Außereuropäische Erdteile.
A. Die Gebiete in der Nähe der Pole.
I. Die norwegische Polarerpedition unter Mausen von 1893—1896.
(„In Nacht und Eis/' Die Norwegische Polarexpedition 1893—1896*). Von
Fridtjof Nansen. Mit einem Beitrag von Kapitän Sverdrup, 211 Abbildungen,
8 Chromotafeln und 4 Karten. Autorisierte Ausgabe. 3 Bände, 30 Mark. Leipzig,
F. A. Brockhaus. 1897. Ii. Band S. 35, 38-40, 58, 61-63, 176, 226—228, 244
bis 247, 286—287.)
(1. Abschied von der „Fram".) Am 14. März (1895) endlich ver-
ließen wir um Mittag unter donnerndem Salut die „Fram", nachdem wir
zum dritten Male Lebewohl gesagt und gegenseitig die herzlichsten Glück-
wünsche ausgetauscht hatten. Einige der an Bord Bleibenden gingen noch
eine kleine Strecke mit, doch kehrte Sverdrup bald wieder um, weil er zum
Mittagessen um 1 Uhr an Bord sein wollte. Auf dem Gipsel eiues Eis-
Hügels sagten wir beide uns Lebewohl; die „Fram" lag hinter uns, und ich
erinnere mich noch, daß ich eine Zeitlang stehen blieb und Sverdrup nach-
blickte, der auf seinen Schneeschuhen gemächlich heimwärts zog. Beinahe
hätte ich gewünscht, mit ihm umzukehren, um wieder im gemütlichen, warmen
Salon ausruhen zu können. Ich wußte nur zu gut, daß eine lange Zeit
vergehen würde, bis wir wieder unter einem behaglichen Dache schlafen und
speisen würden. Daß aber die Zeit so lange dauern sollte, wie sie in
Wirklichkeit dauerte, hat damals keiner von uns auch uur geahnt. Wir alle
glaubten, daß die Expedition entweder glücken werde und wir dann noch in
demselben Jahre heimkehren würden, oder daß sie — nicht glücken werde.
(2. Mit Schlitten und Kajak dem Nordpol zu.) Sonntag,
17. März . .. Das Eis wurde während der folgenden Tage fortwährend
ebener, so daß wir an einem Tage oft 15 Kilometer und mehr zurücklegen
konnten. Hin und wieder pflegte ein Unfall vorzukommen, der uns auf-
hielt; so riß uns z. B. eines Tages eine emporragende scharfe Eisspitze ein
Loch in einen Sack mit Fischmehl, so daß der ganze kostbare Inhalt auslief
und wir länger als eine Stunde brauchten, um alles wieder zu sammeln
i) Nansen fuhr mit der „Fram" (norwegisch — Vorwärts) von Vardö (am Va-
ranger Fjord) aus, die sibirische Küste entlang, bis nahe au die Nen-Sibirische Insel-
gruppe und dann im Polareis nach X bzw. Nw. Am 14. März 1895 verließ er nebst
seinem Begleiter Johansen, mit Schlitten, Hunden, Kajak und Schneeschuhen ausgerüstet,
das unter 84° 4' n. Br. und 102° östl. L. liegende Schiff, um zu Fuß den Nordpol zu
erreichen. Am 8. April 1895 mußten beide unter 86° 13'36" n. Br. und 95° östl. L.
umkehren; sie erreichten Franz-Joseph-Land und traten auf der „Windward" die Heimreise
nach Vardö an. Die im Eis steckende „Fram" (Kapitän Sverdrup) trieb nach Nw und
gelangte 7 Tage nach Nansens Heimkehr, an der Westküste Spitzbergens entlang, am
20. August 1896 nach Skjärvö (zwischen Hammerfest und Tromsö).
Marquardt, Quellenlesebuch. 1
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Fridtjof_Nansen Kapitän_Sverdrup Sverdrup Nansen Johansen August Marquardt
— 5 —
unserer Schlittenreise nach Norden nichts bemerkt, was aus die Nähe von
Land von irgend erheblicherer Ausdehnung hingewiesen hätte. Das Eis schien
ungehindert zu treiben, namentlich in nördlicher Richtung. Die Weise, in
welcher die Drift direkt nach Norden setzte, sobald der Wind südlich war,
war höchst überraschend. Nur mit der größten Mühe konnte der Wind die
Rückdrist nach Südosten veranlassen. Wäre innerhalb einer müßigen Ent-
sernnng im Norden von uns irgendwelches Land von Bedeutung gewesen,
so hätte es die Bewegung des Eises in dieser Richtung hindern müssen.
Außerdem scheint auch die große Menge Treibeis, die mit großer Ge-
schwindigkeit an der Ostküste von Grönland entlang nach Süden, bis hinab
nach Kap Farewell^) und darüber hinaustreibt, dasselbe anzudeuten. Solche
ausgedehnte Eisfelder müssen ein größeres Meer haben, von dem sie her-
kommen, als dasjenige, durch welches wir trieben. Hätte die „Fram", statt
im Norden von Spitzbergen loszukommen, ihre Drift fortgesetzt, so würde
sie sicherlich an der Küste von Grönland entlang herabgekommen sein. Wahr-
scheinlich würde sie aber nicht nahe an diese Küste hinangelangt sein, son-
dern eine gewisse Menge Eis zwischen sich und ihr gehabt haben. Und
dieses Eis muß aus einem Meer nördlich von unserer Breite kommen.
Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, daß auf der andern Seite des Pols,
zwischen diesem und dem nordamerikanischen Archipel, Land von beträcht-
licherer Ausdehnung vorhanden ist. Mir scheint es nur vernünftig, anzu-
nehmen, daß die vielen Inseln nach Norden eine Fortsetzung haben.
Aus unserer Expedition, glaube ich, können wir uns jetzt einen ziem-
lich klaren Begriff machen von der Weise, wie das Treibeis beständig
auf der Wanderung von der einen Seite des Polarbeckens, nördlich von der
Beringstraße und der Küste von Sibirien, quer über die Regionen um den
Pol nach deni Atlantischen Ozean begriffen ist. Wo man einst eine feste,
unbewegliche, massive Eisdecke anzunehmen geneigt war, die den nördlichsten
Punkt der Erde als ein fester Eismantel bedecken sollte, sinden wir jetzt ein
ewig wanderndes, ausgebrochenes Treibeis.
Der Beweis, der mich schon vor unserer Expedition fest an diese
Theorie zu glauben veranlaßte, wird durch das sibirische Treibholz geliefert,
das beständig nach Grönland geführt wird, sowie dnrch den auf dem Eise
gefundenen Schlamm, da derselbe kaum anderer als sibirischer Abstammung
sein kann. Wir fanden während unserer Expedition, selbst als wir auf dem
86. Grade waren, mehrere Anzeichen dieser Art, die uns wertvolle Finger-
zeige bezüglich der Bewegung des Eises gaben.
Die Kraft, die das Eis in Bewegung setzt, wird sicherlich zum größten
Teil von den Winden geliefert, und da auf dem Meere nördlich von Sibirien
südöstliche und östliche Winde vorherrschen, während sie im Norden von
Spitzbergen nordöstlich sind, so müssen sie das Eis in der Richtung führen,
in welcher wir die Drift gefunden haben. Aus zahlreichen von mir an-
gestellten Untersuchungen habe ich das Vorhandensein einer langsamen
Strömung im Wasser unter dem Eise festgestellt, die in derselben Richtung
läuft. Jedoch wird es noch einige Zeit dauern, bis das Resultat dieser
Untersuchungen ausgearbeitet und als sicher betrachtet werden kann.
*) Südspitze von Grönland.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
— 10 —
nach Westen hin für uns der gegebene Weg war; vielleicht konnte man dort
mit dem Schiffe auch etwas weiter südlich hinab. Der Ganßberg war eine
einzelne fremdartige Unterbrechung und in dem ewigen Einerlei der einzige
Halt; er stand frei im Julandeisrande, von tiefen Schmelzkehlen umgeben,
ein einzelner gerundeter Kegel, an der Westseite mit Schnee verkleidet, der
durch die östlichen Winde dort angesetzt ist. Dahinter aber hob sich das
Eis bald zu größeren Höhen empor. Das Herunterholen des Ballons,
nachdem ich etwa zwei Stunden in den luftigen Höhen geweilt hatte, ging
ebenso leicht wie der Aufstieg, nur bei den Schäkeln der Kette, die von
hundert zu hundert Metern die einzelnen Stücke miteinander verbanden, waren
kurze Aufenthalte.
(4. Reiches, unberührtes Tierleben.) Eine Robbe schwamm in
einer breiten Spalte und lag darin furchtlos oben an der Wasseroberfläche;
rührte man sie an, so tauchte sie unter, um wenige Schritte weiter unter
heftigem Strudeln des Wassers wieder oben zu erscheinen. Als ein junges
Tier ins Wasser geworfen wurde, kroch die Alte ihm nach und schob es mit
der Nase empor. Björvig half ihm auf die Scholle hinauf, worauf die
Alte behende nachkletterte. Die alten Robben blöken fast wie Kühe, während
die Laute der Jungen mehr denen der Schafe gleichen. Bisweilen hört
man von ihnen auch einen trillernden Laut, wenn man sich ihnen naht.
Auch pfeifende Töne wurden vernommen, wenn sie unter dem Eise durch
das Wasser schössen. Wir haben in der Folgezeit viele von diesen Robben
gegessen und an die Hunde verfüttert, sowie andere der Felle, der Skelette
und des Tranes wegen getötet. Besonders die jungen Tiere schmeckten vor-
trefflich und beseitigten die letzten Spuren von Abneigung, die unsere See-
leute auch im Salou anfangs gegen diese Nahrung gehabt hatten. Zwischen
den Robben standen Kaiserpinguine umher oder schössen in unserer Anwesen-
heit aus den Spalten hervor. Über dem Ganzen schwebten Raubmöwen,
um sich der Reste der getöteten Robben zu bemächtigen, wenn wir die
Stätte verließen. Bald danach haben sich auch Kaptauben, Petersvögel
(Oceanites) und Riesensturmvögel gezeigt, so daß jetztx) das Tierleben immer
reicher und reicher wurde ...
