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1. Bis zum Interregnum - S. 1

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
Land und Volk der alten Gernranen. a) Älteste Wohnsitze. Wir Deutschen stammen von den Germanen ab, aber wir stnb nicht ihre einzigen Nachkommen, auch in den Abern der Bewohner der Norb- und Ostseelänber sließt germanisches Blut. Die Germanen, bic zur Zeit Christi uuser jetziges Deutschland bewohnten, sahen sich als Urbewohner des Landes an, ein Zeichen, daß sie längst bar in heimisch waren, nnb boch waren sie nur Eingewanberte. Ihre Heimat sucht man in den subrussischen Steppen am Dniepr und Dniestr. Dort bil-beten sie — so nimmt man an — einen Teil einer großen Völkerfamilie, bic man als Jnbo germanen bezeichnet. Diese hatten einerlei Sprache, führten ein Hirten- und Wauberleben, kannten aber auch schon die Ansänge des Ackerbaus. Aus der gemeinsamen iubogermanischen Heimat wanberten in grauer Vorzeit bte einzelnen Völker aus. Die Arier nnb Armenier wanbten sich ostwärts dem Jnbischen Ozean und dem Persischen Gols zu. Die Griechenvölker und Italiker suchten die Gestabe des Mittelmeers auf. Die Kelten zogen westwärts, bevölkerten Mitteleuropa und brangeit bis ins heutige Frankreich und nach den Britannischen Inseln vor. Auch die Germanen suchten neue Wohnsitze auf, wanberten nach Norben und befiebelten die Sän der an bet Ost- und Norbsee, besetzten die jütische Halbinsel, die bänischen Inseln und den {üblichen Teil von Skanbinavien. Nach langen Hin- und Herzügen und Rückwauberuugeu von den Jnsellänbern nach dem Festlanb ßilbeteit sich bret Gruppeu: 1. bte Norbgermauen in Skanbinavien und Dänemark, 2. die ©üb - ober West germanen zwischen Norbsee und Obergcgenb, zu beiten z. B. die späteren Franken, Thüringer, Alamannen, Angeln, Friesen nnb Sachsen gehörten, nnb 3. die Ost-ger malten in der Ober- nnb Weichselgegenb, von wo sie sich wieber rückwärts der Donau und dem Schwarzen Meere zu-wanbten: zu ihnen gehörten Burgunber, Basteruen, Goten, Wandalen, Rugier, Heruler. Unter den Westgermanen zwischen Ober Pätzold, Lehrbuch der Geschichte. I. Teil. 1

2. Bis zum Interregnum - S. 14

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 14 — Wasserdampf erzeugt. Später benutzte man an Stelle der heißen Steine eine über einen Herd gemauerte Steinwölbung, in der man den Anfang des Kachelofens erblicken kann, und jedes durch einen Ofen geheizte Gemach bekam den Namen Stube. Die gesamte Hofstatt war von einem Zaun umgeben, der aus Pfählen, Brettern und Flechtwerk hergestellt wurde. Eine Lücke im Zaun, abgegrenzt durch ein gezimmertes Holzgestell, diente als Tor. c) Äußeres und Kleidung der Germanen. Die Germanen, die einst in ihrer einfachen Hofstatt schalteten, waren ein stattliches, wohlgebildetes Geschlecht. Sie hatten wie die Kelten blaue Augen, weiße Haut und rötliches oder gelbes Haar, das uicht nur die Frauen, sondern auch die Männer lang herabhängen ließen. ^ Bei einigen Stämmen war es jedoch auch Sitte, daß es die Männer am Hinterkopfe zu einem Knoten zusammenbanden. Auf die Vlondheit der Haare, das Unterscheidungsmerkmal von den schwarzhaarigen Südländern, legten die Germanen selbst hohen Wert und suchten sie sogar durch eine Art Pomade zu verstärken; auch versäumten sie nicht, ihr Haar wie überhaupt ihren Körper zu pflegen, was dadurch bewiesen" wird, daß vielfach Kämme aus jener Zeit gefunden worden sind. Auch den Römern gefiel die äußere Er-fcheinuug der Germanen. Die Frauen galten ihnen geradezu als Schönheiten. Daher färbten die vornehmen Damen Roms sogar ihr Haar blond oder trugen rötlich bloude Perücken, um sich ein germanisches Aussehen zu gebeu. Germanisches Haar wnrde von ihnen gern gekauft. Zur Pflege des Körpers gehörte auch die Beschaffung von Kleidung, die als Schutzmittel gegen die Kälte nicht allzu gering sein durfte. Zwar waren die Germanen von Jugend auf abgehärtet und an Kälte und rauhes Wetter gewöhnt, aber daß sie nur halb bekleidet gewesen seien, wie Römer berichtet haben, muß als unzutreffend zurückgewiesen werden. Es mag wohl im Sommer namentlich bei den Kindern der Fall gewesen sein, und in dieser Jahreszeit kamen die Römer meist mit den Germanen in Berührung ; oder es geschah im Kampfe, bei dem unfere Vorfahren sich nicht selten eines Teils ihrer Kleidung entledigten. Im allgemeinen, namentlich zur Winterszeit, nötigte aber das rauhe Klima zu dichterer Körperumhüllung. Die Kleidung bestand im wesentlichen ans dem Unterkleid, das den Leib bedeckte, und dem Mantel, der um die Schultern

