88
Das Mittelalter.
damals eine viel gewaltigere Waffe war als das strkste Kriegs-Heer. Als von dem hohenstaufischen Hanse nur noch ein unmndiger Knabe brig war, Konradin, d. i. der kleine Konrad, verschenkte der Papst dessen Erbland, das Knigreich Neapel, an den Bruder des Knigs von Frankreich. Zum Jngling herangewachsen, zog Konradin nach Italien, um sein vterliches Erbe wieder zu erobern; aber nach einer siegreichen Schlacht ward er unvermutet berfallen, gefangen genommen und wie ein Verbrecher hingerichtet (1268). Das war das Ende des so ruhmreichen Geschlechtes der Hohenstaufen.
21. Mittelalterliche Zustnde.
1) Das Rittertum.
a. Die Erziehung des Ritters. Die Ritter bildeten im Mittelalter die Hauptstrke eines Heeres; denn sie waren den Fugngern nicht nur durch bessere Rstung berlegen, sondern auch dadurch, da sie fr den Kriegsdienst erzogen wurden. Schon mit dem siebenten Jahre ward der Knabe von adeliger Herkunft in das Schlo eines anderen Ritters gebracht, um hier als Edelknabe mit anderen Altersgenossen im Dienste seines Herrn und in ehrfurchtsvollem Umgange mit Edelfrauen die ersten Anfnge der Rittersitte zu lernen. Er wartete bei der Tafel auf, suberte seinem Herrn die Waffen und bte sich im Reiten, Fechten und Schieen; so hrtete er seinen Krper ab und lernte Gehorsam und Zucht. Mit dem vollendeten vierzehnten Jahre ward er durch Umgrtung mit einem vom Priester geweihten Schwerte wehrhaft. Er hie jetzt Knappe oder Junker (Iungherr) und lernte die Waffenkunst in strengen bungen. Er legte seinem Herrn die Waffen an und begleitete ihn zu jeder Zeit, zu der Lust der Jagd, der Feste und Waffenspiele, sowie in die ernste Schlacht. Treue Anhnglichkeit und Sorge fr seinen Herrn war seine hchste Pflicht; ihn in der Schlacht mit Schild und Schwert zu decken, ihm das Leben zu retten oder das eigene fr ihn hinzugeben, war der hchste Ruhm, den ein Knappe sich erwerben konnte: Treue war seine hchste Tugend. Hatte ein Knappe das 21. Lebensjahr erreicht, so konnte er in den Ritterstand aufgenommen, zum Ritter geschlagen werden.
b. Die Turniere. Zur Erhaltung des ritterlichen Sinnes dienten vor allem die Turniere, das Hauptvergngen fr den Ritter, das ihm zugleich Gelegenheit gab, seine Kraft und Gewandtheit ffentlich zu zeigen und Ruhm und Beifall zu ernten. Die Kmpfer muten adelig und von unbescholtenen Sitten sein. Daher waren Turnierrichter eingesetzt,
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Extrahierte Personennamen: Konradin Konradin Konrad Konrad Konradin Konradin
110
Die Neuzeit.
als Lehrer an die Universitt zu Wittenberg berufen. Bald verknpfte ihn mit Luther das Band inniger Freundschaft, das erst durch den Tod gelst wurde. Er starb 1560.
Man nannte Melanchthon denlehrerdeutschlands; aus allen Lndern eilten Schler zu ihm. Luther bezeichnet seine und Melanchthons Wirksamkeit fr die Reformation also: Meister Philipp fhrt suberlich und stille daher, bauet und pflanzet, set und begieet mit Lust, nach dem ihm Gott seine Gaben so gar reichlich gegeben. Ich aber mu Kltze und Stmme ausreuten, Dornen und Hecken umhauen, Bahn brechen und zurichten." Durch seine groe Gelehr-samkeit, besonders in der griechischen Sprache, sowie durch seine Milde und ruhige Besonnenheit war er vorzglich geeignet, Luther in seinem schwierigen Werke zu untersttzen.
