68
Rußland ist. Die Pelen zeichnen sich durch Vaterlandsliebe, Tapferkeit,
militärisches Talent, Gelehrigkeit und Lebhaftigkeit aus. Während die
niedern Volksklassen als unreinlich, trunken und servil geschildert wer-
den, erscheinen die Vornehmen fein, nüchtern, höflich und sehr stolz. Die
Polen bekennen sich zur römisch-katholischen Kirche. Polnische Ordnung
auf den ehemaligen Reichstagen ist sprichwörtlich geworden.
Warschau, 170,000 E. (10,000 Juden), Univers., Residenz des Statt-
halters. Festung und Vorstadt Praga an der Weichsel. Kalisch, 12,600 E.
und Ljubliu, 19,000 E. Ostrolenka. Wallfahrtsort Czenstochau an der
Warthe.
8 54.
Das Königreich Schweden «nd Norwegen.
(13,830 Q.-M., 5,703,000 Einw.)
Schweden und Norwegen bildeten vom Jahre 1397 bis 1524 mit
Dänemark ein großes Reich, welches die dänisch-norwegische Königin Marga-
retha durch die in der schwedischen Stadt Calmar geschlossene Union vereint
hatte. 1524 riß sich Schweden von der Union wieder los und ward ein
selbständiges Königreich. Als endlich Schweden 1814 sich zu Napoleons
Gegnern schlug, erhielt es als Preis für seinen Beistand das Land Norwegen,
welches den mit Frankreich verbündeten Dänen durch den erwählten Kron-
prinzen von Schweden, den vormaligen französischen Marschall Bernadotte,
entrissen wurde. Seitdem bilden die beiden Königreiche eine gemeinschaftliche
Monarchie, jedes hat aber seine eigene Verfassung und Verwaltung. Die
Finanzen befinden sich in einem günstigen Zustande.
In Schweden ist der König durch einen Reichstag eingeschränkt, welcher
sich in jedem fünften Jahre versammelt. In Norwegen genießt das Volk
größere Vorrechte, als die Schweden haben. Das Volk wählt nämlich eine
Versammlung von 75 bis 100 Mitgliedern, den Storthing, welcher alle
3 Jahre ohne besondere Berufung auf drei Monate in Christiania zusammen-
tritt. Diese Versammlung theilt sich in 2 Kammern; haben diese einen
Gesetzes-Vorschlag berathen und angenommen, so bedarf derselbe noch der
Bestätigung des Königs, welcher ihn jedoch auch verwerfen kann. Wird aber
derselbe Vorschlag von den beiden folgenden Storthings erneuert, so muß er
Gesetzeskraft erhalten. Beide Reichstage haben die Steuern festzusetzen.
Die Schweden und Norweger sind deutschen Stammes, und bilden den
Kern der Landesbevölkerung; im diorden wohnen Finnen und Lappländer.
Die herrschende Religion ist die lutherische; die Lappen sind zum Theil noch
Heiden. Für das Volksschulwesen ist so gut gesorgt, daß man unter den
Schweden und Norwegern wohl selten Jemand findet, der nicht schreiben und
lesen kann. In Norwegen muß Jeder, der confirmirt werden soll, lesen
können, Jeder, der heirathen will, confirmirt sein, und wer im 20. Jahre
nicht confirmirt ist, kann gewaltsam im Zuchthause angehalten^werden, das
zur Confirmation Erforderliche zu leruen. Während aber die Schweden und
Norweger durch ihre Bildung und geistige Kraft eine hervorragende Stellung
Kitter den Earopäern einnehmen, stehen die Lappen und Finnen noch auf einer
niedern Culturstufe. Die Lappen sind insbesondere Nomaden, welche mit
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
290
Meister. Zur Erhaltung des Friedens und der Verfassung besteht noch eine
dritte Staatsgewalt, das Bundesgericht, welches vom Kongreß und Präsi-
denten unabhängig ist und über die Verfassungsmäßigkeit der gefaßten Be-
schlüsse, Gesetze, über Streitigkeiten zwischen Unionsstaaten rc. entscheidet.
Die Mitglieder des Gerichts ernennt der Präsident mit Zuziehung des Se-
nats auf Lebenszeit. Ein stehendes Heer von 10,000 Mann dient nur
dazu, die Cadres der verschiedenen Regimenter im Falle eines Krieges zu
bilden; dagegen umfaßt die Miliz alle Bürger vom 18. bis 45. Lebensjahr
mit Ausnahme der Lehrer, Geistlichen, Richter, Advokaten und Matrosen,
und zählt 2 Mill. Mann. Die Marine zählt ohne die Handelsschiffe über
100 größere und kleinere Kriegsjahrzeuge, welche theils in Häfen der Union,
theils in Brasilien, theils im Mittelmeere, theils im chinesischen Meere
stationirt sind.
