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1. Dichtung des Mittelalters - S. 131

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
‘§ 12. Gudrun. 131 Das Gudrunlied, welches man die deutsche Odyssee genannt hat, steht dem Nibelungenliede, der deutschen Ilias, fast ebenbürtig zur Seite. Auch hier bewundern wir die kühne Streitlust, die deutsche Helden- kraft, wie sie uns namentlich in dem kriegsgewaltigen Wate entgegen- tritt, auch hier bildet die Treue den Grundzug des Ganzen. Die Treue der Braut gegen ihren Verlobten hält unwandelbar fest in Drang und Not, sie bewährt sich durch heroisches Ertragen eines lange Jahre dauernden schmachvollen Leides. Rief im Nibelungenliede die Untreue die tragische Schuld hervor, welche alle ins Verderben zog, so vermittelt in der Gudrun die Treue Frieden und Aussöhnung, in der alle sich beglückt fühlen. So ist der Grundton, der das Ganze durchzieht, ein Gegensatz des Grundtones des Nibelungenliedes. In diesem folgt Leid aus Freude, in der Gudrun geht Freude aus Leid hervor für die Hauptheldin und für alle, die mit ihr in Verbindung stehen. Die Charaktere der einzelnen Personen sind, der Sinnesart der- selben entsprechend, sorgfältig durchgeführt. Wie Kriemhild in den Nibelungen die Hauptperson ist, so bildet hier Gudrun, eine deutsche Penelope, den Mittelpunkt. Sie ist mit vorzüg- lichen weiblichen Eigenschaften derart ausgestattet, daß sie zuweilen über das Maß der gewöhnlichen Weiblichkeit hinausgehoben ist. Schamhaft weist sie den wärmenden Männermantel zurück, wenn auch der eisigkalte Märzwind dnrch ihr nasses Gewand fährt; mild bietet sie Ortrun und allen ihren Genossinnen gegen Wate Schutz, ja sie weist selbst ihre harte Peinigerin Gerlind nicht völlig ab, als diese hilfesuchend zu ihr eilt; um dieselbe zu retten, verleugnet sie sogar Wate gegenüber ihre Anwesenheit. In ihrem Bräutigam das Ideal stolzer Ritterlichkeit erkennend, ist sie in ihrer Gesinnung unerschütterlich: weder die verlockende Aussicht auf ein glänzendes Los an der Seite eines durch Gesinnung und Tapferkeit hervor- ragenden Königssohnes, noch die schmachvollste Erniedrigung, welche die hohe Königstochter zu einer dienenden Magd herabwürdigt, vermag sie in ihrer Treue wankend zu machen. Sie trägt alles mit wahrhaft männ- lichem Starkmute: man erblickt auch in der zur Magd Erniedrigten die hoheitsvolle Prinzessin. Ihre Djfutter Hilde hat von ihrem harten Vater eine gewisse Starrheit geerbt. Wenn die Tyrannei desselben sie auch zu Heimlichkeit und List führt, so sucht sie doch im übrigen ihr Ziel aus geradem Wege unentwegt zu erreichen. So verliert sie den Gedanken an Rache nicht aus dem Sinne und weiß ihn willensstark zur rechten Zeit ins Werk zu setzen; so kann sie nur widerwillig, gedrängt durch die Bitten und Tränen Gudruns und Ortruns, sich entschließen, Hartmut die erbetene Ver- 9 *

