48 Kurfürst Mon'z.
dachte , als sich seine Talente zu ent-
wickeln anfiengen. Die engen Grenzen, in
welchen er am Hofe seines Vaters cinge-
fchloßen gehalten wurde, waren für seinen
thatigen Geist, der mehr sehen, mehr hören,
mehr nachahmen wolte, zu unbedeutend,
und das Bestreben seine hohen Eigenschaften
vollkommen ausbilden zu können, brachte
sehr bald den Wunsch in ihm hervor, daß
ihm doch sein Vater erlauben möchte, den
noch übrigen Theil seiner Jugend an einem
größern, glanzendem Hose zu verleben.
Um seines Wunsches befriedigt zu werden,
versäumte er keine Zeit noch Gelegenheit,
sich seinem Vater in allen gefällig zu zeigen,
und sich dessen ganzes Zutrauen zu erwerben.
Als er ihn nun einmal bei rechter guter Ge-
müthöversassung fand, und die Rede auf
Unorizens weitere Bestimmung kam, so
entdeckte er selbigem sein sehnliches Verlan-
gen, ihm nur bald Gelegenheit zu zeigen,
wo er seinen Geist mehr ausbilden, seinen
Trieb nach Thatigkeit mehr wirksam werden
lassen könte, und versprach übrigens in al-
len dein väterlichen Willen gemäß zu han-
deln. Herzog Heinrich, der dieses langst
vorausgesehen hatte, und eö iezt für zu hart
hielt.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Kurfürst Moriz. 81
Friedrich hingegen kann mit Recht unter jenen
seltnen Männern, die zu jeder Zeit Aufsehn
und Bewunderung der Zeitgenossen und der
Nachwelt erweckt haben, der seltenste genant
werden. Die gleichzeitigen Schriftsteller
suchen gemeiniglich in ihrem Gemälde Kur-
sürst Johann Friedrich den Grosmüthigen
auf Kosten seines Vetters, des Kurfürsten
Nstoriz ins hellste Licht zu stellen, und ver-
gessen, daß ersterer ohne Monzens außer-
ordentliche Thaten, Klugheit und Kriegs-
glück nicht so auszeichend an Karaktergröße
hätte werden können, als ihn der Ruf seines
standhaften Gleichmuts der Welt bekannt
und merkwürdig machte. Beide Fürsten
waren groß und von seltnen Vorzügen, beide
handelten auf verschiedene Arc, ieder zeigte
stch in seinem Lichte und wurde bewundert.
Um aber das angefangene Gemälde völlig
auözuzeichnen, muß ich noch die übrigen Tha-
ten und wichtigen Unternehmungen deö Kur-
fürsten Vhori$ erzehlen, die ihn noch mehr
als alle die bisher erzehlten in seiner Größe
zeigen.
Kaiser Karl der Fünfte war nicht zufrie-
den, daß er das eine Oberhaupt der verbunde-
F nen
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Extrahierte Personennamen: Moriz Friedrich Johann_Friedrich Johann Friedrich Karl_der_Fünfte Karl
9i
Kurfürst Morlz.
nach Thüringen in die Winterqvartiere.
sezteres rneldete er auch dem Kaiser, um
von allem Verdachte befreit zu seyn, und
hintergieng dadurch die schlauen Minister des
Kaisers, welchen Konzens verändertes
Betragen schon anfieng bedenklich zu werden.
Der staatskluge Granvella, der erste Mi-
nister des Kaisers schien ihm aber doch noch
zu aufmerksam auf seine Handlungen zu seyn.
Um also auch besten Verschlagenheit zu hin-
tergehen, brauchte Moriz folgenden Kunst-
griff. Granvella, der überall Kundschafter
hielt, gewann zwei Minister unsers Fürsten,
welche ihm von allen, was in Sachsen vor-
gieng, die genaueste Nachricht geben musten.
Ulon$ entdeckte sehr bald dieses Verstand-
niß. An statt aber die Minister zu bestrafen,
so stellte er sich ganz offenherzig gegen sie und
schien sie eines größer« Vertrauens als je-
mals zu würdigen. Er nahm sie zu allen
Berathschlagungen, ließ sie aber nur Lust so
viel wissen, als er wolte, daß an dem kaiser-
lichen Hose bekannt werden solté. Diese.schrie-
den nun, durch verstelte Vertraulichkeit betro-
gen, fleißig an die kaiserlichen Minister, und
Hintergiengen sie unwissend mit betrüglichen
Nachrichten, so, daß iene immer sichrer wurden.
