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1. Neuere Geschichte - S. 7

1869 - Mainz : Kunze
I. Die Reformation in Deutschland. 1317 — 1335. Geographisches Bild von Deutschland. Vorbereitende Bewegungen. A. Politisch-Weltliche: I. Das K aiserthum liegt im Wendepunkt des Mittelalters und der Neuzeit in den Händen des Habsburgers Maximilian I, der, schon 1486 zum römischen König gewählt, von 1493 — 1519 regiert, seit 1508 mit dem Kaisertiteh, doch ohne päbstliche Krönung. Zwei noch ungelöste Aufgaben des Kaiserthums erbt Maxi- milian von seinen Vorgängern: die Reform der Kirche und des Reiches. Die erstere wird nicht von Oben, die andre nur unvoll- kommen gelöst. a. Persönliches und Hausmacht: Ein volksthümlicher Fürst von ritterlich hohem, aber unstetem Geiste, in dem noch ein- mal die Idee des römischen Kaiserthums deutscher Nation auf- leuchtet: ins Weite strebend, für das Nahe und Nächste ohne die nöthige Ausdauer, kein schöpfrischer Staatsmann. Kühner Jäger, glänzender Turnierheld, tapfrer und erfindrischer Kriegsmann, doch kein großer Feldherr; Sprachenkenner, Schriftsteller, den neuen Humanitätsstudien zugethan. — Er vereinigt noch bei Lebzeiten seines Vaters die Territorien der Steierschen und Tirolschen Linie des Hauses Habsburg, gewinnt Oesterreich wieder den Ungarn ab, erhält von-dem Ungarnkönig Wladislaus Ii 14911491 die Anwartschaft auf dessen Gesammtbesitz (Ungarn und Böhmen mit seinen Nebenlündern) zugesichert. Vor allem aber gründet

2. Bd. 2 - S. 283

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
203 Allgemeiner Ucberblick. Uebungen — waren mehrere Spiele — wie die pythischen — aus- schließend, oder wenigstens vorzugsweise, gewidmet. Zwar erlangte niemals der Dichter, der die beste Hymne gesungen, oder der Tonlünst- ler, der die schönste Melodie erdacht, die ausschweifende Lobpreisung Desjenigen, der am schnellsten das olympische Stadinm durchlaufen (*): aber dennoch Ruhm genug, um die Seele der Preiswerber durch Nach- eiferung zu entzünden, und ihr Genie znm kühnsten Fluge zu starken. Zudem waren solche Spiele für sich selbst, als Schauplaze aufgereg- ter Leidenschaften, so wie unverhüllter Menschenformen und lebendi- ger Kräfte, als Versammlungspnnkte ungezählter Volkshaufen ans alten Ländern der griechischen Zunge, auch für die trägste Phantasie erhebend, für die reizbare begeisternd. Endlich fanden hier der Redner, der Philosoph, der Historiker, so auch der bildende Künstler, die herr- lichste Gelegenheit, die Schöpfungen ihres Genies — wenn sie auch ohne Beziehung auf den eigentlichen Wettkampf waren — einer ge- drängten und geschmackvollen Versammlung vorzulegen, und durch ihren lohnenden Beifall zu neuer Anstrengung sich zu ermuntern. Von diesen griechischen Spielen waren die r ö m i sch e n durchaus an Charakter und Zweck verschieden. Die griechischen Athleten waren freie Bürger; an einigen Spielen nahmen die vorneh msten Män- ner, ja selbst Könige der griechischen Zunge, wenigstens durch Stell- vertreter, Theit. Bei den Römern waren die Spiele blose Volksbe- lustigung, die durch gedungene Leute vom niedrigsten Pöbel oder durch abgcrichtete Sklaven geschah. Anstatt, wie bei den Griechen, die edle Ruhmbegierde zu entzünden, durch Wetteifer das Talent zu erhöhen, und ein Band der Vereinigung für freie Völker zu scyn, bewirkten die römischen Spiele späterhin das Vergessen der Freiheit, und nähr- ten zugleich die Frivolität und die Barbarei des Charakters. Von den Ausschweifungen und den selbst staatsvcrderblichen Faktionen des Circus wird noch in der späteren Kaisergeschichte die Rede seyn. Eine noch schärfere Rüge verdienen die amphitheatralischen Spiele, welche wir schon in den Zeiten der Republik in ihrer empö- renden Abscheulichkeit erblicken. Im 490stcn Jahre nach Erbauung der Stadt wurden znm erstenmal öffentliche gladiatorische Spiele gege- den. Als eine barbarische Privatleichenfeier waren sie schon von (*) Wahrhaft abenteuerlich ist die Ehre, die solchen olympischen Siegern widerfuhr. Sie wurden von den größten Dichtern besungen, in die Annalen verzeichnet, im Triumphgepränge von ihren Mitbürgern eingeholt, oft mit reichen Gaben belohnt und lebenslang verehrt. Es war unmöglich für den Retter des Vaterlandes niehr zu thun. Aber gerade durch solche Ver- herrlichung der olympischen Sieger übte und vervollkoirmmete sich die bildende und redende Kunst.

