsverträge und beherrschten das Meer, als wäre es ihr alleiniges Reich. Die Reichsstäbte wurden dabei mit ungemessenen Freiheiten beschenkt, welche trotzdem nicht umsonst waren. Auch die Erfindung, vielmehr der Verkauf des sogenannten Brief-adels eröffnete immer neue Gelbquellen, deren Karl Iv. notgedrungen beburfte, wollte er feine weitgehenden Pläne zur Erhöhung seiner Hausmacht ausführen. Nach einem Erbvertrage mit den bayerischen Markgrafen Ludwig und Otto in Brandenburg wußte er diesen die Mark fast mit Gewalt für 500,000 Gulden abzudrängen, um sie Böhmen einzuverleiben, trotzdem Markgraf Otto mit der Tochter des Kaisers vermählt war. Es könnte wohl in den heillosen Zuständen Brandenburgs eine Entschuldung bafür gefunben werben. Zum Teil ruhte bort der päpstliche Bann aus Fürst und Volk, der falsche Waldemar halte viel Unruhe

6. Unser Vaterland - S. 354

1900 - Berlin : Bruer
— 354 will. So hilft doch eine Zunft der andern, als ob ich spreche: hilf mir, so helf ich dir, damit ist die ganze Gemeinde betrogen. Demnach müßten die Zünfte abgethan werden, dann gäbe es weder kalt noch warm und sei jedermann dem andern gleich." Der Handel zur See hatte die Kauf- und Handelsherren großer Städte Fürsten gleich gemacht, und die deutsche „Hansa" umfaßte zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts allein achtzig verbündete Handelsstädte. Sie wurde eine Macht, deren weitreichender Einfluß auf staatliche Verhältnisse heute kaum richtig gewürdigt werden mag. Hatte Deutschland erst in zweiter Linie Vorteil von den Errungenschaften in den neuentdeckten Erdteilen, so bahnten die österreichischen Erbschaften besonders in Spanien bald neue Verbindungen für das Reich an. Dazu wuchs Macht und Ansehen der Reichsstädte, seit ihnen Rudolf von Habsburg Sitz und Stimme auf den Reichstagen gegeben hatte. Das Bürgertum mochte sich stolz neben Fürsten und Herren erheben und auf den Verfall des Rittertums aufbauen, als dieses seiner Glorie beraubt war, die es auf Kreuzzügen und Römerfahrten einst so glänzend entfaltete. Noch riefen Hoftage zu königlichem Dienst, auch Tourniere sammelten noch zu ritterlichem Kampfspiel; aber die Kriegsmacht des Reiches, die bis dahin auf der Reiterei, den Rittern, beruhte, war durch Einführung der Söldnerheere, durch Verwendung von Fußvolk, der deutschen Landsknechte, neu gestaltet worden. Die Erfindung des Schießpulvers gab der Kriegführung eine neue Wendung. Die persönliche Tapferkeit des Einzelnen kam fast nicht mehr zur Geltung, wo nur die Massen des Heeres wirkten, und die notwendige Uebung in den Schießwaffen rief Berufssoldaten hervor, die oft Freund und Feind gefährlich wurden. Als mit dem Verfall des Rittertums die Pflege des Minnegesangs und der Kunstpoesie, die einst in den Händen der Herren ruhte, zu Grabe getragen war, erstand die Dichtkunst in den Städten zu neuern Leben. Es mochte ein Zeichen des Wohlstandes, der Sorglosigkeit, aber auch ein gut Teil gesunder, deutscher Gemütstiefe und vaterländischer Gesinnung sein, daß sich einfache Bürger, Handwerker, mit Heldensagen, mit Gesängen vergangener Zeiten beschäftigten und aufschrieben, was durch Ueberlieferung auf sie gekommen war. Manches verlor dabei seine ursprüngliche Schönheit; wie denn im „Heldenbuch", auch in der Tier-

