fiel ihm so auf, daß er sie sogleich zu sich nahm; durch ihr einnehmendes Betragen wußte sie sich sein Vertrauen zu verschaffen, bis er sie zu seiner Gemahlin erhob. Sie begleitete ihn auch jetzt in den Krieg.
Die Russen fielen in die Moldau ein und zogen längs dem Pruth hinab. Plötzlich sahen sie sich von dem ungeheuren Heere der Türken eingeschlossen. Peter konnte sich das Mißliche dieser Lage nicht verbergen. Er verschloß sich in sein Zelt. Da half ihm seine Katharina. Mit ihren Jnwelen wurde ein Friedensbote an den Großwesir geschickt. Die Edelsteine wirkten schnell, und die Türken schlossen so rasch einen Frieden mit den Russen, daß ihn Karl nicht mehr zu hindern vermochte. Auf die erste Nachricht hiervon hatte sich Karl zu Pferde gesetzt, um den Wesir zu bewegen, daß er den Krieg allein fortsetzen dürfe, allein vergebens: der Friede war geschlossen. Alle Versuche Karls, die Türken zu einem neuen Kriege mit Rußland zu bewegen, schlugen fehl.
Nach der Schlacht bei Pultawa erklärte August Ii. den Frieden von Altranstädt für erzwungen, kehrte nach Polen zurück und verjagte in Verbindung mit dem Zaren den Les-zinski vom Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark begann den Krieg von neuem. Alle drei fielen nun über die schwedischen Provinzen her und nahmen sie trotz der Tapferkeit der Schweden bis auf einige Überreste weg. Karls Lage wurde immer mißlicher. Den Türken wurde fein Aufenthalt lästig, und der Sultan bestand darauf, daß er die Türkei verlassen möchte. Aber Karl wollte jetzt gerade ihm zum Ärger bleiben.
6. Karls Rückkehr und Tod. Endlich, nachdem er 5 Jahre in der Türkei gewesen war, und die Schweden drohten, einen Reichsvorsteher zu wählen, erklärte er, er wolle abreisen (Oktober 1714). Der Sultan war edel genug, ihm noch glänzende Geschenke zu machen. Einige Tage laug ließ sich Karl die langsame Reise gefallen. Dann aber, an der türkischen Grenze, setzte er sich mit feinen Obersten Rosen und Düring zu Pferde und ritt unter fremdem Namen weiter. Er ritt über Ofen, Wien, Regensburg, Nürnberg, Bamberg, Würzburg, Hanau, Kassel, Braunschweig, Güstrow nach Stralsund. In 14 Tagen legte er 280 Meilen zurück. Rosen hatte schon in den ersten Tagen zurückbleiben müssen, auch Düring war ohnmächtig liegen geblieben. Am 11. November 1714 nachts um 1 Uhr langte Karl vor Stralsund an. Man mußte ihm die Stiefeln von den Beinen schneiden. Groß war am andern Morgen die
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Extrahierte Ortsnamen: Karls Polen Schweden Karls Wien Regensburg Nürnberg Bamberg Würzburg Hanau Kassel Braunschweig Stralsund
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derselbe mit seiner Familie Wien und flüchtete nach Innsbruck. Da kam es zu einem abermaligen Sturme, und von der Übermacht erdrückt, sah sich das Ministerium genötigt, abermals nachzugeben. Gleichzeitig erhoben sich in wilder Revolution die Slaven in Böhmen und die Ungarn.
In Preußen war am 7. Juni 1840 Friedrich Wilhelm Iv. seinem Vater in der Regierung gefolgt, ein wohlwollender Fürst. Als er an das von Friedrich Wilhelm Iii. gegebene Versprechen erinnert wurde, für das ganze Land eine Verfassung zu geben und Reichsstände einzuberufen, erklärte er, daß er nimmermehr zugeben werde, daß sich zwischen unsern Herrn Gott im Himmel und das Land ein beschriebenes Blatt eindränge. Das Jahr 1848 mußte ihm zeigen, daß in Preußen ebenso die lang verhaltene Mißstimmung zum Ansbruch kam, wie anderwärts.
