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1. Teil 3 - S. 24

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 24 — Hierher bringen die Landleute ihr Getreide, die Viehzüchter ihre Rinder, Schweine und Pferde zum Verkauf. Hier wird auch die Wolle der zahl- reichen Schafherden*) verhandelt. Endlich ist auch die Bildung der Bewohner vielfach besser geworden. Seitdem alle Kinder zur Schule gehen müssen, trifft man nur selten noch Leute, die vom Lesen und Schreiben gar nichts verstehen. — Wiedergabe. Zur sachlichen Besprechung. 1. Woher kam es, daß Posen sich früher in einem so traurigen Zustande befand? In Polen hat es lange, lange Jahre an Ordnung und Gerechtigkeit gefehlt. Die Könige lebten meist, wie z. B. der uns bekannte August der Starke, herrlich und in Freuden, veranstalteten kost- spielige Feste, große Jagden, bauten prächtige Paläste u. s. w., aber be- kümmerten sich nicht um das Wohl des Landes. Auch der Adel lebte in Saus und Braus. Er machte sich kein Gewissen daraus, die Staats- kassen zu bestehlen, die Bauern mit schweren Abgaben zu bedrücken, bei den Juden hohe Summen auf Wucherzinsen zu borgen und das gestohlene, erpreßte oder geborgte Geld dann im Spiel oder bei großen Festen sinn- los zu verthun. Die Bauern mußten für die Adeligen umsonst arbeiten und wurden fast wie Vieh behandelt. Niemand kümmerte sich darum, ob ihre Kinder lesen und schreiben lernten, ob sie nach der Arbeit, die sie für den Gutsherrn leisten mußten, noch Zeit hatten, ihr eigenes Feld zu bestellen, oder ihre baufällige Hütte auszubessern. Der Reichstag, der des Landes Wohlfahrt beraten und förderu sollte, war völlig zweck- los. Seine Glieder wurden sast niemals untereinander einig. Jeder wollte etwas anderes. Gar oft kam es vor, daß sich die vornehmen Herren, die den Reichstag bildeten, gegenseitig die Köpse zerschlugen. In 110 Jahren fanden 55 Reichstage statt. 48 davon endeten mit Prügelei oder argem Tumult. Recht und Gesetz gab es nirgends im Lande. Die Richter beugten das Recht und nahmen Geschenke an. Die Edelleute konnten höchstens Geldstrafen erhalten. Es kam vor, daß ein Edelmann, der einen Bauer erschlagen hatte, mit 10 Mk. bestraft wurde. 2. Woher kommt es, daß die Provinz Posen sich in den letzten hundert Jahren so zu ihrem Vorteil verändert hat? Der bedeutende Umschwung, den wir kennen gelernt haben, erklärt sich a. aus der Fürsorge der preußischen Fürsten. Besonders hat Friedrich Ii. viel für Posen gethan. Er ließ nicht allein die sumpfigen Niederungen an der Warthe und Netze austrocknen und in fruchtbares Ackerland ver- wandeln, sondern sorgte auch in wirklich väterlicher Weise sür die Städte. So ließ er z. B. den Bromberger Kanal (Zeige!) graben und verband so die Weichsel und die Oder. — Weise nach, inwiefern der Kanal wirk- lich diesen Zweck erfüllt! (Weichsel — Brahe — Kanal — Oder.) Weise nach, inwiefern der Kanal für Bromberg große Vorteile bietet! — Die *) Die Provinz Posen hat über zwei Millionen Schafe aufzuweisen.

