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1. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 26

1911 - Magdeburg : Creutz
26 2. Das Land zwischen Elbe und Ohre, im Jahre 1675 in die Mark einfielen, da rotteten sich die Bauern der Drömlingsdörfer zusammen und versuchten, den Feind zu vertreiben. Noch heute finden wir in den Kirchen von zwei Dörfern zwei Fahnen aus dieser Zeit. Jede trägt einen roten Adler in grünem Kranze und die Inschrift: „F. W. 1675. Wir Bauern von geringem Gut dienen unserem gnädigen Kurfürsten und Herrn mit unserm Blut." Frömmigkeit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit und Tapferkeit sind schätzenswerte Eigenschaften unserer Drömlingsbewohner. b) Die Wische. 1. Die Wische zur Zeit der Überschwemmung im Februar und März 1909. a) Wie gelangen wir zur Wische? Trotz der großen Kälte im März besteigen wir den Zug und fahren Tion Magdeburg über Wolmirftedt nach Stendal, einein Kreuzuugs- punkte mehrerer Eisenbahnen. Unser Zug fährt sodann mehrmals über die Uchte, einem Nebenflüßchen der Biese. In Osterburg hält er; wir steigen aus. Der Zug fährt fodann am Aland entlang über See- Hausen, braust über eine große Elbbrücke dahin und niacht in Witten- berge halt. In Osterburg befinden wir uns am Südende einer feuchten Niederung, die den Namen Wische, d. h. Wiese, führt. b) Welche Gestalt hat die Wische? Sie hat die Form eines Dreiecks, das sich in der Richtung von S.o. nach N.w. erstreckt. Die beiden Längsseiten liegen im O. und W. Die Ostfeite wird von dem Elbbogen, die Westseite von dem Aland und dem Unterlause der Biefe gebildet. Die Südseite erhalteu wir, wenn wir uns auf der Karte eine Linie von Osterburg nach Sandau oder Werben gezogen denken. Die Spitze des Dreiecks liegt da, wo der Aland in die Elbe mündet. Von der Grundlinie des Dreiecks bis zur Spitze würden wir 8 Std. (40 km) zu wandern haben. c) Wie sah die Wische zur Zeit der Überschwemmung aus? In den Monaten Februar und März des Jahres 1909 ist die Wische überschwemmt. Der Elbdamm ist an zwei Stellen durch die Wasser- und Eismassen durchbrochen, und die Fluteu des Elbstromes -rauschen bis nach Osterburg und Seebausen. Die Felder und Wiesen, die Höfe, die Häuser, die Ställe der Dörfer fteheu unter Wasser. Die Menschen müssen flüchten; das Bieh wird in den Orten, die höher liegen, untergebracht. Kein Weg, kein Steg ist mehr zu sehen; überall schaut unser Auge nur Wasserflächen und Eisinaffen. Selbst der Kronprinz und unsere Kaiserin lasfen es sich nicht nehmen, das Überschwemmungs- gebiet zu besichtigeu. Sie spenden Geld den Armen, Trost den Hilf-

2. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 35

1911 - Magdeburg : Creutz
Sagen, 35 einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland foll stehen bleiben, wir wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver- meintlichen Künstler arg genasführt waren. Kein Wunder also, daß sich ihr Unmut gegen ihn wandte. Als sie den Schalk griffen, steckten sie ihn zur Strafe in den Wendenturm, Im Nu aber entwich er mit einem Hohngelächter: und jeder wußte nun, daß der vermeintliche Künstler der leibhaftige Teufel gewesen war. Der Rolaud war in der früheren Zeit für die Stadt Stendal das Zeichen der eigenen Gerichtsbarkeit. Die im Jahre 1525 am Rat- hause errichtete Stein- figur gehört zu den größten, die wir besitzen. Der gewaltige Körper ruht auf starken Beinen, dessen Waden stärker sind als der Brustumfang eines kräftigen Mannes, Durch den schweren Pan- zer wird der Körper ge- schützt. Die erhobene rechte Hand hält das 4 m lange Schwert, das Werkzeug des strafenden Rechts; die linke Hand umfaßt den Schild mit dem brandenburgischen Adler, das Sinnbild des Schutzes. So er- innert der Roland an die frühere Größe und Selbst- ständigkeit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal. 2. Der wunderbare Ring im Schlosse zu Calbe a. M. In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken, Als die Edelfrau ein- willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund. Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er- 3*

3. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 39

1911 - Magdeburg : Creutz
Die Höhen. 39 sie in zwei einzelnen Höhen, den Gegensteinen. Die Bode und die Selke durchbrechen die Teufelsmauer. Von den Gegensteinen erzählt die Soge: Ein Bauer fuhr einst sein Getreide zum Verkauf nach Quedlinburg. Während er in der Schoßkelle schlief, kamen die Pferde vom rechten Wege ab; und als er erwachte, hielt der Wagen vor einer großen Höhle im dichten Walde. Nachdem das Bäuerlein sich vom ersten Schreck erholt hatte, ging es in die Höhle, um sich darin umzuschauen. Hier sah es zu seinem Erstaunen einen Kessel von blinkendem Golde und daneben eine Peitsche. Diese nahm der Bauer zuerst, dann wollte er die Taschen voll Gold füllen. Allein ein großer Hund mit glühenden Augen bewachte den Kessel. Als aber der Bauer sah, daß das Tier ruhig blieb, griff er dreist zu. Doch jetzt erwachte in ihm der Geiz. Zum ersten Male, zum zweiten Male füllte er die Taschen und leerte sie draußen auf seinem Gefährt; als er aber zum dritten Male kam, erhob der Hund ein fürchterliches Geheul und fletschte die Zähne. Der Geizhals ließ vor Schreck die Hand voll Gold fallen und stürzte aus der Höhle. Hier sank er ohnmächtig zu Boden. Unterdessen tat sich die Erde aus, Feuer sprühte hervor, und aus der Tiefe wuchsen zwei mächtige Felsen, „die Gegensteine". Als das Bäuerlein erwachte, sah es, wie der große Hund in Teufelsgestalt in den einen Felsen kroch. Hier foll er noch heute sitzeu und die Vorübergeheuden äffen und ver- spotten, indem er ihnen ihre Worte als Echo nachruft. Als das Bäuerlein nach feinem Golde auf dem Wagen sah, fand es nur Kieselsteine; und betrübt fuhr es weiter. 2. Der Regenstein, a) Name. Wer Sinn für Naturschönheiten und Verständnis für geschichtliche Merkwürdigkeiten besitzt, versäumt nicht, aus einer Harzreise den Regenstein zu besuchen. Wir schauen von dem Berge, auf dem das Schloß Blanken- bürg liegt, über die am Abhänge liegende Stadt hinweg. Dort im N. erhebt sich stolz 295 rn über dem Meeresspiegel der Regenstein. Er liegt nördlich vom Harz allein, noch ein Stück von der Teuselsmauer entfernt, wodurch er jedem Harzbesucher gleichsam in die Augen fällt. Sein Name Regenstein kommt her von dem altdeutschen Wort ragin = hochragend; und frei erhebt er sich 100 m (so hoch wie der Magdeburger Dom) über die Ebene. Ein Regenstein ist er mit Recht, denn hoch übereinander- geschichtete Sandsteinblöcke bilden einen 2 km langen Felskamm, der besonders auf der Nordfeite so schroff in die Höhe steigt, „daß nicht eine Katze hinaufklettern kann". Der erste Bewohner soll auch Graf von Regen- stein geheißen haben. b) Was erinnert uns noch an die alte Ritterburg und die Festung? In einer guten halben Stunde wandern wir von Blankenburg hinauf nach dem Regenstein, der nur von dieser Seite allmählich ansteigt. Nachdem wir uns auf dem herrlichen Platze vor dein Gasthaufe aus- geruht und gestärkt haben, folgen wir dem Führer. Wir sehen auf dem Bilde sofort, daß die Burg aus einem tiefer und einem höher gelegenen Teile besteht. Auf dem höheren Teile lagen in früherer Zeit noch die Gebäude des Burgbewohners. Im Vordergrunde sehen wir den Bergfried. Er ist nur uoch 6 m hoch; früher war er höher. Wir lassen unsern

4. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 40

1911 - Magdeburg : Creutz
40 2. Das Land zwischen Elbe und Ohre, im Jahre 1675 in die Mark einfielen, da rotteten sich die Bauern der Drömlingsdörfer zusammen und versuchten, den Feind zu vertreibeu. Noch hente finden wir in den Kirchen von zwei Dörfern zwei Fahnen aus dieser Zeit. Jede trägt einen roten Adler in grünem Kranze und die Inschrift: „F. W. 1675. Wir Bauern von geringem Gut dienen unserem gnädigen Kurfürsten und Herrn mit unserm Blut." Frömmigkeit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit und Tapferkeit sind schätzenswerte Eigenschaften unserer Dröinliugsbewohner. b) Die Wische. 1. Die Wische zur Zeit der Überschwemmung im Februor nud März 1909. a) Wie gelangen wir zur Wische? Trotz der großen Kälte im März besteigen wir den Zug und fahren von Magdeburg über Wolmirftedt nach Stendal, einein Kreuzungs- punkte mehrerer Eisenbahnen. Unser Zug fährt sodann mehriilals über die Uchte, einem Nebenflüßchen der Biese. In Osterbnrg hält er; wir steigen aus. Der Zug fährt sodann am Aland entlang über See- Hausen, braust über eine große Elbbrücke dahin und macht in Witten- berge halt. In Osterburg befinden wir uns am Südende einer feuchten Niederung, die deu Namen Wische, d. h. Wiese, führt. b) Welche Gestalt hat die Wische? Sie hat die Form eines Dreiecks, das sich in der Richtung von S.o. nach N.w. erstreckt. Die beiden Längsseiten liegen im O. und W. Die Ostseite wird von dem Elbbogen, die Westseite von dem Aland und dem Unterlause der Biese gebildet. Die Südseite erhalten wir, wenn wir uns auf der Karte eine Linie von Osterburg nach Sandau oder Werben gezogen denken. Die Spitze des Dreiecks liegt da, wo der Aland in die Elbe mündet. Bon der Grundlinie des Dreiecks bis zur Spitze würden wir 8 Std. (40 km) zu wandern haben. c) Wie sah die Wische zur Zeit der Überschwemmung aus? In den Monaten Februar und März des Jahres 1909 ist die Wische überschwemmt. Der Elbdamm ist an zwei Stellen durch die Wasser- und Eismasfen durchbrochen, und die Fluten des Elbstromes rauschen bis nach Osterburg und Seehausen. Die Felder und Wiesen, die Höfe, die Hänser, die Ställe der Dörfer stehen unter Waffer. Die Menschen müssen flüchten; das Biel) wird in den Orten, die höher liegen, untergebracht. Kein Weg, kein Steg ist mehr zu sehen; überall schaut unser Auge nur Wasserflächen und Eismassen. Selbst der Kronprinz und unsere Kaiseriu lassen es sich nicht nehmen, das Überschwemmnngs- gebiet zu besichtigen. Sie spenden Geld den Armen, Trost den Hilf-

5. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 49

1911 - Magdeburg : Creutz
Sagen. 49 einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland soll stehen bleiben, wir wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver- meintlichen Künstler arg genasführt waren. Kein Wunder also, daß sich ihr Unmut gegen ihn wandte. Als sie den Schalk griffen, steckten sie ihn zur Strafe in den Wendenturm. Im Nu aber entwich er mit einem Hohngelächter; und jeder wußte nun, daß der vermeintliche Künstler der leibhaftige Teufel gewesen war. Der Roland war in der früheren Zeit für die Stadt Stendal das Zeichen der eigenen Gerichtsbarkeit. Die im Jahre 1525 am Rat- hause errichtete Stein- sigur gehört zu den größten, die wir besitzen. Der gewaltige Körper ruht auf starken Beinen, dessen Waden stärker sind als der Brustumfang eines kräftigen Mannes. Durch den schweren Pan- zer wird der Körper ge- schützt. Die erhobene, rechte Hand hält das 4 m lange Schwert, das Werkzeug des strafenden Rechts; die linke Hand umfaßt den Schild mit dem brandenburgischen Adler, das Sinnbild des Schutzes. So erinnert der Roland an die frühere Größe und Selbstständig- keit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal. 2. Der wunderbare Mug im Schlosse zu Calbe a. M. In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken. Als die Edelfrau ein- willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund. Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er- Henze-Kohlhase, Die Provinz Sachsen. Ausgabe A. 4

6. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 53

1911 - Magdeburg : Creutz
Die Höhen. 53 sie in gtret einzelnen Höhen, den Gegensteinen. Die Bode und die Selke durchbrechen die Teufelsmauer. Von den Gegensteinen erzählt die Sage: Ein Bauer fubr einst sein Getreide znm Verkauf nach Quedlinburg. Während er in der Sckoßkeue schlief, kamen die Pferde vom rechten Wege ab; und als er erwachte, hielt der Wagen vor einer großen Höhle im dichten Walde. Nachdem das Bäuerlein sich vom ersten Schreck erholt hatte, ging es in die Höhle, um sich darin umzuschauen. Hier sah es zu seinem Erstaunen einen Kessel von blinkendem Golde und daneben eine Peitsche. Diese nahm der Bauer zuerst, dann wollte er die Taschen voll Gold sülleu. Allein ein großer Hund mit glühenden Augen bewachte den Kessel. Als aber der Bauer sah, daß das Tier ruhig blieb, griff er dreist zu. Doch jetzt erwachte in ihm der Geiz. Zum ersten Male, zum zweiten Male füllte er die Taschen uut> leerte sie draußeu aus seinem Gefährt; als er aber zum dritteu Male kam, erhob der Hund ein fürchterliches Geheul und fletschte die Zähne. Der Geizhals ließ vor Schreck die Hand voll Gold fallen und stürzte aus der Höhle. Hier sank er ohnmächtig zu Boden. Unterdessen tat sich die Erde auf, Feuer sprühte hervor, und aus der Tiefe wuchsen zwei mächtige Felsen, „die Gegensteiue '■ Als das Bäuerlein erwachte, sah es, wie der grosse Hund in Teuselsgestalt in den (inert Felsen kroch. Hier soll er noch beute sitzeu nud die Vorübergehenden äffen imb ver- spotten, indem er ihnen ihre Worte als Echo nachruft. Als da? Bäuerleiu lmch seinem Golde aus dem Wagen sah, fand es nur Kieselsteine; und betrübt suhr es weiter. 2. Der Negenstein. a) Name. Wer Sinn für Naturschönheiten und Verständnis für geschichtliche Merkwürdigkeiten besitzt, versäumt nicht, auf einer Harzreise den Regen stein zu besuchen. Wir schauen von dem Berge, auf dem das Schloß Blanken- bürg liegt, über die am Abhänge liegende Stadt hinweg. Tort im N. erhebt sich stolz 295 m über dem Meeresspiegel der Negenstein. Er liegt nördlich vom Harz allein, noch ein Stück von der Teufelsmauer entfernt, wodurch er jedem Harzbesucher gleichsam in die Augen fällt. Sein Name Regellstein kommt her von dem altdeutschen Wort ragin — hochragend; und frei erhebt er sich 100 in (so hoch wie der Magdeburger Dom) über die Ebene. Ein Regenstein ist er mit Recht, denn hoch übereinander- geschichtete Sandsteinblöcke bilden einen 2 km langen Felskamm, der besonders auf der Nordseite so schroff in die Höhe steigt, „daß nicht eine Katze hinaufklettern kann". Der erste Bewohner soll auch Gras von Regen- stein geheißen haben. b) Was erinnert uns noch an die alte Ritterburg und die Festung? In einer guten halben Stunde wandern wir von Blankenburg hinauf nach dem Negenstein, der nur von dieser Seite allmählich ansteigt. Nachdem wir uns auf dem herrlichen Platze vor dein Gasthause aus- geruht und gestärkt haben, folgen wir dem Führer. Wir sehen auf dem Bilde sofort, daß die Burg aus einem tiefer und einem höher gelegenen Teile besteht. Auf dem höheren Teile lagen in früherer Zeit noch die Gebäude des Burgbewohners. Im Vordergrunde sehen wir den Bergsried. Er ist nur noch 6 rn hoch; früher war er höher. Wir lassen unsern

