Vit. Deutschland.
157
Radde, A. Bastian u. A.; in Australien und Neu Leeland Leichardt
und Haast, letzterer ist der wissenschaftliche Erforscher der Alpen von Neu
Seeland. Ganz besonders aber ist Afrika mit Porliebe von Deutschen er-
forscht : es sind hier zu nennen Hornemann, Heinrich Barth, Vogel,
Overweg, v. Beurmann, G. Rohlfs, v. Heuglin, Munzinger,
von der "Decken und dessen Begleiter O. Kersten und R. Brenner,
die Mssionäre Krapf und Rebmann, ferner Ruppel, Russegger,
Kolsckv, Manch u. A. In Hinsicht auf wissenschaftliche oder kartogra-
vbiicke Verarbeitung und Darstellung des geographischen Stoffs nehmen
die Deutschen unbestritten den ersten Rang ein: die verdientesten der Gegen-
wart sind Oscar Peschel, Karl Andree, Heinrich Kiepert, Au-
gust Petermann, Henry Lange, H. Berghaus, v. Sydow u. A.
Als Verfasser von Handbüchern ftir die Länder- und Völkerkunde sind
zu nennen Cannabich, Blanc, Vollrath Hoffmann, Stein,
Wappäus, Heinrich Berghaus, v. Roon, v. Klöden, Daniel.
Auf dem Gebiet der Geschichtsschreibung wirken und wirkten besonders in
neuester Zeit Ranke, Leo, Pertz, Droysen, Dahlmann, Gervi-
nus, v. Sybel, Häusser, v. Giesebrecht u. A.
Die Gescbichte der neuesten Zeit, seil dem Ausbruche der französischen
Revolution haben wir unter Frankreich bereits kennen gelernt und holen
daher hier nur dasjenige nach, was, mehr zur deutschen Geschichte gehörend,
dort nicht angeführt werden konnte. — Die in den Gemüthern aller Fürsten
durch die in Frankreich ausgebrochenen Unruhen veranlaßten Besorgnisse;
der Wunsch, die alte Ordnung und das Ansehen des Königs dort wieder
herzustellen, veranlaßten Oesterreich und Preußen, sich durch den Vertrag
von Pilnitz 1791 enger zu verbinden. Leopold erlebte den Ausbruch des
Krieges nickt, und sein Sohn Franz Ii. ward sein Nachfolger. Die Fran-
zosen, weit entfernt, die verbündeten Monarchen zu siirchlen, erklärten ihnen
selbst 1792 den Krieg. An der Spitze eines zu schwachen Heeres von
Oesterreichern und Preußen drang der Herzog von Braunschweig in die
Champagne ein, fand aber bald, wie sehr die hochgespannten Erwartungen
der Entigramen ihn getäuscht, und mußte nach einigen unbedeutenden Vor-
tbeilen einen durch Mangel, ungünstige Witterung und dadurch erzeugte
Krankbeilen hockst verderblichen Rückzug antreten. In den 'Niederlanden
wie am Rhein wart nun mit Erbitterung gefochten; allein trotz einiger
Sieze der Oesierreicker und Preußen blieb doch im Ganzen genommen das
Uebergewickt aus Leiten der Franzosen. Dies und der in Polen ausge-
brochene allgemeine Aufstand, welcher Preußen auch dort einen gefährlichen
Krieg zu führen nöthigte, bewog diese Macht zu dem Baseler Frieden 1795
mit Frankreick, wodurch das linke Rheinufer preisgegeben, das nördliche
Deutschland aber wenigstens durch eine von Preußen besetzte Demarcations-
linie gedeckt wurde. Oesterreich beharrte noch 2 Jahre auf dem Kriegs-
schauplätze: als aber Bonaparte 1796 in einem glänzenden Feldzuge ganz
Oberitalien erobert und im folgenden Jahre selbst in die .österreichischen
Erbslaaten vorgedrungen war, während Moreau in Deutschland die vom
Erzherzog Karl zescklagene Armee Jourdan's aus einem meisterhaften Rück-
züge aus Baiern bis an den Rhein führte, kam der erste Friede mit Frank-
reich zu Campo Formio 1797 zu Stande, und in dem darauf folgenden
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: A._Bastian Heinrich_Barth Heinrich Rohlfs Krapf Oscar_Peschel Karl_Andree Karl Heinrich_Kiepert Heinrich Petermann Henry_Lange H._Berghaus Sydow Vollrath_Hoffmann Heinrich_Berghaus Heinrich Daniel Leo Leo Droysen Dahlmann Leopold Leopold Franz_Ii Franz Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Australien Leeland_Leichardt Seeland Afrika Overweg Russegger Frankreich Frankreich Oesterreich Braunschweig Rhein Polen Deutschland Oesterreich Oberitalien Deutschland Baiern Rhein
