Bulgarien. Serbien. §. 49.
161
des Karavanenhandels mit Spalato, Saloniki und Constantinopel, 1852
fast ganz abgebrannt. — Seit 1851 ist die Herzegowina oder da§
türkische Dalmatien Bosnien einverleibt.
6. Bulgarien, der Nordabfall des Balkan. Obgleich dieses
Land schon von Natur ein einziger, colossaler, undurchbrochener Wall
ist und am Fuße desselben die breite Donau mit ihren sumpfigen Niede-
rungen eine schwer zu überschreitende Strombarriere bildet, so hat doch
die Kunst diese natürliche Vormauer, welche seit der Völkerwanderung
der Schauplatz fast beständiger Kriege gewesen ist, noch bedeutend ver-
stärkt durch die Anlage einer Reihe von Festungen, theils an der Donau,
wie W i d d i n, N i c o p o l i, R u st s ch u ck, S i l i st r i a, theils am
schwarzen Meere, wie Varna, theils im Innern: Schumla, an der
Hauptstraße, welche über den Balkan nach Constantinopel führt. Die
Residenz des Paschas ist Sophia (50,000 E.) auf dem Balkan.
7. Die drei Schutzstaaten:
Einen erfreulichen Gegensatz zu den, durch die türkische Ver-
waltung immer mehr verödenden, übrigen Theilen des osmanischen
Reiches bilden die jener Verwaltung entzogenen „Donaufürsten-
thümer" und Serbien, indem hier europäische Sitten immer mehr
Eingang finden, Schulen aller Art entstehen, der Handel, besonders
in den Donanfürstenthümern, bei den überaus reichen Hülfsquellen
des Bodens einen außerordentlichen Aufschwung nimmt lind sich
schon einige Anfänge der Industrie zu entwickeln beginnen.
a. Serbien (mit 1 Mill. E.) oder das Gebiet der Morava,
zwischen Bosnien und Bulgarien, im N. von der Sau und Donau be-
grenzt, bildete vom 10. Jahrh. bis zur osmanischen Eroberung um die
Mitte des 15. Jahrb. ein eigenes Reich, welches sich bis ans adriatische
Meer erstreckte. Die Heldenzeit der Nation lebt noch in den von Ge-
schlecht zu Geschlecht mündlich überlieferten Volksliedern (in ihrer zur
Poesie und zum Gesänge besonders geeigneten, wohlklingenden Sprache)
fort, die erst in neuester Zeit dem übrigen Europa bekannt wurden.
Ein im Anfang unseres Jahrhunderts durch die Bedrückungen der Janit-
scharen veranlaßter und von Rußland unterstützter Befreiungskampf ver-
schaffte dem Lande zwar nicht völlige Unabhängigkeit, aber doch (seit
1815) eine eigene Landesverwaltung unter einem einheimischen, erblichen
Fürsten, den Türken blieb nur ein (durch Serben zu erhebender) Tribut
und das Besatzungsrecht in den (6) Festungen, unter denen Belgrad
an der durch ihre drei größten Nebenflüsse verstärkten Donau die be-
deutendste ist.
b. Die beiden „D onaufürstenth ü m e r" M o l d a u (1 lu
Mill. E.) und Walachei (2'/r Mill. E.), unter tributpflichtigen, vom
einheimischen Adel (den -Bojaren) gewählten und von der Pforte bestä-
tigten Hospodareu, gehören nicht zur griechischen Halbinsel, sondern zur
walachischen Tiefebene, welche, von zahlreichen Flüssen bewässert, mit
üppigen Wiesen, fruchtbarem Ackerland, Obsthainen und Rebenhügeln
Pütz, Lehrbuch d. vergl. Erdbcsch. 4. Aufl. 11
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Schumla Sophia_(
Extrahierte Ortsnamen: Bulgarien Serbien Saloniki Constantinopel Dalmatien_Bosnien Bulgarien Balkan Niede- Donau Varna Constantinopel Balkan Serbien Donanfürstenthümern Serbien Bosnien Bulgarien Donau Europa Belgrad
Topographie der europäischen Türkei.
75
4. Albanien, bewohnt von dem halbcivilisirten, kriegerischen
Volke der Arnauten, welche ihre fast vollständige Unabhängigkeit der
erschwerten Zugänglichkeit der Landschaft verdanken; denn diese ist an
drei Seiten von hohen Gebirgen umwallt, und an der vierten, der
Seeseite, bilden theils seichte Gewässer, theils steile, klippenreiche Kü-
sten ebenfalls natürliche Schutzwehren. Die Hauptstadt Ianina, liegt
in der Nähe eines Sees ohne sichtbaren Abfluß.
5. Bosnien, ein schützendes Vorland der Türkei (gegen Oester-
reich) durch die gedrängte Anhäufung vielfach verzweigter Bergmassen.
Die Hauptstadt Bosna Serai oder Sarajewo (70,000 E.), der
Mittelpunkt des Karawanenhandels mit Spalato, Salonichi und Con-
stantinopel, ist 1852 fast ganz abgebrannt. — Seit 1851 ist die Her-
zegowina oder das türkische Dalmatien Bosnien einverleibt.
