Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Das Mittelalter - S. 250

1891 - Münster i. W. : Schöningh
250 Mittelalter. Es unterliegt keinem Zweifel, daß, je länger die Fahrt dauerte, die Mannschaft immer lauter ihre Besorgnis aussprach, vielleicht auch sogar allerlei Drohungen gegen den fremden Führer laut werden ließ, wenn auch die dramatische Ausschmückung dieser Stimmung, welche in der Erzählung von einem Vertrage gipfelt, den Kolumbus sollte eingegangen sein, einer späteren Zeit angehört. Der Admiral soll sich dazu verstanden haben, nach drei Tagen umzukehren, wenn bis dahin das gesuchte Land noch nicht aufgefunden fei. Die Zeugnisse Peter Martyrs und des Kolumbus selbst sprechen gleichfalls recht deutlich von der schwierigen Haltung der Matrosen. „Die spanischen Begleiter", erzählt Martyr, „singen erst heimlich an zu murren und traten dann offen zusammen. Sie drohten, ihren Führer ins Meer zu werfen; sie seien von dem ligu-rischen Menschen betrogen und ins Verderben gebracht." Diese Angaben über die bedenkliche Stimmung unter dem Schiffsvolke bestätigt Kolumbus in seinem Tagebuche, wenn er am 14. Februar 1493, also auf dem Heimwege, berichtet, daß er schon auf der Hinfahrt viel von den Leuten zu leiden gehabt, weil alle einstimmig erklärt hätten, umkehren zu wollen, und daß sie sich zu Drohungen gegen ihn hätten hinreißen lassen. Vom 7. Oktober an beschloß Kolumbus, einen südwestlichen Kurs beizubehalten. Er wurde dazu durch den Flug zahlreicher Vögel veranlaßt, welche nach dieser Richtung zogen; denn er wußte, daß die Portugiesen der Beobachtung des Fluges der Vögel die Entdeckung mancher Inseln verdankten. Auch am 10. Oktober beklagten sich seine Leute wieder über die lange Dauer der Reise, aber der Admiral belebte ihre Hoffnung auf reichen Gewinn, der in sicherer Aussicht stehe. Übrigens fügte er hinzu, ihre Klagen nützten nichts, da er unter allen Umständen mit Gottes Hilfe feinen Weg fortsetzen werde, bis er Indien erreicht habe. So hätte er nicht sprechen können, wenn es wirklich zu einem Vertrage gekommen wäre, der ihn verpflichtet hätte, nach drei Tagen umzukehren. Kolumbus war zu fest überzeugt, dem Ziel feiner Wünsche nahe zu fein und fand in den Pinzonen eine kräftige Stütze. Ohne Schwankung war er in den ersten Wochen westwärts gesteuert und wich nur in den letzten Tagen mit bewußter Absicht von dieser Richtung ab. Sie waren bereits mehr als 750 Meilen von den Kanarien entfernt. Das Schiffsvolk spähte immer eifriger nach Land aus, denn dem Glücklichen, welcher zuerst dasselbe erblicken sollte, waren reiche Geschenke und eine jährliche Pension von 10 000 Maravedis (etwa 250 Mark) verheißen. Da infolgedessen zu wiederholten Malen der Ruf: Land! erscholl, ohne daß die daran geknüpfte Erwartung sich erfüllte, so wurde bestimmt, daß derjenige, welcher die Gemüter aus solche Weise vergeblich

