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1. Die Geschichte des Mittelalters - S. 131

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
29. Karl der Große. Sandalen wurden als die heiligsten Reliquien von der deutschen Nation in Ehren gehalten. Während er dem Kriegerstande als das ritterlichste Muster galt und der ritterlichen Poesie durch seine ins Wunderbare und Phantastische hinübergespielten Thaten einen reichen Stoss lieferte, schmückte auch , die Kirche sein Haupt mit dem Heiligenschein. In allen Mären und Sagen ist das Wesen von Karl's des Großen Geschichte treffend bezeichnet, indem er darin überall als ein christlicher Held, als ein Gegensatz gegen das Heidenthum und den Mohammedanismus erscheint. Nach Einhard's Schilderung war Karl ein Mann von breitem, kräftigem Körperbau und von so hochgewachsener Gestalt, daß er nach dem Maßstabe seines eigenen Fußes sieben Fuß maß. Mit dieser ungewöhnlichen Größe standen aber die übrigen Verhältnisse seines Körpers im vollkommensten Einklang, nur der Hals war etwas zu kurz. Der feste und sichere Schritt, mit dem er auftrat, und die männliche Haltung, mit welcher er seinen Körper im Stehen und Sitzen zu tragen pflegte, gaben seiner Statur schon etwas Majestätisches; dazu kam der Ausdruck und die achtunggebietende Würde einer sehr bedeutenden Physiognomie. Unter der hochgewölbten Stirn trat die Nase lang und scharf heraus; große und lebbafte Augen gaben seinem Gesichte etwas Offenes und Heiteres, wenn er munter gelaunt war, aber einen vernichtenden und zu Boden schmetternden Ausdruck, wenn die Blitze des Zornes und Unwillens daraus hervorschossen. Nicht blos die Söhne, auch seine Töchter erhielten Unterricht in verschiedenen Wissenschaften, und zwar durch den berühmtesten Gelehrten der damaligen Zeit, den angelsächsischen Diakonus Alcuin, welchen Karl zu diesem Zwecke an seinen Hof berufen hatte. Eine einfache, durch des Vaters wachsames Auge selbst geleitete Erziehung kam den Bestrebungen Alcuin's zu Hülfe und vollendete die von diesem übernommene geistige Ausbildung durch die Erweckung der physischen und sittlichen Kräfte. Die Söhne mußten mit ihm auf die Jagd oder ins Feld, während die Töchter sich unter der Aufsicht der Mutter zu Haufe mit der Spindel beschäftigten. Das königliche Haus bot das Bild der größten Einfachheit dar; nur bei feierlichen und außerordentlichen Gelegenheiten erschien der König in einem prachtvolleren Anzuge, als sein gewöhnliches Hauskleid war, und nur in-diesem Falle wurde sein Tisch mit mehr Schüsseln besetzt, als er an jedem Tage auftragen ließ. Unter der Leitung eines frommen Lehrers und das Muster eines solchen Vaters vor Augen, wuchsen also Karl's Kinder in aller Zucht und Ehrbarkeit auf. Nirgends befand sich Karl der Große wohler, als im Kreiser seiner Kinder; sie waren zu Hause und auf Reisen um ihn, und wenn er durch außerordentliche Umstände gezwungen wurde, den Winter über im Felde liegen zu bleiben, so ließ er seine Familie zu sich kommen. Seiner langjährigen Regierung (768-814) war es vorbehalten, den Ausbau der fränkischen Monarchie zu vollenden. Als er mehr als drei Decennien 9*

