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Das Kloster von Ruysdael.
anziehenden (Soinpofition die Absicht, im Gegenwärtigen das Vergangene darzustellen, und
dies ist auf das bewunderungswürdigste erreicht, das Abgestorbene mit dem Lebendigen in
die anschaulichste Verbindung gebracht.
Zu seiner linken Hand erblickt der Beschauer ein verfallenes, ja, verwüstetes Kloster, an
welchem man jedoch hinterwärts wohlerhaltene Gebäude sieht, wahrscheinlich den Aufenthalt
eines Aintmanns oder Schössers, welcher die ehemals hieher fließenden Zinsen und Gefälle
noch fernerhin einnimmt, ohne daß sie von hier aus, wie sonst, ein allgemeines Leben ver-
breiten. Im Angesicht dieser Gebäude steht ein vor alten Zeiten gepflanztes, noch immer
fortwachsendes Lindenrund, um anzudeuten, daß die Werke der Natur ein längeres Leben,
eine größere Dauer haben, als die Werke der Menschen; denn unter diesen Bäumen haben
sich schon vor mehreren Jahren, bei Kirchweihfesten und Jahrmärkten, zahlreiche Pilgrime
versammelt, um sich nach frommen Wanderungen zu erquicken. Daß übrigens hier ein großer
Zusammenfluß von Menschen, eine fortdauernde Lebensbewegung gewesen, darauf deuten die
an und in dem Wasser übrig gebliebenen Fundamente von Brückenpfeilern, die gegenwärtig
malerischem Zwecke dienen, indem sie den Lauf des Flüßchens hemmen und kleine rauschende
Cascaden hervorbringen. Aber daß diese Brücke zerstört ist, kann den lebendigen Verkehr
nicht hindern, der sich durch alles durch seine Straße sucht. Menschen und Vieh, Hirten
und Wände» er ziehen nunmehr durch das seichte Wasser und geben dem sanften Zuge des-
selben einen neuen Reiz. Auch reich an Fischen sind noch bis auf den heutigen Tag diese
Fluten, so wie zu jener Zeit, als inan bei Fastentafeln nothwendig ihrer bedurfte; denn
Fischer warten diesen unschuldigen Grundbewohnern noch immer entgegen und suchen sich
ihrer zu bemächtigen.
Wenir nun die Berge des Hintergrundes mit jungen Büschen rnnlaubt scheinen, so mag
man daraus schließen, daß starke Wälder hier abgetrieben, und diese sanften Höhen dein
Stockausschlag und dem kleineren Gesträuch überlassen werden. Aber diesseits des Wassers
hat sich, zunächst an einer verwitterten, zerbröckelten Felspartie, eine merkwürdige Baum
gruppe angesiedelt. Schon steht veraltet eine herrliche Buche da, entblättert, entästet, mit
geborstener Rinde. Damit sie uns aber durch ihren herrlich dargestellten Schaft nicht be-
trübe, sondern erfreue, so sind ihr andere noch volllebendige Bäume zugesellt, die dem kahlen
Stamme durch den Reichthum ihrer Acste und Zweige zu Hülfe kommen. Diesen üppigen
Wuchs begünstigt die nahe Feuchtigkeit, welche durch Moos und Rohr und Sumpfkräuter
genugsam angedeutet wird.
Indem nun ein sanftes Licht von den: Kloster zu den Linden und weiter hin sich zieht,
an den: weißen Stanrnr der Buche wie im Wiederscheine glänzt, sodann über den sanften Fluß
und die rauschenden Fälle, über Herden und Fischer zurückgleitet und das ganze Bild belebt,
sitzt nahe am Wasser im Vordergründe, uns den Rücken zukehrend, der zeichnende Künstler
selbst, und diese so oft mißbrauchte Staffage erblicken wir mit Rührung hier am Platze,
so bedeutend als wirksam. Er sitzt hier als Betrachter, als Repräsentant von allen, welche
das Bild künftig beschauen werden, welche sich mit ihm in der Betrachtung der Vergangen-
heit und Gegenwart, die sich so lieblich durch einander webt, gern vertiefen mögen.
Glücklich aus der Natur gegriffen ist dieses Bild, glücklich durch den Gedanken erhöht,
und da man es noch überdies nach allen Erfordernissen der Kunst angelegt und ausgeführt
findet, so wird es uns immer anziehen, es wird seinen wohlverdienten Ruf durch alle
Zeiten erhalten, und auch in einer Copie, wenn sie einiger Maßen gelang, das größere
Verdienst des Originals zur Ahnung bringen.
Goethe (S- 311).
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TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
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Schiller. (1759—1805.)