2. Teil 3 - S. 76

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 76 — Theater, dem Museum — hinter dem Theater der Schwanenteich, umgeben von schattigen Promenaden (Linden!) mit Ruhebänken, b. Sie ist umgeben von grünem Laubwalde (Rosenthal!), von fruchtbaren Feldern, (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Rübsen u. f. w.), von grünen Wiesen (Schlüsselblumen im Frühlinge in großer Menge) und wohlgepflegten Gärten (Kohlgärten!). 2. Leipzig ist eine große Handelsstadt. Viele Leute be- suchen sie, um zu kaufen oder zu verkaufen. Besonders wird mit Ranchwaren (Leder, Pelzwaren) und Büchern gehandelt. Diese Bücher werden meist in Leipzig selbst hergestellt: Ver- fasser, Setzer, Buchbiuder, Buchhändler. — Unser Lesebuch stammt aus Leipzig!) Ausführlich werde geschildert: a. Das tägliche Leben in Leipzig. (Kausläden mit großen Niederlagen. — Droschken, Pferdebahn, Schubkarren und Rollwagen mit Kisten und Ballen. — Güterzüge.) b. Das Leben zur Zeit der Messe. In Leipzig finden alljährlich zu Ostern und zu Michaelis (Also?) große Messen (Jahrmärkten ähnlich!) statt. Schon wochenlang vorher rasseln die schweren Rollwagen von den Bahnhöfen zur inneren Stadt, hochbeladen mit Kisten, Ballen und Fässern. Giebt es doch mehr als 209000 Centner Meß- guter, die aus allen Ländern der Welt, zum großen Teile aber auch aus Sachsen selbst, anlangen, an Ort und Stelle zu bringen. Da haben die Rollknechte, Aufläder Packer und Markthelser tüchtg zu thun. Alles, was der Gewerbfleiß des Menschen schafft, ist aus der Messe zu finden, das feinste Seidenzeug wie der geringste Kattun, die zarteste Spitze wie die gröbste Leinwand, außerdem Spielwaren, Porzellan, Gläser, Geschirre — kurz alles, was das Menschenherz begehrt. Tie größte Rolle spielen aber die Tuche, die Rauchwaren und das Leder. Dazu haben unzählige Tiere ihre Wolle, ihren Pelz und ihre Haare hergeben müssen, vom heimischen Schafe bis zum fernen Kamele, vom heimischen Kaninchen bis zum russischen Zobel, vom heimischen Zicklein bis zum amerikanischen Büffel. Wer noch nie eine Messe sah, kann sich keine Vorstellung von der Menge der Waren machen. Die erste Woche ist dem Großhandel gewidmet. Da füllen sich die Straßen, Höse und Durchgänge der Häuser mit Menschen; jeder Winkel wird mit Waren besetzt; überall hängen fremde Firmen. Mancher Leipziger Kauf-

3. Teil 3 - S. 16

1895 - Leipzig : Wunderlich
J Zweite metkodische Einheit. klarheitsstuft. 1. Die Provinz Pommern. Jit!: Wir betrachten nun diejenigen Provinzen des Hohenzollern- staates, die sich an der Ostsee ausbreiten, und redeu da zuerst von der Landschaft, die sich einstmals in den Händen der Schweden befand, von Pommern. (Zeigen!) Die Kinder geben nun zunächst wieder möglichst selbständig an, wie sich nach ihrer Meinung der Gang der Unterredung — im Hinblick auf das gestellte Ziel — zu gestalten hat. Sie kommen, vom Lehrer mir im Notfalle unterstützt, zu dem Resultate: Wollen wir unserer Aufgabe gerecht werden, so müssen wir unsere Aufmerksamkeit aus vier Punkte richten. Wir fragen daher: 1. Wo liegt diese Landschaft? 2. Wie gelangte diese Landschaft in die Hände der Schweden? 3. Auf welche Weise wurde Pommern von den Hohenzollern erworben? 4. Hat denn Pommern einen Wert für Preußen? Die Schüler stellen darauf hin fest, daß sie aus Grund des voraus- gegangenen Unterrichts (Geschichte!) und mit Hilfe der Karte die drei ersten Fragen allein beantworten können. Sie legen — vom Lehrer nur durch kurze Hinweise unterstützt — dar: 1. Wo liegt Pommern? Pommern wird begrenzt von der Ostsee, von Mecklenburg, Bran- denburg und Preußen. Es wird von der Oder in zwei Flügel, einen westlichen und einen östlichen, zerlegt und von einem Teile des baltischen Landrückens, von der pommerschen Seenplatte, durchzogen. Zu Pommern gehört auch die Insel Rügen, die wir im vorigen Jahre kennen lernten. (Vergl. Deutschland I, S. 53.)j 2. Wie kam Pommer»? in die Hand der Schweden? Ans dem Geschichtsunterrichte wissen wir, daß Gustav Adolf, der den bedrängten Protestanten zu Hilse eilen wollte, im Jahre 1639 an Pommerns Küste landete und sich in kurzer Zeit und ohne viele Mühe in den Besitz ganz Pommerns setzte, denn die kaiserlichen Truppen, die