3. Bd. 2 - S. 287

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
Schöne Künste und Wissenschaften. 287 Das Detail der Kunstgeschichte überlassen wir den Acsthetikern. Unserem Zwecke mögen weinige Säze genügen. 1) Von eben so rohem Anfänge, als bei den barbarischen Völkern, ging die griechische Kunst ans. Phönizier mögen sie etwas verbessert haben. Aber ihre eigentliche Weihe und ihre charakteristi- sche Gestalt erhielt sic durch die Mythologie oder durch die Göt- ter- und Heroen-Geschichte, welche ihrerseits der Poesie den Ur- sprung dankte. Was Phidias laut bekannte, daß er das Ideal sei- nes olympischen Jupiter in Homer gefunden, das mochte von allen griechischen Künstlern gelten. Nicht die Natur, die sie umgab, so an- muthig sie war, nicht die Menschengestalten in Hellas, so schön sie sich entfalteten, wurden hie Modelle ihrer Werke. Etwas Höheres, was nur in der Dichterphantasie, nicht in der Wirklichkeit lag, schwebte als Urbild den Künstlern vor, und ließ sich selbst in jenen Gestalten erkennen, deren äußeren Umriß oder deren einzelne Züge sie von Sterblichen entnommen. 2) Die Kunst war nach ihrer Anwendung und ihren Gegenstän- den ganz oder größtcntheils öffentlich. Nicht zur Ausschmückung von Privathänsern, zur Befriedigung der Liebhaberei oder der Laune der Reichen, sondern einzig und allein zum öffentlichen Genuß und zum öffentlichen Bedürfniß arbeitete sie. Die Kunst wurde, fo wie die Wissenschaft, als etwas Hohes, dem ganzen Volke oder der Menschheit Angehörigcs betrachtet; und so konnten auch ihre Produkte nicht Privateigenthum seyn. Sie erbaute Tempel für Göt- ter; Hallen, Theater, Gymnasien, Odeen für's Volk und die Ma- gistrate; sie verherrlichte solche Gebäude und die öffentlichen Pläze durch Statuen der Götter und Heroen oder der Sieger in Kampf- spielcn, durch Abbildung mythologischer und Helden-Geschichten, durch sinn - und geschmackvolle allegorische Verzierung; gewöhnlich auf öffentliche Anordnung, oft auch auf jene von Privaten, welche die Andacht zu Weihgeschenken, patriotische Freigebigkeit oder Eitelkeit zur Errichtung von Denkmalen trieb. Es ist wohl begreiflich, daß solche Zwecke und Darstellungen geeigneter seyen, den Künstler zu be- geistern, als die knechtische Arbeit im Dienste von Privaten oder zu alltäglichem und unedlem Gebrauche. Indessen hatte freilich der all- gemeine Kunstsinn der Nation auch ans geringere Produkte, auf Ge- räthsehaften und Fabrikate Einfluß; selbst der Gcwerbsmann in Grie- chenland arbeitete mit Geschmack. Die Schmeichelei gegen die Ge- waltigen, denen man Statuen bei ihrem Leben schon errichtete, und die Portraitmalerei, endlich der überhandnehmende Lnrus führten die Kunst allmälig auch in'ö Privatleben ein. Jedoch im eigentlichen

