100
den Staats- und Ssttenverhältniffen anderer Länder hatte
auch manche Veränderung in den sächsischen Ländern
zur Folge. Der Fürstenhof erhielt eine Vermehrung des
Hofstaats und einen vergrößerten Glanz, und wenn gleich
die Kurfürsten in diesem Zeiträume meistens gute Staats-
wkrthe waren, und eichen ehrbaren Lebenswandel führten,
so ließen sie es an ihrem Hofe doch nicht an einem Auf-
wande fehlen, der einem königlichen nahe kam. Die land-
ständische Verfassung gewann eine andere Gestaltung und
festere Ordnung, die Stande des Herzogthums Sachsen
erschienen auf den meißnischen und osterländischen
Landesverfammlungen, und seit 1428 nahmen die Stande
regelmäßig Theil daran und bildeten mit den Prälaten,
Grafen, Herrn und Rittern die Landschaft. Außer der
Bede, von der schon die Rede gewesen und die nach und
nach außer Gebrauch kam, wurden andere Abgaben einge-
führt. Denn die Landesherrn singen an die Reichslastcn
auf die Unterthanen zu wälzen, auch reichten die Einkünfte
der fürstlichen Kammergüter nicht mehr zur Bestreitung der
Kosten der Kriegszüge und der glänzenden Hofhaltung hin.
In Thüringen war schon 1405 eine allgemeine Kopf-
steuer, der Bär oder Bern genannt, aufgekommen; in
Meißen wurde i486 die ginfe (Accise), der 3oste
Pfennig von allem feilen Verkauf, und 1443 eine Kopfsteuer
von 2 gr. für den Kopf eingeführt. Letztere ward 1454
nach dem Vermögen und dem Einkommen erhoben, und
selbst Geistliche und Ritter waren davon nicht ausgenom-
men. Die Landschaft verwilligte zwar alle diese Abgaben,
doch nicht ohne sich dabei die Bestätigung alter und Ver-
leihung neuer Rechte auszubedingen. So wurde 1428 die
Beisteuer zum Hussitenkriege nur unter dem Beding ver-
wiüigt, daß die Lehnsgüter in Ermangelung männlicher
Nachkommen auch auf Töchter und Seitenvcrwandte ver-
erben sollten; und 1438 gestand der Kurfürst der Land-
schaft das Recht zu, sich zu ihrer Sicherheit zu vereinigen,
wenn er außer der jetzigen noch andere Forderungen
sollte machen wollen. Als diese Steuern 1451 bewilligt
werden sollten, erlangten die Stände das Recht, das erho-
bene-Geld in Leipzig niederzulegen und durch einen stän-
dischen Ausschuß verwalten zu lassen. Dadurch wurde der
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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104
Reichsregierung. wobei Kurfürst Friedrich, der des Kai-
sers Zutrauen besaß, besonders thätig war. Als Maxi-
milian 1400 nach Italien ging, ernannte er den Kur-
fürsten zum Neichsverweser, und als er im Jahre 150»
das Reichsregimcnt in Nürnberg errichtete, wurde Fried-
rich zum Haupt desselben ernannt, doch wahrte diese
höchste Reichsregierung nicht lange, weil die Neichöfürstcn
sich in die neue Ordnung der Dinge nicht fügen wollten.
Als der Kaiser 1507 abermals ins Ausland zog, ernannte
er den Kurfürsten zum Reichs-General-Statkhal-
ter, auch wollte er ihn 1509 zum Reichs-General-Feld-
marschall im Kriege gegen Venedig ernennen, doch lehnte
Friedrich diese Würde ab. Von alten Zeiten her hatte
sich das Haus Wettin stets an den Kaiser angeschloffen,
wozu cs durch die Verwandtschaften mit dem Kaiserhause
und durch die Treue gegen das Reichsoberhaupt bewogen
wurde. Es hatte davon mehr Ansehen und Ehre als wirk-
lichen Vortheil, denn die Versprechungen, die das Haus
Habs bürg den Sachsen fürsten machte, gingen selten
in Erfüllung. Dem Herzog Al brecht wurde die Anwart-
schaft auf die Erbfolge in die Herzogthümer Jülich und
Berg nebst der Herrschaft Ravensberg zugesichcrt.
