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4zeiligen Strophen mit trochäischem Versmaaß, deren erster und
dritter Vers reimlos sind, der zweite und vierte aber die Assonanz
haben, und zwar meist auf denselben Vokal durch die ganze
Strophe. Als Beispiel diene das schöne Gedicht Uhlands (f 1862)
in Tübingen:
Romanze vom kleinen Däumling.
Kleiner Däumling! kleiner Däumling I
Allwürts ist dein Ruhm posaunet.
Schon die Kindlein in der Wiege
Sieht man der Geschichte staunen.
Welches Auge muß nicht weinen,
Wie du liefst durch Waldesgrausen,
Als die Wölfe hungrig heulten,
Und die Nachtorkane sausten!
Welches Herz muß nicht erzittern,
Wie du lagst im Riesenhause
\ Und den Oger hörtest nahen.
Der nach deinem Fleisch geschnaubet!
Dich und deine sechs Gebrüder
Hast vom Tode du erkaufet,
Listiglich die sieben Kappen
Mit den sieben Kronen tauschend.
Als der Riese lag am Felsen,
Schnarchend, daß die Wälder rauschten^
Hast du keck die Meilenstiefel
Von den Füßen ihm gemauset.
Einem vielbedrängten König
Bist als Bote du gelaufen;
Köstlich war dein Botenbrod:
Eine Braut vom Königshause.
Kleiner Däumling! kleiner Däumling!
Mächtig ist dein Ruhm erbrauset,
Mit den Siebenmeilenstieseln
Schritt er schon durch manch Jahrtausend.
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56
Todeshauch verwehte deinen Hall,
Melodie der Liebesred' und Bitten,
Welche mir in Ohr und Seele glitten,
Wie der Flötenton der Nachtigall.
Leere Hoffnung, nach der Abendröthe
Meines Lebens einst im Ulmenhain
Süß in Schlaf durch dich gelullt zu sein!
Aber nun, o milde Liebesflöte,
Wecke mich beim letzten Morgenschein
Lieblich statt der schmetternden Trompete!
Geharnischte Sonette
(von Fr. Rückert).
Was schmied'st du, Schmied? „Wir schmieden Ketten, Ketten!"
Ach, in die Ketten seid ihr selbst geschlagen.
Was Pflügst du, Bau'r? „Das Feld soll Früchte tragend
Ja, für den Feind die Saat, für dich die Kletten!
Was zielst du, Schütze? „Tod dem Hirsch, dem fetteck!"
Gleich Hirsch und Reh wird man euch selber jagen.
Was strickst du Fischer? „Netz dem Fisch, dem zagen."
Aus eurem Todesnetz wer kann euch retten?
Was wiegest du, schlaflose Mutter? — „Knaben."
Ja, daß sie wachsen und dem Vaterlande
Im Dienst des Feindes Wunden schlagen sollen.
Was schreibest, Dichter, du? „In Glutbuchstaben
Einschreib' ich mein und meines Volkes Schande,
Das seine Freiheit nicht darf denken wollen."
Frau'n Preußens, nehmt für eure Opfergaben
Das Opfer an des Lieds, das ich euch bringe;
Ihr, die ihr gabt vom Finger eure Ringe,
So wie ihr gabt vom Busen eure Knaben
Dem Vaterland! In Erzschrift sei gegraben
Eu'r Preis, daß ihn kein Mund der Zeit bezwinge.
Des Ruhm's, den eurer Männer blut'ge Klinge
Erfechten wird, sollt ihr die Hälfte haben.
Denn wenn sie selbst, im Sturm des Feindes, Wunden
Erbeuteten, so habt ihr mit dem Kleide
Von euren Schultern ihnen sie verbunden;
Und wenn der Freiheit Tempel aus dem Leide
Nun steigt durch sie, so soll's die Welt erkunden,
Daß, ihn zu schmücken, ihr gabt eu'r Geschmeide.