2. Dichtung des Mittelalters - S. 139

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
17. Hartmann von Aue. 139 mächtig und verstand außer der lateinischen Sprache auch die französische. Er bezeugt diese seine höhere Bildung in naiver Offenheit in dem Ein- gänge seiner Dichtung „Der arme Heinrich" (s. S. 143) und ähnlich in seinem „Jwein". Im übrigen ist seine Lebensgeschichte uns kaum bekannt; wir wissen nur, daß er an einem Kreuzzuge teilgenommen hat und nach 1210 gestorben ist. Er gilt seinen Zeitgenossen als Meister höfischer Bildung, der sich namentlich auf äiu mäze versteht, das weise Maßhalten in allen Dingen, und auf den feinen Takt. Seine musterhafte mittelhochdeutsche Sprache zeigt eine anmutige Glätte in wohl gefügtem Satz- bau und tadellosem Reim; seine Darstellung ist klar und ruhig, frei von jeder Übertreibung, aber anziehend durch innere Lebendig- keit und edle Natürlichkeit, namentlich auch durch die ihm eigene Seelenmalerei. Daher rühmt ihn auch Gottfried von Straßburg in seinem Tristan mit folgenden Worten: „Herr Hartmann der Auwäre, Ahi, wie der die Märe So außen als auch innen Mit Worten und mit Sinnen Durchfärbet und durchschmücket! Wie seine Rede zücket Auf der Aventüre Sinu! Wie hell und klar von Anbeginn Sind seine Wörtlein von Kristall Und bleiben es auch immer all! Mit Sitten treten sie heran Und schmiegen nahe sich uns an Und werden lieb dem reinen Mut. Er setzte sich in seinen zwei Epen „Erek" und „Jwein", welche beide der Artus-Sage angehören, zum Ziele die Verherrlichung zweier Ideale des Rittertums, der Tapferkeit und der Liebe. Außerdem be- sitzen wir von ihm die Legende „Gregorius vom Steine" und die poetische Erzählung „Der arme Heinrich". Erek, die Bearbeitung einer französischen Dichtung von Chretien de Trotzes, zeigt noch Unvollkommenheiten in der ermüdenden Breite der Schilderung von Nebenumständen und in der mangelhaften Behandlung der Sprache. Der Held „verliegt" sich nach seiner Hochzeit mit der schönen (Suite und wird deshalb von ihr zu ritterlichen Taten getrieben. Nach vielen, mit großen Gefahren verbundenen Heldenabenteuern, denen sie zur Strafe dafür, daß sie an seinem Mute gezweifelt, als Zeugin beiwohnen muß, söhnt er sich mit ihr aus und übernimmt die Herrschaft seines Vaters. Jwein. Jwein oder „der Ritter mit dem Löwen" ist das vollendetste Gedicht Hartmanns und der Form nach die regelmäßigste unter allen mittelhochdeutschen Dichtungen. Den Stoff entnahm der Dichter dem

3. Dichtung des Mittelalters - S. 171

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
21. Stoff und Form der Lyrik. 171 der Erzählung ist ein Bauernsohn, den Überdruß an Arbeit und Hochmut zu den Raubrittern treiben. Nach vielfachen Übeltaten wird er als Wegelagerer ergriffen und gehenkt. Die sittliche Tendenz des Dichters ergibt sich vornehmlich aus den Worten: „Wo eigensinn'ge Knaben trachten Der Eltern Worte zu verachten, Die sei'n durch diese Mär' gewarnt. Und wenn wie Helmbrecht sie umgarnt Der Hochmut, so ist's gut und recht, Wenn sie auch enden wie Helmbrecht." Der Stricker (striekaoro — Zusammenfüger), ein vielseitiger, nach seinen Lebensverhältniffen unbekannter Dichter aus Österreich, welcher die komische Seite des Hoffschen Epos in seinem „Pfaffen Amis", einem mittelalterlichen „Eulen- spiegel", vertritt. 8 21. ß. ¿i yx i ü. Stoff und Form der Lyrik. Neben der Epik blühte gleichzeitig die Lyrik. Dieselbe äußert sich vorzugsweise in dem sog. Mi nnegesänge, dessen Hauptthema die Minne ist (vgl. meminisse — gedenken), d. h. die seelenvolle keusche Liebe, das stille, sehnende Denken an die Geliebte. Die den Dentschen schon von ihren Vorfahren her innewohnende Hochachtung 1 des weiblichen Geschlechtes hatte durch den Einfluß des Christentums, namentlich durch die Verehrung der Gottesmutter Maria, noch eine bedeutende Stärkung erhalten. Dazu erachtete das Rittertum es als eine seiner ersten Pflichten, die Frauen zu ehren und ihrem Dienste sich zu widmen. So konnte in der idealen Richtung des damaligen Rittertums der Frauenkult einen solchen Grad erreichen, wie wir ihn in den Minneliedern kennen lernen. Zwar haben dieselben vielfach etwas Einförmiges, da der Kreis der Ge- danken und Empfindungen in denselben auf stilles Hoffen und süße Sehn- sucht, auf jubelnde Wonne bei freundlicher Zuneigung der nicht einmal mit Namen genannten Geliebten, auf schmerzliche Klage bei etwaiger Härte oder Untreue derselben sich beschränkt; sie bekunden aber dafür auch die tiefe und keusche Zartheit des deutschen Gemütslebens in lieblicher und fesselnder Anmut. In dieser Hinsicht ist der Minnegesang auch für die Sittengeschichte von großer Bedeutung gewesen. „Dieses eine Gefühl der Liebe", be- 1 Tacitus sagt in seiner G-ermania c. 8: Inesse (feminis) quin etiam sanctum aliquid et providum putant.

