Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
Geschlecht (WdK): koedukativ
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denn 100 kg Gerste geben nur 70—80 kg Malz. Ist nun die Keimung so
weit fortgeschritten wie es erforderlich ist, so muß sie rasch unterbrochen
werden, und das geschieht durch die Darre."
Aus den kalten Kellerräumen stiegen wir jetzt Treppe um Treppe hin-
auf in ein oberes Stockwerk und traten durch eine kleine Thür in einen Raum
ein, aus dein uns eine glühende Hitze entgegenströmte. In der Mitte des
Raumes erblickte ich .einen mächtigen Schornstein, um den rings herum
mehrere Reihen von Öffnungen angebracht waren; aus diesen strömte die
heiße Luft. „Wir befinden uns unter der Darrkammer," erklärte der Brau-
meister. „Hier sehen wir eine Menge dürrer Keime, die den Boden hand-
hoch wie ein Teppich bedecken, sie sind durch den Drahtboden der Darre hin-
durchgefallen. Sie werden an Landwirte verkauft, welche sie dem Viehfutter
als nahrhaften Bestandteil zusetzen; denn 100 kg Malzkeime sollen ebensoviel
Nährwert haben wie 350 kg Heu." Wir stiegen eine Treppe höher und
gelangten in die untere Darrkammer, deren Fußboden und Decke durchlochte
Eisenbleche bildeten. Das Malz war spannenhoch aufgeschüttet; über uns
befand sich die obere Darrkammer, in welcher das nasse Malz abgetrocknet
wird, ehe man es der stärkeren Hitze der unteren Kammer aussetzt. Nachdem
das Malz eine Reinigungs- und eine Quetschmaschine durchlaufen hat, rieselt
es in große Behälter hinab, von wo aus es den Maischbottichen zur Bier-
bereitung zugeführt wird.
Mein Freund geleitete mich nun in das trauliche Braustübchen, wo ein
kleiner Imbiß bereitet war, zu dem eine Probe des in der Brauerei bereiteten
edeln Gerstensaftes trefflich mundete. Nach Herm. Wagner.
*82. Das Leder.
1. Das älteste Gewerbe, welches die Menschen ausübten, war die
Herstellung von Waffen. Nächst der Notwendigkeit, sich gegen wilde Tiere
oder feindliche Menschen zu schützen, drängte sich ihnen das Bedürfnis auf,
den Körper vor den schädlichen Einflüssen der Witterung zu bewahren. Sobald
die Menschen größere Tiere zu erlegen vermochten, lernten sie von selbst den
Gebrauch der Kleider kennen; der Besieger eines kräftigen Tieres schmückte
sich mit dessen Haut. Die rohe Tierhaut, welche dem Sieger erst als Sieges-
zeichen, später als Kleidung diente, hatte aber den Übelstand, daß sie bald in
Fäulnis überging; indessen konnte den rohesten Völkern nicht entgehen, daß
der Füulnisprozeß durch Entziehung des Wassergehaltes, also durch Aus-
trocknen aufgehoben wurde. Znm Trocknen der Häute über dem Feuer war
jetzt nur noch ein Schritt, ebenso zu der Erkenntnis, daß Tierhäute durch
Räuchern vor Fäulnis bewahrt werden. Das Verfahren, Tierhäute zu räuchern,
wurde noch im 18. Jahrhundert von einigen Jndianerstümmen ausgeübt.
Allein sowohl die getrocknete als auch die geräucherte Tierhaut wurde
allmählich spröde und hart und brach bei starkem Biegen. Da die Menschen
ohne Zweifel schon früh bemerkten, daß ihre eigene Haut durch Einreiben
mit Tierfett weich und geschmeidig wurde, so lag es nahe, daß sie dasselbe
Verfahren bei der Tierhaut anwandten. Dadurch wurde die tierische Haut
gleichzeitig vor Fäulnis geschützt, und so konnte bereits von einem Gerbe-
prozeß gesprochen werden. Diese Art der Gerberei finden wir noch heutzutage
bei wandernden Hirtenvölkern der asiatischen Ebenen, und sie ist die Grund-
lage der Sämischgerberei, bei welcher die tierische Haut durch Behandlung
Heinecke, Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen. 6
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Kohlensäuregehalt der Luft im Freien beträgt Vmooo/- die Zimmerluft ist
unbehaglich, wenn sie zu mehr als 1/1000 ihrer Masse Kohlensäuregehalt
enthält. — Sauerstoff ist Lebenslust, Kohlensäure Leben ertötende Luft. —
- Wenn wir nun wissen, daß die Luft im Freien gesunder ist, als die
innerhalb unserer Wohnungen, so folgt daraus die Notwendigkeit, zunächst
uns so oiel als möglich im Freien aufzuhalten, dann aber, weil wir -
einmal die Stuben nicht entbehren können, die Luft in den letzteren der
freien Luft möglichst gleich zu machen. Die Mittel, die Luft der Stuben
möglichst rein und frisch zu erhalten, sind aber:
1. daß nicht zu viele Menschen darin verweilen,
2. daß für kräftigen Luftwechsel gesorgt wird,
3. daß die größte Reinlichkeit herrscht.