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65
Das Unthier ward getroffen von dem Eisen,
Und Attys gab, empfing ihn nicht den Tod?
Darf ich vergessen nun den bösen Traum?
Ist er mir wiederum geschenkt der Sohn?
Ist er auf's neu geboren mir ins Leben?
Dann preis' ich selber selig Krösos Schicksal!
Gewiß, es lauert noch das tück'sche Schicksal;
Es war, mir ahnet, nicht das rechte Eisen.
Jetzt, jetzt erst trifft es in das rechte Leben!
Mich dünkt, die ganze Lust ruft eben: „Tod!"
Hört ihr das Echo wohl? Es hallt: „dein Sohn!"
Weh, meines Lebens Dämon, grimmer Traum!
Still steht der Traum, doch brütet noch das Schicksal!
Sohn, sei dein Bot', obsiege diesem Eisen!
Wer kommt? Es ist der Tod und nicht das Leben!
15. Hie Glosse.
Die Glosse, eine ursprünglich spanische Dichtungsart, ist ein
lyrisch-reslektirendes Gedicht, dem ein vorstehender, meist aus vier
Zeilen bestehender Vers eines andern Gedichtes als Thema zum
Grunde gelegt wird, und zwar so, daß die erste Strophe die erste,
die zweite Strophe die zweite, die dritte Strophe die dritte, und
die vierte Strophe die vierte Zeile weiter ausführt, und daß jede
Strophe sich mit den Worten der auf sie bezüglichen Zeile endigt.
Wird ein Vers von fünf oder sechs Zeilen zum Grunde gelegt,
so muß auch das Gedicht aus fünf oder sechs Strophen be-
stehen.
Nun zeigte sich in der Nachbarichast ein großer Eber, und die Bewohner baten den König,
ihnen den Attps und Jäger zu senden, um das Unthier zu vertilgen. Krösos wollte nicht,
aber der Sohn bat so lange, bis Krösos nachgab. Er ließ den Attys begleiten von dem
Adrast, einem Fremdling, der sich an seinen Hof geflüchtet hatte, und band ihm den Sohn
aus die Seele. Als sie nun den Eber aufgejagt hatten, schleuderte Adrast seinen Spieß auf
das Thier, traf aber den Attys, der davon todt zu Boden fiel. Die Worte der Sestine
spricht der König Krösos, ehe die Nachricht von Attus Tode eingetroffen ist.
Literatnrgesch. v. Nestelt. I. §. Aust. 5
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98
Hier stehe als Beispiel eine Stelle aus dem 4. Gesang des
Messias. Zum Verständniß des Folgenden wisse man: der hohe
Rath hatte sich versammelt, um zu berathschlagen, ob Jesus
gerichtet werden sollte oder nicht. In der Versammlung waren
zwei Parteien: die Pharisäer und die Sadducäer. Sie haßten
sich und waren nur eins in dem festen Willen, daß Jesus sterben
sollte. Nur zwei bessere Männer saßen im Rathe: der weise
Gamaliel und der fromme Nikodemus. Zwischen den Häuptern
beider Parteien, dem Philo und Kaiphas, erhob sich ein mächtiger
Streit. Philo hatte eben heftig gegen Kaiphas gesprochen.
---------Bon Grimm und von übermannender Wuth voll,
Lehnt' an seinen goldenen Stuhl sich Kaiphas nieder.
Und erbebte. Ihm glühte das Antlitz. Er schaut' auf die Erde
Sprachlos, starr. Ihn sahn die Sadducäer, und standen
Gegen Philo mit Ungestüm auf. Wie tief in der Feldschlacht
Krieg'rische Rosse vor eisernen Wagen sich zügellos heben,
Wenn die klingende Lanze daher bebt, fliegend dem Feldherrn,
Den sie zogen, den Tod trägt, dann blutathmend zur Erd' ihn
Stürzt. Sie wiehern empor und drohen mit funkelndem Auge,
Stampfen die Erde, die bebt, und hauchen dem Sturm' entgegen.
