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1. Geschichte des Altertums - S. 81

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 14. Die griechischen Heldensagen. 81 Scheidewege stand, nahten sich zwei Göttinnen. Die eine, schön und anmutig von Gestalt, neigte sich zu ihm hin und bot ihm Befreiung von allen Mühseligkeiten und Rettung aus allen Gefahren an, wenn er sich ihrer Leitung überlassen wolle; die andere, mehr ernst als schön, würdevoll und bescheiden, versprach ihm dagegen Ehre und Ruhm bei Menschen und Göttern, wenn er ihr folgen und den Gefahren und Mühseligkeiten des Lebens sich unterziehen werde. Herakles erblickte in der ersten Erscheinung die Göttin der Freude und Lust, in der andern die Tugend, und rasch reichte er der letzteren seine Hand. Seine außerordentliche Stärke und Gewandheit machten ihn ja auch zum Dienste der Tugend und Ehre besonders geeignet. Heldenmut. Den ersten Beweis seines Heldenmutes gab er dadurch, daß er einen Löwen tötete, welcher am Kithäron die Herden des Königs Thespios schädigte. Darnach befreite er seine Geburtsstadt Theben von einem schimpflichen Tribut, welchen ihr die Bewohner von Orchomenos auferlegt hatten, und zwang diese räuberischen Nachbarn, künftig denselben Tribut an Theben zu entrichten. Hera, aufgebracht über den Ruhm des heranwachsenden Helden, veranlaßte daraufhin den König Eurystheus, die ihm durch Zeus' Schwur gewordene Oberherrschaft über Herakles zu benutzen und denselben aufzufordern, daß er komme und ihm diene. Unwillig begab sich Herakles zum Orakel nach Delphi und erhielt die Antwort, daß er zwölf Arbeiten, die Eurystheus ihm auferlege, vollführen und zwölf Jahre ihm dienen müsse, dann werde er unsterblich sein. Herakles fügte sich in sein Schicksal und unterzog sich der Aufgabe. Die zwölf Arbeiten. Zuerst tötete er einen Löwen, welcher in der Nähe von Nemea im Peloponnes hauste. Da derselbe durch kein Geschoß erlegt werden konnte, so schlug ihm Herakles mit der Faust das Genick ein, zog ihm das Fell ab und hing es um. Darauf vernichtete er die lernäische Schlange (Hydra), welche sich in den Sümpfen von Senta in der Landschaft Argolis aufhielt und die ganze Umgegend verwüstete. Sie hatte sieben, neun oder gar hundert Köpfe. Sobald Herakles sie aus dem Sumpfe aufgescheucht hatte, schlug er ihr mehrere Köpfe ab, doch zu seinem großen Schrecken gewahrte er, daß an der Stelle jedes abgeschlagenen zwei neue hervorwuchsen. Da zündete sein treuer Gefährte Joläos den nahen Wald an, und nun versengten sie die nachwachsenden Köpfe der Hydra mit Feuerbränden bis auf den mittelsten, der unsterblich war. Auf diesen wälzte Herakles einen Felsblock, dann tauchte er seine Pfeile in das giftige Blut der Schlange. Die Hirschkuh der Diana, welche eherne Füße und goldene Hörner hatte und dabei von außerordentlicher Schnellfüßigkeit war, ermüdete Herakles durch unablässige Verfolgung und fing sie lebendig. Der erymanthische Eber verwüstete Thessalien. Herakles fing ihn und brachte das Tier lebendig auf den Schultern zu dem König Eurystheus, welcher sich vor Schrecken verbarg. In einem Tage reinigte sodann Herakles den Stall des Königs Augias von Elis. 3000 Rinder hatten viele Jahrein demselben gestanden; eine Reinigung war aber nicht vorgenommen worden. Herakles besann sich nicht lange, riß zwei Wände des Stalles ein und leitete den benachbarten Strom hindurch. Darnach erlegte er die stymphalischen Vögel, welche die Gegend um einen See in Arkadien verwüsteten, eherne Cassians Weltgeschichte I. 6. Aufl. v. Ph. Beck. ß