2. Das Mittelalter - S. 257

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Janssen: Kaiser Maximilian I. 257 und Recht nach Kräften aufrichten, und nach Empfang der Kaiserkrone die geeignete und in kriegerischen Thaten bewährte Volkskraft gegen die Türken aufbieten. Denn das Kaisertum faßte er noch ganz im alten Sinne des Wortes auf als die höchste Schirmvogtei der Kirche, als den Grund- und Eckstein alles Rechtes auf Erden; die Führung der Waffen des Abendlandes gegen den Glaubensfeind erschien ihm als die edelste Aufgabe seines Lebens. Die hohen Ziele des Königs waren auch die Ziele der Einsichtigsten und Besten der Nation. Alle Vaterlandsfreunde hatten die Überzeugung, daß die Macht des Volkes abhiug von der Macht des Königtums, daß nur die moralische Gewalt in ihrem früheren Bestände Recht und Frieden sichern, selbst aber nur durch ruhmvolle Bethätigung ihrer Stellung nach außen sich über das vielköpfige Fürstentum wieder erheben könne. Mit Wärme und stolzem Selbstgefühl äußerten sich die litterarischen Stimmführer Deutschlands, daß die Nation, welche so reich und wehrhaft sei, wie nicht ein Volk der Christenheit, welche so viele Erfindungen gemacht, so viele Geistesschlachten geschlagen habe und auf allen Gebieten der Wissenschaft und Kunst eine so freudige Entwickelung bekunde, keiner anderen sich unterordnen dürfe, fondern an der Spitze aller zu stehen berufen sein. In männlicher patriotischer Sprache ermahnten Männer, wie Wimpheling, Sebastian Brant, Nauclerus und Pirkheimer an die Herrlichkeit des alten Reiches und begrüßten den Kaiser als Wahrer der deutschen Einigkeit und als Wiederbegründer des christlich-germanischen Reiches, der Weltherrschaft des Christentums im Abend- und Morgen- lande. „Siehe", mahnte den König Sebastian Brant: „Siehe die Zügel der Welt ruhn dir in den Händen, 0 König, Schuldet Gehorsam doch dir, was die Erde bewohnt! Wachsen nun unter dir, Herr, wird die Gemeinde der Christen, Jetzt, o Mehrer des Reichs, kannst du es mehren das Reich. Ja du thust's .... Augeboruer und tapferer Mut wehrt, daß dir erschlaffe, Daß dir erstarre der Geist oder zum Wollen die Kraft. Was dein Antlitz belebt, der Entschlossenheit kräftige Züge Zeugen von hohem Gemüt, edlem und christlichem Sinn. Ja, ich weiß! nicht täuschet die Hoffnung, welche wir ehemals Schöpften, daß ich des Reichs Gründer besänge in dir. Siehe, vom Himmel herab, vom hohen, winket der Sieg dir, Der einst Karl beistand, würdige Frucht ihm verlieh. Herr, die Zeit ist erfüllt; es kehren faturuische Reiche, Laß das geheiligte Land kehren in deine Gewalt! Waffen des Kaisers erfassest du jetzt, faß Kaisergemüt auch! Waffen des Kaisers erschaun mögen die Völker umher. Möge der Feind nun seh'n, wie unserm Gebieter von oben Selbst in die Hände gedrückt schreckliche Waffen der Herr." Aus allen Jahrhunderten. Ii. yj

3. Das Mittelalter - S. 22

1891 - Münster i. W. : Schöningh
22 Mittelalter. wurden. Die Sittenstrenge, welche die Deutschen selbst in diesen wilden Zeiten nicht eingebüßt hatten, die Treue und Redlichkeit, welche von jeher als Grundzüge ihres Charakters galten, wirkten vorteilhaft auf alle öffentlichen Verhältnisse zurück. Bald wurde man inne, daß diese Eroberer nicht, wie einst die Römer, vernichtend für die selbständige Entwickelung der Völker waren, daß sie sremdes Recht schonten, andere Sitte und Sprache ehrten und ihr Freiheitssinn einen erdrückenden Zwang selbst gegen Überwundene nicht aufkommen ließ. So führte das Eindringen der Fremdlinge in das römische Reich des Abendlandes nicht zu einer völligen Auflösung und Zerstörung aller gesellschaftlichen Ordnung, sondern bahnte vielmehr eine Umgestaltung derselben an, aus welcher dereinst, so tiefgreifend und stark sie war, doch noch eine Erneuerung des römischen Reiches hervorgehen konnte. Ein neues Reis wurde aus den alten Baum gepfropft. Vieles ging freilich unwiederbringlich verloren; Länder, die seit Jahrhunderten zusammengehört und in allen Interessen verwachsen waren, wurden auseinander gerissen, dem Handel und Wandel die alten Bahnen und Richtungen genommen, Kunst und Wissenschaft verloren ihre Geltung und gingen mit reißenden Schritten dem Verfall entgegen, nützliche Staatseinrichtungen gerieten in unaufhaltsamen Ruin, das ganze Leben gestaltete sich rauher und kriegerischer. Und doch sahen viele Römer damals die Germanen nicht so sehr als Unterdrücker, wie als Befreier von dem unerträglichen Druck der Kaiferherrschast an; sie fanden, diese rauhen Sieger seien ihnen eher Bundesgenossen als Herren, und besser sei es, mit ihnen frei und arm zu leben, als äußerlich glänzend unter dem Joch der Kaiser des Ostens und ihrer Beamten. Die Führer der Germanen haben geglaubt, daß sich auf ruhigem Wege die weitere Entwickelung der Dinge gestalten, daß das römische Reichsgebiet, nachdem sie es mit ihren Heeren besetzt hatten, friedlich fortan Germanen und Römer zugleich umfangen würde, ja sie hofften wohl gar, durch weise Sorgfalt sich dauernd den Dank der Römer zu gewinnen. „Mögen andere Könige", schreibt der Ostgote Theoderich (493—526), „ihren Ruhm in dem Untergang eroberter Städte suchen; unser Vorsatz ist es, unsern Sieg so zu benutzen, daß die Unterthanen nur beklagen sollen, zu spät unsere Herrschaft erlangt zu haben." Die Könige der Germanen ließen sich, um den römischen Stolz nicht zu verletzen, so weit herab, daß sie sich selbst und ihre Völker nur als Fremdlinge bezeichneten, die gastliche Aufnahme im Reiche gesucht und gefunden hätten; sie erkannten zum Teil ausdrücklich ihre Länder nur als untergeordnete Teile des römischen Staates an, den sie nicht als einen neben anderen, fonbent als den Staat schlechthin zu betrachten gewohnt waren. Manche von ihnen sahen in dem Kaiser zu Konstantinopel, so wenig sie sich auch von ihm Eingriffe