158
A. Europa.
Congreß zu Rastatt ward die Abtretung des linken Rheinufers bestätigt,
sowie die Aufhebung der geistlichen Fürstenthümer zur Entschädigung der
durch jene Abtretung verlierenden Fürsten beschlossen. Dieser sowohl als
die folgenden Friedensschlüsse mit Frankreich waren, bei dem immer weiter
um sich greifenden Ehrgeiz der Republik und mehr noch ihres neuen Ober
Hauptes Bonaparte, in der That nur als Waffenstillstände zu betrachten,
welche von der augenblicklichen Noth abgeschlossen, durch neu erwachte Hoff-
nungen aber bald wieder gebrochen wurden. So trat Oesterreich abermals,
durch Rußland unter Paul I. 1799 verstärkt, auf den Kampfplatz, und
unter Suwarow's Anführung war bald ganz Italien, mit Ausnahme Ge-
nuas, erobert. Als aber die Russen bei Zürich von Massena geschlagen
und aus der Schweiz vertrieben worden, zog Kaiser Paul, sich von seinem
Verbündeten verrathen glaubend, seine Truppen zurück. Oesterreich setzte
allein den Kampf fort. Indeß war Bonaparte aus Aegypten zurückgekehrt
und hatte sich zum ersten Consul der Republik ernennen lassen; er drang
1800 über die Alpen in Italien ein, und die einzige, von den Oesterreichern
unter Melas schon beinahe gewonnene Schlacht bei Marengo (14. Juni
1800) setzte ihn in Besitz dieses ganzen Landes, während Moreau ebenfalls
in Deutschland bei Hohenlinden siegte. Der Friede von Lüneville 1801
war die erzwungene Folge dieser Begebenheiten. Oesterreich gewann das
Benetianische und erkannte dagegen die neuen Schöpfungen der Batavischen,
Helvetischen, Cisalpinischen und Lignrischeii Republiken an. Nach längeren
Unterhandlungen wurden durch die sogenannte Säcularisatton 1803 die
geistlichen Fürstenthümer aufgehoben, um damit die weltlichen Fürsten zu
entschädigen. Oesterreich bedurfte nach so langem Kampfe der Ruhe und
mußte es geschehen lassen, daß Bonaparte in Verfolg seines Krieges mit
England Hannover besetzte; auch Preußen schwieg zu dieser Verletzung des
deutschen Reiches. Die bald folgenden Ereignisse vorahnend oder weil Bo-
naparte sich als Napoleon I. zum französischen Kaiser erklären ließ, nahm
Franz Ii. im August 1804 als Franz I. den Namen eines österreichischen
Erbkaisers an, und neue Rüstungen verkündigten den baldigen Ausbruch
eines neuen Krieges. Er begann 1805. Die Oesterreicher drangen bis
Ulm vor, wurden hier geschlagen, und ein großer Theil ihres Heeres unter
Mack ergab sich zu Kriegsgefangenen; Wien ward von dem Feinde besetzt,
und die zu spät zu Hülfe herbeigeeilten Russen wurden in Verbindung mit
den Trümmern des österreichischen Heeres noch am 5. December bei Austerlitz
in Mähren geschlagen, worauf noch in demselben Jahre der Presburger
Friede den Krieg beendigte. Oesterreich verlor dadurch das Benetianische,
Tirol und alle seine Besitzungen in Schwaben und am Rhein (Vorder-
Oesterreich). Preußen, welches schon gerüstet dastand und durch Verletzung
seines Gebiets inehr als zu gerechte Ursache zum Kriege hatte, ließ sich
durch die Siege Napoleons abschrecken und trat durch den Wiener Vertrag
selbst Anspach und Baireuth, Neufchatel und Cleve gegen den ungewissen
und aus jeden Fall ungerechten Besitz von Hannover ab; doch war das
gegenseitige Mißtrauen einmal entzündet und der nahe Bruch zwischen
Preußen und Frankreich unvermeidlich. Indessen hatten die minder mächti-
gen Fürsten Deutschlands, theils von der Noth gezwungen, theils auch wohl
aus Begier nach Vergrößerung und Titeln, sich an Frankreich angeschlossen:
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Extrahierte Personennamen: Kaiser_Paul Marengo Napoleon_I. Franz_Ii Franz August Franz_I. Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Europa Rheinufers Frankreich Oesterreich Italien Oesterreich Italien Deutschland Oesterreich Oesterreich Ulm Wien Oesterreich Schwaben Rhein Oesterreich Hannover Frankreich Deutschlands Frankreich
Vii. Deutschland.
159
Baien, und Württemberg wurden zu Königreichen, Baden und Darmstadt
zu Großherzogthümern mit Gebietserweiterungen erhoben; die Fürsten wur-
den für souverain erklärt unter dem Protectorat Napoleons und bildeten
nun in der engsten Verbindung mit Frankreich den Rheinbund (s. Bd. I.
S. 528). Zugleich waren durch diesen mittelst der Mediatisirung eine
Asenge kleiner Reichsfürsien verschlungen und anderen Staaten einverleibt
worden. Das deutsche Reich war hierdurch aufgelöst, und 1806 legte
Kaiser Franz die deutsche Kaiserkrone nieder. Zu spät versuchte Preußen
1806, in Verbindung mit Sachsen und in Hoffnung auf russischen Beistand,
den Kampf mit Frankreich und allen ihm verbündeten Ländern. Die einzige
Schlacht bei Jena und Auerstädt, 14. Oktober 1806, vernichtete alle Hoff-
asch
sieger-
preußischer
Festungen erleichterte den Franzosen das schnelle Vordringen. Auch
Friede
preußische
überschritten
Preußisch-Eilau, 8. Februar 11
Franrosen bei Friedland über di
sehen Elbe und Rhein, aus welchen wie aus Hessen und Hannover das neue
Königreich Westphalen zusammengesetzt wurde, und das ganze ehemalige
Südpreußen, welches unter dem Namen eines Herzogthums Warschau dem
ernannten und in den Rheinbund getretenen Kurfürsten von
Nur noch in Oesterreich lebte für Deutschland ein
zum
Sachsen gegeben ward.