In Berlin hatten anfangs März die Volksversammlungen vor den Zelten begonnen, am 13. März kam es zum ersten Zusammenstoß mit dem Militär. Am 17. März erschien eine Kölner und am folgenden Tage eine Berliner Deputation vor dem Könige, welche Umgestaltung des Staatslebens im Sinne der Freiheit verlangten. Der König sagte zu und entließ die Abgeordneten sehr freundlich. Das vor dem Schlöffe versammelte Volk brachte freudig bewegt dem König ein Lebehoch, der zweimal auf den Balkon heraustretend von tausendstimmigem Jubel begrüßt wnrde. Da fiel es auf, daß die Eingänge des Schlosses mit Militär besetzt waren; es erscholl der Ruf: „Militär fort!" Als nun zwei Schüsse fielen, lief die Menge mit dem Rufe: „Zu den Waffen!" auseinander, um Barrikaden zu bauen, von denen alsbald die schwarz-rot-goldene Fahne wehte. Nach drei Uhr begannen die Truppen den Angriff und es kam unter schrecklichem Sturmläuten zu einem erbitterten Straßenkampfe. Von fünf bis sieben Uhr räumten Kartätschenschüsse die Königstraße größtenteils. Am 19. März wären die Truppen des Aufstandes Herr geworden, aber der König, schmerzlich bewegt über das Blutvergießen, gebot Einhalt und den Truppen den Rückzug. Die 216 Leichen der Barrikadenkämpfer wurden, mit Blumen geschmückt, über den Schloßhof geführt, wo in Gegenwart des Königs das Lied „Jesus meine Zuversicht" angestimmt wurde.
Am 21. März erließ der König eine Proklamation, worin er erklärte, daß er sich zur Wiedergeburt Deutschlands an die Spitze desselben stellen werde und „Preußen fortan in Deutschland aufgehen sollte". Angethan mit schwarz-rot-goldenen Farben machte er mit der Fahne einen Ritt dnrch die Stadt. Als
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Extrahierte Ortsnamen: Wien Ungarn Berlin Schloßhof Deutschlands Deutschland
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Trotz der glnzenden Verteidigungsreden zweier furchtloser Anwlte wurde Louis Capet" schuldig gesprochen, und mit einer Stimme Mehrheit verurteilte man ihn zum sofortigen Tode. Unter den Abstimmenden war des Knigs eigener Vetter, der verkommene Herzog von Orleans, der sich Egalit6 nannte. La mort sans phrase!" rief er; da spie dem elenden Verrter sein Nachbar in das Gesicht.
Zwei Tage spter, am 21. Januar, fhrte der grne - wqq Henkerkarren den kniglichen Dulder, der einen erschttern- * ( Jo den Abschied von den Seinigen genommen hatte, zur ffentlichen Hinrichtung. Ein Beichtvater, der ihm verstattet worden war, und zwei Gensdarmen saen mit auf dem Wagen; von Reiterei umringt, fuhr er durch eine doppelte Reihe von Soldaten zum Platze Lud-wigs Xv.".
In der elften Stunde des Vormittags geschah hier das Un-geheure; das gesalbte Haupt des Knigs fiel unter dem Messer der Guillotine".
Vive la nation! Vive la libert6!" erscholl es ringsum, und heu-lend umtanzte der Pbel das Blutgerst.
Nach weiteren acht Monaten erfllte sich auch das Schicksal der armen Knigin. Von ihren Kindern getrennt und in ein elendes Gefngnis gestoen, hatte sie inzwischen die unsglichste Schmach erlitten. In der Nacht zum 16. Oktober erging das Todesurteil; ge-fat und mit Worten der Verzeihung fr ihre Feinde, vernahm Marie Antoinette den schrecklichen Spruch. Um 11 Uhr wurde sie wie eine Verbrecherin, die Hnde auf dem Rcken gefesselt, durch die brllende Pbelmasse der Straen zur Richtstatt gefahren; als die Mittagssonne der der Dulderin stand, fiel ihr knigliches Haupt.
