Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 1, Abth. 1 - S. 132

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
132 Zur physischen Geographie. welche auf dünnem Fußgestell stehend in jedem Augenblicke herabstürzen zu müssen scheinen, wiewohl man sie schon seit Jahrhunderten so gesehen. Es leuchtet jedoch ein, daß eine derartige physiognomische Charakteristik der ein- zelnen Gebirgsarten und -Züge weit weniger durch das bloße Wort, als durch die versinnlichende Zeichnung und Farbe gegeben werden könne. Durch sie erst wird das Auge z. B. ein genügendes Bild erhalten von den prallen, bleichen Wänden und Thürmen des Dolomit, in denen nirgends ein Quer- spalt die kühnen lothrechten Linien bricht; so erst kann es zu voller Anschauung gebracht werden, wie der Porphyr bald in schweren Buckeln zusammensinkt, bald in mächtigen Felsenpfeilern anstrebt, während der Trachyt sich glocken- und domartig wölbt und der ihm nahe verwandte Phonolith am liebsten schlanke, zierliche Kegel baut. Die zerrissensten Formen endlich, oft bis zur Nadel zugespitzt, dürfte man (abgesehen von dem alles überbietenden Dolo- mit) in den Hochgipfeln des krystallinischen Schiefergebirges finden, die brei- testen, plump - einförmigsten dagegen in den erzreichen Schichten und Kuppen der Grauwacke. 15. Die Äutkane. i. Wo Bcrg seiud, die allweg brennen, ist gut zu versteh», daß an dem Ort das Rauchloch vnver- stopft ist und deßhalbeu die Flamm und Rauch ein freyeu Außgang haben. Seb. Münster. In ungleicher Weise sind Vulkane über alle Theile der Erdoberfläche verbreitet. Wir begegnen ihnen ebensowohl unter den Tropen, als in den Polarzonen; aus dem Schöße des Meeres, aus den Kämmen der Gebirge und aus den Flächen der Tafelländer und der Tiefebenen erheben sie ihre Gipfel. Ihre Zahl aber ist groß und beläuft sich nach Humboldt auf 225 Schlünde, die erloschenen nicht eingerechnet. Man hat sich bemüht die Vertheilung und Gruppirung derselben unter ein bestimmtes Gesetz zu bringen und auf einzelne von Norden nach Süden streichende oder mit dem Aeqnator parallel ziehende Linien hingewiesen. Und in der That ordnen sich die meisten Vulkane, wenn auch ungleichmäßig von einander entfernt, in gewisse charakteristische Reihen, die zuweilen eine Aus- dehmmg von mehr als 450 Meilen einnehmen. Vulkane in dieser gegen seitigen Stellung pflegt man, zum Unterschiede von den nur in vereinzelten

2. Bd. 1, Abth. 1 - S. 154

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
154 Zur physischen Geographie. Amerika, sondern es ist auch mit Wüsten heimgesucht; aber gerade darum ist es an Mannigfaltigkeit der Erscheinungen der Neuen Welt überlegen. "Es wird von keinem Mississippi, keinem Amazonas durchzogen, aber es hat doch Culturströme, wie Indus-und Ganges, Jangtsekiang und Hoangho. Auf seinen Räumen bildeten sich Jagd-, Räuber-, Hirten-, Ackerbau- und see- fahrende Völker. Es waren die verschiedensten Formen und Gegensätze des Lebens gegeben, und die bald feindliche, bald freundliche Berührung, in welche dieselben traten, konnte nicht anders als die Menschheit allgemach zu höherer Bildung führen. Europa endlich ist glücklicher ausgestattet als alle anderen Erdtheile. Aber auch hier ist es nicht seine Halbinselnatur allein, welche entscheidet. Vielmehr gesellen sich dazu auch die auszeichnenden Vorzüge seiner Lage, in- dem es mit seinem Norden in den Gürtel der „Regen zu allen Jahreszeiten" und mit seinem Süden bereits in den Gürtel der Winterregen hineintaucht, so daß sich an dein Fuße der Alpen und Pyrenäen zwei ganz verschiedene Naturen begegnen: die der gemäßigten und die der subtropischeu Zone. Da- her finden wir im Norden Europas Wiesenbau und Viehzucht, im Süden den Oelbaum; im Norden Wälder und Gehölze von laubwechselnden Bäumen, im Süden inunergrüne Haine; im Norden Roggen - und Weizenfluren, im Süden bereits künstliche Reissümpfe; im Norden Reviere von Kern- und Steinobst, im Süden Citrusgebüsche mit goldglühenden Früchten. Wir finden die an- regendsten Gegensätze aus den Abhängen einer schmalen Halbinsel; aber wir finden nirgends Wüsten, und selbst die Steppen sind auf engeren Raum beschränkt. -i- * * Die Sprache der Völker hat die Wüsten mit Recht als Sandmeere be- zeichnet. Denn auch die Wüste dehnt sich scheinbar ins Endlose, wie die See, und die eine wie die andere hat ihre grünen Inseln, ihre Klippen, ihre Ufer. Ja unter Umständen steigert sich die Aehnlichkeit bis zu völliger Täu- schung. Noch einer der neusten Durchforscher der Sahara erzählt, als er von der Höhe des Sfapaffes herab zuerst die gewaltige Fläche zu seinen Füßen erblickt, habe er sich unter dem überraschenden Eindrucke kaum ent- halten können, wie einst die römischen Legionen und wie vor zwei Jahr- zehnten die französischen Regimenter, auszurufen: Das Meer! das Meer! Allein so groß immer die Aehnlichkeit sei, ist der Gegensatz doch größer. Während dort ein immer bewegtes Element die Sinne mit wechseln- den Bildern anspricht und in seinem Schöße eine unerschöpfliche Fülle des Lebens birgt, zeigt die Wüste dem einsamen Pilger Tag um Tag das starre Antlitz. Es ist ein Reich des Todes, in das er sich gewagt, und nur da,