Funken der Hoffnung, und die dort allgemeine Stimmung ließ allerdings
die größten Anstrengungen erwarten. Der Zeitpunkt 1809 schien günstig:
Napoleons beste Heere wareii in Spanien in einem verzweifelten Kampfe
begrissen, und in ganz Deutschlaiid regte sich Hoffnung und innige Theil-
nahme für Oesterreich. Noch einmal sollten Napoleons überlegene Talente
~ is volle Maß der Unterjochung und Schmach em-
pfinden. Die Schlachten bei Abensberg, Thann, Eckmühl un
20.—22. April 1809, vernichteten einen bedeutenden Theil der österreichi-
schen Heere; die deutschen Fürsten, vielleicht zum Abfall geneigt, blieben
dem Rheinbünde getreu; nur die Tiroler erhoben sich mit Heldenmuth
unter Andreas Hofer's Anführung, und zum zweiten Male zog Napo-
leon als Sieger in die Kaiserstadt ein. Der Sieg des Erzherzogs Karl
bei Aspern 21.—22. Mai, erweckte schöne Hoffiumgen; in dem erschöpften
Preußen regte sich lebhafte Theilnahme, und eine kleine Heldenschaar unter
dem Major Schill wagte auf ihre eigene Hand, das Zeichen zum Los-
brechen zu geben. Auch diese Hoffnungen wurden vereitelt, Schill fiel in
Stralsund durch Mitwirkung Dänemarks; die Schlacht bei Wagram, 5.—■
6. Juli, endete den Krieg, und nur der vertriebene Herzog von Braun-
schweig an der Spitze eines kleinen Heeres durchzog rühmlich Deutschland,
von Böhmen bis an die Nordsee, um sich nach England einzuschiffen und
die Franzosen in Spanien wieder aufzusuchen. Durch den Frieden von
Wien, 14. Oktober, verlor Oesterreich alle Verbindung mit dem Meere,
mußte die edlen Tiroler ihrem Schicksale überlassen und sich zu dem harten
Opfer entschließen, sich mit seinem Erbfeinde durch die Vermählung der
Erzherzogin Marie Louise mit Napoleon 1810 zu verbinden. Jetzt war
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Franz Franz Napoleons Napoleons Thann Andreas_Hofer's Karl Karl Schill Marie_Louise Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Baden Darmstadt Napoleons Frankreich Rheinbund Sachsen Frankreich Jena Friedland Rhein Hessen Hannover Warschau Rheinbund Oesterreich Deutschland Sachsen Napoleons Spanien Deutschlaiid Oesterreich Abensberg Rheinbünde Napo- Aspern Stralsund Deutschland Nordsee England Spanien Wien Oesterreich
160
A. Europa.
Deutschland völlig unterjocht, und Napoleon benutzte seine Macht so schonungs-
los, daß er ohne weiteren Grund als sein Belieben den nordwestlichen Strich
von Deutschland, die Mündungen der Weser, der Elbe bis jenseit Lübeck
an die Ostsee mit dem französischen Reiche vereinigte und fortfuhr, die
Hülfstrnppen der minder mächtigen Fürsten in Spanien aufzuopfern. Der
Feldzug nach Rußland 1812 war Napoleons größter, aber auch letzter
Triumphzug, auf welchem ihn nicht allein der ganze Rheinbund, sondern auch
ein preußisches und ein österreichisches Hülfscorps begleiteten. Der Winter
1812 vernichtete unwiederbringlich seine Macht, und dem General Dort
ward das Verdienst, durch einen Vertrag mit den Russen, welchen der
König später bestätigte, das erste Zeichen der wieder auflebenden deutschen
Freiheit zu geben. 'Nach einigen Monaten des ängstlichen Harrens erscholl
endlich der Ruf des Königs an sein längst vorbereitetes Volk, und ganz
Preußen erhob sich in Waffen. Zweimal täuschte noch der Sieg unsere
Hoffnungen in den rühmlichen Schlachten bei Groß-Görschen oder Lützen,
2. Mai, und bei Bantzen, 20. und 21. Mai 1813. Der Waffenstillstand
vom 4. Juni bis 10. August vollendete Preußens und Rußlands Rüstun-
gen, Oesterreich schloß sich an die gemeinsame Sache, und eine Reihe von
Siegen, welche die Völkerschlacht bei Leipzig am 16.—10. Oktober krönte,
trieb Napoleon, noch unterwegs bei Hanau von den Baiern angegriffen,
über den Rhein zurück. Alle Fürsten des Rheinbundes, Baiern zuerst,
eilten, dem Rheinbünde zu entsagen, und vereinigten ihre Truppen mit den
Verbündeten. Am Rhein trat einige Waffenruhe ein, und noch wäre es
dem Verblendeten möglich gewesen, einen leidlichen Frieden zu erlangen;
als er aber auch diesen ausschlug, drangen Oesterreicher und Russen durch
die Schweiz, Blücher mit Preußen und Russen am 1. Januar 1814 bei
Caub über den Rhein und unaufhaltsam nach Frankreich hinein. Die Siege
bei Brienne, Laon, Füre-Champenoise und endlich am 30. März bei Paris,
öffneten den Verbündeten die Thore von Paris und stürzten 'Napoleon vom
Er entsagte, erhielt die Insel Elba als Fürsteltthum, und die
Bourbons kehrten auf den Thron ihrer Väter zurück. Der erste Friede
von Paris, 30. Mai 1814, ließ Frankreich die allen Grenzen von 1792,
selbst noch mit einigen Ertveiterungen im Elsaß lind Savoyen. Um die
so hochwichtigen und so verwickelten Angelegenheiten Deutschlands zu be-
richtigen, begaben sich die meisten verbündeten Monarchen persönlich auf den
Congreß zu Wien, 1. August 1814, wo es über die Entschädigungen, welche
Preußen billig verlangte, zu sehr ernstlichen Erörterungen kam; endlich
ward ihm das jetzige Großherzogthlim Posen und Schwedisch-Pommern, die
nördliche Hälfte von Sachsen und mehrere Provinzen an beiden Ufern des
Rheins zugesprochen, wogegen es andere an Hannover abtrat und dadurch
nur kaum wieder den Flächeninhalt und die Menschenzahl von 1806 erlangte.