3. Bis zum Interregnum - S. 17

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 17 — zu wechseln, und so lange das Siedelungsgebiet ausreichte, war dies wohl angängig. Als aber die Bevölkerung wuchs und als die Volksmassen, die auswanderten, um neues Land zu suchen, am Rhein und an der Donau aus die Römer stießen und dadurch der Ausdehnung der Germanen eine Grenze gesetzt wurde, da mußten sie zu geregelterem Anbau des Bodens übergehen, so daß der Ackerbau vervollkommnet und die Germanen zu bäuerlicher Ansässigkeit gelangten. Darum nimmt man an, daß die sogenannte Dreifelderwirtschaft, nach der ein Jahr Winterfrucht, im nächsten Sommerfrucht gebaut wurde und im dritten Jahre der Acker umgebrochen (Brache) liegen blieb, ein alter germanischer Brauch gewesen sei, wenn sie auch erst seit Karl dem Großen deutlich nachweisbar ist. Daher wird man schon in früher Zeit zur Düngung des Bodens übergegangen sein, wozn naturgemäß auch die Beseitigung der Dungstoffe vou der Hofstätte führte, zumal die germanischen Landwirte bereits die Reinlichkeit hoch hielten. Unter den Getreidearten sind die ältesten Kulturpflanzen Weizen und Gerste, und in den Mittelmeerländern waren sie im Altertum die vorherrschenden Halmfrüchte. Roggen und Hafer kannten die Völker des Altertums uicht, oder sie wurden von ihnen verachtet. Vom Roggen behauptete ein römischer Schriftsteller, daß er Leibschneiden verursache, und Hafer bezeichnete man direkt als Unkraut. Den Germanen waren alle vier Getreidearten bekannt, und zwar baute man Winter- und Sommergetreide, vorwiegend aber Hafer und Gerste. Den Anbau des Hafers als Feldfrucht sowie den Roggenbau hatten sie wahrscheinlich schon in Osteuropa bei ihren slavischen Nachbarn kennen gelernt. Mit dem Hafer trat bald die Gerste, die alte Kulturfrucht Vorderasiens und der Mittelmeerländer, erfolgreich in Wettbewerb. Der Roggen, den die Germanen nur in geringen Mengen anbauten, überflügelte später Hafer und Gerste und wurde das Korn schlechthin und das Hauptgetreide der Deutschen und Slaven. Den Weizen lernten unsere Vorfahren wahrscheinlich erst von den Kelten kennen, er wurde aber dann allgemein angebaut, und wenn in der späteren römischen Kaiserzeit von deutscher Getreideausfuhr nach Italien berichtet wird, so ist anzunehmen, daß sich diese besonders auf Weizen, die eigentliche Brotfrucht der Bewohner der Mittelmeerländer, bezog. Als besondere Weizenart kam in Deutschland auch Dinkel oder Spelt vor, der sich vom eigentlichen Weizen dadurch unterschied, daß seine Ähren Grannen trugen. Außer den Getreidearten bauten die Germanen Pätzold. Lehrbuch der Geschichte. I. Teil. 2

