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1. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 180

1888 - Berlin : Hertz
180 Friedrich Wilhelm's Frömmigkeit und religiöser Eifer. stens eine halbe Stunde lang Halt machen und durch den Feldprediger ein Gebet halten, welchem er selbst, ans seinen vor sich hingestellten Degen gestützt, andächtig zuhörte, bis er commandirte: „Mit Gott! marsch Kinder." Oft fühlte er sich getrieben, allgemeine Bet- und Bußtage oder Dankfeste anzuordnen, wenn nämlich ihm, seinem Hause und seinen Landen große Gefahr drohte, oder wenn ihnen große Wohlthat und Rettung aus solcher Gefahr widerfahren war. Das neue Testament und die Psalmen begleiteten ihn auf allen seinen Kriegszügen. Regelmäßig besuchte er die Kirche, hörte an jedem Sonn - und Feiertage Vormittags die Predigt und Nachmittags die Erklärung der Psalmen. Gern unterhielt er sich im Familienkreise, namentlich mit seiner geliebten Gattin Luise Henriette von geistlichen Dingen. Die Wirkung des ernsten Glaubens bewährte sich an ihm vorzüglich in der Zuversicht zu Gott, womit er die ihm auferlegten Herrscherpflichten erfüllte. Ihm schrieb er alle Erfolge und die Siege zu, welche er erfocht; die zum Andenken an seinen glorreichen Kriegstag, an den Sieg von Fehrbellin, geschlagene Medaille führte nach seinem Befehle auf der einen Seite die aus dem Psalm entnommene Inschrift: „Das ist vom Herrn geschehen und ist wunderlich in unsern Augen", während die Inschrift auf der andern Seite mit den Worten schließt: „Gott allein die Ehre." Friedrich Wilhelm's Eifer für christliche Zucht und Sitte und für kirchlichen Frieden; Unionsversuche. In seinem ernsten Glauben wurzelte auch der löbliche Eifer, womit er Zucht und christliche Sitte in seinen Landen durch eigenes Beispiel, wie durch treffliche Verordnungen wieder herzustellen und aufrecht zu erhalten und den geistlichen Stand durch Ausscheidung unwürdiger Mitglieder zu reinigen und zu heben bemüht war; nicht minder hatte ächter Glaube auch an seinem Bestreben Antheil, unter den in seinem Reiche neben einander wohnenden Anhängern verschiedener christlicher Consessio-nen Frieden zu stiften, so sehr er auch hierdurch bei den eifrigen Lutheranern Anstoß erweckte und sogar zu harten Maßregeln gegen einen berühmten Glaubenshelden veranlaßt wurde. Wir haben schon in dem bisherigen Verlaufe unserer Geschichte gesehen, mit welcher Erbitterung die Anhänger der beiden protestantischen Bekenntnisse gegen einander standen und sich ärger anfeindeten und verfolgten, als es selbst von Protestanten gegen Katholiken geschah. Diese Feindschaft dauerte auch beim Regierungsantritte des großen Kurfürsten fort, und von allen Kanzeln mußte man gegenseitige Verketzerung und Verunglimpfung hören. Friedrich Wilhelm aber. so sehr es ihm selbst mit dem Glauben tiefer Ernst war, legte doch den Lehren, durch welche sich die Lutherischen von den Resormirten unterschieden, nicht eine so überwiegende Bedeutung bei, um die tiefere Gemeinsamkeit ihres Glaubens darüber zu verkennen, und von Anfang an war ihm daran gelegen, jenem übermäßigen Eifer ein Ziel zu setzen und wo möglich eine Versöhnung der streitenden Bekenntnisse herbeizuführen. Kurz vorher hatte sein Schwager, der Landgraf Wilhelm von Hessen, dasselbe Ziel erreicht, indem bei einem Religionsgespräch resormirter und lutherischer Geistlichen in Kassel wirklich eine Vereinigung ermöglicht wurde. Friedrich Wilhelm machte den Versuch, ob auch uuter seinen Geistlichen eine Verständigung erzielt werden könnte. Zunächst erließ er eine Verordnung zur Beför-

2. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 345

1888 - Berlin : Hertz
Das Wvllner sche Religionsedict. 345 spiegelungen der Modelehre Preis gegeben und dadurch Millionen guter Unterthanen die Ruhe ihres Lebens und ihr Trost auf dem Sterbebette geraubt und sie also unglücklich gemacht werden. Es wurde deshalb verordnet, daß hinfort kein Geistlicher oder Schullehrer bei Strafe der Amtsentsetzung jene oder andere Irrthümer öffentlich oder heimlich verbreiten solle; es sei nicht zuzugeben, daß ein jeder Geistliche in Religionssachen nach seinem eigenen Kopse handele und es ihm freistehen könne, die einmal in der Kirche angenommenen Grundwahrheiten des Christentbumes so oder anders zu lehreu, und sie nach bloßer Willkür beizubehalten oder wegzuwerfen. Eiu jeder Lehrer des Christenthumes müsse und solle dasjenige lehren, was der einmal bestimmte und festgesetzte Lehrbegriff seines Bekenntnisses mit sich bringe, hierzu verbinde ihn sein Amt, seine Pflicht und die Bedingung, unter der er in seinen Posten berufen worden. Lehre er etwas Anderes, so könne er natürlich sein Amt nicht behalten. Dem geistlichen Ministerium wurde in dieser Beziehung die strengste Beaufsichtigung der Geistlichen und Lehrer zur Pflicht gemacht, und um dem Edicte mehr Nachdruck zu verschaffen, setzte der Minister Wöllner eine Prü-sungseommission für die künftigen Geistlichen ein, welche nur aus Anhängern der streug kirchlichen Lehre bestand. Natürlicherweise erregten diese Schritte das größte Aufsehen: je weiter die Lehren der sogenannten „Aufklärung" besonders unter den höheren Ständen bereits verbreitet waren, desto allgemeiner war die Aufregung über die entgegengesetzten Absichten der Regierung. Es erfolgten in Büchern und Zeitschriften die heftigsten Angriffe gegen das Ediet, und als nun der Minister, um der Verbreitung der freisinnigen Denkart Schranken zu setzen, noch ein anderes Edict über die Büchercensur erließ, war die öffentliche Meinung über diesen Angriff auf die Freiheit der Gedaukeu volleuds erbittert. Auch wurde es als ein Zeichen der Glaubenstyrannei beklagt, als zwei berühmte Theologen in Halle wegen ihrer von der Kirchenlehre abweichenden Vorträge von dem Minister Wöllner verwarnt wurden. Aus dem obigeu Inhalte des Religionsedictes geht nun zwar nicht gerade hervor, daß die Urheber desselben einen wirklichen Glaubeuszwaug zu üben beabsichtigten; Friedrich Wilhelm besonders mochte nur wie seine Vorfahren von dem ernsten Willen beseelt sein, das christliche Bekenntniß gegen ungebührliche, willkürliche Neuerungen zu schützen. Sicherlich aber hat er dazu nicht das geeignete Mittel gewählt: er täuschte sich, wie es den bestgesinnten Fürsten oft ergangen ist, darin, daß er meinte, den tief eingewurzelten Unglauben durch ein Staatsgesetz und durch äußeren Einfluß überwinden zu können, während dies nur von innen heraus durch die Macht eiues lebendigen und in Liebe wirksamen Glaubens geschehen kann. Das Religionsedict hat die Gegner nur noch mehr gereizt und erbittert, dem wahrhaften Glauben aber keinen Boden geschaffen; dies geschah erst, als in Frankreich die Früchte des Unglaubens offenbar geworden und als über Preußen und Deutschland bittere Noth und Demüthigung gekommen war. Da erst erhob man von Neuem den Blick zu dem alten treuen Gotte, von dem auch die Rettung kam und dem die Herzen seitdem wieder mehr zugewandt blieben. Auswärtige Politik unter Friedrich Wilhelm H. Das gewaltige Ansehen, welches der Name Preußens unter dem großen Friedrich gewonnen

3. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 22

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 22 — er seine Gemahlin nannte, zum Tische des Herrn gehen sollte. Am Neujahrstage 1616 sagt er in einem Briefe an die Kurfürstin, daß unter den vielen Strafen, mit welchen Gott ihn heimgesucht, nicht die geringste die sei, daß sie beide im vorgerückten Alter verschiedenen Glaubens wären. Johann Sigismund hat bei der Annahme des calvinistischen Bekenntnisses als der erste aller deutschen Fürsten den Grundsatz der Glaubensfreiheit verkündigt und nachher wirklich befolgt. Bis dahin hatte man es für selbstverständlich gehalten, daß jeder Herrscher diejenige Konfession, welche er annahm, auch in seinem Lande einführte. Johann Sigismund aber sprach es offen aus, daß er, wenn er auch von den Vorzügen seiner eigenen Konfession überzeugt wäre, diese doch niemandem aufdringen, die lutherischen und reformierten Unterthanen vielmehr völlig gleichhalten wolle. Solche Toleranz beruhte, wenn sie auch politisch vielleicht geboten war, bei ihm doch auf innerster Überzeugung. Die Fürsten, welche nach ihm den Thron einnahmen, sind ihm darin gefolgt, und unser Brandenburg ist vor allen andern Ländern zu einer Stätte religiöser Duldung und ein Zufluchtsort derer geworden, die um ihres Glaubens willen anderwärts Not und Verfolgung auszustehen hatten. Die Toleranz des Kurfürsten vermochte leider nicht, die heftig erregten Gemüter zu besänftigen; nichts kam der Aufregung im eigenen Sande, nichts dem Zorne der lutherischen Eiferer gleich. Durch die dreistesten Predigten hetzten sie das Volk auf, schilderten die reformierte Lehre als etwas ganz Abscheuliches, schalten auf die verdammte Calvinisterei in den allerschlimmsten Ausdrücken und schmähten in ihren Schriften die Person und die Ehre des Kurfürsten in unerhörtester Weise. Einer dieser Heißsporne hatte die Frechheit, in einem Buche über die Ausbreitung der Lehre Calvins bei Anführung der Rede, welche der Kurfürst in Bezug auf feinen Religionswechsel Zu den Landständen gesprochen, dieselbe mit den Worten zu illustrieren: c'^üg’, Teufel, lüg’"! Die Gründe, welche der Kurfürst für feinen Übertritt angegeben, nannte er „Erzlügen". Es fruchtete nicht sonderlich, daß Johann Sigismund in einem Edikte (1614) den Geistlichen gebot, sich auf den Kanzeln des Lästerns, Verdammens und der Schimpfworte zu enthalten. Ebenso verlies eine Unterredung auf dem Schlosse zu Kölln zwischen lutherischen und reformierten Predigern, von der man eine gütliche Beilegung des Zwiespaltes erhofft hatte, erfolglos. Von Wittenberg aus hielt man den Geist des Widerspruchs unter den brandenbnrgischen Pfarrern lebendig, so daß diese sich hartnäckig gegen Frieden und Einigkeit sträubten. Durch die gemessenen Befehle des Kurfürsten in die Enge getrieben, gaben sie endlich mit Handschlag das Versprechen, sich künftig einiger Mäßigung zu befleißigen. Doch hals alles dieses nicht lange; es ging bald wieder in der alten Weise fort. Wenn auch der eine oder andere der Unruhstifter aus dem Lande gewiesen wurde, wie der Domprobst Gedicke zu Berlin, blieben doch noch genug übrig, welche die Menge aufwiegelten und den Fürsten um die Liebe seines

4. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 91

1888 - Berlin : Hertz
Joachim's öffentlicher Uebertritt zur Reformation. 91 alle Hindernisse der Kirchenverbesserung in den Marken auf, und ließ es nicht nur zu, sondern sah es auch gern, wenn evangelische Prediger berufen wurden und wenn Matthias von Jagow im brandenbnrgischen Lande die Priesterehe erlaubte, das Abendmahl unter beiderlei Gestalt austheilen ließ und andere Verbesserungen nach lutherischer Weise einführte. Die letzte Entscheidung wollte er jedoch von einer allgemeinen Kirchenversammlung herbeigeführt wissen. Aber die Hoffnungen auf eine solche Versammlung wurden immer mehr getrübt, und die Spaltung zwischen Katholiken und Protestanten immer unheilbarer. Das ganze brandenburgische Land hatte sich bereits zur evangelischen Sache bekehrt, und die Vorstellungen der glaubenseifrigen Elisabeth bei Joachim wurden immer dringender. Herzog Georg von Sachsen war inzwischen gestorben, Joachim mithin auch der Rücksicht auf dessen katholische Neigungen enthoben, und so beschloß denn der Kurfürst endlich den offenen Uebertritt zum gereinigten evangelischen Glauben. Am ersten November 1539 empfing Joachim zu Spandau am Hofe seiner frommen Mutter das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt aus den Häuden des wackeren Bischofs Matthias von Jagow. Die Staude und viele Geistliche waren zu dieser wichtigen Feier zugezogen worden. Das ganze Land war hoch erfreut über die endliche öffentliche Einführung der Kircheuverbesserung, und in Kurzem war der Gottesdienst in den Marken überall nach lutherischem Gebrauch eingerichtet. Diejenigen, welche für ihre Person beim alten Glauben verbleiben wollten, wurden daran nicht verhindert; die Priester aber traten meistens mit ihren Gemeinden über, andere, welche dies verweigerten, erhielten Lebensunterhalt bis an ihr Ende, insofern sie nicht freiwillig das Land verließen. Noch immer hielt übrigens der Kurfürst den Bruch mit der katholischen Kirche nicht für unwiderruflich. An den König von Polen, der ihm wegen seines Uebertritts Vorwürfe machte, schrieb er: „Es sei keinesweges seine Absicht, sich von der allgemeinen christlichen Kirche zu trennen, der er ewig treu bleiben werde. Nur schreiende Mißbrauche wolle er in der Kirche abstellen und nothwendige Verbesserungen einführen. Sei es doch von allen Seiten anerkannt, daß die Kirche einer Verbesserung bedürfe. Nur die immer vereitelte Hoffnung auf eine Kirchenversammlung habe ihn bewogen, nach eigenem Ermessen und auf Grund des wahren Glaubens einige Veränderungen vorzunehmen. Auch jetzt noch sei er jedoch bereit, den Beschlüssen einer Kirchenversammlung, wo und wann sie gehalten werden möge, als gehorsamer Diener der Kirche Folge zu leisten." Hiermit stimmte es auch überein, daß Joachim viele Gebräuche der alten Kirche beibehielt, welche in anderen lutherischen Ländern schon abgeschafft waren, besonders feierliche Umzüge, schimmernde Meßgewänder und dergleichen. Bald nach dem Uebertritt ließ Joachim, um den Zustand der Gemeinden und Geistlichen zu erforschen, eine allgemeine Kirch envisitation in seinem Lande halten. Da fand sich denn bei Priestern und im Volke die größte Unwissenheit und der kläglichste Zustand in den Kirchen und Schulen. Deshalb ließ er einen kurzen Begriff der Lehre in Fragen und Antworten, wie auch