2. Die Geschichte des Mittelalters - S. 508

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
508 Vierter Zeitraum des Mittelalters: 1273-1492. und ihrer Briefe beraubt. Darauf beschloß Ludwig, zu dessen Kriegsschaaren bereits die Hülfstruppen des Königs Johann von Böhmen, des Herzogs Bernhard von Schlesien und des Herzogs Heinrich von Niederbaiern gestoßen waren, dem Rathe des Böhmenkönigs folgend, ' die Schlacht sofort am -8; September zu liefern, bevor die Vereinigung der beiden österreichischen Brüder Statt gefunden habe. Der kampfbegierige König Johann von Böhmen übernahm die obere Führung des baierifchen Heeres. Nach einer damals gewöhnlichen Vorsichtsmaßregel hatte sich König Ludwig, der den linken Flügel commandirte, ohne Abzeichen der königlichen Würde, mit eilf gleich gekleideten Rittern umgeben, die alle zwölf blaue, mit weißen Kreuzen besetzte Wappenröcke trugen. In einer Waldschlucht (jenseit des Flüßchens Isen) hatte sich Burggraf Friedrich von Nürnberg in der Nacht mit 400 Helmen tn einen Hinterhalt gelegt. Das baierifche Heer mag etwa 30,000 Mann stark gewesen sein, das österreichische wird mehrere Tausend weniger gezählt haben. König Johann eröffnete auf dem rechten Flügel die Schlacht mit seinen Böhmen, die am Feste des h. Wenceslaus unter dessen besonderem Schutze zu fechten glaubten. Er kam aber, während die beiden ersten Angriffe zurückgeschlagen wurden, persönlich in die größte Lebensgefahr, indem er unter das Pferd des Marschalls von Pilichtorff gerieth und, wie 500 seiner Ritter, gefangen worden wäre, wenn ihm nicht ein österreichischer Ritter (wie es scheint, verrätherischer Weise) wieder aufgeholfen hätte. Auch auf dem linken Flügel, wo beide Könige einander gegenüberstanden, wurden zwei Angriffe der Baiern abgeschlagen, und so unwiderstehlich war König Friedrich auf Ludwig's Truppen eingedrungen, daß er selbst mit eigener Hand das baierische Banner zerriß. Als am Nachmittage der letzte Angriff auf den rechten Flügel der Oestereicher durch König Johann geschah und die österreichischen Reihen im Weichen waren, erschien der Burggraf Friedrich von Nürnberg mit frischen Truppen auf dem Kampfplatze. Im ersten Augenblicke hielten die Oesterreicher denselben sür den sehnlichst erwarteten Herzog Leopold. Allein schrecklich war die Täuschung. In wildem Angriffe Alles daniederreitend, stürmte er den Oesterreichern in die wehrlose Seite, und auch die 500 gefangenen Böhmen hieben mit jenen auf den überraschten Feind ein, der in unaufhaltsamer Flucht seine Rettung suchte. Noch schlimmer erging es dem andern Flügel der Oesterreicher, der zwischen die Burggräflichen und die Schaaren König Ludwig's gerathen war. Von Allen ver-laffen, kämpfte König Friedrich zuletzt nicht mehr um Sieg und Rettung, sondern um seine ritterliche Ehre. An 50 Feinde soll er an diesem Tage mit eigener Hand daniedergestreckt haben. Als er zuletzt mit seinem von einer feindlichen Lanze durchbohrten Pferde niedergestürzt und von einem Edelknecht des Burggrafen gefangen war, ließ er den letzter» herbeirufen, überreichte ihm sein Schwert und empfahl sich seiner Gunst; der Zoller kündigte ihm an, er würde ihn vor König Ludwig führen. Da verwunderte