4. Bis zum Interregnum - S. 22

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 22 — an den Höfen der späteren Könige und Fürsten beteiligten sich die Frauen an der Anfertigung und Ausbesserung der Kleidung. Ebenso war das Wafchen eine Tätigkeit, die der Würde der Hausfrau nicht widersprach. Wenn auch die gröbere Wäsche dem Gesinde zusiel, die feineren Gewänder spülten Töchter von edlem Stande auch selbst. Oft mögen freilich die Mägde das Waschen irrt eisigen Wasser des Dorfbachs oder des Teiches zur kalten Winterszeit als harte Arbeit empfunden haben. Daran erinnern uns auch die Gestalten der Gudrunsage. Der mannigfaltigen häuslichen Arbeit der Frauen gegenüber war das Arbeitsgebiet des Mannes wesentlich beschränkter. Den Hausherren kam in erster Linie der Bau der Wohnstätte zu; doch wurden sie auch hierbei von Unfreien unterstützt. In hohen Ehren stand bei den Männern die Bearbeitung des Eisens, das damals noch selten war und sich großer Wertschätzung erfreute. Man bedurfte dessen zur Bereitung verschiedener landwirtschaftlicher Geräte, vor allem aber zur Herstellung der Waffen. Frühzeitig hatten die Germanen das Schmelzen und Gießen von den Kelten gelernt, ebenso die Bearbeitung an der Esse. Wenn nun auch ein großer Teil dieser Arbeiten - wie alle sonstige Tätigkeit Hausarbeit war und der freie Germane mit Unterstützung der Knechte selbst seinen Speer mit eiserner Spitze versah oder fein Schwert schmiedete, so entwickelte sich doch bald ein von einzelnen Personen ausgeübter gewerblicher Betrieb, und man kann daher die Sch mied er ei als das älteste germanische Handwerk bezeichnen, das im Zusammenhange mit der Eisengewinnung vielfach irrt Walde (Waldfchmiede) betrieben wurde. Das Geheimnisvolle, das in der ganzen Tätigkeit lag, sowie die Freude an den Waffen find die Veranlassung gewesen, daß auch die Germanen wie andere Völker die Schmiedekunst aus göttlichen Ursprung zurückführten. Auch zahlreiche Sagen, z. B. Wieland der Schmied, erinnern an die hohe Wertschätzung, die sie von alters her genoß. Zur Schmiedearbeit gehörte auch der Beschlag an den Schilden, die Einfassung der Trinkhörner, verschiedene sonstige Zieraten, die Herstellung metallener Götterbilder. Da solche Tätigkeit eine kunstgeübte Hand voraussetzte, so wird auch dieser Umstand dazu beigetragen haben, daß sie vielfach den Charakter eines handwerksmäßigen Betriebes erhielt. Auch in der Holzbearbeitung, in der Schnitzerei, Zimmerei und Böttcherei werden sich manche Germanen durch ihre Geschicklichkeit vor andern ausgezeichnet haben. Besondere Gewandtheit bewiesen