Am 1. November war die erste Kaptaube erschienen und am 11. der
erste Oeeauites. Am 13. kamen Adelies^) bis zum Schiff heran und
flößten unseren jungen Hunden, die mit ihnen ebenso wie mit den ruhigen
Kaiserpinguinen zu spielen versuchten, nicht geringen Schrecken ein, als sie
in großer Lebhaftigkeit mit ihren starken Schnäbeln auf sie zuschlugen.
Mehrere davon wurden nun au Bord gehalten und gewährten uns viel
Unterhaltung. Sie sind lange nicht so schön wie die großen. Ihre Füße
sind fleischrot, ihr Rücken graumeliert wie bei den Kaiserpinguinen; ihr
Kopf ist ebenfalls schwarz, die Brust rein weiß und ohue den schwarzen
Seitenstreifen der Kaiserpinguine. Der Schnabel ist kurz und dick, ohne
weitere Schattierungen. Charakteristisch sind die weißen Ringe um die
Augen, die den Adelies ein boshaftes Aussehen geben, das auch ihrem
Charakter entspricht. Da Vanhöffens Geburtstag bevorstand, versuchte
Gazert die Stimme der Pinguine mit dem Phonographen aufzunehmen,
1) Im Frühjahr.
2) (Sine kleinere Art als die Kaiserpinguine,
— 15 —
B. Australien - Polynesien.
I. Darwin bei Feuerländern und Anstralnegern.
(„Reise eines Naturforschers um die Welt" von Charles Darwin.
Autorisierte deutsche Ausgabe, Aus dem Englischen übersetzt von I. Victor Carus. Mit
vielen Holzschnitten. 2. durchgesehene Auflage. Stuttgart. E. Schweizerbartsche Ver-
lagshandlung (E. Nägele & Dr. Sprösser), 1899. 568 Seiten, 4,80 Mark. S. 220, 221
bis 223, 474—477.)
(1. Das geuerlanb1).) 17. Dezember 1832 ... Wir hielten uns
dicht an der Küste des Feuerlandes, doch waren die Umrisse des zerklüfteten,
unwirtlichen Staatenlandes in den Wolken sichtbar. Am Nachmittag warfen
wir in der Bucht des guten Erfolgs (Good Success Bay) Anker. Als
wir einfuhren, wurden wir nach der Manier der Bewohner dieses wilden
Landes begrüßt. Eine Gruppe Feuerländer, zum Teil von dem dicht ver-
wachsenen Walde bedeckt, kauerten an einem wilden, die See überragenden
Punkte, und als wir vorbeifuhren, sprangen sie auf, schwangen ihre zer-
lumpten Mäntel und stießen ein lautes sonores Geschrei aus. Die Wilden
folgten dem Schiff, und noch ehe es dunkel war, sahen wir ihre Feuer und
hörten ihr wildes Geschrei.
(2. Bei den Feuerlündern.) Am Morgen schickte der Kapitän eine
Abteilung ab, um sich mit den Feuerländern in Beziehung zu setzen. Als
wir in Rufweite gekommen waren, kam einer der vier Eingeborenen, welche
da waren, vorwärts, um uns zu empfangen, und fing an, äußerst heftig zu
rufen, um uns nach dem Platze hinzuleiteu, wo wir landen sollten. Als
wir am Lande waren, sah die Gesellschaft im ganzen beunruhigt aus; sie
fuhren aber fort, beständig zu sprechen und mit großer Geschwindigkeit zu
gestikulieren. Es war ohne alle Ausnahme das merkwürdigste und inter-
essanteste Schauspiel, das ich je erblickte: ich hätte kaum geglaubt, wie groß
die Verschiedenheit zwischen wilden und zivilisierten Menschen ist: sie ist
größer als zwischen einem wilden und domestizierten Tiere, insofern beim
Menschen eine größere Veredelnngsfähigkeit vorhanden ist. Der Haupt-
sprecher war alt und schien das Oberhaupt der Familie zu sein; die drei
anderen waren kräftige, ungefähr sechs Fuß hohe junge Leute. Die Frauen
und Kinder waren weggeschickt. Diese Feuerländer bilden eine, von den
verkümmerten, elenden, unglücklichen Geschöpfen weiter westlich sehr ver-
schiedene Rasse und scheinen den berühmten Patagoniern der Magellanstraße
nahe verwandt zu sein. Ihr einziges Kleidungsstück besteht ans einem aus
Guanacohant gefertigten Mantel, mit den Haaren nach außen. Diesen
tragen sie nur über ihre Schulter geworfen und lassen dadurch ihren Körper
ebenso oft nackt als bedeckt. Ihre Haut ist von einer schmutzig kupferig-
roten Farbe.