4. Das Mittelalter - S. 64

1891 - Münster i. W. : Schöningh
64 Mittelalter. den zerstörten Bau herzustellen. Wie aber sollte dies gelingen, so lange sich die deutschen Stämme selbst, ohne inneren wie äußeren Zusammenhalt, in einer fast ununterbrochenen Reihe von Kriegen schwächten und aufrieben! so lange die Fürsten über Völker geboten, die dem Zwang der Gesetze und jeder durchgreifenden Herrfchergewalt mit trotzigem Freiheitssinn widerstrebten? So hatte der Westgote Athaulf, so der Oftgote Theode-rich, so endlich hatten die ersten Merowinger ihre sühnen Pläne, das abendländische Reich herzustellen, sogleich beim ersten Angriff aufgeben müssen; genug, daß es gelang, einzelne Teile des großen Ganzen ihrem Königsgebot zu unterwerfen und zu besonderen Reichen zu gestalten. Aber der erste germanische Fürst, dem es glückte, die Selbständigkeit der Gemeinden für immer zu brechen und der Königsherrfchaft zum letzten entfcheibenben Siege über die Volksherrfchaft zu verhelfen, der zugleich dahin gebieh, alle beutfchen Stämme, die in ihren alten Sitzen geblieben waren, in feinem Reiche zu vereinen und sie wieber mit den ausgewanderten bereits romanifierten Germanen zu üerbinben, nahm auch sofort das römische Kaisertum auf und stellte sich als Nachfolger der alten Imperatoren hin. So erst schien der lange Kampf zwischen Rom und den Germanen friedlich geschlichtet zu werben, bei dem es sich ja von Anfang an weniger um die Vernichtung des alten Weltreiches gehanbelt hatte, als um die Aufnahme der deutschen Stämme in den großen Staatsverband der gebildeten Völker, nicht um die Zerstörung der bisherigen Kultur, sondern um die weitere Verbreitung aller Geiftesgüter, die Roms Herrschaft in sich faßte und hegte. Nicht freilich als Sklaven, nicht von Roms Legionen bezwungen, waren die Germanen dem Reiche einverleibt worden; mit den Waffen in der Hand hatten sie sich Bürgerrecht und Herrenrecht in demselben erkämpft, und als sie hier alles mit den Elementen ihres Wesens erfüllt und nmgewanbelt hatten, gab die freie Entwickelung der Dinge einem beutfchen Fürsten das kaiserliche Scepter des Abenblanbes in die starke Rechte. So trat Karl die Regierung jenes großen germanisch-romanischen Reiches an, in das sich die alte Römerherrfchaft umgestaltet hatte. Doch das Kaisertum war noch etwas anberes als jenes höchste politische Ideal, dem die beutfchen Machthaber seit Jahrhunderten zugestrebt hatten; auch der religiöse Glaube der christlichen Kirche hatte die Jbee desselben erfaßt, in sich aufgenommen, auf eigentümliche Weise aus- und umgebilbet. Die Überzeugung der alten Römer, daß ihre Republik bestimmt sei, alle Völker bis an das Ende der Welt einem Gesetze zu unterwerfen, war in der christlichen Zeit nicht erstorben, fonbern hatte vielmehr neues Leben gewonnen durch den Glauben, daß alle Bekenner des Heilanbes zu einer Herbe gesammelt, zu einer großen Gemeinschaft verbunbeit werben sollten; das christliche Rom nährte mit dem Glauben an die eine christliche Kirche auch den Glauben an die Einheit des christ-