5. Bis zum Interregnum - S. 23

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 23 — unsere Vorfahren frühzeitig schon in der Herstellung von Tonwaren, die allerdings ursprünglich auch vorwiegend weibliche Hausarbeit war. Man verstand mit der Hand Töpfe, Urnen, Krüge in mannigfacher Weise zu formen und durch leichte Einritzungen zu verzieren. Auch diese Erzeugnisse erfuhren durch die Bekanntschaft mit den Römern wesentliche Verbesserungen. Die Seele des germanischen Hauses war nach alledem vorwiegend die Frau. Eine vielseitige Wirksamkeit, die sich namentlich auf Beschaffung von Nahrung und Kleidung erstreckte, füllte ihr Dasein ans. g) Gastlichkeit, Spiel und Trank. Wenn nun auch das Haus das Arbeitsgebiet der Frau war, so war doch der Mann der Hausherr, und dieses Wort war ursprünglich gleichbedeutend mit Wirt. Gastfreundschaft zu üben, galt ihm als oberste Hansherrn-pslicht.' Da es besondere Gasthäuser nicht gab. bot jedes germanische Haus dem Fremden Herberge und Verpflegung. Wurde er rechtzeitig bemerkt, so geleitete ihn der Hausherr Über die Schwelle des Hauses. Ohne ihn nach Namen, Herkunft und Ziel seiner Wanderung zu fragen, pflegte man ihn, reichte ihm trockene Kleider, wies ihm einen Platz am Herd an und gab ihm vom besten Vorrat des Hauses. Dazu stand der Gast völlig unter dem Schutze des Hausherrn; niemand durste den Fremden ungestraft beleidigen. Sein Aufenthaltsrecht war unbeschränkt; wollte er aber aufbrechen, so erhielt er ein Gastgeschenk, und der Hausherr geleitete ihn auf den Weg zur nächsten Unterkunft ober führte ihn auch selbst dort ein. Daß sich der Germane als Hausherr fühlte, kam auch dadurch zum Ausdruck, daß er sich an häuslicher Arbeit nur wenig beteiligte. Wenn ihn nicht die Sorge um das Vieh zu den Herden rief ober wenn er nicht als Jäger den Wald durchstreifte, so lag er auch gern daheim aus der Bärenhaut und pflegte der Ruhe. Man hat daher oft die Trägheit als üble Eigenschaft der alten Germanen hervorgehoben. Aber das Liegen auf der Bärenhaut Beruhte nicht auf Trägheit, sondern auf der Anschauung, daß häusliche Arbeit keine der Würde des Mannes entsprechende Tätigkeit sei. Ein Leben der Arbeit wie in der Gegenwart kannte man eben noch nicht. Die Germanen waren noch zu sehr Naturmenschen und dachten nicht tiefer über das Leben nach, und schwere Lebenssorgen waren ihnen fremd; aber trotzdem war Trägheit nie das Ideal germanischen Lebens, es galt im Gegenteil als höchstes Gebot, die Kräfte zu stählen, und zu würdiger Tätigkeit zeigte der Ger-

6. Bis zum Interregnum - S. 25

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 25 - Die Familie bestand in der Urzeit keineswegs nur aus Maun und Frau und deren Kindern, sondern anch Seitenverwandte, z. B. Schwestern des Mannes, gehörten dazu, auch Nichtverwandte konnten darin Ausnahme finden. In der ältesten Zeit war es daher auch Brauch, daß ein Mann mehrere Frauen hatte. Als aber die Germanen in die Geschichte eintraten, zur römischen Kaiserzeit, bildeten diese Fälle schon die Ausnahme. Sitte war im allgemeinen bereits, daß der Mann nur eine Frau nahm. — Über alle Glieder der Familie besaß der Hansherr die Muut-schast, „d. h. Gewalt, Macht, Schutzpslicht und zugleich Schutzrecht" (Dahn). Selbst die Frau stand zeitlebens unter der Gewalt des Mannes, war rechtlich völlig unselbständig und mußte sich in allen Rechtsgeschäften durch ihn. ihren Muntwalt, vertreten lassen. Der Mann konnte Frau und Kinder sogar verkaufen, was nach leidenschaftlichem Spiel zuweilen auch vorkam. Die Söhne entwuchsen der Munt des Vaters, wenn sie ins Heer ausgenommen wurden oder einen eigenen Hausstand gründeten. Töchter wurden, wie schon aus der Stellung der Frau hervorgeht, niemals selbständig; bei ihrer Verheiratung ging nur die Munt vom Vater auf den Gatten über. Auch die Alten unterstanden der Hausherrngewalt. Wer das Schwert nicht mehr führen konnte, weffen Glieder schwach und wessen Geist stumpf geworden war, wer daher seinen Pflichten der Gesamtheit gegenüber nicht mehr nachkommen konnte, taugte nicht mehr zum Hausherrn. Darum haben Greise, die das selbst erkannten und fühlten, daß das Leben damit für sie keinen Wert mehr habe, sich zuweilen selbst den Tod gegeben, weil sie den Lebenden nicht eine „morsche Zugabe" sein wollten. Art die Mnntschast erinnern noch heute die Bezeichnungen mündig, unmündig, Vormund. Wenn nun auch bei den Germanen die Frau unter der Gewalt des Mannes stand, so war sie doch keineswegs nur seine Sklavin, die er wie eine Ware erwerben und veräußern konnte. Sie war vielmehr seine Freundin, seine Genossin, seine Vertraute, die Gefährtin feines Lebens. Als solche leitete sie mit klugem Sinn das Hauswesen und teilte auch alle sonstigen Interessen des Mannes. Sie folgte ihm sogar in die Schlacht und wußte oft von der Wagenburg aus durch begeisternde Zurufe den finkenden Mut neu zu beleben. Eine ihrer vornehmsten Aufgaben war auch die Ausübung der Heilkunst. Frauen waren es, die den verwundeten Kämpfern Hilfe brachten, die Wunden mit kühlem Wasser