2. Geschichte des Altertums - S. 93

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 14, 4. Der Argonautenzug, 93 Absichten des Vaters erspähet und berichtete dem Geliebten die drohende Gefahr. Sie führte ihn sofort in den Hain, wo das goldene Vließ von einem wütenden Drachen bewacht wurde, schläferte das Ungetüm durch Zauberkräuter ein und gab dem Jason den ersehnten goldenen Schatz. Flucht. Noch in der nämlichen Nacht flohen Jason, Medea und die Argonauten mit dem goldenen Vließ davon. Allein der König hatte ihre Flucht gemerkt und setzte den Flüchtlingen eiligst nach. Schon erblickten diese das Schiff des Vaters; da tötete Medea ihren jüngeren Bruder Absyrtos, den sie ebenfalls mitgenommen hatte, und steckte Kopf und Hände desselben an Felsenklippen aus, welche aus dem Meer hervorragten. Sobald der unglückliche Vater die traurigen Überreste seines geliebten Kindes gewahrte, hielt er an, sammelte dieselben und begrub sie. Mittlerweile entkamen die Argonauten und gelangten unter mannichsachen Abenteuern glücklich in die Heimat. Med^as Zauberkunst. Obwohl nun Pelias in den Besitz des goldenen Vließes kam, so war sein Leben doch nur noch von kurzer Dauer. Med^a hatte nämlich durch ihre Zaubermittel den alten Ä s o n wieder jung gemacht, und als die Töchter des Pelias dies vernahmen, so baten sie die Fremde, sie möge doch auch ihren alten Vater verjüngen. Allein nun spielte Medea die treulose. Sie gebot den Töchtern, ihrem Vater das alte Blut abzuzapfen und unter ihrem Beistand neues einzugießen. Dies geschah; allein Medea half nicht nach, wie sie es bei Ason gethan hatte, und so starb der alte Pelias. Ason wurde nun wieder König und regierte noch viele Jahre. Wohin aber das goldene Vließ gekommen ist, das weiß niemand. Medeas und Jasons Ende. Akastos, der Sohn des Pelias, nahm Rache an Jason und Medea und verjagte beide aus Jolkos. Sie flohen nach Korinth und lebten daselbst zehn Jahre. Als aber Jason sich von Medea trennen und mit Krsusa, der Tochter des korinthischen Königs Kreon, vermählen wollte, geriet jene in Raserei. Sie sandte der verhaßten Nebenbuhlerin ein vergiftetes Gewand und ein Diadem. Kanm hatte diese den gefährlichen Schmuck angelegt, so entzündete er sich von selbst und Krßusa, sowie ihr Vater, der ihr zu Hilfe eilte, und der königliche Palast verbrannten. In anhaltender Raserei tötete Medea sogar die eigenen Kinder und floh nach dieser blutigen That nach Athen. Später soll sie in ihr Vaterland Kolchis zurückgekehrt und dort gestorben sein. Jason konnte nach diesen entsetzlichen Vorgängen keine Ruhe mehr finden. Häufig suchte er das Schiff Argo auf, das im Hafen von Korinth dem Gott Poseidon geweiht war, und gedachte seiner ruhmreichen Waffenthaten. Als er eines Tages in dem morsch gewordenen Schiffe eine Ruhestätte gesucht hatte, brach es zusammen, und herabstürzende Balken erschlugen den lebensmüden Helden. 5. Sagen von dem Sänger Orpheus. An dem Argonautenzuge nahm auch der berühmteste Sänger der griechischen Heldenzeit Anteil. Er hieß Orpheus, war geboren in Pierien, nördlich vom Olymp im südwestlichen Thraeien, und soll ein Sohn Apollos und der Muse Kalliope gewesen sein. Sein Vater schenkte ihm, wie die Sage meldet, die von Hermes erfundene Lyra, und seitdem vermochte seinem Gesänge