4. Teil 3 - S. 154

1895 - Leipzig : Wunderlich
reichsten Handelsherren in Flandern und den Städten der Hansa. Natur- lich trieben sie auch demgemäß vielen Luxus. Einer aber unter ihnen, ein gewisser Dietbold, der von Antwerpen nach Köln übersiedelt war, übertraf sie alle an Reichtum und Schwelgerei. Leider verdankte Diet- bold sein Vermögen nicht nur seinem Fleiße, sondern er hatte viel Geld durch Wucher erworben. An seinem Reichtums hingen zahlreiche Thränen, ja das Volk erzählte sogar, der Erwerb des Geldes sei nicht ohne Blut abgegangen, wie denn der genannte Handelsherr kein unrechtes Mittel scheute, um Geld zu erwerben. Einst richtete Dietbold das Hochzeitsfest seiner einzigen Tochter aus, und zwar mit einem solchen Prunk, daß alle Gäste darin übereinstimmten, in Köln niemals etwas Ähnliches gesehen zu haben. Das Gastmahl brachte die feinsten und kostbarsten Gerichte, die man ans allen Erdteilen mit ungeheuren Kosten hatte erlangen können. Und die Getränke be- standen ans den ausgesuchtesten Weinen. Schon nahte sich das Mahl seinem Ende, da öffnete sich die Thüre des Saales und unter die über- mütige Gesellschaft trat ein finsterer Mönch in der schwarzen Kutte eines Karthäusers, er schritt auf dem Hausherrn zu und sprach mit dumpfer Stimme: »memento mori« („Gedenke, daß du sterben mußt!") Schauer überlief die Gäste, während der Bräutigam, der die Erscheinung des Mönchs für eiuen schlechtgewählten Scherz hielt, ihm einen Becher reichte und ihn aufforderte, mit ihm zu trinken. Der fremde Gast that dies auch, aber er wiederholte seinen Spruch. Als der Brautvater Mut faßte und mit ihm wirklich anstoßen wollte, da wies er ihn zurück mit den schrecklichen Worten: „Ich trinke nicht mit dir, dein Becher ist mit Blut gefüllt!" Vor Schreck über diese Worte ließ Dietbold den Becher fallen — da sahen die entsetzten Gäste, wie ans demselben rotes Blut über das weiße Tischtuch hinab aus den Boden floß. Der Mönch führte gleichzeitig drohend hinzn, der Reiche werde bald ärmer sein als der ärmste Bettler in Köln, denn das Maaß seiner Sünde sei voll. Nun ergriff den Kauf- Herrn fürchterliche Wut, er rief laut aus: „Eher kriechen die gesottenen Krebse dort aus der Schüssel, ehe meine Habe zu Grunde geht!" Nach diesen Worten befahl er seiner Dienerschaft, den Frechen hinaus- zuwerfen; ehe dieselben sich aber an den Fremden vergreifen konnten, er- schütterte ein Donnerschlag das Haus in seinen Grundmauern, Blitze fuhren durch die Fenster, die rotgesottenen Krebse krochen aus den Schüsseln, auf denen sie ausgetragen waren, über den Tisch, und der Mönch, auf den der Kaufherr mit gezücktem Schwerte losstürzte, ver- schwand in der Erde. Plötzlich kamen Flammen aus allen Ecken des Saales heraus. Brautpaar und Gäste hatten genug zu thun, ihr Leben zu retten, alles; das Haus und die gefüllten Speicher, waren mit Tages-