In kirchlicher Beziehung herrscht in der Union die unbeschränkteste
Freiheit. Die politischen Rechte sind durchaus unabhängig vom religiösen
Glaubensbekenntniß, da der Staat über die unzähligen Religionsparteien das
Oberaufsichtsrecht nicht in Anspruch nimmt und den Gemeinden die Er-
bauung der Kirchen und die Anstellung und Besoldumg der Geistlichen ganz
überläßt. Im Allgemeinen ist das amerikanische Volk trotz der unbeschränk-
ten Religionsfreiheit sehr religiös. Die Zahl der kirchlichen Sekten wächst
mit jedem Jahre; besondere Erwähnung verdienen hier von denselben die
Mormonen, welche seit 1850 das neue Territorium von Utah bewohnen.
Die Mormonen behaupten, die Gründer und Leiter ihrer Kirche hätten von
Gott die Sehergabe empfangen, und seien im Besitze neuer Offenbarungen,
wodurch das alte und neue Testament vervollständigt und die Absichten
Gottes für die gegenwärtige Welt geoffenbart würden. Sie glauben, die
Wiedererscheinung Christi sei nahe; sie nennen sich die Heiligen der Gegen- _
wart und geben vor, allein über den Inhalt des alten und neuen Bundes
erleuchtet zu sein. Sie ordnen darnach ihre Sitten und Gebräuche, billigen
die Vielweiberei und lehren die Gemeinschaft der irdischen Güter. Durch
diese Lehren sind sie schon oft mit den Regierungen in Konflikt gekommen,
und werden ohne Zweifel noch ernstere Händel anfangen', da sie mit Hülfe
bekehrter Indianer die Geldaristokratie der Union, ihre Todfeinde, vernichten
wollen. Ihre Apostel reisen mit Traktätlein und Zeitungen bereits in Europa
umher, um neue Anhänger zu gewinnen; leider ist ihnen dies gelungen.
I. Neu-England.
1. Mailie^ der nordöstlichste Staat der Union, erhebt sich terassenförmig
von S. nach R. Die zerrissenen, felsigen Küsten gleichen denen von Nor-
wegen. Das Klima ist streng und der Winter lang; trotz der häufigen
Nebel ist die Luft gesund. Die bedeutenden Wälder, Weiden und Eisen-
gruben machen die Ausfuhr zu einer ansehnlichen. Die Regierung ist in
Augusta (9000 E.). Wichtiger ist der Hafenplatz Portland (28,000 E.).
2. Nru-Hampkhire ist größtenteils eben, hat ein heiteres und bestän-
diges, aber kaltes und rauhes Klima. Landwirthschast, Industrie und Handel
nährt die Bewohner, welche dicht bei einander wohnen. Deutsche Einwanderer
wenden sich wegen des vorherrschenden Anglicismus nie hierher. Regierungssitz
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Gott Christi Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Brasilien Utah Gottes Europa Neu-England Augusta Hafenplatz_Portland
78
S 58.
Der norddeutsche Bund von 1866.
Zwischen den beiden Großstaaten des deutschen Bundes, zwischen Oester-
reich und Preußen, bestanden von Ansang an ziemlich ungünstige Verhält-
nisse, da jeder derselben nach der Herrschaft in Deutschland strebte. Preußen,
als echt deutscher Staat, hielt sich dazu vorzugsweise berufen; Oesterreich
dagegen glaubte seine ganze staatliche Existenz bedroht, wenn es die Ober-
herrschaft in Deutschland einbüßte. In dem Kriege um Schleswig-Holstein
gegen Dänemark (1863 und 1864) gingen beide Staaten zwar nochmals
Hand in Hand mit einander; die gemeinsame Verwaltung der glücklich er-
oberten Herzogthümer entzweite sie jedoch und ließ die alte gegenseitige Ab-
neigung deutlich wieder zu Tage treten und endlich zum Ausbruch kommen.
Beschlüsse, welche der Bundestag auf Veranlassung Oesterreichs am 15. Juni
1866 gegen Preußen faßte, nöthigten letzteren Staat, aus dem Bunde zu
treten und diesen selbst für erloschen zu erklären.
Preußen drang nun aus Berufung eines deutschen Parlaments, und
kam damit lange gehegten Wünschen des deutschen Volkes entgegen. In
seinen: Statut-Entwurse für dasselbe forderte es Ausschluß Oesterreichs aus
Deutschland. Die Folge hiervon war der Ausbruch eines Krieges zwischen
Preußen und Oesterreich, in welchem Letzteres in wenig Wochen im eigenen
Lande so total geschlagen wurde, daß es Frieden schließen (23. Aug. 1866
zu Prag) und in Folge dessen zugleich Venetien an das mit Preußen ver-
bündete Italien abtreten mußte.