4. Bd. 2 - S. 292

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
202 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. Nicht blos die eigentliche Tonkunst wurde darunter verstanden; ge- wöhnlich rechnete man auch Deklamation, Tanz und Geber- dcnspiet, Poesie und Redekunst dazu (*); oder überhaupt alle geistige Uebungen (daher die uyooyss /jcva/Kc), im Gcgensaze der yvvvty.c'y, oder endlich in noch größerer Allgemeinheit Alles, worauf sich der Begriff der Harmonie natürlich oder figürlich au- wenden laßt, sonach fast das ganze Gebiet sowohl der spekulativen Wissenschaften, als der praktischen Philosophie und die wirkliche Tu- gendübung. Diese schwärmerische Erweiterung des Begriffes galt vor- züglich in der pythagoreischen Schule, wie wir unten bemerken wer- den. Für sezt haben wir nur von der Tonkunst zu reden. Schon in frühen Zeiten lernten die Griechen dieselbe kennen, im Geleite der Poesie und der sanfteren Gesittung. Die ältesten Dich- ter und so auch die meisten ihrer Nachfolger waren zugleich Tonkünst- ler, was den Eindruck ihrer Gesänge verstärkte. Daher der Musik nicht minder, als der Dichtkunst die erste Civilisirung der Nation zugeschrieben wird. Deßwegcn, und weil man ihre mächtige Wirkung auf die Gemüther fortwährend erkannte, hielten die größten Gesezge- der und einsichtsvollsten Magistrate für uothwendig, sie durch Anstal- ten und Verordnungen zu begünstigen, und nn't Strenge über ihrer Erhaltung zu wachen (**). Man gebrauchte sie beim Gottesdienste, bei Volksversammlungen, bei jeder öffentlichen und Privatfeicr; un- wissend darin zu seyu, war Schande. Aber ihr Charakter war Würde und Ernst, Vergnügen nur ein untergeordneter Zweck. Den Sturm der Leidenschaften sollte sie besänftigen, nicht erregen. So wurden bei Gastmalen Götter- und Heldenhymnen gesungen, um die Ausschwei- fungen des Trunkes zu verhindern; so folgte eine Zahl Flötenspieler den Spartanern in die Schlacht, um den Ungestüm der jungen Krie- ger zu mäßigen u. s. f. Bei solcher Anwendung schien auch wichtig, den wohlbcrechneten Erfolg durch unveränderte Beibehaltung dersel- den Instrumente, Tonarten und Saugweisen zu sichern. Aber die Einführung der Musik auf das Theater, mehr noch der allgemein ein- reißeude Hang des Vergnügens, änderte nach und nach ihren Cha- rakter. Die Musik wurde künstlicher, vollkommener, aber auch wei- cher, üppiger, gefährlicher für Phantasie und Herz. Solche Aende- (*) Die Wunder, die man von der Musik erzählt, konnten nur von der vereinten Wirkling jener Künste herrühren. So muß die Mythe von der Lever Amphion's, so die Sage von Terpander, der durch die Musik einen Aufruhr dämpfte, verstanden werden. (**) Plato behauptete, daß Neuerungen in die Musik einführen so viel heiße, als die Grundfesten des Staates erschüttern.