3. Geschichte des Altertums - S. 120

1889 - Wiesbaden : Kunze
120 Zweiter Abschnitt. Erster Zeitraum. und gefangen, während seine Gefährten flohen. Doch gab ihn die Priesterin wieder frei. Bald darnach nötigte die Treulosigkeit des arkadischen Königs Ar ist o- krates, welcher zu den Spartanern überging, den Aristomenes, sich in die Festung Jra zu werfen. Von hier aus verheerte er Lakonien. Einst hatte er sich jedoch allzuweit vorgewagt; er wurde überfallen und mit 50 seiner Begleiter gefangen genommen. Die Spartaner stürzten die Gefangenen in eine tiefe Felsschlucht, und alle Gefährten des Aristomenes fanden den Tod; er aber wurde dadurch gerettet, daß er, m voller Rüstung hinabgestürzt, beim Falle durch seinen Schild geschützt wurde. Drei Tage brachte er der Sage nach in dem schauervollen Abgrunde zu. Endlich bemerkte er einen Fuchs, welcher an den Leichen nagte. Er faßte ihn beim Schwänze, schützte sich mit seinem Mantel gegen die Bisse des wütenden Tieres und gelangte, von demselben zu einem Ausgangspunkte geführt, glücklich ins Freie zu den ©einigen. Die Spartaner schlossen nach einiger Zeit mit den Messeniern einen Waffenstillstand auf 40 Tage. Während dieser Zeit entfernte sich Aristomenes ohne Besorgnis vor einem Überfall von Jra und begegnete einigen Bogenschützen. Diese erkannten ihn, banden den Helden, wie die Sage erzählt, und führten ihn gefangen nach einem Meierhof, wo eine Witwe mit ihrer Tochter wohnte. Dem Mädchen hatte es aber in der Nacht zuvor geträumt, es hätten Wölfe einen tzesesselten Löwen in ihr Haus gebracht, welcher keine Klauen besaß. Sie selbst habe barauf dem Löwen die Fesseln gelöst, seine Klauen gesunben und sie ihm gegeben. Die Wölfe seien dann von dem Löwen zerrissen worben. Eben als die Bogenschützen den Gefangenen hereinführten, fiel dem Mäbchen der Traum roieber ein. Sofort erkunbete sie des Gefangenen Namen, und als sie den hochgefeierten Aristomenes nennen hörte, schenkte sie den Soldaten so viel Wein ein, daß biefe einschliefen. Nun löste sie dem Gefangenen die Fesseln, und dieser tötete seine Gegner. Das Mädchen aber nahm Aristomenes rnit und gab sie seinem Sohne zur Gemahlin. Ein Jahr später siel Jra durch Verrat. Während Aristo-menes krank an einer Wunde darniederlag, wurden die Wachen vernachlässigt. Ein Spartaner, welcher sich in dem Hause einer Messenierin versteckt gehalten hatte, meldete dieses, und bald war die Mauer erstiegen. Aller Widerstand war vergeblich. Nachdem sich Männer und Frauen drei Tage und drei Nächte aufs heftigste verteidigt hatten, rief Aristomenes seinen Leuten zu, ihm zu folgen.