Luthers Lehre war schon weit verbreitet. Die evangelische Kirche wurde zuerst in Sachsen eingefhrt. 1525 starb Friedrich der Weise, auf dem Sterbebette lie er sich das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt reichen; sein Bruder, Johann der Bestndige, bekannte sich mit seinem Sohne Johann Friedrich ffentlich zur neuen Lehre. Bald trat auch Philipp der Gromtige von Hessen der, ebenso Alb recht von Brandenburg, Herzog in Preußen, die Herzge von Mecklenburg, Pommern, Braunschweig - Lneburg, der Fürst von Anhalt und die Grafen von Mansfeld. Unter den deutschen Stdten nahmen am ersten Magdeburg, Hamburg, Frankfurt am Main, Straburg und Nrnberg die neue Lehre an.
Das Clibat und die Klster wurden in den evangelischen Lndern ausgehoben; der Gottesdienst wurde in der Landessprache abgehalten, das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht. Groen Einflu auf die Er-weckung und Verbreitung des evangelischen Glaubens bte das um diese Zeit entstandene deutsche Kirchenlied, das bald in Kirchen, Husern und aus Gassen gesungen ward und unzhlige Herzen, ja ganze Städte wie im Sturme fr die Reformation gewann. Um der groen Unwissen-heit bei dem Volke, wie auch bei den Geistlichen zu steuern, verfate Luther (1529) den groen und kleinen Katechismus, die zu den symbolischen Bchern der lutherischen Kirche gerechnet werden.
b. Zwmgli. Gleichzeitig mit Luther, aber unabhngig von ihm, begann auch Ulrich Zwingli (geb. 1484) das Werk der Reformation. Als Prediger in Zrich lehrte er das lautere Evangelium, zeugte wider den Abla, die Verderbnis der Geistlichen und andere Mibruche der Kirche. Der Rat und die Brger Zrichs waren von der Wahrheit der Lehren Zwinglis so berzeugt, da allen Zricher Geistlichen geboten wurde: Es sollen alle Pfarrer ihre Lehre einzig nach der Bibel beweisen, die Neuerungen und menschlichen Erfindungen aber weglassen." Auf
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Extrahierte Personennamen: Melanchthon Philipp Philipp Luthers Friedrich Friedrich Johann Johann_Friedrich Johann Friedrich Philipp Ulrich_Zwingli
Der schmalkaldische Krieg.
113
fortwhrend in auswrtige Kriege verwickelt waren, jener mit Franz I. von Frankreich, dieser mit den Trken. 1525 wurde" Franz m der Schlacht bei Pavia geschlagen und gefangen genommen; aber nach-dem er frei geworden, begann er noch dreimal den Krieg wieder, bis erst 1544 ein dauernder Friede zwischen beiden zustande kam. Inzwischen hatte Karl auch noch zweimal einen Kriegszug nach Algier gemacht, um die dortigen Seeruber zu vertreiben. Sobald er aber vor ueren Feinden Ruhe hatte, kehrte er, nicht lange nach Luthers Tode, seine Waffen gegen die Protestanten.
Zwei Monate vor Luthers Tode berief der Papst ein Konzil nach Trient, um eine Einigung der Kirche zu versuchen; aber die Protestanten beschickten es nicht. Da erklrte der Kaiser die Hupter des schmalkaldischen Bundes, den Kurfrsten Johann Friedrich von Sachsen und den Landgrafen Philipp von Hessen, in die Reichsacht. Der Vetter des Kurfrsten, Herzog Moritz von Sachsen, stand auf des Kaisers Seite, obwohl er Protestant und Philipps Schwiegersohn war. Mit leichter Mhe unterwarf der Kaiser die sddeutschen evangelischen Stnde (Wrttemberg, Augsburg u. a.) und zog dann an die Elbe.
b. Schlacht bei Mhlberg. Der Kurfürst zog stch auf dem rechten Elbufer nach Wittenberg zurck; aber Herzog Moritz und Alba holten
ihn ein und ntigten ihn bei Mhlberg zur Schlacht. Bald waren 1547 die Sachsen auf der Flucht, der Kurfürst selber wurde gefangen genommen. Seinen Shnen blieben nur die jetzigen schsischen Herzogtmer; den grten Teil des Kurfrstentums riebst der Kurwrde erhielt Moritz. Als Karl V. nach seinem Einzge in Wittenberg auch Luthers Grab besah, riet ihm Alba, die Gebeine des Erzketzers verbrennen zu lassen; er aber erwiderte: Lat ihn ruhen; er hat seinen Richter bereits ge-sunden! Ich fhre Krieg mit den Lebendigen, nicht mit den Toten."