i486 wurde die Zusicherung auch auf die ernestinische
Linie ausgedehnt und 1495 bestätigt, späterhin aber er-
theilte Kaiser Karl V. das Erbrecht auf jene Länder an
Kleve, obgleich er großentheilö dem Kurfürsten von Sach-
sen seine Kaiserkrone zu danken hatte.
Als ein großer Freund und Beschützer der Wissenschaf-
ten suchte ec sie auch auf alle mögliche Weise in seinen Lan-
den zu befördern, und da bei der Landestheilung die Uni-
versität Leipzig an die albe rti wische Linie gekommen
war, so faßte er den Gedanken, auch in seinem Lande eine
Universität zu errichten, wobei ihm sein Leibarzt, Doctor
Pollig von Mellrichstadt zur Hand ging. Die Uni-
versität wurde am I8ten October 1502 zu Wittenberg
feierlich eingeweiht und reichlich ausgestattet. Sie ist dis
Wiege der Kirchenverbefferung geworden, und vr.luther
wurde 1508, wie Melanchthon, einer der Lehrer dersel-
den. Bald verdunkelte Wittenberg die leipziger Hoch-
schule. In die Unruhen, die 1510 in der Stadt Erfurt
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Karl_V. Karl_V. Melanchthon
79
Thüringen kam auch seit 1405 eine Kopfsteuer auf,
unter dem Namen Bär oder Bären. Mit der Gerichts-
verfassung ging allmählig eine große Veränderung vor.
Das allgemeine thüringische Landgericht zu Mittel-
hausen gerieth nach und nach in Abnahme, während
das Hofgericht seinen Wirkungskreis vergrößerte. Auch
verliehen die Land- und Markgrafen den Städten und ein-
zelnen Grundbesitzern häufig die erbliche Gerichtsbarkeit.
Die Geistlichen strebten, auch weltliche Sachen vor ihren
Gerichtshof zu ziehen, wogegen aber Friedrich der Streit-
bare ein päpstliches Privilegium erhielt. Auch die west-
phälischen Freigerichte mischten sich in dienechtöpfiege
dieser Länder, und achteten der kaiserlichen Verbote dagegen
nicht. Um der Streitigkeiten mit ihnen ein Ende zu machen,
sah sich F riedrich der Streitbare gendthigt, mit den weft-
phälischen Freigerichten selbst in Verbindung zu treten.
Die Städte gewannen durch ihren Reichthum und
durch die Hilfe, die sie den Fürsten in den Kriegen leiste-
ten, immer größeres Gewicht, und die Vereinigung der
Handwerker in Zünfte erfolgte immer häufiger. Von den
Städten in den drei Wetti nischen Hauptlanden ge-
langten besonders drei zu einer vorherrschenden Wichtig-
keit. In Meißen war es Dresden, doch kam diese bei
Weitem ihren Schwefterftädten in Thüringen und Ofter-
land, Erfurt und Leipzig nicht gleich. Dresden
wurde lange durch die Nähe von Meißen, Budissin
und F reib erg niedergehalten, und hob sich erst unter
Heinrich dem Erlauchten und seinem Sohne, Fried-
rich dem Kleinen, die daselbst Hof hielten. Schon in
der ersten Hälfte des l4ten Jahrhunderts zählte es eine
Menge Kirchen und Klöster, und das berühmte Mater-
nenhospital, auch die steinerne Brücke soll schon 1319
erbaut sein, doch waren die steinernen Pfeiler damals nur
mit Balken verbunden. Dresden lag damals auf dem
rechten Elbufer, und was jetzt Alt-Dresden ist, er-
hielt erst 1403 Stadt- und Marktrecht.