Baiern erhielt als Entschädigung Würzburg und Aschaffenburg, Lanenburg
kam an Dänemark rc.; nur Sachsen verlor die Hälfte seiner Besitzungen.
Es ward ferner entschieden, daß Deutschland ein Bund fouverainer Staaten,
der deutsche genannt, sein sollte, und die ersten Grundzüge der künftigen
Verfassung wurden in der sogenannten Bundesacte voni 8. Juni 1815 ent
werfen. Mitten aus diesen Verhandlungen rief die unerwartete Rückkehr
Bonapartes die Fürsten wieder zu den Waffen. Die Preußen und Engländer
Throne.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons August Napoleon August
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Deutschland Ostsee Spanien Napoleons Groß-Görschen Oesterreich Siegen Leipzig Hanau Rhein Baiern Rheinbünde Rhein Schweiz Rhein Frankreich Laon Paris Paris Elba Paris Frankreich Deutschlands Wien Posen Schwedisch-Pommern Sachsen Rheins Würzburg Aschaffenburg Lanenburg Dänemark Sachsen Deutschland
280
A. Europa.
nach Amerika befördert. Größere Schiffe können nicht bis zur Stadt kom-
men, sie mußten daher früher in den oldenburgischen Häfen Brake und
Elsfleth ausgeladen werden; auch leichtere können nur bis zuin Bremer
Hafen Vegesack kommen. Diesem Uebelstande ist seit 1827 dadurch ab-
geholfen, daß Hannover der Stadt ein kleines Gebiet an, Ausfluß der
Weser, 7 M. von Bremen, abgetreten hat, wo ein neuer Hafen, mit
Scbisfswerften und einigen Festungswerken, Bremerhafen, mit (1867)
8-154 Einw., an der Mündung der Geeste, angelegt worden ist. — Das
Stadtgebiet, im Ganzen 3„s D2jt. groß, mit (1867) 111,400 Einw., be-
steht aus sehr fruchtbaren, von unzähligen Entwässerungsgräben durchschnit-
tenen Marschen, welche sich indeß mehr zur Viehzucht, als zum Ackerbau
eignen. — Die Verfassung ist demokratisch-republikanisch, mit einem Bürger-
convent. Senat u. s. w. Zu den berühmtesten Männern Brennens gehören
Olbers, Heeren, Treviranus u. A. Unter den wissenschaftlichen
Reisenden und Geographen sind zu nennen: Or. Kohl, Gerhard Rholfs
und Di-. A. Bastian.
b) Hamburg.
Die Stadt verdankt wahrscheinlich ihren Ursprung Karl d. Gr., wel
cher hier einen Wastenplatz gegen die benachbarten heidnischen Völker an
legte; ihre glückliche Lage, die Gelegenheit zur Fischerei und Schifffahrt
vermehrten bald die Zahl ihrer Bewohner, und obgleich oft von ihren Nach-
barn bedrängt, war sie doch schon im 12. Jahrhundert ein bedeutender
Handelsplatz. Ihre Verbindung mit der Hanse hob sie mächtig empor,
und selbst der Untergang dieses Vereins konnte ihrem eigenthümlichen Han-
del nicht schaden. Längst schon frei, ward sie doch erst 1618 förmlich als
freie Reichsstadt anerkannt, und der 30jährige, für das übrige Deutschland
so verderbliche Krieg, wovon sie verschont blieb, vermehrte ansehnlich die
Zahl ihrer Bewohner und belebte ihre Handelöthätigkeit. Wiederholte Auf-
stände gegen den Senat gaben die Veranlassung zur Grundlage der Ver-
fassung von 1712. So schwang sich Hamburg zur ersten Handelsstadt
Deutschlands empor, deren Wichtigkeit, nach dem Sinken Amsterdams, nur
W ” W W w r * * r
London den Vorrang einräumte, als mit dem Jahre 1806 ihre Drangsale
begannen. Die Sperre alles Handels und mancherlei Erpressungen der
Franzosen hatten ihr schon empfindlichen Verlust zugefügt, als sie 1810
dem französischen Reiche einverleibt ward. Zwar wurde sie 1813 in Folge
der Kriegsereignisse und drohenden Volksbewegung von den Franzosen ge-
räumt, russische Truppen unter Tettenborn besetzten die Stadt und die
Bürger rüsteten sich mit edlem Eifer zur Behauptung ihrer Freiheit; aber
nur allzuschnell kehrten die Franzosen mit Uebermacht zurück. Von den
Alliirten verlassen, fiel Hamburg wenige Tage vor Abschluß des Waffen
stillstandes vom 4. Juni 1813 wieder in die Gewalt der Franzosen, die
nun unter Commando des Prinzen von Eckmühl (Marschall Davon st)
durch ungeheure Erpressungen und die gewaltsamen Befestigiingsinaßregeln
die Stadt aufs Aeußerste brachten. Hamburg wurde zu einer Festung ersten
Ranges umgeschaffen; ganze Vorstädte, wie der Hamburger Berg (jetzt Vor-
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Extrahierte Personennamen: Olbers Gerhard_Rholfs A._Bastian Karl_d Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Amerika Elsfleth Bremen Hamburg Deutschland Hamburg Deutschlands Amsterdams London Hamburg Hamburg Hamburger_Berg
