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entweder Leibeigene oder Zinshrige und zu Frohndiensten der-pflichtet. Das Eigenthum des Ackers, den sie bebauten, stand meist dem Grundherrn, dem adeligen Gutsherrn oder einem Kloster zu. Wenn der Inhaber eines Ackerstckes starb, nahm sich der Grundherr, um sein Eigenthumsrecht zu zeigen, das beste Stck von der Habe des Zinshrigen, ein Recht des Guts-Herrn, das man Besthauptrecht nannte. Die Bauern stellten ihre Forderungen in zwlf Punkten auf; sie verlangten unter anderm die Wahl der Pfarrer (also Aufhebung des Patronats), Abschaffung der Leibeigenschaft, des Besthauptrechtes, Freiheit der Jagd, Feststellung der Frohndienste.
Weil diese Forderungen nicht bewilligt wurden, brach der Ausstand im sdlichen Deutschland aus, in Schwaben, im Elsa, in Franken, Bayern, im Salzburgischen, ging auch nach Lothringen, zog sich nach dem Rheingau hin, lief den Rhein hinab und verbreitete sich durch Westfalen. Wohin die wilden Schaaren der Bauern kamen, steckten sie adelige Schlsser, reiche Klster in Brand, erschlugen und mihandelten die Adeligen. Es fehlte aber ihren Schaaren eine wirksame Bewaffnung, die Kriegszucht und einheitliche, verstndige Fhrung. Sie erlagen schlielich den schweren Geschtzen und der Reiterei. Bei Knigs-Hofen an der Tauber wurden sie 1525 schwer geschlagen; ein schreckliches Strafgericht wurde gehalten; die Zahl derjenigen Bauern, die in den Kmpfen und in den brennenden Drfern umkamen, wird auf 100,000 berechnet. Die Lasten der Bauern wurden noch vermehrt und dauerten fort bis zur franzsischen Revolution: von da an begann allmhlich ein freier Bauern-stand sich zu bilden.
Die Wiedertufer in Mnster (15341535). Mnster die Hauptstadt Westfalens, wurde von zwei Wieder-tufern, dem Bcker Johann Matthiesen aus Haarlem und dem Schneider Johann Bockhold aus Leyden in groe Verwirrung gebracht; es schloffen sich der reformirte Prediger Rothmann in Mnster, der reiche Tuchhndler Knipperdolling und Krech-ting an sie an; sie predigten auer der Wiedertaufe Gterge-
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Extrahierte Personennamen: Johann_Matthiesen Johann Schneider_Johann_Bockhold Johann Rothmann
116
Dritte Periode, von 1150—1300.
Außerdem behandelten diese Dichter des Kunstepos noch Legenden und
Erzählungen geistlichen und weltlichen Inhalts. Somit ist der
Gegenstand des Kunstepos nicht das Erlebte und die Erfahrung eines
ganzen Volkes, sondern nur das Erlebnis einzelner Personen, ja oft nur
das von dem phantasiereichen Dichter romanartig Erfundene. Dazu ist die
Darstellung des Stoffes, entsprechend der Auffassung des dem glänzen-
den Ritterstande angehörenden Dichters und entsprechend dem Hörerkreise
von stattlichen Ritterit, holden Frauen und anmutigen Jungfrauen in den
prächtigen Sälen der Herrenhäuser, glänzend und schillernd in immer neuen
Reizen. Daher das bunte Malen und breite Schildern, daher die vielen
Bilder und Gleichnisse, daher die Einmischung von Betrachtungen über
das Erzählte. Auch das, was den Sinn des ritterlichen Sängers erfüllte
und das Wesen des Rittertums ausinachte, spiegelt sich in den Dichtungen
wieder, wie die höfische Sitte, das üppige Leben, der Drang nach Abenteuern
und Phantastischem, der Minnedienst mit allen seinen hohen Ideen, aber
auch mit seinen oft traurigen Verirrungen. So tritt das rein Menschliche
zurück vor den Forderungen der ritterlichen Sitte, der ganzen höfischen
Weise; „die Gestalten der Geschichte und Sage sind innerlich und äußer-
lich umgewandelt zu Gebilden des Rittertums". Der Dichter tritt mit
seiner Subjektivität, mit seiner ganzen Individualität, auch mit seinem
Namen in den Vordergrund; er sucht nicht durch kunstlos einfachen
Stoff, sondern durch den Schmuck und die Zierden, mit welchen er den-
selben ausstattet, anzuziehen und zu fesseln. Dieses Streben bringt ihn
auch dahin, einen Wortschatz zu bilden, der durch starke Einmischung
fremdländischer Ausdrücke nicht selten undeutschen Anflug erhält.