Erfurt, die Hauptstadt von Thüringen, stand
unter der Oberhoheit der Landgrafen, während-.die Erz-
bischöfe von Mainz die Erbherrn davon waren. Die
Streitigkeiten beider wegen ihrer Gerechtsame benutzte die
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich
90
durch noch blutiger wurde, daß viele Grafen und Adelige
ihre Familienfeindschaften darin ausfechten wollten, und
daraus denn so zu sagen ein Krieg Aller gegen Alle ent-
stand, wollten die benachbarten Fürsten durch Vermittelung
rin Ziel setzen, doch fanden sie lange kein Gehör mit ihren
Vorschlägen und die angeknüpftcn Unterhandlungen wurden
immer wieder abgebrochen. Endlich gelang es ihnen doch,
j. I. 1447 zu Erfurt einen Vergleich zu Stande zu brin-
gen, allein er war nicht von langer Dauer. Apel von
Vitzthum, der dabei seinen Vortheil fand, wenn die bei-
den fürstlichen Brüder mit einander haderten , veruneinigte
sie aufs Neue. Den stärksten Anlaß zu abermaligem Zwist
gab, daß er den Herzog bewog, ihm fürnoßla, Sulza,
Reinftadt und 42,ooo Gülden, alle thüriq gischen
Gebiete in Franken, als Koburg, Königsberg, Hild-
burg Hausen, Neustadt an der Heyde, Ummer-
stadt, Eisfeld, Nodach, Heldburg, Sonneberg
u. a. m. abzutreten. Dadurch verletzte Herzog Wilhelm
nicht nur die Rechte seiner Gemahlin, deren Witthum auf
die fränkischen Lande angewiesen war, sondern beein-
trächtigte auch seinen Bruder und dessen Nachkommen, da,
wenn er keine männlichen Erben hinterließ, seine Länder
an seines Bruders Linie fielen. So weit ging aber schon
sein unnatürlicher Haß, daß er um den Bruder zu kränken,
dessen heftigsten Widersacher mit des eigenen Stammes
Erbgütern bereicherte. Kurfürst Friedrich, der. solche
Verschleuderung Wettinischer Stammgüter nicht gesche-
hen lassen konnte, griff zu den Waffen, auch Herzog Wil-
helm stellte ein beträchtliches Heer ins Feld, und beide
Brüder verwüsteten einander ihre Gebiete auf die jammer-
vollste Weise. Und wie sie, so thaten auch ihre Lehns-
leute und Bundesgenossen. Graf Gü nther von S chw arz-
burg verkaufte 1448 an den Kurfürsten die schwarzbur-
gische Stadt Königssee; was freilig auch nichts besse-
res war, als was Herzog Wilhelm.mit seinen fränki-
schen Besitzungen that. Graf Heinrich wollte das nicht
dulden, eroberte mit dem herzoglichen Kriegsvolke die Stadt
und zerstörte sie bis auf den Grund. Glücklicher war das
Städtchen Ilm, welches Heinrich von Schwarzburg
gehörte und die Zerstörung von Kön igssec entgelten sollte.
/
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Friedrich Friedrich Wettinischer_Stammgüter Wilhelm Heinrich Heinrich Heinrich_von_Schwarzburg Heinrich
134
bereit, zur evangelischen Lehre überzutretcn, und mit den
schweizerischen Protestanten kam 1538 ein Vergleich
zu Stande. Dagegen schlossen die vornehmsten katholischen
Fürsten, den Kaiser und den römischen König an der
Spitze, 1538 zu Nürnberg den sogenannten heiligen
Bund, dessen Mitglied auch der Herzog Georg von Sach-
sen war.
