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1. Freiburger Lesebuch - S. 76

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
Er ist der klassische gotische Turmhelm, von keinem andern an Sicherheit der Umrisse, an Schönheit der Verhältnisse erreicht. Und bei all dieser Mustergiltigkeit ist unser Turm doch frei von jener frostigen Langeweile, die allem Tadellosen so leicht anhaftet. Dafür sorgt schon der weise verteilte plastische Schmuck. Für einen Kirchturm des 13. Jahrhunderts ist er in seinem untersten Drittel auffallend schmucklos gehalten. Nicht als ob der Meister dieses ältesten Teiles reicherem Schmuck grundsätzlich abhold gewesen wäre. Das Gegenteil beweist uns die Vorhalle im Erdgeschoß des Turmes. Wenn unser Turmbaumeister gleichwohl das Erdgeschoß im Äußeren so verhältnismäßig schmucklos ließ, so hatte er dabei offenbar seine künstlerischen Absichten. Der Unterbau des schweren Turmes, zugleich Träger eines wuchtigen Glockenstuhles, sollte möglichst massig und fest erscheinen. Der Kern des Mauerwerks, die es zusammenhaltenden Streben mußten klar in die Erscheinung treten; sogar einige - kräftige Horizontallinien waren hier im Erdgeschoß nicht unerwünscht, um die Zuverlässigkeit der Lagerung recht zu betonen. Vou der Achtecksgaleric au beginnt dann die lastende Masse sich zu lockern: riesige Fensteröffnungen, auch als Schauuken für die Glocken erwünscht, tun sich weit aus. Durchsichtiger, immer durchsichtiger wird nach oben zu der Turm, reicher der ihn umspielende Zierrat. Die Horizontallinien kommen gegen die alles übertönenden Vertikalen nicht mehr zu Wort. Schließlich jubelt der Turm, in Fialen und Spitzengewebe aufgelockert, leicht in die Lüfte. So finden wir dann, daß alles und jedes an unserm Münsterturm wohl überlegt und weise berechnet ist. Ein besonderer Vorzug unseres Turmes ist endlich noch die Farbe des Buntsandsteins, aus dem er errichtet wurde. Dieser Stein besitzt eine wunderbare Fähigkeit, je nach Witterung und Beleuchtung verschieden auszusehen, und diese seine wechselnde Färbung, die bald ernst und feierlich, bald heiter und strahlend wirft, ist gewiß ein Hauptgrund, warum wir so gern nach unserm Turme ausschauen. Wie hebt er sich in seiner düsteren Würde so vornehm aus dem Rauchmeer der abendlichen Stadt! Wie sticht er ein anderes Mal wieder in strahlender Pracht vom Blau des Himmels, vom dunklen Grün der Berge ab! Ob wir ihn wohl so lieben könnten, wenn er aus köstlichem Marmor oder aus graugelbem Kalkstein ausgebaut wäre? Nachdem wir so die Vollkommenheit unseres Turmes unter mancherlei Gesichtspunkten erörtert haben, drängt sich gebieterisch die Frage auf, wer denn dies klassische Werk geschaffen hat. Die Antwort auf diese wahrlich berechtigte Frage bleibt die Forschung uns leider schuldig. In- schriftlich hat der Erbauer sich nirgends am Bau verewigt; es entsprach nicht den Gepflogenheiten der frommen alten Meister, an Werken zu Gottes Ehre für ihre eigene Ehre Vorsorge zu treffen. Bannrknnden ans dem 13. Jahrhundert, die uns den Namen des genialen Architekten über-

