Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
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er überschritten, so ist hierzu die nachträgliche Genehmigung der Kammern
erforderlich (s. Nr. 256). Die Rechnungen über den Staatshaushalts-Etat
werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt. Die
allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jedes Jahres, einschliesslich
einer Übersicht der Staatsschulden, wird mit den Bemerkungen der Ober-
Rechnungskammer zur Entlastung der Staatsregierung den Kammern vorgelegt.
Die preussische Verfassungsurkunde, welche in der Einleitung als „Staats-
grundgesetz" bezeichnet wird, stammt vom 31. Januar 1850. wnke.
*258. Der 6. Oktober 1789 und 1870.
I.
Am Abend des 5. Oktober 1789 bewegte sich ein sonderbarer Zug von
Paris aus durch die breiten Baumgänge nach Versailles zu. „Was ist das?
— Soldaten? — Es trommelt?" — Ja, aber ein junges Mädchen schlägt
die Trommel. Hinter ihr trägt ein Mann ein Brot, das ans eine Picke
aufgespießt ist, und ein altes Weib fuchtelt wie rasend mit einem blanken
Schwert in der Luft herum. Dann folgt ein zahlloser Haufen halb bewaff-
neter und halb bekleideter Menschen, mehr Weiber als Männer, wüst durch-
einander schreiend: „Auf nach Versailles! Kein Mensch soll Hunger leiden!
Der König muß die Menschenrechte anerkennen! Nieder mit der Öster-
reicherin!" Solche Töne hatte man in den stattlichen Banmgängen, die
nach Versailles führen, und in den weiten Höfen des Schlosses von Versailles
noch nicht gehört.
Am Morgen des 6. Oktober erscheint der König Ludwig Xvi. auf dem
Balkon des Schlosses. „Es lebe der König!" schreit der Haufe. Aber auch
der Ruf: „Nach Paris mit dem König!" wird vernommen. Nun erscheint die
Königin mit ihren beiden Kindern. Manschreit: „Fort mit den Kindern!" —
und einige Gewehrläufe richten sich auf sie. Die Königin schickt die Kinder
zurück und richtet sich heiter lächelnd auf. Das macht Eindruck. „Es lebe
die Königin!" schallt es plötzlich aus tausend Kehlen. Nachher aber erhebt
sich wieder der diesmal einmütige Ruf: „Nach Paris mit dem König!"
Widerstand ist nicht mehr möglich. — „Um ein Uhr!" — „Gut, abgemacht!"
In der Zwischenzeit sucht das Volk nach Korn und Brot und ladet,
was sich findet, natürlich ohne Bezahlung, auf Wagen. Dann erfolgt der
Aufbruch: zuerst Nationalgarden, dann Pickenmänner auf Kanonen, Protz-
kasten, Milchwagen, Karren und Kutschen aller Art, dann sonstiges Volk zu
Fuß, tanzend, singend, mit und ohne Waffen, grüne Zweige an dem Gewehr-
lauf, erbeutetes Brot auf dem Bajonett, dann eine lange Wagenreihe mit
dem geraubten Getreide, dann Leibgardisten und endlich eine große, schwer-
fällige, vergoldete Kutsche, in welcher die königliche Familie sitzt, und um
den Prunkwagen tanzen trunkene Weiber.
Das war das Leichenbegängnis des alten Frankreich. Es starb an dem
Gifte des Größenwahnsinns, das ihm Ludwig Xiv. eingeflößt hatte. Zu
seinem Gedächtnis war neben einer endlosen Reihe von Schlössern und Parks
auch jenes Riesenschloß von Versailles gebaut, aus welchem man am
6. Oktober 1789 den guten König Ludwig Xvi. entführte, damit er ans
dem Blutgerüst die Sünden seiner Väter büßte. Seitdem ist Versailles
immer einsamer geworden; seitdem hat sich Frankreich wie ein Fieberkranker
hin und her geworfen. Seine Gesundheit aber wird es erst wiederfinden,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xvi Ludwig Manschreit Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Paris Versailles Versailles Versailles Versailles Paris Paris Frankreich Versailles Frankreich
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298
immerhin noch einigen Schutz, das Landvolk war hilflos jeder bewaffneten
Rotte preisgegeben und langst gewohnt, in Waldverstecken sich zu bergen
oder in verbissenem Grimni über vereinzelte Soldaten herzufallen und sie
erbarmungslos zu erschlagen. ( Wenn ihm in solcher Zeit nicht alle sittliche
Zucht abhanden kam, so gebührt daran das größte Verdienst den armen
Dorfpfarrern; aber der Sinn für friedliche Arbeit war nicht nur in den
entmenschten Kriegerhorden bis auf die Wurzel zerstört, er war auch in
der Btasse des Volkes nur langsam wieder zu erwecken. Und was war von
dem Nationalstolz übrig geblieben? Der mißhandelte Bürger und Bauer
hatte jedes Selbstgefühl Höhergestellten gegenüber verloren, ein gedrücktes,
furchtsames Wesen ist das Kennzeichen der nächsten Geschlechter. Die
Vornehmen aber beherrschte jetzt die fremde Bildung mehr als je;
französische, spanische, italienische Wörter und Wendungen verunzierten
neben lateinischen Brocken unsere Sprache, in schüchterner Nachahmung
fremder Muster suchte die kümmerlich erwachende Dichtung ihr Heil.