6. Bulgarien, der Nordabfall des Balkan, enthält eine
Reihe von Festungen, theils an der Donau, wie Widdin, Ni-
copoli, Rustschuk, Silistria, theils am schwarzen Meere, wie
Varna, theils im Innern: Schumla, an der Hauptstraße, welche
über den Balkan nach Constantinopel führt. Die Residenz des Paschas
ist Sophia (50,000 E.) auf dem Balkan.
7. Die drei Schutzstaaten.
a. Serbien oder das Gebiet der Morava, zwischen Bosnien und
Bulgarien, im N. von der Sau und Donau begrenzt, hat seine eigene
Landesverwaltung unter einem einheimischen, erblichen Fürsten; die
Türkei bezieht nur einen Tribut und hat das Besatzungsrecht in den
(6) Festungen, unter denen Belgrad an der durch ihre drei größten
Nebenflüsse verstärkten Donau die bedeutendste ist.
d. Die beiden Donaufürstenthümer Moldau und Walachei,
unter tributpflichtigen, vom einheimischen Adel (den Bojaren) gewählten
Hospodaren, gehören nicht zur griechischen Halbinsel, sondern zur wa-
lachischen Tiefebene, welche, von zahlreichen Flüssen bewässert, mit
üppigen Wiesen, fruchtbarem Ackerland, Obstbäumen und Rebenhügeln
prangt. Die Hauptstadt der Moldau ist Jassy, die der Walachei
Bucharest (80,000 E.).
Unter den zur europäischen Türkei gehörenden Inseln ist bei
weitem die bedeutendste Creta oder Candia mit der Hauptstadt glei-
chen Namens. Sie schließt den Archipelagus im S. ab und wird noch
zu Europa gerechnet, nicht blos wegen der größern Nähe, sondern auch
weil ihre Nordseite buchtenreich, die Südseite dagegen zum Theil unzu-
gänglich und die Insel deshalb auf Europa hingewiesen ist.
Die asiatischen Länder s. S. 49 ff. Die afrikanischen S. 64 ff.
B- Das Königreich Griech enland.
Das heutige Königreich Griechenland reicht im N. nur bis an
die Golfe von Volo und Arta und umfaßt also vom ehemaligen
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Extrahierte Personennamen: Schumla Sophia_( Arta
Extrahierte Ortsnamen: Albanien Bosnien Oester- Bosna Sarajewo Dalmatien_Bosnien Bulgarien Balkan Donau Rustschuk Silistria Varna Constantinopel Balkan Serbien Bosnien Bulgarien Donau Belgrad Donaufürstenthümer_Moldau Creta Candia Europa Europa Griechenland
268
Mittel- Europa.
Islam zugethan, von einem türkischen zu Serajewo oder Bosna Serai wohnenden Pascha
regiert; die Serbier dagegen, griechisch-christlich, gesitteter, freiheitliebend und tapfer,
stehen unter einem eigenen Fürsten, der zu Belgrad seinen Sitz hat. Von dem poe-
tischen Sinn der Serbier zeugen ihre Volkslieder voll Sehnsucht und Trauer (Klagen
um gefallene Helden). Sie haben keinen Adel. Ehemaliger Hauptort war Nissa, wo
Kaiser Constantiu zur Welt kam. Im Südeu Serbiens, nahe dem Gebirg Skardus,
liegt die fruchtbare Hochebene vou Kossowo oder Amselfeld, in der Kriegsgeschichte
bekannt, besonders durch des serbischen Königs Lazarus Niederlage und Tod 1389, wo
aber auch Sultan Amurath I. unter dem Dolche des Milosch fiel; und 1448 durch die
Niederlage des tapferen Ungar Joh. Huuyad, der vor Amurath Ii. weichen mnßte.z
Die Bulgaren, griechisch-katholisch, vor Zeiten den byzantinischen Kaisern furcht-
bar, reden jetzt einen slavischen Dialekt und sind, nach Kanitz' Berichten, in der Ebene
vorzügliche Ackerbauer, Gemüsegärtner und Viehzüchter; im Gebirge, intelligent, arbeit-
sam, erfinderisch, zeigen sie eine hervorragende Begabung für technische Künste (einzelne
traditionell fortgepflanzte Industriezweige, wie Posamentirarbeiten, Tuch- und Teppich-
fabrikate, Schmucksachen jc. weithin im Oriente berühmt), obwohl es an jeglichen Un-
terrichtsanstalten gebricht; ihr türkischer Pascha hat seinen Sitz in Sofia (Triaditza,
Sardika). — Die Walachen (slavisch, so viel wie unser wälsch, sie selbst heißen sich
Rnmnni d. H.römer) sind ein rohes und verkommenes, auf sehr niedrigerknltnrstufe
stehendes Mischvolk, zum Theil von romanisirten Daciern abstammend, und reden halb
latein, halb slavisch. Sie standen noch kürzlich nnter einem Fürsten oder Hospodar der
Pforte; ihr Hanptort ist Bukarest. In gleicher Weise hatte die Moldan einen
Hospodar, der zu Jassy residirte. Seit 1861 sind beide Länder unter einem gemein-
schaftlichen Oberhaupte, dem Fürsten von Rumänien, vereinigt, der, tributpflichtig,
wie der Fürst von Serbien, fast unabhängig von der Pforte regiert, obwohl der Sultan
das Recht hat, ihn als Fürsten zu bestätigen.
ix. Aordostküste des asiatischen Meeres.