Preußen ist durch diesen Sieg nicht nur in den vollen Besitz von
Schleswig-Holstein gekommen, sondern hat auch das Königreich Hannover,
das Kurfürstentb um Hessen, das Herzogthum Nassau, einen Theil des Groß-
herzogthums Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., deren Regierungen ihm
in dem Kriege mit Oesterreich feindlich entgegentraten, erworben.
Die norddeutschen Fürsten sind der Aufforderung Preußens, mit ihm
einen norddeutschen Bund zu bilden, nachgekommen, während die süd-
deutschen, nämlich Baiern, Württemberg und Baden, noch für sich dastehen.
Das Verlangen der Völker ist jedoch auf die Vereinigung Süddeutschlands
mit Norddeutschland zu einem einzigen deutschen Bunde gerichtet, da sie die
Ueberzeugung haben, daß nur aus der Vereinigung Heil für Alle erwächst.
Die Zeit, wo ein deutscher Bund, in dem Preußen die militärische und
diplomatische Führung hat, sich bilden wird, ist gewiß nicht mehr fern, und
ist er gestiftet, dann werden auch die deutschen Länder Oesterreichs wieder
in ein freundliches Verhältniß zu demselben treten können.
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Extrahierte Ortsnamen: Oester- Deutschland Oesterreich Deutschland Schleswig-Holstein Oesterreichs Oesterreichs Deutschland Oesterreich Italien Schleswig-Holstein Hannover Hessen Hessen Frankfurt_a._M. Oesterreich Baiern Württemberg Baden Norddeutschland Oesterreichs
82
ihrer Dienstzeit oft noch besonderen Schulunterricht. Die ausgediente Mann-
schaft wird der Landwehr eingereihet. So ist Preußen „das Volk in Waffen"
geworden. Seine Kriegsmittel übertreffen an Vollkommenheit die aller an-
dern Völker. Der preußische Krieger ist menschlich, weil er gebildet ist.
Die preußische Handels- und Kriegsmarine hat in den letzten Jahrzehnten
einen bedeutenden Aufschwung genommen und besitzt jetzt in der Nord- und
Ostsee auch vortreffliche Häfen.
Preußen ist eine in männlicher Linie des Hauses Hohenzollern erbliche
constitutionelle Monarchie. Am 5. December 1848 gab Friedrich Wil-
helm Iv. seinem Lande eine constitutionelle Verfaffung, welche am 31. Jan.
1850 nach erfolgter Berathung in den beiden Kammern endgültig festgestellt
worden ist. Nach derselben steht dem Könige allein die vollziehende Gewalt
zu. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und
die beiden Kammern, das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten,
ausgeübt. Das Herrenhaus besteht aus den volljährigen Prinzen des könig-
lichen Hauses, den vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Herrn, aus
Mitgliedern der großen Grundbesitzer, der großen Städte und der Universi-
täten, denen persönlich oder erblich das Recht verliehen ist, im Herrenhause
zu sitzen. Das Haus der Abgeordneten besteht aus 352 aus indirecter
Wahl hervorgegangenen Mitgliedern.
Eintheilung.
Bis zum Jahre 1866 zerfiel der preußische Staat in die 8 Provinzen:
Preußen, Posen, Schlesien, Pommern, Brandenburg, Sachsen, Westfalen und
die Rheinlande. Jede dieser Provinzen ist in Regierungsbezirke eingetheilt,
jeder Regierungsbezirk in Kreise. An der Spitze jeder Provinz steht ein
Oberpräsident, an der eines Regierungsbezirkes ein Präsident, an der eines
Kreises ein Landrath. Ueber die Benennung und Eintheilung der neu erwor-
benen Landestheile fehlen jetzt noch die Bestimmungen; wir führen sie daher
vorläufig als Provinzen mit ihren bisherigen Namen und Eintheilungen auf.
1. Die Provinz Preußen.
(1179 Q.-M. und 3,015,000 Einwohner.)
Sie bildet den östlichsten Theil des Staates wie überhaupt Deutschlands,
wird im Osten und Süden von Rußland (Litthauen und Polen) begrenzt,
im Norden von der Ostsee. Von größeren Flüssen gehört der Provinz der
Pregel ganz an, von der Memel und Weichsel nur der Unterlauf. Etwa
der dritte Theil des Bodens wird durch einen unfruchtbaren sandigen Land-
rücken gebildet, der übrige Theil desselben ist dagegen sehr fruchtbar und
erzeugt neben großen Waldungen und fetten Wiesen eine Fülle von Weizen,
Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen und Kartoffeln, begünstigt daher auch die Vieh-
zucht in hohem Grade, namentlich die des Pferdes und Rindes. Die
Mehrzahl der Bewohner beschäftigt sich darum auch mit Ackerbau und Vieh-
zucht. Der Handel blüht in Danzig, Königsberg und Memel. Die ursprüng-
liche Bevölkerung besteht aus Litthauern, Slaven, Masuren und Kassuben;
die Deutschen, die jetzt 2/3 der Bewohner ausmachen, sind nach und nach
eingewandert.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wil- Friedrich Jan
115
Innern, 3) die romanische in Graubündten, welche wiederum 4 Dialekte
hat, 4) die italienische in Tessin und den südlichen Thalschaften von Bündten.