Ihr folgte des Knigs tugendhafte Schwester Elisabeth in den Tod. Das schrecklichste Los traf den unmndigen Kronprinzen, der nach dem Delphinwappen der Dauphins den Titel Dauphin fhrte. Der siebenjhrige Knabe war der Mutter entrissen und einem ver-worfenen Jakobiner, dem Schuster Simon, zur republikanischen Erziehung" berliefert worden. Infolge furchtbarer Mihandlungen verfiel das Knigskind der Auszehrung. Es wurde auf Konvents-beschlu in eine Gefngniszelle verbracht und starb auf Stroh im Sommer 1795. Nur seine ebenfalls gefangene Schwester Marie Therese lie man am Leben; sie wurde gegen franzsische Gefangene im folgenden Jahre den sterreichern ausgeliefert und kam an den Kaiserhof nach Wien. Als Herzogin von Angouleme ist sie gestorben.
An welche Stuarts erinnert das Schicksal Ludwigs Xvi.?
14. Die Schreckensherrschaft. Im Konvente errangen die Jakobiner den Sieg der die Gemigten. Ein Wohlsahrts-a u s s ch u (Comit du salut public) von neun Mnnern errichtete
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Extrahierte Personennamen: Louis_Capet" Marie_Antoinette Elisabeth Simon Marie_Therese Ludwigs
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nun in den Tnilerien eine Herrschaft des Schreckens. An der Spitze stand der Wterich Robespierre. Ein andrerer Jakobiner-Huptling, der wahnwitzige Tierarzt Marat, der in Wolfsfelle gekleidet ging, wurde von Charlotte Corday, der franzsischen Judith", ermordet; gelassen bestieg sie darauf das Blutgerst.
Besondere Revolutionsgerichte berlieferten immer zahlreichere Feinde der Republik" dem Tode. Schon der Verdacht gengte zur Verurteilung, und wer wohlhabend war, wurde am leichtesten verdchtig. Die Messer der Guillotinen stumpften schlielich ab, und der Arm der Henker ermdete.
Nicht minder schrecklich ging es im brigen Frankreich zu. Ab-gesandte des Konvents durchzogen Stadt und Land und wteten gleich gierigen Wlfen. Tausende von Menschenleben fielen den Revolutionsgerichten zum Opfer. Das reiche Lyon wurde wegen Auflehnung gegen die Pariser Regierung zum Teil zerstrt; auf den Trmmern errichtete man eine Tafel mit der Inschrift: Ville affranchie". Die Seestadt T o u l o n, die zu ihrem Schutze englische Truppen eingelassen hatte, wurde erst regelrecht belagert und er-obert, und ein junger Artilleriehauptmann, Bonaparte, er-rang sich dabei die ersten Lorbeeren.
In der V e n d 6 e , sdlich der Loiremndung, griffen die knigs-und kirchentreuen Bauern unter Fhrung ihres Adels und ihrer Pfarrer zu den Waffen. Aber vergeblich war ihre heldenhafte Tapferkeit; sie verbluteten sich im ungleichen Kampfe, und die Hllenkolonnen" des Konvents schssen die Gefangenen reihen-weise nieder.
Schndlich war der Frevel an der Religion. Der christliche Glaube wurde abgeschafft und Gott der Herr abgesetzt"; die Redens-art leben wie Gott in Frankreich", d. h. nichts mehr zu tun haben, hat sich damals gebildet. Die Vernunft sollte das Hchste sein. Eine Tnzerin wurde als Gttin der Vernunft auf den Altar erhoben. Fr den christlichen Kalender trat ein republikanischer ein; man zhlte die Jahre von der Ausrufung der Republik an. An die Stelle der Wochen traten Dekaden von zehn Tagen. Die Monate wurden nach dem Wechsel in der Natur, die Tage nach Er-zeugnissen des Bodens benannt. Auf einem Geburtsscheine hie es z. B.: Geboren am Tage der r o t e n R b e im Monat P r a i -rial (Wiesenmonat) des Jahres 2 der einen und unteilbaren Republik," = 3. Mai 1794.
Der Gewaltherrschaft Robespierres fielen alle gemigten Mit-glieder des Konvents, die sogenannten Girondisten, und schlielich auch zahlreiche Schreckensmnner, unter ihnen Danton, zum Opfer. Zur Abwechslung lie er vom Konvente wieder das
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General Eourbire. Als ein Franzose zu ihm sagte, es gbe keinen König in Preußen mehr, antwortete der wackere Mann: Wenn es denn keinen König von Preußen mehr gibt, so bin ich König von Graudenz!"