Julische Alpen und kroatisch-dalmatische Berge bilden durch ihre Ab-
stufung diesen Küstenstrich, der am Jsouzo beginnt, an der Bai von Cat-
taro endet und größtenteils zum Kaiserthum Oesterreich gehört.
Er enthält: 1) das Gebiet des Jsonzo, die Küste von Trieft und die gebirgige
Halbinsel Jstrien. Der Adel dort ist deutsch, die meisten Bewohner der Seeplätze
italisch, das übrige Volk wendisch. Orte: Idria, wichtig wegen seines reichen Queck-
silberbergwerks. Im So. sind Aeste und Thäler julischer Kalkalpen vom großen
Birnbaumer Wald überdeckt, der mit mächtigen Eichen prangt. Dagegen streckt sich
südwestlich, zwischen dem Adelsberger Thal und der Triester Küste, der Karst hin, ein
kahles bloß von schwarzen Schafheerden benutztes Gebirg, dessen theilweise Bewaldung
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
510
Asien
— Türkei.
Belebung des Verkehrs über Erzerum und Tabris nach Teheran wieder bis auf 50000
Köpfe gestiegen. Die reich bewässerten und üppig fruchtbaren Landschaften an der Süd-
ostküste des schwarzen Meeres (Lasist an) bilden eine Anzahl kleiner, meist räuberischer,
untereinander selbständiger Vasallenstaaten, welche die Oberherrschaft der Pforte an-
erkennen.
h) Inseln der asiatischen Tü rkei. — Im Marmorameere (Propontis) die9
Prinzen-Jnselchen nahe dem Bosporus, vou Griechen bewohnt, und die größere
Mar mar-Adassi oder Marmorinsel, — Im ägeischen Meere, vor der Küste Klein-
asiens: Bogdfcha oder Tenedos mit einer türkischen Beste, klein aber weinreich. —
Midi Hu oder Lesbos , voll Buchten und guter Häfen; viel Oliven, Trauben, Feigen
u. s. w. Noch stehen die alten Orte Molivo oder Methymua, und Castro Mete-
lin o oder Mytilene. Die schöne Insel, Alkäus' und der Sappho Heimat, hat auf
29 Qm. nur L3000 Bew. — Südlich von Lesbos die fruchtbare Sakys oder Chios.
Von Griechen bewohnt, noch vor wenig Jahrzehnten mit einer Bevölkerung von 114000
Menschen und reich durch Handel mit Mastix (Harz des Pistazienbanms), Seide, Wein
und Südfrüchten, ist sie jetzt meist verödet und zählt kaum 40000 Bewohner. Die
Chioten nämlich hatten an dem bekannten Aufstande der Hellenen Theil genommen; der
Kapndan Pascha übersiel plötzlich die Insel, anf den Sieg folgte barbarisches Verwüsten
und Morden, und mehr als 40000 Chioten wurden zuletzt als Sklave« abgeführt und
verkauft. Während die christlichen Mächte Europas solche Greuel ruhig geschehen ließen,
sannen die tapfern Bewohner der kleinen Nachbarinsel Psara, kühne Seeleute, auf
Rache; geschickt ruderten sie in die noch auf der Rhede von Chios liegende Türkenflotte
hinein, und zündeten das Admiralschiff an, das mit dem Kapndan Pascha in die Lnft
flog. Dies geschah nachts den 19. Juni 1822, und trug dazn bei, andre Inseln, be-
sonders Samos, vor ähnlichem Unglück zu bewahren. Syssam Adassi oder Sa-
mos, der Pforte bloß tributpflichtig, übertrifft deshalb gegenwärtig das größere Chios
an Produktion und Bewohnerzahl. Von den kleineren Inseln weiter südlich merken
wir nur den meist unfruchtbaren Felsen Pathmos, der von wenig Schiffern bewohnt,
doch als Exil des Apostels Johannes berühmt ist. Die Grotte, worin er gewohnt
haben soll, wird durch Lampen erleuchtet. — Rados oder Rhodos mit Waldgebirg
und schönen Thälern, und zu verschiedenen Zeiten ruhmvoll in der Geschichte genannt,
hat gegenwärtig, wo es von kaum 35000 Griechen und Türken bewohnt ist, nur ge-
ringe Bedeutung. Die gleichnamige Hauptstadt, 1856 von einem Erdbeben schrecklich
zerrüttet, wird aber von den Türken als Festung und Kriegshafen sehr Werth gehalten,
und mit Recht, wenn man sie in gleicher Weise vertheidigt, wie sie von der freien
Bürgerschaft (305 vor Chr.) gegen Demetrius Poliorcetes, und von den Johanniter-
Rittern 1522 gegen die Türken vertheidigt wurde. Der höchste Punkt der Insel Rho-
dns, worauf vor alters ein Zeustempel stand, hat 1494 m. Höhe und gewährt eine
weite reizende Umsicht. Umfangreicher ist Cypern (149 Q. M., 110—120000 E.
meist Griechen) vor dem Golfe von Skanderun. Schöues Gebirg (Olymp 2010 m.),
fruchtbare Ebenen, mildes Klima, vortrefflicher Wein, aber elende Bebauung. Im alten
Hellas galt diese herrliche Insel für einen Lieblingsaufenthalt Aphrodiles, deren Tempel
zu Jdalium, Paphos und Amathus prangten. Nach Untergang des griechisch-macedo-
nischen Glanzes gerieth sie in die Gewalt der Römer, dann unter byzantinische Herrn;
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Castro Kapndan_Pascha Syssam_Adassi Apostels Johannes Demetrius_Poliorcetes
568 Afrika — Aegypten.
Der ägyptische Staat.