Käemmel, deutsche Geschichte.
166. Die französische Staatsumwälzurrg und ihre erste
Einwirkung auf Deutschland.
Während sich die preußischen Könige um das Wohl ihrer Unterthanen
aufs eifrigste bemühten, lebten die Herrscher Frankreichs nur ihrem Ver-
gnügen. Friedrich Ii. sprach das große Wort: „Daß ich lebe, ist nicht nötig,
wohl aber, daß ich thätig bin. — Der König ist der erste Diener des
Staates." Ludwig Xiv. von Frankreich ries aus: „Der Staat bin ich!"
Während die preußischen Könige sparsam mit den Staatsgeldern umgingen,
verschleuderten Ludwig Xiv. und Ludwig Xv. Millionen über Millionen.
Darum sahen auch die Preußen ihre Könige als Väter des Volkes, die
Franzosen aber die ihrigen als Staatsdrohnen an.
Was der Mensch säet, das wird er ernten. Das französische Volk
verdarb durch das schlechte Beispiel seiner Fürsten. Außerdem waren in
den Reihen der Franzosen Männer erstanden, die alles Göttliche und
-Heilige in den Staub zu ziehen suchten, die dem Volke den christlichen
Glauben und damit auch seine Sittlichkeit, sowie den Gehorsam gegen die
von Gott eingesetzte Obrigkeit raubten.
Ludwig der Xvi., ein Fürst von reiner Sitte und edler Gesinnung,
der 1774 den Thron von Frankreich bestieg, war ernstlich bemüht, den
drückenden Übelständen entgegen zu wirken. Leider aber gelang es ihm nicht,
sondern er selbst wurde das Opfer für die Sünden seiner Vorgänger.
Menschen, die nichts oder nicht viel zu verlieren hatten, bei einer allgemeinen
Verwirrung dagegen nur zu gewinnen hofften, wiegelten das Volk ans,
und so brach im Jahre 1789 in Frankreich eine Revolution aus, welche
die furchtbarsten Schrecknisse und Greuel zur Folge hatte. Mit einem
Schlage wurden alle alten Einrichtungen beseitigt: die Gefängnisse auf-
gerissen, die Häuser der Besitzenden geplündert, verbrannt und überall
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verkündigt. Ebenso wurde auch
die Religion und das Königtum abgeschafft und der König samt allen
seinen Angängern hingerichtet. Mit unbeschreiblicher Willkür schalteten
die Umsturzmänner über Leben, Freiheit und Eigentum der Bürger und
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreichs Frankreich Frankreich Frankreich
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306
Da hub die Wage
des Weltgerichts
am dritten Tage
der Herr des Lichts
und warf den Drachen
vom güldnen Stuhl
mit Donnerkrachen
hinab zum Pfuhl.
Nun bebt vor Gottes
und Deutschlands Schwert
die Stadt des Spottes,
der Blutschuld Herd;
ihr Blendwerk lodert
wie bald! zu Staub,
und heimgcfvrdert
wird all ihr Raub.
Ehre sei Gott in der Höhe!
Nimmermehr dräut uns der Erbfeink
Drum laßt die Glocken
von Turm zu Turm
durchs Land frohlocken
im Jubelsturm!
Des Flammenstoßes
Geleucht facht an!
Der Herr hat Großes
an uns gethan.
Ehre sei Gott in der Höhe!
(5. Geibcl.
174. Die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches.
Herrlich war die Frucht der glorreichen Siege der Jahre 1870 und 1871.
Alle Schmach, «die uns der übermütige Erbfeind seit drei Jahrhunderten
zugefügt, war gerächt und getilgt, und deutsche Lande an unserer West-
grenze waren für Deutschland wiedergewonnen. Noch herrlicher aber
war die Frucht, die aus dem glücklich beendeten Kriege für den innern
Ausbau unseres Vaterlandes hervorging, die Wiederaufrichtung des ehr-
würdigen, durch Frankreichs Gewaltthätigkeit und Frevelmut zertrümmerten
deutschen Kaisertums.