2. Freiburger Lesebuch - S. 73

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
73 — binden, konnten so von außen nur eingetrieben werden, so lange bte steinernen Umfassungsmauern noch nicht stauben. Offenbar sollte das mächtige, aus herrlichen Föhren gezimmerte Gestühl während des Baues zunächst als Baugerüste dienen und hat als solches gewiß gute Dienste getan. Schwerlich ist der ganze Turm in einem Anlauf von unten bis oben aufgeführt worben. Das hätte mittelalterlichem Brauche ganz und gar nicht entsprochen. Zuerst baute man offenbar nur bis zum Glockenstuhl, erst später, als die Mittel in der Baukasse es erlaubten, in etwas veränbertem Stil den oberen Teil des Turmes. So erklärt sich am einfachsten die unterschiedliche Behandlung des Schmuckes oben und unten; denn so reich die Gliederung und Ausstattung oben ist, so arm, ja fast armselig ist sie unten. Und daß in der Gegend oberhalb des Zifferblattes ein neuer Baugedanke einsetzt, wird durch die hier umlaufende Galerie doch nur mangelhaft verhüllt. Wir werden uns also zu denken haben, daß eine Zeitlang das hölzerne Gerüst des Glockenstuhls mit seinen Glocken den oberen Abschluß des Turmes bildete. An solchen Anblick unfertiger Werke war das mittelalterliche Auge viel mehr gewöhnt als das unfrige. Glockenstuhl und Glocken zu tragen war aber natürlich nicht die einzige Bestimmung unseres Turmes: dazu brauchte er nicht so hoch emporgetrieben zu werden. Er hatte vielmehr noch Größeres zu leisten: für die ganze Kirche sollte er das schmucke Gesicht abgeben, die Stelle des Haupteingangs sollte er bebeutungsvoll zieren. Als mächtiges Signal an der Gotteshauspforte sollte er die Gläubigen locken, sollte er weithin verkünben, daß hier ein Tempel des Höchsten sei. Alles, was der gotische Kirchbau an ftrebenben Kräften besitzt, der mächtige Drang nach oben, der sein schönster Vorzug ist, im Turm sollte er sich noch einmal in voller Stärke burchfetzen. Wie vortrefflich ist das in unserem Falle gelungen ! Wie jubeln bic Streben und Fialen, die am Schiff der Kirche nur zu mäßiger Höhe sich aufschwingen konnten, hier am Turm wie ein Springquell srei empor! Man denke diesen Turm einen Augenblick hinweg — und der Rest ist ohne Kopf und Krone, ein trostlos verstümmeltes Gebilde. Unser Wohlgefallen an dieser Leistung steigert sich, wenn wir auf die bewundernswerte Sparsamkeit aufmerksam werden, mit der unser Meister feinen 117 m hohen Tnrm ausgebaut hat. Eine massive Stein-masse wäre ja schließlich auch weithin sichtbar gewesen; auch die unter größter Materialverschwendung aufgetürmten Pyramiden entlocken ja dem Beschauer staunende Bewunderung: aber hier ist mehr, hier ist ein Schwereres geleistet. Mit den denkbar geringsten Massen hat der Freiburger Meister die größten Wirkungen erzielt; und dabei machen alle diese setngltedrtgen Pfeiler, alle diese durchbrochenen Gewände dennoch den Eindruck dauerhafter Festigkeit. Von dieser Sparsamkeit in der Materialverwendung bekommt man am besten einen Begriff, wenn man die Plattform über den Glocken besteigt und von hier den Blick nach oben lenkt.

3. Freiburger Lesebuch - S. 77

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 77 — lieferten, gibt es hier nicht. So ist dieser gottbegnadete Klassiker der Gotik bis heute ein großer Unbekannter und wird es vermutlich auch in Zukunft bleiben. Sicher läßt sich von unserem Turmarchitekten nur das eine behaupten: er muß gleich Meister Erwin in Frankreich gelernt haben. Die Gotik, luvüber besteht heute kein Zweifel mehr, stammt ans Frankreich. Dort sind ihre Formen im Großen wie im Kleinen erfunden und zuerst angewandt worden; dort in Frankreich, dem führenden Land der mittelalterlichen Kultur, ist der neue Stil erwachsen, dessen Streben nach lichten, hohen Räumen ging, dessen Stärke die feine Anwendung von Maß und mathematischer Berechnung war. In Frankreich finden wir denn auch so ziemlich alle Formen, denen wir an unserm Turm begegnen, vorgebildet. Selbst der eigentümlichste Schmuck unserer Turmhalle, die Bildnisse der Wissenschaften über den Wandarkaden — auf deutschem Boden sonst nirgends so nachweisbar — auch er findet sich im französischen Burgund, an dem Hauptportal von Auxerre, fast genau in der gleichen Weise angebracht. Nur eines ist auf französischem Boden so nicht nachweisbar: der durchbrochene Turmhelm. Nur sehr unvollkommene Ansätze zu einem solchen finden wir an französischen Domen. Was mit dieser Kunstform des durchbrochenen Turmhelms sich leisten läßt, das hat erst die deutsche Gotik gezeigt. Alle schönen Turmpyramiden stehen auf deutschem Boden, und gerade im Hinblick auf diese deutsche Überlegenheit im Turmbau ist es begreiflich, daß man so oft den gotischen Stil als den wahrhaft deutschen, als den „teutschen" Baustil in Anspruch nehmen hört. Der Meister aber, der im deutschen Turmbau das Vollkommenste leistete, eben der nnsrige hier, wird wohl zweifellos ein deutscher Mann, nicht ein zugewanderter Franzose gewesen sein. Die Freude an vollendeten Schöpfungen der Kunst ist eine der reinsten, beglückendsten, die wir Menschen kennen. Der schönste Turm der Wett steht uns täglich, ja stündlich vor Augen: Heil uns, die wir in seinem Schatten dürfen wohnen. Fritz Baumgarten. 33. Die münlttrglotktti. In der frühesten Dämmerstunde des Morgens, wenn die ersten Frühaufsteher sich den schlaf aus den Augen reiben, erhebt schon die erste Münsterglocke ihre Stimme und läutet den „Englischen Gruß". Seit 050 Jahren nämlich hat sich in Deutschland die Sitte eingebürgert, täglich die Worte des Engels an die Jungsrau Maria in frommem Gedenken zu wiederholen, erst nur abends, später auch mittags und morgens, und dabei mit einer Glocke ein Zeichen zu geben. So entstand das „Aveläuteu" der

