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1. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 82

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
82 Erstes Buch. Vierter Abschnitt. keilen vergaß der Rach nicht, über die Sicherheit der Stadt zu wachen und durch gewaffnete Bürger eine plötzliche Bewältigung von Seiten detz Lan- desherrn zu verhüten. Das bisher so einfache Leben am Fürstenhofe wurde nach und nach künstlicher und kostspieliger. Dort fand jeder einreitende Edle, jeder Bot- schaft bringende Reisige Obdach und Nahrung. Weil nun die Zahl der am Hoflager lebenden Ritter und Diener fortwährend zunahm, und dadurch die Kosten sich mehrten, schien es erforderlich, die Dienste und Ansprüche der Einzelnen durch die Hofordnung festzustellen. Durch diese wurden den höheren Beamten, als Marfchall, Drost, Schenke und Kämmerer, so wie den unteren Dienern ihre Obliegenheiten auf's bestimmteste vorgeschrieben. Selbst die Höfe der kleineren Fürsten glaubten einer Anzahl von ritterlichen Beamten nicht entbehren zu können, die fast ausschließlich zum Prunke dienten. So hatte sich Otto Cocles von Göttingen bei seiner Abdankung den nur unbedeutenden Jahrgehalt von 200 Gulden Vorbehalten, aber die Kleidung für ein stattliches Gefolge mußte ihm geliefert werden. Hierdurch und durch kostspielige Fehden wurden die Fürsten häufig zu Anleihen ge- zwungen, welche sie mit ihren Städten unterhandelten; die Folge davon war, daß der Ratb sich der Verlegenheit feines Herrn bediente, um neue Freiheiten für die Bürgerschaft zu erwerben. Wie bedeutend mußte in Folge dessen die Macht der Städte wachsen, als deren Bürger Grafen und Frei- herren sich einfchreiben ließen. Drohte ihnen Gewalt, wurde ihr Handel durch Wegelagerung gestört/ so fanden sie in ihren Bündnissen leicht die Mittel, sich Achtung zu verschaffen. Die Befestigungen der Städte ge- wannen an Umfang, die Bürger an Gewandtheit in Führung der Waffen, namentlich der großen eisernen Geschütze. Ein kriegerischer Sinn durch- drang die Zünfte; der zunehmende Handel mehrte den Reichthum. Da- mals galt Eimbeck durch seinen Verkehr für eine mächtige Stadt, Göttin- gen rühmte sich seiner Wollwebereien, und Hannover gewann durch die Er- findung des Breyhans einen erheblichen Erwerbszweig. Was die Bürger hob und belebte, war die Teilnahme an der Verwaltung und die dadurch erzeugte Liebe für das gemeine Wesen. Das Gefühl der Ehre adelte ihr Thun; die genaue Bekanntschaft mit der Geschichte der Vaterstadt flößte ihnen einen Stolz auf die Thaten der Vorfahren ein, der zum rühmlichen Nacheifer anfpornte. Die Häuser gewannen an Stattlichkeit und Bequem- lichkeit; mit seltener Freigebigkeit sorgte man für Arme, und die Menge der Siechhäuser und Hospitäler reden noch zu uns von dem frommen Sinne der Bürger des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts. Es war das fröhliche Jugendleben der Städte; überall herrschte Sitte, nirgends ein

2. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 83

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
Neuntes Kapitel. 83 ängstlich abgewogener Anstand; man gab sich der Freude mit ganzer Seele hin, und fühlte sich in derben, körnigen Späßen behaglich; überall strömte Kraft aus, die erst mit der spater um sich greifenden Verfeinerung welkte. Wie eigenthümlich war das unter dem Namen Grael bekannte Volksfest der Braunschweiger, von dessen Besuch sich der umwohnende Adel nie ab- halten ließ. Aehnliche Vergnügungen rief die Fastenzeit hervor. Bei die- ser frischen, lebhaften Jugend blieb das Schwert auch wahrend der Lustbar- keiten nicht immer in der Scheide, und es war viel Zeit und Unglück er- forderlich, um die rasche Kampflust und den überwallenden Muthwillen der Vürgersöhne zu ersticken. Es pflegt aber im menschlichen Leben das Haschen nach Genuß dem Streben nach dem Hohem und demzufolge der Entsa- gung weltlicher Freuden hart zu begegnen. Auf diese Weise können wir erklären, wie ein strenger Sittenprediger Gehör und Nachahmung bei der kräftigen Jugend fand. Von Erfurt hatte sich der Italiener Johann Ca- pistrano, aus dem Orden der Franciscaner, nach Göttingen begeben, wo er durch eine feurige Rede auf dem Marktplatze seine Zuhörer bewog, dem Kartenspiel wie den Würfeln zu entsagen und Schmuck und Zierrath den Flammen zu übergeben. Aber mit der Entfernung dieses merkwürdigen Mannes kehrte auch der alte Muthwille zurück, der sich im kecken Ergreifen der Gegenwart gefiel. — Auch jetzt noch ließ der Adel von seinem Fehdele- den nicht ab; selten ergab er sich den Wissenschaften; sein Genosse blieb das Schwert, und gegen Sold trat er in den Dienst v-m Fürsten oder Städten. Trotz der Strenge, mit welcher einzelne Herzoge ohne Ansehn der Person die Uebertreter des Landfriedens straften, glaubten die Junker der Selbsthülfe nicht entsagen zu dürfen > und trugen kein Bedenken, gegen die mächtigsten Städte in die Schranken zu treten. Freilich mußte es jetzt den an Macht wachsenden Fürsten und den von gleichem Interesse getriebenen Städten leichter werden als früher, über den vom Kaiser gebotenen Land- frieden zu wachen, besonders da erstere durch das Dingen von Söldnern sich von dem Dienste ihrer Lehensmanner mehr und mehr unabhängig machten. Diese Söldner, welche wir unter dem Namen der Landsknechte begreifen, entschieden die Schlachten, seitdem man von den Schweizern ge- lernt hatte, daß ein gut geordnetes Fußvolk vor den unbehülslichen Eisen- reitern den Vorzug verdiene. So geschah es, daß bald auch Edle in der Reihe der Fußknechte fochten, bis es ihnen gelang, selbst eine Rotte dieser unwiderstehlichen Krieger einem Fürsten gegen Sold zuzuführen. Daß bei diesen bunt zusammengesetzten Rotten keine strenge Zucht galt, mußten befreun- dete wie feindliche Lander erfahren, und oftmals kostete es dem Landesherrn viel Mühe, sich der in seinen Dienst gerufenen-Knechte wieder zu entledigen. 6 * v

3. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 90

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
90 Erstes Buch. Fünfter Abschnitt. Drittes Kapitel. Braunschweigische Linie. Heinrich der Jüngere. Nach Beendigung der hildesheimischen Stistsfehde hatte Heinrich der Jüngere seinen aus der Hast des Bischofs befreiten Bruder Wilhelm mit Gewalt zur Anerkennung des Rechtes der Erstgeburt zwingen müssen. Herzog Heinrich war ein rascher, unternehmender Herr, ein Feind der Neue- rungen und treuer Diener seines Kaisers und der Kirche. Es sah sich aber in jener Zeit das Landvolk fast überall einem harten Drucke von Seiten des Adels und der Geistlichkeit unterworfen, in Folge dessen es im südli- chen und mittleren Deutschland endlich zu den Waffen griff, um sich der bisherigen harten Behandlung zu entziehen. Selbst Luther "konnte die in Thüringen sich waffnenden Bauem nicht zur friedlichen Betreibung ihres Geschäftes zurückführen. Von hier ver- breitete sich 1525 der Aufstand in die Grafschaft Lauterberg und die Um- gegend von Herzberg, so daß die dortigen Landbewohner unter selbstgewahl- ten Vorstehern gegen die durch ihren Reichthum ausgezeichnete Abtei zu Walkenried zogen, und das prächtige Klostergebaude züm größeren Theile zertrümmerten. Mußten doch selbst die Grafen von Hohnstein den Aufge- standenen scheinbar die Hand bieten, um ihre Besitzungen vor den Erbitter- ten zu schützen. Während dessen hatten die Fürsten von Sachsen und Hes- sen, in Verbindung mit Herzog Heinrich dem Jüngern, die unter Thomas Münzer vereinigten Bauern bei Frankenhausen geschlagen, den Anführer in seinem Versteck ausfindig gemacht, und in Mühlhausen durch den Frei- mann richten lassen. Dieses Ereigniß zerstreute auch die Schaaren des Landvolks im Grubenhagenschen, und nachdem auch Duderstadt wegen sei- ner Theilnahme an der Empörung durch den Herzog gezüchtigt war, kehrte der ungestörte Frieds in die südöstlichen Provinzen des Hauses Braunschweig- Lüneburg zurück. Im Jahre 1528 ließ sich Heinrich der Jüngere durch die Vorstellun- gen Kaiser Karls bewegen, sich auf den Kriegsschauplatz nach Italien zu begeben. Mit einer starken Schaar von Reisigen zog der Herzog durch die Thaler von Tyrol nach der Lombardei, und begann die Belagerung von Lodi. Weil jedoch die Seinigen durch Krankheiten hingerafft wurden, und die vom Kaiser zugesagte Löhnung für die Geworbenen ausblieb, beschloß Heinrich die Rückkehr. Diese war mit vielfacher Gefahr verknüpft, weil

4. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 92

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
92 Erstes Buch. Fünfter Abschnitt. fenburg bei Seesen hatte geleiten lassen, woselbst sie ihm mehrere Kinder gebar. Durch Anklagen solcher Art mehrte sich die Erbitterung gegen den Herzog; ein großer Theil seines Adels, welcher nicht ohne Grund zürnte, sich der ihm pfandweise überlassenen Schlösser so plötzlich beraubt zu sehen, einigte sich mit der Stadt Braunschweig, welche kein Bedenken trug, ge- stärkt durch Söldner schmalkaldischer Bundesverwandten, dem Landesherrn den Frieden aufzukündigen. Der Herzog, welchem zu der nämlichen Zeit vom Kurfürsten von Sachsen und dem Landgrafen von Hessen der ^Absage- brief zugesandt war, fühlte sich zu schwach, diesen Gegnern zu widerstehen, und begab sich, nachdem er seine Schlösser belegt hatte, nach Baiern, um die Hülfe seiner katholischen Freunde zu erbitten. Kaum hatte Heinrich der Jüngere das wolfenbüttelsche Land verlassen, als die Bürger von Braun- schweig nach Riddagshausen zogen, die lutherische Lehre daselbst einführten und in Verbindung mit einem starken Heere, welches Philipp von Hessen und Johann Friedrich von Sachsen ihnen zugeführt hatten, die Belagerung von Wolfenbüttel 1542 begannen. Nach vielen und heftigen Stürmen wurde die Feste endlich eingenommen. Seitdem wurde das Herzogthum im Namen des schmalkaldischen Bundes verwaltet, welcher zu dem Behufs einen Ausschuß bildete, welcher aus Bevollmächtigten des Kurfürsten von Sachsen, des Landgrafen von Hessen, des Herzogs von Lüneburg und der verbündeten Städte zusammengesetzt war. Indessen hatte sich Heinrich der Jüngere, welchem, wahrend der Ab- wesenheit des Kaisers vom Reiche, die katholischen Stande die erbetene Hülfe zu gewahren Bedenken trugen, weil dieses einen allgemeinen Krieg in Deutschland zur Folge gehabt haben würde, zu König Franz I. von Frankreich begeben, von welchem er, behufs der Anwerbung eines Heeres, mit bedeutenden Geldmitteln unterstützt wurde. Hierdurch in Stand ge- setzt, den Kampf gegen seine Widersacher zu übernehmen, führte der Herzog seine Söldner nach dem Stifte Verden und betrieb, nachdem er plündernd durch das Lüneburgische gezogen war, die Belagerung von Wolfenbüttel. Seine an die Stadt Braunschweig ergangene Aufforderung, sich von dem schmalkaldischen Bunde loszusagen und der verdrängten katholischen Lehre wieder Eingang zu verschaffen, wurde verworfen, und mit Muth und Ge- schick wußten die Bürger die Angriffe der herzoglichen Söldner abzuschlagen. Mit um so größerem Nachdrucke setzte Heinrich der Jüngere die Belagerung des von dem sächsischen Ritter Bernhard von Mila vertheidigten Wolfen- büttels fort, als ihn die plötzliche Nachricht vom Nahen eines Entsatzheeres der evangelischen Verbündeten zum Abzüge nöthigte. In der That hatten

5. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 122

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
122 Zweites Buch. Erster Abschnitt. Fünftes Kapitel. Uebersichl der inneren Verhältnisse. Es hat kein Krieg dem deutschen Vaterlande so tiefe und bleibende Wunden geschlagen, wie der dreißig Jahre lang zwischen Evangelischen und Katholischen wüthende Kampf, wenn schon selbst aus diesem Ereignisse manche segensreiche Folgen sich ergaben. Schon gegen Ende des sechszehn- ten und im Anfänge des siebzehnten Jahrhunderts hatten Seuchen die Städte und Dörfer unsers Landes entvölkert, als der Krieg mit seinen Schrecken hereinbrach. Handel und Gewerbe erstarben, der Feldbau konnte zum Theil wegen Mangel an Zugvieh nicht bestritten werden. Kaiserliche und Liguisten, Schweden und dänische Soldner verschlangen die Kräfte des armen Landes, das unter den ausgeschriebenen Abgaben und Brandscha- tzungen erlag. Keine Stadt, kein Dorf entrann dem allgemeinen Unglück; Tilly's Horden begnügten sich nicht immer mit der Plünderung; überall bezeichneten rauchende Wohnungen den Weg, welchen sie gezogen waren. Bürger und Bauern gaben verzweifelnd sich selbst verloren, und wollten nicht von Neuem für Fremde bauen und erndten. Der Dienst der Kirchen und Schulen hörte auf, Zigeuner durchstreiften in Banden die Landschaft, bewaffnetes Landvolk glühte nach Rache, und fand durch die Söldner einen martervollen Tod; im Gebirge lauerten unverdrossen die Harzschützen; die alte Tüchtigkeit des Volksstammes zwischen Weser und Elbe schien in La- stern jeder Art erstorben zu sein; es hörten Zucht und Sparsamkeit und der kecke, frische Scherz an den Höfen der Fürsten auf. Im gleichen Grade, als die schlichte Sitte früherer Tage schwand, gewann die Regierung an Künstlichkeit; die Zahl der fürstlichen Diener mehrte sich; gelehrte Doctoren verdrängten mit ihrer Kenntnis des römi- schen Rechts den nach bestem Wissen und Gewissen sprechenden Edlen; Ti- tel und Würden wurden erfunden, die untere Dienerschaft vergrößert, selbst in den Tagen des Friedens ein Troß von Trabanten, Arkebusi'rern und Gardereitern gehalten, deren Löhnung die Kräfte der Landschaft verzehrte. Adel und Städte büßten die frühere Stellung gegen den Landesherrn ein. Auf eine ungewöhnlich rasche Art mehrte sich die Gewalt der Fürsten, für welche der Kaiser und das römische Recht sprachen. Das Streben des Landesherrn war häufig auf eine unumschränkte Herrschaft gerichtet. Aber noch war er nicht durch eine gesonderte Hofdienerschaft von der engen Be- rührung mit dem Volke geschieden, und Heinrich Julius trug kein Beden-

6. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 166

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
166 Zweites Buch. Dritter Abschnitt. licher Treue die durch den Krieg seinen deutschen Staaten geschlagenen Wunden zu heilen, den Gewerbfleiß der verheerten Provinzen zu heben. Doch konnte er bei seiner Sorge für Großbritannien und seiner Stellung als König, welcher das Schiedsrichter-Amt in Europa zu übernehmen pflegte, nur einen Theil seiner Thatigkeit den Kurlanden schenken. Seine mit Kö- nig Christian Vii. von Dänemark vermahlte Schwester Karoline Mathilde lebte in einer unglücklichen Ehe, weil der Gemahl, schwach und willenlos, durch seine Umgebung zu Ausschweifungen jeder Art verleitet wurde. Als sich endlich eine Art von Geistesschwache bei ihm offenbarte, welche ihm die Leitung des Staates nnmöglich machte, nahm sich Karoline Mathilde der Regierung an und suchte mit edlem Eifer, unterstützt von Struensee, die zahlreich eingeschlichenen Mißbrauche zu tilgen. Aber gegen sie warb die Königin-Wittwe Juliane Maria, eine Tochter des Herzogs Ferdinand Al- brecht von Braunschweig, eine mächtige Partei unter dem Adel von Copen- hagen, bemächtigte sich 1772 ihres schwachsinnigen Stiefsohns und ließ die Königin verhaften. Erst durch die Bemühungen Georgs Iii. erhielt Karoline Mathilde die verlorene Freiheit wieder. Seitdem lebte sie abgeschieden auf dem ihr angewiesenen fürstlichen Schlosse zu Celle, woselbst sie 1775 vom Tode hingerafft wurde. Zu eben jener Zeit wurden einige Bataillons Hannoveraner nach Gibraltar eingeschifft, woselbst sie unter Elliot rühmlichst gegen Spanier und Franzosen kämpften. Sieben Jahre darauf gingen 2000 Freiwillige aus den Kurlanden nach Ostindien, um auch hier für die Besitzungen Georgs Iii. gegen den mächtigen Hyder Ali und die Söldner Ludwigs Xvi. die Waffen zu führen. Im Jahre 1785 ging Georg Iii. mit Friedrich Ii., als Kurfürsten von Brandenburg, und dem Kurfürsten von Sachsen zu Berlin den soge- nannten Fürstenbund ein, dessen Zweck, die-Ausdehnung der Macht des Hauses Oestreich auf Kosten von Baiern und damit die Verletzung der Rechte der deutschen Reichsstände zu hintertreiben, vollkommen erreicht wurde.

7. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 178

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
i 78 Zweites Buch. Vierter Abschnitt. alle europäischen Mächte, mit Ausnahme des einzigen England, ihre Hul- digungen darbringen sollten. Die muthigsten östreichischen Heere, von den kühnsten Feldherren geführt, erlagen hinter einander seinen Talenten, und Kaiser Franz Ii. mußte sich zu den nachtheiligsten Friedensschlüssen beque- men. Nur England setzte unverdrossen den Krieg gegen Frankreich fort. Wegen der Strenge, mit welcher dessen Flotten die Schiffe aller Nationen einer Untersuchung unterwarfen, bildete sich eine s. g. nordische Neutralität, welcher, gezwungen durch Rußland, auch Preußen beitrat. Hierdurch wurde das bisherige gute Vernehmen zwischen Friedrich Wilhelm Iii. und Georg Iii. gestört. Demzufolge besetzte im Frühjahre 1801 ein preußisches Heer das Kurfürstenthum, welches jedoch schon gegen Ende des nämlichen Jahres, bei Gelegenheit der Friedensunterhandlungen zwischen Frankreich und Eng- land, seinem rechtmäßigen Oberherrn wieder übergeben wurde. Ohne die Entscheidung von Regensburg abzuwarten, woselbst eine Commission er- nannt war, um für die durch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich betheiligten deutschen Fürsten eine Entschädigung ausfündig zu machen, nahm Preußen von dem Stifte Hildesheim und der Reichsstadt Goslar 1802 Besitz. Nach dem zu Regensburg 1803 erfolgten Deputa- tions-Beschlüsse erwarb Preußen überdieß das Elchsfeld, und wurde der erbliche Besitz des Bisthums Osnabrück dem Kurfürsten von Hannover zugesprochen. Bald nach dem Abschlüsse des Friedens zu Amiens brachen die Feind- seligkeiten zwischen England und Frankreich wieder aus. Unfähig, den Gegner in seinem eigenen Lande anzugreifen, beschloß Napoleon die Ueber- ziehung Hannovers. Hier war man auf keine Weise auf eine kräftige Ge- genwehr vorbereitet. Aber so gering auch der augenblickliche Bestand des Heeres war, und so entschieden Preußen auch die erbetene Hülfe ablehnte, hätte man doch durch Widerstand den benachbarten Fürsten Muße geben können, zu erwägen, daß nur die Vertheidigung Hannovers ihnen die eigene Sicherheit verbürge. Dagegen lebten die kurfürstlichen Räthe in einer ver- derblichen Unentschlossenheit. Ohne auf die dringenden Vorstellungen des Feldmarschalls Wallmoden zu achten, ohne selbst den ausgesprochenen Wil- len Georgs Iii. zu erwägen, wurden die Rüstungen kraftlos und saumselig betrieben und das kaum erlassene Aufgebot der gesammten waffenfähigen Bevölkerung wieder zurückgenommen. Bei einem solchen Verfahren verlor das Heer das Selbstvertrauen. Noch waren die Regimenter durch Einbe- rufung der Beurlaubten und durch Werbungen nicht vollzählig, als Mor- tm bereits mit einem französischen Heere die holländische Grenze überschritt und in Eilmärschen der Weser nahte. Jetzt wurde jeder Versuch, den

8. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 123

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
\ Fünftes Kapitel. 125 ken, bei der Geburt seines Sohnes Christian die Bürgerschaft der Stadt Hildesheim um Pathenschaft zu bitten. Weil die Hofhaltung von Heinrich Julius durch die laufenden Ein- künfte nicht bestritten werden konnte, bequemten sich 1594 die calenbergi- schen Stande auf dem Landtage zu Elze, einen Theil der fürstlichen Schul- den zu übernehmen, wogegen ihnen das Recht eingeraumt wurde, über Erhebung der Steuern und Abtragung der landesherrlichen Schulden zu wachen. Seitdem der Adel die Burgsitze mit dem Hofdienste vertauscht hatte, mußte sich fein Verbaltniß zum Landesherrn nothwendig völlig umgestalten. Mit dem Fehdeleben hörte auch der Widerstand gegen die fürstliche Ueber- macht auf. Der Regent betrachtete sich nicht mehr als ein Genosse der Ritterschaft, sondern als hoch über derselben stehend. Hatte man früher den Junker nur in Harnisch und Wehr erblickt, so sah man ihn jetzt in spanischer Kleidung; die Burgen der Väter machten offenen Landhäusern Platz. Es erlosch die ehemalige Rüstigkeit, das belebende Gefühl der Frei- heit in dem Adel, vermöge dessen er sich rascher zu Thaten als Erörterun- gen getrieben fühlte. Der Junker, dessen Großvater nur das Turnirpferd getummelt hatte, fuhr jetzt in einer Kutsche zu Hof, den steifen Sammet- mantel um die Schultern. Hatte früher der Ritter feine eigenen Fehden geschlagen, so trat er jetzt in den Solddienst des Landesherrn, der auch in Friedenszeiten ein kleines stehendes Heer zu halten pflegte. In Folge des Krieges wurde der Reichthum des Adels bald bis zu einem so hohen Grade geschmälert, daß derselbe nicht immer im Stande war, den ihm obliegen- den Roßdienst für den Lehensherrn zu verrichten. Um so lieber neigte sich der Junker dem Kriegsdienste zu, und wußte als Oberster eines von ihm geworbenen Regiments eine ziemlich unabhängige Stellung zu behaup- ten. Im gleichen Grade, als der Krieg ansing, nach gewissen Grundsätzen geführt zu werden, wurde dem Einzelnen das Feld für die Geltendmachung seiner Persönlichkeit verschlossen. Daher wird die Erzählung arm an rit- terlichen Thaten Einzelner, und nur der Führer der in Helm und Panzer gekleideten Reiterregimenter, oder der Oberst der mit schweren Musketen und langen Stoßdegen bewehrten Fußknechte nimmt unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Den Söldner trieb nicht Liebe zur Heimath in den Kampf; ihn leitete nur das Gefühl der kriegerischen Ehre, die Liebe zu seinem Füh- rer, das Verlangen nach Beute. Ein bunter Troß von Weibern und Män- nern, welcher dem Regimenté zu folgen pflegte, war der Schrecken der Hauswirthe; selbst zahlreiche Heerden von Schlachtvieh wurden in verarm- ten Gegenden den Compagnien nachgeführt.

9. Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg - S. 180

1838 - Lüneburg : Herold und Wahlstab
180 Zweites Buch. Vierter Abschnitt. lich, den Forderungen der Sieger zu genügen. Nicht allein mußte ein Heer von 36000 Mann vom Lande bekleidet und beköstigt werden, sondern Na- poleon ließ auch einen häufigen Wechsel der Regimenter eintreten, um eine möglichst große Anzahl seiner Soldaten auf Kosten des eroberten Landes mit Kleidung und mit Pferden versorgen zu lassen. Bald reichten zur Be- streitung dieser Ausgaben die laufenden Einkünfte nicht mehr hin, und die Deputations-Commission mußte in der Fremde Anleihen unterhandeln. Dazu kam, daß gerade jetzt, wo, außer den Kosten der Verpflegung des Heeres, die Habsucht einzelner französischer Generale befriedigt sein wollte, durch Sperrung der Küste gegen England jeder Handel in Stocken gerieth. Endlich wurde dem armen, gedrückten Lande durch Verminderung des Hee- res einige Erleichterung geboten. So gleichgültig nämlich Preußen die Besetzung Hannovers geduldet hatte, so sehr stiegen seine Besorgnisse, als in diesem Nachbarlande nach und nach ein starkes französisches Heer sich zu- sammenzog, dessen Verwendung nach der Auflösung der Hannoveraner bei Lauenburg ungewiß war. Deßhalb erbot sich Friedrich Wilhelm Iii., die Sicherstellung des Kursürstenthums vor jedem Angriffe zu übernehmen, und erreichte dadurch bei Napoleon, der durch Abgeordnete des Landes von der in den eroberten Provinzen herrschenden Noch unterrichtet war, die Entfernung von 7000 Mann. Aber auch so noch lastete der Druck der Fremden schwer auf dem Kurstaate, der überdieß einen Theil seiner Jugend zur Verfügung Frankreichs stellen mußte. Im Jahre 1804 wurde Mortier abberufen, und statt seiner dem Ge- neral Dessolles, dann dem Marschall Bernadotte der Oberbefehl übergeben. Aber auch dieser, wiewohl ein wegen der Redlichkeit seiner Gesinnung geschätz- ter Mann, konnte den übermäßigen Forderungen, welche Napoleon an Han- nover erhob, kein Ziel setzen. Das bewegliche Eigenthum des Kurfürsten wanderte, zugleich mit den im Lande Vorgefundenen Kunstschatzen, nach Pa- ris, woselbst mit ungewöhnlichen Feierlichkeiten die Kaiserkrönung des Er- oberers vollzogen wurde. So nahte das Jahr 1805, in welchem endlich, bei dem Wiederausbruche des Krieges zwischen Oestreich und Frankreich, Bernadotte sein Heer, bis auf eine in Hameln zurückgelassene Besatzung, nach Franken führte. Schon seit geraumer Zeit hatte sich ein russisch-schwe- disches Heer im englischen Solde an den Küsten Pommerns zusammenge- zogen, um, sobald sich die günstige Gelegenheit biete, den Feind aus Han- nover zu vertreiben. Doch hatte das von Seiten Preußens an Frankreich gegebene Versprechen solches nicht erlaubt. Als aber jetzt der bisherige Zwist zwischen Georg Iii. und Friedrich Wilhelm Iii. nicht allein gehoben wurde, sondern es den Vorstellungen des ersteren gelang, Preußen zum
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