354
A. Europa.
lichen Tirol vertrieben. Nach den Schlachten bei Regensburg drangen zwar
die Feinde wieder ein, wurden aber bei Innsbruck geschlagen und wieder
vertrieben. Die unglückliche Schlacht bei Wagram führte im Juli einen
Waffenstillstand herbei, nach welchem die Oesterreicher Tirol räumen muß
ten, und Baiern und Franzosen drangen aufs Neue vor; aber aufs Neue
wurden sie von den sich selbst überlassenen Tirolern wieder am Jselberge
bei Innsbruck geschlagen und zum Rückzüge genöthigt. Hofer war nun der
allgemein anerkannte Anführer. Als aber der Wiener Friede, 14. Oct.,
der ungeheuren feindlichen Uebermacht freien Spielraum gab, unterwarf sich
auch Tirol im November. Neue Unruhen, zu welchen falsche Nachrichten
den muthigen Hofer verleitet hatten, zwangen ihn, sich einige Monate in
einer abgelegenen Alpenhütte zu verbergen, bis er endlich durch ten Lerratb
eines persönlichen Feindes von den Franzosen ergriffen, nach Mantua ge-
bracht und nicht durch das in seiner Meinung getheilte Kriegsgericht fran-
zösischer Offiziere, sondern auf ausdrücklichen Befehl Napoleons aus Mai-
land am 20. Februar 1810 erschossen ward. Das Land wurde nun zwi-
schen Baiern, Italien und Jllyrien getheilt und unnatürlich zerrissen, bis
die Jahre 1813 und 1814 es seinen alten Herrschern mid dem Volke seine
alte Verfassung wiedergaben. — Im nördlichen Theile liegen:
Innsbruck (0(3ni pons, 1750' h.) am Inn, über welchen eine
schöne Brücke führt, die der Stadt den Namen gab und 1809 Schauplatz
furchtbarer Kämpfe war. Sie hat 14,230 gewerbfleißige und nicht unbe-
trächtlichen Handel treibende Einwohner und liegt in überaus malerischer,
von Riesengipfeln (Groß-Solstein 9370') umragter Ebene; die schöneren
Vorstädte machen um so größeren Eindruck, je kleiner und alterthümlicher
die in halb italienischem Geschmacke gebaute eigentliche Stadt ist. Von
den 2 Schlössern ist das neuere von Maximilian 1. erbaut. Sehenswurdig
sind: die Hoskirche mit einem überaus prachtvollen Denkmale Maximilians!.,
von 28 kolossalen Broncestatuen (Löffler und Godl 1513) umgeben und
mit herrlichen Marmorbasreliefs von Kolm aus Mecheln (1566) geziert;
in derselben ist auch die „silberne Capelle" mit dem marmornen Grabmal des
Erzherzogs Ferdinand und seiner Gemahlin, der schönen Philippine Welser aus
Augsburg. Dieser Capelle gegenüber steht seit 1834 die Marmorstatue
Andreas Hofers, dessen Gebeine auch hierher gebracht worden sind; sie
stellt ihn in Tirolertracht, mit aufgerollter Fahne in der Hand, dar. Die
ladtpfarrkirche, das Landhaus, das Kanzleigebäude, mit dem „goldenen
Dachet", die Triumphpforte in der Neustadt u. s. w. 1672 ward hier
eine Universität gestiftet, welche 1782 in ein Lhceum verwandelt, 1792
wieder hergestellt, 1810 jedoch abermals aufgehoben lind 1826 wieder zu
einer Universität mit einer philosophischen und einer juristischen Facultät
erhoben worden ist. Innsbruck hat ein 1832 gegründetes naturhistorisches
Museum Ferdinandeum, welches auch zahlreiche andere Sehenswürdig-
keiten enthält. > 2 Meile von Innsbruck liegt das schöne, durch seine vom
Erzherzoge Ferdinand im 16. Jahrhundert angelegte, 1806 nach Wien ge
flüchtete, aber wieder dahin zurückgebrachte Sammlung berühmte schloß
Ambras. — Hall, 1 Meile unterhalb Innsbruck, wo der Inn schiffbar
wird, mir 4330 Einw., mit Speckbachers Grabmal und einer großen^Sa-
line, welche die aus dem über 2 St. entfernten Salzberge kommende Soole
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Maximilian Maximilian Maximilians Ferdinand Ferdinand Philippine_Welser Capelle Andreas_Hofers Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Europa Regensburg Baiern Mantua Baiern Italien Groß-Solstein Maximilians Mecheln Augsburg Wien Ambras
Ix. Italien.
453
nach den siegreichen Schlachten bei Lodi am 10. Mai und bei Arcóle am
15. bis 17. November 1796 dem nördlichen Italien eine andere Gestalt
gab. Durch den Frieden von Campo Formio 1797 erhielt Oesterreich die
Besitzungen der von Buonaparte vernichteten Republik Venedig; aus Mai-
land, Mantua, Parma und Modena ward eine cisalpinische Republik ge-
bildet; aus dem Kirchenstaate eine römische; das Genuesische hieß nun die
ligurische Republik; der König von Sardinien mußte Savoyen und die
Grafschaft Nizza an Frankreich abtreten. Im folgenden Jahre aber ward
er gänzlich vertrieben. Im Jahre 1790 wurde Neapel, wegen seiner Ver-
bindungen mit England, besetzt und in eine parthenopeische Republik ver-
wandelt; nur Englands Uebermacht zur See schützte Sicilien; Toscana
ward einstweilen besetzt. Aber noch im nämlichen Jahre drangen die
Oesterreicher und die Russen unter Suwarow überall siegreich vor; Neapel,
Nom, ganz Italien bis auf Genua, welches Massen« aufs Aeußerste ver-
theidigte, ward befreit. Das folgende Jahr 1800 führte ebenso schnell und
ebenso gewaltige Veränderungen herbei. Napoleon war aus Aegypten zu-
rückgekehrt, ging über die Alpen, und die Schlacht von Marengo, am 14.