4. Geschichte des Altertums - S. 84

1889 - Wiesbaden : Kunze
84 Zweiter Abschnitt. Erster Zeitraum. Kämpfe mit Riesen und Ungeheuern. Damals brachte die Erde Riesen hervor, welche durch Größe und Stärke die Menschen weit überragten. Ohne Gefühl für Recht und Billigkeit mißbrauchten sie ihre Stärke zu Gewaltthätigkeiten und verübten viele Frevelthaten. Schon Herakles hatte manchen Unhold dieser Art niedergeschmettert; Theseus wollte jenem Göttersohne an Ruhm nicht nachstehen und hielt den Weg zur See für eine schimpfliche Flucht vor jenen Bösewichten, welche die Landstraße unsicher machten. Darum trat er die Reise zu Land an. Auf seinem Gange traf er zuerst den Riesen Periph^tes, der eine eiserne Keule als Waffe trug, wovon er den Beinamen Keulenträger führte. Theseus erlegte den Riesen, welcher ihn an der Weiterreise hindern wollte, und nahm als Siegeszeichen die erbeutete Keule mit sich. Auf der Landenge von Korinth saß der Fichtenbeuger Sinis; der überfiel die Reisenden, packte sie und band sie mit je einem Fuße an zwei niedergebogene Fichten. Sobald ihm das gelungen war, ließ er die Bäume wieder in die Höhe schnellen und die unglücklichen Opfer in Stücke reißen. Weiter lebte in der Nähe von Megara an einem Felsenpfade unweit des Meeres ein anderer Unhold, Namens Skiron; der zwang die Vorübergehenden, ihm die Füße zu waschen, und schleuderte sie während der Arbeit ins Meer. In der Landschaft Eleusis peinigte ein gewisser Pro-krüstes die Wanderer durch seine Betten auf empörende Weise. Er legte nämlich die kleinen in ein großes Bettgestell und renkte ihnen die Glieder durch eine Art Folter nach der Länge des Bettes aus, bis sie verschieden; die großen aber brachte er in ein kleines Bett und hieb ihnen die über das Gestell hängenden Beine ab, fodaß sie verbluten mußten. Diese Unholde ließ Theseus zur Strafe desselben Todes sterben, den sie selbst schon Tausenden bereitet hatten. Nach diesen Abenteuern kam er nach Athen. Ägeus erkannte seinen Sohn an dem Schwerte und an den Schuhen und freute sich, daß Thefeus bereits so schwere Abenteuer bestanden hatte. Theseus in Athen. In Athen herrschte damals große Trauer. Die Athener hatten nämlich den Sohn des Königs Minos von Kreta meuchlings getötet, weil er alle Bürger in den Wettkämpfen besiegt hatte, und dadurch diesen König zu einem Rachezug gegen die Stadt veranlaßt. Auch die Götter zürnten Athen ob solchen Frevels; es wuchs nichts auf den Feldern, die Quellen vertrockneten, und Seuchen rafften viele Menschen hinweg. Als die Athener in ihrer Not das Orakel um Rat fragten, gebot ihnen dieses, den König Minos unter jeder Bedingung zu versöhnen. Sie fügten sich darum den harten Forderungen des Minos, welcher ihnen auferlegte, neun Jahre lang jährlich 7 Jünglinge und 7 Jungfrauen nach Kreta zu schicken. Schon zwei Jahre hatte Athen diesen traurigen Tribut von blühenden Söhnen und Töchtern gestellt und dieselben nicht wiedergesehen. Sie waren nämlich in Kreta in das Labyrinth gebracht worden, ein Gebäude voller Jrrgänge, ans dem niemand den Rückweg fand. Dort hauste der Minota uros, ein Ungeheuer, halb Mensch, halb Tier, das sie erwürgte und verzehrte. Als die abzusendenden Kinder nun wieder ausgelost wurden, bot sich Theseus freiwillig als Opfer an, fest entschlossen, feine Vaterstadt auf immer von diesem Jammer zu befreien. Ägeus trauerte, daß er seinen Sohn so bald wieder verlieren sollte; allein Theseus tröstete ihn und teilte ihm sein Vorhaben