Der alte Mann hatte ein Stirnband mit weißen Federn rund um den
Kopf gebunden, welches zum Teil sein schwarzes, grobes und verwildertes
Haar zusammenhielt. Quer über sein Gesicht zogen zwei breite Streifen,
der eine, hellrot gemalt, reichte von einem Ohr zum andern und schloß die
Oberlippe mit ein; der andere, weiß wie Kreide, lief über und parallel mit
dem ersten, so daß selbst seine Augenbrauen so gefärbt waren. Die anderen
*) Im Süden von Südamerika (Kap Hoorn).
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Darwin Charles_Darwin Victor_Carus Schweizerbartsche
obschon wir in diesem Falle Hütten erwarten können, daß sie zugenommen
haben würde. Der Kindermord, welcher früher bis zu so einem außerordent-
lichen Grade herrschte, hat aufgehört; Ausschweifung ist in einem bedeutenden
Grade unterdrückt worden, und die mörderischen Kriege sind weniger häufig
gewesen.
Der Missionar I. Williams sagt in seinem interessanten Buche, daß
die erste Berührung zwischen Eingeborenen und Europäern unabänderlich
von der Einführung von Fieber, Ruhr oder irgend anderer Krankheiten
begleitet ist, welche große Zahlen des Volkes dahinraffen. Ferner behauptet
er: „Es ist sicherlich eine Tatsache, welche nicht widerlegt werden kann, daß
die meisten Krankheiten, welche auf den Inseln während meines Aufenthaltes
hier gewütet haben, von Schiffern eingeschleppt worden sind. Und was die
Tatsache noch merkwürdiger macht, ist, daß unter der Bemannung des
Schiffes, welche eine solche zerstörende Einschleppung verursacht, gar keine
Krankheit scheinbar vorhanden zu sein braucht." Diese Angabe ist nicht
völlig so außerordentlich, als sie auf den ersten Blick erscheint; denn mehrere
Fälle sind beschrieben worden, wo die bösartigsten Fieber ausgebrochen sind,
ohne daß die Parteien selbst, welche die Ursachen dazu waren, affigiert ge-
wesen wären. In der ersten Zeit der Regierung Georgs Iii. wurde
ein Gefangener, der in einem Kerker gefangen gehalten worden war, in
einer Kutsche mit vier Koustablern vor den Richter gebracht, und obgleich
der Mann selbst nicht krank war, starben doch die vier Konstabler an einem
sehr schnell verlaufenden fauligen Fieber; aber die Ansteckung verbreitete sich
nicht auf andere. Nach diesen Tatsachen möchte es beinahe scheinen, als ob
die Ausdünstungen von einer Anzahl eine Zeitlang zusammengeschlossen
gehaltener Menschen giftig wirkte, wenn sie von anderen eingeatmet werden,
und möglicherweise ist dies noch mehr dann der Fall, wenn die Menschen
verschiedenen Raffen angehören. So mysteriös dieser Umstand zu sein
scheint, so ist er doch nicht mehr überraschend, als daß der Körper von einem
Mitgeschöpf unmittelbar nach dem Tode und ehe noch die Fäulnis aufzu-
treten begonnen hat, häufig von einer so tödlichen Eigenschaft ist, daß ein
bloßer Stich mit einem bei seiner Sektion benutzten Instrument sich als
todbringend herausstellt.
Ii. In Australien und auf Samoa.
(„Samoa, die Perle der Südsee", & jour gefaßt von Otto E. Ehlers,
6. Aufloge; Berlin, Hermann Paetel. 1904, 191 Seiten, 4 Mark. S. 14, 15, 17, 18,
24, 25, 31—33, 4ü, 41, 48, 49, 75—77, 80—82, 129—131.)
(1. Adelaide.) Wer etwa nach Australien kommt in der Erwartung,
auf Schritt und Tritt von boxenden Känguruhs angerempelt zu werden,
das Emu seine Eier in die Rinnsteine legen und das Schnabeltier seine
ausgebrüteten Jungen an den Straßenecken säugen zu sehen, der wird sich
schon am ersten Tage schmerzlich enttäuscht sehen. Ich hatte, durch ameri-
kanische Erlebnisse gewitzigt, meine Erwartungen auf ein möglichst geringes
Maß herabgeschraubt und fand, daß ich gnt daran getan hatte, da ich nun-
mehr angenehm überrascht wurde.
Adelaide, die Hauptstadt Südaustraliens, die ich nach etwa halbstündiger
Eisenbahnfahrt durch schönes frischgrünes Weideland erreichte, macht mit
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun]]
Extrahierte Personennamen: Williams Otto Ehlers Hermann_Paetel
Extrahierte Ortsnamen: Georgs Australien Samoa Berlin Adelaide Adelaide
— 30 —
Fieber geschwächten Brüder zu besitzen und das andere Mal, um die Arbeit
auch an den Bergbewohnern (den Kaileuten) in Angriff nehmen zu können.
Wie nötig uns diese luftige Station auf dem Berge war, erfuhr ich am
besten an mir selbst, da ich seit der sechsten Woche nach meiner Ankunft
im Jahre 1886 alle Grade des Fiebers von den leichtesten bis zu den
schwersten Gallenfiebern eine Reihe von Jahren regelmäßig durchmachen mußte.