Juni, entriß den Oesterreichern Italien wieder. So wie die Zuversicht
und die Macht Napoleons in Frankreich stieg, sso veränderten sich nach
seiner Willkür die italienischen Verhältnisse. Die cisalpinische Republik ver-
wandelte sich 1802 in eine italienische, deren Präsident Napoleon ivar;
Piemont ward mit Frankreich vereinigt. Als er aber 1805 den Kaisertitel
Nach dem
angenommen, ward die italienische Republik abermals in ein Königreich
Italien umgeschmolzen und auch Genua Frankreich einverleibt.
Siege bei Austerlitz und dem Preßburger Frieden mußte Oesterreich das
enetiamsche, Istrien und Dalmatien abtreten, welche mit dem italienischen
Königreich vereinigt wurden. Im Jahre 1806 ward das Königreich Nea-
pel besetzt und dem Bruder Napoleons, Joseph Buonaparte, verliehen,
welcher es jedoch schon 1808 seinem Schwager Mürat abtreten und da-
gegen nach Spanien wandern mußte. Auch Etrurien, welches eine Zeit
laug ein spanischer Jnfant mit dem Königstitel verwaltet, ward nun dem
französischen Reiche einverleibt. Der Kirchenstaat hatte 1809 dasselbe
Schicksal, sowie auch die durch den Wiener Frieden abgetretenen illyrischen
Provinzen. Nach dem Unglück, welches die Franzosen in Rußland ge-
troffen, und nach den Niederlagen, die sie 1813 in Deutschland erlitten,
schloß sich Mürat an die Verbündeten an und rettete für diesmal seine
Krone. Das übrige Italien kehrte größtentheils zu seinen alten Herren
zurück, nur daß die Insel Elba mit völliger Souveränetät dem abgesetzten
Kaiser, und die Herzogthümer Parma, Piacenza und Guastalla seiner Ge-
mahlin Marie Louise von Oesterreich überlassen wurden. Als im Jahre
1815 Napoleon sich wieder auf den Thron von Frankreich geschwungen,
ergriff auch Mürat für ihn die Waffen, ward aber von den Oesterreichern
am 2. und 3. Mai bei Tolentino so gänzlich geschlagen, daß er nach
Frankreich fliehen mußte, und als er, nachdem Napoleon, abermals besiegt,
mit wenigen Begleitern es wagte, von Corsica aus bei Pizzo in Calabrien
zu landen, ward er ergriffen, vor ein Kriegsgericht gestellt und am 13.
October 1815 erschossen. So waren denn Neapel und der Kirchenstaat
ihren alten Herren wiedergegeben, Sardinien ward noch durch das Gebiet
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Extrahierte Personennamen: Buonaparte Napoleon Marengo Napoleons Napoleon Napoleons Joseph_Buonaparte Guastalla Marie_Louise_von_Oesterreich Napoleon Napoleon Corsica Pizzo
Extrahierte Ortsnamen: Italien Arcóle Italien Oesterreich Venedig Mantua Parma Modena Sardinien Frankreich Neapel England Englands Sicilien Neapel Italien Genua Italien Napoleons Frankreich Frankreich Italien Genua_Frankreich Oesterreich Istrien Dalmatien Napoleons Spanien Etrurien Deutschland Italien Elba Piacenza Frankreich Frankreich Neapel Sardinien
Ix. Italien.
457
19. August bereits mit 5000 Mann in der Nähe von Reggio, das am
21. August sich den Befreiern unterworfen hatte. Es ging nun im wahren
Siegeslauf nach Neapel und am 7. September, nachdem der König Franz Ii.
seine Hauptstadt verlassen hatte, hielt Garibaldi unter dem größten Jubel
der Bevölkerung seinen Einzug. Der König hatte sich nach dem festen
Gaöta zurückgezogen. Garibaldi aber war in der That Hen'scher im
Reiche Franz Ii. Die schnellen und brillanten Erfolge Garibaldis mochten
wohl den Neid und das Mißtrauen in der Umgebung des Königs Victor
Emanuel wachgerufen haben, denn bald setzte sich auch die piemontesische
oder italienische Armee unter Ci aldini und Fanti in Bewegung nach dem
Süden. Am 18. September wurden die päpstlichen Truppen unter Füh-
rung des berühmten französischen Generals Lamori ci ère bei Castelfidardo
von Cialdini geschlagen. Nach der Einnahme Anconas (am 29. September)
übernahm Victor Emanuel am 4. October den Oberbefehl über seine
Truppen. In einem Manifeste vom 9. October sagte er u. a.: „in Ita-
lien, das weiß ich, beende ich die Aera der Revolutionen." Dieser Ans-
spruch macht es erklärlich, daß der König, nachdem er von Garibaldi das
Königreich beider Sicilie» entgegengenommen, und am 7. November an
seiner Seite feierlichen Einzug in Neapel gehalten, den großmüthigen, edlen,
aber politisch nicht geschulten Helden zwei Jahre später bei Aspromonte
durch seine Truppen verwunden und gefangen nehmen ließ. Unedel und
undankbar hat sich die Regierung gegen den warmen Baterlandsfreund
und Helden benommen. Die Ereignisse von 1867 lieferm für unseren Aus-
spruch neue Beweise.