Allein konnte Philipp von Hessen sich nicht gegen den Kaiser wehren; er warf sich ihm daher zu Fen und bat um'gnade. Karl aber lie auch ihn gefangen nehmen.
c. Der Augsburger Religionsfriede. In Augsburg lie Karl durch Geistliche beider Kirchen eine vorlufige Glaubensvorschrift, das Interim, aufstellen. Viele der Evangelischen weigerten sich, dasselbe anzunehmen am beharrlichsten widersetzte sich Magdeburg. Der Kaiser hatte diese totadt im schmalkaldischen Kriege nicht bezwungen, jetzt erklrte er sie in die Acht und ubertrug Moritz die Ausfhrung derselben. Dieser war ergrimmt der die schimpfliche Gefangenschaft seines Schwiegervaters,
auch bereute er seine Untreue gegen seine Glaubensgenossen. Deshalb zog er die Belagerung Magdeburgs absichtlich in die Lnge, unterhandelte insgeheim mit mehreren evangelischen Fürsten und schlo ein Bndnis
Hofsmeyer und Hering, Erzhlungen. o
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114
Die Neuzeit.
mit dem Könige von Frankreich; leider mute er diesem dafr die deutschen Städte Metz, Toul und Verdun zusichern. Als Magdeburg sich unter gnstigen Bedingungen ergeben hatte, fhrte Moritz sein Heer gegen den Kaiser, der, ohne etwas von dem Verrat zu ahnen, in Tirol weilte. Nur durch schleunige Flucht entging Karl der Gefangenschaft. Nun gab der Kaiser die Hoffnung aus, die Protestanten zu bewltigen. In dem 1555 Augsburger Religionsfrieden erhielten die evangelischen Stnde volle Religionsfreiheit und gleiche brgerliche Rechte mit den Katholiken. Die Reformierten waren in diesen Frieden nicht einge-schlssen. der einen Punkt konnte man sich nicht einigen. Die Katho-liken verlangten, da die in Zukunft zur lutherischen Lehre bertretenden Geistlichen ihre Stifter und Pfrnden der katholischen Kirche ausliesern sollten, während die Evangelischen dieselben fr sich beanspruchten. Diese Frage, der geistliche Vorbehalt, wurde mit dem Zusatz in den Friedensvertrag aufgenommen, da sich die Stnde darber nicht htten einigen knnen. Es war ein Keim zu knftigen Streitigkeiten.
Bald nach diesem Frieden bertrug Karl V. seinem Bruder Ferdinand die Regierung im Reiche; sein Sohn Philipp Ii. wurde sein Nachfolger in den Niederlanden, in Spanien und Neapel. Dann zog sich der lebens-mde Greis in das Kloster St. Just in Spanien zurck; dort verbrachte er feine Tage mit Gebet, Gartenbau, Drechslerarbeiten und Uhrmacherei und starb 1558.
6) Die Reformation in den Nachbarlndern Deutschlands.
a. Philipp Ii., Karls V. Sohn, König von Spanien und den Nieder-landen, war ein harter, finsterer Mann und ein groer Feind der evangelischen Lehre. Er setzte ein eigenes Gericht zur Verfolgung der Ketzer" ein. Wer auch nur im Verdachte stand, ein Protestant zu sein, wurde vors Gericht geschleppt; bekannte er nicht, so spannte man ihn aus die Folter; gestand er, so warteten seiner Gefngnis oder Tod durchs Schwert oder aus dem Scheiterhaufen. Bei diejer Verfolgung leistete ihm der Orden der Jesuiten willig Dienste. Derselbe ist 1540 von dem Spanier Ignatius Loyola gestiftet und hat die Aufgabe, die evangelische Lehre zu unterdrcken. In Spanien wurde die neue Lehre vollstndig ausgerottet; aber in den Niederlanden breitete sie sich trotz aller Ver-folgungen immer weiter aus.