5. Bd. 2 - S. 225

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
223 Kultur überhaupt. Feine Formen , Ucbcrsiuß an Bildungsanstalten, Politur der Sitten; aber wenig Leben, lauter Maschinenartiges und Armuth an Geist und Herz. Nicht also die Griechen. Keine Kraft, weder der Seele noch des Körpers, blieb unentwickelt (*), keiner war die Form der Ent- wicklung vorgeschriebe«; jeder Bürger, jede Gemeinde war selbststän- dig, und aus dem bauten Gemische der persönlichen und der Votkscha- raktere ging als allgemeiner Charakter die Regsamkeit, Vielseitigkeit, das stolze Selbstgefühl und das rivalisirende Streben nach Vervoll- kommnung hervor. 2) Dieses Alles ist schon vielmal gesagt worden; aber es ist der Wiederholung werth. Nicht zu oft kann die Freiheit gerühmt werden. Einige der neuesten Schriftsteller, um ja nicht zu sagen, was andere, haben das Verdienst der griechischen Kultur lediglich oder doch vorzüglich der — Poesie zugcschricbcn. Allerdings hat dieselbe Vieles gewirkt (s. das folgende Kapitel Iii. und schon I. B. S. 306.), aber darum Alles? — Sie hat der griechischen Kultur einen eigenen Ton und einen höheren Schwung gegeben, sie aber nicht erschaffen. Ja sie selb st war ein Kind der Freiheit, oder doch des Freiheitsinn es. Die älte- sten Dichter sangen in Zeiten noch ungebündigter Natursreiheit, und ein Homer, wiewohl er theoretisch die Fürstenmacht verthcidigte [f. Jl. Ii. 204.] (doch lebte er gerade in der Periode ihres Sturzes in Grie- chenland), würde wohl so wenig, als seine großen Nachfolger unter einem Sklaveuvolke erstanden, oder doch ohne mächtige Wirkung für ein solches geblieben seyn. Anstatt allso die Poesie zur Hauptquclle der griechischen Kultur zu machen, mögen wir lieber behaupten, daß der allzupoetische Sinn der Griechen, während dem er den Künsten förderlich war, die ernsten Disciplinen in ihrem Fortgange zurückgc- halten habe, und daß durch ihn die Kultur zwar ästhetischer, schimmern- der, aber minder solid, ja zum Theil frivol geworden. 3) Auch mittelst der Religion, welche großcntheils aus Poesie hcrvorgegangen, hat leztere die Eigenthümlichkeit der griechischen Kultur bestimmt. Wir kennen diese griechische Religion (s. B. I. S. 272 ff.), wir wissen, wie sehr sie in's Privat- und iu's öffentliche Leben Angriff, aus die Poesie selbst, von welcher sie ihre Gestaltung empfangen, ver- edelnd zurückwirkte, den Künstlern Stoff und Begeisterung gab, und die Menschen durch einen fortwährenden Zauber in einer Welt von Göttern und Halbgöttern erhielt. Allerdings erhebend für's Gefühl und . (*) Hievon machen etlicl'e Staaten, die, wie Sparta, eine auf ein- seitige Zwecke berechnete Gelezgebung hatten, eine Ausnahme. Auch gab es Stämme, wie die Aetolier, deren hartnäckige Wildheit die Kultur nicht aufkommen ließ. Ii. 15

6. Bd. 2 - S. 296

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
260 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. §. 10. Beredsainkeit. Nicht minder, als durch die Dichtkunst glanzten die Griechen durch Beredsainkeit hervor. Wenn jene in einer glücklichen Na- turanlage und in der Harmonie der schönsten, klangvollsten aller Sprachen eine mächtige Begünstigung fand: so war diese vorzugs- weise die Frucht der freien Verfassung. Gleichwohl hob sich, bei der Leidenschaft der Griechen für Poesie, die Prose nur langsam; selbst Gescze wurden in Versen abgefaßt. Empedoklcs und Parmeni- dcs trugen die Lehrsäze ihrer Philosophie in dichterischer Sprache vor. Endlich bewirkten Pherccydes aus Scyros und Kadmns von Milet die Aufnahme der ungebundenen Rede. Schriftsteller aller Art, be- sonders Geschichtschreiber, vervollkommneten sie, und die lebendige Beredsamkeit blühte auf in Volksversammlungen, Senaten und Ge- richten. Auch die Redekunst gedieh, und verstärkte die Kraft der natürlichen Suade. In Sicilien stiftete Korar von Syrakus die erste Schule der Rhetorik; bald kamen ähnliche in Griechenland auf. In diesen, wie in den philosophischen. Schulen herrschten aber nur allzulang die Sophisten, welche mit ihrer spizfindigen und feilen Kunst dem Verstand und Herzen schadeten. Gorgias vor den meisten Anderen war berühmt in derselben, und erwarb sich großen Reichthum. Die edlere Beredsamkeit siegte jedoch im Ganzen, und auch hier, wie sonst allenthalben, hat der Ruhm Athens den der übrigen Griechen überstrahlt. Kaum mögen neben den athenischen Rednern noch andere genannt werden. Wir haben der merkwürdigsten unter denselben — von Solon und Pisistratus an durch alle Zeiten der Freiheit —, als eines Thcmistokles, Perikles (des Donnernden), Alcibiades, Äschi- nes, vor Allen aber des großen Demosthenes (*), theils in der politischen Geschichte, theils in jener der Staatsverfassnng (S. 232) gedacht. Auch Antiphon, Andocides, Lysias, Lykurgus, Dc- m ades und viele Andere haben Ruhm erlangt; aber Mehrere schän- deten denselben durch feile Gesinnung. Nicht also der ehrwürdige Iso- krates, welchem jene zum Theil ihre Bildung verdankten. Isokra- ste den Römern gefallen sollte, erheischte, konnte die Sitte anfkommen, die Deklamation der Rolle davon zu trennen, und einem anderen Schauspieler zu überlasten. Endlich machte die Vervollkommnung der Geberdensprache die Deklamation ganz entbehrlich. Von dem Künstler Memphis wird behauptet, daß er nicht nur leidenschaftliche Rollen, sondern sogar Lehrsäze einer abstrak- ten Philosophie durch Mimik dargestellt habe! — (*) Diesem herrlichen Manne hat Heeren (Ideen Iii. Thl. S. 411 f.) ein würdiges Denkmal gesezt. Und auch Sich selbst. In der Auswahl der Lieblingecharaktere spiegelt stch die eigene Seele des Schriftstellers.