5. Unser Vaterland - S. 380

1900 - Berlin : Bruer
— 380 — eine unabhängige deutsche Landeskirche begehrt. In der „Babylonischen Gefangenschaft der Kirche" griff Luther die Lehre von den sieben Sakramenten, besonders der katholischen Abendmahlsfeier, an. Endlich sandte er selbst dem Papst eine Schrift zu „Von der Freiheit des Christenmenschen". Ja, er ließ sogar die päpstliche Bannbulle mit einer Gegenerklärung und einer Appellation an ein allgemeines, freies Konzilium drucken, worin er den Papst einen ungerechten Richter, einen Unterdrücker der H. Schrift und Verächter eines freien Konziliums nannte. Obschon nun Luthers Schriften, er selbst und alle, die sie lesen würden, verdammt waren, diese selbst hier versiegelt, dort verbrannt wurden, das Feuer, das sie angezündet, ließ sich damit nicht dämpfen. Nun kam Karl V. in sein neues Reich und ließ sich zu Aachen nach alt gewohnter Sitte frönen. Der Papst ernannte ihn durch ein Breve zum römischen Kaiser. Das deutsche Volk aber hatte sich den neuen Herrn doch anders vorgestellt, der nach so langem Abwägen von den Kurfürsten als der Würdigste befunden war, die deutsche Krone zu tragen. Ein schmächtiger, kränklich aussehender Jüngling sah er teilnahmslos auf das ihn urnjubelude Volk, das ihm fremd war. Katholiken und Lutheraner mühten sich um die Gunst des jungen Königs, den besonders Friedrich der Weise gnädig für Luther zu stimmen suchte. Auch sämmtliche Reichsstände, darunter selbst der eifrig katholische Herzog Georg von Sachsen, beeilten sich, in 105 Artikeln große Beschwerden gegen den römischen Hos und die Entartung der Kirche auszusprechen, indem päpstliche Heiligkeit „täglich so viele Jndulgenz und Ablaß in die deutsche Nation schicke, dadurch arme Einfältige verführt und nur ihrer Barschaft bethört wurden," auch daß der Papst den Bann also mißbrauche, daß er oft um 4 bis 8 Kreuzer damit drohe. Um diese beklagten Uebelstände zu ordnen, wie die Verhältnisse des Reichsregiments zu regeln, berief Karl V. einen Reichstag nach Worms. Auch wollte er sich die ständische Beihülfe zu einem Kampfe mit Frankreich sichern. Nach den großen Versprechungen des Kaisers knüpfte man entsprechende Erwartungen an diesen Reichstag. „Er gedenke mit Hülfe der Königreiche, der großmächtigen Lande und Verbindungen, die ihm Gott verliehen, das Reich zu feiner alten Glorie wieder zu erheben." Aber die Fürsten trachteten gar nicht nach der alten Reichsherrlichkeit. Sie suchten die Erfüllung der Wahlkapitulation, die Herstellung des Kammergerichts und des Reichsrats vom Kaiser zu erlangen. So