Schon im November 1870 kamen die Verträge zum Abschluss,
durch welche die süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bunde
sich zu einem Deutschen Reiche verbanden. Als daher König Wilhelm
in den Herrscherpalast der alten Bourbonen eingezogen war, da richtete
der mächtigste der übrigen deutschen Fürsten, der jugendliche, patriotische
König Ludwig Ii. von Bayern, im Namen sämtlicher deutscher Fürsten
an das Bundesoberhaupt die Einladung, die im Gedächtnis des deutschen
Volkes nie geschwundene Herrlichkeit deutscher Nation durch Erneuerung
der Kaiserwürde und Übernahme der Kaiserkrone zu vollenden. Am
18. Dezember nahm König Wilhelm denselben Wunsch von den
Abgesandten des Norddeutschen Bundes entgegen und verhiefs, er werde
sich dem Rufe des gesamten Vaterlandes nicht entziehen. So war denn
auf Frankreichs blutgetränkten Gefilden der Grundstein zum neuen
Deutschen Reiche gelegt, und der Krieg hatte gerade das Ziel so herrlich
gefördert und verwirklicht, das der Nationalfeind in seiner Tücke und
Arglist hintertreiben wollte.
Am 18. Januar 1871, an dem Tage, an welchem 170 Jahre vorher
Kurfürst Friedrich Iii. von Brandenburg sich die preussische Königskrone
aufs Haupt gesetzt, in dem Spiegelsaale Ludwigs Xiv. zu Versailles1),
von welchem so unheilvolle Pläne zur Erniedrigung und Zersplitterung
>) spr. Wärsaj.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Ludwig_Ii Ludwig Wilhelm Friedrich_Iii Friedrich Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Frankreichs Bayern Frankreichs Brandenburg Spiegelsaale_Ludwigs_Xiv
246
16. Die Leipziger Messe.
Auf allen freien Plätzen sieht man nun Buden aufgebaut; es ent-
steht in der Stadt gleichsam eine zweite Stadt, und die mit Firmen aller
Art behangenen Wände der Häuser gewähren einen seltsamen Eindruck
und zeigen nun ein festliches Aussehen. — Waren aller Art sieht man
aufgestapelt, und besonders bedeutungsvoll ist die Ledermesse, der
Tuch - und Pelz waren Handel. Amerika, Rußland, der Norden
Europas schicken Hunderttausende von Häuten auf die Leipziger
Messen. Im Jahre 1876 betrug die Gesamtzufuhr an rohen Häuten
22000 Ztr., an Leder 26000 Ztr. — Ein einziges riesiges Tuchwaren-
lager schon zählt selten weniger als 100000 Stück zu einem Gesamt-
wert von 6—9 Millionen Mark, meist Erzeugnisse Deutschlands und
der Nied erland e, und in diesem Fabrikationszweig des vaterländischen
Gewerbfleißes nimmt Sachsen den ersten Rang ein. Da kaufen der
Orient, die Länder des Mittelmeeres, das ferne China, Ostindien, Süd-
amerika und Mexiko, Nordamerika, das südliche, östliche und westliche
Europa ihren Bedarf an Tuchen der verschiedensten Gattungen, und nur
der Norden Europas versorgt sich gegenwärtig von Hamburg aus mit
diesem Artikel.
In Betreff des Pelzwaren Handels ist Leipzig der erste Platz
der Welt geworden. Deutschland liefert Pelzfelle vom Fuchse, Edel-
und Steinmarder, Iltis, Otter, Dachse und Hasen; dann Kaninchen-,
Katzen- und Lammfelle; Rußland sendet die Felle der Hermeline,
Zobel, der weißen und blauen Füchse, Hasenfelle, persische, astrachanische
und russische Lammfelle; auch Grönland, Schweden und Nor-
wegen bieten ihre Vorräte; ebenso die Staaten von Nordamerika,
diese namentlich Pelze des Bibers, des Bisam, der roten, schwarzen,
weißen und blauen Füchse, der Bären, Seeottern, Luchse, Wölfe,
Zobel u. s. w.
Mittlerweile sind die Meßbesucher immer zahlreicher eingetroffen;
auf Schritt und Tritt begegnen wir nunmehr fremden Gesichtern. Leicht
erkennbar ist besonders der gewandte Berliner, der Hamburger Groß-
händler, der heitere Rheinländer, der gemütliche Süddeutsche, der be-
wegliche Franzose, der gemessene Sohn Englands, der pfifsige Aankee,
der russische Händler und vor allem der polnische Jude in langem Talar
und spitzigem Bart. Die Zahl der anwesenden Fremden an jedem Tag
darf man immer auf 30 bis 50000 rechnen.