7. Bd. 2 - S. 5

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
Erstes Kap. Quellen. 8 dankbare Stadt, zu Thurii in Großgriecbenland eine Freistätte zu suchen, allwo er beim Ausbruch des peloponuesischen Krieges starb. In die Haupthandlung seiner Geschichte — die Erzählung der zwi- schen Europa und Asia geführten Kriege — hat Herodot mit unnach- ahmlicher Kllust und auf die ungezwungenste Weise den ganzen Reich- thum der historischen und geographischen Kunde seiner und der früheren Zeiten verwebt, als Einleitung oder als Darstellung der näheren und entfernteren Anlässe, als Schilderung des Schanplazes oder als na- türlich sich darbietende bald anmnthige, bald rührende, bald erschüt- ternde Episode. Auf den vieljährigen Reisen, welche er — in allen griechischen Meeren und bis Babylon, ja bis an die äthiopische und scy- thische Grenze — gethan, hatte er sich jene ausgebreitete Kenntniß der Länder und Volker erworben, welche wir erst in den neuesten Zeiten nach Verdienst schäzen und bewundern lernten, seitdem die lange ver- dunkelte Kunde von den Morgenländern und zum Theil von Afrika un- ter uns wieder erwachte, und manche einst für Mährchen gehaltene An- gabe des Vaters der Geschichte als ein wahres Faktum der Natur und als wahre, zum Tbeil noch dauernde, Menschensitte darstellte. Man hat mit Recht Herodot den Homer der Geschichte genannt. Einer, wie der Andere hat genialisch sich eine eigene Bahn gebrochen und sie erfüllt; Jeder ein hohes — und in seiner Art noch unerreich- tes Vorbild. In Beiden das gleiche tiefe Gemüth, derselbe religiöse Sinn, Beide voll edler Einfalt, Kraft und Anmnth, lebendig in Schil- derung der Natur und des Menschen und — dies leztere vorzüglich Herodot — glühend für Vaterland und Freiheit. Sein Styl hat den Schwung des Epos nicht; aber in klarem und sanftem Fluß strömt seine (jonische) Rede dahin, und alle Kenner des Schönen sprechen nach, was Athenäns sagt. //O Scivpacnoorcctos xotî ‘H Ço^Otos'“ Dreihundert Jahre nach Herodot schrieb Po ly bi ns von Mega- lopolis (geb. 3780. gest. 3862) acht und dreißig Bücher der allge- meinen Geschichte vom Anfang des zweiten punischen Krieges bis zum Untergänge des macedonischen Reiches, welchen zwei andere Bücher, die summarische Erzählung der früheren Begebenheiten von dem galli- schen Brande an enthaltend, als Einleitung vorangehen. Schon in seiner Heimath hatte Polybius, des Prätors Lykortas Sohn, als Staatsmann und Feldherr hervorgeglänzt: er mußte mit den Ausge- zeichnetsten unter den Achäern, deren Talente und Tugenden die Rö- mer scheuten, als Geisel nach Italien wandern, erwarb sich allda die Achtung und das Vertrauen der wichtigsten Männer, wurde Scipio's des Jüngern Freund und Rathgeber, und vervollkommnete durch