5. Das Mittelalter - S. 131

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Prutz: Heinrichs Iv. Kämpfe mit den Sachsen. izi Vorhaben scheiterte aber an dem energischen Einschreiten Papst Alexanders Ii. Dieser schickte den eifrigen Petrus Damiani nach Deutschland, und dessen eindringliche Vorstellungen und strenge Mahnungen geboten dem König und dem Erzbischos Halt. Aber die Erbitterung der Thüringer, welche die Kosten des Handels zwischen beiden hatten tragen sollen, blieb und steigerte die allgemeine Mißstimmung. Heinrich Iv. jedoch glaubte damals die Zeit gekommen, um die Gegner durch einen Gewaltstreich niederzuwerfen. Schon ein Aufstand des Markgrafen Dedi wurde mit großer Härte bestraft. 1070 aber wurde gegen Otto von Nordheim, der bisher am Hofe etwas gegolten hatte, auf Grund der Denunziation durch einen Mann niederen Standes die Anklage erhoben, daß er dem König nach dem Leben getrachtet habe. Als Otto sich zu dem gerichtlichen Zweikampfe nicht stellte, wurde ihm das Herzogtum Bayern abgesprochen und seinem Neffen Welf Iii., einem Sohn des Markgrafen Azzo von Este, übertragen. Natürlich griff Otto zu den Waffen; unter Magnus, dem «Lohne des Herzogs Ordulf von Sachsen, schloß sich ihm der unzufriedene Adel der sächsisch-thüringischen Landschaften an. Doch kam es schon Pfingsten 1071 zu einem Vergleich, in dem der Nordheimer gegen Verzicht auf Bayern und Stellung in Haft sein Eigengut behielt. _ Der ganze Vorgang ist dunkel; inwieweit Otto schuldig oder das Opfer einer gegen ihn gesponnenen Intrigue war, vermögen wir ebenso wenig zu sagen, wie wir die Motive kennen, ans denen die Parteien sich so bald verglichen. Beobachtet man aber das Treiben Heinrichs und seiner „geheimen Räte", wie man die bei ihm einflußreichen Emporkömmlinge zu nennen Pflegte, in der Folgezeit, so gewinnt man doch den Eindruck, als ob es sich um ein abgekartetes Spiel gehandelt habe, um den durch Talent, Entschlossenheit und Macht gefährlichsten Gegner zu beseitigen, da man in ihm ein unüberwindliches Hindernis für die königlichen Pläne erkannt hatte. Inzwischen nämlich war auch der Erzbischof Adalbert von Bremen an den Hof zurückgekehrt; er, der bei der Bändigung Sachsens kirchlich und politisch am meisten zu gewinnen hatte, verstärkte durch seinen Einfluß Heinrichs Unwillen gegen die Billuuger und führte Heinrich ganz zu den Entwürfen zurück, die 1066 so zäh durchkreuzt worden waren. Daran änderte sich anch nichts, als Adalbert 1072 zu Goslar starb. xsirtmcr drückender empfanden die Sachsen die ihnen auserlegten Lasten, die Freiheit aller schien bedroht und Adel und Bauern gleichmäßig dauernder Dienstbarkeit verfallen. Die königlichen Burgen wurden erweitert und vermehrt: sie schienen den Sachsen wie die Glieder einer Kette, die sich enger und immer enger um sie legte, um sie undeutscher fürstlicher Willkür dienstbar zu machen. Gelang dies, so stand noch Schwereres bevor: dann mußte Thüringen an Mainz den lästigen Zehnten 9*'