Der Religion nach sind drei Fünftel der Bevölkerung Glieder der evange-
lischen, zwei Fünftel dagegen Anhänger der römisch-katholischen Kirche. Juden
leben 2000 in der Schweiz.
Die schweizerische Industrie ist sehr bedeutend und im Ausland wohl
angesehen. Die Baumwollenmanufakturen von Glarus, die Spitzen von
Neuenburg, die seidenen Waaren von Zürich, die Baumwollen- und Leinen-
webereien von Appenzell, die Papierfabrikation von Basel, die Gold- und
Silberwaaren von Gens, die Schweizer-Uhren von Genf und Neuenburg
gehen in alle 5 Welttheile und finden wegen ihrer Güte großen und raschen
Absatz. Ebenso sind die Holzschnitzereien des Berner Oberlandes gesuchte
Artikel. Besonders lebhaft ist der Transithandel aus Deutschland nach
Italien über den Splügen und Gt. Gotthardt; Basel, Zürich, St. Gallen, Lu-
zern, Neuenburg, Bern, Genf und Chur sind die Haupthandelsplätze der Schweiz.
Eine besondere Eigenthümlichkeit der Schweizer besteht darin, daß sie
des Verdienstes willen ihre Heimath auf längere oder kürzere Zeit verlassen
und später mit dem Erwerbe in die Heimath zurückkehren. So wandern
namentlich aus Tessin jedes Frühjahr Tausende von Männern und Jüng-
lingen nach Italien oder Tyrol, und erwerben sich daselbst als Glaser,
Maurer, Tagelöhner oder Handlanger so viel Geld, daß sie den Winter
von dem Ersparten sich und ihre Familie erhalten können. Besondere Be-
rühmtheit haben von diesen wandernden Schweizern die Graubündtner Zucker-
bäcker erhalten, deren „Schweizer-Conditoreien" in allen größeren Haupt-
städten Europas wohl besucht sind. Ebenso werden Erzieher und Erzieherin-
nen aus den Kantonen Genf, Waadt, Neuenburg und Freiburg aller Orten
geschätzt. Wiederum treten Andere in römische oder neapolitanische Kriegs-
dienste, in welche man die Schweizer wegen ihrer Treue und Tapferkeit
immer gern aufgenommen hat, und erwerben sich daselbst für die alten Tage
ausreichende Pensionen neben der Erfahrung im Kriegshandwerk. Aber Allen
bleibt in der Ferne eine Liebe und Anhänglichkeit zum Vaterland und zur
Heimath, welche sich bei allen Gelegenheiten durch Wort und That frisch
und kräftig erzeigt.
Die schweizerische Eidgenossenschaft besteht aus 22 Kantonen, von denen
jeder souverain ist, und von denen drei wieder in 2 selbständige Landestheile
zerfallen, Unterwalden (in Ob- und Nidwalden), Appenzell (Außer- und
Innerrhoden) und Basel (Basel-Stadt und Basel-Land). An der Spitze
der Gesammtheit steht der Bundesrath, welcher aus 7 Mitgliedern besteht,
und die Beschlüsse des Stände- und Nationalraths auszuführen hat. Seine
Amtsdauer erstreckt sich auf drei Jahre. Der Ständerath besteht aus 44
Abgeordneten der Kantone; jeder Kanton schickt 2 Ständeräthe nach Bern;
in den getrennten Kantonen sendet jeder Landestheil ein Mitglied ab. Der
Nationalrath besteht aus den Abgeordneten des Volkes. Je 20,000 Einwoh-
ner oder eine Bruchzahl über 10,000 wählen ein Mitglied. Soll ein Gesetz
oder Vorschlag zum Bundesgesetz erhoben werden, so müssen beide Räthe
ihre Zustimmung ertheilen. Bundessitz in der Schweiz ist Bern.
Jeder Kanton der Schweiz ist souverain, d. h. er ordnet seine inneren
Angelegenheiten selbständig. Die Spitze eines jeden Kantons bildet das
8*
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
— 60 -
Amerika 74 Millionen.
Australien 3 zji „
so vertheilt sie sich auf die einzelnen Religionen also:
Christen 370 Millionen.
Juden 7
Muhamedaner 75
Heiden 500
8 51.
Die staatlichen Cinrichtnngen der Völker.