4. Dichtung des Mittelalters - S. 173

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
21. Stoff und Form der Lyrik. 173 Geige (mit der üdelen, mit der gigen), da sie, mit Ausnahme der Sprüche, die, nur aus je einer Strophe bestehend, der kurze Ausdruck einer reflektierenden Stimmung, nicht zum Lesen, sondern zum Singen bestimmt waren. Der Dichter, kundig des Singens und Sagens, war zugleich Komponist, so daß Melodie und Gedicht als e i n Ganzes erschienen und so auch sich fortpflanzten. Unterschieden werden sowohl in metrischer als in musikalischer Kom- position Lieder, Leiche und Sprüche. Die Lieder bestehen aus mehreren gleichmäßig gebauten Strophen. Jede Strophe zerfällt in drei Treile: in die ihrem Bau nach völlig übereinstimmenden zwei Stollen und in den in Versmaß und Reim von den Stollen abweichenden Ab- gesang; „so ruht die lyrische Strophe gewissermaßen auf zwei Pfeilern, die durch eine gemeinsame Überdachung zu einem Ganzen verbunden werden". Rach dieser Art des Ausbaues hatte sich natürlich auch die musikalische Komposition zu richten. Die Leiche (leich — Spiel, ge- spielte Melodie) haben dagegen ohne gleichmäßige Strophenabteilung ein mehrfach wechselndes Versmaß und mannigfaltige, oft vielfach verschlungene Reimstellung1. Dementsprechend war auch die musikalische Komposition reicher und freier. Der Leich, vorwiegend geistlichen und politischen Zwecken dienend, war zumeist ernst und feierlich, in den sog. Tanzleichen aber heiter und lustig. Der Spruch besteht aus nur einer meist dreiteiligen Strophe religiösen oder politischen Inhalts. Da die Lieder anfangs nur durch mündliche Überlieferung fortgepflanzt wurden, zumal die meisten Sänger nicht einmal schreibkundig waren, so ist unzweifelhaft eine große Anzahl derselben verloren gegangen; aber dennoch besitzen wir Gesänge von 160 Dichtern, welche uns in Samm- lungen aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts erhalten sind. Die wichtigste ist die große Heidelberger (auch Paris-Heidel- berger) Liederhandschrift, nach dem Züricher Ratsherrn Rüdiger Manesse „Manessische Sammlung" genannt; doch hat Rüdiger zu dem Werke durch seine eigene Sammlung wohl nur den Grund gelegt; voll- endet wurde es erst im Laufe der Zeit durch die Tätigkeit verschiedener Hände. Diese kostbare Handschrift enthält auf 429 schönen Pergament- blättern die Lieder von 140 Dichtern in prächtiger, klarer Schrift mit bunten Initialen. Den Liedern ist gewöhnlich das Bildnis des betreffenden Dichters mit seinem Wappen und den ihm charakteristischen Zeichen vor- angestellt. Eröffnet ist die Sammlung mit dem Bilde des mächtigen Hohenstaufenkaisers Heinrich Vi. (ff 1197), der ausgestattet ist mit Purpur- 1 Man vergleiche in etwa Schillers Lied von der Glocke.