Bei solchem Andrang von Menschen finden sich auch jene ver-
schmitzten Bürschchen ein, die das Geschäft der „Fingerfertigkeit" ganz
besonders verstehen. Unzählig sind daher die großen und kleinen
Gaunereien, die zu dieser Zeit ausgeübt werden. Besonders ist es
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Personennamen: Zobel Zobel
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Europas Deutschlands Nied Sachsen China Ostindien Mexiko Nordamerika Europa Europas Hamburg Leipzig Deutschland Schweden Nordamerika Englands
9. König Ludwig I. v. Bayern als Förderer der Kunst und Wissenschaft. 289
daß nur etwa 40 Einwohner einige Tage ohne Brot sich befunden
hätten. Darauf schickte ihm der König ein Billet zu, dessen ganzer
Inhalt lautete: „Nur?!"
So recht des Königs eigenes Werk war die Verlegung der Univer-
sität von Landshut nach München oder vielmehr die Gründung einer
neuen, mit großartigen Mitteln ausgestatteten Landeshochschule in der
Landeshauptstadt, wo die außerordentlich bedeutenden wissenschaftlichen
und künstlerischen Sammlungen als Hilfsmittel zum Studium geboten
sind. Um dem neuen Institut Glanz und Gedeihen zu sichern, knüpfte
er mit den berühmtesten Lehrern des In- und Auslands Unterhandlungen
an und gewann für einzelne Fächer hervorragende Männer der Wissenschaft.
Seit seiner Thronbesteigung trachtete Ludwig aufs eifrigste darnach,
daß die Pfalz, das Erbe seiner Väter, in ihrem alten Umfang wieder-
hergestellt werde, wie es im Rieder Vertrag durch Österreich verbürgt
worden war. Das Heidelberger Schloß aus den Ruinen zu neuem Glanz
auferstehen zu lassen, war seine Lieblingsidee. Allein alle Bemühungen,
die Zustimmung der europäischen Mächte zu erlangen, blieben erfolglos.
Um den bayerischen Ansprüchen größeren Nachdruck zu verleihen, wurde
sogar einmal ein militärischer Handstreich geplant; aber der König ver-
sagte im entscheidenden Augenblick seine Zustimmung und erwiderte auf
alle Vorstellungen: „Ein Haus ist rasch angezündet, aber das Feuer
schwer zu löschen!"
Dagegen gab der Abschluß eines bayrisch-württembergischen Zoll-
vereins vom 12. April 1827 den Anstoß zur Bildung eines deutschen
Zollvereins, der im Nationalleben der Deutschen eine neue wichtige
Wendung herbeiführte.
Unter dem Schutze eines einsichtsvollen, rastlos thätigen Regenten
blühte das Land auf; der Bauer konnte, von keinem Waffenlärm erschreckt,
den sreieigenen Boden bebauen, Handel und Gewerbe hoben sich wieder
in jenen Städten, die im Mittelalter zu den ersten Kulturstätten Europas
gezählt hatten.
König Ludwig konnte sagen: Kein Jahr ohne eine künstlerische That.
Beinahe in jedem Jahre ward ein großes Werk begonnen und vollendet.
In schlicht erhabener Tempclhalle fanden zu München die Überreste des
klassischen Altertums eine würdige Heimstätte; in reicherem Stil erhob sich
gegenüber ein Gebäude für Ausstellungszwecke. Die seit Jahrhunderten
von den kunstsinnigen Wittelsbachern gesammelte Gemäldegalerie hat keine
kostbareren Perlen auszuweisen, als die von König Ludwig aus Privat-
mitteln erworbenen Sammlungen, und auch für diese Kunstwerke wurde
rotz des Einspruchs kurzsichtiger Landtagsabgcordneter ein herrliches
Lesebuch für weibliche Fortbildungsschulen. 19
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_I. Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Der 6. Oktober 1789 und 1870.
329
schlägt die Trommel, hinter ihr trägt ein Mann ein Brot, das auf eine
Pike aufgespießt ist, und ein altes Weib fuchtelt wie rasend mit einem
blanken Schwert in der Lust herum. Dann folgt ein zahlloser Haufen
halb bewaffneter und halb bekleideter Menschen, mehr Weiber als Männer,
wüst durcheinander schreiend: „Bus nach Versailles! Kein Mensch soll
Hunger leiden! Der König muß die Menschenrechte anerkennen! Nieder
mit der Österreicherin!" Solche Töne hatte man in den stattlichen Baum-
gängen, die nach Versailles führen, und in den weiten Höfen des Schlosses
von Versailles noch nicht gehört.
Um Morgen des 6. Oktober erscheint der König Ludwig Xvi. aus
dem Balkon des Schlosses. „Ls lebe der König!" schreit der Hause. Über
auch der Nuf: „Nach Paris mit dem König!" wird vernommen. Nun
erscheint die Königin mit ihren beiden Kindern. Man schreit: „Fort mit
den Kindern!" - und einige Gewehrläufe richten sich aus sie. Die
Königin schickt die Kinder zurück und richtet sich heiter lächelnd aus. Das
macht Eindruck. „Ls lebe die Königin!" schallt es plötzlich aus tausend
Kehlen. Nachher aber erhebt sich wieder der diesmal einmütige Nuf:
„Nach Paris mit dem König!" widerstand ist nicht mehr möglich. — „Um
ein Uhr!" — „Gut, abgemacht!"