5. Geschichte des Altertums - S. 86

1889 - Wiesbaden : Kunze
86 Zweiter Abschnitt. Erster Zeitraum. 3. Der thebanische Sagenkreis. Fern von Griechenland, in Phönizien, regierte einmal ein König, Namens Ag^nor; der hatte zwei Kinder, die Europa und den Kadmos, welche beide ein seltsames Schicksal erfuhren. Zeus raubt Europa. Zeus, der Herrscher der Götter, begab sich einst in Gestalt eines weißen Stieres an das Meeresgestade, wo Europa mit ihren Frauen wandelte. Das junge Mädchen sprang herzu, das herrliche Tier zu bewundern, und war so dreist, sich auf den Rücken desselben zu setzen. Dieses sprang aber auf, trug das Mädchen dem Meere zu und stürzte sich mit solcher Geschwindigkeit hinein, daß jeglicher Hilferuf vergeblich war. Der Stier trug seine Beute nach der Insel Kreta und nahm hier seine göttliche Gestalt wieder an. Kadmos gründet Theben. Europas Vater Agenor war in Verzweiflung über den Verlust seines teuren Kindes und erteilte seinem Sohne Kadmos den Auftrag, Europa in der ganzen weiten Welt zu suchen und nicht heimzukehren, bis er sie gefunden hätte. Kadmos reifte ab; aber alle seine Nachforschungen nach feiner Schwester waren vergeblich. Da er nun zu seinem Vater nicht mehr zurückkehren durfte, so fragte er das Orakel um Rat, wo er sich niederlassen und eine neue Heimat gründen solle. Er erhielt den Befehl, an dem Orte eine Stadt zu erbauen, zu welchem ein Stier ihn hinleite. Kadmos gehorchte und baute Theben in Böotien. Die Sage berichtet weiter, seine Gefährten hätten an einer Quelle Wasser schöpfen wollen, seien aber von einem Drachen verschlungen worden. Kadmos habe hierauf ihren Tod gerächt, das Ungeheuer erlegt und auf den Rat der Athene die Zähne desselben in ein naheliegendes Feld gefäet. Aus dieser seltsamen Saat seien bewaffnete Männer hervorgegangen, welche anfangs den Kadmos angegriffen, dann aber ihre Schwerter gegen sich selbst gewandt und sich bis auf 5 getötet hätten. Diese sollen ihm geholfen haben, die neue Stadt zu gründen. Kadmos führte in Griechenland phönizischen Gottesdienst und den Gebrauch der Buchstaben ein. Da ihm aber das Orakel mitgeteilt hatte, daß seinen Nachkommen die größten Unglücksfälle bevorstünden, so verbannte er sich selbst ans Theben und zog nach Jllyrien, wo er und seine Gemahlin Harmonia in Schlangen verwandelt wurden. Unter den Nachkommen des Kadmos ist das Geschick des Königs Lai'os und seiner Familie das traurigste und gab den Dichtern des Altertums reichen Stoff zu Trauerspielen. König La'i'os und Jokäste. Dem König Laios hatte das Orakel geweissagt, der Sohn seiner Gemahlin Jokäste (Epikaste) werde ihm Thron und Leben rauben. Aus Furcht gab er darum seinen Sohn einem Hirten und gebot demselben, dem Knäblein die Knöchel zu durchstechen und es an einen Baum aufzuhängen. Der Hirte empfand aber Mitleid mit dem zarten Kinde und gab es einem Dritten; dieser brachte es nach Korinth, wo das königliche Ehepaar, welches kinderlos war, Elternstelle an dem Unglücklichen vertrat und den Knaben großzog. Man nannte den Kleinen zum Andenken an die Narben, welche an feinen Füßen zurückgeblieben waren, Ödipus d. h. Schwellfuß. Ödipus wuchs am Hose des korinthischen Königs Polybos kräftig