Doch mir wachsen int Siege die Schwingen;! Die noch kein größ'res Unthier trug;
Wenn die mächtige Schwestersich zu mir gesellt, Ein Elephant ist's, welcher Thürme
Erwachs'ich zum furchtbar'ngebieter derwelt. Auf seinem schweren Rücken trägt;
Der Spinnen kriechendem Gewürme
8. (Das Schiff.) Gleicht es, wenn es die Füße regt;
Und hat es fest sich eingebissen
Ein Vogel ist es, und an Schnelle Mit seinem spitzigen Eisenzahn,
Buhlt es mit eines Adlers Flug; So steht's gleichwie auf festen Füßen
Ein Fisch ist's und zertheilt die Welle, Und trotzt dem wüthenden Orkan.
Der Spaziergang (1795.)
ldas Gedicht erschien zuerst in den Horen 1795, mit der Ueberschrift „Elegie", gleichsam als Beispiel für
Schillec's Aufsagung der Elegie, worin die Natur als Gegenstand unserer sittlichen Trauer und rein menschlichen
Sehnsucht dargestellt werde. Schiller selbst hielt viel von diesen, Gedichte; eben so W. Humboldt und Herder. Es
führt den Menschen von seinem reinen Naturleben durch alle Stufen der Civilisation bis zur rohen Ausartung
der Cultur, wo denn der Dichter sich an dem Herzen der immer gleichen Natur wiederfindet, um sich an ihren,
selbst wilden, Gestalten zu trösten und zu erheben über die wilden Verödungen ausgearteter verbildeter Mensch,
heit. Vergl. das Eleusische Fest S. 390.)
Sei mir gegrüßt, mein Berg mit dem röthlich strahlenden Gipfel!
Sei mir, Sonne, gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint!
Dich auch grüß' ich, belebte Flur, euch, säuselnde Linden,
Und den fröhlichen Chor, der auf den Aesten sich wiegt.
Ruhige Bläue, dich auch, die unermeßlich sich ausgießt
Um das braune Gebirg, über den grünenden Wald,
Auch um mich, der, endlich entflohn des Zimmers Gefängniß
Und dem engen Gespräch, freudig sich rettet zu dir!
Deiner Lüfte balsamischer Strom durchrinnt mich erquickend,
Und den durstigen Blick labt das energische Licht.
Kräftig auf blühender Au erglänzen die wechselnden Farben,
Aber der reizende Streit löset in Anmuth sich auf.
Frei empfängt mich die Wiese mit weithin verbreitetem Teppich,
Durch ihr freundliches Grün schlingt sich der ländliche Pfad;
Um mich summt die geschäftige Biene, mit zweifelndem Flügel
Wiegt der Schmetterling sich über dem röthlichen Klee.
Glühend trifft mich der Sonne Pfeil, still liegen die Weste,
Rur der Lerche Gesang wirbelt in heiterer Luft.
Doch jetzt braust's aus dem nahen Gebüsch, tief neigen der Erlen
Kronen sich, und im Wind wogt das versilberte Gras;
Mich umfängt ambrosische Nacht; in duftende Kühlung
Nimmt ein prächtiges Dach schattender Buchen mich ein.
In des Waldes Geheimniß entflieht mir auf einmal die Landschaft,
Und ein schlängelnder Pfad leitet mich steigend empor.
Nur verstohlen durchdringt der Zweige laubiges Gitter
Sparsames Licht, und es blickt lachend das Blaue herein.
Aber plötzlich zerreißt der Flor. Der geöffnete Wald gibt
Ueberraschend des Tags blendendem Glanz mich zurück.
Unabsehbar ergießt sich vor meinen Blicken die Ferne
Und ein blaues Gebirg endigt im Dufte die Welt.
Tief an des Berges Fuß, der jählings unter mir abstürzt,
Wallet des grünlichen Stroms fließender Spiegel vorbei.
Endlos unter mir seh' ich den Aether, über mir endlos,
Blicke mit Schwindeln hinauf, blicke mit Schaudern hinab.
Aber zwischen der ewigen Höh' und der ewigen Tiefe
^ Trägt ein geländerter Steig sicher den Wandrer dahin.
Lachend fliehen an mir die reichen Uftr vorüber,
Und den fröhlichen Fleiß rühmet das prangende Thal.
Jene Linien, sieh! die des Landmanns Eigenthum scheiden,
In den Teppich der Flur hat sie Demeter gewirkt.