7. Unser Vaterland - S. 361

1900 - Berlin : Bruer
361 6 Kirchliche Zustände Deutschlands zu Ende des Mittelalters Mit den Scheiterhaufen, die das Konzil zu Konstanz aufgerichtet hatte, und den darauf folgenden Hussitenkriegen war das heiße Ringen und ernste Suchen des christlichen Volkslebens nach einer so oft von Priestern und Laien begehrten Reformation an Haupt und Gliedern nicht erloschen. Vielmehr hatten sich die Waffen geschärft, welche bereit waren, einen Kampf aufzunehmen, der sich ebensowohl gegen päpstliche Uebergriffe richtete, wie gegen die Verweltlichung der Kirche und die Entartung ihrer Diener. Da hatten Konzilien für und gegen die Päpste beraten und waren doch ratlos auseinander gegangen (1511). Ein Konzil zu Pisa hatte sogar beschlossen, den totkranken Papst abzusetzen, und der deutsche Kaiser Maximilian wollte Papst werden. Er unterschrieb sich schon „zukünftiger Papst". Aber er konnte das zu den Bestechungen nötige Geld nicht zusammenbringen und suchte, immerhin ein dankenswertes Wollen, die deutsche Kirche von der Herrschaft des römischen Stuhles zu lösen. Ein Straßburger Theologe, Jakob Wimpfeling, mußte ein Gutachten darüber abfassen, wie es möglich sein möchte, einen Papst in Deutschland zu haben, wie Frankreich sich zu Avignon den Papst lange gefügig zu halten gewußt hatte. Aber Maximilians beweglicher Charakter kannte die Energie der Ausdauer nicht. Er wandte sich bald selbst der hl. Liga zu, an deren Spitze der wieder genesene Papst stand, und war bereit, diesem in einem Kreuzzuge gegen die Türken dienend zu folgen, um die Erregung der Geister in Deutschland nach außen hin abzulenken. Das war zu derselben Zeit, als die Feder Martin Luthers, nach dem Traume seines fürstlichen Landesherrn, Friedrichs des Weisen, die päpstliche Tiara hinabzuwerfen drohte. Der deutsche Kaiser sah kaum etwas davon, und es war nur ein Zeichen seines Hasses gegen den Papst, als er dem Kurfürsten von Sachsen riet, das Mönchlein zu bewahren, vielleicht daß man es einst gegen Rom brauchen könne. Indessen ergriff die deutsche Ritterschaft den Gedanken eines Kreuzzuges gegen die Türken mit Begeisterung. War es doch immerhin eines Ritters würdiger, die Ungläubigen zu vernichten, als wegelagernd ewigen Fehden im Reiche obzuliegen. Besonders war es ein tapferer Ritter, Ulrich von Hutten, der mit Eifer den Edelsinn des deutschen Rittertums zu heben trachtete. Er schalt: „Freiheit nennen wir, um das Reich sich nicht kümmern, dem Kaiser nicht gehorchen

8. Unser Vaterland - S. 380

1900 - Berlin : Bruer
— 380 — eine unabhängige deutsche Landeskirche begehrt. In der „Babylonischen Gefangenschaft der Kirche" griff Luther die Lehre von den sieben Sakramenten, besonders der katholischen Abendmahlsfeier, an. Endlich sandte er selbst dem Papst eine Schrift zu „Von der Freiheit des Christenmenschen". Ja, er ließ sogar die päpstliche Bannbulle mit einer Gegenerklärung und einer Appellation an ein allgemeines, freies Konzilium drucken, worin er den Papst einen ungerechten Richter, einen Unterdrücker der H. Schrift und Verächter eines freien Konziliums nannte. Obschon nun Luthers Schriften, er selbst und alle, die sie lesen würden, verdammt waren, diese selbst hier versiegelt, dort verbrannt wurden, das Feuer, das sie angezündet, ließ sich damit nicht dämpfen. Nun kam Karl V. in sein neues Reich und ließ sich zu Aachen nach alt gewohnter Sitte frönen. Der Papst ernannte ihn durch ein Breve zum römischen Kaiser. Das deutsche Volk aber hatte sich den neuen Herrn doch anders vorgestellt, der nach so langem Abwägen von den Kurfürsten als der Würdigste befunden war, die deutsche Krone zu tragen. Ein schmächtiger, kränklich aussehender Jüngling sah er teilnahmslos auf das ihn urnjubelude Volk, das ihm fremd war. Katholiken und Lutheraner mühten sich um die Gunst des jungen Königs, den besonders Friedrich der Weise gnädig für Luther zu stimmen suchte. Auch sämmtliche Reichsstände, darunter selbst der eifrig katholische Herzog Georg von Sachsen, beeilten sich, in 105 Artikeln große Beschwerden gegen den römischen Hos und die Entartung der Kirche auszusprechen, indem päpstliche Heiligkeit „täglich so viele Jndulgenz und Ablaß in die deutsche Nation schicke, dadurch arme Einfältige verführt und nur ihrer Barschaft bethört wurden," auch daß der Papst den Bann also mißbrauche, daß er oft um 4 bis 8 Kreuzer damit drohe. Um diese beklagten Uebelstände zu ordnen, wie die Verhältnisse des Reichsregiments zu regeln, berief Karl V. einen Reichstag nach Worms. Auch wollte er sich die ständische Beihülfe zu einem Kampfe mit Frankreich sichern. Nach den großen Versprechungen des Kaisers knüpfte man entsprechende Erwartungen an diesen Reichstag. „Er gedenke mit Hülfe der Königreiche, der großmächtigen Lande und Verbindungen, die ihm Gott verliehen, das Reich zu feiner alten Glorie wieder zu erheben." Aber die Fürsten trachteten gar nicht nach der alten Reichsherrlichkeit. Sie suchten die Erfüllung der Wahlkapitulation, die Herstellung des Kammergerichts und des Reichsrats vom Kaiser zu erlangen. So