6. Das Mittelalter - S. 132

1891 - Münster i. W. : Schöningh
132 Mittelalter. zahlen, und auch Sachsen hatte ähnliche Belastung zu fürchten. So wuchs die Mißstimmung, stieg die Verbitterung, organisierte sich der Widerstand, und angesichts dessen entbrannte der junge König immer heftiger im Zorn gegen die verhaßten Sachsen, denen er vorzugsweise die Demütigung schuld gab, die er in Tribnr erfahren, als er den Erzbischof Adalbert vom Hofe entfernen und sich eine Art Vormundschaft hatte gefallen lassen müssen. Immer leidenschaftlicher strebte er nach Niederwerfung der im Centrum des Widerstandes stehenden Billnnger und gewöhnte sich immer mehr an die Vorstellung, daß ohne Züchtigung Sachsens Recht und Würde seines Königtums überhaupt nicht bestehen könnten. Die Despotennatur in Heinrich war geweckt. So erneute der König 1073 die Schenkung des thüringischen Zehnten an Mainz, indem er gleichzeitig die gegen diese Verfügung Appellierenden mit Todesstrafe bedrohte. Man scheint sich dem harten Gebote zunächst gefügt zu haben: so stark war damals also Heinrichs Macht, so nahe der König seinem Ziele, der Weg schien offen vor ihm zu liegen zu einer radikalen Umgestaltung der bisher bestehenden Ordnung, und die Reichsverfassung, wie sie sich aus dem Widerstreit zwischen Monarchie und aristokratischer Föderation entwickelt hatte, war in seine Hand gegeben. Wie wollten geistliches und weltliches Fürstentum sich dem Zwange entziehen, den das erstarkte salische Erbkönigtum im Bunde mit dem diensteifrigen Ministe-rmlentum ausübte? In Sachsen aber handelte es sich um die Freiheit von Adel und Fürsten nicht allein; auch der gemeine Mann, der dort noch im Besitz der alten Freiheit gebliebene Bauer, sah sich schwer bedroht, er wartete nur auf einen Führer, um sich offen zu erheben. Heinrich glaubte in dieser Richtung vorgesorgt zu haben, indem er nach dem Tode des Herzogs Orduls dessen Sohn Magnus in Haft behielt, ja denselben nur unter der Bedingung freilassen zu können erklärte, daß er auf das Herzogtum verzichte. Auch hatte er die Hauptburg der Billnnger, Lüneburgs in seine Gewalt gebracht. Zudem schien Otto von Nordheim durch Entlassung aus der Hast gewonnen und von der Sache seiner Landsleute getrennt. Doch hatte der Vielgewandte damit offenbar eine Maske angenommen, um den König in Sicherheit einzuwiegen und dann um so gewisser zu verderben. Denn in dem Augenblick, wo der im geheimen planmäßig vorbereitete Aufstand ausbrach, erschien er in der Mitte der gährenden Menge, um als anerkanntes Haupt den Ansturm gegen die Machtstellung des salischen Hauses zu leiten. Dies geschah im Sommer 1073. Heinrich Iv. hatte den sächsischen Heerbann gegen Polen aufgehoben; Adel und Bauernschaft Sachsens fürchteten darin eine Falle: indem er so die waffenfähige Mannschaft aus dem Lande entfernte, wollte der Despot, so meinte man, sich

7. Das Mittelalter - S. 133

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Prutz: Heinrichs Iv. Kämpfe mit den Sachsen. 133 nur die Gelegenheit schaffen, die sächsische Freiheit vollends niederzu-wersen. Demselben Zweck sollte auch eine Znsammenknnst gedient haben, die Heinrich das Jahr zuvor mit dem Dünenkönig Svend Estrithson gehabt hatte. Man stellte Heinrich zunächst vor, wie die Sachsen an dem fortdauernden Grenzkriege gegen die Slaven schwer genug zu tragen hätten, und daß man ihnen deshalb die Heeressolge gegen Polen billigerweise erlassen müßte, zumal die Entblößung der Marken leicht verhängnisvoll werden könnte. Natürlich wies Heinrich diese Bitte zurück, unter der er nur eine List der Sachsen witterte. Das seit Jahren aufgesammelte Mißtrauen hinderte eine Verständigung, auch wenn auf beiden Seiten wirklich keine besondere Nebenabsicht obwaltete. Schon auf einen Tag, den er den Sachsen nach Goslar angesetzt hatte, wagte sich der König nicht mehr, er barg sich hinter den Mauern der festen Harzburg. Das empfanden die Sachsen als eine neue höhnische Herausforderung, sie appellierten an die Waffen. Bei Eisleben versammelten sich die sächsischen Edelinge und Bauern. Otto von Nordheim führte das Wort und wußte, ein Meister in den Künsten der Demagogie, die Gemüter vollends zu erhitzen und dann nach seinem Willen zu lenken. Die von den Vätern ererbte Freiheit gelte es zu verteidigen gegen einen Tyrannen, das Unrecht, dessen sich der König schuldig gemacht, habe den ihm geleisteten Eid der Treue aufgehoben. Nun kam die Bewegung in Fluß. In den ersten Augusttagen strömten die Sachsen, 60 000 Mann stark, nach der Hamburg zusammen; am 7. lagen sie dichtgedrängt um die Burg, in der Heinrich mit den verhaßten Räten und geringer Besatzung verweilte. Man legte ihm eine Art von Ultimatum vor: nur nach Erlaß der polnischen Heerfahrt, Räumung der verhaßten Burgen, Entfernung der geheimen Räte und Freilassung des gefangenen Herzogs werde man die Waffen niederlegen. Heinrich lehnte nicht einfach ab; er unterhandelte, aber in der zweiten Nacht vom 8. zum 9. August entwich er mit geringem Gefolge auf geheimen Wegen. Doch erst, als er glücklich nach Franken kam, erkannte er die ungeahnte Größe der ihn umgebenden Schwierigkeiten. Die Lüneburg war schon gefallen, ihre Besatzung zu retten, bewilligte Heinrich die Freilassung des Herzogs Magnus, eine Nachgiebigkeit, welche die Zuversicht der Sachsen nur steigerte. Aber er hoffte bald eine andere Sprache mit den Rebellen reden zu können, doch weigerten sich die Fürsten, ihre zum Polenzug aufgebotenen Mannschaften gegen die Sachsen zu führen. Offenbar war die sächsische Bewegung nur der Beginn einer allgemeinen Erhebung, und selbst die Wohlmeinendsten mochten denken, daß der König die Gefahr, die er durch sein aristokratisches Alleinregieren heraufbeschworen hatte, auch allein bekämpfen möchte. Auch die Vermittlungsversuche einiger geistlichen und weltlichen Fürsten zeigten eine entschiedene Abneigung gegen Heinrich;