4. Freiburger Lesebuch - S. 88

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
39. Die farbigen Totster im Münster. Im Münster herrscht nicht das grelle Licht des Tages, sondern die sanfte Dämmerung, die zur Andacht stimmt. Das kommt von den bunten Gläsern, mit denen ringsum die Fenster ausgefüllt sind. Auch hier müssen wir wieder unterscheiden lernen. Nicht alle bunten Fenster sind aus derselben Zeit. Und gerade das macht die Fenster unseres Münsters besonders wertvoll. Nur wenige Kirchen und Dome haben einen so lehrreichen und so prächtigen Schatz an Glasgemälden, wie unser Münster. Darum sollen wir aber auch dankbar sein und sie fleißig betrachten. Zuerst müssen wir wissen, wie die Fenstermalerei entstanden ist. Früher, als das Glas noch selten war, oerhing man die Fenster mit bunten Vorhängen. Später, als die Kuust des Glasbereiteus allgemeiner wurde und mau anch farbige Gläser zu machen wußte, da bildete mau die gewirkten Vorhänge nun in buntem Glase nach. Und so sehen denn die alten Fenster aus wie sarbenglühende, lenchtende Teppiche. Du wirst nun gleich bemerken, wenn du die Fenster ansiehst, daß sie an vielen Stellen mit allzuhelleu dünnfarbigen Gläsern geflickt sind. Besonders ausfallend wirken hellviolette und gar weiße Einsatzstücke. Das sieht aus, wie wenn die gläsernen Teppiche an diesen Stellen fadenscheinig wären. Und das sind sie mich tu gewissem Sinne. Die Fenster sind nämlich vielfach schadhaft gewesen und nicht immer gut wiederhergestellt worden. Die ältesten Glasgemälde sind im rechten Seitenschiffe hinten im ersten Fenster. Die zwei heiligen Frauen, die darauf abgebildet sind, zeigen merkwürdig ernste, hagere Formen. Diese Fenster stammen noch aus spätromanischer Zeit und sind gegen 700 Jahre alt. Die meisten anderen Fenster im Langhaus, besonders die beiden über den Seitentüren rechts und links, stellen dagegen die schönsten Muster gotischer Glasmalerei dar und sind zwischen 400 und 600 Jahre alt. Wirklich wie prächtige Teppiche mit vielen, in wunderbaren Farben eingewobenen Bildern leuchten sie sanft auf den Beschauer nieder. Dazwischen findest du, wenn du genau hinsiehst, manchmal eingesetzte Figuren aus ganz neuer Zeit. Diese sind weniger teppichartig, sind mehr gestaltet, wie man sonst ein Menschenbild malt, aber ihre Gesamtwirkung ist nicht so angenehm wie die der alten Bilder. Schau dir nur einmal die Evange-listcnfignren im Fenster über dem steinernen Herzog an und vergleiche dann dieses Gemälde in seinen Farben mit den Fenstern über den beiden Seitentüren. Da wird dir der Unterschied viel klarer als durch lange Beschreibung. Die Fenster der kleinen Alezanderkapelle sind nun wieder ganz anders geartet. Aber sie sind von besonderer Schönheit und sind von dem Maler, der auch den Hochaltar gemalt hat, Haus Baldung. Sie sind fast gar nicht farbig, sondern mehr nur wie eine schwarze seine Strich-