(4. Verkehr mit den Eingeborenen.) Krankheitsnöte waren aber
nicht die einzigen, die wir durchzukosten hatten; es kamen hinzu die Gefahren
unter den Heiden; doch durften wir uns auch dabei der Obhut unseres
Gottes trösten. Nachdem im Laufe der Jahre zwischen uns und den Ein-
gebornen ein so gutes Verhältnis entstanden ist, daß wir uns gegenwärtig
auf unserem Arbeitsfeld so sicher fühlen können, wie in den besten Gegenden
Europas oder Australiens, erinnern wir uns noch einmal der Gefahren der
ersten Jahre, denen wir mit Gottes Hilfe entronnen sind. Wir haben nicht
etwa besondere Geistesgegenwart, Geschicklichkeit oder Vorsicht zu rühmen;
ganz menschlich müssen wir vielmehr sagen, daß wir oftmals mehr Glück
als Verstand hatten; aber Gott war unsere Hilfe!
Als wir in Simbang landeten, um uns anzusiedeln, da erhob der Dorf-
älteste, Duke mit Namen, und noch mehr seine steinalte Frau, die Stimme
zu einem lauten Schimpfen und Schreien, etwa des Sinnes: „Finschhafen
haben die Weißen schon genommen, nun nehmen sie uns auch noch Sim-
bang." Ich sprach ruhig zu ihnen, wir wollten ihnen nicht Simbang
nehmen, wir kämen nicht viele Weiße, wollten nur eiuen kleinen Platz
neben ihnen und ihnen und ihren Kindern nur Gutes tun. Sie ließen sich
beschwichtigen. Die jungen Männer umstanden uns finster blickend mit
düsterem Schweigen. Als wir am nächsten Morgen unter uusrer Well-
blechhütte hervorkrochen, war unser Lagerplatz ringsum verunreinigt. Das
hatte jedenfalls das junge Volk getan, um uns zu vertreiben. An einem
der nächsten Tage ging ein älterer Mann an nnsrer Hütte vorbei und hieß
eine Axt mitgehen. Ich nahm ihm unser Eigentum ruhig wieder ab. Bald
daraus kam er mit fürchterlichem Gebrüll zurück, indem er ein Beil schwang
und auf mich losging. Ich hoffte ihn abschrecken zu können, indem ich
unsre geladene Jagdflinte nahm. Das war eine Täuschung. Er hielt
mein Gewehr beim Laus und schwang sein Beil über mir. Jni Ringen
erhielt ich eine leichte Wunde an der Hand. Wir behielten das Gewehr
und entrissen dem Schwarzen sein Beil. Ich warf es ihm hin und hoffte,
er würde nun von uns ablassen. Er aber ging ein zweites Mal auf mich
los. Die jungen Männer umstanden uns schadenfroh. Bruder Tremel
suchte die aufgeregten Gemüter zu beruhigen, indem er ein Stück auf seiner
Violine spielte. Der alte Duke, auch die Häupter der beiden Nachbarorte,
stellten sich freundlich zu uns. So wurde im Rate der Alten beschlossen,
daß wir bleiben sollten, und sie brachten ein Bündel Tabaksblätter als
Sühnegabe. Diese erste Bedrohung war ja die ernsteste in Simbang gewesen,
aber nicht die letzte und einzige.
Noch viel öfter aber haben die begehrlichen Heiden unsre Habe an-
getastet. Da verschwand allerlei: Werkzeuge bei der Arbeit und Sachen aus
dem Hause, Früchte aus dem Garten und sogar auch fette Schweine und
Ziegen. Einmal stahl ein Junge sogar eiu Säcklein mit Jagdschrot, meinend,
es seien Perlen. Da er den Schrot nicht gebrauchen konnte, so schüttete er
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
— 106 —
von den Bergen herab mit dröhnendem Hufschlag bis dicht an das Dorf.
Die Tiere mußten früher hier ihre Winterweide gehabt haben und waren
nun nicht wenig erschrocken und überrascht darüber, daß sich hier Hunderte
von Menschen, Männern, Weibern und Kindern, fanden, die sich mit Ge-
schrei und Jauchzen an ihre Verfolgung machten*). Meine eigne Liebe
zur Jagd wurde durch den Nutzen angeregt, den sie schaffte; denn der
Jubel unter den hungernden Leuten war groß, wenn ich, von einem Ritt
heimkehrend, ihueu sagen konnte: „Da oder dort liegt ein großes Stück
Wild, holt euch das Fleisch," oder wenn ich mit dem Ochsenwagen hinaus-
gefahren war und er mit Fleisch beladen seinen Einzug hielt . . .