3. Bd. 1, Abth. 1 - S. 158

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
158 Zur physischen Geographie. Wenn von den Weideländern der Kirgisen der erste Hauch des Früh- lings die mächtige Schneedecke hinweggenommen hat, dann brechen, als habe ein Zauberstab die Erde berührt, mit den Gräsern zahllose Tulpen, Hyazin- then und Krokus hervor, Gruppen hoher Malven und Königskerzen richten sich auf, und das Tausendgüldenkraut bildet rothschimmernde Inseln. In dem blühenden, duftenden Reviere bewegt sich ein reiches, vielgestaltiges Thier- leben: neben dem fettschwänzigen Schaf das halbwilde Tabunpferd, neben dem Kameel der graue Ochs, dessen Heerden lauernd der Wolf umschleicht; Flüge von Kranichen, Reihern und Trappen streichen über die Fläche; Pfeifhasen, Murmelthiere und andere Nager durchwühlen den Boden. Aber rasch, wie er gekommen, verschwindet unter der ausdörrenden Wärme jener hinfällige Flor. Nun decken graugrüne Wermuthstauden die salpeterhaltige Blöße des Bodens', und Disteln steigen zu waldartigen Gebüschen an, in denen ganze Feldlager mit Roß und Reiter sich verbergen könnten, bis allgemach auch diese härtere Vegetation welkt und verfällt und gegen Ende des Sommers nur ein uuabsehliches, schwarz verkohltes Staubgefilde sich ausdehnt. Der erhitzte Boden klafft und lechzt vergebens nach Regen. Vergebens auch sucht der Tatar in den Eutern seiner Stuten nach einen: nährenden, erquickenden Tropfen, vergebens der Tscherednik seinen Kühen einen Trunk Milch abzu- gewinnen: Mensch und Thier sind gleicherweise den Qualen des Durstes preisgegeben. Alles sehnt sich nach dem Herbste, und wenn dann die ver- siegten Quellen wieder fließen und eine befruchtende Kühle über die versengte Steppe weht, dann sprießt wohl noch einmal, wie im Wiederscheine des Früh- lings , eine Nachblüte auf, freilich nur, um unter den schneidenden Polar- winden — den Vorboten des Winters — wieder zu versiuken. In den Grnndzügen nicht wesentlich verschieden ist das Bild, welches die Steppen anderer Erdstriche gewähren. Im hohen, wasserarmen Daunen breiten salzliebende Lilien ein leuchtendes Blau über die Frühlingssteppe, und Zwiebelgewächse verwandter Art erfüllen in Südafrika die Karroo nach den Tagen der kühleren Regenzeit mit gewürzhaftem, fast betäubendem Wohlgeruch, während in den Prairieen Nordamerikas Dahlien, Astern und Goldruthen an ihre Stelle treten und nur in den Pampas neben dem saftigsten Wiesen- wuchs schon von Anfang an starrblättrige Disteln zu unglaublicher Höhe mch schießen. Auch hier schweifen zahllose Heerden der Hnfthiere umher, und anch dort folgt dem üppigen Frühlinge die sommerliche Wüste, wie sie der deutsche Dichter so treffend als kurz geschildert hat: Sie dehnt sich aus von Meer zu Meere; Wer sie durchritten hat, den graust. Sie liegt vor Gott in ihrer Leere, Wie eine leere Bettlerfaust. Die Ströme, die sie jach durchrinnen;