Da
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Kurfürst August. 107
Vermögen häufte, und Millionen zusammen
brachte. Freilich werden wenige Fürsten in
der guten Haußhaltungökunst, die sich bis
aus Kleinigkeiten erstreckt, dem Kurfürsten
August, dem Lehrer aller guten Wirthe,
gleich kommen, daß aber bei einer guten
Wirchschaft viel gesamlet, und auch ohne
den Stein der Weisen — e6 müste denn sel-
biger entweder in genauer Berechnung der
Ausgabe und Einnahme, oder in den weisen
Verfügungen, welche die Vermehrung der
Einkünfte und Verminderung der unnökhigen
Ausgaben zur Absicht haben, bestehen — be-
trächtliche Summen ersparet und zurückge-
legt werden können, beweißt die wohlthätige
Regierung unserö iezigen gnädigsten Landes-
vaters.
Wärend sich Kurfürst August mit dem
Anbau seines Landes und der Verbesserung
des Nahrungsstandes seiner Unterthanen be-
schäftigte, ereignete sich ein Zufall, der ihn
nöthigte die Waffen zu ergreifen. Die erste
Gelegenheit dazu gab ein fränkischer Edel-
mann, N)ilhelm von Grumbach. Die-
ser hatte, als ein Gehülfe des obenerwähnten
Markgrafen Albrechtö von Brandenburg,
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Extrahierte Personennamen: August August August Grumbach
4
dieser itnte, von Kurfürst Ernsten bis auf
Kurfürst Friedrich den Grosmüthigen, war
die sächsische Kurwürde bei der ernestinifchen,
als der altern Linie; als aber Johann Frie-
drich dergrosmüthige 1547 vom Kaiser Karl
dem Fünften bei Mühlberg gefangen genom-
men wurde, verlohr selbiger die Kurwürde
nebst dem grösten Theile seiner Lande. Bei-
des kam noch in dem erwähnten Jahre 1547
an die jüngere, nämlich an die albertinische
Linie, aus welcher Herzog Moriz. zu erst
die Kurwürde begleitete; und von dieser Zeit
an ist selbige ununterbrochen bei dieser Linie
geblieben, welche von ihrem Stifter an bis
auf das jeßigeoberhaupt des sächsischen Hau-
ses, dem Lande, welches so viele beneiden,
dem glücklichen Sachsen, Regenten gab, die
wegen ihrer erhabenen Vorzüge und Fürsten-
tugenden von den jedesmaligen Zeitgenoßen
bewundert wurden, und bei der Nachwelt in
dein ehrwürdigsten Andenken geblieben sind,
und bleiben werden.
Damit uns nun die Geschichte der säch-
sischen Regenten, albertinischer Linie, von
ihrem Stifter an, im Zusammenhänge be-
kannt werde, so will ich in diesein Abschnitte
die
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Johann Karl Karl Moriz
is Herzog Albrecht
eines 2tufstandes und der Verrätherei aus-
setzen wolte. Uebrigens inuste es, ob eö
gleich die Nothwendigkeit erforderte, einem
ehrbegierigen Helden, als der tapfre Albrecbc
war, immer sehr krankend und schmerzhaft
sepn, daß er diesmal feinen Plan nicht auö-
führen konnte, und den Feinden das Feld
raumen muste. Die fehlgefchlagene Hofnung
eines glücklichen Ausgangs feines Unterneh-
mens grief ihn am Ende so an, daß er dar-
über in eine heftige Krankheit verßel, und
izoo zu Emden im acht und fünfzigsten Jahre
feines Alters starb. Wegen seiner persön-
lichen Tapferkeit und Unerschrockenheit wurde
er der Tapfere, oder der Beherzte genannt.
Die Regierung der väterlichen Erblande,
welche im Jahre 1482 durch den Tod des
Herzogs Wilhelms mit dem thüringischen
Landeöantheil ansehnlich vermehrt wurden,
führte er von 1464 bis 1485 gemeinschaftlich
mit seinem Bruder, dem Kurfürsten Ernst.
Im gedachten Jahre 1485 unternahmen aber
die beiden Brüder zu Leipzig eine Theilung
der fammtlichen Lande. Kurfürst Ernst
theilte selbige in zwei Theile, in den meißni-
schen und thüringischen Theil, und Herzog
. > * Albrechc
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TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Wilhelms Ernst Ernst Ernst
Herzog George
24
Luthers Lehrsätze immer weiter aus breiteten,
so widersetzte er sich ernstlich , daß selbige im
seinein ^ande nicht eingesührt würde. Es
korrte vielleicht bei der Verweigerung der
Annahme der lutherischen Lehre auch ein ge->
wißeö Miövergnügen zum Grunde liegen,
welches er darüber empfand, daß die Univer-
sität Wittenberg bei dieser Gelegenheit in
den blühensten Zustand gesetzt wurde, wodurch
Leipzig beträchtlichen Abbruch litt.