5. Freiburger Lesebuch - S. 72

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 72 — Welt geschaffen, besaß den Drang, Zeugnis davon auf die Nachfahren zu bringen — und was wäre dazu wohl geeigneter als die Werke der Ban-knnst? Die Freiburger des dreizehnten Jahrhunderts fühlten sich und durften sich fühlen. Ein frisches Leben regte sich auf allen Gebieten. Und im Vollgefühl ihres Wertes, ihres wachsenden Wohlstandes war es den damaligen Freiburgern selbstverständlich, daß ihre Kirche größer und schöner werden müsse als alle Kirchen der Nachbarschaft. Rein wirtschaftlich berechnet war ihr Beginnen kaum zu verantworten. Aber wer wagt sie deshalb zu tadeln? Irgendwo muß der Mensch den Geschäftsmann abstreifen, muß er ein glücklicher Schwärmer und seliger Verschwender sein; und es ehrt nusere Ahnen, daß sie zu Gottes Ehre und zum Ruhm des Städtchens sich freiwillig so schwere Lasten aufgebürdet haben. Wenn wir beim Anblick unseres Turmes an die Größe der Opfer gedenken, die allein ihn ermöglichten, an die Stärke religiösen Empfindens, ohne die er nie vollendet worden wäre, wenn so vor unserem Auge jene wackeren Vorfahren erstehen voll Selbstgefühl und Heimatliebe, voll Opfersinn und Glaubenswärme, dann erscheint das Denkmal so hoher Gesinnungen, daun erscheint uns der Turm noch eins so wert. Was wir bisher von dem Münsterturm rühmten, mag genügen, um seine Beliebtheit bei uns Einheimischen zu erklären; es genügt nicht zur Erklärung des Weltruhmes, den er genießt. Denn, um das gleich vvrwegzuuehmeu, es ist nicht etwa selbstgerechte, blinde Heimatliebe, die ans dem Turnt eine Meisterschöpfung macht. Nicht nur wir Freiburger schwärmen für ihn; auch die Fremden verfallen meist in diese Schwäche; ja auch unter den Kunstverständigen geht die allgemeine Ansicht dahin, daß von allen gotischen Türmen, ja vielleicht von allen Turmbauten überhaupt, kein zweiter als Kunstwerk so vollkommen ist wie der hiesige. Von dieser seiner Vollkommenheit als Kunstwerk muß jetzt die Rede sein. Was verlangen wir von einem Kunstwerk, damit es uns befriedigt? Ich denke bor allem, daß es seinem Zwecke gut entspreche. Zur Zeit des gotischen Stils hatten die Kirchtürme durchweg die Bestimmung, die Kirchenglocken aufzunehmen. Es läßt sich nicht leugnen, daß der unsrige dieser Bestimmung entspricht. Der Unterbau ist kräftig genug, um auch deu größten Glockenstuhl mit Sicherheit zu tragen; da aber, wo die Glocken hängen, öffnet sich der Turm in mächtigen Fenstern, die ursprünglich bis hinunter zu der den Turm umziehenden Galerie offen standen und also dem Schall freiesten Ausgang ließen. Der hölzerne Glockenstuhl, der sich innerhalb der Turmwände in vier Stockwerken erhebt, ist eine Sehenswürdigkeit für sich. Es ist noch heute der ursprüngliche Stuhl, also über 600 Jahre alt, vermutlich der älteste in ganz Deutschland. Daß er gleichzeitig mit dem Turm erbaut worden, läßt sich mit Sicherheit erweisen; ja er ist sogar etwas vor den ihn umgebenden Steinwänden entstanden, denn die Eichenpflöcke, welche an verschiedenen Stellen die in einander geblatteten Stämme ver-