4. Bd. 1, Abth. 1 - S. 250

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
250 Zur physischen Geographie. in dem einen großen Strom zusnrnrneubrausen, dann überschreitet derselbe sein Bett, und vier Monate hindurch von Stunde zu Stunde steigend, mit rasender Schnelligkeit Inseln und Sandbänke, Wälder und Brüche überflutend, erhebt er sich zu einer Höhe von 40 Fuß über den gewöhnlichen Stand, so daß er sich endlich meerartig von der Mündung bis an die Grenzen von Peru ausbreitet. Und jetzt nun hat sich ebenso das Bild des sonst auf und an ihm versammelten Lebens verwandelt. Mit dem Steigen der Gewässer beginnt für Mensch und Thier die Zeit der Wanderungeu. Wie Fische, Schildkröten und Alligatoren tief lmtdemwärts getrieben werden, wie Vögel und kletternde Vierfüßer in den Kronen der Bäume Schutz suchen, so flüchtet auch der Jäger des Urwaldes aus seiner Hütte. Der ausgehöhlte Stamm einer Amyridee oder der sechs bis sieben Fuß dicken Jtauba dient ihm als Floß. Die tobende Flut vermeidend, sucht er die ruhigeren, dichtumschatteten Jgarapes und nährt sich von dein, was ihr Schoß in unerschöpflicher Fülle bietet. Irgend eine sruchtbeladene Palme wird sein Ankerplatz. Will er schlafen, so bindet er die Hängematte an ihre Zweige, und Frau und Kinder unterhalten wach sam das kleine Feuer im Canot, so daß abends die wundersame Seene sich im feuchten Spiegel verdoppelt und die ganze Gruppe, man weiß nicht ob in der Luft, ob auf dem Wasser, ob in den Bäumen zu schweben scheint. So verlebt hier der Judianer, von der Natur zu amphibischem Dasein genöthigt, die Hälfte desselben ans seinem Strome, bis allgemach die sinkenden Fluten*) das Erdreich wieder aufdecken. Die „Zeit der Ufer" (o tempo das prayas) nennt er diese Periode. Gleichmütig, wie er den festen Boden verlassen, kehrt er auf denselben zurück, um wenn möglich die verschwemmte Hütte wieder aufzurichten und nun mit Pfeil und Bogen das Wild des Waldes zu jagen. Iii. Thier-- und Pflanzenwelt des Amazonas. Nach der Vereinigung mit dem Ucayalistrom erlangt der Maranon ein wahrhaft majestätisches Ansehen, und wenn auch die Gleichförmigkeit der Landschaft in Entfernung mehrerer hundert Meilen zuletzt das Auge ermüdet, so nimmt das geistige Interesse zu, je mehr man in der vergrößerten Menge der physischen Erscheinungen den Maßstab des Ungeheueren als den einzig befolgten erkennt. Ein breiter Strom, der bald in zahlreiche Arme gespalten zwischen sandigen, aber dennoch hochbewaldeten Inseln dahinfließt, oder in in ein seegleiches Becken ungetrennt sich ausdehnt, ein dunkelgrüner Wald- *) Der Amazonas erreicht int April seine größte Höhe, und nachdem er sich mehrere Wochen aus derselben erhalten, beginnt er, wie die Eingeborenen behaupten, mit dem 8. Juni wieder zu fallen, ausaugs langsamer, bald aber schneller abnehmend.