Sehr häufig wird der Fehler gemacht, daß die kleinsten Stuben
der Wohnung als Schlafstuben benutzt werden. Gerade während der
Nacht halten wir uns am längsten und ausdauerndsten in demselben Zimmer-
auf und werden deshalb auch am meisten von der Stubeuluft der Schlaf-
stube beeinflußt. Räume, die nur kurz vorübergehender Benutzung dienen,
dürfen klein fein, aber das Schlafzimmer muß vor allem große Lufträume
bieten, je größer, desto besser. In vielen Wohnungen findet man das
beste Zimmer als sogenannte Putzstube gewöhnlich abgeschlossen und die
gesamte Familie in engen Räumen zusammengedrängt. Welches ist aber
ein schönerer Schmuck; blühende, gesunde Menschen in der Familie, oder
eine sauber geordnete Putzstube? Aber alle Größe der Zimmer ist nicht
ausreichend ohne Lüftung. Tritt man früh morgens in eine noch nicht
gelüftete Schlafstube, in welcher auch nur ein einziger Mensch genächtigt
hat, so ist die Luft beinahe unerträglich. Gesetzt, es fände gar keine
Lufterneuerung statt, so verdirbt ein einziger Mensch durch seinen Atem
und seine Ausdünstung in einer einzigen Stunde einen Raum von 20 bis
30 Kubikmeter und läßt nach den 8 Stunden der Schlafenszeit selbst in
einem Saale von 160 bis 240 Kubikmeter Inhalt noch die Kennzeichen
verunreinigter Luft zurück. Glücklicherweise vollzieht sich nun etwas Lüftung,
etwas Luftaustausch auch ohne nufer Zuthun in unseren Wohnungen
unaufhörlich von selbst durch die Fugen und Spalten in Fenstern und
Thüren, ja selbst durch die gesamten Wände, wie sich dies durch Versuche
nachweisen läßt. Wenn nicht auf diese Weise die Natur für den Zutritt
der frischen Luft in den Wohnungen sorgte, würden noch mehr trübe Er-
scheinungen durch die Luftverschlechterung herbeigeführt werden. Ein weiterer
natürlicher Luftwechsel hängt mit der Ofenheizung zusammen. Die Ofen-
heizung wirkt in doppelter Richtung für die Lüftung und ist ein kräftiges
Mittel der Lufterneuerung in unseren Wohnungen. Einerseits führt
sie Tenlperaturunterschiede herbei, welche scholl für sich den natürlichen
Luftwechsel fördern, andererseits entfernt sie verbrauchte Stubenluft nach
denl Schorstein, indem sie damit ebenfalls ein vermehrtes Einströmen
äußerer Luftmassen verursacht. Die einfachste Lüftungsart ist das Öffnen
des Fensters, und dies kann bei rnilder Witterung, bei Nacht, lvie bei
Tage, nicht zu viel geschehen.
Als dritte und zugleich wichtigste Bedingung für Reinhaltung der
Luft muß die Reinlichkeit betont werden. Ja! Reinlichkeit in der
Wohnung, aber ilicht eine Reinlichkeit, wo allzuviel Wasser verbraucht.
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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8. Der Wohnraum und die Luft.
Zur guten Hausordnung gehört vor allem auch das Bemühen der
Frau, ihre Möbel zu schonen und so stets in gutem Stande zu
erhalten. Dazu ist unter anderm das Abhalten der direkten Ofenwärme
sowie des grellen Sonnenscheins, ferner das Schließen der Fenster bei
heftigem Stauben, sowie das sorgsame Abbürsten der Polster und das
tägliche Abwischen der Möbel mittels weicher, reiner Tücher erforderlich.
Fleißige Lüftung der sämtlichen Wohngelasse, gründliche Reinigung aller
Räume und Geräte in angemessenen, kurzen Zeiträumen ist ein sichereres
Mittel, sie vor ungebetenen Gästen zu bewahren, und macht weit weniger
Mühe, Kosten und Ärger, als wenn man später zum Gebrauch der teueren,
lästigen und meist doch vergeblichen Vertilgungsmittel gezwungen wird.