Da sandte Philipp seinen General, den grausamen Herzog Alba, mit einem Heere nach den Niederlanden. Angst und Schrecken gingen vor ihm her; viele flohen ins Ausland. Wer von den Zurckgebliebenen nicht zur katholischen Kirche zurckkehren wollte, wurde gekpft oder ver-brannt. Alba selber rhmte sich spter, er habe in den Niederlanden
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Magdeburg Niederlanden Spanien Neapel Spanien Deutschlands Karls Spanien Spanien
68 Das Mittelalter.
errichtete er auf seinen Gtern Musterwirtschaften, in denen die strengste Ordnung herrschen mute. Er selber war ein tchtiger Landwirt und gab die genauesten Anweisungen der die Pflege der Haustiere und Bienen, der die Wein- und Bierbereitung, der die Aufbewahrung der Wintervorrte, der Feld- und Gartenbau. Die Gutsverwalter muten ein genaues Verzeichnis der alle auf dem Gute vorhandenen Gegenstnde einreichen; Karl prfte die Rechnungen, in die auch die kleinsten verkauften Gegenstnde, z. B. jedes verkaufte Ei, eingetragen werden mute. Alle greren Verbesserungen ordnete er selbst an.
d. Karls Lebensweise und sein Tod. Karl war von groem, starkem Krperbau. Seine Kraft war so gewaltig, da er einst einen Mauren mit einem Hiebe spaltete und Hufeisen zerbrechen konnte. Er ritt und jagte gern und oft; im Schwimmen bertraf ihn keiner. In Speise und Trank war er sehr mig. Am liebsten a er Braten, den seine Jger am Spiee braten und auftragen muten. Whrend der Mahlzeit lie er sich gern aus der heiligen Schrift oder der die Thaten alter Helden vorlesen. Seinen Nachtschlaf unterbrach er hufig vier-oder fnfmal durch Aufstehen. Stets hatte der Kaiser sein Schwert an der Seite. Fr gewhnlich unterschied sich seine Kleidung von der eines seiner Unterthanen nicht; auslndische Kleidung hate er. Karls Wohlthtigkeit erstreckte sich nicht blo auf seine Unterthanen, sondern weit bers Meer pflegte er Geld zu schicken, nach Syrien und Jerusalem, nach Alexandria und Karthago, wenn er hrte, da Christen dort in Drftigkeit lebten. Der Ruhm seines Namens war weit verbreitet; selbst der Kalif von Bagdad am Tigris sandte ihm Geschenke. Vor allem edlen Wissen hatte Karl groe Achtung; aber er selber hatte einen mangelhaften Unterricht genossen. Er lernte die Rechenkunst noch im hheren Mannesalter; die Schreibkunst aber vermochte er sich nicht mehr anzueignen. Er gab sich groe Mhe, fhrte sein Tfelchen immer bei sich und legte es bei Nacht unter sein Kopfkissen, um das Schreiben zu den, wenn er nicht schlafen konnte; doch die des Schwertes ge-wohnte Hand vermochte den leichten Federkiel nicht zu regieren. Die letzten Lebensjahre wurden dem alten Kaiser durch Krankheit und den Verlust seiner beiden ltesten Shne getrbt. Als er sein Ende nahen fhlte, machte er sein Testament. In demselben waren die Armen reichlich bedacht; den Geistlichen seines Reiches vermachte er ein Drittel seines Vermgens an Geld, Hausrat und Kostbarkeiten. Dann berief er seinen Sohn Ludwig und die Groen seines Reiches nach Aachen und stellte seinen Sohn als Nachfolger in der Kaiserwrde vor. Hierauf begab er sich in die Marienkirche, wohin ihm die ganze Versammlung folgte; dort knieete er vor dem Hauptaltare zu inbrnstigem Gebete
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Karl der Groe.