5. Teil 3 - S. 155

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 155 — anbruch von der Feuersbrunst verzehrt. Von dem Kaufherrn und seinen Gästen gab nichts mehr Kunde. Jahre vergingen, die Brandstätte in der Brückenstraße blieb unauf- gebaut, denn niemand wollte den Grund und Boden übernehmen, auf dem sich so Fürchterliches zugetragen hatte. Die Tochter des Kauf- Herrn war wenige Tage nach jenem Schreckenstage gestorben, ihren Vater glaubte man von den Trümmern des eingestürzten Hauses erschlagen und andere Erben hatten sich nicht eingefunden, überhaupt war auch nichts zu erben, denn kurz nach dem schrecklichen Ereignisse hatten unvorhergesehene Unglücksfälle alles Eigentum Dietmolds verzehrt. Eines Abends erschien ein alter Mann bei dem in der Kirche zu St. Columban im Beichtstuhle sitzenden Priester und bat diesen, ihm zu folgen und einem Sterbenden die letzte Wegzehrung zu geben. Der Priester machte sich auf den Weg und folgte seinem Führer bis in eine am Ende der Stadt liegende ärmliche Hütte, in welcher er aus elendem Lage einen Sterbenden antras. Dieser gestand, daß er der todtgeglanbte Dietbold sei; er beichtete alle seine Sünden und teilte noch mit, daß er durch seinen treuen alten Diener aus den Flammen gerettet und hier in diese Hütte geschafft worden sei. Mit seinem Diener habe er späterhin oft des Nachts die Brandstätte besucht und daselbst aus dem Schutte noch ziemlich viel seiner Habe gerettet; diese möge jetzt der Priester aus seinen Händen in Empfang nehmen und den größten Teil unter diejenigen ver- teilen, die er in seinem Leben betrogen habe, zu welchem Zwecke er ihm ein Verzeichnis von Namen einhändigte. Den Rest bestimmte er aber dazu, daß Messen für sein Seelenheil gelesen werden sollten. Der Geist- liche versprach feierlich, diese Wünsche zu erfüllen. Bald daranf starb Dietbold reumütig; sein alter Diener trat in das Kloster, dem der Priester angehörte. An der Stelle, an welcher sonst das Haus des Reichen stand, ward ein neues stattliches Gebäude errichtet und über der Thür desselben das Standbild eines Greises angebracht, der zur Erinnerung an das Schicksal Dietbolds in der Rechten einen großen Krebs hielt. Dieses Denkmal befand sich bis zum Jahre 1817 in einer Spitzbogennische des ehemaligen Nesselroder Hofes auf der Brückenstraße. Seit jener Zeit kam es weg, weil es ganz verwittert war. Jetzt befindet es sich in dem sogenannten Wallrasfiannm zu Köln. Nach Pfeil. 6. Der Schelm von Bergen. Auf dem Römer zu Frankfurt am Main war Maskenball; es galt der Krönungsfeier Karls des Großen. — Hierzu waren in dem glänzend erhellten Saale viele Fürsten und Ritter versammelt in ihren Prachtgewändern und in den verschiedensten