Die Menschen leben gern in größern geselligen Vereinen bei einander,
und bilden auf diese Art große Familien. Sowie diese eines Hauptes be-
darf, welches die Angelegenheiten des Hauses leitet, ordnet und die Schwä-
chern schützt, so bedarf auch die Familie der Erwachsenen irgend eines Vor-
standes, welcher die Interessen dieser Körperschaft in allen Verhältnissen ver-
tritt. Wo mehrere Familien nun zu einer größern Vereinigung zusammen-
treten, entsteht eine Gemeinde, welche je nach Verhältniß der Größe oder
Lage ein Dorf, einen Flecken oder eine Stadt bewohnt. Viele Gemeinden,
welche zu einem Ganzen unter gemeinschaftlicher Leitung, Verwaltung und
Gesetzgebung vereinigt sind, bilden einen Staat. Dieser führt nach seinem
Umfange und nach der Art der ihn leitenden Regierung verschiedene Namen:
Kaiserthum, Königthum, Großherzogthum, Kurfürstenthum, Herzogthum,
Fürstenthum, Landgrafschaft, Grafschaft, Republik oder Freistaat.
Die Staaten haben entweder eine monarchische, oder eine republikanische
Regierungsform, je nachdem die höchste Gewalt im Staat erblichen Ober-
häuptern, oder wählbaren und von der Regierung nach Verlauf eines be-
stimmten Zeitraums abtretenden Lenkern übertragen ist. Beide Regierungs-
formen spalten sich wiederum in verschiedene besondere Arten, je nach dem
Grade der Macht und der bürgerlichen Stellung der Obern.
Man nennt eine Monarchie unumschränkt oder absolut, wenn der Herr-
scher eines Staates das Recht der Gesetzgebung mit der Ausführung dersel-
den in einer Person vereinigt. Seine Macht ist durch Nichts eingeschränkt,
als durch sein Gewissen, durch das Herkommen und alte bestehende Ge-
bräuche. Gilt aber nur der Wille des Monarchen als höchstes Gesetz, ohne
sich an irgend eine Rücksicht, Gesetz re. zu kehreu, so wird der Herrscher ein
Despot genannt.
Dagegen spricht man von einer eingeschränkten Konstitutionellen) Mo-
narchie, wenn der Wille des Herrschers durch ein Staatsgrundgesetz (Con-
stitution oder Charte), welches die Rechte und Pflichten des Monarchen und
des Volkes darstellt und begrenzt, gebunden ist. Das Wesen einer consti-
tutionellen Monarchie ist in Folgendem enthalten:
An der Spitze des Staates steht ein unverantwortliches Oberhaupt,
dessen Rathgeber, die Minister, dagegen für die Verfassunngsmäßigkeit seiner
Handlungen und staatlichen Anordnungen den Abgeordneten des Volkes (Kam-
mer, Reichstag, Ober- und Unterbaus, Stortbing, Generalftaaten, Cortes)
verantwortlich sind. Darum hat in eineni constitutionellen Staate keine
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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61
Verordnung des Monarchen gesetzliche Gültigkeit, wenn dieselbe nicht von
einem der ernannten Minister mit unterzeichnet oder contrasignirt ist. Der Mo-
narch hat das Recht, seine Staatsräthe oder Minister zu ernennen und zu
entlassen. Die Abgeordneten des Volkes, welche sich gewöhnlich in zwei
Häusern oder Kammern (das Einkammer- und das Zweikammersystem) ver-
sammeln, haben das Recht, das Budget, d. h. den Staatshaushalt, zu prüfen,
die Steuern zu bewilligen, die vom Ministerium vorgelegten Gesetzesentwürfe
zu genehmigen, abzuändern oder zu verwerfen, selbständige Vorschläge und
Anträge vorzubringen, die Verwaltung zu überwachen und eine Verletzung
der Constitution zu ahnden. Die Beschlüsse der Abgeordneten haben ohne
Zustimmung des Monarchen, mit Ausnahme von Strafanträgen und Unter-
suchungen, keine Geltung; der Monarch kann mit andern Worten ein „Veto"
einlegen.
Unterschieden von der constitutionellen Monarchie ist die ständische Ver-
fassung. Diese gibt dem Volke bei den wichtigsten Angelegenheiten kein Recht,
sich im Allgemeinen an der Verwaltung des Staates irgendwie zu betheiligen,
sondern stellt es der Krone oder dem Monarchen anheim, sich in wichtigen
Fällen des Rathes erblicher, nach Ständen erwählter Vertreter zu bedienen.