69
nieder, erhob sich wieder und legte seinem Sohne in einer ergreifenden Rede die Pflichten eines Kaisers ans Herz. Willst du, mein Sohn," so fuhr er fort, alle diese Pflichten gewissenhaft erfllen?" Ja, mit Gottes Hlfe!" war die Antwort. Wohlan denn, setze dir selbst die Krone auf, und stets mge sie dich an dein Versprechen erinnern!" Darauf befahl er allen Anwesenden, seinen Sohn von jetzt an Kaiser zu nennen. Bald nachher ward der alte Kaiser krank und starb mit den Worten! Vater, in deine Hnde befehle ich meinen Geist!" Noch 814 an demselben Tage ward er in der Marienkirche zu Aachen begraben. Man setzte den Leichnam auf einen goldenen Thron in vollem Kaiser-schmuck, auf dem Haupte die goldene Krone und ein Stck vom heiligen Kreuze; in der Hand hielt er einen Kelch, an der Seite hing das Schwert, um die Hfte die goldene Pilgertasche^ zu den Fen lagen Scepter und Schild, auf den Knieen ein Evangelienbuch. Noch jetzt ist die Grabsttte an einer einfachen Marmorplatte kenntlich, welche die kurze Inschrift trgt: Carolus Magnus.
e. Karls nchste Nachfolger. Karls Sohn und Nachfolger L u d w i g der Fromme war sehr gutherzig, besa aber zu wenig Willenskraft, das groe Reich zu regieren. Fr die Mission nach dem skandinavischen Norden hat er viel gewirkt; zur Sttze derselben ward das Erzbistum Hamburg gegrndet. Von hier aus brachte Ansgarius (Anschar), der Apostel des Nordens, das Christentum nach Dnemark und Schweden. Schon frh teilte Ludwig das Reich unter seine drei Shne Lothar, Pipin und Ludwig. Als ihm spter noch ein Sohn geboren wurde, Karl, der Kahle genannt, hob er die erste Verteilung wieder auf, um auch diesem einen Teil geben zu knnen. Da ergriffen die Shne die Waffen gegen ihren eigenen Vater, und als diesen der Tod erlste, kehrten die Brder die Schwerter gegen einander, bis der Vertrag zu Verdun 843 (fpr. Wrdng!) endlich dem Lande Frieden gab. Lothar erhielt Italien nebst der Kaiserwrde, Karl Frankreich, Ludwig bekam Deutschland und heit deswegen Ludwig der Deutsche. Er war der beste Herrscher Deutschlands unter den Nachkommen Karls des Groen, den Karolingern. Nach ihm herrschte Unordnung im Reiche. Die Magyaren (spr. Maddjaren!) oder Ungarn machten hufig ruberische Einflle, und die Normannen plnderten auf ihren kleinen Schiffen die Ksten der Nordsee, fuhren die Flsse hinauf und beraubten und verwsteten die an denselben liegenden Städte.
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Die franzsische Revolution von 1789. 147
Im Januar 1786 wurde dem Könige der Tod des alten Ziethen gemeldet. Tief erschttert sprach er: Im Kriege befehligte er immer die Vorhut, ich die Hauptarmee; auch im Tode ist er mir vorangegangen,^^ ich werde ihm bald folgen." Er starb auch schon in demselben Sommer. 1786 Die Todesnachricht wirkte weit der Deutschland hinaus, auf den Thronen und in den Htten, erschtternd; alle fhlten es, da ein groer Mann gestorben war. Umfang und Einwohnerzahl Preuens sind unter Friedrich dem Groen verdoppelt; Preußen ist durch ihn eine Gro-macht geworden.