6. Teil 3 - S. 162

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 162 — jetzt zur Verschönerung der Umgegend, andere sind so sehr zerfallen, daß man sie aus der Ferne nicht mehr sieht. Allein die Volkssagen, welche sich an diese Reste einer längst verschwundenen Zeit knüpfen, machen sie immer noch interessant für Einheimische und Fremde. Zn den wichtigsten dieser verfallenen Schlösser gehören Schnellerts und Rodeustein, beide an den: Flüßchen Gersprenz fast zwei Stunden von einander gelegen. Dort haust als Spuckgeist der Ritter von Roden- stein. Bei herannahendem Kriege zieht er mit seinem wilden Heere von Burg Schnellerts aus durch das Thal hiudurch, ohne sich durch die im Wege liegenden Dörfer aufhalten zu laffeu, und kehrt in Rodenstein ein. Die erschreckten Bewohner erkennen diesen Heereszug bei einbrechender Nacht an den: Pferdegetrappel, dem Rasseln der Wagen, dein Klirren der Waffen, dem Schnauben und Wieheru der Rosse, dem Klange von Hörnern, dem Bellen der Hunde und an dem schrecklichen Rufe „huhu." Die ganze Luft ist mit Getümmel erfüllt, und ein Brausen wie das des Sturmes erfüllt das ganze Thal. Und zwar hält der Zug uicht die Straße oder das Bett des Flüßcheus ein, sondern geht immer gerade durch die Scheuer eines Bauers; an der Schmiede eines andern Dorfes wird gehalten, nni die Pferde zu befchlageu. Endlich ist es vorüber, ohne daß jemandem Leid zugefügt worden wäre. Auch hat man nun im Thale Ruhe, bis der ausgekrochene Krieg zu Eude geht. Dann kündigt Rodenstein durch seinen Rückzug uach Schnellerts den baldigen Frieden an, ganz mit demselben grausigen Spuck wie früher den Krieg. — Und wer ist dieser Ritter? Er war, so erzählt die Sage, einer der vor- züglichsten Helden im Türtenkriege, und der Kaiser verdankt ihm Haupt- sächlich die Rettuug seiner Hauptstadt Wien. Zum Danke dafür löste der Kaiser des Rodensteiners verpfändete Burgen ein und beschenkte ihn damit. Dies fesselte den treuen Ritter so sehr an seinen Herrn, daß er auch nach seinem Tode ihm immer noch die Kriegsgefahren anzeigt. Nach W. Curtman. 14 Die Rolandssäule zu Stendal. Wie in Bremen, so steht auch in Stendal vor dem Rathause daz Bildnis eines geharnischten Mannes, das nach Meinung des Volkes den Ritter Rolaud, den Vetter Karls des Großen, vorstellen soll. Dieser steinerne Roland ist ungeheuer groß und verhältnismäßig stark; seine Waden sind so dick wie der Leib des stärksten Mannes in der Stadt. Er hat einen roten Federbusch auf dem Helme und trägt ein Schwert in der Hand, das zwölf Ellen lang ist und einen vergoldeten Knopf und Bügel hat. Das Schwert hält er drohend gezückt, sowie er überhaupt ein sehr ernstes, beinahe griesgrämiges Gesicht hat. Die linke Hand hat er auf dem märkischen Adler ruhen; hinter ihm befindet sich das Stendaler