5. Bd. 1, Abth. 1 - S. 252

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
252 Zur physischen Geographie. Kronen. Die Pauxis*) flattern schwerfällig von Ast zu Ast bis auf die gewünschte Höhe, die sie durch einen einzigen Flug nicht zu erreichen vermögen; auf den weiß gebleichten, blattlosen Gliedern eines Riesenstammes, den der Blitzstrahl tödtete, oder der unter den mörderischen Angriffen zahlloser Jnsecten ver- blutete, sitzen unbeweglich Schaaren von gesellig schlafenden schwarzen Geiern, die mit weit ausgebreiteten Flügeln am Sonnenstrahl sich trocknen, bis sie sich, ohne ihre Stellung zu verändern, langsam nach einer andern Seite wenden. Selbst der Anblick eines Kahns oder einer lagernden Gruppe von Menschen, denen sie in den spätern Stunden mit widerlicher Kühnheit und mit diebischer Absicht nahen, vermag sie nicht zum Flng zu bringen. Selten steht ein kolossaler Storch oder Touyouyou, wie in tiefe Gedanken versunken, schon zeitig am Flußufer; der genügsamen Beute selbst geraume Zeit nach Sonnenaufgang uoch gewiß, nehmen auch sie erhabene Stellungen ein, und vor allem herrlich ist der Anblick der dichten, dunkelgrünen Baumkronen, von denen die ruhenden Schaaren schneeweißer Reiher, wie eben so viele fest- liche Kerzen, scharf sich abzeichnen. Auch die Geschöpfe der geringeren Ord- nungen theilen diese Sehnsucht nach der Sonnenwärme. Die Fische schwimmen so sorglos und ruhig au der Oberfläche, daß der wachsame Indianer sie leicht und schnell mit Wurfspieß oder Pfeil erlegt, oder sie fliegen schaarenweis hervor, während die plumpen Sprünge der großen Delphine hier, in weiter Entfernung vom Ocean, an die Scenen der gegenseitigen Verfolgung oder des fröhlichen Lebens erinnern, die in den milderen Breiten dem unerfahrenen Seereisenden vieles Vergnügen gewähren und zu jeder Zeit eine angenehme Unterbrechung der Einförmigkeit bilden. Noch liegen niedrige und dünne Nebel- streifen über der Landschaft, nicht den unfreundlich düstern Decken des Nordens, aus denen sich Unwetter entwickeln, sondern eher dem durchsichtigen Schleier- vergleichbar, der ein kostbares Gemälde überzieht; sie weichen, in dem Lust- ströme zerschmelzend, der dem Zuge der Gewässer folgt und leise in den späteren Morgenstunden an der Oberfläche des Flusses wehet, wenn nicht ein kräftiger Wind der höheren Regionen an seine Stelle tritt. Wärmer wird der Strahl der jungen Sonne, und daß auch die Pflanzen- Welt von einem höhern Leben ergriffen sei, verkündet der balsamische Duft unzähliger harziger Baumstämme und Blüten, der weiterhin unter dem Ein- flusse der Mittagshitze verschwindet. Nun erst entwickeln die zahlreichen Bewohner dieser Wildniß ihre volle Thätigkeit; denn sie sind die unverdräng- ten Besitzer des weiten Reichs, in welchem der Mensch noch keine bleibende *) Die Pauxis (Urax pauxi) gehören zu der Gruppe der sogenannten Dschaku- oder Baumhühner, welche die südamerikanischen Urwälder bewohnen: große, kluge Vögel, nach einem hochgeschwollenen Knochenhöcker hinter dem Schnabel auch Helmhühner genannt-