34300 Q. Sfr., 77* Mill. Bew.
Aegypten bildet zwar nach dem bestehenden Rechte eine Provinz des
osmanischen Reiches und ist der Pforte tributpflichtig*), aber die Verwal-
tnng des Landes geschieht fast selbständig durch deu Khedive-el-Mas r^),
der seine Würde nach dem Rechte der Primogenitur auf seinen ältesten
Sohn vererbt. Es bildet somit beinahe wieder einen eigenen Staat, und
hätten die europäischen Seemächte den wankenden Thron Konstantinopels
nicht gestützt, so würde schon Pascha Mehem ed Ali zum Sultan, und
zwar eines sehr umfassenden Reiches geworden sein; so aber ward er ge-
nöthigt, auf Syrien und was er sonst in Asien gewonnen, wieder zu ver-
zichten (1839 41). Nur seine Eroberungen nilanfwärts blieben ihm und
gingen, um bedeutende Gebiete am rothen Meer Suakim, den Hafen
Nubiens, bis Arki ko und Massaua, die Häfen Abessiniens), in den
nordabessinischen Grenzländern (Land der Bogos, der Mensa, Beni-
Am er zc.) und am weißen Nil vergrößert, auf den jetzigen Khedive
Jsman-Pafcha über. Immerhin sind diese noch so beträchtlich, daß
man den Herrn Aegyptens den König des Nillandes nennen kann.
Die Quellenländer des Nil und der Nebenflüsse gehören zwar nicht dazu,
aber Nubiens und Aegyptens kultnrfähige Felder, mit Ausnahme weniger
Oasen, sind auck ganz allein die Geschöpfe, die Kinder dieses Stroms.
Ohne den Nil wären sie nicht vorhanden, weil ohne ihn die Sahani nn-
unterbrochen und in ihrer ganzen Breite bis ans rothe Meer hinstriche, so-
wie sie auch wirklich jeuseit dieses Meers - denn die öden Gebirgsküsten
links und rechts machen keine Ausnahme — sich in Arabien fortsetzt. Der
Nil schuf sich aber seine Länder, indem er seine Wasserstraße grade in einer
Region der Wüste zog, wo er durch niedre Bergränder gegen den Flugsand
gesichert war, mit dem die Winde ihn überschütten konnten. Zugleich war
*) T er Tribut wurde durch deu Firman vom 27. Mai 1866 von 80000 Beutel
auf 150000 Beutel ä 500 Piaster, also auf etwa 5 Millionen Thaler erhöht.
**) D. i. Beherrscher von Aegypten. Den Titel Khedive, welcher nach der tür-
tischen Rangordnung mehr besagt als Vicekönig, erhielt Ismail-Pascha zur Belohnung
für seine, der Pforte beim letzten candiotischen Aufstand geleisteten Dienste; der frühere
Titel des Vlceköuigs war Mali von Aegypten. Der jüngste türkisch-ägyptische Firman
vom 9. Juni 1873 annullirt alle bisherigen Firmane über das Verhältnis
Aegyptens zur Pforte, bestätigt die durch den Firman von 1866 gegebene Erblichkeit
der Khedive-Würde kraft des Rechts der Primogenitur in der Familie Ismail-Paschas
gegen Anerkennung der Suzeränität des Sultsns und Zahlung des bisherigen Tri-
bntes, überläßt die ganze civile und finanzielle Verwaltung und Gesetzgebung des
Landes, sowie fast die vollständige militärische, dem Khedive und fügt den bisherigen
Privilegien einige nene Vortheile hiuzu. Er ist ein Schritt weiter zur vollständigen
Unabhängigkeit Aegyptens und im Interesse der Provinz, als des am weitesten fortge»
schrittenen und bestverwalteten Theiles des türkischen Reiches, kann man sich nur da-
rüber freuen.
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Pascha_Mehem_ed_Ali
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Syrien Asien Abessiniens Jsman-Pafcha Mali
Europa
— Olympische Halbinsel.
655
Siege im ganzen nur wenig davon abrissen. Es war eben ein Glück für die Osmanen,
daß im Osten keine Völkerbewegung ausgebrochen wie jene früheren, aus denen ihr
eigenes Glück hervorgegangen, ferner, daß im Westen die europäische Politik ausgebildet
worden ist, jene Eifersucht, mit der jeder von unfern Staaten alle andern bewacht und
alle jeden einzelnen: diese hat ihnen in ihren größten Gefahren immer
Verbündete und Rettung gewährt. Dennoch scheint von Zeit zu Zeit die
türkische Herrschaft auf europäischem Boden ihrem Ende nahe. Im Jahr 1821 begann
- eine besonders starke Erschütterung; die G riech e n empörten sich. Schon längst im Be-
sitze des meisten türkischen Handels, waren sie auch in Besitz einer Seemacht gekommen,
besonders auf Psara, Hydra, Spetzia und andern Inseln. Die Bildung des 18. Jahr-
hundert» hatte gleichfalls auf sie gewirkt, so daß sie der Heldenthaten des Alterthums
sich erinnerten und daß schon 1814 eine Hetärie oder Bnndesbrüderschaft nnter Gleich-
gesinnten entstanden war. Als daher die Empörung ausbrach, scheiterte sie wohl an
der Donau, wo nur wenig griechisches Blut in der gemischten Bevölkerung vorhanden
ist, aber in Hellas hatte sie, von den Abendländern aus Verehrnug altgriechischer Kultur
und im Gefühle für Selbständigkeit eigenthümlicher Völker unterstützt, glücklichen Erfolg.