3rt der Zwischenzeit sucht das Volk nach Korn und Brot und ladet,
was sich findet, natürlich ohne Bezahlung, aus wagen. Dann erfolgt der
Nusbruch: zuerst Nationalgarden, dann Pikenmänner aus Kanonen, Protz-
kasten, Milchwagen, Karren und Kutschen aller Nrt, dann sonstiges Volk
zu Fuß, tanzend, singend, mit und ohne Waffen, grüne Zweige an dem
Gewehrlauf, erbeutetes Brot auf dem Bajonett, dann eine lange Wagen-
reihe mit dem geraubten Getreide, dann Leibgardisten und endlich eine
große, schwerfällige, vergoldete Kutsche, in welcher die königliche Familie
sitzt, und um den prunkwagen tanzen trunkene Weiber.
Vas war das Leichenbegängnis des alten Frankreich. Ls starb an
dem Gifte des Größenwahnsinns, das ihm Ludwig Xiv. eingeflößt hatte.
Zu seinem Gedächtnis war neben einer endlosen Ueihe von Schlössern und
Parks auch jenes Niesenschloß von Versailles gebaut, aus welchem man
am 6. Oktober 1789 den guten König Ludwig Xvi. entführte, damit er
auf dem Blutgerüst die Sünden seiner Väter büßte. Seitdem ist Versailles
immer einsamer geworden; seitdem hat sich Frankreich wie ein Fieber-
kranker hin und her geworfen. Seine Gesundheit aber wird es erst wieder-
finden, wenn es dem Größenwahnsinn abschwört; denn der hat stets das
Unglück dieses schönen Landes verschuldet.
Ii.
Nm 6. Oktober 1789, an einem feuchten, kalten, nebeligen Tage,
verließ König Ludwig Xvi. von Frankreich als Gefangener seines Volkes
das Schloß von Versailles. Nn demselben Tage im Fahre 1870 erschien
darin bei klarem Sonnenscheine König Wilhelm, der oberste Feldherr der
Deutschen, als Besieger der Franzosen. Das stolze Schloß des „großen
Monarchen" Ludwig Xiv. war ein Lazarett geworden. In den Pracht-
gemächern, in denen Ludwig Xvi. und die Seinen gezittert haben, liegen
kranke und verwundete Soldaten, meist Deutsche, aber auch Franzosen und
Nfrikaner; der Feind wird gepflegt wie der eigene Mann. Die wände
der Säle starren von Verherrlichungen der Großtaten der Franzosen. Ls
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xvi Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xvi Ludwig Ludwig_Xvi Ludwig Wilhelm Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Versailles Versailles Versailles Paris Paris Frankreich Versailles Frankreich Frankreich Versailles
366
210. Italien.
als eine handeltreibende gewesen. Auf der Italischen Halbinsel ist
die breitere und fruchtbarere Westküste von jeher weit mehr der Sitz
der Kultur und der Ausgangspunkt des Handelsverkehrs als die schmale,
einförmige Ostküste ohne Längentäler, ohne tiefe Hafenbuchten und
in der Nähe liegende Inseln.
Italien wird im Norden vom übrigen Europa durch die Alpen
getrennt, die sich in einem Halbkreis um Norditalien herumziehen.
Im Süden der nach Italien steil abfallenden Alpenketten breitet
sich die fruchtbare Lombardische Ebene aus, welche an vielen Stellen
gegen das Adriatische Meer durch Dämme geschützt werden muss.
Sie erhebt sich südwestlich sanft zum Apennin, welcher die Gestalt
der ganzen Halbinsel bestimmt. Ausser der Lombardischen Ebene
finden sich ebene Striche auf der Westseite Italiens am untern Arno,
sodann weiter nach Süden die Campagna di Roma mit den Pon-
tinischen Sümpfen und endlich bei Neapel die Campagna Felice,
an deren Südseite sich der Vesuv erhebt. Auf der Ostseite ist die
Apulische Ebene die bedeutendste.
Italien hat nur ein einziges grösseres Flusfsystem, das des Po,
der die gesegnete Lombardische Tiefebene durchströmt. Er empfängt
von den Alpen eine Reihe von Zuflüssen, die zum Teil ihr Gerölle
in den herrlichen norditalischen Alpenseen abgelagert haben.
Das schmale Apenninenland gönnt an keiner Seite grösseren Ge-
wässern Raum zur Entwicklung. Selbst Arno und Tiber, die be-
deutendsten Apenninenflüsse, sind nur mit kleinen Schiffen befahrbar.