32. Die franzsische Revolution von 1789.
a. Ursache und Ausbruch derselben. Whrend Preußen durch Friedrich den Groen zu Macht und Ansehen erhoben war, hatten die Könige Frankreichs ihr Land fast zu Grunde gerichtet. Ludwig Xiv. folgte bei seiner Regierung dem Grundsatze: Der Staat bin ich!" Das Volk wurde.in einer knechtischen Unterwrfigkeit gehalten und von dem Adel und der Geistlichkeit ungestraft unterdrckt und ausgesogen. Die Sitten-losigkeit und Verschwendung erreichte unter ihm eine unbeschreibliche Hhe, und unter seinem Nachfolger Ludwig Xv. wurde es nicht besser; dieser König lie sich und sein Volk durch seine Minister und Weiber leiten. Dadurch wurde das Knigtum, in Frankreich verhat und ver-achtet. Besonders der dritte Stand, der aus den Bauern und Brgern bestand, war aufs hchste unzufrieden, weil er von schwerer Steuerlast gedrckt wurde, während der Adel und die Geistlichkeit fast steuerfrei waren. Um diese Zeit traten in Frankreich leichtsinnige Schriftsteller, z. B. Voltaire und Rousseau (spr. Russo) auf, welche die christliche Religion angriffen und verspotteten. Besonders drangen ihre, in glnzen-den, geschmackvollen Worten geschriebenen Werke in die Kreise der ge-bildeten Stnde, bei denen es bald zur Gewohnheit wurde, Gott und das gttliche Wort zu verachten und zu verspotten. Zugleich wurde von jenen auch der Staat mit seinen Einrichtungen aufs heftigste angegriffen. Um dieselbe Zeit hatte Nordamerika unter Franklin und Washington in einem groen Volkskriege gegen England sich die Freiheit erstritten. Im Jahre 1783 mute England die Unabhngigkeit Nordamerikas anerkennen; es bildete sich die Bundesrepublik der vereinigten Staaten." Auch viele Franzosen hatten an diesem Kriege teilgenommen. Als sie nach Frankreich zurckkehrten, verbreiteten sie auch hier die Grundstze der Gleichheit aller Staatsbrger und der Selbstbestimmung des Volks, die in Frankreich lauten Beifall fanden.
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150 Die Neuzeit.
einem Throne sitzend durch Paris getragen und als Gttin der Vernunft verehrt. Das Haupt dieser Umsturzpartei war Robespierre; er wtete mit unumschrnkter Gewalt und beherrschte Frankreich durch' den Schrecken. An manchen Tagen starben 150 Personen durch das Fallbeils so da ganze Geschlechter ausgerottet wurden. Als Robespierre trotz seiner Gewalt seine Macht wanken sah, beantragte er beim Konvent, den Glauben an Gott und die Unsterblichkeit wieder einzufhren, was unter groen Festlichkeiten auch geschah. Als aber der Tyrann mit neuen Anklagen gegen die Mitglieder des Konvents auftrat, schrie man ihm entgegen: Nieder mit dem Tyrannen!" Man ergriff und ent-hauptete auch ihn. Der Konvent ging auseinander, und statt seiner trat eine mildere Regierung an die Spitze des Staates. womit Ruhe und Sicherheit zurckkehrten. Schon aber lag die ganze Kraft des Landes in dem Heere und seinen jungen Generalen.
33. Friedrich Wilhelm Ii; 1786-1797.
a. Der Krieg gegen Frankreich. Der Nachfolger Friedrichs des Groen wurde Friedrich Wilhelm Ii., ein Sohn des Prinzen August Wilhelm, der ein Bruder des Knigs war. Als in Frankreich die Revolution ausbrach, lag die Gefahr nahe, da dieselbe auch in Deutschland um sich griffe; dazu war Maria Antoinette eine Schwester des deutschen Kaisers; endlich reizten die vielen, aus Frankreich geflchteten Adeligen fortwhrend zum Kriege, indem sie den deutschen Fürsten vorspiegelten, die meisten Einwohner Frankreichs seien treue Anhnger des Knigs und wrden sich wie ein Mann erheben, sobald nur ein deutsches Heer ihnen zu Hlse kme. Da verbndeten sich die Fürsten Ostreichs und Preuens gegen Frankreich. (1792.) Dies erregte unter den preuischen Offizieren die freudigste Zustimmung. Der preuische Befehlshaber, der Herzog Ferdinand von Braunschweig, hoffte, mit den Pariser Advokaten" leicht fertig zu werden; er sagte zu seinen Offizieren: Meine Herren, nicht zu viel Gepck! Es handelt sich nur um einen Spaziergang!" Aber es kam anders? In den Weinbergen der Champagne (Schangpanj) muten sich die Truppen tagelang von unreifen Weintrauben nhren, infolgedessen die Ruhr im Heere ausbrach; der lehmige Boden war durch Regengsse in einen Morast verwandelt, und ein franzsisches Heer drohte, in Deutschland einzufallen. Daher fhrte der Herzog von Braunschweig das Heer nach groen Verlusten der den Rhein zurck. Die )streichet wurden gnzlich geschlagen und verloren die
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166 Die Neuzeit.