Jetzo hätt' in der Wuth sich schnell die Versammlung getrennet,
Wäre nicht unter ihnen Gamaliel aufgestanden.
Heitre Vernunft erfüllte sein Antlitz. Der Weisere sprach so:
„Wenn in diesem Sturme des grimmigen Zorns die Vernunft noch
Etwas vermag, ist Weisheit euch lieb: so höret mich, Väter!
Wenn der ewige Zwist stets wieder unter euch aufwacht,
Wenn Pharisäer und Sadducäer, wenn diese Namen
Ewig euch trennen, wie werdet ihr da den Propheten vertilgen?
Doch Gott sendet vielleicht die eifersüchtige Zanksucht
Unter euch, Väter, weil er es seinem hohen Gerichte
Vorbehalten, zu sprechen dem Nazaräer sein Urtheil.
Lasset, Väter, Gott sein Gericht! Ihr möchtet zu schwach sein,
Seinen Donner zu tragen, und unter den mächtigen Waffen,
Denen die Himmel erzittern, in niedrigen Staub hinsinken.
Schweigt ihr vor Gott, und hört der Stimme des kommenden Richters
Still entgegen! Er wird bald reden und seine Stimme
Wird von dem Aufgang hören die Erd' und dem Untergange.
Spricht Gott zu dem Gewitter: „zerschmettr' ihn!" und zu dem Sturme:
„Hauche sein sinkend Gebein, wie Staub, in alle vier Winde!"
Oder zum blinkenden Schwert: „Auf! waffne rächende Hände,
Trinke des Sünders Blut!" Gebeut er der Erd' Abgründen:
„Thut euch auf, und verschlingt ihn!" so ist er der schuldige Träumer!
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Zu zeigen, fanden sie im reichsten Uebersluß
Gehäuft zu ihren Füßen liegen.
Herr Hüon läßt indeß, mit manchem Vaterkuß,
Den kleinen Hüonnet auf seinem Knie sich wiegen,
Und sieht mit inniglicher Lust,
Das schöne Weib durch alles fremde Zieren
Und Schimmern nichts gewinnen, noch verlieren,
Ob eine Rose ihre Brust
Umschattet, ob ein Strauß von blitzenden Juwelen
In Glanz sie hüllt — stets durch sich selber schön
Und liebeathmend, scheint durch den
Ihr nichts geliehn, bei jener nichts zu fehlen.
Der Alte kommt jetzt mit der Nachricht an,
Drei Tage sei bereits der Schranken aufgethan.
„Karl (spricht er), immer noch durch seinen Groll getrieben,
„Hat ein Turnier im Reiche ausgeschrieben:
„Und rathet, welchen Dank der Sieger heut' erhält?
„Nichts kleiners, Herr, als — Hüon's Land und Lehen!
„Denn, euch aus Babylon mit Ruhm gekrönt zu sehen,
„Ist, was dem Kaiser nicht im Schlaf zu Sinne fällt." —
„Auf, waffne mich!" ruft Hüon voller Freuden,
„Willkommner konnte mir kein' and're Botschaft sein.
„Was die Geburt mir gab, sei nun durch Tugend mein!
„Verdien' ich's nicht, so mag's der Kaiser dem bescheiden,
„Der's würdig ist'/' — Er sagt's, und siehet Rezia
Ihm lächelnd stillen Beifall nicken.
Ihr Herz verheißt ihm Sieg! — In wenig Augenblicken
Steht glänzend schon ihr Held in voller Rüstung da.
Sie schwingen sich zu Pferd, die Ritter und die Frauen,
Und ziehen nach der Stadt! und allenthalben schauen,
Von ihrer Pracht entzückt, die Leute nach, und wer
Die Gassen müssig tritt, läuft hinter ihnen her.