Bei der Kirchenverbesserung, wie sie
Herzog George wünschte, solte nur aus die
Abschaffung der Misbrauche der Kirche gese-
hen "werden, die Glaubenslehren aber solten
unangetastet bleiben; wie denn überhaupt
Herzog George ein eifriger Vertheidiger der
pabstlichen Lehre von guten Werken war,
welches er durch viele Beispiele in seinem
Leben, wo er aus Religionseifer ernstlich nach
der Ausübung guter Werke trachtete, be-
wiest. Um aber doch Luthers Gesinnungen,'
von welchen er bisher durch D. Sraupitzen
viel rühmliches gehört hatte, genauer kennen
zu lernen, so ließ er selbigen nach Dresden
kommen, besprach sich mit ihm, und ließ
ihn dann in der dasigen Schloßkapelle predi-
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»
3o Herzog George.
-roß nun Ecken dermassen, daß er, weil er
hier gegen seine Gegner nichts ausrichkete,
nach geendigter Disputation, nach Rom
reiste, und vom Pabste eine Bannbulle wi-
der Luthern auswirkte. Uebrigens wurde
bei dieser langen, feierlichen Disputation in
-er Hauptsache nichts ausgemacht, und die
beiden Partheien wurden dadurch nur noch
mehr gegen einander aufgebracht, Herzog
George, dessen Erwartung auch nicht be-
friedigt wurde, und der in Luthers Lehre vie-
les fand, worinnen er ihin nicht beistimmen
wolte, erklärte sich nunmehro ganz wider
Luthern und feine Lehre, und fo lange er lebte,
konte die evangelische Lehre in feinem Lande
nicht aufkommen.
Einige Jahre nachher half Herzog Ge-
orge die unruhigen Bauern, welche beson-
ders in Thüringen einen Aufstand erregten,
wieder zum Gehorsam bringen. Die Bau-
ern hatten sich vorgenommen, ihren Her-
schaften die schuldigen Dienste nicht mehr zu
leisten. Sie wolten alles gemein haben, ihre
Prediger selbst erwalen, und die Leibeigen-
schaft, wo sie eingeführt war, nebst den
Frondiensten abfchaffen. Der eigentliche
Anfang
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
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34 Herzog George der Bärtige.
der Bärtige genennt wird. Kurz vor sei-
nem Tode suchte er noch seinen Bruder Hein-
rich zu bewegen, daß er sich wieder zur rö-
misch katholischen Religion bekennen möchte,
und ließ ihm den Antrag thun, daß er ihn
unter dieser Bedingung, noch bei Lebzeiten die
Regierung seiner Lande übergeben wolte,
worauf aber der Herzog Heinrich zur Ant-
wort gab; er habe seinen Bruder herzlich lieb,
wolle auch seine brüderliche Liebe und Treue
gegen ihn in der That erzeigen, was aber
die Lehre und den Glauben beträfe, so trüge
er doch Bedenken seinen Vorschlag anzuneh-
men. Hierauf soll Herzog George, dein
die Antwort seines Bruders verdroß, den
Entschluß gefaßt haben, selbigen von der
Nachfolge in der Regierung seiner Lande
auszuschliessen, und dem König Ferdinand,
mit welchem er sehr vertraut lebte, durch ein
Testament seine Erblande zu vermachen.
Ehe er aber diesen Gedanken zur Ausfüh-
rung bringen konte, überraschte ihn der Tod
am 16 Apr. 1539 zu Dresden im acht und
sechzigsten Jahre seines Alters, und sein
weitlauftigeö Gebiet siel dein rechtmäßigen
Erben, dem Herzog Heinrich zu.
Herzog
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich George Ferdinand Heinrich Heinrich
44
Kurfürst Moriz.
berg bekannt ist, wo Johann Friedrich der
Groemüthige gefangen genommen wurde,
die Kur Sachsen, nebst dem grösten Theile
seiner kande verlohr und beides dem Herzog
und seinen Nachkommen übertragen
wurde. Diese Begebenheit war allerdings
wichtig, und hat schon manchem Politiker
Gelegenheit gegeben Betrachtungen darüber
anzustellen. Die gleichzeitigen Schriftsteller
waren oft zu partheiisch, als daß sie den Her-
gang der Sache mit ihren gleichwichtigen
Nebenumstanden, mit ruhiger Ueberlegung
ohne partheiische Anmerkungen hatten erzehlen
können, und wenn in der Folge die neuern
ihre Erzehlung auf solche Nachrichten gründe-
ten, so konte eö nicht fehlen, daß der Ka-
rakter ihrer Helden zuweilen tm salschenkichte
erschien. Die Hauptgegenstande der eben
gedachten merkwürdigen Begebenheit sind
schon im vorigen Theile bei der Geschichte
Kurfürst Johann Friedrich des Grosmüthi-
gen erzehlt worden, und wenn ich mir
schmeicheln darf, daß ich dort ein treues Ge-
mälde von dessen Karakter entworfen habe,
so hoffe ich auch, daß ich jenem unbeschadet,
hier den Karakter des großen Moriz, der
in allen Betracht, ein Regent von den erha-
bensten
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Extrahierte Personennamen: Moriz Johann_Friedrich_der
Groemüthige Johann Friedrich Johann_Friedrich_des_Grosmüthi- Johann Friedrich Moriz