6. Bd. 1, Abth. 1 - S. 256

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
256 Zur physischen Geographie. herrscht dieselbe Ruhe: denn keine vorübergleitende Wolke verdeckt die ewigen Bahnen der still herabglänzenden Sterne. Auf einmal rauschen die Gewässer in der Ferne, als ob sich Welle über Welle dahin wälzte, und wie der wunderbare Ton in größere Nähe zu dringen scheint, gewahrt man in der That eine ungewöhnliche Bewegung in der Mitte der mondbeleuchteten Wasser- fläche. Bald darauf nimmt dieser wiederum ab, bis weiter hinab das Rauschen völlig verklingt. Scheu flüstern die erwachten Indianer; denn sie halten für die Hervorbringerin dieser unheimlichen Erscheinung eine riesige Amphibie, die zwar noch niemand sah, deren Existenz aber jeder Forscher, der die Natur in solchen Ländern kennt, für möglich halten wird. Um Mitternacht wird in dem Walde die Ruhe zum erstenmale unterbrochen, denn verschiedene Thier- stimmen werden dann laut. Sie verkünden die Stunde, wie die Indianer sagen, und lassen von da an sich in ziemlich regelmäßigen Zwischenräumen hören. Der Ruf wird immer häufiger, je näher der Morgen rückt; allein er verliert sich kurz vor Aufgang der Sonne wieder in die allgemeine Stille, mit welcher die Nacht begann. Bisweilen jedoch ergreift irgend eine unbekannte Ursache die Thierwelt in solchem Maße, daß ein tausendstimmiges Geschrei entsteht, welches zwar periodenweise abnimmt, allein nie ganz der gewöhnlichen Ruhe weicht, ehe die Sonne ihre furchtverscheuchenden Strahlen über die Wälder ergießt. 24. Die Verbreitung des organischen Lebens insbesondere auf dem Festlande. I. Durch das Klima ist das organische Leben bedingt. Wärme und Feuchtig- keit sind die großen Factoren, von welchen zumal das Gedeihen der Pflanzenwelt abhängt; wo sie sich einstellen, widerstrebt der Boden nicht leicht der Entwicklung vegetabilischen Lebens. Wenn die schiefen Strahlen der Polarsonne die obere Schicht des tiefgefrorenen Bodens aufthauen, wachseil Moose und Flechten und keimt sogar spärliches Gras. Der dürre, unter der glühenden Tropensonne hartgebrannte Boden der Savanen") Südamerikas und des Tafellandes der südafrikanischen Gegenden zerreißt nach dem ersten Regen unter der Gewalt der schwellenden Zwiebelgewächse und sprossenden Wurzeln; der Regen der nächsten Tage bedeckt sie mit dem üppigsten Grün; *) Dieser Name, der uach Seite 156 unten von den Eingeborenen der Antillen her- rührt, soll nach Egli von dem spanischen savana = Betttuch, Altartuch herkommen, also bildlich den Grasteppich, die Wiesendecke bezeichnen.

7. Bd. 1, Abth. 1 - S. 258

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
258 Zur physischen Geographie. verdrängt werden. Ihnen dient die in endlosen Flächen den Boden überziehende Cardua-Artischocke zur Nahrung. Aber auch diese Gegend ist regenarm, und wenn sie in manchen Jahren von ungewöhnlicher Dürre heimgesucht wird, dann versiegen die kleineren Gewässer, die Disteln verdorren, und das ganze Land von Buenos Ayres bis Santa Fe hüllt sich in eine ungeheure Staub- masse. Die Herden stürzen in die größeren Flüsse, um ihren brennenden Durst zu löschen, aber zu kraftlos, um das Ufer wieder zu gewinnen, werden die Thiere zu Hunderttausenden ein Raub der Wellen. Noch näher, als an den beiden Abhängen jener südamerikanischen Gebirgs- kette, treten üppigste Fluren und öde regenlose Wüstenflächen in Arabien aneinander, wo der südliche Theil seines belebenden Wasserreichthums wegen stets „der glückliche" geheißen, und in Persien, wo man aus dem „sinne- berauschenden" Frühling Jsphahans oder aus Schiras, dem Lande der Nachtigallen und Rosen, in die ausgedörrten Salzsteppen von Iran tritt. Wo sich der Nil durch die nubische Wüste und durch Oberägypten windet, verbreiten seine von tropischen Regen geschwellten Gewässer, hier auf einige Meilen, dort auf wenige hundert Schritte, eine wunderbare, das ganze Land nährende Fruchtbarkeit. Ohne jenen Strom, an dessen blühendm Ufern man zu den ältesten Erinnerungen menschlicher Gesittung hinaufsteigt, würden die libysche Wüste und das steinige Arabien sich hier die dürre, todbringende Hand gereicht haben, seit jener frühen Zeit, als die nordafrikanische Ebene dem Meere entstieg. Aber während die Fluten des Nils nur unter sorgsamer Leitung dem Sande der Wüste einen schmalen Saum abzugewinnen vermögen, prangt die Wasser- reiche Gebirgswelt von Habesch in frischen: Grün, und die Tropenregen rufen im Gebiete des weißeu Flusses, in Sennaar und dem Lande der Nnbaneger, eine unendliche Fülle des Lebens hervor. Da ragt die majestätische Delebb- Palme, der Sotor mit seinen großen purpurfarbenen Kelchblumen und an langem, seilähnlichem Stiele herabhängenden Früchten; und mit ihnen mischen sich Adansonien, Tamarinden, Mimosen- und Weihrauchbäume in undurch- dringlichem, von Schlingpflanzen verwebtem Urwalde. Cactus, Euphorbien, riesenmäßige Feigenbäume mit Kronen von mehreren hundert Fuß im Umfang, und mit ihren Aesten anfs neue in der Erde wurzelnd; eine Vogelwelt in reichster Farbenpracht; Herden von Löwen, Elefanten, Antilopen, Affen, — dies alles sind nur einzelne Züge aus dem Bilde jenes reichen tropischen Lebens. Tausendfältig müßten wir die bekannten Schilderungen wiederholen, wollten wir dem Reichthum der Tropennatur in der alten und neuen Welt einen Ausdruck geben. Unermeßliche Urwälder, nie von der Axt berührt, Grassteppen, weit wie das Meer, dehnen sich in jenen Länderstrichen aus,