Bald langt mit Rezia Herr Hüon vor den Planken
Der Stechbahn an. Cr läßt, nachdem er sich bei ihr
Beurlaubt, Scherasmin zu ihrem Schützer hier,
Zieht sein Visir herab, und reitet in die Schranken.
Ein lautes Lob verfolgt von beiden Seiten ihn,
Ihn, der an Anstand und an Stärke
Den Besten, die der ritterlichen Werke
Bisher gepstegt, weit überlegen schien.
Scheelsehend stand am Ziel, aus seinem stolzen Roß,
Der Ritter, der in diesen dreien Tagen
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110
„In die Küche? so tief hinab zum flammenden Feuer,
„Welches die Schönheit verderbt und alle Farbe verwüstet?
„Wird der ekle Geruch vom Eingeweide der Enten
„Deine hochadlige Nase, trotz alles Napee's*), nicht erfüllen?
„Laß uns, o Schöne, doch nicht zu schmutzigen Köchinnen sinken,
„Und vor dem schwarzen Gesicht der Küchenjungen erschrecken!
„Ist nicht Brandts, der Koch, aus einer fürstlichen Küche?
„Wird er nicht eben so wie wir die Schwämme bereiten?"
Also sprach sie vergebens. Denn unter den zärtlichen Klagen
Hatte die Gräfin sich schon mit einer Schürze bewaffnet.
Und sie lachte voll Hoheit, und sprach: „Komm, folge mir, Feige!"
Alsbald stiegen sie beide hinab in der Küche Gewölbe,
Gleich dem beherzten Ulyß und gleich dem frommen Aeneas,
In die brüllende Hölle voll Gluth und prasselnder Flammen.
Wahrlich! schreckliche Bilder! An einen Bratspieß geschmiedet,
Drehte der schwitzende Kunz, ein andrer Jxion, den Braten.
Karpfen lagen umher mit aufgerissenen Bäuchen,
Schwammen in eigenem Blut, und schnappten nach eignen Gedärmen.
Kochender Essig wird bald wild über die Floßfedern strömen,
Und die glänzende Schuppe mit Himmelsfarbe sich färben.
Eine glühende Magd streift, mit blutgierigen Fäusten,
Einem Hasen das Fell voll Grausamkeit über die Ohren.
Ach! er wird sie nicht mehr am blumigen Abhange spitzen!
Wird nicht mehr, als die Zierde der Rammler, im Sprunge sich zeigen
Brandis, der Wüthrich und Koch, war dieser Hölle Beherrscher,
Und ward reich und gemästet durch Marter und Qualen der Thiere.
Unrechtmäßig war er mit weißen Kleidern geschmücket;
Denn der Nacht Liverei gebührte dem Pluto zu tragen.
Eine zackige Gabel regiert' er in grimmigen Händen,
Und am Gürtel trug er ein scharfes, mördrisches Messer.
Alles bückte sich tief, als jetzt die himmlische Schönheit
Sich dem Feuerherd naht. Sie ruft dem Koch. Voll Erstaunen
Sieht er die Gräfin vor sich stehn, und sinkt ihr zu Füßen,
Hört ihr Verlangen hierauf, und küßt ihr zitternd die Schürze.
Alsbald greift er selber mit harten Händen in's Feuer,
Legt die glühenden Brände zurecht, und spielt mit den Bränden.
Also reitet im Feuer ein Waghals den flammenden Balken,
Wärmt sich am krachenden Haus, und senget die gelbe Perrücke;
Oder ein kühner Physikus faßt die elektrische Stange,
Fordert den Donner heraus, und leitet in Funken den Blitz ab.
*) Schnupftaback.
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113
Rastlos hatte für die Abendstunde
Raps den Tag hindurch mit Weib und Kind
In des Kellers unterird'schem Grunde
Hier ein Glas geschwefelt, dort verdünnt;
Dennoch fand man, statt zufried'nen Dankes,
Seinen Landwein ohne Geist und Kraft,
Und den Borrath feines Gerstentrankes
Für Stieglitzenfchmänse angeschafft.