5. Dichtung des Mittelalters - S. 223

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 27. Die Zeit des Verfalles der Poesie. 223 und singet her all mit Fleiß dem Herren zu Lob, Ehr und Preis und lobet Gott mit sießem Ton, wie auch der König David schon! Der sang dem Herren schön Gedicht, also solt ihr auch sein verpflicht." Diese Gegenstände der Dichtung wurden nach bestimmten Regeln, nach der sog. Tabulatur, in besondern Singschulen, auf der Herberge oder aus dem Rathause oder in der Kirche behandelt. So wurde die Kunst des Gesanges schulgerecht erlernt; denn jedes freie poetische Schaffen war ausgeschlossen. Die Mitglieder der Singschule waren teils Schüler, welche die Gesetze der Tabulatur noch erlernen mußten, teils Schulfreunde, welche dieselben bereits kannten, teils Sänger, welche Meistergesänge anderer vorsingen konnten, teils Dichter, welche nach vorhandenen Tönen Lieder zu dichten verstanden, teils Meister, welche einen Ton, d. h. einen Gesang mit neuem Metrum und neuer Melodie erfunden hatten. Zu jedem Liede (Bar) gab es eine bestimmte Weise, die mit oft sonderbarem Namen (Rosmarinweis, hohe Firmament- weis) bezeichnet wurde. Die Strophe des Liedes hielt die Dreiteiligkeit der Strophe der höfischen Lyrik in den beiden Stollen und dem Abgesange fest, wuchs aber in den einzelnen Teilen oft ins Unförmliche; auch wurde der Rhythmus nur durch Silbenzählung erreicht. Aus den Meistern wurde das Gemerk (der Vorstand) gewählt, welches aus dem Büchsenmeister (Kassierer), dem Schlüsselmeister (Archiv- verwalter), dem Kronenmeister (Verteiler der Preise) und dem Merkmeister (Kritiker) bestand. Letzterer mußte auf die Christlichkeit, Bibelrichtigkeit und Deutlichkeit des Inhaltes, namentlich aber auf die Form rücksichtlich der Regelrichtigkeit im Strophen- und Versbau sowie in der Reimstellung achten; er hatte deshalb auch noch drei oder vier Merker als Kampfrichter zur Seite 1. 1 Folgende dem Roman „Norika" von Hagen entnommene Darstellung einer sonntäglichen Zusammenkunft, der auch Kaiser Maximilian I. beiwohnte, schildert das Wesen und die einzelnen Vorgänge einer Singschule klar und wahrheitsgetreu, wenn auch der unten genannte Meistersänger Beham oder Beheim zu jener Zeit bereits tot war. „Die Kirche war im Innern schön aufgeputzt, und vom Chor, den der Kaiser einnehmen sollte, hing eine kostbare Purpurdecke herab. Gar feierlich nahm sich der Verein der edlen Meistersänger aus, die umher auf den Bänken saßen, teils lang- bärtige Greise, teils glatte Jünglinge, die aber alle so still und ernst waren, als wenn sie zu den sieben Weisen Griechenlands gehörten. Alle prangten in Seiden- gewändern, grün, blau und schwarz, mit zierlich gefalteten Spitzenkragen. — Neben

6. Dichtung des Mittelalters - S. 186

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode. 186 Í6h maz daz selbe kleine strö, als ich hie vor gesach von kinden. nú hceret unde merket, ob si’z denne tuo: „si tuot, si entuot, si tuot, si entuot, si tuot.“ swie dicke ich’z tete, sö waz ie daz ende guot. daz troestet mich: da hceret ouch geloube zuo. Ich maß dasselbe kleine Stroh, Wie icksts bei Kindern wahrgenommen. Nun höret all und merket denn, ob sie es tu': Sie tut, tut's nicht, sie tut, tut's nicht, sie tut; Wie oft ich maß, so war noch stets das Ende gut: Das ist mein Trost nun; da gehört auch Glaube zu. (Simrock.) Im Anschlüsse an diese heitern Lieder mögen jene ernsteren, aber nicht durch politische Beziehungen gefärbten Gesänge späterer Jahre ihre Stelle finden, soweit sie sich nicht in den Rahmen der folgenden mehr historischen Anordnung einfügen lassen: Wert männlicher Schönheit. An wibe lobe stet wol, daz man sie heize schoene: manne stet ez übel, ez ist ze wich und oste hoene. küene und milte und daz er dar zuo staete si, so ist vil gar gelobet: den zwein stet wol daz dritte bi. wil ez iu niht versmähen, sö wil ich’z iuch leren, wie wir loben suln und niht unéren: ir müezet in die liute sehen, weit ir s’ erkennen wol: nieman uzen nach der varwe loben sol. vil manic möre ist innen tugende vol: wö wie wiz der 1 herzen sint, der sie wil umbe kören! Die Schönheit rühme der, der eine Frau besinget, Männern steht es übel, weil es weich und spöttisch klinget. Kühn und mild und daß er auch beständig sei, Das ist genug: dies dritte steht gar schön bei jenen zwei. Wenn ihr's nicht verschmähet, so will ich euch lehren. Wie man loben soll und nicht entehren: Ihr müßt in die Leute sehn, so schaut ihr, wie's bestellt; Nicht nach der Wangen Schminke sei der Schluß gefällt. Gar weist ist oft, den man für töricht hält: Wohl tät' es not, die Weisen auch erst um und um zu kehren. (Simrock.) der, nämlich der Mohren.