Mit dem Kommen des Frühjahrs zog aber das Wild wieder von
dannen, und der Hunger stand nuu in um so drohenderer Gestalt vor unseren
Augen, als ringsum im Laude alle Hilfsquellen bereits erschöpft zu sein
schienen. Als aber die Not am größefteu war, fehlte es auch an neuer,
unerwarteter Hilfe nicht. Eines Tages kam ein Zug von Weibern ans den
weiter unterhalb am Flusse liegenden Klüften zurück, große Körbe auf dem
Kopfe tragend, welche mit einer mehlreichen, rötlichgelben Frucht gefüllt
waren; jene einsame Wildnis, sagten sie, sei voll von Bäumen, die diese
Früchte trügen. Bald ernteten da die Armen auf Gottes Ackerland. Die
Bäume hingen oft über dem Abgrund und mußten abgehaueu werden, fo
daß sie in die Tiefe stürzten, wo sie in Empfang genommen und ihrer
Früchte beraubt wurden. Von diesen Früchten lebte die Mehrzahl unserer
Leute etwa zwei Monate lang, bis endlich die Zeit kam, wo die ersten
Früchte auf den unter Mühen und Nöten hergestellten Neuländereien reiften
und wenigstens die Not des ersten, schwersten Jahres vorüber war.
(ä. Botschabelo nach 15 Jahren: 1880**).) Wenn man von Middel-
bürg dem Platze nahte, zeigte sich sofort an des Stationslandes Grenze, daß
die Bevölkerung arbeiten gelernt hatte, daß die Station ein Kulturzentrum
in diesem Teile des Landes bildete. Der Weg war zur Straße geworden; oft
verkehrten hier an einem Tage zwanzig bis vierzig Ochsenwagen. Der
Laden, die Mühle, Handel mit den Stationsbewohnern, Suchen nach medi-
zinischer und chirurgischer Hilfe führten Baueru und Engländer, Farmer
und Reisende von nah und fern, zu Wagen, zu Karre und zu Pferde zu
uns. Dnrch das früher nur schwer zu passierende Flüßchen Keerom war
eine gute Furt gebaut, an welcher Hunderte von unseren Männern viele
Tage gearbeitet hatten. In der Flußniederung zogen sich Gärten hin.
Jedes Stücklein besseren Landes war benutzt; früher sumpfige Stelleu
waren durch Gräben, die der Feuchtigkeit des Bodens zum Abzug dienten,
trocken gelegt und eigneten sich besonders zum Maisbau. Näher bei dem
Dorfe waren die Äcker in weiter Ansdehnuug mit Mauern eingefaßt, welche
dem Sir Theophilus Shepstone so imponierten, daß er ausrief: „Das sieht
hier nach Europa aus!" Die Dörfer lagen unter dem wohltuenden Grün
von Fruchtbaumgärten; besonders am Schanzberge waren die Pfirsichbäume
üppig aufgeschossen und bedeckten in weiter Ausdehnung den Bergrand.
*) Die Baßuto essen das Zebrafleisch besonders gern, während die Weißen und viele
schwarze Stämme, z. B. die Sulu, Swasi und Massai, es nicht berühren. Von Löwen
wird den Zebra besonders nachgestellt, sie folgen deshalb gern ihren Herden nach.
**) Im Anfang des Jahres 1882, als ich den Platz verließ, war die Zahl der Be-
wohner auf 1700 und die Zahl der Getauften auf 1475 gestiegen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
verzehrender Durst quälte uns. Trinkwasser gab es nicht mehr, wir sollten
es erst an der Westküste wiederfinden. Den einzigen Ersatz dafür mußten
wir in dem Wasser suchen, das wir gewannen, indem wir unsere Feld-
slaschen aus Blech mit Schnee füllten und sie an der Brust, zuweilen sogar
am bloßen Leibe trugen. Wenige von uns waren jedoch warmblütig und
geduldig genug, um zu warten, bis der Schnee sich in Wasser verwandelte:
man sog lieber allmählich, als er ansing, ein wenig feucht zu werden, die
Wassertropfen ab, und so konnte denn nichts aus dem Trinkwasser werden ...
Wochenlang arbeiteten wir uus durch die endlose, flache Schneewüste
hindurch, ein Tag verging wie der andere, es war dieselbe ermüdende Ein-
förmigkeit, dieselbe anstrengende Arbeit; wer es nicht erlebt hat, kann sich
schwerlich einen Begriff davon machen. Alles war flach und weiß, wie ein
in Schnee verwandeltes Meer; am Tage sahen wir nur dreierlei in dieser
Natur, die Sonne, die Schneefläche und uns selber. Wir nahmen uns aus
wie eine verschwindend kleine, schwarze Linie, die durch eine einzige weiße
Unendlichkeit zog, — überall derselbe Gesichtskreis, nirgends ein Punkt, ans
dem das Auge ruhen kouute. Wir mußten häufig uach dem Kompaß sehen
und die Richtung so gnt wie möglich innehalten, indem wir auf die Sonne
achteten, wenn sie sich blicken ließ, und die vier Männer ansahen, die in einiger
Entfernung hinter uns herkamen und unsere eigene Spur nicht aus deu
Augen ließen, — dies war die einzige Art und Weise, wie wir Krümmungen
unserer Wanderung vermindern konnten. Wir wußten ungefähr, wo wir
waren, und wußten ebenfalls, daß wir fürs erste keine Veränderung in
Aussicht hatten . . .