Nach mancherlei Kämpfen und Verhandlungen mnßte die osmanische Pforte sich
fügen und noch zufrieden sein, nur den südlichen Theil Altgriechenlands zu verlieren,
der zu einem eignen Staate erhoben wurde und den baierischen Prinzen Otto 1332 zum
König erhielt. Dies war ein Verlust, der noch größere befürchten ließ, wenn nicht
die Ursache der innern Schwäche des Türkenreichs beseitigt würde. Die Masse der
christlichen Unterthanen, als Rajah, d. i. Herde bezeichnet, nicht im Besitze bürgerlicher
Rechte, der Gnade der Sieger unterworfen und willkürlich besteuert, mnßte mit der
mnhammedanischen Herrschaft endlich ausgesöhnt, die Rechtspflege und Besteuernngs-
weise in diesem Sinne geändert, und das Kriegsheer nach europäischer Art umgebildet
werden. Mit dem letzteren begann Mahmud 14, indem er schon 1826 das trotzige
Janitscharencorps gewaltsam auflöste. Andere Neuerungen reiheten sich daran. Der
Hat tisch erif von Gülhane (kaiserlicher Erlaß aus dem Serail) im Jahre 1839
verkündete, daß eine Gleichstellung der Christen mit den Moslemin angebahnt werden
sollte. Und als Snltsn Abdul Medschid gegen den Plötzlichen Einbruch der Russen
durch die kräftige Hilfe der Engländer und Franzosen (Kampf in der Krim) siegreich
vertheidigt nud sein Reich vor der Zerstückelung bewahrt worden, erneuerte und ver-
stärkte er jene Verkündigung durch den Hati-Hnmaium (d. i. erlauchte Schrift,
allerhöchste Willensäußerung) von 1856. Wie es scheint, liegt es anch in des jetzigen
Sultans Abdul Aziz (seit 1861) Absichten, das gegebene Edikt auszuführen, trotz der
entschiedenen Abneigung der Osmanen und trotz der Hindernisse, die bei der durchaus
verkehrten, auf dem Koran basirten Staatseinrichtung der Türkei schwer zu beseitigen
sind; deshalb ist er eben auch anscheinend ebensowenig im Stande, der im Innern
herrschenden Zersetzung und allmählichen Auflösung des Türkeureiches zu steuern. Er
konnte nicht verhindern, daß sich die beiden Donaufürstenthümer, entgegen den Bestim-
mnngen des Pariser Friedens, als Rumänien unter einem fast souveränen Fürsten
vereinigen; ebenso ist sein Feldherr Omar Pascha nur mit Aufbietung aller türkischen
Streitkräfte im Stande gewesen, die Erhebung der Candioten (1836/63) zu unter-
drücken, welche, durch Zuzüge griechischer Freischaren unterstützt, Abschütteluug der
türkischen Herrschaft und Vereinigung mit Griechenland anstrebten.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Otto Abdul_Medschid Abdul_Aziz Donaufürstenthümer Omar_Pascha
662
Europa
— die T ürkei.
(Mollah ist ein Ehrentitel aller obern Richter. Scheich heißt soviel wie: Greis,
Ehrwürdiger.)
Behufs der Verwaltung ist die europäische Türkei — ohne die Schutzstaaten — in
11 Ejalets oder Generalgouvernements eingeteilt, die wieder in Liwas
oder Provinzen (und diese in Kazas oder Distrikte) zerfallen. An der Spitze eines
jeden Ejalets steht ein Mali oder Generalgouverneur als Chef der Verwaltung, der
nach dem Firman vom Januar 1853 das Recht hat, die Gouverneure der Liwas, die
Mudire der Distrikte, die Mitglieder der Gemeinderäthe, sowie alle Polizei- und Civil-
beamten seines Gouvernements unter seiner Verantwortlichkeit ein- und abzusetzen. —
Die Heeresmacht des Reiches — ohne die Contingente der fast souveränen Schutz-
staaten Rumänien, Serbien, Aegypten :c. — wird gebildet: 1) durch dlls reguläre
Heer oder den Nizam, bestehend aus Hauptcorps unter Muschirs, und diese aus Divi-
sionen unter Feriks, 2) durch die Landwehr oder Rediss, zusammen etwa 200000
Mann; dazu kommen noch des Sultans Haustruppen (Garde) und 80 — 90000
Baschi-Bozuks oder irreguläre Truppen, Tataren der Dobrudscha :c. Sicher ist die
Verteidigungsfähigkeit des Staates eine geringe, und die Festungen finden sich alle in
vernachlässigtem Zustande, wohl keine einzige fähig, den vervollkommneten Geschützen
der Gegenwart längere Zeit zu widerstehen.