7. Dichtung des Mittelalters - S. 251

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
Wörterbuch. 251 fürbaz, vürbaz adv. mehr, weiter; fürbaz mer noch dazu, noch weiter, vürhten stv. fürchten (praet. vorbte). fürst der vorderste, Herrscher, tust stf. Faust; säst twingen die Faust ballen. wä, wär pron. wo. wäc stm. Wasser, Flut, Woge. waege adj. gewogen, geneigt, waenen swv. meinen, hosten, wahr- nehmen (praet. wände). waere adj. wahrhaft, waerlicbe adv. in Wahrheit, waetlicb adj. schön, stattlich, wäfen stn. Waffe, Schwert; als Aus- ruf: wehe. wäfenen, waten swv. wastuen. wäge stf. Wage, Wagnis; an die wäge läzen aufs Spiel setzen, wagen stm. Wagen (pl. wägene). walden, walten stv., eines über etwas herrschen, für etwas sorgen, wan praep. außer; adv. nach Negationen: außer, als; in positiven Sätzen: nur. wän stm. Wahn, Meinung, Hoffnung, wände, wand, want, wan Fragewort: warum? conj. weil, denn. wandelieren swv. wechseln, variieren, wandelunge stf. Wechsel, Variation, wannen von wo, woher, war wohin? war stf. Aufmerksamkeit: w. nemen (c. gen.) Rücksicht nehmen auf. wät stf. Kleidung, Rüstung, we adv. weh. wec (gen. weges) stm. Weg. weder pron. wer von beiden? wegen stv. sich bewegen, hin und her wägen (praet. wac), höhe w. hoch an- schlagen. weinen swv. weinen, beweinen, welich, welch, weih Fragewort: was für ein? wellen wollen (wil, wil [wilt], wil, wellen, wellet, wellent; Conj. welle; praet. wolte, wol de), wellen, welen, wein swv. wählen. wenden swv. wenden, abwenden; einen eines an etwas hindern, von etwas abbringen; an einen jemandem zu- wenden. wer stf. Verteidigung, Wehr. werben stv. intr. handeln, Verfahren, sich bemühen; trans. betreiben, an- knüpfen. werc, werch stn. Werk, Handlung, werde adv. auf würdige Weise, werdekeit stf. Würde, hohes Ansehen, Herrlichkeit. werlich adj. wehrhaft, streitbar, werlt stf. Menschheit, Welt. wem swv. währen, dauern, wem swv. gewähren, belohnen, werren stv. hinderlich sein, schaden, wert (werd —) adj. wert, teuer, lieb. wert, werder stm. Insel, Au, Werder, wesche swf. Wäscherin, wesche stf. Wäsche, wesen sein, geschehen (s. sin), wie stm. Kampf, wichen stv. weichen, zurücktreten, wider, widere adv. zurück; wider unde dan hin und her. wider praep. gegen, wider, gegenüber, widersagen swv. aufkündigen, abschlagen, widerstrebe stf. Widerstand, widerwanc stm. Rückkehr, wigant stm. Krieger, Held. wilde stf. Ungezähmtheit. wildenaere stm. Jäger, wile stf. Weile, Zeit; die wile so- lange als. wilent adv. früher. willec, willeclich adj. willig, bereitwillig; willecliche adv. gern. wine stm. Freund, Gatte; stf. Geliebte, Gattin. wip stn. Weib, Gattin, wirde stf. Würde, Achtung, wirs (comp, zu übele) adv. übler, schlimmer. wirt stm. Hausherr, Landesherr, wis, wise adj. weise, erfahren, wis, wise stf. Art und Weise, Gesang, Lied.