Einfach ist dagegen die metrische Form, in welcher diese Epen ge-
schrieben sind: die sogenännten Reimpaare, welche, durch Teilung der
althochdeutschen Langzeile entstanden, aus Versen mit drei oder vier
Hebungen bestehen, je nachdem die Reime klingend (weiblich) oder stumpf
(männlich) sind (s. Beispiel S. 123).
8 12.
Dichtungen der vorbereitenden Zeit des Kunstepos, von 1150—1180.
Der eigentlichen Blütezeit der höfischen Dichtung ging eine Zeit der
Vorbereitung voraus, welcher noch die Vollendung des Versbaues, die
(mont sauvage) in ■’ftorbfpamen. Zugleich gründet er zum Dienste desselben den Ritter-
orden der Ternpleisen (nach km Vorbilde der Templer gedacht), in welchen nur de-
mütige und herzensreine, dabei aber mit allen heldenhaften Tugenden ausgestattete
Ritter aufgenommen werden können. — Eine Vereinigung der Gralssage mit der Artus-
sage, des geistlichen Rittertums mit dem weltlichen, finden wir im Parzival, Ti-
tnrel und Lohengrin, von welchen drei Werken uns jedoch nur das erste beschäftigen wird.
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§ 24. Aus Frcidanks Bescheidenheit.
193
1. Der Winsbeke, welcher die Weisheitslehren eines Ritters an
seinen Sohn enthält, ausgezeichnet durch die Innigkeit seines Inhaltes.
(Die Winsbekin, ein didaktisches Zwiegespräch über höfische Zucht und
Sitte zwischen einer adligen Mutter und ihrer Tochter, ist eine Nachahmung
des erstern.)
2. Der welsche Gast (d. h. Fremdling ans Welschland — Italien)
des Thomasin von Zerkläre aus Frianl, welcher um 1216 in
seinem Gedichte als genauer Beobachter und Kenner der Welt eine Art
von System einer Sittenlehre aufstellt, indem er die staste, d. h. Be-
harrlichkeit (etwa das, was wir Charakter nennen), als die Grundlage
aller Tugenden bezeichnet, während ihm die unrasts, die Unbeständigkeit,
die Quelle aller Laster ist.
3. Die Bescheidenheit des Freidank. Hypothesen über die
Person des Dichters sind mehrfach aufgestellt. Nach denselben ist der
Name bald ein Geschlechtsname, bald ein angenommener (Freidank —
Freidenker), und der Dichter kein geringerer als der große Lyriker Walther
von der Vogelweide. Da aber keine dieser Hypothesen als die richtige
sich erhärten läßt, so wissen wir nur, daß der Dichter als wandernder
Sänger im Jahre 1229 an dem Kreuzznge Friedrichs Ii. teilnahm und
in Syrien einen Teil seines Werkes schrieb. Dasselbe ist genannt
„Bescheidenheit", weil es in den wichtigen weltlichen und religiösen
Dingen Bescheid, d. h. Einsicht und richtige Beurteilung geben
soll. Das einen Schatz verständiger, sinniger Ansichten und inhaltsreicher,
goldener Sprichwörter enthaltende Buch genoß bis znm 17. Jahrhundert
ein solches Ansehen, daß es „die weltliche Bibel" genannt wurde. In
neuerer Zeit ist es durch Lessing und Herder wieder bekannt geworden
und ist auch heute noch ein treffliches Laienbrevier.
8 24.
Aus Frcidanks Bescheidenheit.
Eingang.
Ich bin genannt Bescheidenheit,
Die aller Tugend Krone leiht.
Freidank hat mich zurechtgestellt,
Gewiß auch Fehler beigesellt.
von Gott.
Gott dienen ohne Wank,
Der hat sich selber betrogen
Und zimmert auf den Regenbogen.
Das ist der Weisheit Anfang.
Wer um diese kurze Zeit
Läßt die ew'ge Seligkeit,
Wenn der Regenbogen sich zerläßt,
So weiß er nicht mehr, wo sein Nest.
Hense, Lesebuch. I.
13
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]