7. Teil 3 - S. 163

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 163 — Stadtwappen, und mt dem Unterteile seines Rückens sieht man ein lachendes Narrenbild oder, wie die Leute sagen, den Eulenspiegel. Von diesem Roland gehen mancherlei artige Sagen im Munde des Volkes. Einst kam des Abends spät ein Bürger der Stadt Stendal aus einem Weinhanse zurück und wollte sich in seine Wohnung verfügen. Sein Weg führte ihn über den Markt. Er hatte des Guten ziemlich viel gethan, sodaß er zwar nicht betrunken war, aber doch, wie man zu sagen Pflegt, einen Spitz hatte. Er war deshalb auch in einer recht fröhlichen Laune, und als er beim Rolande augekommen war, stieg ihm auf einmal der Uebermut. Er stellte sich vor ihn hin und höhnte ihn und sprach: „He, du alter trockener Mann da! Du steinerner Narr! Du tränkest wohl auch gern ein Gläschen Wein auf deinem kalten hohen Gerüste!" Also sprach er viel, und dabei machte er Bockssprünge und schnitt dem Roland Gesichter zu, in seiner Weinlaune bei sich denkend: „Der Alte ist ja von Stein, der sieht das nicht; und wenn er auch überhaupt sehen könnte, so ist es doch jetzt stockduukle Nacht." Der alte Roland hatte diese Narrheiten lange mit seinem ernsten, strengen Gesichte angesehen. Aber auf einmal drehte der steinerne Riese sich auf seinem Gerüste rund herum, dem Narren den Rücken zu, als wenn er die Thorheiten nun nicht mehr ansehen könne. Da wurde der arme Bürgersmann vor Schreck urplötzlich uüchtern, und es überkam ihn eine solche Angst, daß er nicht von der Stelle weichen konnte. Er rief laut um Hilfe: „He deit mi wat! he deit ini wat!" und man mußte ihn fast krank nach Hause trageu. Der Rolaud stand am andern Morgen wieder wie früher, sein großes steinernes Gesicht überschaute wieder den Marktplatz, als weuu nichts passiert wäre. Der Mann aber betrank sich in seinein Leben nicht mehr, und es besteht seitdem in Stendal ein Sprichwort, womit niau vor dem Übermut des Trunkes warnt: „He deit mi wat, he deit mi wat! Js doch, als hätt' ich dat Drinken satt!" Temme. 15 Das Lügenfeld. Nicht weit vou dem Städtchen Thann (bei Colmar) liegt das Lügen- feld. Da sprießen keine Saaten, da erklingt kein Vogellied, nur Farren- kräuter wuchern aus schwarzem Ried hervor, und wenn der Bauersmann diese Stätte betreten muß, so bekreuzt er sich und eilt schnell vorüber. Hier in dieser öden Wüstenei wurde eilist der fromme, gutmütige Kaiser Ludwig von seinen Söhnen gefangen genommen. Es wird erzählt, daß sich einstmals ein müder Wanderer zur Nacht- zeit auf diesem Totenfeld verirrt habe. Als die Glocke vom nahen Städtchen die Mitternachtsstunde anschlug, da hörte er plötzlich rings um sich her ein Rauschen, ein Rasseln wie von Waffen und ein Getümmel 11*

8. Teil 3 - S. 165

1895 - Leipzig : Wunderlich
— 165 — Is. Das Riesenspielzeug. Vor vielen vielen Jahren stand in Elsaß eine Burg, Niedeck ge- heißen. Auf ihr hauste ein Riesengeschlecht, das den Menschen freundlich gesinnt und zur Hilfe iu der Not bereit War. Die Burg lag tief im Walde versteckt, und es bedurfte vieler Riesenschritte, um zu den Wohnungen der Menschen zu gelangen. Darum war auch das Riesenfränlein über die Maßen verwundert, als es eines Tages weiter als gewöhnlich, bis an den Saum des Waldes, ihren Spaziergang ausgedehnt hatte und plötzlich eine weite Fläche Ackerland vor sich sah. Was aber ihre Ver- wunderung noch mehr steigerte, war ein Bauer, der hinter dem mit zwei Pferden bespannten Pfluge herging und pflügte. „Das ist ein prächtiges Spielzeug, wart, dich nehm ich mit nach Haus!" So rief sie voller Freuden und klatschte in die Hände, daß es weit hinaus schallte und Bauer und Pferde stutzten. Dann lies sie ans den Bauer mit seinem Gespann zu, kniete nieder, strich alles, Pferde, Pflug und Bauer in ihre Schürze und trat fröhlich den Heimweg an. Der Riesenvater daheim war voller Neugierde, was seinem Töchterchen so überaus Freundliches widerfahren sein möchte, denn etwas Gutes mußte es sein; das erkannte er an ihrem lachenden Gesichte und ihrem freudigen Zuwinken. „Was hast du denn, Kind?" fragte der Alte, als sein Töchterchen ins Zimmer eingetreten war, „dn bist ja ganz außer dir vor Freude! Laß doch sehen, was bringst du denn da in deiner Schürze?" Ach, Vater, jubelte das Kind, ein prächtiges, lebendiges Spielzeug. Nach diesen Worten öffnete sie ihre Schürze und stellte alles, Pferde. Pflug und Bauer auf den Tisch vor den Vater hin. Der Riesenvater aber runzelte die Stirn, wiegte gar bedenklich das Haupt hiu und her und sprach: „Kind, was hast du an- gerichtet! Du hast deu Bauer vou seiner Arbeit im Felde weggenommen und wähnst, du habest dir ein Spielzeug nach Hause gebracht. Merke dir: Der Bauer ist der nützlichste aller Menschen, denn durch seine mühe- volle Arbeit zwingt er die Erde zur Hervorbringung aller Früchte, ohne die weder Menschen noch Tiere, noch weniger wir Riesen leben können. Weißt du denn nicht, woher das Brot kommt, daß du täglich verzehrest? Der Bauer muß säen und pflügen, muß ernten und dreschen, ehe der Müller das Korn zum Mahlen und der Bäcker das Mehl zum Backen erhalten kann. Nimm alsobald den Bauer und sein Gespann wieder in deine Schürze und trage alles dahin, wo dn es weggenommen hast, damit er weiter arbeite, dir, uns allen zum Segeu." Das Riesenfräulein verstand zwar nicht recht, was der Vater alles zum Lobe des Bauers gesagt hatte — ja sie hätte ihn am liebsten als Spielzeug behalten — aber als folgsame Tochter thnt sie nach des Vaters Gebote, strich Pferde, Pflug und Bauer iu ihre Schürze und trug sie hinaus vor den Wald auf das Feld. Der Bauer erholte sich bald von dem gehabten Schrecken. Als