Wie verhielten sich aber die europäischen Großmächte zu den Ereig-
nissen in Italien? Mit Ausnahme von Großbritannien, welches den ita-
lienischen Bewegungen seine volle Sympathie schenkte, waren die Vorgänge
unbequem und ungern gesehen.
Frankreichs Haltung war den Mächten von Oester-reich, Rußland und
Preußen nicht ganz klar, es kam zu allerhand Verhandlungen und auch zu
einem Congreßvorschlag, der an Oesterreichs Weigerung theilnehmen zu
wollen, scheiterte. Die französische Flotte vor Gaeta gestattete die Ber-
f I I I- U 117 W---- Kj I
proviantirung der Festung, während dieselbe von der italienischen Armee
von der Landseite belagert wurde und so kam es, daß sich der Platz bis
zum 13. Februar 1861, an welchem Tage sich der König Franz zu capi-
tuliren entschloß, halten konnte.
Nun war Italien bis auf den heutigen päpstlichen Staat und Venetien
unter der Regierung Victor Emanuels vereinigt und am 18. Februar konnte
das erste italienische Parlament eröffnet werden.
Dem alten Helden Garibaldi und der Actionspartei wollte es nicht
passen, daß man mit dem nun Erworbenen sich begnügen wolle, sie ver-
langten auch Rom und Venedig.
9 ^ ^ ^ tj
Unter der glücklichen Führung des bedeutendsten Staatsmannes des
neuen Königreichs Italien, unter Cavours Ministerschaft, hatten alle die
hier berührten großartigen Ereignisse sich entfalten können. Ein plötzlicher
Tod am 6. Juni 1861 endete das Leben eines Mannes, der wichtiger war,
wie der König selbst. Der Nachfolger Cavours war Ricasoli, ein Edel-
mann im besten Sinne des Wortes, ein Mann, der 1859 Toscana gegen
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Extrahierte Personennamen: August Reggio August Franz_Ii Franz Garibaldi Garibaldi Franz_Ii Franz Castelfidardo
von_Cialdini Victor_Emanuel Garibaldi Franz Victor_Emanuels Cavours_Ministerschaft Cavours
740
A. Europa.
Wiesen und Flüsse die angenehmste Abwechslung bieten und viele Städter
reizende Sommerwohnungen angelegt haben. Das schöne Gut P e tr o w s kh,
der Familie Rasumowsky gehörig, enthält, außer dem Schlosse, eine pracht-
volle Orangerie, einen weitläufigen Park und eine bedeutende Menagerie
ausländischer Vögel. Ans dem Wege nach Sibirien liegt das prächtige
Gorinka, ebenfalls den Rasnmowskhs gehörig, mit einer großen Bibliothek
und einem vortrefflichen botanischen Karten. — 63 Werst südöstlich von
Moskwa liegt das berühmte, 1338 gestiftete Kloster Trozkoi Serwiew
oder das Dreieinigkeitskloster des H. Sergius; es hat einen sehr bedeutenden
Umfang nild ist mit einer Festungsmaner umgeben. Im Innern dieses
Raumes befinden sich 9 Kirchen, worunter einige große Reichthümer an
silbernen Geräthen, Zierrathen und Edelsteinen enthalten, und ein alter
Palast der Zare. In der Mitte des Hofes steht ein großer Glockenthurm,
mit vielen Glocken, worunter eine 4000 Pud wiegen soll. — Südlich von
Moskwa liegen die beiden betriebsamen Oerter: Tula, an der Upa, mit
56,700 Einw., woselbst die größte Gewehrfabrik und Eisengießerei des
Reichs; auch diese Fabrik ist eine Schöpfung Peters d. Gr., welcher sie
1712 anlegte. Kalüga, an der Oka, mit 34,668 Einw. und großen
Segeltuch-, Papiertapeten-, Tuch- und anderen Fabriken und bedeutendem
Handel. Ferner: Rjäsan, nahe der Oka, mit 22,300 Einw. und Jelez,
an der Sosna, eine freundliche Stadt mit 26,500 Einw., bedeutendem
Handel und Fabriken. — Westlich von Moskwa, an der Moskwa, liegt
die kleine Stadt Mosaisk, wo am 7. September 1812 die letzte blutige
Schlacht vor der Einnahine von Moskwa geliefert ward, worauf sich die
Russen nach der Gegend von Kaluga zogen und dort bis zum Abzug der
Franzosen verblieben. Die Russen nennen diese Schlacht von Borodino.
Auf dem Schlachtfelde ist 1839 eine Denksäule mit der Asche des Helden
Bagration errichtet worden. — Die Straße von Moskwa über Mosaisk
nach Smolensk und weiter nach Polen und Preußen, war es, welche die
zurückkehrenden Franzosen, mit Zurücklassung aller Beute, aller Geschütze
und mit einem durch häufige Gefechte, noch mehr aber durch Kälte und
Hunger veranlaßten ungeheuren Verlust, in unbeschreiblichem Elend im
November und December 1812 zurücklegten. — Von den übrigen Städten
des mittleren Rußlands nennen wir nur noch die historisch oder sonst merk-
würdigsten. Solche sind:
Smolensk, ein fester Ort am Dnjepr, mit etwa 23,100 Einw.,
tvelche einige Fabriken in Leinwand, Leder und Seide unterhalten und einen
bedeutenden Handel mit Pelzwerk, Holz, Getreide und Vieh treiben.