6. Vorderasien und Griechenland - S. 57

1874 - Leipzig : Teubner
— bl — 4. Nicht lange nach seiner Knechtschaft in Lydien zog Herakles nach Kalydon in Aetolien zu dem gastlichen König Oinens, um dessen schöne Tochter De'ianeira zu freien. Die Jungftan hatte noch einen andern Bewerber, den benachbarten Flnßgott Acheloos, der zu ihrem Schrecken oft in Gestalt eines Stieres in ihr Hans kam. In einem furchtbaren Zweikampf, in welchem der Flußgott sich in allerlei Gestalten verwandelte, rang Herakles sie dem Gegner ab. Als Gemahl der De'ianeira blieb er längere Zeit in dem Hause des Oineus, bis ein unvorsätzlicher Mord ihn zwang, das Land zu verlassen. Er zog mit seinem Weibe nach Trachis zu seinem Freunde Keyx. Als er unterwegs über den Fluß Euenos setzte, ließ er sein Weib von dem Kentauren Nessos auf feinem breiten Rücken hinübertragen. Die Kentauren hatten nämlich vorn einen Menschenleib und endeten nach hinten in den Leib eines Rosses. Als Nessos am andern Ufer war, wollte er mit seiner Last davonsliehn; aber Herakles schickte ihm seinen sicheren Pfeil nach und tödtete ihn. Sterbend noch rieth der Kentaur der De'ianeira, das an dem vergifteten Pfeil geronnene Blut als Liebeszauber aufzubewahren für den Fall, daß Herakles feine Liebe einer Andern zuwenden würde. Während Herakles in Trachis wohnte, unternahm er einen Rachezug gegen Enrhtos. Er eroberte und zerstörte Lichnlm, erschlug den Enrytos und seine Söhne und nahm die Jole als Gefangene mit sich. Als er sie nach Trachis vorausschickte und De'ianeira ihre Schönheit sah, befürchtete diese, daß Herakles sie selbst verstoßen und seine Liebe der Jole zuwenden möchte. Sie sandte ihm daher, um seine Siebe an sich zu fesseln, ein mit dem vermeintlichen, von Nessos empfangenen Liebeszauber getränktes Festgewand. Mit diesem bekleidet, wollte Herakles dem Zeus aus dem euböischen Vorgebirge Keuaiou ein Siegesopfer darbringen; aber kaum war das in dem Kleide sitzende Gift an feinem Körper warm geworden, so drang es verzehrend in seine Glieder, daß er von den schrecklichsten Schmerzen gequält ward. In der Wuth des Schmerzes schleuderte er den

7. Vorderasien und Griechenland - S. 94

1874 - Leipzig : Teubner
- 94 — trug. Sie lag mit ihrem Leib in der weiten Höhle eines himmelhohen glatten Felsen, während sie ihre Häupter aus dem Schlunde hervorreckte und schnappend nach Seehunden und Delphinen und andern Thieren der See fischte. Ihr gegenüber, einen Pfeilschuß weit, lag ein niederer Fels, aus dem ein wilder Feigenbaum stand. Unter dem Baume war ein furchtbarer Wasserschlund, die Charybdis, welcher dreimal jeden Tages die Fluth in seine Tiefe eiufchlürfte und wieder ausspie. Während nun Odysseus und seine Leute voll Angst nach dem schrecklichen Strudel hinschauten und unvermerkt zu weit nach der andern Seite hinüberlenkten, raffte plötzlich die Skylla mit ihren Schlangenköpfen sechs Männer ans dem Schiffe empor, um die Jammernden und Hülferufenden vor ihrer Höhle zu zermalmen und zu verschlingen. Das Schiff eilte aus dem Bereiche des Unheils und kam nach nicht langer Zeit in die Nähe der Insel Thrinakia. Odysseus hörte das Brüllen der Rinder des Helios und gedachte der Warnung des Teiresias; er forderte feine Leute auf vorüberzufahren; die aber verlangten, daß sie nur auf kurze Zeit landeten, um von dem ermüdenden Rudern ausruhen zu können. Er mußte nachgeben, ließ sich aber einen heiligen Eid schwören, daß keiner auf der Insel ein Rind des Helios todten wolle. Sie landeten und labten sich an Speise und Trank. Als sie aber wieder der Abfahrt gedachten, da erhob sich ein furchtbarer Sturm, daß sie nicht in See gehen konnten, und der widrige Wind toehete einen ganzen Monat. Zuletzt gingen ihnen die Speisen aus, die sie im Schiffe hatten, und nun irrten sie auf der Jufel umher und fingen sich Fische und Vögel und was ihnen sonst vorkam; aber an die heiligen Rinder wagten sie sich nicht. Als jedoch eines Tages Odysseus sich von seinen Gefährten entfernt hatte, ließen sie sich, von Hunger gequält, durch einen aus ihrer Mitte verführen, daß sie die schönsten der Rinder ergriffen und opferten. Sie hofften durch Opfer und Gelübde die Götter zu versöhnen, und sollten die Götter auch unversöhnlich zürnen, so sei es doch besser, dachten sie, mit einem Mal in den Wellen