3. Die Geschichte des Mittelalters - S. 641

1862 - Köln : DuMont-Schauberg
121. Das byzantinische Reich und die Osmanen. 641 der Verzweiflung noch Stand gegen die Uebermachi des hundertmal stär- keren Feindes. Von beiden Seiten sind die Verluste gleich bedeutend. Doch ist die Hoffnung des endlichen Sieges selbst jetzt noch auf Seiten der Griechen. Mit unendlichem Jubel sehen sie die Reihen der Janit- scharen noch einmal zurückweichen. Aber Mohammed kann diesen Anblick nicht ertragen, er läßt sie mit Gewalt durch seine mit eisernen Ruthen bewaffneten Trabanten nach der Mauer zurücktreiben und der Angriff wird mit erhöhter Wuth zum dritten Male erneuert. Ein Janitschar, Hasan mit Namen, ein Riese von Gestalt, ersteigt zuerst die Mauer, Andere folgen ihm. Mit Blitzesschnelle verbreitet sich von einem Ende zum anderen der Weheruf: „Die Stadt ist genommen, das Panier der Feinde weht auf den Mauern, auf der Burg!" Sobald Kaiser Con- stantin dies hört, stürzt er sich mit einigen Getreuen in den dichtesten Haufen der hereinbrechenden Osmanen, macht alles, was er mit seinem Schwert erreichen kann, nieder, und hält, mit Wunden bedeckt, fast allein den Kampf noch eine Weile aus. Er wollte das Unglück seines Hauses und die Schmach dieses Tages nicht überleben und wich keinen Fuß breit von der Stelle. Nur hätte er gern den Todesstoß nicht von den Schwer- tern dieser Ungläubigen, sondern von der Hand eines Christen gehabt. „Ist kein Christ hier?" rief er in wehmüthiger Verzweiflung, als ihm das Blut schon in Strömen von Händen und Füßen floß und seine Getreuen rund um ihn herum als Leichen den Boden deckten; ist Kei- ner hier, der mir das Haupt abschlügt?" — Da dringen drei Janit- scharen zu gleicher Zeit auf ihn ein; der eine zerfleischt ihm von vorn das Gesicht, der zweite spaltet ihm das Haupt und der dritte gibt ihm den Todesstoß in den Nacken. Da sich der Kaiser vorher der Zeichen seiner Würde entkleidet hatte, so blieb sein Körper, von Niemand er- kannt, unter den Leichen der übrigen Erschlagenen liegen. Das war das Ende des letzten Beherrschers des byzantinischen Reiches, welcher damals kaum sein vierzigstes Jahr überschritten hatte und schon durch die Art, wie er das Unglück seines Reiches, welches, gleichsam das traurige Erb- theil der Jahrhunderte, auf ihm lastete, zu ertragen wußte, den Besse- ren seines Stammes würdig zur Seite steht. Im Innern der Stadt dauerte indessen das Blutbad fort. Denn die Osmanen machten Anfangs, in dem Glauben, daß die Besatzung wenigstens 50,000 Mann stark gewesen sein müsse, Alles nieder, was ihnen begegnete. Erst als sie ihres Jrrthums inne wurden, zogen sie es vor, lieber die ganze Bevölkerung in Fesseln zu schlagen und in die Sclaverei zu schleppen. Um dieser zu entgehen, strömte Alles, Män- ner und Weiber, Mönche und Nonnen, in die Sophienkirche, welche in wenigen Augenblicken überfüllt war. Nur das Leben und die Freiheit wollte man retten. Denn einer alten Prophezeiung zufolge herrschte unter dem Volke der Glaube, daß die Türken nur bis au die Säule Constantin's des Großen Vordringen würden. Hier sollte ihnen ein Engel entgegentreten, welcher einem unbekannten Manne aus dem Volke ein Schwert überreichen würde, mit dessen Hülfe er die Osmanen aus Pütz. Histvr. Darstell, u. Charakteristiken. 71. 41