8. Bd. 2 - S. 293

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
205 Schöne Künste und Wissenschaften. rung kam zuerst in dem milden Ionien ans, und verbreitete sich bald im eigentlichen Gricchenlande. Es war vergebens, daß man durch Geseze und Strafen den Neuerungen begegnete, daß die spartanischen Ephoren dem milesischen Timotheus vier Saiten von seiner Zither wegschnitten: bald wurde selbst das grämliche Alter durch den verfüh- rerischen Reiz dahingerissen, und der Tadel einiger strengen Eiferer verlor sich in dem entzückten Beifallsrufe der Menge. Auch die Römer liebten die Musik, doch minder leidenschaftlich, als die Griechen, und ohne ihre Erlernung allgemein vorzuschrciben. Das Detail des Mechanischen und Artistischen von der alten Musik und ihre Vergleichung mit der neueren ist theils durch die Natur der Sache schwierig, theils für uns unwichtig. Wißbegierige Leser mögen darüber Marpurg's Geschichte der Musik und Mon- tuclas hist, des matlieniatiqiics zu Rathe ziehen. §. 9. Dichtkunst. Ein weiteres Feld öffnet sich hier uns, dessen Blüthen uns an- ziehen, und das wir gleichwohl nur im Vorübergehen begrüßen dür- fen. Die vorgezeichneten Grenzen dieses Buches erlauben nicht, von der überreichen Dichtkunst der Griechen und dem unsterblichen Chor ihrer Sänger anders, als summarisch zu reden. Mit Beziehung auf Jeues, was im I. B. S. 306 von der älte- sten griechischen Poesie gesagt ist, beginnen wir von Homer, ihrem eigentlichen Schöpfer (*), dessen ferntönende Gesänge mit Zauberkraft auf seine Zeit und auf alle folgende wirkten. Das Zeit- alter, das Leben Homers ist, so wie die ursprüngliche Gestalt sei- ner Gedichte, mit Dunkelheit umhüllt. Lykurg soll — ungefähr hundert Jahre nach des Sängers Tode — die vereinzelten Bruch- stücke derselben gesammelt und nach Griechenland gebracht haben, wo sie lange Zeit durch die Rhapsoden gleichfalls stückweise und nur aus dem Gedächtnisse gesungen wurden, bis Solon durch ein Gesez die Folge derselben ordnete, und endlich der Pisistratide Hip- parchus mit Hilfe geschickter Grammatiker -aus ihnen die beiden großen Epopöen, die Jliade und Odyssee, zusammensezte. Kein Sterblicher — wenige Stifter religiöser Sekten im Kreis ihrer Be- kenner ausgenommen — ist gepriesen worden, wie Homer; auch (*) Die Gedichte seiner Vorgänger sind verloren. Welche man unter ihrem Namen herumtrug, warten schon von den Alten für unterschoben erklärt. Aristoteles zweifelte, ob es einen Orpheus gegeben. Auf jeden Fall war die Poesie vor Homer noch in ihrer Kindheit und obne bestimmte Gestalt Er gab ihr einen bleibenden Charakter, und seine genialischen Werke wurden Vorbild und Quelle für jede Gattung der Dichtkunst.

9. Bd. 2 - S. 294

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
294 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. hat kein Dichter so mächtig und vielseitig, wie er, auf seine Nation und mittelbar auf die übrigen gewirkt. Er hat durch den allgemeinen und bleibenden Enthusiasmus, den seine herrlichen Gesänge weckten, der gesummten griechischen Kultur einen poetischen Charakter gegeben, die Religion durch seine Göttergcschichten bestimmt, patriotische Be- geisterung durch Verkündung des Nationalruhmes entflammt, hohe Ge- sinnungen erzeugt, schöne, natürliche Gefühle anfgcnährt und den Griecheir den ersten freien Blick in die Welt und das Leben ertheilt. Wenn wir die nothwendige Beschränkung seines eigenen Gesichtskreises durch Zeit und Umstände bedenken; so werden wir jene Kenntnisse nicht von ihm verlangen, die er nicht haben konnte; wir werden auch über kleine Schwächen eines Sterblichen wegblicken, und dafür über den Rerchthnm seiner Ideen, die Tiefe seiner Gefühle, die Wahr- heit seiner Ansichten, die Treue seiner Gemälde so sehr, als über den Schwung seiner Phantasie und die Musik seiner Worte staunen. Homer kann nie aufhören, erhebend rind lehrreich zu seyn; gleichwohl ist wahr, daß er auch übertrieben — wahrhaft abgöttisch — verehrt worden. Fast um dieselbe Zeit, wie Homer, lebte Hcsiod zu Askra in Böotien, der Vater des Lehrgedichtes unter den Griechen. Seine Theogouie ist neben den homerischen Gesängen das Gcsez derln'c- chischcn Mythologie geworden. Von den näheren Nachfolgern dieser beiden großen Dichter haben wir wenig Kunde. Aber von den Zeiten Solon's (auch er war Dich- ter) hebt eine glänzende Reihe von Sängern in jedem Zweige der Dichtkunst an. Don dem hohen Pin dar, dem zärtlichen Anakreon, den phantasiercichen Bukolikern Theokrit, Bion und Moschus, dann den nachbenannten Dramatikern und einigen Anderen hat das Glück uns Mehreres erhalten. Aber von den Meisten sind nur dürf- tige Fragmente oder gar Nichts vorhanden. Aristoteles schrieb Re- geln der Dichtkunst. Die dramatische Poesie wurde bald die geschäzteste aus allen. Th esp is, um die 53ste Olympiade, bereitete sie vor durch eine freiere Behandlung der alten Satyre und eine regelmäßigere Anordnung der Chöre. Nach ihm theilte sich das Drama in die Tragödie und Komödie. Jene — das ernste Heldcnspi el — war idealisirte Dar- stellung großer Begebenheiten der Vorzeit: diese — wie man sie treffend charakterisirt hat — war Parodie der Gegenwart. In der ersten sind nach der 70sten Olympiade Aeschylus, Sophokles und Euripides — alle Drei gleich groß, doch jeder in seiner Art, der Erste durch genialische Kraft, der Zweite durch tiefes Gefühl, der Dritte durch Kuust ausgezeichnet — die unerreichten Vorbilder für alle