9. Außereuropäische Erdteile - S. 16

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 16 — 4 In den Cordilleren von Südamerika. Iiel: Wir unternehmen heute in Gedanken eine Fahrt über die Cordilleren und zwar von Lima aus. (Zeigen!) Zunächst geben die Schüler noch einmal im Zusammenhange an, was ihnen bis jetzt über dieses gewaltige Gebirge bekannt ist (Vergl. S. 11). Sodann schreitet der Unterricht fort an der Hand zweier Fragen: I. Wie rüsten wir uns aus zur Reise? Wer in die Anden reisen will, erzählt der Lehrer, muß nicht nur eigene Pferde bei sich haben, sondern alles mit sich nehmen, was er zum Leben braucht, sein Bett, wenn er nicht auf dem nackten Boden schlafen will, sein Brot, seinen Wein, ja selbst seine Kerzen, wenn er abend nicht ohne Licht zu bleiben Lust hat. Ein Indianer dient als Führe und Bedienter zugleich. Er versorgt die Pferde und führt das Maultier welches das Gepäck (Also?) trägt. Die Ausrüstung des Reisenden ist folgende: Ein Strohhut mit med- rigem Kopf und breitem Rande wird nnter dem Kinn durch ein starkes Band befestigt. Eine dunkelblaue Brille schützt die Augen vor den Sonnen- strahlen, die von den Schneeflächen blendend zurückgestrahlt werden. Von den Schultern hängt ein faltiger Mantel herab. Dieser Mantel, Poncho genannt, ist nichts als ein längliches, viereckiges Stück Zeug, mit einem Schlitz znm Durchstecken des Kopfes. Große Ledergamaschen, mit Riemen über dem Knie festgebunden, schützen die Beine. Auf den Sattel wird ein auf der Innenseite gegerbtes, auf der Außenseite noch mit der Wolle versehenes Hammelfell gelegt. Ungeheure Steigbügel schließen den ganzen Fuß ein. Zur sachlichen Besprechung. Ist es denn nötig, so viel Gepäck mit sich zu führen?' Gewiß! Die Landstriche, durch welche die Reise geht, sind völlig wüst. Außer wenigen Jndianerhütten, die hier und da aus den Bergen zerstreut liegen, giebt es oft meilenbreit keine menschliche Behausung. Der Reisende kann von Glück sagen, wenn er abends, nachdem er den ganzen Tag aus dem Pferde zugebracht hat, ein Posthaus findet, in dem er übernachten kann. Diese „Posthäuser" sind schlechte, mit Stroh gedeckte Hütten, an denen eine Ochsenhaut, die man über ein Gestell ausgespannt hat, als Thüre dient. Im Innern läuft rings herum eine niedere Bank von Erde, die als Schlafplatz dient. In der Mitte vertritt eine andere etwas höhere Erdbank die Stelle des Tisches. Auf ihm legt jeder seine mitgebrachten Lebensmittel nieder. Wer nichts mitgebracht hat und nichts von einem anderen Reisenden geschenkt erhält, muß gewöhnlich hungern, denn nur selten kann man von den Indianern, welche das Posthaus bewachen, etwas erhalten und dann auch nur eiuige Kartoffeln und etwas getrocknetes Fleisch.