In den Küstenstrichen sind die Flüsse von Maremmen begleitet,
unheimlichen, fieberglühenden Sumpfniederungen. Die Fieberluft, die
sich hier entwickelt, sucht man jetzt zu bekämpfen durch massen-
haftes Anpflanzen des australischen blauen Gummibaumes, der be-
fähigt sein soll das Sumpfwasser durch Aufsaugen unschädlich zu
machen.
Mit dem milden Klima des Südens gesegnet, von lauwarmen
Lüften angehaucht, trägt der Pflanzenwuchs nahezu tropische Fülle
und Form. Eichen- und Kastanienwälder bekränzen die Gipfel der
Berge und weiter abwärts grünen Olivenwäldchen, blühen und duften
Orangenhaine, prangen Weingelände, wallen Getreidefelder und laden
Gärten mit den mannigfachsten, reichbehangenen Fruchtbäumen zur
Ruhe und zum Genusse ein.
Prächtige Städte, stattliche Dörfer, malerische Villen, zierliche
Kapellen, umfangreiche Klöster und erinnerungsreiche Ruinen des
Altertums bedecken weit und breit dieses herrliche Land; doch zeigen
auch viele Orte durch Schmutz und Verfall der Wege und Häuser
von dem »Sichgehenlassen« des Volkes und der Zerrüttung der wirk
^chaftlichen Verhältnisse.
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Personennamen: Arno Arno
Extrahierte Ortsnamen: Italien Italien Europa Norditalien Italien Italiens Neapel Italien
450
256. König Ludwig I. von Bayern als Deutscher.
Bei der von der Kaiserin Josephine veranstalteten Siegesfeier nach der
Schlacht bei Austerlitz sagte Kronprinz Ludwig: „Das sollte mir die liebste
Siegesfeier sein, wenn Straßburg, wo ich geboren bin, wieder eine deutsche
Stadt würde." Eine ihm von Napoleon als Braut zugedachte Französin
lehnte er ab. Er wagte es der Witwe Andreas Hofers einen Besuch ab-
zustatten. In einer Gesellschaft bei dem österreichischen Gesandten in München,
Grafen Stadion, brachte er 1809 ein Pereat auf Napoleon aus. Es ist
deshalb auch nicht zu verwundern, daß Napoleon den Prinzen Ludwig töd-
lich haßte. Auf sein Drängen wurde er vom Hofe verbannt und seine Erb-
folge in Frage gestellt. Napoleon äußerte unverhohlen: „Was hindert mich
diesen Prinzen erschießen zu lassen?"
Doch Prinz Ludwig ließ sich nicht einschüchtern. In Tivoli bei Rom,
wo die Villa des Varus stand, dichtete er damals:
„Hermann! tönt es hier dumpf in die Stille des einsamen Tales,
Freude und Scham zugleich treibt in die Wange mir Glut,
Denkend an das, was Deutschland ist und was es gewesen....
Es gehorchet Deutschland, sich selbst zernichtend, dem Korsen
Und die Zwietracht allein hat es besiegt und besiegtes."
Er war der Wortführer für den Anschluß Bayerns an die Verbündeten und
nahm dann selbst an den Befreiungskriegen tätigen Anteil. Die Heerführer
des deutschen Freiheitskampfes: Blücher, Schwarzenberg, Gneisenau, Lützow,
Wrede, Wilhelm von Braunschweig, Scharnhorst, Dort, Kleist, Bülow und
Körner verherrlichte er in Gedichten.
In den Erziehungsgrundsätzen, welche Ludwig am 10. Oktober 1817
von Würzburg aus dem Erzieher des Kronprinzen Maximilian erteilte, findet
sich folgende Stelle: „Abneigung flößen Sie meinem Sohne gegen Frank-
reich (Deutschlands Erbfeind) und gegen das französische Wesen (unser Ver-
derben) ein! Wie kann ein Deutscher Frankreichs Freund sein, solange es
wenigstens Elsaß noch von Deutschland abgerissen, unterworfen behält, von
Deutschland, zu dem es gehört und durch Sprache und Lage immer gehören
soll!"
Zum Andenken an die in Rußland gefallenen 30000 Bayern errichtete
König Ludwig ans dem Karolinenplatze in München einen 29 na hohen
Obelisk, welcher die Inschrift trägt: „Auch sie starben für des Vaterlandes
Befreiung." Um das Andenken an die Schlacht von Leipzig wach zu erhalten
stiftete er 12000 Gulden zu einer jährlichen Armenausspeisung. Die „Be-
freiungshalle" auf dem Michelsberg bei Kelheim ist von ihm dem Andenken
an die Befreiungskriege gewidmet.