8. Das Mittelalter - S. 166

1891 - Münster i. W. : Schöningh
166 Mittelalter. der Kunst der Dichtung und des Gesanges dem deutschen Bolke die Zeit der nationalen Blüte und Herrlichkeit durch unsterbliche Meisterwerke auch geistig verklärten. Standen so die ritterlichen Kreise auch an der Spitze der nationalen Kultur im Staate, so gut wie in der Kunst, so hatten doch alle anderen Stünde ihren reichen Anteil daran und trugen auch ihrerseits zur Förderung des allgemeinen nationalen Aufschwunges bei. Zuuächst die deutsche Geistlichkeit, welche sich des Segens wohl bewußt war, welchen die politische und wirtschaftliche Erstarkuug Deutschlands unter Friedrich I. ihrem Stande und ihrer gesamten Wirksamkeit zu bereiten geeignet war; sie nahm den ihr gebührenden Teil daran, wie sie auch in den hervorragendsten ihrer Mitglieder an der Entfaltung der Macht und der Herrlichkeit des Reiches eifrig und erfolgreich mitgearbeitet hat. Wenn in den Zeiten des Schismas auch ein großer Teil der Geistlichen sich mehr ober weniger vom Kaiser abwanbte, so wiberlegt diese Thatsache boch die der nationalen Gesinnung und Haltung der beutscheu Geistlichkeit noch keineswegs. Denn wie sich der Kampf Friedrichs I. gegen Alexander Iii. schließlich gestaltete, handelte es sich in demselben nicht eigentlich mehr um nationale Interessen: wo solche aber entschieden in Frage standen, da finden wir aber auch die deutschen Bischöfe jeber Zeit, wenn nicht einmütig, so boch in ihrer überwältigenben Mehrheit auf der Seite des Kaisers. Und wenben wir nun die Blicke von biesen beiben Ständen, die auch schon durch ihre unmittelbare Teilnahme an den politischen Geschäften des Reiches in den Vordergrund treten, zu der größeren Masse des deutschen Volkes, so finden wir auch da eine freudige, von nationalem Stolze und berechtigtem Selbstgefühle getragene Thätigkeit, aus deren mutigem und thatkräftigem Schaffen sich nach allen Seiten hin die reichsten Früchte entwickelten. Welchen mächtigen Aufschwung hat in jener Zeit zunächst das deutsche Städtewesen genommen, uni) wie glänzend haben sich die Kräfte des deutschen Bürgertums entfaltet! Seitbem einst Heinrich Iv. in der Treue und Opferfreubigkeit der reichen Städte den besten Rückhalt gefnnben hatte gegen die von allen Seiten auf ihn ein-stürmenben Wiberfacher, hatten die deutschen Städte erst angefangen, recht eine politische Bebentung zu gewinnen. Gerabe Friedrich I. hatte die von Heinrich Iv. inaugurierte Politik mit großer Entschiebenheit und mit dem glücklichsten Erfolge weiter fortgesetzt. Mit seiner Regierung beginnt sogar recht eigentlich erst die Blüteperiode des deutschen Städtewesens, da ist der Grund gelegt worden zu dem Reichtum und der Macht, welche wir die deutschen Städte späterhin, als es mit dem Reiche bereits bergab ging, entfalten sehen, und in denen dann in der Zeit allgemeinen Verfalls das beste Stück nationalen Lebens gerettet wurde.