7. Landschaft im oberschlesischen Industriebezirk - S. 5

1907 - Breslau : Priebatsch
1. Aus der Vorgeschichte der Landschaft. (Nachdruck verboten.) Vor 100 Jahren! In einer Eiusenkuug des Landrückens, der wellenförmig von Rußland her über die Grenze nach Schlesien streicht, liegt das Dörfchen Siemianowitz. Kleine, strohgedeckte Häuschen, denen das dicke Strohdach tief wie eine zu weite Pudelmütze aufsitzt. Am östlichen Ende erhebt sich ein hölzernes Kirchlein, im Nordwesten lagert der ausgedehnte gräfliche Park, in dessen Baumwipfeln das unscheinbare Schloß versteckt liegt. Im Südeu und Westen steigt das Land hügelförmig auf, über und über mit hochstämmigen, knorrigen Kiefern bedeckt, die in dem lehmig-sandigen Boden ein vorzügliches Fortkommen finden. Ländliche Stille lagert auf Wald und Flur. Hund und Hahn sind die einzigen Verkünder dörfischen Lebens. Im Walde hämmert der Specht, und in den Banmwipfeln lärmen Scharen von Krähen. Wer zum Hügelrücken hinansteigt, wandelt über trockene Moospolster oder über Felder von Heidekraut. Da und dort quillt es feucht aus der Erde, und dann haben sich hohe Farne und üppige Grasstauden an der wasserreichen Stelle an- gesiedelt. Es ist der oberschlesische Kieferwald mit seinem stillen, verträumten Charakter. Wenn man auf dem Hügelrücken freien Ausblick gewinnt, dann sieht man den Wald nach allen Seiten sich wellenförmig fortsetzen. Rein und klar liegt die Luft über den Baumwipfeln. Nur das scharfe Auge bemerkt in der östlichen und südwestlichen Gegend Rauchsäulen aussteigen. Man erzählt, daß hinter Chorzow auf Zabrze zu schwarze Steine aus der Erde gegrabeu werden, die wie Holz brennen und eine große Hitze erzengen. Bergleute bohren sich dort in die Erde ein und brechen die schwarzen Steine aus, die früher Pflanzen gewesen sein sollen. Nach Osten zu ist der Rauch weißlich. Dort schmilzt man aus den gelben Steinen, die in der Beutheuer Gegend gesunden