In einem Freistaat (Republik) wird die Verwaltung vom Volke selbst
oder von gewählten Beamten geübt, welche nach Ablauf einer bestimmten
Amtszeit wieder in das Privatleben zurücktreten. Gewöhnlich steht an der
Spitze eines Freistaates ein verantwortlicher Präsident, wie z. B. in den Ver-
einigten Staaten Nordamerikas. Ein Präsident wird auf eine Reihe von
Jahren vom Volke entweder direct oder indirect gewählt. In der Schweiz
bekleidet ein Bundesrath von 7 Mitgliedern die Präsidentschaft des Frei-
staates. Im Allgemeinen handelt der Präsident und der Bundesrath nicht
selbständig, sondern führt die Beschlüsse der obersten Rathsversammlungen (in
Nordamerika des Senats und der Repräsentantenkammer, in der Schweiz
des Stände- und Nationalraths) aus. Die republikanischen Verfassungen
sind entweder aristokratisch, oder demokratisch, je nachdem die Verwaltung der
Staatsangelegenheiten den Angesehensten, den Reichsten oder Gebildetsten, oder
der Gesammtheit des Volkes übergeben ist. Von der Demokratie ist die
Ochlokratie wohl zu unterscheiden; darunter versteht man die Herrschaft des
Pöbels, der ungebildeten Volksmasse, welche sich der Staatsgewalt bemäch-
tigt hat.
8 52.
Die Völker und Staaten von Europa.
Die Völker von Europa sind unter den Völkern der ganzen Erde die
gebildetsten und mächtigsten. In keinen: andern Erdtheile finden sich so thä-
tige Bewohner, wie in Europa. Ackerbau, Handel, Kunst und Industrie,
insbesondere die Wissenschaften sind nirgends in solcher Blüthe, wie in Europa.
Die vortheilhafte Lage Europa's in der Nähe zweier anderer großen Con-
tinente, die große Entwicklung der Küsten und die vielen Meereseinschnitte
haben das Innere leicht zugänglich gemacht und dem Handel geöffnet.' Europa
herrscht jetzt über die ganze Erde; überall entstehen neue Colonien von Euro-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerikas Nordamerika Europa Europa Europa Europa Europa
128
Gegen Fremde ist der Engländer zurückhaltend, und auf Reisen tritt nament-
lich der weniger gebildete Engländer anmaßend und barsch auf. Nichts ist
ihm gut genug, Alles tadelt er und in Allem tritt die eigene Persönlichkeit,
selbst zum Nachtheil der Mitreisenden, stark hervor. Ein besonderes Wohl-
gefallen haben die Engländer an den Wetten. Besonders stark zeigt sich
diese Neigung bei ihren Lieblingsspielen, dem Wettrennen und den Hahnen-
kämpfen. Das Boxen, der Faustkamps zur Wahrung der persönlichen Ehre,
ist den Engländern eigenthümlich und geschieht nach vorgeschriebenen Regeln.
Besondere Fertigkeit und Ausdauer sucht sich die Jugend im Rudern zu
erwerben.
Die herrschende Kirche ist die anglikanische oder bischöfliche (die engl.
Hochkirche), neben welcher alle übrigen Religionen und Sekten geduldet wer-
den. e/7 der Bevölkerung Irlands bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche.
Für die Volksbildung ist in England im Allgemeinen schlecht gesorgt; viele
Tausende wachsen ganz ohne Unterricht auf. Im Jahre 1844 gab es in
England noch über 1200 Dörfer ohne Schulen. Am besten ist der Volks-
unterricht in Schottland bestellt. Dagegen sind die höheren Lehranstalten
auf gutem Fuße, aber meist Privatunternehmungen ohne die Beaufsichtigung
des Staats. In vielen dieser Pensionsanstalten beschränkt sich der Unterricht
auf Rechnen, Schreiben und Latein; andere Anstalten haben bereits Mathe-
matik und Naturwissenschaften in ihren Lehrplan aufgenommen. Nur die 4
schottischen Universitäten Edinburg, Glasgow, Aberdeen und St. Andrews
sind ähnlich den deutschen eingerichtet; die in Oxford, Cambridge und Dublin
bestehen nur aus einer Anzahl von Anstalten, welche neben dem Unterrichte
den Studirenden auch Kost, Wohnung und Unterhalt bieten und besonderen
Stiftungen ihr Fortbestehen zu danken haben.
Die Verfassung Englands ist eine constitutionell-monarchische. An der
Spitze des Staates steht ein König oder eine Königin, indem die königliche
Würde auch in weiblicher Linie in England erblich ist. Ihm steht einzig
die vollziehende Gewalt zu; die gesetzgebende theilt er mit dem Parlament,
welches aus dem Ober- und Unterhaus besteht. Jenes nennt man auch das
Haus der Lords, dieses das Haus der Gemeinen. Das Oberhaus bilden
die Mitglieder des hohen Adels, die 23 englischen Erzbischöfe und Bischöfe
und 4 aus der Gesammtzahl der irländischen Erzbischöfe und Bischöfe; die
Zahl der Mitglieder des Oberhauses kann vom König zu jeder Zeit ver-
größert werden, weil er die erbliche Würde eines Peers verleihen kann.