9. Unser Vaterland - S. 394

1900 - Berlin : Bruer
— 394 — reich entgegen. Der deutsche Kaiser aber hatte andres zu thun, als sich um Deutschlands Kriege zu kümmern. 4. Ausbreitung der Reformation in Deutschland während der auswärtigen Kriege Karls V. (1521 bis 1529.) Obgleich die Bauernkriege nur sozialen Zuständen entsprungen waren, trugen sie doch eine Gefahr für die Reformation in sich, aus deren Lehren sich die Anführer beriefen. „Was das heilige Evangelium aufrichtet, soll aufgerichtet sein, was das niederlegt, soll nieder gelegt sein und bleiben" hieß es in den sieben Artikeln der „versammelten Bauernschaft im Land zu Frauken". Lutherische Prediger hatten sogar in der Reihe der Bauern gekämpft und es lag nahe, allen reforma-torischen Bestrebungen von Staatswegen entgegen zu treten. Aber die Reformation hatte, bei der in ihr ruhenden Lebensfähigkeit, einen zu wohl vorbereiteten Boden im ganzen Reiche gefunden, und war darum zu fest gewurzelt, um leicht beseitigt zu werden. Das wußte vor allen andern Papst Hadrian Vi., dessen Einfluß es zunächst gelang, ein vom deutschen Reichsregiment geplantes Konzil in Speyer zu unterdrücken. In „100 Beschwerden deutscher Nation" suchten die weltlichen Stände ihr Recht, da „ohne billige Abstellung weder Friede noch Einigkeit unter den Ständen, noch eine Unterdrückung solcher Ausbrüche möglich sei, wie die der letzten Aufstände". Dazu verlangten die Stände ein freies christliches Konzilium deutscher Nation. Alles wurde abgelehnt. Die Fürsten sollten dem Wormser Edikt (1524) folgen, das Unterdrückung der neuen Lehre befahl. Sie versprachen, demselben so viel als möglich nach zu kommen, und damit war so gut wie nichts gelobt. Aber Karl V. mußte doch auf günstigere Gelegenheit warten, seine Pläne gegen Reformation und Reichsstände durchzuführen. Schon Militz hatte einst Leo X. berichtet, daß er auf einen Katholischen allemal drei lutherisch Gesinnte im Reiche gefunden habe. Trotz aller Verfolgungen gegen die Anhänger der neuen Lehre, welche schon in den ersten Jahren ihres Entstehens eine Reihe von Blutzeugen hatte, breitete sich die Reformation in naturgemäßer Notwendigkeit aus. Zwei Augustinermönche, H. Voes und I. Esch, starben in Antwerpen auf

10. Unser Vaterland - S. 396

1900 - Berlin : Bruer
— 396 — non einander scheiden, darinnen man Sünde strafet und vergiebt, oder darinnen man Recht fordert und Recht nachlasset" . . . Ungeduldig schalt er wohl: „Ich muß immer solch Unterschied dieser zwei Reiche einbläuen und einfäuen, eintreiben und einfeilen, obs wohl so oft das verdrießlich ist, geschrieben und gesagt ist. Denn der leidige Teufel hört auch nicht auf, diese zwei Reich in einander zu kochen und zu dräuen" . . . Als aber die katholischen Fürsten sich verbündeten, auf alle Weise gegen die Protestanten vorzugehen, schloß Philipp von Hessen mit dem Kurfürsten Johann von Sachsen das „Torgauer Bündnis" (1526), dem später die Herzoge von Braunschweig - Lüneburg, der Herzog von Mecklenburg, der Fürst von Anhalt, die Grafen Mansfeld und viele Städte beitraten. Nun forderten die „evangelischen" Stände, wie sich Lutheraner und Reformierte gemeinsam nannten, ein freies Konzil, auf dem sie ihre kirchlichen Angelegenheiten schlichten könnten. Mit dem Wormser Edikt sollte es jeder Reichsstand halten dürfen, „wie er es gegen Gott und kaiserliche Majestät zu verantworten sich getraue" Da diesen Forderungen niemand energisch entgegen trat, konnten die Fürsten in ihren Ländern eben so ruhig reformieren, wie die Städte. Der Kurfürst von Sachsen ließ durch Luther und Melanchthon eine Kirchenreform ausarbeiten, welche Kirchen- und Klosterwestm, Schulunterricht, Ausbildung der Lehrer und Geistlichen neu regeln sollte. Danach wurde der Gottesdienst in deutscher Sprache gehalten und die Hl. Schrift zur Grundlage desselben genommen. Der christliche Volfsunterricht der Jugend sollte in erster Linie gepflegt werden. Denn mit Entsetzen hatte Luther die Unwissenheit des Volkes, selbst der Geistlichen ersannt, als er im Kurfürstentum Sachsen umher reifte, Kirchen und Schulen zu untersuchen. In dem „großen" und „fleinen Katechismus" legte Luther allem Volk die christliche Lehre auf Gruud des Gottesworts durch Frage und Antwort so einfach und liebevoll aus, wie nur ein guter Hausvater sie Kindern verständlich machen kann. Das evangelische Kirchenlied, das jetzt überall ertönte, führte bald zur Abfassung eines ersten deutschen Kirchengesangbuchs (1524). Zur Errichtung von Schulen, Kirchen und Pfarreien wurden die eingezogenen Kirchen- und Klostergüter verwandt, und gerade in Sachsen entwickelte sich die Neugestaltung dieser Verhältnisse so allmählich und ohne Zwang, daß sich nirgends ein Widerstand geltend machte. Auch mochten weder Kaiser noch Papst hindern,
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