Eine Inschrift über dem Eingangstor enthält die Widmung: „Den
deutschen Befreiungskämpfern Ludwig I., König von Bayern, 1863." Die
Inschrift auf dem Marmorsnßboden in Mitte der Halle mahnt: „Möchten
die Deutschen nie vergessen, was den Befreiungskampf notwendig machte und
wodurch sie gesiegt!" Bei dem Gastmahl, das gelegentlich der Grundstein-
legung am 19. Oktober 1842 veranstaltet wurde, brachte Ludwig folgenden
Toast aus: „Unserm gemeinsamen deutschen Vaterlande, das keinem anderen
Lande nachsteht, das sich zu fühlen anfängt, das sich von keinem Fremden
mehr wird unterdrücken lassen! Deutschland hoch! Die Helden des Be-
freiungskampfes hoch!" Die Eröffnung fand am 18. Oktober 1863 statt.
Alle Freiheitskämpfer und die Feldherren Heß und Wrangel waren eingeladen.
König Ludwig bewillkommnete die Festgäste mit den Worten: „Willkommen,
tapfere Krieger des Befreiungskampfes, willkommen alle! Es ist Deutschlands
herrlichste Zeit, an ihr wollen wir uns halten. Ich kann nur sagen, was
ich hier in der Befreiungshalle geschrieben."
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_I._von_Bayern Ludwig_I. Josephine Austerlitz Ludwig Ludwig Napoleon Andreas_Hofers Napoleon Napoleon Ludwig_töd- Ludwig Napoleon Ludwig Ludwig Varus Wrede Wilhelm_von_Braunschweig Wilhelm Ludwig Ludwig Maximilian Maximilian Ludwig Ludwig Ludwig_I. Ludwig_I. König_von_Bayern Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Deutschland Bayerns Schwarzenberg Gneisenau Lützow Würzburg Deutschlands Deutschland Deutschland Leipzig Michelsberg Kelheim Deutschland Deutschlands
263. Das Geschlecht der Wittelsbacher im Dienste des großen u. s. w. 467
Napoleons Herrstbaft. Er machte ohne Furcht vor persönlicher Gefahr kein
Hehl aus seiner Überzeugung, daß die Verbindung Bayerns mit Frankreich
(Rheinbund) trotz des daraus erwachsenden Gewinnes eine unnatürliche sei,
daß die herrschenden Zustände überhaupt unwürdig und unerträglich seien.
Mit jeder Faser seines Herzens hing er auch auf dem Throne (1825—1848)
dem großen deutschen Vaterlande an, wie dies seine Worte und Taten er-
weisen. (Siehe Nr. 256.)
In den Kämpfen, durch welche Napoleon 1813 den überlegenen Feind
vom Wege nach Paris abzulenken versuchte, leisteten die bayerischen Truppen
treffliche Dienste. Durch Kühnheit im Angriff und Verwegenheit in der
Verfolgung tat sich hierbei namentlich der achtzehnjährige zweite Sohn des
bayerischen Königs, Prinz Karl, hervor.
Ludwigs Nachfolger, König Maximilian Ii. von Bayern (1848 bis
1864), erließ am 14. April 1848 folgende Proklamation: „Bayern! An Euch
rrgeht unter allen deutschen Stämmen zuerst der Ruf, aus Eurer Mitte,
aus der des ganzen Volkes, die Abgeordneten zu wählen zur deutschen
Nationalvertretung. Seid stolz darauf und erkennt die Größe der Aufgabe!
Einer der ältesten deutschen Stämme, im Herzen unseres Gesamtvaterlandes
gelegen, seid Ihr bestimmt mitzuwirken zur Gestaltung des großen National-
werkes. Deutschland soll, nach innen und außen gekräftigt, die ihm ge-
bührende, achtunggebietende Stellung einnehmen unter den Staaten Europas
zum mächtigen Schutze seiner Freunde, zur Abwehr seiner Feinde. Dieses
Ziel zu erreichen tut Eintracht not; mit Deutschland stehen und fallen wir.
Wir sind alle Kinder einer Mutter, Söhne eines Volkes. Ihm verdanken
wir Sprache, Gesittung, Freiheit und Recht, der Menschheit höchste Güter.
Kinder und Kindeskinder werden aus uns einst stolz und zufrieden zurück-
blicken, wenn wir unsere Aufgabe gelöst: Bayern und Deutsche zu sein."
Als 1863 nach dem Tode Friedrichs Vii. von Dänemark der verlassene
Bruderstamm tatkräftiger Hilfe am dringendsten bedurfte, um nicht gänzlich
von Deutschland losgerissen zu werden, richteten sich die Blicke der Schleswig-
Holsteiner zuerst auf König Max als ihren uneigennützigsten Freund. Und
er, dem seine zunehmende Kränklichkeit den Aufenthalt in Italien gebot,
verließ das wohltätige Klima und eilte in die Heimat, um die Befreiung
der Herzogtümer mit Einsatz seines vollen persönlichen Einflusses betreiben
au können. Was zur politischen Macht und materiellen Wohlfahrt des deutschen
Volkes beitragen konnte, fand an Maximilian stets einen warmen Freund.