Napoleon rckte inzwischen nach Osten weiter. Mit den Truppen Friedrich Wilhelms hatte sich ein russisches Hilfsheer vereinigt. An-fangs 1807 behaupteten sich die Verbndeten in der mrderischen Schlacht bei Preuisch-Eylau. Im Sommer aber erlagen die Russen der Kriegskunst Napoleons bei Friedland und muten sich der den Memelslu zurckziehen. Von Napoleon gewonnen, lie der Zar Alexander I. den König jetzt im Stich; das Schicksal Preuens war damit besiegelt.
Schwere Tage erlebte unterdessen die Knigin Luise. Als die Franzosen gegen Knigsberg anrckten, lag sie dort am Nerven-sieber danieder. Dennoch rief sie aus: Ich will lieber in die Hnde Gottes als dieser Menschen fallen!" Und so ging dann die Flucht weiter gen Osten. Der berhmte Arzt Hufeland, der die Knigin begleitete, schrieb der die Reise die folgenden ergreifenden Worte in sein Tagebuch: Am 5. Januar 1807 wurde sie bei der heftigsten Klte, bei dem frchterlichsten Sturm und Schneegestber in den Wagen getragen und 20 Meilen weit der die Kurische Nehrung nach M e m e l transportiert. Wir brachten drei Tage und drei Nchte, die Tage teils in den Sturmwellen des Meeres, teils im Eise fahrend, die Nchte in den elendesten Nachtquartieren zu. Die erste Nacht lag die Knigin in einer Stube, wo die Fenster zerbrochen waren und der Schnee auf ihr Bett geweht wurde, ohne erquickende Nahrung. So hat noch keine Knigin die Not empfunden! Ich dabei in der bestndigen ngstlichen Besorgnis, da sie ein Schlagslu treffen mchte! Und dennoch erhielt sie ihren Mut, ihr himmlisches Vertrauen auf Gott aufrecht, und das belebte uns alle."
Ein halbes Jahr spter, als Napoleon das Geschick Preuens in der Hand hielt, tat Luise auf des Knigs Wunsch das uerste: sie trat zu Tilsit vor den Kaiser hin und bat den Gewaltigen um Milde; er hatte fr sie nur hfliche Worte.
33. Der Friede von Tilsit. Aus Rcksicht auf den Beherrscher 1 om aller Reuen" erhielt Friedrich Wilhelm im Frieden vom 1 ou / 9. Juli Me kleinere Hlfte seines Staates mit 4% Millionen Einwohnern zurck. Alles Land w e stl i ch der Elbe mute er abtreten. Das war der Ausgang des einzigen verlorenen Feldzuges der preuischen Geschichte.
Aus den polnischen Gebieten Preuens schuf Napoleon fr den zum Könige erhobenen Kurfrsten von Sachsen, der zu ihm der-
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Als die Nacht sich senkte, lagen je 25 000 Menschen auf beiden Seiten tot oder verwundet auf der grausigen Walstatt. Seit der Erfindung des Schiepulvers, sagt man, ist keine blutigere Schlacht geschlagen worden.
Mit nur noch 100 000 Mann zog Napoleon Mitte September in Moskau ein. Verdet lag die alte Zarenstadt da, die Einwohner hatten sie verlassen. In der folgenden Nacht stieg, von russischen 1 &1 9 Hnden gelegt, Feuer auf, und in ungeheurer Lohe schlugen Loifc Mammen der den Holzdchern Moskaus zusammen. Schreckenerfllt schauten die erschpften Truppen das furchtbare Bild. Als der Riesenbrand ausgewtet hatte, wurde ihnen die Pln-derung freigegeben. Aus den Trmmern der Stadt, die ihr Winter-quartier hatte sein sollen, schleppten die Soldaten vierzehn Tage lang Gold und Gut genug zusammen aber kein Brot, kein Brot!
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Drissa Polozk
Swenzjani
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Kaluga
Minsk
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Marsch der grossen Armee Napoleons Feldzug in Rußland.
Eine dstere Ahnung kam der Napoleon. Vergebens wartete er in der alten Prachtburg, dem Kreml, auf das Einlenken des Zaren; er oder ich!" rief Alexander. Da entschied ssich der Kaiser fr die Umkehr.
Welche groen Stadtbrnde kennt die Geschichte sonst?