eine kleine Festung verwandelt; 80 Kanonen standen in den schmalen Ein-gngen des Dorfes. Erst beim vierten Angriff gelang es, das Dorf und die besetzten Hhen zu erobern. Die Franzosen flohen bis Leipzig. Die Preußen lagerten auf dem Schlachtfelde, erschpft von der furchtbaren Arbeit, aber aufrecht erhalten durch das Bewutsein ihrer Xhateit. Wie einst bei Zeuthen, erklang auch hier durch die rauhe Nacht ihr Siegeslied: Nun danket alle Gott!"
Der folgende Tag, ein Sonntag, brachte keine neuen Kmpfe; am nchsten is. Okt. Tage hatte Napoleon seine Truppen enger um Leipzig zusammengezogen; den Mittelpunkt seiner Stellung bildete das Dorf Probsthai da. Seinen eigenen Standpunkt nahm er neben der halbzerschossenen Tabaksmhle; nicht weit davon standen die verbndeten Monarchen auf dem spter ihnen zu Ehren so genannten Monarchenhgel. Napoleon kmpfte heute nicht mehr um den Sieg, sondern um einen sicheren Rckzug, der ihm der Lindenau noch freistand. Am schrfsten wurde um Prob st Hai da gestritten, das die Franzosen wie Mckern in eine Festung umgeschasfen. Um 5 Uhr befahlen die Monarchen, das Strmen aufzugeben; denn an anderen Stellen war der Sieg bereits gewonnen. Napoleon sa trb und matt neben der zerfallenen Windmhle. Man hatte ihm einen hlzernen Schemel gebracht, auf dem er, erschpft von den Anstrengungen der letzten Tage, in Schlummer sank. Seine Generale standen dster und stumm um das Feuer, und die zurckziehenden Truppen rauschten in einiger Entfernung vorber. Bald raffte er sich auf und eilte nach Leipzig, wo er bis in die Nacht die weiteren Anordnungen zum Rckzge und zur Verteidigung der Stadt gab. Am Morgen des 19. Oktobers fanden die Verbndeten das Schlachtfeld von Feinden leer. Unermeliche Freude durchstrmte die Brust der Sieger; auf den Knieen dankten sie Gott fr den Sieg. Schon um 8 Uhr war Blcher vor Leipzig, das die Franzosen tapfer verteidigten; um 1 Uhr war die Stadt erobert. Die Straen boten ein wstes Bild: Munitionswagen, Marketender, Kanonen, Vieh, Verwundete, Sterbende dazwischen eine kleine Abteilung Garde, und in deren Mitte der Kaiser, der von der Menschenmasse mit fortgerissen wurde. Erst um 11 Uhr war er glcklich aus der Stadt. Aber in derselben waren noch etwa 20 000 Mann; da erdrhnte pltzlich die Stadt durck einen ungeheuren Knall: die Elster-brcke flog in die Luft. Ein franzsischer Korporal hatte die Mine vorzeitig entzndet , welche auf Napoleons Befehl hier angelegt war. Unnennbares Entsetzen packte die Fliehenden; alles drngte nach dem Flusse, um irgendwo noch zu entkommen ; die meisten ertranken. Um 1 Uhr hielten die Herrscher von Rußland und Preußen ihren Einzug. Friedrich Wilhelm erhob den alten Blcher zum Generalfeldmarschall. Die Schlacht kostete den Franzosen 70 000 Mann; aber auch die Verbndeten verloren 50000 Tote und Verwundete, und von den Verwundeten wurden wenige gerettet; denn wo waren die helfenden Hnde fr so viele! Noch sieben Tage nach der Schlacht wurden Verwundete lebend vom Schlachtfelde eingebracht. Aber dennoch ging ein Siegesjubel durch ganz Deutschland. Man begann auszuatmen; jeder fhlte, da die Fesseln gesprengt, da die Schande in Strmen franzsischen Blutes abgewaschen war.