10. Bd. 2 - S. 295

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
2 do Schöne Künste und Wissenschaften. fotgende Zeiten geworden. (Nur Shakespeare und Schiller dür- fen sich ihnen vergleichen.) Die Komödie war anfangs bloses Pasquill, Verhöhnung namentlich aufgcführtcr, bisweilen wirklich tadelnswürdiger, bisweilen edler Personen. Ari stop Han es Werke gehören hiehcr. Die mittlere Komödie milderte den Unfug der alten durch Weglassung des Namens der Gegeiselten; und endlich stellte die neue Komödie blos ideale Charaktere auf. Von beiden leztcn Ar- ten sind nur noch Bruchstücke übrig. Am meisten ist der Verlust von Menander's Werken zu bedauern. Die Liebe der Griechen für's Theater ging bis zur Ausschweifung. Wir lesen — was sedoch wohl übertrieben ist—,daß in Athen auf die Aufführung einiger Tragödien von Sophokles mehr verwendet wurde, als der ganze peloponncsische Krieg gekostet, und daß die Todesstrafe darauf gcsezt war, eine andere Vcl-wcndung des für Schauspiele bestimmten Fonds auch nur vorzu- schlagen. Die Poesie der Römer fing erst an sich zu bilden. Lange hatten sie blos Götter- und Heldenlieder, die muthwillige Satyre und die so- genannten fe sc c n n i n i sch e n Verse. Spater schrieb E n n i n s historische Gedichte — nicht für die Unsterblichkeit. Mehr hob sich die drama- tische Poesie. Livius Andronikus (3743. 240 v. Chr.), ein grie- chischer Sklave, machte den Anfang. Nach ihm schrieb der geniale aber derbe Plautus, ein beißender Sittenmaler seiner Zeit. Ihn übertraf an Feinheit, Kunst und Geschmack der vortreffliche Ter enti ns, Scipio's des Jüngeren Freigelassener und Günstling, Menander's glücklicher Nachahmer. Von ihm an hebt sich die römische Dichtkunst, doch erst im folgenden Zeiträume ersteigt sie den Gipfel. Auch in Rom waren die scenischen — wie die übrigen — Spiele zugleich eine religiöse und p oliti sch eeinseznng, lind hiedurch wurde die Leidenschaft dafür erhöht. Die Theater waren äußerst prächtig und groß, die Schauspieler, wiewohl sie anfangs für unehrlich galten, stiegen zu Reichthnm und Glanz auf. Roscius war der Abgott des Volkes, und genoß Cicero's und vieler Großen Freundschaft. Pyla- des (unter August) konnte mit stolzem Bewußtscyn zum Kaiser sprechen: „Danke mir und Bathyllus, daß wir das Volk zu be- schäftigen wissen!„ — Diese beiden Künstler waren vorzüglich in der Pantomime groß, einer Kunst, die, nach Co n d il la c's Bemerkung in keinem nördlichen Lande, sondern nur allda gedeihen konnte, wo die Lebhaftigkeit des Gefühls selbst die gewöhnliche Rede mit ausdrucks- vollen Geberden begleitet, und daher auch das Verständniß ihrer Be- deutung leichter macht (*). (*) Bei der großen Anstrengung, welche die theatralische Aktion, wenn
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