51. Die groe Retraite." Schon fielen die ersten Schnee-flocken, als Mitte Oktober das schrecklichste Schauspiel der Kriegs-geschichte, der Rckzug von Moskau, begann. Nur ein Siebentel zhlte noch die Armee. Nach acht Tagen mangelte es bereits an Lebensmitteln, und mit ungewhnlicher Heftigkeit setzte der nordische Winter ein. Schon am 5. November wies das Thermometer 37 Klte nach Celsius auf, und ein gewaltiger Schneefall setzte ein. Von Frost und Hunger geschttelt, wankten die Soldaten dahin; ganze Haufen fielen erschpft zu Boden, und der Schnee wurde ihr Leichen-tuch. Die Gewehre entsanken den erstarrten Hnden. Unter den Schrecken des Todes lsten sich alle Bande militrischer Zucht; wie wilde Tiere kmpften die Soldaten um einen Platz am Lagerfeuer
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Drissa_Polozk
Swenzjani Napoleons Napoleon Alexander Alexander
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anzutasten, aber der Rat von Allstätt vertrieb ihn. Münzer ging zunächst nach Mühlhausen, dann nach Nürnberg; aus beiden Orten wurde er wieder vertrieben, und nun siedelte er nach Süddeutschland über, als eifriger Schürer der Gärung, die einen baldigen gewaltigen Ausbruch der Bauernklasse verkündete.
Vorher jedoch brach ein Ausstand des niederen Adels, der Ritterschaft aus, im Herbste 1522. Seine Führer waren Franz v. (Sickingen und Ulrich v. Hutten (1488—1523), durch deren populär gebliebene Namen doch nicht der innerlich reaktionäre Charakter ihrer Schilderhebung verdunkelt werden darf. Der glühende Haß, den Hutten und Sickingen gegen Fürsten und Pfaffen hegten, und ihre ebenso glühende Begeisterung für die Wiederherstellung eines nationalen Reiches machte sie in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Lieblingen der deutschen Bourgeoisie, die von ähnlichen Stimmungen beseelt war. Allein das Reich, das Hutten und Sickingen wiederherstellen wollten, war das mittelalterliche Reich: eine Art Adelsdemokratie mit einem machtlosen Kaiser an der Spitze, mit Ausrottung der Fürsten, aber auch der Städte und mit fortdauernder Unterdrückung der Bauernklasse. Gegen dies Ideal stellten nicht nur die Städte, sondern selbst die Fürsten einen historischen Fortschritt dar. Bedeutete die Fürstenherrschaft auch die Zersplitterung Deutschlands, so faßte sie doch innerhalb der Zersplitterung die nationalen Kräfte bis zu einem gewissen Grade zusammen, während die junkerliche Demokratie, die Hutten und Sickingen vertraten, zu jener junkerlichen Anarchie geworden wäre, an der Polen elend untergegangen ist.
Der Aufstand des niederen Adels war von vornherein verloren; die Städte dachten nicht daran, ihn zu unterstützen, und ebenso wenig die Bauern; damit hatten die Fürsten leichtes Spiel. Sickingens Burgen wurden schnell erstürmt und gebrochen; er selbst fiel bei der Belagerung seiner Veste Landstuhl, und Hutten starb wenige Monate später, im September 1523, als Flüchtling auf der Insel Ufnau im Züricher See.
5. Der Dauernkrieg und die Wiedertäufer.
Anderthalb Jahr nach Huttens Tode brach der große Bauernkrieg aus. Die wachsende Not, die mit der Umwandlung der Natural- in die Geldwirtschaft über die bäuerliche Klasse gekommen war, hatte jeit dem Jahre 1476 eine Reihe
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Extrahierte Personennamen: Franz_v Franz Ulrich_v Sickingens
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konnte. Während sie so gehindert wurde, ihre Produktivkräfte zu entfalten, steigerte die absolute Monarchie ihre Ansprüche an den Geldbeutel der Bourgeoisie in beispiellosem und für die damaligen Verhältnisse unerhörtem Maße. Die französischen Könige verstanden je länger je weniger die bürgerliche Seite der absoluten Monarchie zu erkennen; sie ließen sich ganz und gar von den feudalen Ständen, dem Adel und der Geistlichkeit, einsangen und trieben eine höfische Verschwendung, die den französischen Staat bis an den Rand des Bankerotts brachte.