8. Aer Wohnraum und die Luft.
Die Stubenluft bleicht die Wangen; freie, sanerstossreiche Luft rötet
sie. Dazu kommt, daß mit dem Aufenthalte in der freien Luft gewöhnlich eine
lebhaftere Körperbewegung, eine frischere Thätigkeit unserer Muskeln, ein
volleres Atmen und ein regerer Blutkreislauf verbunden ist und im Gegen-
satze dazu mit dem Aufenthalte in der Stube eine einseitige Anstrengung be-
stimmter Muskeln oder einzelner Sinnesorgane, oder des Denkens, oder auch
eine sitzende Haltung mit flacher Atmung und träger Blutbewegung. Alle
diese Umstände sind für unser Wohlbefinden von der größten Bedeutung.
Weitere Erfahrungen sind, daß überhaupt alle Krankheiten besser heilen, wenn
den Kranken möglichst viel von der Lust aus dem Freieu zugeführt wird, und
daß Krankheitskeime in unreiner Zimmerluft leichter zur Entwickelung kommen,
als in reiner. Unreine Stubenlust schwächt den Körper; er ist dann weniger
widerstandsfähig, wenn zufällige Schädlichkeiten ihn treffen.
Niemals besitzt die Luft iu unsern Wohnungen die volle Reinheit wie
die Luft im Freien; dort herrscht selbst bei Windstille ein reger Luftwechsel,
ein fortwährendes Ab- und Zuströmen der einzelnen Teilchen des Luftmeeres.
Daher ist unser Körper im Freien jeden Augenblick von einer neuen Luft-
masse umgeben, und die Ausdünstungsstoffe, welche wir mit unserem Atem
oder sonst wie nach außen abgegeben haben, werden ebenso häufig und schnell
aus unserer Nähe fortgeführt. Wir atmen immer wieder andere Luft. —
In den Stuben dagegen findet eine so schnelle Erneuerung der Luft nicht
statt, und wir atmen in ihnen Luft, in der sich Ausdünstungsstoffe angehäuft
haben, Luft, die bereits teilweise geatmet worden ist, sei es von uns, sei es
von andern. Unsere eigenen Ausdünstungsstoffe sind nun besonders giftige,
wenn wir an ansteckenden Krankheiten leiden, wie Pocken, Scharlach, Masern,
Flecktyphus, Unterleibstyphus, Keuchhusten und Diphtheritis. Je mehr sich
die von uns ausgehenden Ansteckungsstoffe in dem Zimmer anhäufen, um so
gefährlicher wird der Aufenthalt in demselben für andere Personen, und desto
sicherer werden die genannten Krankheiten auf Zimmergenossen übertragen.
Der Auswurf der Schwindsüchtigen kann Gesunde schwindsüchtig machen,
wenn seine giftigen Bestandteile in getrocknetem Zustande der Luft sich bei-
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58. Die Baumwolle.
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und doch wird die meiste Arbeit durch kunstvolle Maschinen
verrichtet, deren manche 100000 Spindeln hat, also die Arbeit
von 100000 Menschen ausführt. — Ein gewaltiger Schlot und
der riesige Würfel eines Bauwerkes mit mehr als 800 Fenstern
auf jeder Seite, ragen über alle Gebäude empor. Wir suchen
ihn auf und treten in diese Riesenfabrik ein. Durch einen Wirr-
warr von Wegen und Gängen kommen wir endlich in das Arbeits-
zimmer des Fabrikberrn, in welchem uns ein Führer beigegeben
wird. Wir stehen zuerst vor zwei Ungeheuern, in deren Innern
es rast und tobt wie ein gefesselter Sturm, der alle Wände seines
Gefängnisses sprengen möchte. Das sind die Bläser. »Was thun
sie?« fragen wir den Jungen vor der einen Maschine. »Das!«
sagt er, indem er eine tüchtige Hand voll Rohbaumwolle aus
dem Ballen reifst, und sie, nachdem er uns den Schmutz, die
Holzstückchen und Knoten darin gezeigt, seiner Maschine gleich-
sam zu speisen gibt. Sie zupft daran etwa wie eine Kuh, der
man eine Hand voll Heu vorhält. Der Junge holt darauf einen
ganzen Arm voll baumwollenen Schnees unter der Maschine
hervor und behauptet, dass dies die eben verzehrte Hand voll sei.
Wir zweifeln, und er zeigt uns, wie es zugeht. Im Innern wird
die Baumwolle mit rasender Kraft und Geschwindigkeit zerzaust
und hin- und hergeworfen, so dass alle fremdartigen Bestand-
teile zu Boden fallen.
