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1. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 2

1912 - Leipzig : Wunderlich
2 desbildung. Der Stoff trat in den Mittelpunkt des ganzen Er- ziehungssystems, das Kind als solches mit seinen Bedürfnissen blieb völlig unberücksichtigt. Zn einer Zeit aber, welche die neue Wahrheit gebar, daß die Welt nicht vollgepfropfte Wissenssäcke, sondern Menschen mit ausgeprägter, schöpferischer Kraft braucht, und damit Hunderttansenden von Vätern und Müttern und Tau- senden von Lehrern die plötzliche Erleuchtung brachte, daß die Hauptaufgabe der Erziehung darin bestehen müsse, alle schöpfe- rischen Kräfte im Kinde zu wecken und zu fördern, kurz, zu ent- wickeln (Scharrelmann, Weg zur Kraft: „Aber Kräfte wecken und diese so stark wie möglich zur Tätigkeit anregen, das ist das ganze Geheimnis der Pädagogik.") — zu einer solchen Zeit das Ge- rümpel überlieferter Erziehungstorheiten vor sich als Schutz- und Trutzmauer aufzubauen, wäre ein unbegreifliches Beginnen. Diese Gleichgültigkeit hat andernteils ihren Grund in aller- dings ganz bedeutenden Schwierigkeiten, die einer Reform des Unterrichts an den einfachsten Volksschulen entgegentreten; und daher ist sie verständlich — aber nicht entschuldbar; denn Männer, denen die Bequemlichkeit das höchste Ziel des Lebens ist, sind Feinde aller Entwicklung, alles Fortschritts. Auch die einfachste Landschule braucht kampfesfreudige Naturen, die unerschrocken alle Hindernisse auf dem beschwerlichen Wege zur Lösung der mit jeder neuen Wahr- heit auftretenden Probleme zu nehmen suche::, Naturen, denen, wie Felicitas Rose in ihrem prächtigen „Heideschulmeister Uwe Karsten" zitiert, „Ringen und Kämpfen, Entsagen und Dienen als das einzig Richtige für die besondere Kulturmission des Volks- schullehrers" erscheint. 2. Tie Schwierigkeiten einer Reform der zweiklasfigen Landschule. Der Lehrer der einfachsten Dorfschule hat in der Hauptsache mit drei bei einer Reform des Unterrichts als Hemmnis wirkenden Faktoren zu rechnen: Mit einem sprichwörtlich zähen Festhalten der Landbewohner an allem Traditionellen, einer meist recht ge- ringen finanziellen Kraft der Gemeinde und dem leidigen Abtei- lungswesen seiner Klassen. Wenn man erwägt, in wie großem Maße das gute Einver- nehmen zwischen Gemeinde und Lehrer zu einer gedeihlichen Ent- wickelung des ländlichen Schulwesens beiträgt, leuchtet es ein, daß strikte Ignoranz des jedem Dorflehrer recht wohl bekannten bäuerlichen Starrsinns, womit der erste eine Reform des Unterrichts hemmende Faktor auf bequemem, dabei rechtlich unanfechtbarem Wege ausgeschaltet werden könnte (denn irgendwelches gewalt-

2. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 4

1912 - Leipzig : Wunderlich
4 ringe finanzielle Kraft der kleinen Dorfgemeinden, wenn auch nicht mit einem Schlage, so doch nach und nach, zu beseitigen vermag. Wer die Eltern in erhöhtem Maße für die Schule zu interessieren verstand, wird mit Verwunderung und Freude bemerken, daß die Geldbeutel lockerer in der Tasche sitzen als früher, wenn man in Hinsicht auf die durch eine Reform hervorgerufene Mehrbelastung der Lehrmittelkasse Gaben heischt. Das für die Schule erhöhte Interesse wird sich aber auch in der Weise geltend machen, daß es die Eltern bei besonderen An- lässen, besonders festlichen Veranstaltungen, des öfteren und zahl- reicher als bisher der Schule zuführt, dadurch den Kindern die Be- deutung der Schule mehr zum Bewußtsein bringt und den Lehrer von einem z. B. durch die befremdende Tatsache erzeugten nieder- drückenden Gefühl befreit, daß eine halbjährliche Arbeit des Geist- lichen an den Kindern (Konfirmanden!) mehr Beachtung fand, als seine achtjährige mühevollere Arbeit. (Kirchen- und Schul- examen!) Im Interesse des Ansehens der Schule muß es für unerläßlich gelten, die Feierlichkeiten öffentlich zu gestalten, wenn auch der Wert einer Feier „im engeren Kreise" durchaus nicht verkannt werden darf. Ein totales Mißverständnis dieser Forderung der Öffentlichkeit aller Schulfeierlichkeiten bedeutete es, wollte man sie zu Feiern für Erwachsene stempeln, denen das Kind verständnis- los und gleichgültig gegenüberstehen würde. Die Erfahrung be- stätigt doch wohl die Behauptung, daß reine Kinderfesttage zugleich auch die schönsten Feste für die Eltern sind, nicht aber umgekehrt. Sie berechtigt den Lehrer zu der Hoffnung, bei in zweckmäßiger Weise ausgestalteten Schulfeierlichkeiten durch den Reiz der er- höhten Stimmung die Kinderherzen, durch das Erwecken eines an- heimelnden Echos aus der Jugend-, der Schulzeit herüber auch die Elternherzen gefangen zu nehmen und für derlei Veranstal- tungen dauernd zu gewinnen. Auch der dritte, eine Reform des Unterrichts an der einfachsten Dorfschule hemmende Faktor muß näher ins Auge gefaßt werden: Das leidige Abteilungswesen der Klassen. Daraus, daß gleichzeitig Kindern vier verschiedener Altersstufen der Erwerb von Kenntnissen ermöglicht wird, daß dieser Erwerb von Kenntnissen nicht mehr auf dem einfachen aber unstreitig falschen Wege bloßer Mitteilung, sondern „aktiv, durch eigenes Sehen, Beobachten und Experimen- tieren" (Die Arbeitsschule. Aus der methodischen Abteilung des Leipziger Lehrervereins. Leipzig, Alfred Hahns Verlag.), also auf dem Wege der „Selbstbetätigung", oder der „sclbstschöpferischen Tätigkeit", oder kurz der „Arbeit" erfolgen soll, daß endlich bei verschiedenen Arbeiten auch verschiedene geistige Werte gewonnen

3. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 6

1912 - Leipzig : Wunderlich
Ii. Die praktische Gestaltung des Arbeitsprinzipes in der Unterklasse der zweiklassigen Volksschule im allgemeinen. 1. Werktätigkeit als Prinzip. Die besondere Betonung der „Werktätigkeit" im Unterrichte hat zu ihrer Einführung als Prinzip und als Disziplin veranlaßt. Obwohl gegen die Einführung der Werktätigkeit als Disziplin an und für sich keine Bedenken erhoben werden können, insofern sie die Herstellung solcher Objekte ins Auge faßt, die den Unterricht direkt unterstützen, also intellektuellen Wert haben, so kann sie doch für die zweiklassige Dorfschule vorläufig gar nicht in Frage kommen, da entweder eine sofort auf heftigen Widerstand stoßende Mehr- belastung der Gemeinde oder ein Austausch einer der unentbehr- lichen Disziplinen des heutigen Planes gegen den Werkunterricht erfolgen müßte. Das Bedenken aber, die Werktütigkeit im Prinzip erfordere zu viel der dem Unterrichte an zweiklassigen Schulen besonders knapp zugemessenen Zeit und verleite daher zur Ver- geudung kostbarer Stunden, verliert seine Existenzberechtigung in Hinsicht aus den hohen Wert der mit „schaffendem Lernen" iden- tifizierten Selbstbetätigung, welcher in der leichteren, rascheren und intensiveren Art der Abwickelung des Lernprozesses liegt. Die Unterrichtsziele werden somit absolut nicht in Frage gestellt, vor- ausgesetzt, daß man dem Kinde ein produktives Können zumutet, das seiner Natur entspricht, daß man aus ihm keinen Künstler machen will, daß man das Objekt nicht als Zweck, sondern als Mittel zum Zweck setzt. Also kanu die Frage „des werkunterricht- lichen Betriebes als Prinzip" in möglichster Präzision so formu- liert werden: Wie muß verfahren werden, daß auch in der Unter- klasse der zweiklassigen Volksschule ohne Mehrbelastung der Ge- meinde oder Ausschaltung irgendeiner Disziplin aus dem heutigen Plane die Werktütigkeit zu ihrem Rechte kommt?

4. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 8

1912 - Leipzig : Wunderlich
8 und Aufbewahrung der Masse, sowie für besondere Kleidung weg- fallen. Sodann ist Plastilin, auch den mit Fetten und Ölen, wie Glyzerin und Sesamöl, präparierten Tonerden gegenüber, die rein- lichere Formmasse und darum Kindern und Eltern willkommener. Meine Erfahrungen mit Ton waren nichts weniger als ermuti- gend; denn „Unterlagen und Formhölzer, Hände und Kleidung, alles, was im Bereiche der arbeitenden Kinder war, trug bald die Spuren der plastisch schaffenden Betätigung. Achtlos abfallende Tonbröckchen wurden auf den Bänken zerrieben, auf dem Boden zertreten und schwängerten die Schulsaalluft mit feinem Tonstaub." (Schaffen und Lernen. Hans Denzer. Verl. v. Ernst Wunderlich, Leipzig.) Drittens erhärtet Plastilin nicht, kann also immer wieder eingeknetet und zu neuen Objekten verwendet werden. Endlich wird es nie brüchig und gestattet infolge seiner größeren Zähigkeit die Herstellung von Gegenständen mit sehr dünnen Verbindungsstellen. Am besten verarbeitet sich mittelhartes Plastilin, da sich bei ihm der Einfluß der Temperaturschwankungen leicht regulieren läßt. Die durch die Wärme des Sommers oder der Kinderhand vielleicht zu weich werdende Formmasse erhärtet man in kaltem Wasser, während in der Winterkülte zu hart gewordenes Plastilin sehr bald durch Kneten in der warmen Hand wieder die gewünschte Ge- schmeidigkeit erhält. Bei der erfahrungsgemäß ganz geringen Ad- häsion des Plastilins in bezug auf die Hände bedarf es nur ein wenig Wassers mit Seife, um alle Spuren der Selbstbetätigung augenblicklich zu entfernen. Mehr haftet die Formmasse der Unter- lage an, die bei uns ein Zigarrenkistenbrettchen bildet, da Linoleum- abfälle immerhin nicht so leicht erreichbar sind. Man begegnet diesem Übelstande erfolgreich, wenn man auf dem Brettchen geöltes Papier befestigt, das absolut keine Adhäsion leidet. Da beim Formen Finger, Handflächen und Unterlage nicht genügen können, um feinere Merkmale am Objekte zur Durchfüh- rung zu bringen, benutzt man noch ein Modellierholz, dessen zweck- mäßigste Gestalt sich aus den mit ihm vorzunehmenden Manipu- lationen ergibt. Streichen und Rollen erfordert Fläche, das Ein- drücken und Einstechen von Vertiefungen Verjüngung der Fläche zur Stäbchenform nach einer Seite hin. Die Modellierholzform, die man in „Löffler, Lindemann, Schimpf. Mit Modellierholz, Schere und Kreide. Leipzig. Alfred Hahns Verlag." S. 11 unter Abb. 1 und in „Schaffen und Lernen. Hans Denzer." S. 36 unter Abb. 5 dargestellt findet, entspricht den Anforderungen. Buntpapier, matt und glänzend, bezieht man gut von Martin und Fischer, Chemnitz. Da die Rückflüche gummiert ist, wird das Aufstreichen von Klebstoffen, eine oft recht unsaubere Arbeit, un- nötig.^ Zum Anfeuchten der gummierten Fläche dient der Tafel-

5. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 10

1912 - Leipzig : Wunderlich
10 Ideale, nicht nur für notwendig und schön, sondern bin auch der Meinung, 'daß wir sie bei all unserem Tun vor Augen und im Herzen haben sollen, daß sie all unser Streben durchwärmen müssen wie die Sonne den Acker. Ich halte auch ein Zusammenleben der Menschen ohne allen Zwang für einen schönen Gedanken und des Schweißes der Edlen wert; alles Kulturstreben ist auch ein Streben nach Verminderung des Zwanges. Aber ich kann auf den Tod die Leute nicht leiden, die immer mit zwei Schritten beim letzten Ideal sind und so tun, als wenn die Menschen in drei Tagen das Paradies fertig haben könnten, wenn sie nur wollten." Ausgehend von der Erkenntnis, daß der Wissensschatz, den die Schule, ob Lern-, ob Arbeitsschule, auf jeden Fall ihren Zög- lingen vermitteln muß, immer nur einen Teil des heute bei jedem halbwegs Gebildeten erwarteten Allgemeinwissens bildet, daß ferner die geistige Aneignungsfühigkeit des Menschen im Kindes- alter geradezu enorm ist, kann man sich nicht mit der Meinung befreunden, daß das Minimum der in der Schule zu erwerbenden Kenntnisse zu hoch geschraubt sei. Die Hauptsache bleibt immer die Erarbeitung dieses Minimums auf dem richtigen Wege, den Gesetzen der Anpassung und geistigen Entwickelung entsprechend. Die zwangsmäßige Bewältigung des Stoffes mußte von Anfang an zur Schädigung des kindlichen Körpers und Geistes führen, da ein- mal dem unentwickelten Körper jede Gelegenheit „zu dem ihm not- wendigen Lage- und Stellungswechsel" (Arbeitsschule, Leipziger Lehrerverein), sodann aber auch die Möglichkeit, „geistige Span- nungen durch körperliche Äußerungen zu entladen" (Ebenda!), unterbunden wurde. So stand der gesamte Unterricht ausnahms- los unter dem Signum der Arbeitsunlust, die eine beispiellose In- teresselosigkeit der Kinder an allem Schulstosf (trotz der vielen Ge- waltmittel und -mittelchen, die Stoffe interessant zu gestalten) und eine in keinem Stande so wie unter der Lehrerschaft auftretende Erscheinung zeitigte, die „Steckenpferdreiterei", über die Scharrel- mann in seinem Buche „Weg zur Kraft" also klagt: „Der eine ,treibt' in seinen Mußestunden Literatur, dichtet heimlich oder unheimlich, der andere preßt Pflanzen, spießt unschuldige Käfer auf Nadeln, baut zierliche Dynamos und Induktionsmaschinen, der eine studiert höhere Mathematik, der andere Grammatik der Hottentottensprache. Es gibt keinen Sport, keine Kunst und keine Wissenschaft, die nicht ihre zahlreichen Vertreter unter den Schul- leuten haben. Dabei soll ganz abgesehen werden von den Pedal- drückern, Zeitungsberichterstattern und anderen verwandten Be- rufsgenossenschaften. Es ist ein Jammer, der zum Himmel schreit! Wenn alle die Kraft, die ,unsere Leute' nach 4 Uhr entwickeln, nur zum zehnten Teile der Schule zugute käme!-----------" Auch mich

6. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 11

1912 - Leipzig : Wunderlich
11 — und wer sollte sich heute scheuen, so etwas offen zu bekennen! — führte die Arbeitsunlust auf ein Sondergebiet: Ich dichtete — heim- lich und — — unheimlich. Das ist heute, Gott sei Dank, anders geworden: Ich habe mich zu meiner alten lieben Schularbeit zurück- gefunden, deren Produktivität ja auch Poeten verlangt, warme, für alles Gute und Schöne empfängliche und begeisterte Herzen; und in meiner Schule herrscht „Arbeitsfreudigkeit", die wie goldner Sonnenschein auf allen den kleinen, lieben Gesichtern liegt und die Wangen rötet und den Augen fröhlichen Glanz verleiht. Auch ihr, Landlehrer der kleinsten unter den Schulen, treibt das düstere, hohläugige, bleichwangige Schulgespenst aus euern Mauern! Türen und Fenster auf, daß der frische Frühlingshauch einer neuen Schul- ära durch die Zimmer streichen kann und den dumpfen Druck bleierner Winteröde aus Lehrer- und Kinderherzen hinwegweht und sie rascher und freudiger schlagen macht, daß die warme Früh- lingssonne die Eisrinde um die Kinderherzen schmilzt und aus den verschlossenen Blüten der Kindesseele strahlende Blumen hervor- zaubert! O, ihr ahnt ja nicht, wie unermeßlich viel Freude und Schönheit auch in dem kleinen Raume eurer Schulstuben wohnen kann!----------— Die Forderung der Möglichkeit einer Entladung geistiger Spannungen durch körperliche Äußerungen, zu denen nicht nur allgemeine Körperbewegungen, Mienen- und Gebürdenspiel und manuelle Betätigung, sondern auch der Gebrauch der Sprachorgane zu rechnen sind (denn Anschauung und Sprache sind Korrelate: Eindruck und Ausdruck), verpflichtet zunächst dazu, die Kinder an selbständiges Sprechen zu gewöhnen. Patzig und Linke zitieren in ihrem Buche „Tätiger Geist und geschickte Hand" dazu: „Die Schüler müssen, damit ihr geistiges Leben in munteren Fluß komme, mehr reden, aus sich herausgehen lernen, müssen im Denken und Sprechen an größere Selbständigkeit gewöhnt und dürfen beim Lehrgespräch nicht fort und fort an der Hand ermüden- der, spielend leicht zu beantwortender, oft nur auf Nebensächliches gerichteter Fragen ängstlich geleitet werden, wie wenn ihnen höhere Anforderungen geradezu unzuträglich wären. Leicht genug finden sie sich in eine Methode, die ihre Selbständigkeit ernstlich in An- spruch nimmt. Man ist von früher her gewöhnt, kommt jedoch mehr und mehr davon zurück, im ununterbrochenen Geplapper des Frage- und Antwortspieles die Stärke des Lehrers zu sehen." Der Versuch zur Gewöhnung an selbständiges Reden, ans Aus- sichherausgehen erstreckt sich nach zwei Seiten hin. Er gilt den Neulingen und den Kindern des zweiten bis vierten Schuljahres. Da das Dorfkind im allgemeinen isolierter aufwächst als das Stadtkind, ist der Schulnovize auf dem Lande gewöhnlich auch

7. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 13

1912 - Leipzig : Wunderlich
13 in dem alten Schülermaterial für alle weiteren nenen Jahrgänge beachtenswerte igilfen, die ihm für künftige Zeiten einen fchnellcren Erfolg seiner Bemühungen an den Neulingen sichern, ja diese Be- mühnngen endlich ganz unnötig machen werden, wenn er ein Ge- schlecht heranzog, das seinen Kindern im vorschnlpflichtigen Alter nicht mehr die Schattenseiten der „alten Schule" als Schreckge- spenster vorhalten kann, weil es diese Schattenseiten nicht mehr kennt. Die andere Verpflichtung, die obige Forderung dem Lehrer auferlegt, seine Zöglinge manuell zu beschäftigen, bringt es von selbst mit sich, daß dem Körper überhaupt größere Bewegungs- freiheit gegönnt wird und damit die von Wetekamp und Wohlrab gegeißelten, für die „alte Schule" sehr charakteristischen Wiede- mannschen Sätze: „Die gefalteten Hände liegen vor den Kindern ans der Tafel; bei jeder Antwort, die sie geben, überhaupt, sobald sie sprechen wollen, müssen sie die rechte Hand erheben ohne weitere Bewegung —" in die Gerümpelecke abgetaner Erziehungstorheiten gehören. So erhält der gesamte Unterricht ein freudigeres, lebens- frischeres Gepräge, das, rückwirkend auf den Lehrer, geeignet sein wird, das Gespenst der Nervosität, das erschreckend häufig gerade im Lehrerstande auftauchte, zum Teufel zu jagen. Wie sich die Pflege der manuellen Betätigung bei dem Abteilungswesen in der Unter- klasse einer zweiklassigen Volksschule gestalten kann, darüber geben die Beispiele aus der Praxis in Teil Iii meiner Arbeit Aufschluß.

8. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. 15

1912 - Leipzig : Wunderlich
15 sittliche Urteil zu wecken, führt man die Kinder dazu, daß sie das Wohlgefällige und das Mißfällige der Gesinnungen, des Wertes und Unwertes der Handlungen empfinden, und läßt man diese Emp- findungen auch aussprecheu und kleidet nun die selbstgefundenen und ausgesprochenen Urteile in volkstümliche Aussprüche und Sätze, so wird der Märchenunterricht zu einer Schule der Lebensweisheit und Herzensbildung im einfachsten Gewände." Als ich endlich in Oberlehrer Wohlrabs prächtigem, ministeriell empfohlenem, eben- falls vorhin schon erwähntem Buche das Kapitel über „Kreidolfs Wiesenzwerge in der Elementarklasse" las und später Gelegenheit hatte, das, was ich gelesen, durch ihn selbst zum Teil praktisch vor- geführt zu sehen, lag der Weg, den ich gehen mußte, klar vor mir. Ich habe ihn mit frohen Erwartungen betreten, jubelnd sind meine Kleinen ihn mir gefolgt, und als wir am Ziele waren, kannten sie nur einen Wunsch: Mehr solcher Geschichten, immer, immer mehr! So wie Kreidolfs prächtige Geschichte noch viel wirksamer auf die Herzen der Kleinen wird durch ebenso prächtige Bilder, mußte es auch bei den Märchen sein. Ich fand keine so vorzüglich farbig illustrierten Märchenbücher, als die im Verlag von I. Scholz, Mainz, erschienenen, wofür Namen wie E. Liebermann, A. Schmid- hammer u. a. bürgen. Jedes Buch enthält ein Märchen mit vielen oft ganzseitigen Bildern und kostet nur \M. Es wäre nun recht schön gewesen, wenn, wie bei Oberlehrer Wohlrab, Brambach, jedes meiner Kinder Hütte ein Buch in die Hand bekommen können. Da ich aber den Eltern nicht noch eine solche „Extraauslage" zumuten wollte, weil sie bis jetzt immer schon tiefer als gewöhnlich hatten in den Geldbeutel greifen müssen und ich womöglich Gefahr lief, das Empfinden in ihnen zu erwecken, als mißbrauche ich ihren guten Willen, sah ich mich vor die Aufgabe gestellt, mir auf andere Weise zu helfen. Ich tat also einen großen Griff in die unter vielen Schweißtropfen und Ärgernissen von mir geschaffene Neben- kasse für Lehrmittel und kaufte die im Verlage von Meinhold und Söhne, Dresden, erschienenen Bilder: Rotkäppchen, v. I. Felix Elß- ner-Dresden, Frau Holle, von demselben, Schneewittchen, von E. Mediz-Pelikan-Dresden, und Aschenbrödel, von demselben, in Wechselrahmen. Zwei Goldfüchse von den dreizehn, die wir, die Kinder und ich, uns in einem Jahre verdient hatten, waren hin. Aber uns allen gefiel der Zimmerschmuck, und meine Kleinen konnten doch nun mit Märchen auf eine Art Bekanntschaft machen, die sie bisher nicht gewöhnt waren und die ihnen, wie ich hoffte, das Lernen zu einer Lust machen sollte. Als ich eines Tages, es ist so ungefähr vierzehn Tage nach Ostern, ins Klassenzimmer trete, höre ich in der Reihe der Kleinsten ein Schluchzen. „Nanu, was ist denn das? Die Tischer-Toni

9. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. V

1912 - Leipzig : Wunderlich
Wwwwwwwsminw Vorwort. In Dr. Hans Zimmers „Männer, Bücher und Probleme" (Verlag von Greßler, Langensalza) liest man in einem Abschnitte über die Jugendbildung der Chinesen: „Der blinde Gehorsam, der unbedingt verlangt wird, macht das Kind von vornherein zur Maschine; die Unterrichtsmethode ist eine rein mechanische: Das Schreiben ein Nachpinseln, das Lesen ein Nachplappern, die An- eignung aller Kenntnisse ein blödes Auswendiglernen und das Ganze eine große chinesische Mauer, die dem Kinde von vornherein den Horizont absperrt." — Eine objektive Kritik der bisherigen Ver- hältnisse unserer Jugendbildung gelangte zu einem nicht minder abfälligen Urteile und stellte dem Satze gemäß: Wer einreißt, soll auch wieder aufbauen! neue Richtlinien für die Schulerziehung ans, welche die Lernschule mit ihrer einseitigen Verstandesbildung zu einer Schule umbildeten, in der man dem Kinde mit seinen Inter- essen und Bedürfnissen mehr Rechnung zu tragen und dem Kopfe, dem Herzen und der Hand zu gleichem Rechte zu verhelfen bestrebt ist. Dieser Schule hat man den Namen Arbeitsschule gegeben, aber nicht etwa nur in Hinsicht auf die manuelle Betätigung, die sie pflegt, sondern deswegen, weil sie alle selbstschöpfe- rischen Kräfte im Kinde zu mobilisieren und mit deren Hilfe eine möglichst intensive Selbsterarbeitung der Kenntnisse und Fertigkeiten seitens des Kindes in die Wege zu leiten sucht. Tätiger Geist, fühlendes Herz, geschickte Hand, diese drei machen das Wesen der Arbeitsschule aus. Es ist schon viel geistiges Kapital verschlungen worden, um der Arbeitsidee die rechte Geltung zu verschaffen, und allenthalben im Lande arbeitet man an einer dementsprechenden Reorganisation der Schulen. Der Meinung, daß auch die kleinsten Schulen in dieser Beziehung nicht zurückstehen dürfen, habe ich die Arbeits- idee in jahrelanger stiller Arbeit zunächst in der Unterklasse meiner

10. Die Unterklasse einer zweiklassigen Volksschule im Lichte der Arbeitsidee - S. VI

1912 - Leipzig : Wunderlich
Vi zweiklassigen Landschule zu verwirklichen angestrebt. Die vorlie- gende Arbeit soll zeigen, daß das trotz mancher Schwierigkeiten sehr wohl möglich ist. Es liegt mir fern, im Leser etwa die Mei- nung erwecken zu wollen, als erhebe ich Anspruch auf Muster- gültigkeit meines Verfahrens. Wir alle wissen ja, daß keiner von uns vollkommen ist. Wir streben aber danach, ein mög- lichst gutes Verfahren zur Erlangung des uns gesteckten Zieles zu finden. Und in diesem Streben, welches das wahre, das rechte Leben ausmacht, wie einer der tüchtigsten Leipziger Pädagogen, Schulrat Dr. Hempel, einst sagte, wollen wir uns durch Mitteilung unserer Gedanken, Ideen, Pläne und Erfahrungen gegenseitig unter- stützen. Wenn meine Arbeit dem jetzt leider noch so kleinen Häuf- lein von Kollegen zweiklassiger Landschulen, die bereits Freunde einer Schulreform im Sinne der Arbeitsidee geworden sind, nützen könnte, in den noch Abseitsstehenden aber das Verlangen zu er- wecken vermöchte: Auch wir wollen nicht zurückstehen, sondern mit- helfen zur Lösung der Frage über die Verwirklichung der Arbeits- idee im Unterrichte in Hinsicht auf unsere Schulen, unsere Kinder! dann wäre sein Zweck erreicht. In diesem Sinne habe ich es geschrieben. Hohendorf, im Mai 1912. Alfred Bessiger.
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