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1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 29

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Die Kosaken des Zaren. 29 19. Die Kosaken des Zaren. 1. Schilderung. In dem Weltkriege haben die Kosaken den größten Teil unserer Provinz heimgesucht und Angst und Schrecken verbreitet. Selbst Wehrlose, wie Greise, Frauen und Kinder, fielen ihrer Grausamkeit zum Opfer. Die Kosaken sind halbwilde Steppenvölker aus dem fernen Osten Rußlands. Kosak bedeutet Landstreicher, Straßenräuber. Vor etwa tausend Jahren waren die Kosaken ein Volk ohne feste Wohnsitze, das umherzog und auf Diebstahl und Raub ausging, ähnlich wie die Zigeuner, die verstreut auch bei uns in: deutschen Vaterlande noch hier und da auftauchen. Später erhielten sie vom russischen Kaiser unentgeltlich Land zur Ansiedlung an den Grenzen des weiten Reiches, z. B. am Kaukasus-Gebirge. Dafür mußten sie sich verpflichten, die Grenzgebiete gegen räuberische Einfälle anderer halbwilder Völker zu verteidigen und sich auf eigene Kosten auszurüsten, auch ihr Pferd selbst zu stellen. Im Weltkriege hat man oft von den Don- und Wolga-Kosaken gehört. Der Name bezeichnet ihren Wohnsitz an russischen Flüssen. Wenn die Kosaken auch nach und nach zu seßhaften Bauern geworden sind, so kann man sie doch noch immer als Kinder der Wildnis bezeichnen, die keine ernste Arbeit lieben und bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ihre alte Diebs- und Räubernatur zeigen. Der Kosak kennt keine Bequemlichkeit und hält die größten Anstrengungen mit Leichtigkeit aus. Seine Sinne sind scharf wie die eines Raubtieres. Er ist klein, hat breite Schultern, eine niedrige Stirn und vorstehende Backenknochen. Kosak und Pferd sind unzertrennlich miteinander verbunden. Sein Reittier ist ein kleiner, struppiger, aber zäher Gaul, ein minderwertiges Tier. Es wird nicht durch Sporen gelenkt, sondern durch Schenkeldruck. Die Bewaffnung der Kosaken besteht meist aus einer sehr langen Lanze ohne Fähnchen, die ganz den Lanzen unserer Ulanen gleicht. Die Kosaken des Kaukasus haben jedoch statt ihrer einen großen Dolch. Außerdem hat jeder Kosak eine kurze Büchse, ähnlich unserem Karabiner, und die Nagaika. Die Nagaika ist eine kurze Lederpeitsche, an deren Enden gewöhnlich Bleikugeln eingenäht oder festgenietet sind. Diese Waffe, die im Kriege gar keinen Zweck hat, deutet schon auf die Verwendung hin, welche die Kosaken in Friedenszeiten finden. Im „heiligen" Rußland gibt es ja für Prügelstrafen jederzeit genügend Veranlassungen. Da sind irgendwo Unruhen ausgebrochen. Dann trifft die Nagaika des Kosaken den Rücken Schuldiger und Unschuldiger, Verdächtiger und Harmloser; Männer und Frauen jeden Alters bekommen sie zu kosten. Die russische Gerichtsbehörde findet es in schönster Ordnung, daß die Bewohner ganzer Bezirke dorfweise „durchgeknutet" werden. Ein andermal ist es Bauern infolge einer Mißernte unmöglich, die hohen Steuem aufzubringen. Väterchen schickt einige Regimenter Kosaken hin und

2. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 33

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Hindenburg, der Befreier »Ostpreußens. 33 Meist konnten die Flüchtlinge nur die notdürftigste Habe mitnehmen, auf Wagen oder in der Hand und auf dem Rücken. Wehe aber denen, die zurückgeblieben waren! Wohin die Russen kamen, raubtw und plünderten sie die Häuser aus; nachher steckten sie dieselben dann vielfach in Brand. So sind Tausende von Gehöften und viele Dörfer und Städte ohne jeden Grund niedergebrannt worden. Das geraubte Gut schickten die Russen vielfach auf Wagen oder auf der Eisenbahn nach Rußland. Selbst Offiziere beteiligten sich an der Plünderung. Wenn die armen Bewohner aus den brennenden Dörfern noch etwas retten wollten, schossen die Russen unter sie, um sie zu hindern. Ebenso wurde auf fliehende Einwohner geschossen. Es ist vorgekommen, daß die Unmenschen die Bewohner in den Häusern einsperrten und diese dann anzündeten, so daß die Insassen eines qualvollen Todes sterben mußten. Wenn die Russen vor den anrückenden Deutschen einen Ort räumen mußten, so töteten sie häufig vorher noch friedliche Bewohner und steckten den Ort in Brand. Beim Einmarsch in ein Dorf wurde in die Fenster geschossen und mit Säbeln und Bajonetten nach den Einwohnern gestochen. Sogar Feldlazarette wurden geplündert und Sanitäter beschossen. Besonders die Kosaken, wilde Reiterscharen, zeichneten sich aus durch Grausamkeiten. 3. Wie der Retter kam. Unser Kaiser wollte es nicht dulden, daß die Russen weiter so hausten; er wollte das Land wieder von ihnen befreien. Deshalb übertrag er dem General v. Hindenburg den Oberbefehl über sämtliche Truppen in Ostpreußen. Es war in der zweiten Hälfte des August. Hindenburg reiste sofort nach dem Osten ab. Schon unterwegs schickte er von einzelnen Bahnstationen aus telegraphisch Befehle an die Ostarmee; denn er wollte so schnell wie möglich die Russen hinauswerfen. Während der Fahrt saß er stundenlang in seinem Wagen über die Karten gebeugt, um sie genau zu studieren. Und wie er endlich im Osten ausstieg, da war sein Plan schon fertig: er wollte nicht bloß die Russen zurücktreiben, sondern sie auch vernichten, und dies ist ihm auch herrlich gelungen. Zuerst wandte er sich gegen die Narewarmee; es kam zur Schlacht bei „Tannenberg" vom 26. bis 30. August. 4. Wie dort das Gelände beschaffen ist. Die Gegend, wo die Schlacht stattfand, ist hügelig und weist große Waldungen auf. Eine Anzahl kleinerer und größerer Seen zieht sich von Gilgenburg aus nach Osten, dann nach Norden, in einer Länge von 150 Kilometern. Es sind die masurischen Seen, so genannt nach dem hier wohnenden Volksstamm der Masuren. Große Flächen des Landes sind von Mooren bedeckt. Diese sind oft von Gras oder Binsen bewachsen und gleichen Wiesen. Geht der Unkundige darüber, so sinkt er plötzlich in unergründlichen Schlamm, aus dem er nicht mehr herauskommt. Wer nicht genau die Wege kennt, setzt hier sein Leben aufs Spiel! In diesem Gelände fand die Schlacht statt.

3. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 9

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Ein Bild aus Ostpreußens Not. Die Leiden der ostpreußischen Flüchtlinge. 9 Wohnhaus zu verschonen. Die unglückliche Viehherde, die sich auf der Weide befand, wurde darauf von den Kosaken in den Stall getrieben, die Tür fest verschlossen und dann an alle Gebäude Feuer angelegt. Inzwischen hatte ich mich mit meinen Leuten auf den Leiterwagen gesetzt, und nun ging es fort, so schnell wie die alten Ackergäule laufen konnten. Schwarze Rauchwolken und das klägliche Gebrüll meines Viehes waren der letzte Gruß der untergehenden Heimat. „Vorwärts." 7. Ein Bild aus Ostpreußens Not. W. Starck. Gleich in den ersten Mobilmachungstagen setzten die Flüchtlingszüge ein. Oft mußte es so schnell gehen, daß man nichts, aber auch gar nichts mehr mitnehmen konnte. Einer erzählte mir: „Ich wusch mir gerade die Hände, als der Ruf kam: Fort, die Kosaken! In der furchtbaren Haft vergaß ich sogar, mir den Trauring auf den Finger zu streifen." So zogen sie auf ihren Planwagen die Provinzstraße gen Westen und Norden, oft drei Wagen nebeneinander in fürchterlicher Enge, in brennender Sorge um die Kinder, die sie bisweilen in der Eile nicht einmal alle mehr zusammen bekommen hatten, rot die Augen vom Weinen, übernächtig, frierend, ohne Nahrung, ohne Milch für die Säuglinge. Auf diesen Schreckensfahrten starben die Alten und die Jungen. Ein einst rosiges Mädchen von sechs Jahren will man doch schnell noch im Graben am Wege bestatten. Nur ein „Vaterunser" will man sprechen. Aber auch dazu reichte nicht die Zeit. „Die Kosaken!" Ein einziger Schrei zerreißt den Leuten das Herz; das „Vaterunser" erstirbt auf den Lippen. „Nur schnell auf den Wagen, fort!" Die Leiche bleibt liegen. . . , aber da schlagen auch schon die Kugeln in die schreienden, vor Jammer und Angst halb wahnsinnigen Flüchtlinge! Ausgeraubt, ermordet liegen Ostpreußens Söhne und Töchter am Wegrand rings um die unbestattete Kindesleiche. . . . 3* Kämmerer, „Um die Heimat". Bilder aus dem Weltkrieg 19 H. [3. Band. Verlag I. F. Steinkopf. Stuttgart. 8. Die Leiden der ostpreußischen Flüchtlinge. Die Russen drangen ziemlich weit ins Land ein und machten sich entsetzlicher Verwüstungen und Grausamkeiten schuldig. Furchtbarer Schrecken ergriff die bedrängte Bevölkerung. Man flüchtete in Scharen. Die armen Bewohner des Landes ließen ihre Hütten, die Bauern ihre Gehöfte im Stich. Schimpfend und wetternd trieb hier einer sein Vieh fort, dort schleppte ein anderer in stummer Verzweiflung seine Habseligkeiten gesicherten Gegenden zu. Ein armes altes Mütterchen brach fast zusammen; sie war schon so weit gelaufen und durfte trotzdem noch lange nicht ausruhen. Eltern riefen nach ihren verloren gegangenen Kindern, Greise zogen schwere Karren, Kranke humpelten mühselig dahin. Die Straßen belebten sich mehr und mehr, die Swillus, Unser Ostpreußen. I. 2

4. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 10

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
10 Die Leiden der oftpreußischen Flüchtlinge. Ostpreußenart. fliehenden Massen der Bevölkerung häuften sich in unheimlicher Weise. Gleich einer Völkerwanderung drängten Tausende, Zehntausende von Flüchtenden dahin. Man wagte kaum zurückzublicken; „vorwärts! vorwärts!" war die Losung, denn im Rücken drohte ja ein unheimliches Gespenst: Die Russen kommen! Dieser Gedanke weckte Helles Entsetzen; denn jeder wußte, daß von ihnen nur Schlimmes zu erwarten war. Nachts leuchtete der Himmel flammend auf. Drohend donnerten die Geschütze. Bang klopfenden Herzens fragte sich mancher: ob dein Haus, wo du viele Jahre friedlich gelebt, auch schon von den Russen geplündert und in Asche gelegt ist? Und wie mochte es denen ergehen, die zurückgeblieben waren? Was mochten die armen Kranken ausstehen, die niemand fanden, der sie in einem Karren mit fortschleppte nach einem sicheren Ort? Bange Fragen, die manchem der Flüchtlinge das Herz krampfhaft durchzuckten und heiße Tränen aus den Augen preßten! Nach Otto Promber, „Im Kampf ums Vaterland 1914." Loewes Verlag Ferdinand Carl. Stuttgart. 9. Oftpreußenart. 1. Es ist ihr nicht anders zu Sinne gekommen: Sie hat ihre Kühe mitgenommen und für die Nachbarn, die schon fern, die Sterke mit dem weißen Stern. 2. Mit bittendem, drohendem Hüh und Hott, stolpernd in schwerem, ungleichem Trott über die Wiesen, durchs Feld, am Ackerrand, am Arme den Eimer, die Kette in der Hand. 3. Und nun so fremd der Gegend Bild! Die zerwühlte Straße von Staub umhüllt! In einer Wolke dicht und grau mit ihren Kühen die schreitende Frau. 4. Da plötzlich ein Zuruf vom Walde nah: „Zurück, zurück, die Kosaken sind da!" Nur zögernd hat sie sich umgewandt, am Arme den Eimer, die Kette in der Hand. 5. Eine Meile nordwärts, zum nächsten Dorf. „Den Fußpfad! Schnell! Durch Moor und Torf! In allen Häusern schon Russengetos. Und laß doch die Kühe, die Kühe los!" 6. Sie dankt dem Warner mit stillem Gesicht. Doch die Kühe, nein, die läßt sie nicht. Die Füße blutend, die Arme schwer, so zieht sie mit ihnen hin — und her. —

5. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 20

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
20 Russische Greuel in Ostpreußen. Doch noch ein großer Schreck stand uns bevor. Von den Jegodner und Niedzwedzer Frauen erfuhren wir, daß in beiden Dörfern auch die Russen gewesen waren und von dort Kinder, Männer und Greise mitgeschleppt hatten, sogar ein Mädchen von neun Jahren, 72 jährige Greise, die schwach und krank waren. Ja, selbst die Frauen sollten mit, doch auf die Fürbitten der Männer wurden sie zurückgelassen. Aus beiden Dörfern, die zusammen 300 Einwohner zählen, waren 53 Entführte. Ach, der Jammer und der Schmerz der Zurückgebliebenen war herzzerreißend. Händeringend standen die Ärmsten da. Nach dein „Berliner Tageblatt". 15. Russische Greuel in Ostpreußen. Als die Russen im August 1914 über unsere Grenzen kamen, hatten sie in ihren Ranzen leicht entzündbare Feuerkörper, meistens braune, durchsichtige Streifen, die z. B. an der Zigarette in Brand gesteckt wurden. Diese warfen sie in die Wohnungen, besonders unter die Betten, in das Stroh des Daches, in die vollen Scheunen oder ins trockene Holz. Schnell gingen die Wohnhäuser, Ställe, Scheunen und Getreideschober in Flammen auf. Ein Feuermeer und schwarzer Rauch bezeichneten den Weg, den die Russen nahmen, die so viel Not und Elend über die friedliche Bevölkerung brachten. An manchen Orten wurden bis über 30 gleichzeitige Brände gezählt. Am schwersten haben durch den Russeneinfall die Gegenden gelitten, die in der Nähe der russischen Grenze liegen. Überall dasselbe Bild der Zerstörung: ausgebrannte Häuser, Ringmauern und hochragende Schornsteine, umgeben von verkohlten Bäumen, die in Friedenszeiten mit ihren Blüten und Früchten das Wohnhaus traulich umstanden. Bei ihrem Eindringen in Teile von Ostpreußen haben sich die Russen auch zahllose Grausamkeiten zuschulden kommen lassen. Förster der Romintener Heide wurden ohne Grund niedergeschossen Gendarme getötet, verwundet oder verschleppt. Der Gendarm aus Bilder-weitschen wurde, auf einem Kanonenwagen gefesselt, durch Eydtkuhnen gebracht. Seine Leiche hat man später auf dem Marktplatz in Kibarty gefunden. Die beiden Pfarrer in Schareyken im Kreise Oletzko und Szittkehmen im Kreise Goldap gaben den Russen nicht an, wo unsere Truppen stehen. Sie wurden deshalb in den Mund geschossen. Der eine starb sofort, der andere wurde in hoffnungslosem Zustand in das Krankenhaus nach Goldap gebracht. In einem Dorfe im Kreise Pillkallen wurden die Frauen und Kinder auf ein Gehöft getrieben. Darauf schloß man die Hoftore und steckte das Gehöft in Brand. Erst als die Eingeschlossenen in die höchste Not geraten waren, wurden die Tore geöffnet und die gequälten Leute herausgelassen. Ähnlich erging es auch den zurückgebliebenen Frauen, Kindern und schwachen Greisen in dem Städtchen Domnau. Man brachte sie in einen Mühlenvorbau und zündete diesen und auch die Mühle an. Dann verschwanden die Russen. Schon knisterten in den Sparren die todbringenden Flammen, als das herzbrechende Hilfegeschrei das Herz eines nicht beteiligten Feindes

6. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 49

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Aus der Zeit des zweiten Nuffeneinfalls in Ostpreußen. 49 wenn er nicht als dummer Junge seine Hand in eine Häckselmaschine gesteckt und einen seiner Finger, der zum Laden eines Gewehres unentbehrlich ist, verstümmelt hätte. Er hatte also nie des Kaisers Rock getragen und verstand nichts von militärischen Dingen. Das wurde sein Unglück. Als die Russen im November 1914 zum zweiten Male in Ostpreußen einfielen, mußte er mit Weib und Kind wie alle anderen Bewohner des Dorfes schleunigst fliehen und seine herrliche Wirtschaft mit den reichsten Wintervorräten, so und soviel Stück Vieh, Schweinen, Gänsen und Hühnern im Stich lassen. Nur sein alter Vater wollte nicht mit, sondern auch unter den Russen zur Abwartung des Viehes und Fortführung der Wirtschaft bleiben. Ein lebensmüder Greis fürchtet den Tod auch aus Feindeshand nicht. Und so floh denn Jankowski auf einem mit starken Pferden bespannten Planwagen, darunter Weib und Kind saßen, im langen Flüchtlingszuge zunächst nach der Kreisstadt Angerburg. Schon unterwegs fiel ihm so manches ein, was er mitzunehmen vergessen hatte. Einige geschlachtete Gänse und Hühner hätten immer noch Platz gehabt. Auch sonst manches schöne Hausgerät hätte man mitnehmen können. Dann fiel ihm weiter ein, daß er so manches dem Alten auf die Seele zu binden vergessen hatte: Den Schweinen nur nicht zu heißes Fressen zu geben, das jüngste Kalb von der bunten Kuh bald zu entwöhnen und es nicht unter 25 Mark an den Fleischer zu verkaufen. Ja, es war so viel zu bedenken. Auf das schwarze Huhn, welches immer die Eier in verborgene Winkel legt, war aufzupassen. Ach, was hätte er dem Alten nicht alles noch ans Herz zu legen gehabt! Die Flucht war zu hastig gekommen. In der Stadt Angerburg faßt er zufällig in seine Westentasche und findet — o weh! — den Speicherschlüssel. Ach, was nun? Die Pferde können keinen Hafer, die Kühe und Schweine nicht Kleie bekommen. „Mutter," sagt er zu seiner Frau, „ich muß wieder zurück. Bleibe hier mit den Kindern und warte auf mich, bis ich wieder hier bin. Ich muß dem Alten den Speicherschlüssel abgeben und auch noch manches sagen wegen dem Kalb, dem Schwein und auch dem schwarzen Huhn." — Ein Soldat, den er auf der Straße fragt, ob er wohl nach seinem Dorfe zurückkehren könne und ob die Russen wohl schon dort seien, gibt ihm den Rat, aufs Etappen-Kommando zu gehen und sich einen Ausweis zu holen. Freund Jankowski schüttet dem Etappen-Kommando seine Herzensangelegenheiten aus, findet aber kein Gehör. Der Erlaubnisschein wird ihm verweigert. Er zeigt den Speicherschlüssel, schildert die Not seines Viehes — nichts macht auf die hohe Militärbehörde Eindruck. Da denkt Jankowski in seinem citin: „Wer hat mir was zu befehlen? Ich bin kein Soldat, sondern ein masurischer Bauer. Ich gehe, wohin ich will. Donnerwetter, ich werde doch wohl in mein eigenes Haus gehen können!" Und so wandert er trotzig aus der Stadt zur Heimat. Unterwegs bei Dtr. sieht er unsere Schützengräben, und auf der Chaussee steht ein deutscher ooldat. „Ich werde nicht so dumm sein, den Patrouillen in die Arme zu laufen. Ich schleiche mich hinter jenem Gebüsch rechts den Berg herab und

7. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 26

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
26 Eine Försterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck. und fuhr auf meinem Dienstlande auf. Offiziere mit Karten in den Händen beratschlagten. Wieder jagte die Artillerie auf Wachlacken zu, sie hatten sick-verfahren. In wilder Flucht zogen sich die Russen zurück und waren am 10. September, mittags, verschwunden. Mit welcher Freude ich unsere Truppen begrüßte, kann ich nicht beschreiben. Meine Gefangenschaft war somit beendet. „Nach der „Königsb. Allg. Zeitung". 17. Eine Försterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck. Viele Ostpreußen suchten beim Russeneinfall im August 1914 in den Wäldern Schutz. Sie fuhren mit Kind und Rind ins Dickicht und wohnten dort. So hatte sich auch ein naher Verwandter von mir, ein Königlich Preußischer Hegemeister *), im Walde ein Versteck eingerichtet. Mit seinem Sohn, der einige Tage später zu den Jägern einrücken mußte, hatte er schon rechtzeitig eine geeignete Stelle in seinem Revier (spr. rewier) ausgesucht. Inmitten eines mit dichten, jungen Kiefern bestandenen Bruches lag eine Anhöhe, nicht weit vom Ufer eines kleinen Sees. Dort gruben die Männer einen Teil der Bergwand senkrecht ab und bauten aus Stämmen und Moos eine geräumige Hütte, die mit Rohr bedeckt wurde. Der Platz war nicht nur schwer zu finden, sondern auch sehr schwer zu erreichen, am leichtesten im Kahn. Letzterer konnte in einem Graben des Bruches versteckt werden. Während die Männer noch an der Hütte bauten, schafften Frau und Tochter Vorräte, Küchengeräte und Betten an den Zufluchtsort. Eines Tages erschienen die Russen. Eine Abteilung Kosaken sprengte an der Försterei vorbei auf den nahegelegenen Hof der Domäne**) Polommen im Kreise Oletzko. Nun war es Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Alle Türen und . Schränke wurden geöffnet, damit die Russen keinen Anlaß finden sollten, sie aufzubrechen. Das Vieh im Stalle wurde losgebunden und reichlich mit Futter versehen, der Tränketrog mit Wasser gefüllt. Nur von seinen Hunden konnte der Förster sich nicht trennen. Sie wurden mitgenommen und verhielten sich musterhaft ruhig, als wenn sie wüßten, daß sie durch Bellen ihren Herrn verraten könnten. Auch ein Netz hatte der Hegemeister mitgenommen, das sich als sehr nützlich erwies; denn es wurde jeden Abend in den See eingestellt und lieferte täglich ein schönes Gericht Fische. Kaum waren die Bewohner des Forsthauses in ihrer Hütte, als sie schießen hörten. Der Förster schlich sich hinaus und durch die dichten Schonungen***) bis an den Waldrand, von wo er beobachten konnte, daß sich *) Hegemeister — Titel für ältere Förster. **) Domänen — Güter der Krone, deren Ertrag teils für öffentliche Zwecke, teils für das regierende Haus verwendet wird. ***) Schonung — junger Baumbestand im Walde, etwa bis zum 20. Jahre; darf nicht abgeweidet werden.

8. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 92

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
92 Die Russen in Gumbinnen. Auch viele Flinten sind weggekommen, besonders Jagdflinten. Bei einer dritten Art geplünderter Wohnungen findet man nicht bloß alles ausgeraubt, sondern auch alles kurz und klein geschlagen; Möbelbezüge sind dann aufgerissen, Kleider zerschlitzt, die Holzteile der Möbel vernichtet. Den Boden der Zimmer bedeckt ein wüster Schutthaufen durcheinander gerissener Papiere, Kleider, Schubladen und Wäschestücke. Die Türen und Schlösser von Möbelstücken sind erbrochen. Halb und ganz ausgetrunkene Flaschen stehen umher, sowie geleerte Zigarrenschachteln. Die Betten liegen beschmutzt da oder sind auf den Boden geworfen. . . . Uber das sonstige Verhalten der Russen lauten die Angaben auch recht verschieden. Bald sollen sich die russischen Offiziere recht manierlich und menschlich, sogar freundlich und hilfreich, bald barsch und bedrohlich benommen haben. Die Leute dagegen hausten wie die Wilden. Sie stopften sich die Blusen und Beinkleider voll Flaschen und Zigarren bis zum Platzen, lagen und taumelten betrunken umher und bedrohten dann die wenigen dagebliebenen Deutschen. Einige sollen deswegen gehängt worden sein. Die Flaschen zogen sie nicht auf, sondern schlugen ihnen die Hälse ab, und wenn sie z. B. Sekt darin fanden, so gossen sie ihn enttäuscht auf den Boden und verlangten Wodki. Von Flüchtlingen habe ich gehört, daß russische Offiziere Flüchtlingskinder, die müde waren und nicht mehr laufen konnten wie ihre Mütter, auf den Arm nahmen und weite Strecken trugen. . . . Die Flüchtlinge kehren allmählich nach Gumbinnen und Umgegend zurück. Man sieht traurige Züge von Leiterwagen, mit Stroh und Zeltdächern aus allen möglichen Lumpen zusammengeflickt. Auch ein paar Geschäftsinhaber sind wieder zurückgekehrt und fordern Soldaten zur Wiederaufnahme ihrer Betriebe. Bier, Zigarren, Kaffee, Streichhölzer gibt es noch nicht, keine Briefe, keine Telegramme, keine Züge. Wir sind abgeschnitten von der Umwelt. Die tollste Zerstörung, die ich gesehen habe, ist bei dem Apotheker und Drogisten Keitel. Alle Kästen sind aufgezogen, alle Flaschen herumgeworfen. Alles ist zu oberst und zu unterst gekehrt und alles, was die Russen brauchen konnten, mitgenommen: photographische Apparate, Seifen, Parfüms für viele Tausende. Die Regale sind leer. Was sie nicht mitnahmen, haben sie auf den Boden geschüttet und zertreten. In Konfitürenläden findet man nur die leeren, übereinandergeworfenen Büchsen, Schachteln und Schubladen. Heute war ich in der Regierung, wo sie die Regierungshauptkasse, einen stählernen, eingemauerten Tresor*), gesprengt haben. Die Stahlplatten liegen herum wie die zusammengerollten und zerrissenen Blätter eines Schulheftes. Die Mauern aber haben standgehalten, und in der Kasse war nicht ein Pfennig. Gesprengt haben sie auch die Norddeutsche Kreditanstalt. Von den Häusern in Gumbinnen sind wie durch ein Wunder einige ganz von der Plünderung verschont geblieben. Niedergebrannt wurden gegen 20 Häuser, in Stallupönen und Eydtkuhmn bedeutend mehr. *) Tresor — Schatzkammer.

9. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 64

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Generalfeldmarschall Hindenburg. Die Heimkehr der Flüchtlinge. 5. Von Masuren dann nach oben hast du rasch sie vorgeschoben schnurstracks in die zweite, dritte Schlacht. Erst zur Rechten, dann zur Linken schnittst du in den Bärenschinken, bis ganz Preußen frei gemacht. 6. Hindenburg, wir woll'n dir's danken, daß du mit den Löwenpranken niederschlugst den Iottelbär. Wo du weilst in deutschen Landen, soll es heißen: „Stillgestanden, präsentiert ihm das Gewehr!" Prof. Hedemann, Jena. 38. Die Heimkehr der Flüchtlinge. Ernst Wenzel, Godesberg a. Nh. Heim wollten sie und weiter nichts als heim . . . Ob auch das Haus, das ihnen Obdach bot, mit zarter Liebe freundlich sie umwob: Berlin blieb ihnen fremd und kalt. Nicht lockte sie das laute Straßentreiben, nicht Schloß und Zeughaus und die bunte Pracht, stumm und voll Kummer saßen sie am Tisch: Großvater, Kinder und die Bäuerin. Der Mann bet Tannenberg gefallen und Russengreu'l im stillen Heimatdorf: So fraß der Gram an ihren Herzen und bitt're Sorge. Nur manchmal funkelten die blauen Augen der blonden tapfern Frau aus Salzburgs Stamm, und ihrer Brust entstieg das Stoßgebet: Daß Gott ihn segne, unsern Hindenburg! Dann kam der Tag. In Hast gepackt die Siebensachen. Treuherzig unbeholfner Abschiedsdank . . . O fort, nur fort! Gen Osten stampft der Zug der Heimat zu. Verlassen liegt das Dorf. Kein Mensch, kein Vieh. Verkohlte Trümmer, leergebrannte Scheunen. Ihr Häuschen steht, im Innern arg durchwühlt. Da will die starke Frau zusammenbrechen; doch der Alte spricht:

10. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 103

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Trakehnen und das ostpreußische Pferd im Weltkrieg. 103 letzten Augenblick ein Bergungszug gestellt werden. So hatte es die zuständige Eisenbahnbehörde dem Anstaltsleiter zugesagt. All die bangen Wochen und Monate sind jetzt vorüber, Gott schenkte dein tapferen deutschen Heere wiederum herrliche Siege. Ostpreußens Boden ist frei vom Feinde, verstummt ist der Donner der Geschütze, ein Aufatmen geht durch die ganze Bevölkerung der Ostprovinz. Wohl ist der Schaden, der den Carlshöfet Anstalten durch den Brand verursacht ist, reichlich auf 100 000 Mark zu schätzen. . . . Aber schon ist unsere Not nicht unbeachtet geblieben. Christliche Brüder und Schwestern, edle Menschenfreunde haben unserer gedacht. Möge dieser Bericht auch dazu beitragen, in weiteren Kreisen Teilnahme für die Anstalt Carlshof und ihre zahlreichen Pfleglinge zu erwecken. Ostpreußische Kriegserlebnisse von Superintendent Braun.*) (Gekürzt.) 65. Trakehnen und das oftpreußische Pferd im Weltkrieg. 1. Vor dem Krieg. Der größte Schaden, den der Russeneinbruch in Ostpreußen zur Folge hatte, ist der, welcher der ostpreußischen Pferdezucht zugefügt wurde; denn Ostpreußen ist die preußische Provinz, in der die Pferdezucht mehr als in jeder andern gepflegt wurde, und zwar seit Jahrhunderten. Hier, besonders in den litauischen Bezirken, ist jeder Bauer Pferdezüchter, und der Litauer ist der geborene Pferdepfleger und Pferdekenner. Den dem Litauer angeborenen Sinn für Pferdeliebhaberei stärkte und pflegte schon der Ritterorden, und die zähe und kräftige Landpferderasse wurde in vom Orden angelegten Gestüten ziel- und zweckbewußt gezogen. Als Ostpreußen in den Besitz der Hohenzollern kam, wurde die Landespferdezucht von den Herrschern weiter zielbewußt gepflegt, und Friedrich Wilhelm I. von Preußen ließ in den Jahren 1717 bis 1732 all die kleinen Gestüte um einen Zentralpunkt, Trakehnen, zusammenziehen und errichtete hier ein preußisches Hofgestüt. Gezogen werden die für Militärzwecke geeigneten Füllen in der Hauptsache von den kleineren Landwirten, aufgezogen dagegen von den größeren Besitzern; denn die kleineren Bauern haben weder genügende Stallungen noch ausreichende Koppeln (Weiden), um die Remonten bis zum dritten Jahre zu halten und entsprechend zu pflegen. In welchem Umfange die Pferdezucht in . Ostpreußen getrieben wurde, geht am besten daraus hervor, daß von den 14 700 Remonten, die die preußische Armee jährlich braucht, diese Provinz im Jahre 1912 allein über 8700 stellte. Der gesamte Pferdebestand Ostpreußens belief sich am 1. Dezember 1913 auf 501 550 Stück, überragte also den jeder andern Provinz ganz bedeutend. Weit dahinter z. B. stand Schlesien *) Zum Besten des Kinderkrüppelheims. Drucki und Verlag Krüvpellehranstalt Angerburg i. Ostpr.
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TM Hauptwörter (200)200

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