8. Vorderasien und Griechenland - S. 100

1874 - Leipzig : Teubner
— 100 — und Fuß über die Schwelle, daß dir die Haut von den Gliedern geht." Schon ging es gegen Abend, da kam aus der Stadt der Bettler Jros, eilte lange kraftlose Gestalt, aber ein unersättlicher Fresser, der von den Freiern die Erlaubniß hatte, täglich bei ihnen zu essen. Als der den fremden Bettler sah, ward er eifersüchtig und wollte ihn aus dem Hause weisen. Es entspann sich zwischen beiden ein drohender Wortwechsel. Die Freier hatten ihr Ergötzen daran, und als nun Autinoos den Vorschlag machte, sie wollten die beiden Bettler mit einander kämpfen lassen, und wer obsiege, der solle in Zukunft allein bei ihnen essen, da nahmen sie alle jubelnd den Vorschlag an. So traten denn die beiden einander zum Kampfe entgegen. Als Odysseus seine Lumpen gürtete, bewunderten die Freier seine nervigen Schenkel und Arme, die breiten Schultern und die starke Brust; dem Jros aber ward es übel zu Muthe, daß er an allen Gliedern zitterte. Beide Kämpfer erhoben jetzt die Arme zum Schlag; Jros traf mit schwacher Kraft den Odysseus auf die Schulter, Odysseus aber versetzte ihm einen Schlag an denhals unterm Ohr, daß ihm die Knochen entzwei gingen und ein dunkler Blutstrom aus dem Munde schoß. Mit einem Schrei fiel er nieder und wand sich zappelnd und mit den Zähnen knirschend am Boden. Unter unbändigem Gelächter der Freier zog ihn Odysseus am Fuße aus dem Saal. So hatte sich Odysseus die Stelle eines Bettlers in seinem Hause erkämpft, und als nun der Abend kam und die Mägde auf drei Herden im Saale das Feuer anzündeten, übernahm er das Geschäft, die Flammen zu unterhalten. Spät am Abend, nachdem die Freier auseinander gegangen, trugen noch Odysseus und Telemachos alle Waffen aus dem Saale, damit in der Entscheidungsstunde die Freier-sie nicht benutzen könnten. Dann hatte Odysseus in dem großen Saale noch eine Zusammenkunft mit Penelope, die jeden Fremden nach ihrem Gatten ausforschte. Er erzählte ihr, daß er noch jüngst den Odysseus in Epiros gesehen, und schwor ihr einen Eid, daß er noch in diesem Jahre im lausenden