König Ludwig Ii. von Bayern (1864—1886) trat in der schleswig-
schen Frage ebenso energisch wie sein Vater für das Selbstbestimmungsrecht
der Schleswig-Holsteiner ein und suchte die Mitwirkung aller deutschen
Regierungen in dieser Angelegenheit zu erwirken. — Bei Beginn des Deutsch-
Französischen Krieges hatte man in den Tuilerien auf ein Schwanken und
Zögern der bayerischen Regierung sicher, gehofft. Aber Bayerns König sprach
sofort seine moralische und rechtliche Überzeugung kurz und bündig aus:
„Treu dem Allianzvertrage, für welchen Ich Mein Königliches Wort ver-
pfändet habe, werde Ich mit Meinen Bundesgenossen für die Ehre Deutsch-
lands und damit für die Ehre Bayerns einstehen, sobald es die Pflicht
gebietet!" König Wilhelm richtete an König Ludwig das gerührte Dankes-
wort: „Ihre echt deutsche Haltung hat auch Ihr Volk elektrisiert und ganz
Deutschland steht einig zusammen wie nie zuvor. Gott wolle Unsere Waffen
segnen in den Wechselfällen des Krieges! Ihnen persönlich muß Ich aber
Meinen innigsten Dank aussprechen für die treue Festhaltung der zwischen
Uns bestehenden Verträge, auf denen das Heil Deutschlands beruht." König
Ludwig erwiderte: „Ihr soeben erhaltenes Telegramm hat in Meiner Brust
30*
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Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Bayerns Frankreich Rheinbund Paris Deutschland Europas Deutschland Friedrichs Deutschland Schleswig- Italien Bayern Deutschland Deutschlands
310
180. Deutschland.
180. Deutschland.
»Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt.«
Vergleichen wir Deutschland mit den übrigen Ländern
Europas in Bezug auf die Gestaltung der Oberfläche, so finden
wir, dass in allen andern europäischen Ländern eine gewisse
Naturform der Oberflächenbildung vorherrscht. So besteht Russ-
land mit Polen aus einer einzigen ungeheuren Ebene, die im
Innern nur durch einige Hügelreihen und Landrücken an mehreren
Stellen unterbrochen wird. Auch in Frankreich herrscht die
Ebene vor, wenngleich es dort nicht an Gebirgslandschaften
fehlt, von denen indes nur eine im Innern des Landes, die
übrigen aber gegen die Grenzen hin liegen. In Spanien ist fast
durchgängig das Hochland vorherrschend. Die Türkisch-Griechische
Halbinsel ist in ihrer ganzen Längenausdehnung von mächtigen
Gebirgszügen erfüllt, die mit vielen grossem und kleinern Armen
nach allen Seiten ausgreifen. Fast ebenso verhält es sich mit
der Italienischen Halbinsel, die nur in ihrem Deutschland zu-
nächst gelegenen Teile, dem nördlichen, sich zu einer grossem
Ebene ausweitet, welche einige Ähnlichkeit mit der Norddeutschen
Ebene hat. Die Skandinavische Halbinsel ist im Norden wie im
Süden gebirgig und Grossbritannien hat zwar in seinem östlichen
Teile weit weniger den Charakter eines Gebirgslandes als in
dem westlichen, aber auch jener Teil ist, wo nicht Gebirgs-, doch
fast durchweg Hügelland und bietet keine ausgedehnten Ebenen
dar. Dagegen herrscht in der Oberflächengestaltung Deutsch-
lands die grösste Mannigfaltigkeit der Naturformen. Wir finden
hier einen reichen Wechsel von Hochgebirge-, Hochflächen- und
Stufenländern mit den verschiedenartigsten Stromsystemen, Mittel-
gebirge jeder Art und weite Flachländer, das Tiefland des slavi-
schen Osteuropa, den eigentümlichen Wechsel zwischen Bergland
und welliger Ebene der Britischen Inseln, die überraschende
Mannigfaltigkeit der Griechischen, die Regelmässigkeit der Italie-
nischen und die Hochflächenbildung der Pyrenäischen Halbinsel.
Und wie Deutschland rücksichtlich seiner Lage, Grösse und
Oberflächengestaltung unter den Ländern Europas eine vermittelnde
Stellung einnimmt, so ist dies auch in Betreff seiner Gewässer
der Fall. Es hat nicht so grosse Ströme wie das slavische Ost-
europa, aber es hat grössere als jedes andere Land Europas und
erfreut sich einer gleichmässigen Wasser Verteilung nach fast allen
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Europas Frankreich Spanien Deutschland Grossbritannien Hochgebirge- Osteuropa Deutschland Europas Europas