Smolensk, seit dem 9. Jahrh, bekannt, wurde oftmals erobert und ver-
wüstet, weil Russen, Litthauer und Polen sich um den Besitz der Stadt
stritten, welche erst 1654 für immer an Rußland kam. Hier fiel am 17.
August 1812 die erste Schlacht zwischen den Russen und Franzosen vor,
zum Nachtheil der ersteren, wobei ein großer Theil der Stadt abbrannte;
ebenso sehr hatte sie beim Rückzug der Franzosen zu leiden. Seitdem ist
sie schöner und größtcntheilö massiv wieder aufgebaut worden. 1841 ist
hier ein darauf bezügliches Denkmal errichtet worden. — Witebsk, an
der Düna, mit 27,800 Einw., einem Gymnasium und einer Messe. —
Dünaburg, mit 27,800 Einw., ebenfalls an der Düna, ist in neueren
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Extrahierte Personennamen: Rasumowsky Trozkoi_Serwiew Sergius Peters Kalüga Borodino August
Extrahierte Ortsnamen: Europa Sibirien Gorinka Moskwa Moskwa Tula Moskwa Moskwa Moskwa Kaluga Moskwa Smolensk Polen Smolensk Smolensk Polen Witebsk Dünaburg
Xi. Das russische Reich.
<75
September erobert; allein Mangel und Krankheiten nöthigten die Russen,
wieder über die Donau zurückzugehen, nachdem sie durch Krankheiten einen
sehr bedeutenden Menschenverlust erlitten hatten. Der folgende Feldzug
1829 war glanzender: der neue Feldherr Diebitsch schlug den aus seinem
verschanzten Lager unvorsichtig herausgekommenen Großvezier, ging im Juli
ohne bedeutende Gefechte über den Balkan, wosiir ihm der Beiname La-
balkanski ertheill ward, und zog am 20. August in Adrianopel ein. Von
hier aus bedrohte er die Hauptstadt, so daß der Sultan sich genöthigt sah,
am 14. September' seinen unter solchen Umständen noch sehr leidlichen
Frieden zu schließen, wodurch nur einige Bezirke in Asien ^am Kaukasus
verloren gingen, die Moldau und Walachei unter russischen Schutz gestellt
und die Unabhängigkeit Griechenlands von der Pforte anerkannt wurde.
Napoleon hatte zwar im Frieden zu Tilsit (1807j aus dem größten
Theil der preußisch-polnischen Provinzen ein Herzogthum Warschau geschaffen,
und die polnischen Truppen wetteiferten in den folgenden Jahren an Ta-
pferkeit mit den Franzosen; aber 1812 nahm Rußland das Herzogthum an
sich und auf dem Wiener Congreß 1815 ward entschieden, daß Krakau mit
seinem Gebiete als Republik den letzten unabhängigen Rest des alten Polen-
reichs bilden solle. Schon mehrere Jahre hatte die Volksstimmung der
Polen gegen Rußland ziemlich offen einen feindlichen Charakter angenommen,
und am 29. November 1830 brach zu Warschau, wie schon oben erwähnt,
ganz unerwartet und unvorbereitet eine Jnsurrectton aus, in welcher Adam
W e i ü e
in der Türkei zeigten sich hier die Talente des Feldmarschalls Diebitsch.
Nach mehreren zum Theil unentschiedenen, zum Theil nachtheiligen Gefechten
siegte er zwar bei Ostrolenka, starb aber bald nachher an der in diesem
Jahre, 1831, ganz Rußland, Polen und Preußen verheerenden Cholera.
Seinem Nachfolger Paskewitsch gelang es, nachdem er die Weichsel nahe an
der preußischen Grenze überschritten, Warschau von seiner schwächsten Seite
anzugreifen und nach einem blutigen Kampfe zu erobern, wobei jedoch das
Gefecht durch einen Waffensttllstand beendigt wurde, so daß die Stadt
wenigstens nicht unmittelbar die Greuel einer feindlichen Eroberung erfuhr.
Die Ueberbleibsel des polnischen Heeres, sowie die Festungen Modlin und
Zamosc unterwarfen sich bald nachher, Nach dem Falle der Hauptstadt
erging ein furchtbares Sttafgericht über Polen, welches nun dein russischen
Reiche als eine Provinz einverleibt wurde und wo inan alles 'Nationale zu
vernichten strebte. Neue unruhige Bewegungen vermehrten nur noch die
Strenge der russischen Regierung; russischer Adel ward in Besitz der ein-
gezogenen Güter der Emigranten gesetzt, und selbst die griechische Kirche
faßte im Lande Fuß. Endlich brach eine mehrere Jahre vorbereitete, sehr
weit verzweigte Verschwörung zur Widerherstellung des allen polnischen
Reiches 1846 auf preußischem Gebiete zuerst aus und entwickelle sich im
Hauptrolle
Februar am bedeutendsten in Krakau, wurde aber schnell wieder unterdrückt.
In Galizien fand diese Revolution einen ganz unerwarteten Ausgang, indem
der dem Aufstande abgeneigte Bauer sich statt gegen Oesterreich gegen den
aufwiegelnden Adel selbst wandte, dessen Bedrückungen in den Frohndiensten
(Robot) ihn längst gereizt hatten. Schonende Behandlung stellte hier, wie
in Preußen, die Ruhe wieder her, und die nächste Folge war, daß sowohl
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Extrahierte Personennamen: Diebitsch August Napoleon