8. Bd. 1, Abth. 1 - S. 16

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
16 Einleitung. Mittlern, nördlichen und westlichen Europa zu neuen, größeren, aber heiligeren Wanderungen; Byzanz öffnet ihnen die goldenen Thore, und vor den stau- nenden Blicken steigt die glanzvolle Welt des Morgenlandes auf, mit sich weiter und weiter in zauberische Fernen zu vertiefen. Mit jugendlicher Begier wird da jede neue Kunde vernommen. Die Wunder der antiken Erdbeschrei bnng gewiuuen frische Bedeutung: Homers Cyclopeu und Pygmäen, Hero dots Arimaspen mischen sich mit den byzantinischen Erzählungen vom Magnet berge und vom Lebermeer; eine ganze Märchengeographie entspinnt sich, und doch wird man selbst in dieser krausen Lust des Fabulirens den lebendigen Kern eines Interesses an Ländern und Völkern nicht verkennen dürfen, aus dem in geklärteren Zeiten ein ernster forschender Trieb sich zu entwickeln .vermochte. — Zwar minder glänzend, aber nicht minder wichtig war was seit Beginn des dreizehnten Jahrhunderts ein Seitenzweig der Kreuzzüge an der fernen Ostsee geschaffen. Denn hier begründet der deutsche Ritter, gefolgt vom deutschen Ackerbauer, in neuen Staaten eine neue Cultur. Mit ihnen verbindet sich das stolz aufstrebende Bürgerthum der Hansa, und während beide die Welt des litthanischen Volks und der russischen Slaven erschließen, sind die italienischen Seestädte in ausgedehnten Handelszügen und Colonisationen unermüdlich beflissen, die Kenntniß des Orients für Süd- europa festzuhalten und zu erweitern. Venedig und Genua, Pisa und Amalfi stehen allen voran. Aus Venedig aber geht Marco Polo hervor, der „Herodot des Mittelalters," der in viernndzwanzigjähriger Wanderung (1271 bis 1395) das ferne Ostasien durchzieht und die Länder der Mongolen, Indien, China, selbst Japan zuerst dem Abendlande nahe bringt. Im Kerker dietirt er als Kriegsgefangener seine Erinnerungen einen: Genossen, und rasch verbreitet sich das merkwürdige Buch über ganz Europa. Aber ebenso rasch folgen den Schritten des vielbegabten Mannes Wanderer aller Art und aller Natioueu: Häudler, Mönche, Jäger, irrende Ritter; unter ihnen der Franzis- kaner Oderieo von Pordenone (Oderich von Portenau), der Engländer John Manndeville (Johannes von Montevilla), dessen phantastischer Reisebericht Jahrhunderte hindurch gelesen worden, der päpstliche Legat Johannes Mari- gnola, endlich schon nahe dem absinkenden Mittelalter der Tiroler Oswald von Wolkenstein. Als zehnjähriger Knabe läuft derselbe in die Welt, „drey Pfennig in dem pewtel und ain stucklin prvt," dann mit fünfundzwanzig Jahren kehrt er zurück, grau, einäugig und sonnverbrannt, um nach kurzer Rast abermals den bacchantischen Taumelzug zu beginnen, der ihn durch gauz Europa und große Strecken Asiens und Afrikas führt (f1445). Inzwischen können die wenigsten von all den Nachzüglern Marco Polos diesem selber irgendwie verglichen werden. Sie sind Charaktergestalten ihrer Zeit, einer chaotisch gährenden, fast nur im Reiz des Abenteuers befriedigten Zeit, wäh-