9. Das Mittelalter - S. 170

1891 - Münster i. W. : Schöningh
170 Mittelalter. durchaus nicht eine Anerkennung der Prinzipien, die einst Hadrian Iv. geltend zu machen versuchte. Eine Unterordnung des Kaisertums unter die Hoheit des Papsttums ist nirgends ausgesprochen worden: vielmehr steht ersteres unter Friedrich schon im Frieden von Venedig als eine völlig ebenbürtige Macht neben dem letzteren. Die später in Aussicht stehende Erwerbung des Normannenreiches mußte die Stellung des Kaisertums für alle Zeiten befestigen. Daß die Entwickelung, welche damit vorgezeichnet zu sein schien, nachher nicht eintrat, war die Folge allein des Verhängnisses, das wenige Jahre später mit dem vorzeitigen ^.ode Heinrichs Vi. über das staufische Haus und die von demselben beherrschten Reiche hereinbrach. Nur so konnte es geschehen, daß das von Friedrich I. ausgerichtete stolze Gebäude staufischer Macht untergraben und schließlich in Trümmer gelegt wurde. Die wichtigste Stütze für die glänzende Macht, in deren Besitz wir Kaiser Friedrich während der letzten Jahre seiner Regierung finden, war die Anhänglichkeit der lombardischen Städte. Der vergebliche Kamps gegen diese hatte ja das schwerste Stück Arbeit in dem arbeitsvollen Leben des großen Stausers gebildet. Der Standpunkt, von dem aus der Kaiser die in den Zeiten der Ohnmacht des Reiches entwickelte Selbständigkeit der republikanischen Kommunen Oberitaliens bekämpfte und als unvereinbar mit dem von ihm durchzuführenden Systeme kaiserlicher Herrschaft vernichten zu müssen glaubte, war schließlich als ein unhaltbarer, als theoretisch vielleicht richtig, aber als praktisch durchaus undurchführbar erwiesen worden: man begreift es, wie auch nach der Niederlage von Legnano (1176) Friedrich diesen aufzugeben sich nur mühsam entschließen konnte; aber um so mehr muß man es ihm als einen glänzenden Beweis wahrhaft staatsmäunischer Einsicht und staatsmän-nischen Mutes anrechnen, daß er es am Ende doch über sich gewann, mit dem ein Vierteljahrhundert hindurch verfolgten Systeme, für dessen Durchführung schon so ungeheure Opfer gebracht waren, vollständig zu brechen, als sich dasselbe eben als völlig undurchführbar erwiesen hatte. Der neue Weg, den Friedrich nun betrat und der zum Konstanzer Frieden führte, hat den Kaiser in kurzer Zeit zu Erfolgen und zu einer Machtfülle in Oberitalien gelangen lassen, wie er sie so sicher und daher so wirksam selbst nach der Zerstörung Mailands nicht besessen hatte. Auch sonst konnte die Regierung Friedrichs I. sich getrost mit den glänzendsten Zeiten ans der Vergangenheit des Reiches vergleichen lassen. Böhmen, Polen und Dänemark hatten sich der Oberhoheit Deutschlands von neuem beugen müssen, und der Glanz dieser Erfolge wurde dadurch nicht geschmälert, daß der Herzog von Polen allezeit nur ein sehr unsicherer Lehnsmann geweseu war und Dänemark zuletzt eine offen feindselige Haltung angenommen hatte. Dafür war im Südwesten das lange