Den Vorsitz im Oberhaus führt der Lord-Kanzler. Das Unterhaus ist aus
der direkten Wahl der Grundbesitzer in den Grafschaften, Städten und Flecken
zusammengesetzt. Es sitzen 658 Mitglieder darin. Wählen dürfen alle
Bürger, welche 21 Jahre alt sind, seit 12 Monaten ein liegendes Gut und
ein Einkommen von 10 Pf. Sterling haben oder eine Hausmicthe von glei-
chem Werthe bezahlen. Wählbar sind die englischen Bürger, welche das
21. Jahr zurückgelegt, ein reines Einkommen von 600 Pf. Sterling aus
eigenem Grundbesitz in den Grafschaften, und in den Städten re. eins von
300 Pf. haben; die Geistlichen und Sheriffs sind nicht wählbar. Vorsitzer
des Unterhauses ist der Sprecher; er wird von den Mitgliedern des Unter-
hauses nach der Stimmenmehrheit gewählt und vom König bestätigt. Das
Parlament hat die Staatsverwaltung zu beaufsichtigen, Gesetze zu berath-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester]]
Extrahierte Ortsnamen: Hochkirche Irlands England England Schottland Edinburg Glasgow Aberdeen Oxford Dublin Englands England
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die Scheiche (Prediger), die Chatibs (Vorbeter) und die Derwische (Mönche).
Der Großmufti und die Kadileskier werden oft in den Divan gerufen?)
Die Regierung wird nach dem Palaste des Großveziers, welcher wie
der Großmufti den Titel „Hoheit" "führt, die hohe Pforte genannt, weil sich
in demselben die Ministerien des Innern und Aeußern befinden und ge-
wöhnlich der Divan darin versammelt wird.
Die unmittelbaren Länder des osmanischen Reichs werden von einem
Mutessarif oder Generalgouverneur verwaltet, der je nach der Größe seines
Fürstenthums ein Pascha von 2 oder 3 Roßschweifen*) **) ist. Er hat unum-
schränkte Gewalt, weil er eigentlich nicht beaufsichtigt wird. Jede Provinz
muß zur Bestreitung des Staatshaushaltes jährliche Steuern entrichten.
Diese erheben aber nicht die Statthalter, sondern verpachten sie an die meist-
bietenden Pächter, welche dann die Steuererhebung ausführen und argen Miß-
brauch treiben. Man unterscheidet 4 Hauptklasscn der Bevölkerung: 1) die Mu-
hamedaner oder Moslemins; nur sie haben Zutritt zu allen Staatsämtern;
2) die Rajah's oder Ungläubigen (Christen, Juden rc.); sie zahlen Kopfsteuer,
haben keine politischen Rechte und wenig Schutz, können kein Grundeigenthum
erwerben und vor Gericht nicht zeugen; die Sklaven sind entweder Christen,
Juden oder Heiden. Kein Muselmann kann zum Sklaven gemacht wer-
den; mit dem Uebertritt zum Islam wird jeder Sklave frei; 3) die Franken;
darunter versteht man alle christlichen Fremdlinge im türkischen Reiche. Sie
stehen nicht unter türkischer Botmäßigkeit, sondern unter der ihres eigenen
Vaterlandes, welches seinen Gesandten in Konstantinopel oder seine Consuln
in Smyrna oder einer anderen Stadt hat.
Die Türken haben im Ganzen ihre asiatischen Sitten und Gebräuche
beibehalten. Als Bekenner des Islam sind die Türken von geistigen An-
strengungen keine Freunde, und haben daher in Kunst und Wissenschaft keiner-
lei Fortschritte gemacht. Der Charakter der Türken ist im Allgemeinen gut;
sie werden als redlich, treu, großmüthig, mäßig, mild und wohlthätig gegen
Aermere ihres Glaubens, aber als fanatisch, grausam und zügellos gegen
Rajahs geschildert. In Triest hat ein türkischer Kaufmann mehr Credit und
*) Wir fügen zum Verständniß der Lektüre über türkische Staatsangelegen-
heiten noch folgende Erklärungen bei: Hatti-S heriff bedeutet wörtlich Bulle des
Kalifen, und ist ein vom Sultan erlassenes Gesetz. T anzimat ist die Verordnung
zur Einführung des Hatti-Sheriffs von Gülhane, wonach den Türken eine Art
Constitution zugesichert ist, und bildet gewissermaßen die Verfassung der Türken.
Jrad e ist eine vom Sultan als politischem Souverain unterzeichnete Verordnung.
Ferm an ist ein vom Sultan unterzeichnetes Dekret, das sich auf Verwaltungs-
gegenstände bezieht. Berat ist ein Diplom, welches nur persönliche Angelegen-
heiten betrifft. Sen ne d ist eine diplomatische Convention, zu deren Unterzeich-
nung der Minister ermächtigt ist.