Ein sehr weitläufiger Streit erhob sich, als 1541 der
Bischofsstuhl zu Naumburg erledigt wurde. Die Ein-
wohner der Stadt und des Bisthums hatten sich langst zur
evangelischen Lehre bekannt, dagegen blieben die Domherrn
der römischen Kirche zugethan und setzten sich gegen die
Neformation in ihrem Stifte. Sie wählten einen katholi-
schen Bischof Julius von Pflug, der Kurfürst dagegen
setzte den protestantischen Prediger Nicolaus von Ams-
dorf zum Bischof ein, gab ihm aber eine bestimmte Ein-
nahme und ließ die weltliche Regierung des Stifts durch
seine Beamte verwalten. Da das Bisthum zum Reichs-
verbande gehörte, wenn es gleich nicht ein völlig reichsun-
mittelbares Stift war, so that der Kurfürst allerdings
einen unerlaubten Eingriff in die Rechte des Reichs, der
sehr großes Aufsehen machte und ihm nicht so ruhig zuge-
lassen worden wäre, wenn nicht wegen der Türkengcfahr
der römische König Ferdinand hätte trachten müssen,
den inneren Frieden in Deutschland zu erhalten.
Um die nämliche Zeit Entstand in dem sächsischen
Fürstenhause selbst eine Uneinigkeit, die zum großen Scha-
den für die Evangelischen auszuschlagen drohte. Der
heftige Feind der Neformation, Herzog Georg von Sach-
sen, war am löten April 1539 gestorben und sein Bru-
der Heinrich, der ihn beerbte, gleichfalls schon am I8ten
August 1541. Sein Sohn und Nachfolger, Herzog Mo-
ritz, der Eidam Markgraf P h i l i p p s von Hessen, be-
kannte sich zwar zu Luthers Lehre, trat aber dem
Schmalkaldischen Bunde nicht bei, und bewies gleich
anfangs , daß er mit den übrigen Fürsten seiner Glaubens-
partei nicht Zusammenhalten würde. Er besaß gemeinschaft-
lich mit dem Kurfürsten die Scheinherrschaft über das Stift
Meißen. Als nun der Kurfürst eine Türkenfteuer auf
die meißnische Stiftsstadt Wurzen ausschrieb und der
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Extrahierte Personennamen: Georg_von_Sach- Julius_von_Pflug Nicolaus_von_Ams- Ferdinand Georg_von_Sach- Heinrich Heinrich August
Extrahierte Ortsnamen: Naumburg Deutschland Hessen
160
„ioo,ooo Gulden zahlte, dagegen die Auftechterhaltung der
Kapitulation von Wittenberg erhielt. Nachdem er auf
diese Weise die Kriegsgefahren von seinem Staate abge-
wendet, erneuerte er die Erbvereine und Erbverbrü-
derungen mit Hessen und Brandenburg, später
1557 auch die Erbvereinigung mit Böhmen, wobei
auch die Beförderung des wechselseitigen Handelsverkehrs
ausbcdungen wurde. Auf dem Reichstage zu Augsburg
1555, wo der berühmte Religionsfriede geschloffen ward,
wurde Kurfürst August, der aber nicht selbst zugegen war,
... zum Kreisoberstenfüc den obersachsischen Kreis erwählt
und von da ab ist dieses Amt stets bei Kursachsen ge-
blieben. Dieses Amt war hauptsächlich deswegen gestiftet,
um dem noch nicht ganz abgestellten Fehdewesen ein Ende
zu machen, und recht bald hatte der Kurfürst Gelegenheit,
es in Ausübung zu bringen. Die Erben des Bischofs Ni-
colaus H. von Meißen, zu denen auch der kurfürstliche
Stallmeister von Karlowitz gehörte, befehdeten eines Te-
staments wegen den neuen Bischof von Haugwih, ver-
brannten mehrere bischöftiche Städte und trieben die Schaf-
und Schweineheerden fort. August vermittelte einen Ver-
gleich, doch der Bifchof mußte den Schaden tragen und
noch 4000 Gulden zahlen, weil der Kurfürst ihm wegen
eines abgeschlagenen Tausches von Stolpen und Bischofö-
wer d a gegen das Amt Mühlberg feind gewesen seyn soll.