10. Das Mittelalter - S. 194

1891 - Münster i. W. : Schöningh
194 Mittelalter. große, über das Abendland verbreitete Kongregation der Steinmetzenbrüderschaften, die sich zu dem Zwecke verbanden und durch die sowohl die Kenntnisse, wie die Fertigkeit ihrer Kunst sich fortpflanzten. Sie hatten in Deutschland ihre vornehmsten Banhütten zu Straßburg, Wien und Zürich. Xxvi. Wahl Rudolfs von Habsburg. Sein Kampf mit Ottokar von Böhmen. Nach A. Huber und I. Grafen Mailath. Als Richard von Cornwallis, derjenige unter den Schattenkönigen des Interregnums, der sich wenigstens einigermaßen um Deutschland gekümmert und eine gewisse Anerkennung erlangt hatte, am 2. April 1272 gestorben war, verlangte das deutsche Volk, der ewigen inneren Kämpfe und Ranbthaten müde, einen einstimmig gewählten König. Auch der damalige 'Papst Gregor X., kein großer Politiker, aber ein gutmütiger, ruhiger, konservativ gesinnter Mann, wünschte die Wahl eines in Deutsch-land allgemein anerkannten Reichsoberhauptes, um seine Lieblingsidee, die Zustandebringung eines allgemeinen Kreuzzuges, verwirklichen zu können. Die Forderung des Alphons von Kastilien, ihn nach Richards Tode als rechtmäßigen römischen König anzuerkennen, wies er ebenso ab, wie die Lockungen des französischen Königs, der ebenfalls nach der Kaiserkrone strebte. Als die Kurfürsten die Sache ins Endlose zu verzögern schienen, forderte Gregor dieselben aus, bald eine neue Wahl vorzunehmen, -widrigenfalls er selbst mit den Kardinälen eine Entscheidung treffen wurde. Auch die Kurfürsten hatten ein gewisses Interesse an der Beendigung der Zustände, wie sie fast seit drei Jahrzehnten in Deutschland geherrscht hatten, da die steigende Macht der aufstrebenden Städte selbst den Fürsten schon gefährlich zu werden begann. Es kam nur darauf an, daß sie ihre Privatintereffen in vollem Umfange wahrten und ihren Einfluß auch einem Könige gegenüber zur Anerkennung brachten. Die Wahl mußte also auf einen Mann fallen, der, durch seine persönlichen Eigenschaften des Thrones würdig, durch feine Hausmacht stark genug war, sich gegen Niedere zu behaupten, ohne den Mächtigsten gefährlich zu sein. Von dem Böhmenkönige Ottokar, der bei den letzten Versuchen, eine Königswahl zustande zu bringen, den übrigen Kurfürsten große Schwierig-
   bis 10 von 10
10 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 10 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 7
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 7
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 1
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 3
38 0
39 0
40 0
41 0
42 1
43 0
44 0
45 4
46 4
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 7
2 0
3 1
4 11
5 1
6 1
7 8
8 0
9 16
10 0
11 3
12 0
13 14
14 0
15 2
16 12
17 28
18 1
19 2
20 1
21 2
22 2
23 7
24 0
25 7
26 2
27 0
28 3
29 0
30 0
31 0
32 1
33 0
34 3
35 4
36 0
37 6
38 1
39 3
40 0
41 14
42 0
43 32
44 0
45 10
46 0
47 0
48 0
49 0
50 1
51 1
52 11
53 0
54 5
55 0
56 9
57 0
58 8
59 3
60 3
61 0
62 2
63 0
64 3
65 6
66 0
67 6
68 13
69 5
70 3
71 16
72 2
73 1
74 0
75 5
76 0
77 6
78 0
79 2
80 2
81 1
82 4
83 16
84 1
85 0
86 1
87 5
88 0
89 0
90 0
91 3
92 51
93 0
94 0
95 3
96 0
97 0
98 10
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 1
3 1
4 2
5 1
6 0
7 1
8 0
9 2
10 10
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 3
17 0
18 2
19 7
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 3
27 0
28 0
29 0
30 1
31 2
32 0
33 8
34 0
35 0
36 0
37 1
38 0
39 0
40 1
41 0
42 0
43 3
44 0
45 0
46 1
47 1
48 2
49 0
50 1
51 0
52 1
53 0
54 5
55 0
56 4
57 0
58 0
59 15
60 0
61 0
62 5
63 0
64 3
65 4
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 1
72 4
73 0
74 0
75 1
76 0
77 3
78 0
79 0
80 10
81 7
82 1
83 0
84 0
85 0
86 1
87 0
88 0
89 0
90 0
91 2
92 1
93 1
94 0
95 0
96 0
97 10
98 0
99 1
100 9
101 0
102 0
103 0
104 0
105 0
106 0
107 1
108 0
109 0
110 2
111 0
112 0
113 0
114 1
115 1
116 2
117 0
118 1
119 0
120 0
121 6
122 1
123 1
124 0
125 0
126 0
127 5
128 2
129 2
130 0
131 2
132 4
133 0
134 0
135 0
136 10
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 1
143 2
144 0
145 5
146 0
147 0
148 3
149 0
150 0
151 1
152 1
153 0
154 0
155 2
156 5
157 1
158 3
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 2
165 0
166 7
167 0
168 0
169 1
170 0
171 13
172 0
173 2
174 0
175 2
176 1
177 16
178 0
179 3
180 0
181 0
182 11
183 6
184 1
185 0
186 0
187 1
188 0
189 0
190 0
191 1
192 3
193 0
194 1
195 0
196 2
197 1
198 1
199 0