4. Die Geschichte des Mittelalters - S. 365

1862 - Köln : DuMont-Schauberg
76. Das Ritterwesen. 365 Gleichartigkeit des Dienstes und gemeinsames Selbstgefühl verbundene Gesammtheit; allein ein in sich abgeschlossener Ritterstand entstand erst dadurch, daß die Wehrhaftmachung, der Ritterschlag, mit besondern Feierlichkeiten und Gelübden, zu welchen zum Theil Beispiel und anderer Einfluß der Geistlichkeit anregten, verbunden wurde, daß die Kriegsspiele in den Turnieren eine bestimmtere Form erhielten, und daß bei den Kreuzzügen diejenigen, welche den Kriegsdienst zu Pferde thaten, sich, auch wenn sie verschiedenen Nationen angehörten, einander näher traten, als den eigenen Landesgenosscn, welche zu Fuß in den Krieg gezogen waren, und daß sie auch der Gesammtheit dieser als ein besonderer Stand, gleichsam als ein abendländischer Ritterstand, gegenübertraten. Die bei dem Ritterschläge Statt findenden Feierlichkeiten waren nicht überall und zu allen Zeiten dieselben; worin sie in Frankreich im 12. Jahrhundert bestanden und wie sie gedeutet wurden, lehrt ein fran- zösisches Gedicht aus dem dreizehnten. Derjenige, welcher in den Ritter- stand, in den nur Christen der Eintritt gestattet war, ausgenommen werden sollte, wurde, nachdem ihm Bart und Haupthaar geordnet war, in ein Bad gebracht. Aus diesem sollte er, so wie ein Kind rein von Sünden aus der Taufe hervorgeht, ohne allen Makel heraussteigen; er sollte reich sein an ritterlicher Sitte, sich baden in Ehrbarkeit, Ritter- sitte und Güte, und sich eines Jeden Liebe erwerbsu. Das schöne Bett, in welches er dann gelegt wurde, sollte ihn daran erinnern, daß er sich durch Ritterlichkeit eine Stätte in dem Paradiese bereite, welches Gott seinen Freunden gewähre. Das weiße Gewand, welches ihm an- gethan wurde, ermahnte ihn, sich von jetzt an, wenn er zu Gott ge- langen wolle, rein zu halten, das rothe Gewand, sein Blut im Dienste Gottes und zur Vertheidigung der heiligen Kirche zu vergießen. Das zweischneidige Schwert, mit welchem er umgürtet wurde, sollte ihm dazu dienen, sich gegen feindlichen Angriff zu sichern und den Armen gegen die Bedrückungen des Reichen, den Schwachen gegen die Mißhandlungen des Stärkern zu schützen. Zuletzt erhielt er einen Schwertschlag in den Nacken zur Erinnerung an denjenigen, der ihn in den Ritterstand aus- genommen hatte. Vier Dinge wurden ihm darauf zur Beobachtung während seines ganzen Lebens vorgeschrieben: zunächst solle er an keinem falschen Gerichte Theil nehmen und jeden Ort, wo Verrath verübt werde, wenigstens sogleich verlassen, wenn er diesen nicht verhindern könne; zweitens solle er Frauen und Jungfrauen nicht seinen Rath und seine Hülfe verweigern, sondern ihnen, wenn sie seiner bedürften, mit allen Kräften beistehen; drittens solle er an jedem Freitag fasten, end- lich jeden Tag die Messe hören und auf dem Tische Gottes eine Gabe darbringen. Ueblich wurde es auch, daß der Aufzunehmende am Tage vor dem Ritterschläge fastete, die Nacht in der Kirche im Gebete, allein oder mit einem Priester, zubrachte und am Morgen beichtete, das Abend- mahl empfing und eine Messe hörte, und daß der Priester über das Ritterschwcrt den Segen sprach, daß der Ritterschlag durch drei Schläge mit flachem Schwerte ertheilt wurde, indem derjenige, welcher es that,

5. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 631

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
Unterschied der redenden und bildenden Künste, besonders der Poesie und Malerei. ß31 mein Blut ist ausgestorben in diesem Hause, ich sterbe unbeerbt." — Bei diesen Worten hörte man vernehmlich, daß Fox, ohne aufzustehen, den Blick vor sich hingesenkt, sagte: Unserer Freundschaft wird das nichts anhaben. — Man lasse es sich von Zeugen beschreiben, wie diese alltäglichen Worte, im Tone einer gewissen Beklemmung und Unsicherheit gesagt, die Versammlung getroffen haben. Fünfhundert Personen waren nunmehr in zwei verwandelt, in Einen vielmehr; ganz England hing an den Lippen dieses Einen Menschen, der mit einer eiskalten Stimme fortfuhr: „Diese Freundschaft ist zu Ende!" — dann aber plötzlich, wie von dem ganzen Feuer seiner Jugend überkommen, Fox und seine Sorgen und seine Jahre ab- schüttelte, die alten, längst entschlafenen Helden der Britischen Freiheit herbeirief, tröstend von der Freiheit sprach, die das Volk dieser unüberwundenen Inseln eigentlich meinte, er, der Ein- same, eine große Partei- aus dem Britischen Alterthum um sich her versammelte, und wie von einer fernen sonnenhellen Zukunft seines Vaterlandes verklärt, die vierstündige Rede beschloß. Es war ein Viertel nach zwei Uhr Morgens; die Versammlung erschrak, als er aufhörte; niemand war zum Reden gefaßt. Fox stand auf, und im Augenblicke war die Todesstille wieder da; ein Strom von Thränen brach ihm aus den Augen; er setzte sich sprachlos nieder. Das Parlament wartete einige Minuten, alle Augen gerichtet auf die beiden Freunde, die stumm einander gegenüber saßen. Man fand es unanständig, nach solchem Ereigniß weiter zu reden; die Sitzung wurde aufgehoben. Adam Müller (S- 622). 76. Unterschied der redenden und bildenden Künste, besonders der Poesie und Malerei. Wenn es wahr ist, daß die Malerei zu ihren Nachahmungen ganz andere Mittel oder Zeichen gebraucht, als die Poesie, jene nämlich Figuren und Farben im Raume, diese aber articulirte Töne in der Zeit; wenn unstreitig die Zeichen ein bequemes Verhältniß zu dem Bezeichneten haben müssen: so können neben einander geordnete Zeichen auch nur Gegenstände, die neben einander, oder deren Theile neben einander exisliren —, auf einander folgende Zeichen aber auch nur Gegenstände ausdrücken, die auf einander, oder deren Theils auf ein- ander folgen. Gegenstände, die neben einander, oder deren Theile neben einander existiren, heißen Körper; folglich sind Körper mit ihren sichtbaren Eigenschaften die eigentlichen Gegen- stände der Malerei. Gegenstände, die auf einander, oder deren Theile auf einander folgen, heißen Handlungen; folglich sind Handlungen der eigentliche Gegenstand der Poesie. Doch alle Körper existiren nicht allein im Raume, sondern auch in der Zeit; sie dauern fort, und können in jedem Augenblicke ihrer Dauer anders erscheinen, und in anderer Ver- bindung stehen. Jede dieser augenblicklichen Erscheinungen und Verbindungen ist die Wirkung einer vorhergehenden und kann die Ursache einer folgenden, und sonach gleichsam das Centrum einer Handlung sein. Folglich kann die Malerei auch Handlungen nachahmen, aber nur an- deutungsweise durch Körper. Auf der anderen Seite können Handlungen nicht für sich selbst bestehen, sondern müssen gewissen Wesen anhangen. In so fern nun diese Wesen Körper sind oder als Körper betrachtet werden, schildert die Poesie auch Körper, aber nur andeutungs- weise durch Handlungen. Die Malerei kann in ihren coexistirenden Compositionen nur einen einzigen Augenblick der Handlung nutzen, und muß daher den reichhaltigsten wählen, aus welchem das Vorher- gehende und Folgende am begreiflichsten wird. Eben so kann auch die Poesie in ihren fort- schreitenden Nachahmungen nur eine einzige Eigenschaft der Körper nutzen, und muß daher diejenige wählen, welche das sinnlichste Bild des Körpers von der Seite erweckt, von welcher sie ihn braucht. Hieraus fließt die Regel von der Einheit der malerischen Beiwörter und der Sparsamkeit in den Schilderungen körperlicher Gegenstände.

6. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 378

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
378 Goethe. (1749-1832.) das Element unaufhaltsam, die Bretter prassel- ten, die Latten knackten, Leinwand flog auf, und ihre düsteren, an den Enden flammend ausgezackten Fetzen trieben in der Höhe sich umher, als wenn die bösen Geister in ihrem Elemente um und um gestaltet sich muth- willig tankend verzehren und da und dort aus den Gluten wieder auftauchen wollten. Dann aber mit kreischendem Geheul rettete jeder, was zur Hand lag ; Diener und Knechte mit den Herren bemühten sich, von Flammen ergriffene Ballen fortzuschleppen, von dem brennenden Gestell noch einiges wegzureißen, um es in die Kiste zu packen, die sie denn doch zuletzt den eilenden Flammen zum Raube lassen mußten. Wie mancher wünschte nur einen Augenblick Stillstand dem heranprasseln- den Feuer, nach der Möglichkeit einer Besin- nung sich umsehend, und er war mit aller seiner Habe schon ergriffen! An der einen Seite brannte, glühte schon, was an der an- deren noch in finsterer Nacht stand. Hart- näckige Charaktere, willensstarke Menschen wi- dersetzten sich grimmig dem grimmigen Feinde und retteten manches, mit Verlust ihrer Au- genbrauen und Haare. Leider nun erneuerte sieb vor dem schönen Geiste der Fürstin der wüste Wirrwarr; nun schien der heitere mor- gendliche Gesichtskreis umnebelt, ihre Augen verdüstert, Wald und Wiese hatten einen wun- derbaren bänglichen Anschein. In das friedliche Thal einreitend, seiner labenden Kühle nicht achtend, waren sie kaum einige Schritte von der lebhaften Quelle des nahe fließenden Baches herab, als die Fürstin ganz unten im Gebüsche des Wiesenthales etwas Seltsames 'erblickte, das sie alsobald sür den Tiger erkannte; heranspringend, wie sie ihn vor kurzem gemalt gesehen, kam er entgegen; und dieses Bild zu den furchtbaren Bildern, die sie so eben beschäftigten, machte den wundersamsten. Eindruck. Flieht, gnädige Frau, rief Honorio, flieht! Sie wandte das Pferd um, dem steilen Berge zu, wo sie herab- gekommen waren. Der Jüngling aber, dem Unthier entgegen, zog die Pistole und schoß, als er sich nahe genug glaubte; leider jedoch war gefehlt, der Tiger sprang seitwärts, das Pferd stutzte, das ergrimmte Thier aber ver- folgte seinen Weg, aufwärts unmittelbar der Fürstin nach. Sie sprengte, was das Pferd vermochte, die steile steinige Strecke hinan, kaum fürchtend, daß ein zartes Geschöpf, solcher Anstrengung ungewohnt, sie nicht aushalten werde. Es übernahm sich, von der bedräng- ten Reiterin angeregt, stieß am kleinen Ge- rölle des Hanges an und wieder an, und stürzte zuletzt nach heftigem Bestreben kraftlos zu Boden. Die schöne Dame, entschlossen und gewandt, verfehlte nicht, sich strack auf ihre Füße zu stellen; auch das Pferd richtete sich auf, aber der Tiger nahte schon, obgleicb.nicht mit heftiger Schnelle; der ungleiche Boden, die scharfen Steine schienen seinen Antrieb zu hindern, und nur daß Honorio unmittelbar hinter ihm herfloq, neben ihm gemäßigt her- aufritt, schien seine Kraft aufs neue anzu- spornen und zu renen. Beide Renner erreich- ten zugleich den Ort, wo die Fürstin am Pferde stand; der Ritter beugte sich herab, schoß und traf mit der zweiten Pistole das Ungeheuer durch den Kopf, daß es sogleich niederstürzte und ausgestreckt in seiner Länge erst recht die Macht und Furchtbarkeit sehen ließ, von der nur noch das Körperliche übrig geblieben da lag. Honorio war vom Pferde gesprungen und kniete schon auf dem Thiere, dämpfte seine letzten Bewegungen und hielt den gezogenen Hirschfänger in der rechten Hand. Der Jüngling war schön, er war herangesprengt, wie ihn die Fürstin oft im Lanzen- und Ringelspiel gesehen hatte. Eben so traf in der Reitbahn seine Kugel im Vor- beispringen den Türkenkopf auf dem Pfahle, gerade unter dem Turban in die Stirn: eben so spießte er, flüchtig heransprengend, mit dem blanken Säbel das Mohrenhaupt vom Boden auf. In allen solchen Künsten war er gewandt und glücklich, hier kam beides zu Statten. Gebt ihm den Rest, sagte die Fürstin, ich fürchte, er beschädigt euch noch mit den Krallen. — Verzeiht! erwiederte der Jüngling, er ist schon todt genug, und ich mag das Fell nicht verderben, das nächsten Winter auf Eurem Schlitten glänzen soll. — Frevelt nicht, sagte die Fürstin; alles, was von Frömmigkeit im tiefen Herzen wohnt, entfaltet sich in solchem Augenblick. — Auch ich, rief Honorio, war nicht frömmer, als setzt eben; deshalb aber denke ich ans Freudigste, ich blicke dieses Fell nur an, wie es euch zur Lust begleiten kann. — Es würde mich immer an diesen schreck- lichen Augenblick erinnern, versetzte sie.— Ist es doch, erwiederte der Jüngling, ein unschul- digeres Triumphzeichen, cfts wenn die Waffen erschlagener Feinde vor dem Sieger her zur Schau getragen werden. — Ich werde mich an Eure Kühnheit und Gewandtheit dabei erinnern, und darf nicht hinzusetzen, daß Ihr auf meinen Dank und auf die Gnade des Fürsten lebenslänglich rechnen könnt. Aber steht auf, schon ist kein Leben mehr im Thiere, bedenken wir das Weitere. — Da ich nun einmal kniee, versetzte der Jüngling, so laßt mich bitten, von der Gunst, von der Gnade, die Ihr mir zuwendet, in diesem Augenblick versichert zu werden. - Ich habe schon so oft Euren hohen Gemahl gebeten um Urlaub und Vergünstigung einer weiteren Reise. Wer das Glück hat, an Eurer Tafel zu sitzen, wen
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