6. Freiburger Lesebuch - S. 136

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 136 — von da hinüber nach Bernau und weiter durchs Wiesental nach Kandern, wo das Schicksal die zuchtlosen Scharen erreichte. Im Jahre 1856 beschlossen die Gemeinden der an den Feldberg anstoßenden Bezirke Freiburg, St. Blasien und Schönau deu Ban eines Ans sicht sturmes aus dem Gipfel. Zur Erinnerung an die 23er-mählung des jungen Großherzogspaares gaben sie der hochragenden Warte des höchsten badischen Berges den Namen „Friedrich-Luisenturm". Auch der S eebuck erhielt später einen bedeutsamen Schmuck: im Jahre 1896 wurde hier dem Fürsten Bismarck, dem Schöpfer der deutschen Einheit, ein Denkmal errichtet. Hebel hat durch seine Gedichte („Geisterbesuch auf dem Feldberg", „Die Wiese") den Feldberg und den D engeleg ei st, der dort sein Wesen treibt, weithin bekannt gemacht. Hente ist der Feldberg weltberühmt durch den Skisport. Im Jahre 1888 hatte Nansen aus Schneeschuhen Grönland durchquert, aber niemaud kam aus deu Einfall, diese nordische Erfindung außerhalb Norwegens und der Polargegenden nutzbar zu machen. Da begann im Winter 1892 ein Todtnaner Arzt zu seinen Krankenbesuchen in den einsamen Höfen des hohen Schwarzwaldes Schneeschuhe zu benützen. Bald fanden sich andere Schneeschnhlaufcr ein und schon 1895 wurden die ersten Rennen auf dem Feldberg abgehalten. Seitdem hat der Ski die ganze Welt erobert, soweit sie mit Sämee be-deckt ist. Nicht von seiner nordischen Heimat her, sondern vom Feldberg aus ist dieser Siegcszug des Schneeschuhes ausgegangen. Nach Hermann Flamin. ■oqo

7. Bd. 2 - S. 287

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
Schöne Künste und Wissenschaften. 287 Das Detail der Kunstgeschichte überlassen wir den Acsthetikern. Unserem Zwecke mögen weinige Säze genügen. 1) Von eben so rohem Anfänge, als bei den barbarischen Völkern, ging die griechische Kunst ans. Phönizier mögen sie etwas verbessert haben. Aber ihre eigentliche Weihe und ihre charakteristi- sche Gestalt erhielt sic durch die Mythologie oder durch die Göt- ter- und Heroen-Geschichte, welche ihrerseits der Poesie den Ur- sprung dankte. Was Phidias laut bekannte, daß er das Ideal sei- nes olympischen Jupiter in Homer gefunden, das mochte von allen griechischen Künstlern gelten. Nicht die Natur, die sie umgab, so an- muthig sie war, nicht die Menschengestalten in Hellas, so schön sie sich entfalteten, wurden hie Modelle ihrer Werke. Etwas Höheres, was nur in der Dichterphantasie, nicht in der Wirklichkeit lag, schwebte als Urbild den Künstlern vor, und ließ sich selbst in jenen Gestalten erkennen, deren äußeren Umriß oder deren einzelne Züge sie von Sterblichen entnommen. 2) Die Kunst war nach ihrer Anwendung und ihren Gegenstän- den ganz oder größtcntheils öffentlich. Nicht zur Ausschmückung von Privathänsern, zur Befriedigung der Liebhaberei oder der Laune der Reichen, sondern einzig und allein zum öffentlichen Genuß und zum öffentlichen Bedürfniß arbeitete sie. Die Kunst wurde, fo wie die Wissenschaft, als etwas Hohes, dem ganzen Volke oder der Menschheit Angehörigcs betrachtet; und so konnten auch ihre Produkte nicht Privateigenthum seyn. Sie erbaute Tempel für Göt- ter; Hallen, Theater, Gymnasien, Odeen für's Volk und die Ma- gistrate; sie verherrlichte solche Gebäude und die öffentlichen Pläze durch Statuen der Götter und Heroen oder der Sieger in Kampf- spielcn, durch Abbildung mythologischer und Helden-Geschichten, durch sinn - und geschmackvolle allegorische Verzierung; gewöhnlich auf öffentliche Anordnung, oft auch auf jene von Privaten, welche die Andacht zu Weihgeschenken, patriotische Freigebigkeit oder Eitelkeit zur Errichtung von Denkmalen trieb. Es ist wohl begreiflich, daß solche Zwecke und Darstellungen geeigneter seyen, den Künstler zu be- geistern, als die knechtische Arbeit im Dienste von Privaten oder zu alltäglichem und unedlem Gebrauche. Indessen hatte freilich der all- gemeine Kunstsinn der Nation auch ans geringere Produkte, auf Ge- räthsehaften und Fabrikate Einfluß; selbst der Gcwerbsmann in Grie- chenland arbeitete mit Geschmack. Die Schmeichelei gegen die Ge- waltigen, denen man Statuen bei ihrem Leben schon errichtete, und die Portraitmalerei, endlich der überhandnehmende Lnrus führten die Kunst allmälig auch in'ö Privatleben ein. Jedoch im eigentlichen