Doch vor allen, die zum großen Werke
Jetzt sich stählten in des Gastwirths Haus,
Zeichnete durch feines Durstes Stärke
Sich der Altgefell wie immer aus!
Diesem Durst hat er das Loos zu danken,
Das sich draußen Wider ihn verschwor;
Als er, rettungslos gebracht zum Wanken,
Mond und Stern' aus dem Gesicht verlor.
Tief und tiefer war die Nacht gefunken,
Und der Feldherr stellte, stillbemüht,
Die Verfchwornen, die sich Muth getrunken,
Seinem Plan gemäß, in Reih' und Glied. —
Und nun fei, o Muse, mir gewogen!
Renne sonder Umschweif und Verzug
Die Beherzten, die zum Kampfe zogen,
Und die Waffen, welche jeder trug!
Majestätisch an des Heeres Spitze
Prangt im grünkalmanknen Sonntagsrock,
Auf dem linken Ohr die Bibermütze,
Gebhard Bremse! mit dem Knotenstock.
Aber wer erkennt den windesraschen,
Wer den vielgewandten Schneider mehr?
Spitze Steine füllen ihm die Taschen,
Und ein Sarras folgt ihm, lang und schwer.
Ihm zunächst schließt sich mit dickem Zopfe
Bärenfchreck, der Huf- und Grobschmied, an:
Einen Karpfenkeffel auf dem Kopfe,
Und mit steifem Schurzfell angethan.
In den Fäusten schwingt er Keul' und Messer,
Und auf edlen Siegesruhm erpicht,
Blickt dem ungestümen Eisenfresser
Mordlust aus dem rußigen Gesicht.
Literaturge^ch. v. Nösselt. I. 8. Aufl.
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114
Auch den Aldermann der Feuerspritzen,
Hänsel Pfiff, sieht man im Zuge gehn;
Stets gerecht stehn seines Hutes Spitzen,
Mag er sie nach Süd und Westen drehn.
Muth und Liquor röthen ihm den Zinken;
Und so trabt er, hurtig und gewandt,
Eine Feuerzange in der linken,
Einen Zaunpfahl in der rechten Hand.
Raps, des Städtchens Gastwirth, trägt, der vierte,
Eine Peitsche, die er kurz vorher
Mit betheertem Glasstaub überschmierte:
Wo sie anschnellt, wächst kein Härchen mehr. —
Ihm gesellt mit rostiger Muskete
Sich Hans Hunger, der zur Mittagszeit,
Phantasirend auf der Pfennigsflöte,
Haus für Haus der Reihe nach erfreut.
An des Künstlers Seite nimmt ein zweiter,
Gleichgeschätzt im Städtchen, seinen Platz:
Peter Primel, Traum- und Zeichendeuter,
Hochgelehrt in Kart' und Kaffeesatz!
Jammervoll beschwert mit Magenkrämpfen
Ist er oft, zumal zur Zeit der Nacht;
Wo er dann, die inn're Pein zu dämpfen,
Sich vom Bett erhebt und Verse macht!
Eingeweiht in dunkle Künst' und Zeichen,
Thut er — kann er des Gespenstes Ohr
Mit den Zauberformeln erst erreichen —
Auch als Geisterbanner sich hervor,
Feuer frißt er, daß die Ohren dampfen,
Gläser kann er auseinander schrein. —
Diesen sieht man kühn den Boden stampfen,
Und mit blanker Holzaxt zornig dräun.
Aufgemuntert durch den Sonntagsbraten,
Den der Feldherr seinem Dienst versprach,
Folget auch, versehn mit Hark' und Spaten,
Fehdelbach, der Todtengräber, nach.
Hinter ihm, mit büchnem Rockenträger,
Den er heimlich seinem Weib entwandt,
Schreitet Kiebitz, Schloß- und Kirchenfeger,
Und der Weichselzöpfige genannt.