6. Unser Vaterland - S. 394

1900 - Berlin : Bruer
— 394 — reich entgegen. Der deutsche Kaiser aber hatte andres zu thun, als sich um Deutschlands Kriege zu kümmern. 4. Ausbreitung der Reformation in Deutschland während der auswärtigen Kriege Karls V. (1521 bis 1529.) Obgleich die Bauernkriege nur sozialen Zuständen entsprungen waren, trugen sie doch eine Gefahr für die Reformation in sich, aus deren Lehren sich die Anführer beriefen. „Was das heilige Evangelium aufrichtet, soll aufgerichtet sein, was das niederlegt, soll nieder gelegt sein und bleiben" hieß es in den sieben Artikeln der „versammelten Bauernschaft im Land zu Frauken". Lutherische Prediger hatten sogar in der Reihe der Bauern gekämpft und es lag nahe, allen reforma-torischen Bestrebungen von Staatswegen entgegen zu treten. Aber die Reformation hatte, bei der in ihr ruhenden Lebensfähigkeit, einen zu wohl vorbereiteten Boden im ganzen Reiche gefunden, und war darum zu fest gewurzelt, um leicht beseitigt zu werden. Das wußte vor allen andern Papst Hadrian Vi., dessen Einfluß es zunächst gelang, ein vom deutschen Reichsregiment geplantes Konzil in Speyer zu unterdrücken. In „100 Beschwerden deutscher Nation" suchten die weltlichen Stände ihr Recht, da „ohne billige Abstellung weder Friede noch Einigkeit unter den Ständen, noch eine Unterdrückung solcher Ausbrüche möglich sei, wie die der letzten Aufstände". Dazu verlangten die Stände ein freies christliches Konzilium deutscher Nation. Alles wurde abgelehnt. Die Fürsten sollten dem Wormser Edikt (1524) folgen, das Unterdrückung der neuen Lehre befahl. Sie versprachen, demselben so viel als möglich nach zu kommen, und damit war so gut wie nichts gelobt. Aber Karl V. mußte doch auf günstigere Gelegenheit warten, seine Pläne gegen Reformation und Reichsstände durchzuführen. Schon Militz hatte einst Leo X. berichtet, daß er auf einen Katholischen allemal drei lutherisch Gesinnte im Reiche gefunden habe. Trotz aller Verfolgungen gegen die Anhänger der neuen Lehre, welche schon in den ersten Jahren ihres Entstehens eine Reihe von Blutzeugen hatte, breitete sich die Reformation in naturgemäßer Notwendigkeit aus. Zwei Augustinermönche, H. Voes und I. Esch, starben in Antwerpen auf

7. Unser Vaterland - S. 428

1900 - Berlin : Bruer
— 428 — Alle Beisitzer des Neichskammergerichts, die der Kaiser von nun an allein ernennen wollte, mußten katholisch sein, und die Protestanten mochten sehen, wie ihre Rechte in Zukunft vertreten sein würden. Auch ■erhielt Moritz von Sachsen auf diesem Reichstage von Kaiser und Reichswegen das ihm längs zugesagte Kurfürstentum. Endlich wurde der neue Kölner Erzbischof statt des Vertriebenen geweiht, der zum Protestantismus übergetreten war. Da indessen die Spannung zwischen Kaiser und Papst immer größer geworden war, befahl Karl V., daß zwei katholische Theologen, der strenge Weihbischof Helding von Mainz und der gemäßigte Julius Pflug ein vorläufiges Gesetz, eine Kirchen Ordnung und Religionslehre verabreden sollten, die christliche Kirche einstweilen in Deutschland danach einzurichten. Auch der protestantische Hofprediger Joachims Ii. von Brandenburg, Agrikola, nahm an den Beratungen Teil, ohne ein entscheidendes Wort zu haben. Daß die Evangelischen dabei schlecht wegkommen würden, ließ sich voraus sehen. Es wurde ihnen nur die Priesterehe und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt frei gegeben, die sieben Sakramente, auch die Anrufung der Heiligen und selbst die Stellung des Papstes als Oberhaupt der Kirche beibehalten. Da dieser Entwurf einer Kirchenordnung nur vorläufig sein sollte, bis Besseres entschieden sein würde, nannte man die Beschlüsse „das Augsburgische Interim." Der gutmütige Kurfürst Joachim Ii. von Brandenburg ließ sich leicht zur Annahme desselben bewegen, auch der Pfälzer und andere. Moritz von Sachsen weigerte sich. Er müsse das erst mit seinen Theologen beraten. Auch erinnerten ihn die Sachsen an das ihnen gegebene Versprechen, sie bei ihrem protestantischen Bekenntnis schützen zu wollen, und Moritz verstand es, Interim und alte Rechte seiner neuen Unterthanen mit einem gemeinschaftlichen Gewände zu umkleiden. Er beauftragte den gütigen, nachgiebigen Melanchthon mit diesem schlüpfrigen Werke, obgleich gerade der schon gegen das Interim geschrieben hatte. Die Abfassung des Meisters Philippus, „das Leipziger Interim", suchte zwar die protestantische Lehre notdürftig zu retten, sich daneben aber dem gewünschten Augsburger Interim anzupassen und sah recht wunderlich aus. Die Autorität des Papstes wurde darin ebenfalls aufs neue anerkannt, auch Messe, letzte Celung, Fasten u s. f. wieder eingeführt, und die Leute spotteten, daß das Interim dem Evangelium die setzte Celung gebracht hatte.