Für wissenschaftliche Bildung geschieht etwas in neuester Zeit, für Volksunterricht
noch wenig, überhaupt steht die geistige Kultur im Türkenreiche auf einer ziemlich nie-
deren Stufe; Mädchenschulen gibt es, wie überhaupt unter den Orientalen, noch nicht.
Die Druckerei zu Konstantinopel wird immer wirksamer. Der Türk, unwissend und
stolz, verachtete bisher die andern Nationen sammt ihrer Kultur, und betreibt noch
immer nur eine bildende Knnst, die Architektur; Malerei wird zu Verzierungen und
Arabesken angewandt, und die Musik ist nichts als ein rauschender Lärm. Was Ge-
werbthätigkeit betrifft, so findet man in der Türkei gute Lederbereitung (Saffian,
Kordnan), Färbereien mit türkisch Roth, Säbelfabriken und weniges sonst. — Das
Schlagwort vom „kranken Mann", welches Zar Nikolans einst mit schlauer Berechnung
in die Welt geworfen und welches seit dieser Zeit so oft gläubig und verständnislos
nachgebetet wurde, ist uicht ohue alle Berechtigung: es ist unleugbar, die osmanifche
Herrschaft geht ihrer Auflösung entgegen, die herrschende Rasse ist in einer Abnahme
begriffen, welche sich durch nichts aufhalten läßt. Die Mehrzahl der europäischen
Staaten — Rußland natürlich ausgenommen — hat indes an der Erhaltung de.t
Türkei ein Interesse und wäre es auch nur, wie Fuad Pascha sich äußerte, die Bän-
digung der Slavenstämme am Bosporus. Aber die Balkänhalbinsel zu reorgauisireu,
dazu sind die Osmauen wohl nicht mehr fähig. Ein großer Theil dieser wahrhaft
fruchtbaren Sendung muß dem großen Donanreiche — Oesterreich-Ungarn — zu-
fallen». das aber diese Aufgabe natürlich nur dann erfüllen kann, wenn es, neben einem
befriedigten, zum Rechtsstaat ausgebildeten Ungarn, geordnete Zustände in den Erb-
länderu besitzt und sich im Innern auf freiheitlicher Basis genügend gekräftigt hat.
Es ist das jene Politik, die der große Engen vor bald 2 Jahrhunderten nach dem
Sieg von Z enta inauguriren wollte, als er seinen Zug ins Herz von Bosnien unter-
nahm; sie mußte damals scheitern, weil das vom Blute der Eperieser Schlachtbank
triefende Oesterreich und das in eigener Calamität befindliche Reich weder den Willen
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666
Europa
— die Türkei.
der türkischen Miswirthschaft noch immer die schönste Insel des Mittelmeeres und reich
an Produkten; ein Gebirg durchzieht sie, woraus der Ida sich bis auf 2457 m. er-
hebt. Hauptort: Megalokastron (Candia) mit 12000 E. (Die Inseln bei
Kleinasien s. S. 510.)
Die Schutzstaaten
waren ehemals Provinzen der Türkei, sind aber jetzt so gut wie unabhängig.
a) Serbien 791 Q.m. und 1,319000 E. (S. S. 268). Dieses Fürstcnthum,
dessen Bevölkerung seit dem Jahre 1801 zuerst unter Kara Georg, dann unter Milosch
Obrenowitsch um seine Freiheit gekämpft hat, wurde 1817 vou dem letzteren, dem Be-
freier Serbiens, gegründet und 1830 auch von der Pforte als erbliches Fürstenthum
und als selbständig anerkannt; nur ein unbedeutender Tribut ist an den Sultzn zu
entrichten. Türken dürfen vertragsmäßig nicht im Lande wohnen. Seit 1867 haben
sie auch die Festung Belgrad, deren Besatzungsrecht ihnen bis dorthin noch zustand, ge-
räumt. Die Regierungsgewalt des Fürstenhauses, dessen Erblichkeit nun auch vou den
europäischen Mächten anerkannt ist, ist durch eine Skupschtiua oder Nationalversammlung
beschränkt. Serbien hatte Verfafsuugskämpse durchzumachen, wie vielleicht kein anderes
Land in Europa, scheint nun aber allmählich zur Ruhe zu kommen. Die nach Er-
mordung des Fürsten Michael (1868) eingesetzte Regentschaft hat dem jetzigen Fürsten
Milan Obrenowitsch Iv. (1872) „einen fester als je stehenden Thron und ein Politisch
resormirtes, militärisch gestärktes und finanziell wohlbestelltes Land" übergeben. Die
Regierung leistet Anerkennenswertes für Besserung der rechtlichen, ökonomischen und
kommerziellen Verhältnisse des Landes, für wissenschaftliche Bestrebungen und für Volks-
Unterricht. Ohne Zweifel sind die Serben der begabteste Zweig der Südslaven, und
obwohl griechische Christen, stehen sie doch nicht uuter dem Patriarchen von Konstant!«
nopel; wenn aber exaltirte serbische Patrioten von der Errichtung eines großserbischen
Reichesträumen, damit, „wenn der türkische Halbmond in Konstantiuopel fällt, der ser-
bische Falke am Bosporus kreise"; wenn das kleine Fürstenthum nicht ohne Komik die
Protektormiene gegenüber den benachbarten „bedrängten Bruderstämmen" übernimmt,
obgleich uach dem eigeuen Geständnis der Serben z. B. die österreichischen Südslaven
ihnen in Entwicklung konstitutionellen Lebens und abendländischer Bildung weit voran-
stehen; weun ganz offen die Losreißnng von der Türkei gepredigt, die Großmannssucht
im Volke augeregt und ihm anf der Balkänhalbinsel die Rolle ausgelogen wird, welche
die Piemontesen in Italien spielten: so ist dahinter die russische (panslavistische) Agitation
zu vermutheu, die sicher ist, daß, wenn nur erst die bis jetzt regierende Nation des