8. Bd. 2 - S. 288

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
288 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. Griechenland weniger, als auswärts. Pansanias, welcher so viele öffentliche Kunstwerke verzeichnete, hat nicht eines einzigen bei einem Privatmann gedacht. 3) Politische Umstände, Macht und Reichthnm der Nation nach den persischen Triumphen, Wetteifer der einzelnen Städte und vor Allem der aufstrebende Geist und das Glück Athens begünstig- ten den Flor der Kunst. Um unter den griechischen Städten die erste zu werden, schien nothwendig, auch die reichste, die herrlichste an Kunstwerken und öffentlichen Monumenten zu seyn. Nicht minder, als Thenristokles und Cimon durch ihre Siege, hat Perikles durch die Schöpfungen der Kunst den Primat Athens befestigt. 4) Als aber in dem freien Griechenlande die Kunst zur Reife gelangt und der Geschmack des Volkes gebildet war; da erhielten sich beide als festgewurzelte Pflanzen auch unter der macedonischen und römischen Herrschaft. Ja die Herrscher selbst huldigten ihnen, und es war denjenigen Kunstwerken, welche große Kraft und Auf- wand heischten, der Reichthum und die Machtvollkommenheit dersel- den günstig. Auch dehnte das Gebiet der Kunst sich aus. Aegyp- ten, Syrien, Kleinasien, Italien wurden geschmückt durch sie. Gleichwohl sank im Ganzen — und wenn auch abwechselnd Pe- rioden der Wiederauflebnng kamen — die griechische Kunst, was jedoch erst im folgenden Zeiträume, mit der allgemeinen Abnahme des Genies und der Kraft, auffallend sichtbar wird. 5) In Gemäßheit dieses allgemeinen Ganges werden in der griechi- schen Kunstder alte, der hohe, derschöne und dann der verdorben e Stil unterschieden. Der erste, dessen Charakter das Harte und Gerad- linige ist, herrschte bis auf Phidias Zeiten (um 3530.453 v. Chr.). Wir kennen ihn blos durch Münzen und Beschreibungen. Kraft und Richtigkeit der Zeichnung waren sein Verdienst. Der hohe Stil, voll des edelsten Ausdrucks und majestätischer Würde, der geeignetste für Göttergestalten, jedoch ohne die mildere Schönheit, reicht bis auf Prariteles (um 3639. 353 v. Chr.). Noch sind Werke aus dieser Periode vorhanden. Die Künstlernamen Phidias — der Homer der Kunst—, Skopas, Myron u. A. glänzen in ihr. Durch Prariteles, Ly si pp ns und (den Mater) A pell es, aber nur für ein paar Generationen, blühte der schöne Stil — die Voll- endung der Kunst — auf, wo Hoheit mit Reiz sich paarte, und die zarte Wellenlinie, wie ein Hauch der Grazien, in allen Gebilden lebte. Wir besizen welche davon, gerade genug, um den Vertust der übri- gen in seiner ganzen Schwere zu fühlen. Mehr sind aus den späte- ren Zeiten der allmälig sinkenden Kunst — oder von dem nach-

