Zum achten sind wir beschwert, indem viele Güter den Zins
nicht ertragen können, und die Bauern das Ihrige daraus einbüßen
und verderben. Wir begehren, daß die Herrschaft den Zins nach
Billigkeit bestimme, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue.
Zum neunten sind wir beschwert, indem man stets neue Ansätze
macht und uns nicht straft nach der Sache, sondern oft aus großem
Neid und aus großer Begünstigung anderer. Unsere Meinung ist,
daß man uns strafe nach alter, geschriebener Strafe.
Zum zehnten sind wir beschwert, daß etliche sich angeeignet haben
Wiesen und Äcker, die doch einer Gemeinde zugehören. Solches muß
die Gemeinde wieder zu Händen nehmen, es sei denn, daß man es
redlich erkauft habe.
Zum elften wollen wir den Brauch, genannt der Todfall, ganz
und gar abgetan haben; wir wollen nimmer leiden, daß man Wit-
wen und Waisen das Ihrige wider Gott und Ehren also schändlich
nehmen und rauben soll, wie es an vielen Orten geschehen ist.
Zum zwölften ist unser Beschluß und endliche Meinung: Wenn
einer oder mehrere der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht
gemäß wären, so wollen wir davon abstehen, sobald man es uns
mit Grund der Schrift erkläret. Staude.
27. Luthers Tod.
Im Januar 1546 reiste Luther mit drei Söhnen nach Eisleben.
Dahin hatten ihn die Grafen von Mansfeld gerufen, um Streitig-
keiten zu schlichten, die zwischen ihnen entstanden waren. Unterwegs
war er schon sehr schwach, doch predigte er noch viermal in Eisleben,
war auch über Tische recht gesprächig und schrieb an seine Frau nach
Wittenberg tröstliche Briefe voll Glaubens. Einer der letzten lautet also:
Gnad' und Fried' in Christo, allerheiligste Frau Doktorin! Wir
bedanken uns gar freundlich für Eure große Sorge, dafür Ihr nicht
schlafen könnt; denn seit der Zeit Ihr für uns gesorgt habt, wollt'
uns das Feuer verzehrt haben in unserer Herberge, hart vor meiner
Stubentür, und gestern, ohne Zweifel aus Kraft Eurer Sorge, hätt'
uns schier ein Stein auf den Kopf gefallen und zerquetscht wie in
einer Mausfallen. Denn es in unserm heimlichen Gemache wohl zween
Tage über unsern Kopf rieselt Kalk und Lehmen, bis wir Leute dazu
nahmen, die den Stein anrührten mit zwei Fingern, da fiel er herab,
so groß als ein lang Eisen und einer großen Hand breit, der hatte
im Sinne, Eurer heiligen Sorge zu danken, wo die lieben heiligen
Engel nicht gehütet hätten. Ich sorge, wo Du nicht aufhörst zu
sorgen, es möchte uns zuletzt die Erde verschlingen und uns alle
Elemente verfolgen. Lehrest Du also den Katechismus und den Glauben?
Bete Du und laß Gott sorgen! Es heißt: „Wirf dein Anliegen auf
den Herrn, der sorget für dich!" (Psalm 54). Wir sind gottlob!
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neue Heimat in seinen Landen an, und 16 300 Vertriebene folgten
dankbar dem Rufe des edlen Königs. — Mein Großvater hat von
seiner Wanderfahrt durch Deutschland viel Merkwürdiges aufge-
schrieben; heute will ich davon nur vorlesen, wie der König selbst
sie in Potsdam empfangen hat, nachdem er seinen neuen Untertanen
den Dr. Gödel bereits nach Bayern entgegengesandt hatte, der sie
geleiten, für ihr Unterkommen sorgen und sie mit Reisegeld unter-
stützen sollte. Darüber schreibt unser lieber Vorfahr Anton Bacher,
nach dem du, lieber Toni, deinen Namen hast:
4. „Als unser Zug im Mai 1732 nach Potsdam kam, standen
die Pastoren im Amtsrock, die Schuljugend und die Waisenkinder
vor der Stadt. Der eine Pastor begrüßte uns mit einer Rede, dann
geleiteten sie uns mit dem Liede: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr'"
bis vor des Königs Schloß nahe am Tore, und dort stellten wir
uns in langen Reihen auf; denn der König wollte uns sehen. Bald
erschien er mit der Frau Königin am Arme. Wir hatten uns erst
vor ihm gefürchtet, denn es hieß, er wäre sehr streng; aber die Furcht
schwand bald, als er uns gar gnädig anredete, einzelne nach Stand
und Namen fragte, sich erkundigte, was wir gelitten hätten, und uns
so schön tröstete, daß uns das Wasser in die Augen trat. Darauf
ließ er eine Anzahl von uns durch einen Pastor über ihren Glauben
examinieren, wobei wir wohl erst mit Zagen, bald aber mit großer
Freudigkeit antworteten. Ja, er fragte wohl selbst dazwischen. So
stand z. B. ein Bube von vierzehn Jahren, Joseph Hornecker, dicht
bei mir, von dem der König hörte, daß er um des Glaubens willen
seine katholischen Eltern verlassen habe, den redete er an: „Hör,
Bursche, wie kannst du das bei Gott verantworten?" Der Joseph
erwiderte unerschrocken: „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich,
der ist meiner nicht wert, sagt der Herr Jesus." — „Ja," sprach
der König, „wer wird sich deiner nun annehmen, wenn du weder
Vater noch Mutter hast?" Der Bub sagte: „Vater und Mutter
verlassen mich, aber der Herr nimmt mich aus." Da klopfte ihm der
König auf die Schulter: „Recht, mein Sohn, behalt den Herrn Jesum
lieber als alles, der wird dich wohl versorgen." Dann fragte er
uns, ob wir wohl das Lied: „Aus meinen lieben Gott trau ich in
Angst und Not" singen könnten. „Ja, Majestät", antworteten wir.
„Nun, dann singt's einmal!" Da wir uns nun scheuten, fing er's
mit lauter Stimme an, und wir fielen mutig ein. Unterdes hatte
sich die Frau Königin zu den Frauen und Mädchen begeben, mit
ihnen so recht mütterlich gesprochen und allerhand kleine Andenken
ausgeteilt. Als aber zum Schluß des Königs Hofprediger noch für
und mit uns betete und den Segen über uns sprach, sind nicht bloß
wir, sondern auch viele von dem umstehenden Volke und den hohen
Offizieren des Königs auf die Kniee gesunken.
Zum Abschied ries der König: „Kinder, ihr sollt's gut haben
bei mir, ihr sollt's gut haben! Reist mit Gott!" Wir drängten uns
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Extrahierte Personennamen: Anton_Bacher Toni Joseph_Hornecker Joseph Jesus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Potsdam Potsdam