osmanischen Reiches aus der Halbinsel verdrängt ist, die emanzipirten slavischen Völker-
brocken der Anziehungskraft des mächtigen Zarenreiches, das — wie der Jehovah der
alten Juden — keine anderen Götter neben sich duldet, zu folgen sich gezwungen sehen
werden — eine Aussicht, die Oesterreich-Ungarn, wie das Deutsche Reich in gleicher
Weise auffordern muß, frei von christianisirender Sentimentalität und Romantik, in der
sog. „orientalischen Frage" anf dem Boden einer gesunden, das eigene Interesse voran-
stellenden Realpolitik Stellung zu nehmen. —- Bezüglich der Vermehrung der Bevölke«
rung gehört Serbien zu den ersten Ländern Europas; denn von 1320—55 ist die Be-
völkerung um 20 o/o, und von 1856—66 um 14% jährlich angewachsen. Belgrad
mit 25000 E., die jetzige Hauptstadt des Landes, anf einem langgestreckten Hügelzuge
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Extrahierte Personennamen: Georg Milosch
Obrenowitsch Michael_(
Extrahierte Ortsnamen: Europa Candia Kleinasien Serbien Serbiens Serbien Europa Bosporus Italien Deutsche_Reich Serbien Europas Belgrad
976
Europa
— Rußl and.
Alexander folgte sein weit jüngerer kraftvoller Bruder Nikolaus, der alsbald Perser
und Türken bekriegte, ihnen Länder in Armenien und Georgien abnahm, dann
das empörte Polen von neuem niederwarf und seinem Reich völlig einverleibte, Heer auf
Heer zur Bezwingung der kaukasischen Bergvölker aussandte, und im Jahr 1849 den
Oesterreichern zur Unterdrückung der ungarischen Revolution half. Sein Ansehen in
Europa war dadurch am Ende so gestiegen, daß er ungestört mit neuen Forderungen
an den Sultan auftrat und mitten im Frieden die Moldau und Walachei besetzte.
Deshalb verbanden sich andre Großmächte zum Schutze der Türkei, oder vielmehr des
europäischen Gleichgewichts, und so entstand der furchtbare Krieg, der mit der Zer-
störnng Sewastopols, mit des gedemüthigten Kaisers Nikolaus Tod 1855 und mit dem
Pariser Frieden endete, welchen Alexander Ii., auf die Donauufer, die Schutzherr-
schaft in den Donanfürstenthümern und auf die unbedingte Herrschaft im schwarzen Meer
verzichtend, weislich mit England und Frankreich abschloß. Der neue Kaiser trat wieder
mit der Milde seines Oheims, des ersten Alexander ans, und wie er das große Werk
der Aufhebun-g der Leibeigenschaft (1861—63), das schon Alexanderl. begonnen, wieder
aufgenommen, hat ihm den Beifall aller Vernünftigen in Europa verschafft. Leider ist
die Durchführung dieses Werkes, das eine vollständige Umwälzung in allen sozialen,
finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen herbeiführen muß, mit ganz außer-
ordentlichen Schwierigkeiten verbunden. Auf die stets fortschreitenden Eroberungen der
Ruften in Asien, denen unterdessen auch Khiwa erlegen, ist weiter oben an gehöriger
Stelle schon hingewiesen. Daß England gerade diese Fortschritte Rußlands in
Asien mit Mistraueu betrachtet, ist leicht erklärlich; aber im großmenschlichen Sinne
aufgefaßt, ist die Eroberung Centralasiens durch Rußland, die Vernichtung der dortigen
Mord- und Raubstaaten für die Menschheit eine Wohlthat. Die Grenze dieser Erobe-
rnngen hat ein russischer General in dem Satze bezeichnet: „Wir müssen vorwärts
und vorwärts, bis Ordnung auf Ordnung stößt." Diesem Gesetze mußte einst England
in Indien folgen, bis es au die Rieseubarriere des Him^laya gelaugt war, und diesem
Gesetze ist anch Rußland bisher gefolgt und wird ihm weiter folgen. Wie Rußland
auf dem Gebiete der materiellen Kultur im Austausch gegen die eignen Rohprodukte
die Erzeugnisse des westeuropäischen Gewerb-, Industrie- und Handelsfleißes bezieht, da-
gegen nach Asien hin seine Fabrikate gegen die asiatischen Rohprodukte austauscht:
so hat auch auf dem Gebiete der geistigen Kultur Rußland von Westeuropa in allen
Zweigen geistiger Thätigkeit noch gewaltig viel zu lernen — besonders da die Russen
in Wissenschaft, Kunst und Technik zwar vielfach als geschickte Nachahmer sich bewiesen,
aber durch eigne Erfindung und Entdeckung sich bis jetzt noch nicht ausgezeichnet
haben — während es nach dem Osten und Südosten hin ein Kulturbringer ist und im
Dienste der Civilisation und der höchsten Interessen des Menschengeschlechtes in dem
geheimnisvollen Asien eine gewaltige Mission erfüllt. Auch läßt sich, so paradox es
klingen mag, mit Fug behaupten, daß. je mehr Rußland nach Asieu hin anwächst, es
desto ungefährlicher werde für die westliche Kultur, da seine Lasten damit wachsen —
Lasten, die es nicht mehr abwerfen kann und die sich vermehren nach der Notwendigkeit
des Kulturalphabets. Anderseits ist freilich nicht zu leugnen, daß ein so riesiges Reich
wie das russische schon infolge seiner geographischen Ausdehnung und durch eine zum
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Nikolaus Nikolaus Alexander_Ii Alexander Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Europa Armenien Georgien Europa Donanfürstenthümern England Frankreich Europa Asien England Asien England Indien Asien Westeuropa Asien
456
Asien —
China.