»Nun ist sie rein und reif zum Spinnen,« denken wir. Das
ist aber ein Irrtum. Es war die erste von mehr als zwölf ähn-
lichen Reinigungen. Die nächsten sehen wir unter den beiden
Rohrbläsern, einer ganzen Reihe dampfender und pfauchender
Höhlen, in welche der baumwollene Schnee wie ein milchiger
Regen herabströmt. Wir sehen in das Innere hinein und finden,
dass die Baumwolle gleich am Eingänge von einer furchtbaren
Windkraft in den dünnsten Nebel zerblasen wird. Stählerne
Flügel bewegen sich in diesem Raume so rasch, dass sie zu einem
kaum sichtbaren Nebelflecke verschwinden. Hier werden die
Samenkörner und kleinen, fremdartigen Bestandteile vollends ab-
gesondert und durch Ritzen unten zu Boden geschleudert, wäh-
rend die leichten Baumwollenfasern von Wurfschaufeln im Fluge
erhalten werden, bis sie am entgegengesetzten Ende wie ein im-
merwährender Schneesturm herausfliegen, so dass wir im Um-
sehen wie lebendige Schneemänner neben einander stehen. Gegen-
über wird der Baumwollenschnee von Käfigen verschlungen, die
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44. Die Wäsche und das Waschwasser.
außerdem verändert die gelbleuchtende Gasflamme die Farben, und vor allem
wird bei Gasverbrennung der Luft viel Sauerstoff entzogen und eine be-
trächtliche Wärme entwickelt, so daß in Räumen mit Gaslicht nicht selten der
Aufenthalt ungesund und lästig wird.
Frei von allen Schattenseiten jener Leuchtkörper ist dasjenige Licht,
welches in allerneuester Zeit die Elektrizität erzeugt. An das elektrische
Licht, so jung auch diese Erfindung noch ist, knüpft man ganz außergewöhnlich
große Hoffnungen. Von den bis jetzt bekannten Vorteilen dieses Lichtes sei
hier nur folgendes angeführt:
Das elektrische Licht entwickelt fast gar keine Wärme und entnimmt der
umgebenden Luft keinen Sauerstoff zur Verbrennung, so daß es durch seine
Anwendung der Gesundheit nicht schädlich wird.
Es verändert die Farbe der beleuchteten Körper nicht im mindesten,
liefert für Werkstätten und große Räume eine sehr ausgiebige Beleuchtung
und kann Räume beleuchten, die von dem Orte, wo es erzeugt wird, sehr
entfernt liegen.
Es vermindert ferner die Gefahren von Unglückssällen, und sein Preis
ist im Vergleich zur gelieferten Lichtmenge ziemlich gering.
Man unterscheidet gegenwärtig Bogenlicht- und Glühlichtlampen. Die
ersteren erzeugen ein bläulich-weißes, dem Mondschein ähnliches Licht. Sie
sind so eingerichtet, daß zwei nebeneinanderstehende Kohlenstäbchen an ihren
Spitzen durch Elektrizität zum Glühen und Leuchten gebracht werden. Eine
derartige Lampe mit einer Leuchtkraft von zehn Gasflammen eignet sich nicht
für kleine Räume, selbst dann nicht, wenn man durch eine Glocke von Milch-
glas die starke, blendende Flamme zu dämpfen versucht. Für Kriegs- und
Marinezwecke, für Leuchttürme, große Plätze und Hallen und Straßen, sowie
für nächtliche Arbeiten im Freien ist solches Licht vorzüglich.
Von der Bogenlichtlampe unterscheidet sich wesentlich die Glüh licht-
lampe. Es ist dies eine Erfindung des geistvollen Nordamerikaners Edison.
Eine solche Lampe besteht aus einer luftleer gemachten oval geformten Glas-
kugel von der Größe eines Gänseeies. Im Innern befindet sich eine Faser
von Bambusrohr in Form eines Bügels und von der Stärke eines Pserde-
haares. Wird diese so zubereitete Lampe, die man für einige Mark zu
kaufen bekommt, mit einem elektrischen Strome in Verbindung gesetzt, so ge-
langt die Faser infolge des Widerstandes, welchen sie dem Durchgänge des
elektrischen Stromes entgegensetzt, zum Glühen. Edison behauptet, daß
eine solche Faser 800 Stunden zum Leuchten benutzt werdeu kann.
Die Bewohner von Paris, London, Berlin, München und New-Pork
wissen schon den Wert des elektrischen Lichtes zu schätzen. In Theatern,
Konzertsälen und Hotels, ebenso aus größeren Plätzen, in verkehrsreichen
Straßen und verschiedenen Prachtläden genannter Städte haben die elektrischen
Bogen- und Glühlichtlampen die Gasflammen verdrängt. Nach E. Merker.