**) Der Roßschweif ist das Zeichen der höchsten militärischen Würden in der
Türkei; ein Roßschweif hängt von einem vergoldeten Halbmonde herab, der an
einer oben in eine vergoldete Kugel auslaufenden Stange ausgeht. Diese Aus-
zeichnung, welche nur dem Sultan, dem Großvezier und den Paschas zukommt,
wird ihnen im Kriege vorgetragen und vor ihrem Zelte aufgepflanzt, und zwar
erbält der Sultan 6, der Großvezier und die Paschas mit Vezier-Rang 3, die übri-
gen Paschas 2 Roßschweife. Auch gibt es Paschas, denen nur die Ehre Eines
Roßschweifes zukommt.
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat]]
Alles ist ihnen Gegenstand der Spekulation, denn Alles will reich werden
und Schätze sammeln und zwar so rasch als möglich. „Zeit verloren, Alles
verloren" -- denken sie. Die natürlichen Wasserstraßen, die zahlreichen
Kanäle, Eisenbahnen, Kunststraßen, Posteinrichtungen befördern den Handel
ungemein. Keine Zölle hindern den Binnenhandel. Ausgeführt werden ins-
besondere Baumwolle, Neis, Mehl, Mais, Fleisch, Fett, Häute, Tabak, See-
fische, Holz und Metalle. Die wichtigsten Seehandelsplätze sind Neu-Uork,
Philadelphia, Baltimore, Neu-Orleans, Charleston, Providence (Neu-Jersey),
Portland, Norfolk, Savannah, Brooklyn, Alexandria, San Franzisko.
Die ganze gesetzgebende Gewalt ist durch die Konstitution dem Kon-
gresse, und die vollziehende Gewalt dem Präsidenten der Union übertragen.
Der Kongreß besteht aus dem Senate und dem Hause der Repräsentanten.
In den Senat sendet jeder von den 36 Staaten 2 Abgeordnete, welche die
gesetzgebende Versammlung der einzelnen Staaten auf 6 Jahre wählt. Alle
2 Jahre scheidet ein Drittel der Senatoren aus. Nur wer 30 Jahre alt,
9 Jahre Bürger der Union gewesen und ein Einwohner des Staates ist,
in welchem er gewählt wird, kann zum Senatoren gemacht werden. Präsi-
dent des Senats ist der jedesmalige Vice-Präsident der Union; er stimmt
nur mit, wenn die Stimmen einstehen. Der Senat nmß jede Bill ohne
Ausnahme, welche im Repräsentantenhaus angenommen ist, berathen; nimmt
auch er sie an, so wird dieselbe zum Gesetze erhoben, wenn der Präsident
sie unterzeichnet. Geschieht das nicht, so muß eine neue Berathung in bei-
den Häusern stattfinden. Sprechen sich dann in jedem 2/3 der Stimmen
für das Gesetz aus, so hat dasselbe auch ohne des Präsidenten Zustimmung
volle Gültigkeit. Die Repräsentanten werden alle 2 Jahre von dem Volke
der einzelnen Staaten gewählt. Wählbar sind nur diejenigen, welche ein
Alter von 25 Jahren erreicht haben, 7 Jahre Bürger der Union gewesen
und zur Zeit der Wahl Einwohner des Staates sind, in welchem sie ge-
wählt werden. Nach der letzten Zählung kamen auf 70,700 Köpfe (5 Sklaven
— 3 Freien) ein Repräsentant und überdies noch einer mehr, wenn der
Rest der Bevölkerung mehr als die Hälfte von 70,700 Seelen beträgt.
Die Repräsentanten (gegenwärtig an 240) wählen sich ihren Sprecher
(— Präsident) selbst. Der Präsident der Union wird aus 4 Jahre und
gleichzeitig mit ihm der Vice-Präsident, sein Stellvertreter und Ersatzmann,
gewählt. Wählbar ist nur ein Bürger der Union, welcher seit 14 Jahren
daselbst wohnt und 35 Jahre alt ist. Beide werden in jedem Staate von
einem Wahlkörper gewählt, welcher aus so viel Mitgliedern besteht, als der
betreffende Staat Mitglieder zu dem Kongreß absendet. In der ganzen
Union wird diese Wahl am gleichen Tage vorgenommen; die Stimmenmehr-
heit entscheidet. Der Präsident ist zugleich Oberbefehlshaber des Heeres und
der Flotte; er hat zunächst die Beschlüsse des Kongresses auszuführen, die
laufenden Staatsgeschäfte zu überwachen und mit Einwilligung des Kongresses
Verträge und Bündnisse zu schließen, die Beamten der Union zu ernennen
und dem Kongresse Botschaften zu bringen, d. h. er muß schriftlich Mit-
theilungen über die innern und äußern Verhältnisse der Union machen; denn
weder der Präsident, noch seine Minister haben Zutritt zum Kongreß. Das
Kabinet des Präsidenten besteht aus dem Minister des Staats, der Finanzen,
des Kriegs, der Marine, dem General-Staatsanwalt und dem General-Post-
Cassian, Geographie. 4. Aufl. ^9
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt]]