Von großer' Bedeutung für Sachsen wurden die
gleichzeitig mit vorbemeldeter Fehde ausgebrochenen Grum-
bachischen Händel, die später zu einem kurzen Kriege und
zu einer nicht unbedeutenden Vergrößerung Kursachsens Ge-
legenheit gaben. Der fränkische Ritter Wilhelm von
Grumbach war mit dem Bischof von Würzburg, Mel-
chior von Zobel in Streitigkeit gerathen und hatte den-
selben ermorden lassen. Er wurde deshalb mit der Acht
und Aberacht belegt, und nach dem er bei verschiedenen
Fürsten Schutz gesucht, fand er endlich 1564 bei dem Her-
zoge Johann Friedrich dem Mittlern zu Sachsen
Gotha nebst mehreren seiner Anhänger eine Zuflucht. Mit
dem Beistände des herzoglichen Kanzlers Brück spiegelte er
dem Herzoge die Hoffnungen vor^ daß er mit seinem Bei-
stände die Länder und Würden seines Vaters zurückerhalten
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Extrahierte Personennamen: August Karlowitz August Ritter_Wilhelm_von
Grumbach Wilhelm Zobel Johann_Friedrich Johann Friedrich
nigs, mit der er verlobt war, verschmähte, und sich mit der
Tochter des Kaiser Ludwig, dez Baiern vermählte.
Auch die Bischöfe von Meißen hatten Besitzungen in der
Ob er lau sitz, wie dann 1213 Benno Ii. das Stift
Bauzen gründete. Einige Güter gehörten unmittelbar
zu Böhmen und der Herzog Sobieslaw erbaute 1131
Görlitz. Der größte Theil der Oberlausitz kam
durch die Vermählung der böhmischen Prinzessin Bea-
trix mit dem Markgrafen Otto Iii. von Branden-
burg an die Askanier und war in den görlitzer und
bauz en er Kreis eingerheilt. Sie blieb beinahe ein Jahr-
hundert lang bei Brandenburg und siel nach dem,Aus«
sterben der Askanier 1320 an Böhmen zurück. König
Johann ertheilte den sogenànnten Sechsstädten 1337
wichtige Vorrechte, wodurch der Handel und der Wohlstand
des Landes befördert wurde. Der Wohlstand des Landes
erhob sich noch mehr unter dem väterlich und einsichtsvoll
für seine Erblande besorgten Karl Iv., der, wie schon
erwähnt, die beiden Lausitzen mit Böhmen vereinigte.
Aber eben dieser Vereinigung wegen wurzelte auch die Leib-
eigenschaft tiefer und erhielt sich länger als in andern
deutschen Ländern. Die Lau sitz en blieben mit B öh-
men vereinigt, bis sie in dem Vertrage zu Ollmütz 1479
vom König Wladislaw nebst Schlesien und Mäh-
ren an Ungarn abgetreten wurden. Nach dem Tode
des Königs Matthias Corvinus 1490 standen Ungarn
und Böhmen unter dem Zepter des Königs Wladis-
law und nach dessen Tode 1316 bis 1526 unter seinem
Sohne Ludwig. Von diesem erbte beide Reiche sein
Schwager Ferdinand I. von Oe streich. Dieser versagte
den Lausitzern bei der Huldigung die Bestätigung ihrer
Freiheiten, die sie endlich 1544 erhielten, nachdem die
Stände zu einer Türkensteuer sich hatten bereitwillig
finden lassen. Zugleich wurden auch die langwierigen
Streitigkeiten entschieden, die zwischen der Ritterschaft und
den Städten wegen der Obergerichte, der Vertheilung der
Steuern und anderer Angelegenheiten bis dahin stattgefun-
den hatten.
Die Reformation fand in den Lau sitz en schnel-
len Eingang, obgleich die Bischöfe von Brandenburg
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Benno_Ii Otto Johann Karl_Iv. Karl_Iv. Matthias_Corvinus Ludwig Ludwig Ferdinand_I. Ferdinand_I.