44. Die Wäsche und das Waschwasser.
Das Waschen der Leib- und Hauswüsche nimmt unter den Haus-
haltungsgeschäften eine nicht unwichtige Stelle ein, und mit vollem Recht;
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Sprüche.
schwindigkeit, und ebenso schnell wird er zum Halten gebracht.
Nach drei Minuten spürt man, daß das Geleise ansteigt; gleichzeitig
dringt das Tageslicht in den Tunnel herein; jetzt wird es gänzlich
hell, und nun schwebt man hoch über dem Straßendamm und läßt
den Blick über die schönen Straßen und Plätze des Berliner Westens
schweifen. Plötzlich saust der Zug durch ein vierstöckiges Wohn-
haus hindurch, in dem man einen überwölbten Durchbruch her-
gestellt hat, und ginge die Fahrt nicht so rasend schnell, so könnte
man in die Küchen und Kammern der Hofgebäude hineinlugen.
Verschwunden sind jetzt Häuser und Straßen; die Bahn trägt uns
quer über die zahllosen Schienenstränge, die nach dem Potsdamer
und Anhalter Bahnhof laufen. Zwischen beiden zweigt sich eine
Strecke ab, die sich alsbald in die Tiefe senkt und als Unter-
grundbahn am Potsdamer Bahnhof endet. Die Hochbahn aber tritt
durch ein durchschnittenes Wohnhaus, das sogenannte geschlitzte
Haus, an den Landwehrkanal, den sie eine Strecke begleitet.
Tief unten erblickt man die Wasserstraße; einige Meter höher
liegt der Straßendamm, der wieder einige Meter höher von einem
Geleise der Anhalter Bahn geschnitten wird, und über dieses alles
geht die Hochbahn hinweg. Am Halleschen Tor genießen wir
noch einen prächtigen Ausblick über den Belle - Allianceplatz
und in die Friedrichstraße; dann jagt der Zug dem fabrikreichen
Osten Berlins zu, setzt auf der prächtigen Oberbaumbrücke über
die Spree und erreicht nahe bei der Stadtbahn sein östliches
Endziel.
Eine gute Viertelstunde ist seit der Abfahrt erst verflossen, und
man möchte fast glauben, die Ausdehnung Berlins könnte doch so
ungeheuer nicht sein, wie sie sich der Fremde vorstellt; allein die
Stadtbahn braucht für den Weg zwischen den beiden Endpunkten
der Hochbahn eine halbe Stunde, und sie fährt doch nicht gerade
langsam.
Man sieht, der Berliner hat eine große Auswahl von Verkehrs-
mitteln, die ihn schnell und billig zum Ziele bringen. Kann man’s
ihm verdenken, wenn er es verlernt, das einfachste und natürlichste
Verkehrsmittel, „Schusters Rappen“, zu benutzen?
Nach „Berlin und seine Arbeit“.
66. Sprüche.
1. Ein Segen ruht im schweren Werke;
dir wächst, wie du’s vollbringst, die Stärke;
bescheiden zweifelnd fingst du’s an
und stehst am Ziel, ein ganzer Mann. Emanuei Geibei.
2. Es sieht manches so aus,
als wär’ gar nichts draus zu machen;
die Leute achten 's gering und lachen.
Kommt dann der Rechte und macht was draus,
gleich hätten es alle können machen. j0h. Trojan.
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Das Aluminium.
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gesorgt, daß die Frauen sich allerlei kleine Einrichtungen beschaffen konnten,
die das Leben int Hause gemütlicher machten. Sie fanden bald Geschmack an
Teppichen und Spiegeln, verbesserten ihre Kleidung, kurz sie gewöhnten sich an
Bedürfnisse, für deren Befriedigung die Männer nun sorgen mußten, die sich
selbst ganz wohl dabei fanden. Das erregte den Neid der noch in ihren
Höhlen wohnenden Frauen, und es dauerte gar nicht lange, so trat ein allge-
meiner Zndrang zu den Arbeiterwohnungen ein. Der bedürfnislose Mensch
steht jeder Kulturentwickelung gleichgültig oder gar feindlich gegenüber. Erst wenn
Bedürfnisse in ihm erweckt sind und er ihrer Befriedigung halber an Arbeit
gewöhnt ist, bildet er einen dankbaren Gegenstand für gesellschaftliche und
religiöse Knltnrbestrebungen. Als ich drei Jahre später Kedabeg wieder be-
suchte, war aus der Troglodptenniederlassnng bereits eine ganz ansehn-
liche Ortschaft europäischen Aussehens geworden; es war ein fester Arbeiter-
stamm vorhanden, der den Fortgang der notwendigen Arbeiten zu jeder Zeit
sicher stellte.