8. Bis zum Tode Friedrichs des Grossen - S. 6

1886 - Berlin : Oehmigke
welches den Geistlichen untersagte, sich aus den Kanzeln des Lsterns, Schmhens und unchristlichen Verdammens zu bedienen, auch Schimpfwrter wider ihre vermeinten Gegner zu gebrauchen. Solches machte zwar Aussehen und gab zu vielem Gerede An-la, hatte aber nicht die davon erwartete Wirkung, sondern reizte vielmehr, dagegen zu handeln, welches vermutlich nicht geschehen wre, wenn man das Edikt im Concepte bei Seite gelegt htte: denn es erregte nicht allein Sensation in den brandenburgischen Landen, sondern auch in Sachsen und in Deutschland berhaupt; weil man daraus schlo, da die lutherische Religion verdrngt und dagegen die reformierte allein erhoben werden sollte. Hatte man fchon frher mit Hitze von den Kanzeln wider gefhrliche Neuerungen in Glaubenssachen geredet, so geschah es nun mit verdoppelter Heftigkeit, deren Einflu die Ruhe mancher Familie strte und unter den Menschen einen Ha hervorbrachte, der sich blo auf einen vernderten Namen der Gottesverehruug grndete. Die Religionsangelegenheit ward auch durch die Znkereien der Geistlichen immer erheblicher gemacht, als sie es war, und, die Landstnde, dadurch angefeuert, erhoben nicht allein mancherlei Beschwerden, sondern protestierten endlich fogar einmtig wider die Einfhrung der reformierten Lehre. Das Volk ward auf-rhrerifch, und man mute aus mehr als einem Grunde viel Bses von ihm besorgen. Der Kurfürst erinnerte deshalb seine Unterthanen an die ihm schuldige Pflicht, und der Landes-Hauptmann, Thomas von dem Knesebeck, gab 1614 eine dieser Zeit angemessene Schrift unter dem Titel: Einfltiger Bericht, wie sich jedes christliche Herz jetziger Zeit, insonderheit aber Unterthanen gegen ihre Obrigkeit, welche etwa vernderter Religion beschuldigt wird, verhalten solle", zu Berlin in Druck, die alles zum Besten zu kehren, zur Hauptabsicht hatte. Unterdessen trug der kurschsische Hofprediger Hoe, der dem Kaiser Ferdinand sehr ergeben war und ihm zu Gefallen unter den evangelischen Glaubensgenossen beider Parteien die grten Zwistigkeiten erregte, viel dazu bei, da aus allen guten Unternehmungen nichts wurde, sondern vielmehr der