7. Bis zum Interregnum - S. 26

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 26 — wuschen, sie mit Heilkraut und Salbe bebeckteu und mit reinem Linnen kunstgerecht verbanben. Frauen traute man vielfach auch einen Blick in die Zukunft zu, und man überließ zuweilen die Beantwortung der Frage, ob eine Schlacht zu wagen sei, ihrem weis-sagenben Muube. Allgemein begegnete man daher bert Frauen mit Achtung und gewisser Ehrfurcht, der Mann betrachtete sich nicht nur als ihren Herrn, fonbern ebenso als ihren Vertreter und Beschützer, und die Schutzpflicht staub bert Germanen ebenso hoch wie das Herrenrecht. Mit solchen Anschauungen überragten sie die alten Kulturvölker der vorchristlichen Zeit, die der Frau eine weit untergeordnetere Stellung zuwiesen. Ein römischer Schriftsteller, der über die Germanen schrieb, erkannte biesen Vorzug rühmetib an, lobte die Reinheit der germanischen Sitten nrtb wollte bamit seinen Lanbsleuten einen Spiegel vorhalten. Die Eheschließung bewegte sich schon früh in bestimmten Formen. Zwar kam es vor, daß das Weib geraubt ober entführt würde, Armin entführte z. B. feine Gattin Thusuelba ihrem Vater ©egest. Auch in der Gubruusage tritt uns ein solches Beispiel entgegen. Aber solche Falle galten immer als eine Rechtsverletzung. Die gültige Form der Eheschließung war die Kaufehe, die in Verlobung urtb Trauung zerfiel. Die Verlobung war die Brautwerbung. Aus der Geschichte Israels haben wir gelernt, daß sich Isaak nicht selbst eine Frau wählte, sonbern daß Abraham seinem treuesten Diener Elieser beit Auftrag erteilte, für seinen Sohn ein Weib zu holen. Ähnlich war es auch bei bert Germanen. Es war nicht schicklich, daß ein junger Mann, der sich vermählen wollte, selbst als Freier auftrat, sonbern ein angesehener Verwanbter besselbeu begab sich in die Familie des Mäbchens und besprach sich mit dem Vater ober, wenn biefer nicht mehr lebte, mit dem Vormnnb. Der Muntwalt legte die Angelegenheit seinen Blutsfreunben, bert Sippgenossen, vor; benn über das Ausscheiben eines arbeitsfähigen Mitgliebes hatten auch sie mit zu befmbert. Würbe von ihnen die Werbung gutgeheißen, so schloß der Bräutigam mit dem Muntwalt unter Beiftanb der beiben beteiligten Sippen einen Vertrag. Dabei zahlte der Freier einen vereinbarten Preis, den Muntschatz, der gewöhnlich in einer Anzahl von Rinbern bestaub. Dieses Entgelt sollte aber nicht für die Braut selbst gelten, sonbern war die Entschäbigung für die Muntfchaft, die durch die Verlobung auf den Bräutigam überging. Wenn somit auch das Weib dem Manne als Eigentum