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Wilhelm von Brandenburg einen so großen Einfluß
auf die Reichsangelegenheiten erlangte, und Sachsen von
der ersten Stelle unter den Reichsstandcn verdrängte. Jo-
hann Georg !- starb am 8. October 1656, 72 Jahre all.
Er hat eine zahlreiche Nachkommenschaft hinterlassen, denn
seine zweite Gemahlin gebar ihm 9 Kinder und von diesen
erlebte er 51 Enkel und 19 Urenkel.
Dreiunddreißigstes Capitel.
Kursachsen vom Tode Johann Georgs I. bis
zur Erwerbung der polnischen Krone durch
Friedrich August 1697.
Die Landstände zeigten eine große Bestürzung über
das Testament des verstorbenen Kurfürsten, da ihre Ein-
willigung dazu nicht verlangt worden war. Zwischen den
fürstlichen Brüdern erhoben sich aber sogleich Streitigkeiten
wegen Vertheilung der Steuern und Steuerschulden, der
Abtretung der schriftsässigen Vasallen und mit dem Herzoge
August noch besonders, der das ganze kurfürstliche Thü-
ringen für sich verlangte. Diese Irrungen wurden zwar
durch einen Hauptvergleich zu Dresden am 21. April
1657 ausgeglichen, doch haben sich von Zeit zu Zeit neue
Weiterungen erhoben, die erst mit dem Aussterben aller Ne-
benlinien ein Ende nahmen; doch hatte der Kurfürst wenig-
stens die Oberlandeshoheit gerettet. Im Jahr 1659 siel
nach dem Tode des letzten Grafen die Grafschaft Barby
an den Herzog August, die Landeshoheit behielt sich aber
der Kurfürst vor. 1600 wurde die Theilung der Graf-
schaft Henneberg vollzogen und dem Herzog Moritz
von Sachsen - Zeiz zugewiesen. Er erhielt dst Aemter
Schleußingen, Suhl, Benshausen, K ü n d o r f
und einige Güter. Die Berg - und Salzwerke und die
Reichsstimme blieben gemeinschaftlich. Die ernestinische
Linie verzichtete gleichzeitig auf die Wiedereinlöfung der
vier assecurirten Aemter, der Kurfürst dagegen auf die noch
rückständigen gothaischen Executionskosten.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Georg_!- Dreiunddreißigstes_Capitel Johann_Georgs_I. Johann Friedrich Friedrich August August August Henneberg Moritz
von
260
sich mehrentheils von Frankfurt an der Oder nach Leip-
zig wandten. Noch mehr hob sich der Handel dieser Stadt
seit dem französischen Kriege von" 1792, so daß es
Messen gab, auf denen für 56 bis 60 Millionen Thlr.
Waaren eingeführt wurden. Von großer Wichtigkeit war
die L ei p zig er Büchcrmesse, die während Friedrich
August's Regierung eine immer größere Ausbreitung ge-
wann. Nicht blos alle deutschen Buchhandlungen, son-
dern auch Schweizer, Holländer, Dänen, Russen,
Franzosen. Engländer bezogen den Leipziger
Büchermarkt, oder wählten sich aus den Leipziger
Buchhandlungen ihre Geschäftsträger und Leipzig behaup-
tete sich mit immer steigender Wichtigkeit als der einzige
allgemeine europäische Büchermarkt. Von Seiten der Re-
gierung wurde alles Mögliche gethan, nun diesen Haupt-
zweig des Handels^ zu begünstigen. Kein Nachdruck wurde
im Umfange der sächsischen Lande gestattet; selbst kein
fremder Nachdruck durfte in Leipzig verkauft werden,
und eine Deputation von drei sächsischen und 6
auswärtigen Buchhändlern sollte Gutachten zur Beförder-
ung des Buchhandels und Entscheidungen in Streitigkeiten
über Büchersachen geben.