9. Bis zum Tode Friedrichs des Grossen - S. 125

1886 - Berlin : Oehmigke
125 bischfen stand, also kein gnstiges Feld fr eine Reformation darbot, da ja jenen Kirchenfrsten die Erhaltung der Einheit des Glaubens als vornehmste Pflicht galt. Doktor Staupitz, der Offizial der Augustiner-Klster in Sachsen, war aus einem Vorgesetzten ein Freund Luthers geworden, ein Verhltnis, welches bei den Katholiken groen Ansto erregte. Man kam daher auf den Gedanken, diesen Mann nach Salzburg zu ver-setzen, einerseits, um Luther an Rat und That zu entkrften, anderseits aber der rmisch-katholischen Kirche einen Herold und Held" zu erhalten, der ihre Lehren und Artikel auf das standhafteste und nachdrcklichste verteidigen wrde. In bei-den Voraussetzungen hatte man sich freilich getuscht: Luther fand Rat und That auch ohne Staupitz, und dieser war nun wohl leiblich in Salzburg, wo er Hofprediger des Erzbischoses wurde, dem Geiste und Herzen nach aber blieb er in Witten-berg und bei Luther. Er nahm die Reformationsschriften nicht nur in seine neue Heimat mit oder lie sich nachschicken, was spter die Presse verlassen hatte, sondern er gab sie auch den Mnchen seines Klosters zu lesen und wendete dadurch mehrere von der alten Lehre ab. Diese Mnche fanden Ge-legenheit genug, in der Seelsorge, die sie in der Nachbarschaft des Klosters trieben, zu den reformatorischen Lehren zu be-kehren; andere waren khn genug, im Unterricht und von den Kanzeln herab das Papsttum und seine Lehren anzugreifen. Das hatte zur Folge, da sich im Geheimen evangelische Gemeinden bildeten, ferner, da eine groe Anzahl von Salz-burgern im Herzen evangelisch wurde, obgleich sie sich uer-lich noch zur katholischen Kirche hielt. Sogleich aber be-gannen von seiten des Erzbischoses die Verfolgungen; er lie die Prediger einkerkern oder tten. Letzteres geschah z. B. mit Georg Schrer, der mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht wurde. Wie es meist zu geschehen pflegt, da bei wirklicher Herzensberzeugung Verfolgungen das Gegenteil erreichen von dem, was sie beabsichtigen, so trat das auch hier ein; die Zahl der Lutherischen mehrte sich zum Schrecken des Landesherrn. Allerlei kleine Mittel, welche gegen

10. Bis zum Tode Friedrichs des Grossen - S. 3

1886 - Berlin : Oehmigke
habe sichern wollen; vergebens versicherte er das Gegenteil, vergebens verffentlichte er sein Glaubensbekenntnis, nach welchem er in der Hauptsache an der Augsburgischen Konfession festhalte, beteuerte er, da er nach wie vor an eine leibliche Gegenwart des Heilandes im Abendmahle glaube, da er nur Dinge verwerfe, die durch die Schrift nicht zu begrnden sein, wie die Austreibung des Teufels bei der Taufe (Exorcismus). Es half ihm auch nichts, da er wiederholt versicherte, er werde die Lutherischen in ihrem Glauben und ihre Kirche in ihren Rechten nicht beeintrchtigen, er wolle nur das Recht haben, zu glauben, was sein Gewissen ihm gebiete. Es gelang ihm nicht, die Gemter zu besnftigen. Man eiferte von den Kanzeln der ihn, man revoltierte auf der Strae; die Stnde verweigerten ihm das Geld, dessen er doch so ntig bedurfte, um angesichts des drohenden Ausbruches des Religiouskrieges seine Lande in wehrhafte Bereitschaft zu setzen. Bestand doch seine ganze Kriegsmacht aus noch nicht 100 Mann. Bange Sorge um die Zukunft drckten ihn nieder; er sehnte sich nach Ruhe. Die Last der Geschfte in einer Seit", sagt er, wo Alles sich zu mehrerer Gefhrlichkeit anlt, und auch mehrerer Ungehorsam und Widerspenstigkeit gegen die Obrigkeit vermerkt wird, ist mir zu groß. *)" Er bergab 1619 die Regierung seinem ltesten Sohne Georg Wilhelm und brachte seine letzten Lebenstage in dem Hause seines Kammerdieners Freitag in der Poststrae zu. Dort starb er 1619, erst 46 Jahr alt. 50. Serlin unter Hans Sigismund/*) Die wichtigsten Begebenheiten unter diesem branden-burgischen Fürsten, an welchen Berlin vorzglich teilnahm, sind unstreitig die Religionsangelegenheiten. Johann Sigismund *) Eberh I., S. 199. **) König, Versuch einer historischen Schilderung der Residenzstadt Berlin. Berlin 1793 Ii. (verkrzt).
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