Unsere Tagemärsche waren in der Regel nicht lang, sie schwankten
zwischen 1—2 Meilen. Dies hatte seinen Grund darin, daß der Weg ziem-
lich mühselig war. Wären wir früher im Sommer gekommen, etwa um
Johauuis, so würden wir eine ausgezeichnet glatte, harte Schneeschnhbahn
vorgefunden haben, wie wir sie zu Anfang unserer Wanderung (22. und
23. August) gehabt hatten. Nuu hatte sich jedoch auf den hartgefrorenen
Schnee loser, frischgefallener Schnee gelegt, der fein und trocken wie Staub
und von dem Winde zusammengeballt war, so daß sowohl die Schneeschuhe
wie die Schlitten nur langsam und schwer darüber hinglitten. Bei der
starken Kälte*), die wir bekamen, war dies ganz ungewöhnlich schlimm; es
war, als arbeiteten wir uns durch Sand hindurch, und je weiter wir kamen,
desto schlimmer wurde es. Oft siel auch feiner, frischer Schnee, der die
Sache wenn möglich noch verschlimmerte. Es war so schwer, vorwärts zu
kommen, daß wir uns nur mit Aufbietung aller Kräfte durcharbeiteten;
jeder Schritt kostete große Anstrengungen, und das ist aus die Dauer sehr
ermüdend.
(6. Die Westküste bei Godthaab.) Als wir den Kops zum Zelte
hiuaussteckteu, sahen wir das ganze Land südlich vom Godthaabs-Fjord
sich vor uns ausbreiten; — es war ein bergiges, uuebeues ^.erraiu mit
vielen hohen Felsspitzen und Gipfeln. Entsinnst du dich, wie du zum ersten-
mal als Kind das Hochgebirge daliegen sähest, voller Gletscher und Schluchten?
Entsinnst du dich, wie diese ganze unbekannte Welt dich zog und lockte?
Ja, dann wirst du verstehen können, was wir empfanden! Wir waren wie
i) Am Tage bis — 34" C, nachts bis — 45° C.
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TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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die Kinder. Wir hatten ein eigentümliches Gefühl im Halse, während
unser Blick den Tälern folgte und vergebens nach einer Spur von See
spähte. Es war eine schöne Landschaft, wild und großartig, wie an der
Westküste Norwegens. Oben auf den Bergen lag frischgefallener Schnee-
dazwischen aber schoben sich dunkle Schluchten, deren Boden die Fjorde
bildeten; wir konnten sie zwar nicht sehen, aber wir ahnten sie. Über dies
Gebirgsland bis nach Godthaab zu gelangen, schien uns eine Kleinigkeit
zu sein.
(7. Die Grönländer der Westküste, a. Einfluß der Zivili-
sation.) In frühereu Zeiten singen die Eskimos Vögel mit einem Wurf-
pfeil; sie konnten viele damit fangen, doch war die Zahl der erlegten Vögel
nicht größer als ihr Zuwachs, und alles, was er verwundete, wurde die
Beute des Jägers. Wenn er jetzt aber in eine Schar Eidergänse hinein-
schießt, so macht er viele lebensunfähig, ohne daß sie ihm zugute kommen.
Wir können uus deswegen nicht damit schmeicheln, daß wir seine Fangmethode
verbessert haben.
Dagegen haben wir ihm einen unersetzlichen Schaden mit allen unseren
europäischen Produkten zugefügt. Wir haben ihm Gefallen an Kaffee, an
Tabak, Brot, europäischen Stoffen und Putz beigebracht, und er hat uns
seine unentbehrlichen Seehundsfelle und seinen Speck verkauft, um sich diese
augeublicklichen zweifelhaften Genüsse zu ermöglichen. Inzwischen verfielen
sein Frauenboot sowie sein Zelt in Ermangelung von Fellen, ja, es geschah
sogar, daß der Kajak, die Bedingung für sein Dasein, ohne Bezug am
Strande lag; die Lampeu im Hause mußten oft im Winter gelöscht werden,
weil es an Speck fehlte, da man den Wintervorrat zum Teil schon im
Herbst verkauft hatte. Der Grönländer selber hüllte sich während des Winters
oft in schlechte europäische Lumpen statt in die guten, warmen Pelzkleider,
die er früher getragen, die Armut griff mehr und mehr um sich, die
Sommerreisen mußten zum größten Teil eingestellt werden, da ja Frauen-
boot und Zelt fort waren, und man mußte das liebe lange Jahr in den
engen Häusern leben, wo ansteckende Krankheiten mehr denn je herrschten.
(b. Weihnachten in Godthaab.) Und dann kam das Weihnachts-
fest heran. In bezug auf dessen festliche Begehung wollen die Grönländer
hinter keinem anderen Volk zurückstehen. Schon Monate vorher beginnen
die Vorbereitungen. Die Frauen sind eifrig mit dem Anfertigen einer Un-
menge von schönen Kleidungsstücken, Anoraks, Beinkleidern und Kamikeru
beschäftigt, die mit strahlenden Stickereien verziert werden. Die ganze
Familie, von den allerjüngften bis zu den ältesten Mitgliedern, muß von
Kopf zu Fuß in neuen festlichen Gewändern erscheinen. Besonders die
jungen unverheirateten Mädchen müssen sich putzen. Gehören sie einer der
bessergestellten Familien an, die im Dienst der Handelskompagnie stehen, so
pflegen die Eltern im Sommer mit dem Schiffe etwas besonders Schönes
an Stoffen aus Kopenhagen kommen zu lassen, wie man es nicht in der
Kolonie findet, am liebsten Seide, ja es ist sogar vorgekommen, daß sie
Sammet für ihre Töchter verschrieben haben. In ihrem neuen Staat, der
gewöhnlich in aller Stille angefertigt wird, kommen sie dann plötzlich an
dem großen Fest zum Vorscheiu, eiue immer strahlender als die andere.