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Bedeutsamkeit der Berge.
grünet, vom ewigen Schnee und Eise begränzt, die Frühlingsflur der Alpen. Zwischen ihren
Geklüften entspringen, aus Gletschern und aus den Niederschlägen der Atmosphäre, die le-
bendigen Quellen, die, in zahlreichen Gießbächen hinabeilend, zu Strömen sich versammeln,
um den fernen Ebenen den Segen von oben zu bringen und das Festland mit dem Meere
zu verbinden. Eine reine und heitere Lust verbreitet sich auf ihren Höhen, welche dem Erden-
bewohner freieres Athmen und regeres Leben gewährt. Wenn daher Gewölle und Nebel-
schleier über die Niederungen sich lagern, ragen ihre Gipfel heiter über das Nebelmeer. Wenn
die Gefilde der Tiefe schon in nächtliches Dunkel gehüllt sind, leuchten diese Gipfel noch im
Gruße der Abendsonne, und wenn unten kaum die Dämmerung erst begonnen, sind sie ver-
goldet schon vom nahenden Morgenroth. Hat unten die Sonnenglut im hohen Sommer die
Fluren scholl versengt, so öffnen oben erst im milden Frühling die Blüten ihre Kelche. Wird
unten zwischen Mauern und Zäunen, in Hohlwegen und Gestrüppen der Blick beschränkt
und oft von kleinlichen Gegenständen eingeengt, so eröffnet sich oben ein freier, oft unermeß-
licher Ausblick über ferne Länderstrecken und Meere hin. Und wenn hinwiederum in weiten
Ebenen das Auge suchend umherirrt und an öden Feldern sich müdet, so breitet sich eine
Reihe von Bergen wie eine große Gartenmauer vor uns aus, die unsere Gedanken anregt,
jenseits neue Landschaften, neue Menschen und Begebnisse zu suchen, dem alten Spruche
gemäß: daß drüben über den Bergen auch noch Leute wohnen.
Sind aber die Gebirgszüge der Erde jene Werkftättell der Natur, in deren Tiefen die
Metalle, auf deren Höhen die lebendigen Quellen sich bilden; sind sie ferner die ursprüngliche
Heimat der Wälder und einer großen Fülle von Gewächsen und Thieren: so waren sie
gleicher Maßen auch die uranfänglichen Wohnorte der Völker, die von da aus allinählich über
die Ebenen sich verbreiteten. Ja, selbst jene ddm Geographen unbekannte Heimat des ersten
Menschenpaares, in der Schrift der Garten Eden genannt, worin der Mensch vor dem ver
hängnißvolleir Moment seiner freithätigen Entscheidung und Selbstbestininmng eine Zeit lang
in der ihm anerschaffenen Unschuld und Glückseligkeit gelebt, scheint nach dem Zeugnisse der
Schrift sowohl als aller Völkersagen die Höhe eines Urgebirges gewesen zu sein. Vier große
Weltströme nahmen von Eden ihren Ursprung, und der Seher Ezechiel redet vom Paradiese
unter dem Namen des heiligen Berges. — Es hat demnach die Sehnsucht nach oben, oder
nach den Höhen der Berge, welche in jeder Menschenbrust zu wohnen pflegt, auch einen
geschichtlichen, aus der Urzeit des Menschengeschlechts herüberwirkenden Grund: das Ver-
langen des gesunkenen, aus der Höhe seines ursprünglichen großartigen Standes in eine
öde Welt hinaus und hinab verwiesenen Menschen nach jener Fülle der geistigen Freiheit,
des Lichtes und des Friedens, deren er verlustig wurde, als er durch eigene freie Wahl
und selbstsüchtige Willensentscheidung in jene Erniedrigung und innere Entzweiung siel, die
sein gegenwärtiges Leben verdüstert.
Und so liegt denn auch drittens in der wesentlichen Bestimmung des Menschen selbst die
Ursache unseres sehnsuchtsvollen Aufblickes nach oben. Aufrecht, gleich dem Leibe, soll auch
der Geist des Menschen sein, und in Aufrichtigkeit des Willens und der Gesinnung seine
Richtung zu Gott bewahren. Unten, unter unseren Füßen, ist nichts als starres, ödes Ge
stein, und die verborgenen Wasserwirbel und die Feuerschlünde und Finsternisse der Tiefe, aus
denen uns kein Trost, sondern unheimlicher Schauer anwehet- Und wandeln wir auch über
grüne Tristen und zwischen blühenden Bäuinen, die mit ihren vielbelaubten Aeften und
Zweigen hoch in die Lüfte emporstreben, und hüpfet und schwirret auch eine munter ge
schäftige Thierwelt um uns her, so führen diese Geschöpfe doch alle nur ein schlafendes
oder träumerisches Leben, das rein im Kreise der Naturwelt seine Entwicklung und Vollen
düng findet, aus der allgemeinen Natur auftaucht und wieder in sie zurückkehrt, und im
steten Werden, Wachsen, Vergehen und Verwesen seine Richtung nach unten bezeuget. Gleichwie
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