8. Dichtung des Mittelalters - S. 211

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 23. Walther von der Vogelweide. 211 Und biten umb’ unser Sünde dich, daz dû uns sîst genædiclich, Sô daz din bete erklinge vor der barmunge urspringe : sô hän wir des gedinge, diu schulde werde ringe, Da mite wir sère sin beladen, hilf uns, daz wir sie abe gebaden Mit stæte wernder riuwe umb’ unser missetät, die âne got und âne dich nieman ze gebenne hät. Wir bitten dich für unsre Schuld Um deine Gnade, deine Huld: Kommt Fürbitb uns geronnen Aus der Erbarmung Bronnen, So haben wir mit Wonnen Erleichterung gewonnen Der Schuld, womit wir schwer beladen: Die hilf uns, Herrin, wegzubaden Im Quell der ew'gen Reue Um unsrer Sünden Last, Die außer Gott nur du allein uns zu vergeben hast. (Simrock.) Überschauen wir in einem kurzen Rückblick die vielseitige dichte- rische Tätigkeit Walthers, so erscheint er uns als ein hochbegabter, seine Kunst mit volkstümlicher Frische und Kraft glücklich verbindender Dichter, der als die erste aller „Nachtigallen" das Lied zum Preise der Minne ertönen läßt, der sodann, die engen Grenzen des Minnegesanges überschreitend, mit gewichtigem Wort für deutsches Wesen und Gottes Ehre eintritt und als politischer und patriotischer Dichter in den Streit zwischen den Hohenstaufen und den Welfen, der zugleich ein Kampf zwischen Kaisertum und päpstlicher Gewalt war, mächtig ein- greift und, begeistert von der Hoheit der römischen Kaiserwürde, in ent- flammter Vaterlandsliebe den Ansprüchen des großen Papstes Innozenz Iii. mit kühnem, scharfem, ja selbst bitterem Wort entgegentritt, der aber bei aller Parteinahme doch ein treuer Sohn der Kirche bleibt in um geheuchelter Frömmigkeit und echt christlicher Gesinnung. „Das Gesamt- bild, das wir gewinnen, ist zugleich ein Kulturgemälde mittelalterlichen Lebens (Frauendienst, Herrendienst, Gottesdienst), aber auch ein Abbild eines Menschenlebens, das seinen Wert für jede Zeit behält, weil es durch Reinheit und Edelsinn, durch Wärme und Begeisterung, durch schlichten Glauben und wahre Frömmigkeit vorbildliche und erzieherische Bedeutung gewinnt." (A. Matthias.) Ähnlich sagt Pfeiffer: „Frei von Selbstsucht und niedrigem Ehrgeiz, begeistert für das Gute und Schöne, durchdrungen von der großartigen Idee des deutschen Kaisertums und mit all seinem Dichten und Denken den großen Angelegenheiten seines Vater- landes zugewandt, schritt er voll sittlicher Würde und Hoheit durch jene von gemeinem Eigennutz und unersättlicher Habgier beherrschte Zeit, aus deren dunklem Hintergründe sich sein Bild um so heller und leuchtender 14*