Leider drohte der Mangel an Holz schließlich doch das Hüttenwerk zum
Stillstand zu bringen. Indes in der Regel ist die Not selbst der beste
Helfer aus der Not. Es gelang uns später, die Kohlen durch den Rohstoff
des Petroleums, die Naphtha (s. Nr. 12), sowie durch das Masut, den
Rückstand der Petroleumdestillation, zu ersetzen. Diese Brennstoffe wurden von
Baku aus der Tifliser Bahn bis zum Fuße des Gebirges geführt. Da aber
im Winter und während der Regenzeit die Wege von der Eisenbahn nach
Kedabeg grundlos sind, so wurde ans nahtlosen Mannesmann-Stahlröhren*)
eine Leitung erbaut, durch welche die flüssigen Heizstoffe aus der Ebene den
hohen Bergabhang hinaufgepnmpt werden. Gegenwärtig ist der Anblick
Kedabegs, wenn man die letzte Berglehne überschritten hat, überraschend. Das
ganz europäische Bild einer romantisch gelegenen kleinen Fabrikstadt mit
gewaltigen Öfen und großen Gebäuden, darunter ein christliches Bethaus,
eine Schule und ein europäisch eingerichtetes Wirtshaus, bietet sich dem Auge
dar. Eine über einen hohen Viadukt führende Eisenbahn verbindet Kedabeg
mit dem benachbarten Erzberg und einer 30 km entfernten Hüttenfiliale. So
ist im fernen Kaukasus ein Berg- und Hüttenwerk entstanden, das mit Hülfe
der wissenschaftlichen Technik die Ungunst seiner Lage siegreich zu überwinden
vermag. Nach Werner v. Siemens.
*14-. Das Hiuminium.
Vor mir liegen zwei Hausschlüssel, die an Gestalt und Größe einander
vollständig gleich sind; nur hat der eine eine helle, silberähnliche Farbe. Ich
nehme ihn in die Hand in der Erwartung, daß er merklich schwerer sein wird,
als sein unansehnlicher eiserner Bruder; allein das Gegenteil finde ich: er
erscheint mir auffällig leicht, und nachdem ich beide Schlüssel gewogen habe,
sehe ich, daß der scheinbar silberne nur ein Drittel des Gewichts des eisernen
hat. Von Silber kann er also nicht sein; aber woraus besteht er denn?
Vielleicht habe ich eine Legierung vor nur? Aber nein, da alle andern mir
bekannten Metalle weit schwerer sind, so ist es ein Ding der Unmöglichkeit,
daraus eine Legierung herzustellen, die spezifisch leichter wäre, als der leichteste
*) Diese Röhren werden nach dem von den Gebr. Mannesmann angegebenen Ver-
fahren aus massiven Metallstäben gewalzt, welche außer der Drehung um ihre eigene Ach'le
eine Schraubendrehung erhalten und dadurch sehr widerstandsfähig werden.
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral]]
44. Vom Lichte des Kienspans bis zum Lichte der Elektrizität. 71
nach allen Richtungen auseinander werfen würde. Brennender
Spiritus kann durch eine genügende Menge kalten Wassers
schnell gelöscht werden, da er bei starker Verdünnung nicht
mehr brennt. Nach a. stoß.
44. Wom Lichte des Kienspans öis zum Lichte der Kkesrtrizitat.
Schon seit Jahrtausenden haben die Menschen die Finsternis zu bannen
und die Nächte abzukürzen verstanden. Mag nun auch die Art und Weise,
wie in der vergangenen Zeit Licht erzeugt wurde, recht verschieden gewesen
sein, eins läßt sich mit Bestimmtheit sagen, daß nämlich Holz, Harz, Wachs,
Fette und Öle überall als Leuchtstoffe zur Verwendung kamen.
Seit undenklichen Zeiten waren der harzige Kienspan mit feinem arm-
seligen, dürftigen Lichte und die rußige Öl- und Tranlampe die fast aus-
schließlichen Beleuchtungsmittel innerhalb geschlossener Räume. Fast möchte
man fragen, wie es möglich lvar mit ihnen so lange auszukommen! Welch
ein Unterschied zwischen dem Kienspan und den künstlichen Sonnen unserer Zeit!