9. Vorderasien und Griechenland - S. 101

1874 - Leipzig : Teubner
— 101 — Monat oder im nächsten heimkehren werde. Darauf befahl sie den Mägden, dem Fremden die Füße zu waschen und ihm ein warmes Lager in der Vorhalle zu bereiten. Odysseus verbat sich ein weiches Lager und ließ sich von der eilten Schassnerin Eurykleia die Füße waschen. Diese hatte ihn als Kind schon gepflegt und hatte ihm bis auf den heutigen Tag mütterliche Liebe bewahrt. Während des Waschens erkannte sie den geliebten Herrn an einer Narbe überm Knie, welche ihm in der Jugend der Zahn eines Ebers geschlagen, und sie wollte es der abseits sitzenden Penelope frohlockend zurufen; aber Odysseus faßte sie rasch au der Kehle und beschwor sie, zu schweigen. Am folgenden Tage, einem Festtage des Apollon, mußte Penelope sich versprochener Maßen über die Wahl eines neuen Gatten entscheiden. Sie hatte versprochen, dem ihre Hand zu reichen, der den Bogen des Odysseus spannen und damit durch die Oehre von 12 Aexten schießen werde. Odysseus hatte das oft zur Unterhaltung gethan; von den Freiern aber, das wußte sie, vermochte keiner den starken Bogen zu spauueu und das Meisterstück auszuführen. Des Morgens hatten sich die Freier wie gewöhnlich eingestellt, und sie schmausten und zechten in der alten Weise; Odysseus saß an der Thür auf einem schlechten Stuhle und aß und trank, was Telemachos ihm bringen ließ. Da erfrechte sich einer der Freier, mit einem Kuhfuß, den er aus einem nahestehenden Korbe genommen, unter höhnischen Worten nach ihm zu werfen. Telemachos erhob sich voll Zorn und drohte dem Frechen und verbot den Freiern mit ernsten Worten, sich irgend eine Ungebühr in seinem Hanse zu erlauben. Da brachen alle, von Athene in ihrem Sinne verwirrt, in ein unbändiges Gelächter aus. Ihre Mienen verzerrten sich, sie aßen blutbesudeltes Fleisch, und ihre Augen süllteu sich mit Thränen; denn ihr Herz versank plötzlich in tiefen Jammer. Nachdem die Freier noch weiteren Unfug getrieben, kam Penelope mit dem Bogen und Köcher ihres Gemahles in den Saal, die Mägde trugen ihr in einem Korbe die Aexte nach. Sieforderte die Freier zu dem Wettkämpf auf, und Telemachos

10. Vorderasien und Griechenland - S. 103

1874 - Leipzig : Teubner
— 103 - wieder in Händen hatte; er drehte ihn nach allen Seiten um und untersuchte ihn sachverständig, während die Freier ihm verwundert zusahen. Dann spannte er ihn ohne Mühe, wie der Sänger die Saiten seiner Laute, und prüfte mit der Rechten die Spannung der Sehne. Sie erklang hell, wie die Stimme einer Schwalbe, und Schrecken durchzuckte die Freier, ihre Gesichter wurden blaß. Ein lauter Donner vom Himmel erklang. Das war für Odysseus ein freudiges Zeichen; schnell faßt er den Pfeil, zieht die Sehne, und der Meisterschuß ist gethan, der Pfeil ist durch die zwöls Aexte geflogen. „Tele-machos", ruft der Schütze, „dein Gast hat dir in deinem Hause keine Schande gebracht. Noch ist meine Kraft ungeschwächt, so fehr auch die Freier mich verhöhuteu. Jetzt aber wollen wir den Freiern den Abendschmaus geben noch bei Hellem Tage." Aus einen Wink des Vaters warf jetzt Tele-machos fein Schwert um, ergriff die Lauze und stellte sich gewappnet ihm zur Seite. Odysseus aber wars seine Lumpen ab, sprang mit Bogen und Köcher auf die hohe Schwelle des Saales, fchüttete die Pfeile vor feinen Füßen aus und rief mit furchtbarer Stimme den Freiern zu: „Der erste Wettkampf ist vollbracht; jetzt will ich ein andres Ziel mir ersehn; Apollon, der Schütze, wird mir den Sieg verleihn!" Und er schnellte dem Antinoos, der eben den Becher zum Munde hob, den Pfeil durch die Gurgel, daß er zappelnd zu Boden stürzte. Die Freier sprangen erschreckt auf und suchten an den Wänden nach Waffen; sie waren verschwunden. Tobend drohten sie dem Fremdling den Tod; er aber schaute sie finster an und rief: „Ihr Hunde, ihr meintet, ich käme nimmer zurück; drum verfchwelgtet ihr mein Gut, verführtet mein Gesinde, warbt bei meinem Leben um mein Weib, ohne Scheu vor Göttern und Menschen; jetzt ist euch allen die Stunde des Todes gekommen!" Bei diesen Worten erbebten die Freier, und sie baten um Schonung; als sie aber sahen, daß keine Gnade zu erwarten, zogen sie ihre Schwerter und drangen, indem sie die kleinen Tische als Schilde vorhielten, auf Odyffeus ein, welchem Telemachos, Enmaios und Philoitios, mit Schild und Lauze bewaffnet, beistanden. Athene, die in Gestalt des
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