9. Dichtung des Mittelalters - S. 15

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
Zweite Periode. §5. Die Poesie unter dem Einflüsse der Geistlichkeit. 15 Thu biguolen Yolla, Frija erä suister; Da besprach ihn Dolla (und) Irija, ihre Schwester; 5. Thu higuolen Wodan, so he wola conda: Da besprach ihn Wodan, wie er wohl konnte: Löse benrenki, söse bluotrenki, Sei's Beinverrenkung, sests Blutverrenkung, 8os6 lidirenki: Sets Gliedverrenkung: Ben zi bena, bluot zi bluoda, Wein zu Weine, Wlnt zu Wlute, Fid zi gekiden, söse gelimida sin ! Glied zu Gliedern, als ob geleimt sie seien!" 1 Zweite Periode, von 800 dis 1100. 8 5. Die Poesie unter dem Einflüsse der Geistlichkeit. Mit der Christianisierung der heidnischen Sachsen kam eine christliche Poesie auf. Um dem Volke für die den Götterglauben fördernden und deshalb von Ludwig dem Frommen verbotenen nationalheidnischen Lieder und Sagen Ersatz zu bieten, verfaßten die Geistlichen Dichtungen christ- lichen Inhalts, welche teils absichtlich teils unwillkürlich nationale An- schauungen enthielten. Solche Darstellung zeigen das Wessobrunner Gebet, genannt nach dem Kloster Wessobrunn oder Weißenbrunn in Oberbayern, und das Muspilli (d. h. Weltbrand) genannte Lied, auf- gefunden in der Bibliothek von St Emmeran in Regensburg. Das Wessobrunner Gebet, in alt sächsisch er Mundart ver- faßt, aber von einem hochdeutschen Schreiber aus Bayern um 800 auf- gezeichnet. stellt in neun stabreimenden Versen in einem epischen Eingänge die vor der Weltschöpfung herrschende Leere dar, nur „war da der eine allmächtige Gott, der Männer mildester" (enti do was der eino al- mahtico cot, manno miltisto); es folgt ein kurzes prosaisches Gebet um rechten Glauben, guten Willen und um Kraft, dem Teufel zu widerstehen. Im „Muspilli", aufgeschrieben auf leer gebliebenen Seiten eines dem Könige Ludwig dem Deutschen gewidmeten frommen Buches, fehlen 1 Phol nach I. Grimm der Beiname des Lichtgottes Balder, Sunna, die Sonne; Sinthgunt, eine Begleiterin der Sunna — Morgen- oder Abendstern, nach andern die Mondgöttin; 'Wodan, auch Odin genannt, und Frija, die Göttermutter, das höchste Götterpaar; Volta, die Göttin der Fülle, des Reichtums.

10. Dichtung des Mittelalters - S. 28

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
28 Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode. licher Klarheit fein gezeichnet; dazu steht alles im engsten Zu- sammenhange. So ist das Waltharilied ein Werk ersten Ranges, und zwar sowohl durch den Stofs, welcher uns die alte Volksdichtung in ihrer bald schroffen, riesenhaften Kraft (vgl. z. B. die grausige Ver- stümmelung der drei letzten Kämpfer), bald zarten, anmutigen Milde (vgl. z. B. die Nachtszene in der Höhle, von der I. Grimm mit Recht sagt, daß sie zu dem Erhabensten gehört, was unsere alte Poesie aufzuweisen hat) treu vor Augen führt, als durch die echt epische Darstellung, welche nicht selten an die Weise der Ilias erinnert. Dritte Periode) von 1100 dis 1300, oder erste Ltüteperiode. 8 6. Gründe der Blüte. Die Gründe des großartigen Aufschwunges der Poesie in dieser Periode, die wir mit Recht die erste Blüteperiode nennen, sind vor- wiegend folgende: 1. Das Christentum. Mit der Zeit hatte das Christentum Herz und Gemüt der Deutschen ganz durchdrungen, hatte sie gelehrt, ihr Leben und Wirken auf eine höhere Welt zu beziehen. So war das Volk erfüllt von Glauben, Liebe und Hingabe an die Lehren des Christentums, welches die deutschen Nationaltugenden: Ehre, Treue, Reinheit der Sitten, Schutz der Unterdrückten, noch kräftiger sich entwickeln ließ; daher die herrlichsten Blüten geistlicher Poesie, daher die glänzendsten Loblieder auf die Jung- frau Maria. 2. Die Kreuzzüge. Bei dieser hingebenden Begeisterung für die Lehre Christi gab das Volk von seinem Nationalcharakter, seinem Hange nach Krieg und Abenteuern, seiner Wanderlust nichts ab. Daher mußten die Kreuzzüge, die einerseits, ausgehend von dem kirchlich-frommen Sinne der Christen, die Befreiung des Heiligen Landes bezweckten, anderseits den Deutschen die beste Gelegenheit zu Kampf und Abenteuern boten, das deutsche Volk gewaltig anziehen und eine mächtige Begeisterung hervor- rufen. Zugleich wurde durch die Verbindung mit andern abendländischen Völkern und mit dem Orient der Jdeenkreis erweitert, die Phantasie be- lebt und mit ritterlich romantischen Gedanken erfüllt und der Dichtung mannigfaltiger und herrlicher Stoff geboten. 3. Der Glanz des hohen staufischen Kaiserhauses. Galt überhaupt schon der deutsche Kaiser als das weltliche Haupt der Christen-
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