10. Außereuropäische Erdteile - S. 53

1896 - Leipzig : Wunderlich
— 53 — Kohlen sparen kann und ferner nicht ganz hilflos auf dem Meere schwimmt, wenn einmal die Maschine oder die Schraube versagen sollte. Im Vorderteile des Decks liegen bezw. hängen die schweren eisernen Anker, die an starken Ankerketten (ca. 40 in lang) mit Hilfe der Anker- Winde mittels Dampfkraft niedergelassen oder aufgewunden werden. An den beiden Seitenwänden des Schiffes hängen einige Boote so über Bord hinaus, daß sie schnell niedergelassen werden können. (Wann z. B.?) An verschiedenen Stellen des Deckgeländers find Rettungsgürtel befestigt. (Nach Eschner.) — Zusammenfassung. 3* Die Stadt New-Pork. Jitl: Wir treten heute im Geiste eine Wanderung durch die Riesenstadt New-Aork an, um ihr Leben und ihre Sehens- Würdigkeiten kennen zu lernen. Nachdem New-Iork noch einmal gezeigt und seiner Lage nach be- stimmt worden ist (Insel in der Mündung des Hudson!), beginnt der Lehrer: Unser Schiff ist angekommen. Das Toben der Maschine hat ausge- hört. Die Anker sind hinabgerollt in die grünliche Meeresflut. Eine Holzbrücke wird geschlagen, die das Schiff mit dem Lande verbindet, und nun hält uns nichts mehr ab, wieder den Fuß aufs feste Land zu setzen. Nur wenige Schritte — und das Schiff, das uns sicher über den Ozean trug, liegt hinter uns, und wir stehen anf dem Boden der neuen Welt. Ein gedrängter Haufe von Lastträgern, Fremdenführern und Händlern empfängt uns. Man bittet, schmeichelt, drängt und stößt — wir aber schieben uns durchs Gewühl und warten auf einen günstigen Augenblick, die erste Straße überschreiten zu können. (Bild!) Mehrere Minuten vergehen, ehe wir dazukommen, da eine Reihe von Wagen aller Art, große und kleine, Lastwagen, Straßenbahnwagen u. s. w. fast ohne Unter- brechung dahin eilen. Endlich schlüpfen wir durch eine Lücke hinüber und gehen die Straße, die in einem rechten Winkel vom Ufer ins Innere der Stadt führt, entlang. (Bild!) Hier ist es schon viel ruhiger. Die Straße ist breit. Die Mitte wird fast nur von Wagen benutzt. Die Fußgänger halten sich aus den breiten Seitenwegen. Diese sind aller- dings oft durch die Menge der Handelsgüter aller Art, die zur Schau gestellt und den Vorübergehenden möglichst dicht vor die Augen gerückt werden, sehr verengt. Nach einem Wege von fünf Minuten entrollt sich plötzlich ein neues Bild. Eine andere breite Straße nimmt uns auf. 1. Es ist der Broadway oder „breite Weg". Diese Straße er- streckt sich, soweit die Blicke reichen, in gerader Linie endlos von Süd nach Nord. Ihre Seitenwege sind so breit, daß acht bis zehn Menschen, ohne sich zu drängen, nebeneinander hergehen können und so viele mögen auch iu ununterbrochen raschem Strome in entgegengesetzter Richtung aneinander vorbei eilen. In der Mitte der Straße aber drängen sich
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