Vielleicht noch länger als jener hat auch die Lampe als unentbehr-
liches Geräte den Haushaltungen gedient und diejenigen Lampen, welche
aus den Ruinen von Pompeji gegraben wurden, unterscheiden sich von denen,
die man zu Anfang unseres Jahrhunderts — also 1800 Jahre darnach —
benutzte, nur dadurch, daß sie etwas geschmackvollere Formen haben. Erst in
den letzten Jahrzehnten sind die Lampen durch gründliche Umgestaltungen
wesentlich verbessert worden. Von allen hat heutzutage eine, die Petro-
leumlampe, den Vorzug erlangt. Sie spendet uns, getränkt mit aus der
Erde quellendem Ol, ein schönes, helles Licht, kann aber in der Hand eines
unverständigen und unvorsichtigen Menschen viel Elend und großen Schaden an-
richten. Deshalb ist bei ihrem Gebrauche größte Vorsicht und Reinlichkeit geboten.
Während in der Vorzeit die Beleuchtung der Zimmer fast immer die-
selbe blieb, machte die Straßenbeleuchtung in größeren Städten wesent-
liche Fortschritte. Ursprünglich dienten mit Pech gefüllte Gefäße und Pech-
fackeln zur Erhellung der Nacht und der Wege. Im alten Babylon gab es
eine den kolossalen Verhältnissen dieser Stadt entsprechende Beleuchtung, die
durch große, mit Fett gefüllte Vasen und darin angebrachte starke Dochte
bewerkstelligt wurde. Alle Hauptstädte des römischen Reiches hatten bereits
Straßenlicht. Die Deutschen haben diese Annehmlichkeit lange entbehrt; wer
in finsterer Nacht auf die Straße ging, war genötigt eine Handlaterne mit-
zunehmen. Endlich kam man aber doch auch bei uns darauf, durch Öl-
lampen in den Straßen die Sicherheit und Bequemlichkeit des Verkehrs zu
erhöhen. In Kirchen und Kapellen wurden auch früher bei gottesdienstlichen Hand-
lungen Wachslichter angezündet. Talglichter erfand man erst im 13. Jahrhundert.
Einen großartigen Umschwung erfuhr sowohl die Zimmer- als auch die
Straßenbeleuchtung durch die Erfindung des Leuchtgases. Der eigentliche
Begründer der Gasfabrikation ist der Engländer William Murdach (1792).
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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72 44. Vom Lichte des Kienspans bis zum Lichte der Elektrizität.
Im Jahre 1802 richtete James Watt eine Gasbeleuchtungsanstalt ein. Heut-
zutage finden wir in allen größeren und auch mittleren Städten das Gas
als Leuchtstoff verwendet.
In gußeisernen Röhren wird möglichst schweselfreie Steinkohle tüchtig
erhitzt. Das sich entwickelnde Gas wird, verschiedenartig gereinigt, zuletzt in
den Gasometer geführt. Von hier aus wird es durch Röhren, die sich nach
allen Richtungen verzweigen, in unsere Wohnungen, in Fabrikräume oder in
Straßenlaternen geleitet.
Gas ist schon oft Ursache unsäglichen Elends geworden. Aus statistischen
Berichten ist zu ersehen, daß beispielsweise im Jahre 1877 allein in Berlin
34 Menschen durch Gasexplosion ums Leben gekommen sind. Wiederholt
wurden mit vielen Menschen gefüllte Theater ein Raub der Flammen nur
dadurch, daß Personen mit Gas unvorsichtig umgingen. Beim Gasgebrauche
stellen sich auch noch andere Nachteile heraus. Bei der geringsten Schad-
haftigkeit einer Röhre verbreitet sich weithin ein unangenehmer Geruch;
außerdem verändert die gelbleuchtende Gasflamme die Farben und vor allem
wird bei Gasverbrennung der Luft viel Sauerstoff entzogen und eine be-
trächtliche Wärme entwickelt, so daß in Räumen mit Gaslicht nicht selten der
Aufenthalt ungesund und lästig wird.
Frei von allen Schattenseiten jener Leuchtkörper ist das elektrische Licht.
Von seinen Vorteilen sei hier nur folgendes angeführt:
Das elektrische Licht entwickelt fast gar keine Wärme und entnimmt der
umgebenden Luft keinen Sauerstoff zur Verbrennung, so daß es durch seine
Anwendung der Gesundheit nicht schädlich wird.
Es verändert die Farbe der beleuchteten Körper nicht im mindesten,
liefert für Werkstätten und große Räume eine sehr ausgiebige Beleuchtung
und kann Räume beleuchten, die von dem Orte, wo es erzeugt wird, sehr
entfernt liegen.
Es vermindert ferner die Gefahren von Unglücksfällen und sein Preis
ist im Vergleich zur gelieferten Lichtmenge ziemlich gering.