8. Bis zum Interregnum - S. 28

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 28 — einer Buße auferlegt. Mit diesem Beharren im Witwenstande sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß dem Gatten die Treue auch übers Grab hinaus gewahrt werden sollte. Und wenn Kriemhild in der Sage eine zweite Ehe einging, so geschah es nur, um Siegfrieds Tod besser rächeu zu können, um auch in der Rache ihrem Gemahl Treue zu beweisen. Der Stoz und die Freude des germanischen Hauses waren die Kinder; doch bezogen sich die Vaterfreuden in erster Linie auf die Knaben, auf die Mädchen erst dann, wenn auch jene vorhanden waren. Der Vater besaß über die Kinder die strenge Eigentumsgewalt, er konnte sie aussetzen lassen, was in ältester Zeit mit Mädchen nicht selten vorgenommen wurde. Doch waren auch hierin zur Römerzeit schon mildere Sitten vorherrschend, und das Aussetzungsrecht war wesentlich eingeschränkt. Die germanischen Kinder zeichneten sich im allgemeinen durch Kraft und Gesundheit aus, die durch die Erziehung gefestigt wurde. Sie hielten sich fast immer im Freien auf, tummelten sich gern in Hof und Feld, badeteu fleißig, waren oft nur wenig bekleidet und gewöhnten sich dadurch frühzeitig cm das rauhe Klima. In der Namengebung, die einige Tage nach der Geburt unter Wasserbegießung erfolgte, war die Zugehörigkeit zur Sippe zu erkennen, vor allem kam aber dabei die Erinnerung an Kampf und Sieg zum Ausdruck. Die Silben gunt, hilt, Held, hart, fwint, muot, grim weisen auf Kampf und Krieg hin, z. B. Gunter, Hartmut, Hartwig; gis, geis, ger, z. V. in Gerhard, Geiserich, erinnern an den Speer, sahs, brant, Hern, z. V. in Hildebrand (Kampfschwert), an das Schwert, lint an den Lindenschild. Auch die Mädchen erhielten gar oft recht kampftrotzige Namen, z. V. Hildegund (Kampfkampf), Kriemhild (Helmkampf), Hildegard. Andere weisen auf die strahlende Sonne, auf den lichten Tag, auf glänzende Waffen hin und wollen die Freude am Licht und am Schönen zum Ausdruck bringen, z. V. Suuigilt. Auch die Tiere des Waldes, an denen die Germanen so gern ihre Kraft erprobten, kehren in Personennamen vielfach wieder, z. V. in Eberhard. Ihre große Mannigfaltigkeit erfuhr später, als mit dem Christentum sich biblische Namen einbürgerten, nach und nach eine Beschränkung. Die heute gebräuchlichen Familiennamen mit ihren Vornamen kamen erst im späteren Mittelalter auf. Wie schon die Namen an Krieg und Waffenklang erinnern, so lief auf Wehrhaftmachung namentlich die Erziehung der Knaben hinaus. Nicht auf der Schulbank, aber im Laufen und

9. Bis zum Interregnum - S. 33

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 33 — Kampfesfreude schon in den germanischen Personennamen zum Ausdruck kam, ist bereits erwähnt worden. Die Kriegslust war auch den Frauen eigen. Die Waffen in der Hand schauten sie von der Wagenburg aus dem Kampfe der Männer zu und begleiteten den Sieg mit jubelnden Zurufen. Wenn aber die Schlacht unglücklich verlief, dann suchten sie die Fliehenden zu neuem Anstürmen zu ermuntern und scheuten sich nicht, gegen die Feigen die Waffen zu führen. Wurde die Wagenburg selbst angegriffen, dann stritten sie auch gegen die Feinde, und mancher Römer ist durch die Hand germanischer Frauen gefallen. In der höchsten Not aber gaben sie sich und ihren Kindern sogar freiwillig den Tod, um nicht in römische Gefangenschaft zu geraten. b) Bewaffnung. Bei der hohen Anffaffung vom Kampfe und der ungebändigten Kriegsluft verschmähten die Germanen fast allen Schutz des Körpers. Sich wie die Römer eine Rüstung anzulegen, war ihnen unbequem. Sie wollten im Kampfe, möglichst frei von beengender Kleidung, die ganze Kraft ihres Körpers entfalten; darum warfen sie vor der Schlacht nicht selten einen Teil der Kleidung weg und kämpften halbnackt. Wohl trugen sie einen Schild, aber er war dünn, aus Weidenruten geflochten oder aus Lindenholz geschnitten, nur durch einige Metallscheiben befestigt und wurde daher von jedem Pfeil durchbohrt. Die römischen Wurfspeere blieben darin stecken und zogen ihn nieder, so daß ihn die Germanen zuweilen noch wegwarfen. Die älteste Kriegswaffe war die Keule, die später mit Metallbuckeln besetzt wurde und im Mittelalter als „Morgenstern" erscheint. Daneben waren ursprünglich der Hammer und das ihm verwandte Beil, die Axt oder Barte und zwar als Hieb- und Wurfaxt in Gebrauch. Daraus ist später die Hellebarte geworden. Die germanische Angriffswaffe war namentlich der lange Stoßspeer, dessen Spitze ursprünglich aus Holz und Stein bestand, später aber mit Eisen beschlagen wurde. Außerdem bediente man sich des leichten Wurfspeers, der keltisch auch Ger oder Gaisa genannt wurde. Von dieser Waffe nahm man gewöhnlich eine größere Anzahl mit in den Kampf; aber sie war in älterer Zeit so leicht, daß sie an den römischen Schutzwaffen vielfach wirkungslos abprallte. Eine vornehme Waffe war das Schwert. Man gebrauchte das Lang-fchwert, (c)hem genannt, woran der Name Cherusker erinnert, vor allem aber das Kurzschwert sahs, das im Stammesnamen Pätz I b, Lehrbuch der Geschichte. I. Teil. 3