Den Ruhm, den die Sachsen seit der Reformation
genossen, zu den gebildetsten Stämmen Deutschlands
zu gehören, haben sie auch unter Friedrich August's
Regierung nicht verloren, da dieser einsichtsvolle Fürst die
Grundlage aller Volksbildung, Kirche und Schule seiner
vorzüglichsten Sorge widmete, wobei ihm sein abweichen-
des Glaubensbekenntniß kein Hinderniß war. Daß er den
Katholiken gleiche Rechte mit den Lutheranern zugestand
war in dem Posen er Frieden vorgcschriebrn, mit Prose-
lytenmacherei hat er selbst sich nie befaßt, noch solche
begünstigt; dagegen wurde für eine zeitgemäße Verbesser-
ung des protestantischen Gottesdienstes gesorgt, durch völ-
lige Abschaffung des Erorcismus, verbesserte Kirchen-
gebete, Einführung eines neuen Gesangbuches 1793 und
Anordnung der allgemeinen Beichte. Auch in den Zeiten,
wo überall über den Verfall der Religion geklagt wurde,
war in Sachsen weniger als in andern Ländern Ursache
dazu vorhanden, denn noch immer waren hier die Kirchen
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich
August's Friedrich Friedrich_August's Friedrich
i - '
48
der Zügellosigkeit des Adels einen Damm entgegen und er-
leichterte den^ Landgrafen die Bändigung der Landherrn.
Unter den Städten war Erfurt die wichtigste und gelangte
schon früh zu großem Rcichthum und großer Macht. Diese
Stadt hatte ihr frühes und schnelles Gedeihen ihrer Lage
in der Mitte Thüringens, ihrem kirchlichen Zusammen-
hang mit Mai n z und ihrer frühen Befestigung als ältester
Hofsitz der thüringischen Fürsten zu danken. Des Han-
dels wegen ließen sich viele Niederländer und Friesen
darin nieder, aber auch viele Juden. Da die Oberherr-
schaft zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem Land-
grafen von Thüringen als Schutzherrn getheilt war, so
gab es zwischen den Erzbischöfen und den Landgrafen un-
aufhörliche Streitigkeiten wegen der grundherrlichen Rechte,
welche die Stadt klug benutzte, sich immer größere Gerecht-
samen zu erwerben, doch sich vollständig rcichsfrei zu ma-
chen, wollte ihr nie gelingen, und erst um die Mitte des I3ten
Jahrhunderts erhielt sie ihren eigenen Stadtmagistrat. Außer-
dem waren noch Eisenach, Gotha, Weißen fee, K reuz-
burg, Arnstadt und Ohrdrufs angesehene Städte.
Eine ganz von dem Landesherrn unabhängige Verfaffung
hatte in Thüringen keine Stadt. Gewöhnlich wurde der
Vogt oder Schultheiß von dem Landesherrn gesetzt; ihm
standen die von den Bürgern gewählten Schöppen zur
Seite. Die Stadtfchöppen von Eisenach erhielten ihrer
gerechten Urtheile wegen ein solches Ansehen, daß ihre
Aussprüche durch ganz Thüringen galten. Sie sprachen
nach dem allgemeinen Sachsenrechte und trugen ihre
Rechtsgrundsätze, gleich den Magdeburgern, unter dem
Namen des Eisenacher Weichbildes zusämmen.
Die Leibeigenschaft hörte in den thüringischen
Städten im I2ten Jahrhundert völlig auf, auch auf dem
Lande verringerte sie sich sehr, da es viele aus Flandern,
F r i e s l a n d und vom R Hein herbeigezogene Ansiedler
gab, die als freie Männer den Landbau betrieben, viele
Grundherrn auch, um sich ein Verdienst im Himmel da-
durch zu erwerben, ihren Leibeigenen die Freiheit gaben.
Die Landgrafen hielten ihren Hofhalt meistens auf
der Wartburg. Da sie sehr reiche Stammgüter besaßen,
die ihnen sehr große Einkünfte abwarfen, so hielten sie
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann]]
TM Hauptwörter (200): [T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]