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116
Hier ward Halt gemacht; der Feldherr selber
Stieg hinauf mit raschem Ungestüm,
Und die andern alle, wie die Kälber,
Die den Huschbock drängen, folgten ihm.
Buhzel selbst, als man an Ort und Stelle
Angelangt, stand in den Vorderreihn;
Auch die Trommel trug der Altgeselle
Unverdroßnen Muthes hinterdrein.
Und wie alles nun hinüberspähet,
Sieh, da springen aus dem Fliederstrauch,
Welcher innen an der Planke stehet.
Die Gespenster ganz nach altem Brauch,
Tummeln erst, den Lauschenden zum Schrecken,
Seltsam aus den Gräbern sich herum.
Klettern emsig auf und ab, und strecken
Endlich in das Gras sich, still und stumm.
Todtenstille herrscht' im Heldenkreise,
Die Gesichter wurden blaß und roth;
Bis der Gastwirth Raps, nach seiner Weise,
Der Versammlung eine Prise bot.
„Riecht ihr's auch?" begann mit hohlem Flüstern
Hänsel Pfiff, der Held mit Zang' und Pfahl;
„Man erlebt solch' Funkeln und solch' Knistern
„Wohl sein Tage nicht zum zweiten Mal!"
„Kinder, laßt den Kopf uns nicht verlieren!"
Fiel der Feldherr jetzt mit Unmuth ein;
„Mußt' ich muthvoll euch zum Kampfe führen,
„Um ein Zeuge eurer Angst zu sein?
„Herzhaft müssen wir das Tressen wagen!
„Kehren wir zurück in träger Ruh',
„Bürger Tiefenbach's! die Weiber schlagen
„Uns die Thüren vor der Rase zu!"
„Zieht denn hin, euch Lorbeer'n zu erstreiten,
„Während ich mit Einsicht und Verstand
„Von dem Hügel aus die Schlacht zu leiten,
„Hier verharre, Flint' und Spieß zur Hand.
„Nicht dem Feldherrn ziemt's, mit blindem Wagen
„Seine unersetzliche Person
„In die Hrtze des Gefechts zu tragen;
„Darum bleib' ich, wie gesagt, davon." —
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120
Jetzt schnell, eh' die Brandung wiederkehrt,
Der Jüngling sich Gott bestehlt,
Und ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört, —
Und schon hat ihn der Wirbel hinweggespült!
Und geheimnißvoll über dem kühnen Schwimmer
Schließt sich der Nachen; er zeigt sich nimmer. —
Und stille wird's über dem Wasserschlund,
In der Diese nur brauset es hohl.
Und bebend hört man von Mund zu Mund:
„Hochherziger Jüngling! fahre wohl!"--------------
Und hohler und hohler hört man's heulen,
Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen.
„Und wärfst du die Krone selber hinein,
„Und sprächst: wer mir bringet die Krön',
„Er soll sie tragen, und König sein!
„Mich gelüstete nicht nach dem theuren Lohn.
„Was die heulende Tiefe da unten verhehle,
„Das erzählt keine lebende glückliche Seele."
„Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt,
„Schoß gäh' in die Tiefe hinab;
„Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast
„Hervor aus dem alles verschlingenden Grab!"
Und heller und heller, wie Sturmessausen,
Hört man's näher und immer näher brausen.
Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt;
Bis zum Himmel sprühet der dampfende Gischt,
Und Well' auf Well' sich ohn' Ende drängt.
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzt es brüllend dem finstern Schooße.
Und sieh'! aus dem finster fiuthenden Schooß'
Da hebet sich's schwanenweiß,
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß,
Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß,
Und er ist's, und hoch in seiner Linken
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken.
Und athmete lang und athmete tief,
Und begrüßte das himmlische Licht.
Mit Frohlocken es Einer dem Andern rief:
„Er lebt! er ist da! es behielt ihn nicht!
„Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle
„Hat der Brave gerettet die lebende Seele!"
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