8. Landschaft im oberschlesischen Industriebezirk - S. 6

1907 - Breslau : Priebatsch
6 werden, ein Metall, das wie Silber aussieht und wie Eisen zu gebrauchen ist. Von den Betrieben in den Gruben und Hütten erzählt man seltsame Dinge. Da soll schon vor mehreren Iahren in Tarnowitz ein „eisernes Pferd" angekommen sein, das stärker als hundert lebendige Pferde sei und die schwersten Arbeiten verrichte. Diese eisernen Pserde sollen jetzt auch in andern Gruben und Hütten angekommen sein, mächtige Räder drehen, Wasser pumpen, dabei lärmen und pusten und soviel Holz ver- schlingen wie alle Öfen eines Dörfchens zusammen. Über dem Siemianowitzer Revier lagert noch der Friede. Der Bauer pflügt sein Feld und ahnt nicht, über welchen Schätzen er dahingeht. An der Grenze schlüpft der Schmuggler durch die dichten Schlupfwinkel des Brinnitzatales. Am Waldrand sonnt sich die Otter, an den Stämmen klettern Eichhörnchen, und Hirsch und Reh sind noch Bewohner der Gegend. Drei Jahrzehnte vergehen, ehe sich in dem stillen Bilde etwas ändert. Dann aber tritt der Wechsel rasch und unvermittelt eiu. Da drinnen im Schlosse, das so weltabgeschieden liegt, residiert der Graf Henckel von Donnersmarck, ein Mann voller Leben und Tatkraft, dessen scharfes Auge längst hinter dem ländlichen Schleier die ungeheuren Reichtümer der Gegend ent- deckt hat. Den Schreibtisch bedecken Karten, Pläne und Ent- würfe, und die Männer, die da mit dem Grafeu beraten, sind die Berliner Gebrüder Oppenseld. Nach längereu Verhandlungen erhalten sie die Erlaubnis, auf dem Gebiete des Grafen eine Eisenhütte anzulegen. Der Winter von 1836 bringt schon manche Unruhe ins Dorf, aber der Kieferwald ahnt noch nicht, daß es auf seinen Untergang abgesehen ist, und der Frühling, der sonst der Verkünder ueueu Lebens war, bringt dem Walde die Todesbotschaft. 1837 wird das bedeutungsvolle Werk in Angriff genommen. Scharen von fremden Arbeitern haben sich bereits eingefunden, und eines Morgens beginnen Axt und Säge die Vernichtung. Die Bäume stürzen krachend zusammen, das Waldgetier flieht entsetzt den Ort, und bald liegt ein weiter Teil des Waldgrundes entblößt da. Erdarbeiter schachten den Boden aus, und an Stelle der Bäume wachsen dicke Maueru und hohe Schornsteine aus dem Boden heraus. Wagen kommen und

9. Landschaft im oberschlesischen Industriebezirk - S. 11

1907 - Breslau : Priebatsch
11 65 534 t Roheisen, 46 480 t Walzeisen, 1411 „ Gußwaren, 9 280 „ Rohre. Der ausgedehnten Hüttenanlage ist eine Kohlengrube vor- gelagert, die nach einem früheren Generaldirektor der Gewerk- schast Fizinnsschacht genannt wird. Einförmig, aber imponierend steht die ausgedehnte Separation mit dem gezackten Lichtdache da. Die äußere Hülle verrät nichts von dem inneren Leben. Da klappern die Kohlenwagen, die Sortieranlagen rasseln, und leere und gefüllte Eisenbahnwagen wechseln ohne Aufhören in der ausgedehnten Halle. Über dem Hauptschacht erhebt sich der eiserne Förderturm, der die beiden mit Rillen versehenen Räder trägt. In den Rillen laufen die Förderseile von der Trommel der Fördermaschine in den Schacht hinein, in dem die „Schalen" auf- und absteigen und den Segen des Bergbaus zutage fördern. Der Fiziuusfchacht gehört zu der Lanrahüttegrnbe, die insgesamt 4466 Arbeiter beschäftigt und täglich 5300 t Kohle fördert. Hütte und Grnbe sind von Halden eingeschlossen. Diese grauen, langgestreckten Hügel bauen sich aus Schlacke und Asche auf. Sie siud der eindringlichste Beweis dafür, welches Heizmaterial im Laufe der Zeit die Feueranlagen der Werke ver- zehren und welche gewaltige Dampfkraft zum Betriebe der An- lagen jahraus, jahrein notwendig ist. Die Halden liegen Vör- den Werken anf breiter Grundfläche mit abgeschrägten Seiten und wachsen stetig in das Feld hinein. Ihr Charakter ist das Starre, das Tote. Nur am Abend scheinen sie zum Leben zu erwachen. Die kohlehaltigen Teile entzünden sich im Hauche des Windes selbst, und die glühenden Stellen gleichen im Dunkel oft erleuchteten Fenstern, hinter denen eine fremde Welt liegt. Die Halden haben wie die Dünen ihre Tücken. Mancher arbeitsscheue Landstreicher, der in der kalten Jahreszeit ein warmes Bett zu finden hoffte, ist hier erstickt, mancher Knabe, der unvorsichtig in einen glimmenden Teil geriet, hat sich schreck- liche Brandwunden zugezogeu. Auf der linken Seite ist eine mächtige Schlackenhalde vor- *) Jahresbericht der Bereinigten Königs- und Laurahütte vvm Jahre 1906. Georg-Ei für inte Schribi,- hung g