Unterhalten sich die Fraueu anderer Länder über Putz und Kleider, so
tun es die getansten Grönländerinnen nicht minder. Ich kann freilich nicht
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TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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eine breitere Straße uns auf. Welch ein Gedränge von Menschen, Tieren
und Wagen! Früher hörte man hier wohl die ersteren reden und rufen
und hie und da das Geschrei eines Esels oder das Gebrüll eines Kamels;
aber nirgends wurde das Ohr von dem rasselnden Lärm der europäischen
Städte verletzt; denn über den weichen, ungepftosterten Fahrdamm rollten
die Wagen geräuschlos dahin. Jetzt hat man die Muski, die Hauptverkehrs-
aber Kairos, törichterweise mit Asphalt bedeckt, von dem der Schwung der
Räder und der Schlag der Hufe laut wiederhallt, und auf dem am Mittag
die Sohle des Fußgängers brennt. Kaum haben wir uns den Weg ge-
bahnt durch das drängende Gewimmel, und schon stehen wir auf einem
öden Platze mit zusammenstürzenden Häusern, über denen Geier kreisen, und
in deren Schutt verkommene Straßenhunde nach Knochen suchen. Trockenes,
staubiges Geröll, iu dem selbst das Unkraut Wurzel zu schlagen verschmäht,
lagert hier in gewaltigen Haufen, während dort hinter jener Mauer in dem
wohlbewässerten Garten eines Großen sich die Gewächse mehrerer Zonen,
saftstrotzend und in wunderbar schnellem Wüchse, zusammenfinden. Vor der
Pforte des Parks besteigt ein Eunuch ein reich geschirrtes arabisches Roß
und schant finster blickend auf die schönen Europäerinnen, die unverschleiert
und lachend in ihrer offenen Wiener Kutsche an ihm vorüberbrausen. Ein
Läufer bahnt den eilenden Rossen den Weg durch die Menge, bis sie vor
einem glänzenden Laden, an dessen Schaufenster alles, was die Hauptstädte
Europas für den Frauenputz ersinnen, zum Kaufe reizt, stille stehen. Ihm
gegenüber hält ein arabischer Mann seinen erbärmlichen, mit keinem Namen
zu beueuueudeu Kram auf einem elenden Karren feil. Ein langer Zug
von Kamelen zwingt uns zum Ausweichen. Wie Schiffe, die ein Schlepp-
dampfer nach sich zieht, ist eins an das andere befestigt, und jedes trägt
auf dem höckerigeu Rücken einen Warenballen, den es dem Bahnhofe zu-
führt. Hier vermischt sich der Pfiff der Lokomotive mit dem grunzenden
Gebrüll der geduldigen Lasttiere. In dem herrlichen Ziergarten des Esbe-
kijeplatzes sitzt die schwarze Wärterin eines arabischen Kindes neben der
französischen Bonne mit ihrem blondlockigen Pflegling; hier entzündet der
italienische Stutzer oder englische Soldat seine Zigarette an der eines nubi-
schen Burschen. Aus den offenen Fenstern eines mit Marmortischen und
vergoldeten Spiegeln geschmückten Festsaales schallen dir die neuesten enro-
Peuschen Weise», vorgetragen von einer Damenkapelle, entgegen. Du lauschest
auf die freundlichen Töne; aber dich schreckt der helle Klang des Goldes,
welches von erregten Spielern in einem Nebenranme der Musikhalle anf
den Ronlettetisch geworfen wird. Eine Seitengasse mit vielen Erkern und
seingedrechselten Haremsfenstern nimmt dich anf. Dort sitzen vor einer
Kaffeespelunke im ^Erdgeschosse braune und schwarze Leute, die mit großem
Behagen dem näselnden Rezitativ eines Bolkssängers lauschen. Deinem
verwöhnten Ohre bringt diese einfache Musik fein Ergötzen und dn strebst
ins Freie. In einer schönen Allee reitest du unter schattigen Lebbachbäumeu
dahin; aber bald findest du dich wieder zwischen den Häuserreihen einer
schmalen, bnnt belebten Straße. Bort fern schimmert dir der breite Nil,
und wenn du uäher kommst, blickt dir ein Wald von Masten entgegen. Das
ist der Hasen von Bnlak. Neben dem reich ausgestatteten Dampfer landet
soeben ein plumpes uubisches Frachtschiff mit zerrissenen lateinischen Segeln,
das die gleichen Formen trägt wie die Boote, welche wir aus den Denk-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
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