Man unterscheidet gegenwärtig Bogenlicht- und Glühlichtlampen. Die
ersteren erzeugen ein bläulich-weißes, dem Mondschein ähnliches Licht. Sie
sind so eingerichtet, daß zwei übereinanderstehende Kohlenstäbchen an ihren
Spitzen durch Elektrizität zum Glühen und Leuchten gebracht werden. Eine
derartige Lampe mit einer Leuchtkraft von zehn Gasflammen eignet sich nicht
für kleine Räume, selbst dann nicht, wenn man durch eine Glocke von Milch-
glas die starke, blendende Flamme zu dämpfen versucht. Für Kriegs- und
Marinezwecke, für Leuchttürme, große Plätze und Hallen und Straßen sowie
für nächtliche Arbeiten im Freien ist solches Licht vorzüglich.
Von der Bogenlichtlampe unterscheidet sich wesentlich die Glühlicht-
lampe. Es ist dies eine Erfindung des geistvollen Nordamerikaners Edison.
Eine solche Lampe besteht aus einer luftleer gemachten, oval geformten Glas-
kugel von der Größe eines Gänseeies. Im Innern befindet sich eine Faser
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113. Einst und jetzt.
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demselben Wege, alle gleichmäßig bedeckt vom Staube der Straße; doch
sind die Gegensätze unter ihnen außerordentlich groß. Millionäre, ein-
flußreiche Beanlle, stattliche Offiziere, ja Ftirsten schreiten da neben dem
einfachen Handwerker und Arbeiter daher, die feine Dome im Samtkleide
neben der Marktfrau und dem Dienstmädchen. Die verschiedensten Kreise
der Gesellschaft, die alle anderswo ihren Mittelpunkt haben, bewegen sich
auf der Straße durcheinander.
So ebbet und flutet es in einer großen Stadt den ganzen Tag
hindurch, bis er sich zu Ende neigt und die Abenddämmerung in die
Straßen fällt. „Markt und Straßen werden stiller." Die Werkstätten
fangen an sich zu leeren; ein Geräusch verstummt nach dem andern
und die Arbeiter, Gehilfen und Gesellen ziehen in die Vorstädte hinaus,
wo sie ihre engen Stübchen haben.
Wenn aber am Firmamente die Himmelslichter angezündet werden,
leuchtet auch in der Stadt allmählich ein Feuer nach dem andern auf.
Bald ist die ganze Stadt beleuchtet. Nun versammeln sich die Bürger
überall „um des Lichts gesellige Flamme", in dem stillen, traulichen
Daheim bei Weib und Kind oder in Freundeskreisen. Du aber gehst in
dein stilles Kämmerlein, fertigst deine Schularbeiten, liesest noch ein
Kapitel in irgend einem guten Buche, denkst an Vater und Mutter und
gehst dann zu Bett. Hugo Weber.
113. Kinst und zeht.
Ich bin noch nicht sehr alt, kaum fünfzig, und doch weiß ich, wie sich
in dieser Spanne Zeit der Verkehr mit lieben Bekannten und Freunden in
der Ferne so gänzlich umgestaltet hat. Wie war es vor 50 Jahren, wie ist
es jetzt? Meine Heimat ist ein Städtchen, ungefähr zwei Tagreisen von
Bayerns Hauptstadt entfernt; eine gute Poststraße, die zwei der bedeutendsten
Handelsplätze Süddeutschlands verbindet, führt hindurch. Mein Vater war
ein angesehener Mann, der mit vielen Leuten in geschäftlicher Verbindung
stand und öfters größere Reisen machte. Er schrieb viele Briefe und empfing
auch solche in ganzen Paketen; denn er hatte Geschäftsfreunde in allen süd-
deutschen Städten, in der Schweiz, in Frankreich, selbst in Amerika.
Schon das Schreiben war zu jener Zeit noch ein Geschäft, das besonderer
Vorbereitungen bedurfte. Das Papier bezog man in ganzen großen Bögen,
die für jeden Brief besonders zugeschnitten wurden, bald größer bald kleiner;
die Tinte machte sich mein Vater auch selbst und hatte hierzu in einer eigenen
Schublade kleine Paketchen Tintenpulver in Vorrat. Von den schönen weißen
Gänsekielen zum Schreiben stak immer ein ganzer Bund hinter dem Spiegel.
Das Federschneiden war eine Kunst, die im ganzen Hause nur mein Vater
verstand und deretwegen er von den Leuten der Nachbarschaft oft in Anspruch
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Extrahierte Personennamen: Hugo_Weber
Extrahierte Ortsnamen: Bayerns Schweiz Frankreich Amerika