10. Landschaft im oberschlesischen Industriebezirk - S. 10

1907 - Breslau : Priebatsch
10 2. Das Wild. (Die Laurahütte mit ihrer Umgebung.)! Das Bild gibt einen Ausschnitt der oberschlesischeu Industrie- landschast wieder mit ihren charakteristischen Merkmalen in der Gegenwart. Wir sehen kein liebliches Tal, keine waldbedeckten Berggipfel, nicht die satten Farben, in die die Natur des Südens getaucht ist. Der Charakter des Bildes ist ein ernster, ent- sprechend dem Charakter der industriellen Arbeit, die fein be- schauliches Sinnen, sondern nur ein Ringen und Kämpfen kennt. Der graue Wolkenhimmel, der im Sommer 1907 eine ständige Erscheinung war, liegt über der Gegend wie ein düsterer Vorhang. Die Rauchmassen, die den zahlreichen Schloten entsteigen, schaffen in der Ferne eine besondere Wolke, die dicht über der Erde lagert und jede Aussicht in das benachbarte Russische Reich ver- hüllt. Wenn man die gewaltigen Anlagen ins Ange saßt und sich die Riesenarbeit vorstellt, die seit sieben Jahrzehnten über und unter Tage hier geleistet worden ist, dann drängt sich nn- willkürlich der Gedanke ans: Nichts ist gewaltiger als der Mensch! Den breitesten Raum des Bildes nimmt das Hüttenwerk ein. Wie in einem Hafen die Schiffsmasten emporsteigen, so in einer Hütte die vielen großen und kleineu Essen. Sie gehören den einzelnen Betrieben an, ans denen jedes Hüttenwerk besteht. In der Mitte liegt die Hochofenanlage mit den winkelig ge- bogenen Rohren, welche die Hochofengase ableiten. Um diese Anlage gruppieren sich die Pnddelei, das Walzwerk, die Fein- strecke, das Blechwalzwerk, die Martinöfen, das Rohrwalzwerk, die Schlackenziegelei. Die Verkünder der Arbeit in diesen Be- trieben sind die massigen Dampf- und Rauchwolken,, die der Westwind dahiufegt. Innerhalb des Werkes, das eine Fläche von 10,83 da bedeckt, schafft ein Heer von 2190 Arbeitern. Im Dienste des Menschen stehen 101 Dampfkessel; die dazn gehörigen Feueranlagen verschlingen jährlich 216 000 Tonnen Kohle und 80 000 Tonnen Koks, d. i. ungefähr der dritte Teil des Heizmaterials, das die Stadt Breslau in einem Jahre verbraucht. Das Resultat der Arbeit betrug i. I. 1906
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