9. Bd. 1, Abth. 1 - S. 85

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
10. Die Pflanzenwelt des Meeres. 85 färben weite Strecken des rochen Meeres,*) eines der tangreichsten, wie mit Blut. Nicht minder groß ist die Mannigfaltigkeit der Formen, die hier in oft überraschender Weise das Zierliche mit dem- Seltsamen, das Edle mit dem Großartigen vereinigt. Gesellige Tange mit gezähnten olivenfarbigen Blättern (Fucus serratus) und der blasenreiche zerschlitzte Fucus vesiculosus überziehen die Ufer und Klippen mit schlüpfriger Decke, soweit dieselben von den Wellen bespült werden. Ueber dem krausen und breiten Laube des Meerkohls wallen rosen- roth die mächtigen Bandstreifen der Indem, wiegen sich die dunkelgrünen Laminarien, schwanken mit netzförmig durchbrochenem, weitgespreitetem Fächer- blatt stolze Thalassiophyllen und Agaren. Im losen Sande Wurzeft das See- gras (Zostera marina), beinahe die einzige blütentragende Pflanze, die sich in das Meer geflüchtet hat, und bildet weitausgedehnte grünglnnzende Wiesen: die Weideplätze der Schildkröten. Dort steigt, mit leisem Griff sich an den Grund klammernd, der schlanke Stengel der Nereoeyste empor, kaum stär- ker als ein Faden; aber dieser Faden streckt sich 200, 300 Fuß lang und schwillt allmählich zur Keule und endlich zur Blase, auf der die Seeotter sich schaukelt, während in dem gewaltigen Blätterschopfe sich ein unabsehliches Gewimmel kleinerer Thiere birgt und nährt. So bildet die Nereocystis Lutkeana dichte Wälder in den Küstengewässern des russischen Amerika, und gleicherweise entfalten in den Meeren der südlichen Halbkugel dickstämmige, baumartige Lessonien ihre palmähnlichen Wedel, aus denen der Riese dieser Wälder, die Maeroeystis den ungeheuren Wipfel erhebt. Welch ein Abstand von dieser Pflanze, deren armdicker Schaft eine Länge von mehr als 1000 Fuß erreicht, bis zu der mikroskopischen Conferve, welche sich als zarte Filzdecke über den Boden breitet! — Ebenso wie im Thierreiche, finden wir auch im Pflanzenreiche die größten Formen neben den kleinsten in den salzigen Gewässern des Oeeans. Die meisten Tange gedeihen nur unter Wasser. Doch giebt es Arten, die sich zwischen der Marke der höchsten Flut und der tiefsten Ebbe ansiedeln, so daß sie der Wechsel der Gezeiten bald der Luft aussetzt, bald mit der nährenden Flüssigkeit bedeckt. Dahin gehören jene Tange, welche unseren Küsten beim Rücktritt der Gewässer ihre düstre Färbung verleihen, wie der Fucus nodosus mit seinen starken lederartigen Stengeln, der schon erwähnte Fucus serratus, der Fucus canaliculatus, dessen rinnenförmig eingedrückte Zweige der Luftblasen entbehren u. s. w. Andere Tange, besonders die ein- facher organisirten, schwimmen, ohne eines Ankerplatzes zu bedürfen, frei umher. Die übrigen heften sich dagegen mit einem scheiben- oder Wurzel- *) Daher auch bei den Alten hie und da mare algosum genannt.