9. Bd. 2 - S. 289

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
289 Schöne Künste und Wissenschaften. ahmenden und gezierten Stil—übrig. Das Höchste war erreicht; der Rückgang fast unvermeidlich. Wer an die vorhandenen Mo- delle sich hielt, hatte — als Nachahmer — das Feuer und die Kraft des Originalgenies nicht; wer aber noch weiter gehen wollte, ge- riet!) aufuebertreibung und Künstelei. Doch gilt dies nur im Allge- meinen und nach der schärferen Kritik. Viele Künstler der macedo- nisch cn und römischen Periode besaßen die ächte Weihe des Genies. §. 6. Baukunst. Das bisher Gesagte hat vorzüglich auf Bildner ei oder Pla- stik Beziehung, ist jedoch auch von der Malerei und Baukunst im Ganzen wahr. Mehrere Maler — wie Zcuris, Parrhasius und vor Allen Apelles — haben einen gleichen Ruhm, wie die größ- ten Bildner, erworben. Mehrere waren zugleich in verschiedenen Kün- sten groß. Ueberhaupt aber hat die Malerei, deren Werke weniger geeignet zu öffentlicher Ausstellung und weniger dauerhaft sind, auch geringere Schäzung, als die Plastik genossen. Es sind sehr- wenige und nur spätere Gemälde, wobl aber viele Beschreibungen derselben auf uns gekommen. Dagegen behauptete die Baukunst auch unter den Griechen den ihr gebührenden Rang, und blieb am längsten ausschtießend den öffentlichen Zwecken geweiht. Die republikanische Eifersucht duldete keine Pracht an Privatgebäuden, und die Kunst, welche Götterwoh- nungcn baute, hatte keine Verhältnisse, die sich für das Haus eines Bürgers schickten. Die bekannte Stelle in Dicäarchus lehrreicher Beschreibung Griechenlands, wo der auffallende Kontrast zwischen der Aermlichkcit der Privathäuser und der Pracht der öffentlichen Ge- bäude Athens bemerkt wird, könnte allein schon jeden Zweifel beben, wenn wir auch so viele andere Beweise nicht hätten. Erst spät, in der Römerzeit, hat die höhere Baukunst dem reichen Uebermuthe von Privaten Paläste errichtet. Wer könnte die Wunder der griechischen Baukunst verzeichnen? Viele wirken noch in ihren Trümmern mit zauberischer Kraft auf uns. Von anderen sind genaue Beschreibungen vorhanden, und es ist die aufeinander folgende Anwendung der dorischen, jonischen und korinthischen Säulenordnung, als eben so vieler Stufen derkunst (analog mit dem hohen, schönen und üppigen Stile), zu erken- nen (*). Die meisten griechischen Tempel wurden um die Zeiten (*) Noch unterscheidet man die hetrurische und die römische Ord- nung, von denen jene alter und roher, als die dorische, diese eine Der- bindung der korinthischen und jonischen ist. Ii. 19

10. Geschichte - S. 30

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
30 Die alten Griechen und Römer. Weligion und Sitten der Griechen. Die Griechen waren das gebildetste Volk des Alterthums. In der Bildhauerkunst und Malerei hatten sie die größten Meister, z. B. einen Phidias, Zeuxis und Parrhasius. Die zwei letztem stellten einst einen Wettkampf in ihrer Kunst an. Zeuxis malte Weintrauben so natürlich, daß die Vögel nach denselben flogen und daran pickten. Nun brachte auch Parrhasius sein Stück, das mit einem schönen Vorhang bedeckt war. „Ziehe doch den Vorhang hinweg," sagte Zeuxis. Da lachte Parrhasius; denn der Vorhang war nur gemalt. So täuschte der eine Vögel, der andere dagegen einen großen Künstler. Wo möglich wurden diese Kunstschöpfungen der Griechen von den Werken ihrer Dichter, Redner und Geschichtschreiber noch übertroffen, welche auch jetzt noch mit großem Fleiße gelesen und als Muster nachgeahmt werden. Bei all' dem standen sie aber in religiöser Beziehung theilweise noch tiefer als manche' ungebildete Völker, weil sie, stolz auf ihre Leistungen, nur den Gebilden ihrer sinnlichen Einbildungskraft folgten. Sie verehrten eine Menge von Göttern und Göttinen, dachten sich aber dieselben als beschränkte Wesen mit allen Schwächen, Leidenschaften und Lastern gewöhnlicher Menschen. Sie erwiesen ihnen daher durch Tänze und durch Ausschweifungen aller Art, in ältester Zeit sogar durch Menschenopfer, die vermeintliche göttliche Ehre. Doch war der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele, an Belohnung und Bestrafung nach dem Tode allgemein unter ihnen verbreitet, weßhalb sie den Tod den Bruder des Schlafes nannten und als einen schönen Jüngling vorstellten, der in der Rechten eine verlöschende Fackel umkehrt und in der Linken einen Kranz hält oder ans einen Schmetterling, der zu seinen Füßen sitzt, mit Ernst herabschaut. Der Fromme, glaubten sie, komme nach dem Tode in die elysischen Gefilde, wo er eine unaussprechliche Glückseligkeit, jedoch in irdischer Art, genieße; die Bösen dagegen würden in den Tartarus , die Unterwelt, verstoßen, wo Qualen aller Art ihrer warteten. Eine schöne Lehre liegt auch in jener griechischen Sage
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