10. Bis zum Interregnum - S. 34

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 34 — Sachsen wiederkehrt. Das lange Schwert, das die Germanen durch die Kelten kennen gelernt hatten, besaßen anfangs nur die Vornehmen, es gelangte aber später zu besonderer Geltung, so daß die Verwandten männlicherseits darnach sogar mit Schwertmagen bezeichnet wurden. Das allgemeiner verbreitete Kurzschwert fand als täglicher Gebrauchsgegenstand vielseitige Verwendung, namentlich auch beim Fleischzerlegen. An seine Stelle ist im Laufe der Zeit das Messer getreten. Die Bewaffnung war nicht bei allen Stämmen gleichmäßig, was schon daraus hervorgeht, daß einzelne, wie Cherusker und Sachsen, nach der vorwiegend gebrauchten Waffe benannt wurden. Im allgemeinen war die kriegerische Ausrüstung der Germanen im Vergleich zu der der Römer, die vom Helm bis zu den Beinschienen gepanzert waren, unvollkommen. Aber sie ersetzten diesen Mangel reichlich durch persönliche Tapferkeit. c) Das germanische Heer. Für die kriegerischen Unternehmungen hatten unsere Vorfahren weder ein stehendes Heer, noch wurden für den Krieg die geeigneten Männer zum Dienst im Heere ausgewählt, es bestand vielmehr die allgemeine Heerespslicht, d. h. jeder waffenfähige Mann war zum Kriegsdienst verpflichtet. Das Heer war also ein Volksheer, das Volk in Waffen. In der Volksversammlung, die zugleich Heeresversammlung war, wurde der Krieg beschlossen, und zuweilen ging es von da sofort zum Kampfe. Brachen aber unvermutet Feinde ins Land, dann erscholl der Kriegsruf von Hof zu Hof, oder Feuerzeichen riefen die wehrfähigen Männer zum Heeresdienst. Die Bildung des Heeres beruhte auf der Stammesgliederung. Wie im öffentlichen Leben standen auch im Kampfe die Verwandten, die Genossen der Sippe treu zusammen. Da focht der Sohn neben dem Vater, der Bruder neben dem Bruder. Diese auf der Verwandtschaft beruhende Heeresordnung wurde auch bei der Erweiterung des Staatsverbandes noch lange beibehalten. Darin lag ein nicht zu unterschätzender Ansporn zu Mut und Tapferkeit. Nur von den gotischen Völkern — Ostgoten, Westgoten, Wandalen — wird berichtet, daß sie bereits Heeresabteilungen von 10, 50, 100 und 1000 mit besonderen Führern hatten. Das Heer bestand vorwiegend aus Fußvolk; doch zeichneten sich verschiedene Völkerschaften, wie die Bataver, im 3. Jahrhundert die Alamannen, im 4. die Goten, als gewandte Reiter aus. Nach verschiedenen Angaben betrug die Reiterei etwa V20 bis 1l 10 des gesamten Heeres. Zuweilen stellte man eine Verbindung von
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