10. Bd. 1, Abth. 1 - S. 159

1874 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
17. Wüsten und Steppen. 159 Die ansgesahr'nen Gleise, drinnen Des Colonisten Rad sich wand; Die Spur, in der die Büffel traben: — Das sind, vom Himmel selbst gegraben, Die Furchen dieser Riesenhand. Ii. Naturgemälde der Steppen, insbesondere der südamerikanischen. Am Fuße des hohen Granitrückens, welcher im Jugendalter unseres Planeten, bei Bildung des antillischen Meerbusens, dem Einbruch der Wasser getrotzt hat, beginnt eine weite, unabsehbare Ebene. Wenn man die Berg- thüler von Caracas und den inselreichen See Tacarigua^), in dem die nahen Pisang-Stämme sich spiegeln; wenn man die Fluren, welche mit dem zarten und lichten Grün des tahitischen Zuckerschilfes prangen, oder den ernsten Schatten der Cacao - Gebüsche zurückläßt: so ruht der Blick im Süden auf Steppen, die scheinbar ansteigend, in schwindender Ferne, den Horizont begrenzen. Alls der üppigen Fülle des organischen Lebens tritt der Wanderer betroffen an den öden Rand einer baumlosen, pflanzenarmen Wüste. Kein Hügel, keine Klippe erhebt sich inselförmig in dem unermeßlichen Räume. Nur hier und dort liegen gebrochene Flötzschichten von zweihundert Quadrat meilen Oberfläche bemerkbar höher als die angrenzenden Theile. „Bänke" nennen die Eingeborenen diese Erscheinung, gleichsam ahnungsvoll durch die Sprache den alten Zustand der Dinge bezeichnend, da jene Erhöhungen Un- tiefen, die Steppen selbst aber der Boden eines großen Mittelmeeres waren. Noch gegenwärtig ruft oft nächtliche Täuschung diese Bilder der Vorzeit zurück. Wenn in raschenl Aufsteigen und Niedersinken die leitenden Gestirne den Saum der Ebene erleuchten, oder wenn sie zitternd ihr Bild verdoppeln in der llntern Schicht der wogenden Dünste: glaubt man den küstenlosen Ocean vor sich zu sehen. Wie dieser, erfüllt die Steppe das Gemüth mit dem Gefühl der Unendlichkeit, und durch dies Gefühl, wie den sinnlichen Eindrücken des Raumes sich entwindend, mit geistigen Anregungen höherer Ordnung. Aber freundlich zugleich ist der Anblick des klaren Meeresspiegels, in welchem die leicht bewegliche, sanft aufschäumende Welle sich kräuselt; todt und starr liegt die Steppe hingestreckt, wie die nackte Felsrinde eines ver- ödeten Planeten. In allen Zonen bietet die Natur das Phänomen dieser großen Ebenen dar: in jeder haben sie einen eigenthümlichen Charakter, eine Physiognomie, *) In Venezuela, auch See von Valencia genannt.
   bis 10 von 16 weiter»  »»
16 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 16 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 3
1 0
2 0
3 0
4 1
5 0
6 1
7 9
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 3
18 1
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 2
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 4
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 2
38 11
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 1
45 3
46 0
47 0
48 0
49 4

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 7
1 1
2 0
3 14
4 0
5 0
6 1
7 0
8 0
9 0
10 0
11 8
12 4
13 1
14 1
15 2
16 2
17 1
18 0
19 0
20 0
21 33
22 0
23 1
24 17
25 6
26 0
27 5
28 14
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 1
36 1
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 2
43 7
44 0
45 2
46 0
47 7
48 7
49 0
50 23
51 0
52 1
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 8
65 1
66 0
67 0
68 0
69 0
70 19
71 0
72 0
73 0
74 0
75 0
76 0
77 15
78 0
79 0
80 0
81 4
82 0
83 0
84 15
85 0
86 0
87 0
88 0
89 2
90 0
91 2
92 36
93 1
94 0
95 4
96 0
97 0
98 2
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 0
2 2
3 0
4 0
5 0
6 13
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 5
13 3
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 1
24 12
25 1
26 0
27 0
28 9
29 0
30 0
31 0
32 15
33 1
34 31
35 0
36 1
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 3
43 0
44 0
45 0
46 4
47 1
48 0
49 0
50 0
51 5
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 3
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 1
71 0
72 0
73 0
74 1
75 1
76 0
77 0
78 2
79 0
80 0
81 38
82 0
83 8
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 13
90 2
91 1
92 0
93 0
94 0
95 21
96 0
97 0
98 0
99 0
100 0
101 0
102 4
103 0
104 1
105 0
106 0
107 2
108 0
109 5
110 3
111 0
112 0
113 0
114 0
115 0
116 0
117 0
118 0
119 7
120 1
121 0
122 0
123 0
124 3
125 2
126 1
127 3
128 0
129 4
130 0
131 24
132 0
133 3
134 1
135 0
136 18
137 1
138 0
139 0
140 0
141 0
142 3
143 0
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 2
153 0
154 0
155 0
156 0
157 0
158 0
159 0
160 1
161 0
162 0
163 0
164 2
165 0
166 0
167 0
168 1
169 0
170 0
171 0
172 0
173 1
174 0
175 22
176 0
177 1
178 2
179 0
180 1
181 0
182 1
183 2
184 1
185 0
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 3
194 0
195 6
196 0
197 0
198 0
199 0