heit im Handel ihre Politik, Betrug (namentlich im Verkehr mit Ausländern) ihre
Tendenz, und die Summe dieser Eigenschaften ist das vielgepriesene chinesische Handels-
talent.
Fragt man nach der Religion Chinas, so nennt man uns den Buddhismus,
der vom Himalaya bis über Peking hinaus herrsche. Der Buddhism ist indes nicht
die eigentliche Staatsreligion, sondern die Volksreligion, die seit dem 3. Jahr-
hundert nnsrer Zeitrechnung von Ostindien hergekommen, Tempel- und Klösterbau ver-
anlaßt und so über die Länder des ungeheuren Reiches sich verbreitet, in Tibet jedoch
ihren Hauptsitz hat. (S. d.). Hier nur einige Worte über den Buddhismus, wie er
im eigentlichen China erscheint. Von einer Richtung zum Uebersiuulicheu ist kaum etwas
daran zu bemerken; eher findet man, daß er irdischem Interesse dient, ohne sonderliche
Einwirkung auf Geist und Gemüth. In den Tempeln wird täglich gebetet und ge-
räuchert, wird geopfert, doch nichts Blutiges, wird Buddhas Namen (chinesisch Fo)
uuzähligemal angerufen, auch Traumauslegung und Zeichendenterei getrieben. Die
Priester nennt der Europäer nach einem japanischen Worte, das soviel als Priester
bedeutet, Bonzen. Sie wohnen mafsenweis in Klöstern, leben von Almosen, sind
unwissend (denn selten verstehen sie das Sanskrit ihrer Gebete) und weuig geachtet.
Ihre Zahl im eigentlichen China wird auf eine Million angegeben. — Verschieden von
den Bräuchen der Bouzeu ist der Kultus der oberu Volksklassen und Man-
dar ine bis znm kaiserlichen Hofe hinauf. Bei aller äußern Achtung vorder
Volksreligiou — denn der Kaiser ist ihr Schirmherr und besucht selbst zu Zeiten das
prachtvolle Klosterheiligthum des Fo in seiner Hauptstadt — hält er es doch mit einem
andern Kultus, wo theils die beiden Geister des Himmels und der Erde mit Dank
und Bitten in Tempeln verehrt werden, theils großer Wohlthäter (z. B. des ersten
Ackerbauers, des Erfinders der Seide :c.) und auch der eignen Vorfahren in Ehrfurcht
gedacht wird. Dies geschieht höchst feierlich und auf die Lehreu und Hymnen des
weisen Kongsntse gestützt, der vor mehr als 2409 Jahren den religiösen Glauben
des Volkes zu reinigen strebte, aber als ein zu nüchterner Mann mehr auf die Polizei-
liche Haudhabuug der öffentlichen Moral gewirkt hat. Eine ewig schaffende Kraft und
ein ewiger Urstoff sind nach seiner Lehre die Grundlagen aller Dinge; der Himmel,
die personificirte Schöpferkraft, wirkt jedoch nicht mit Willen, sondern nur durch seine
Natur; nach dem Tode kehrt der Leib in seinen Urstoff, die Seele in ihre Urkraft zu-
rück. Keine Priester, keine heiligen Zeiten. Kongfutses Lehre kaun das Herz nicht er-
wärmen, den Geist nicht zu Idealen erheben; ihm ist die Sittlichkeit nicht das Pro-
dukt geistiger Freiheit, sondern des richtig geleiteten Naturtriebes, daher die äußerlichen
Tugenden oft nichts anderes als Deckmäntel unbesiegter Selbstsucht, die jedeu Vortheil
erlauert.
Der Altardieust in Peking steht unter Oberaufsicht des Kaisers, als Hohen-
Priesters, und in den Provinzen unter den Statthaltern. Bei der Feier ist großes
Ceremoniel, Gebete und Gesänge, Kniebeugung, Beugung der Stirn bis an den Boden
und Opfer von Thieren, die hernach beim Festmahl verspeist werden. In schweren
Zeiten, bei Dürre, Pestilenz, Kriegsunglück, sieht man den Kaiser selbst am Altare
des Himmelsgeistes, wie er laut fleht angesichts einer großen Versammlung. Die
Huldigung, die dem Ackerbau erzeigt wird, findet alljährlich einmal statt. Sie beginnt
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Extrahierte Ortsnamen: China Chinas Peking Ostindien Tibet China Buddhas China Peking