e. Zug nach Frankreich; erster Friede zu Paris. Die Franzosen waren in Eilmrschen dem Rheine zugeflohen; mit ihrer Herrschaft in Deutschland war es vorbei. Die ehemalig preuischen Provinzen zwischen Elbe, Weser und Rhein kehrten ohne weiteres unter das preuische
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Deutschland nach den Freiheitskriegen. 173
Volkes allein, sondern nur im Einverstndnis mit allen Fürsten Deutsch-lands annehmen, und da solches ohne Gewalt nicht zu erreichen gewesen wre, lehnte er die Krone ab. Statt dessen gab der König in Verbindung mit den Abgeordneten in Berlin seinem eigenen Lande eine neue Ver-sassung, welche mit geringen nderungen noch heute in Kraft ist. Dem Könige zur Seite steht der Landtag, der aus Herrenhaus und Abgeordnetenhaus besteht und gemeinsam mit dem Könige das Recht der Gesetzgebung ausbt.
Die spteren Jahre der Regierung Friedrich Wilhelms Iv. brachten fr Preußen manches Segensreiche. Die Gewerbe in Preußen hoben sich derartig, da ihre Erzeugnisse auf den Weltausstellungen eine ehren-volle Stelle einnahmen. Weite Eisenbahnstrecken und Telegraphenlinien wurden angelegt, der Postverkehr erleichtert, die Flu- und Seedampf-schiffahrt vermehrt. Da sich die Notwendigkeit einer deutschen Kriegs-flotte herausgestellt hatte, erwarb der König (1853) von dem Groherzogtum Oldenburg ein Gebiet an der Nordsee zur Anlage eines Kriegs-Hafens, der spter den Namen Wilhelmshaven erhielt. Kunst und Wissenschaft erfreuten sich unter seiner Regierung reicher Pflege; das Denkmal Friedrichs des Groen unter den Linden erhob sich, und die alte preuische Herrenburg zu Marienburg wurde wieder hergestellt. Der fromme Sinn des Knigs schuf zahlreiche Anstalten christlicher Liebe, Krankenhuser, Waisenhuser, Diakonissenanstalten, bei deren Grndung ihn seine Gemahlin Elisabeth, eine Prinzessin von Bayern, eifrig untersttzte. Im Verein mit England stiftete er sogar in Jerusalem ein evangelisches Bistum.
1857 wurde Friedrich Wilhelm von einer schweren Krankheit heim-gesucht und war seitdem an der Selbstregierung gehindert. Da er kinderlos war, bernahm sein Bruder Wilhelm fr ihn die Regierung, zunchst als Stellvertreter, seit 1858 als Prinz-Regent. Der König ertrug sein schweres, schmerzvolles Leiden mit christlicher Ergebung und starb am 2. Januar 1861. König Wilhelm sagte von ihm: Niemals 1861 hat eines Knigs Herz treuer fr seines Volkes Wohl geschlagen. Dem Könige, der so Groes zu begrnden wute, dessen unvergeliches Wort: Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen" auch meine Seele erfllt, gebhrt ein hervorragender Platz in der rhm-reichen Reihe der Monarchen, welchen Preußen seine Gre verdankt."
6. Gleichzeitige wichtige Begebenheiten in den Nachbarlndern. Frankreich konnte nach den heftigen Revolutions- und Kriegsstrmen nicht so bald wieder zur Ruhe kommen. Sowohl die Anhnger der Republik, wie die Freunde Napoleons waren mit der Regierung unzufrieden ; fast alle Franzosen aber waren darber erbittert, da König
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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