Um diesem Bankerott zu entgehen, war das Königtum gezwungen, im Frühjahr 1789 die Generalstände einzuberufen, Vertreter des Adels, der Geistlichkeit und der Bourgeoisie. Aber in ihnen hatte die Bourgeoisie bereits ein solches Ueber-gewicht, daß sie die feudal-ständische Körperschaft sehr bald in eine bürgerliche Nationalversammlung zu verwandeln verstand, wobei ihr freilich Spaltungen innerhalb des Adels und der Geistlichkeit trefflich zu statten kamen. Es ist ja eine alte Erfahrung, daß reaktionäre Klaffen und Parteien, je jnehr sie innerlich verfallen, sich um so mehr äußerlich zerklüsten, wodurch den revolutionären Parteien ihr Vormarsch regelmäßig erleichtert wird. Die Nationalversammlung räumte in der Nacht vom 4. auf den 5. August 1789 mit allem feudalen und zünftlerifchen Moder auf, mit der Leibeigenschaft, den Herrengerichten, den Zehnten, den Stolgebühren, der Käuflichkeit der Aemter usw.
Diese Nacht ist in der Geschichte berühmt, und insoweit verdient sie diesen Ruhm auch, als sie binnen weniger Stunden einen Schutt beseitigte, dessen Wegräumung in Deutschland nicht weniger als sechzig Jahre beansprucht hat. Dagegen ist es unrichtig, von dem „Opfermut" zu sprechen, den die bevorrechteten Stände in der Nacht des 4. August bekundet haben sollen. Sie gaben nur preis, was Hunderte von Bauernaufständen, die im Sommer 1789 durch das Land tobten, gänzlich zertrümmert hatten, und sie taten es nur, um sich wenigstens einen Anspruch auf Entschädigung zu retten.
Freilich reichten die Bauern allein nicht aus, der Bourgeoisie den Sieg zu sichern; sie waren zu zerstreut, zu wenig organisiert, zu weit von Paris entfernt, wo die politischen Bewegungen sich konzentrierten, um bei plötzlichen Entscheidungen eingreifen zu können. Die Hauptlager der Revolution wurden so die Pariser Vorstädte, hier waren die rücksichtslosesten und tatkräftigsten Elemente des Landes, die nichts mehr zu ver-
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Delitzsch lehnte unter dem Vorwande parlamentarischer Geschäfte ab, aber Lassalle kam, und es gelang ihm, in Frankfurt und den Tag darauf in Mainz zu siegen. Erfrischt durch diese unter den ungünstigsten Umständen erkämpften Erfolge, eilte er nach Leipzig und stiftete dort am 23. Mai 1863 im Pantheon den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, den er im Offenen Antwortschreiben als Organisation des Proletariats empfohlen hatte.
Vertreten waren elf Städte: Leipzig, Hamburg, Harburg, Köln, Düsseldorf, Elberfeld, Barmen, Solingen, Frankfurt a. M.. Mainz und Dresden. Als Zweck des Vereins wurde die Eroberung des allgemeinen Wahlrechts auf dem Wege einer friedlichen und gesetzlichen Agitation angegeben. Die Organisation war aus einen straffen Zentralismus zugeschnitten und lief tatsächlich auf eine Diktatur des Präsidenten hinaus, zu dem Laffalle auf fünf Jahre gewählt wurde. Doch entsprang diese Diktatur nicht dem persönlichen Ehrgeize Lassalles, sondern der Notwendigkeit, bei der damals noch großen Unreife der Arbeiter die Leitung der Agitation in die Hände eines Mannes von überlegener Einsicht zu legen.
Die Erfolge dieser Agitation waren zunächst wieder sehr gering. Selbst im modernen Proletariat war doch nur erst ein verhältnismäßig geringer Bruchteil zum Klassenbewußtsein erwacht, und die Unternehmer arbeiteten mit stärkstem Druck gegen den Verein. Ein Vierteljahr nach seiner Gründung zählte er erst tausend Mitglieder, was den Erwartungen Lassalles nicht im entferntesten entsprach. Er setzte seine Hoffnungen nun auf eine umfassende Agitation, die er im Herbst unternehmen wollte und namentlich auch auf neue Ereignisse, in denen er die Anfänge einer Revolution von oben zu erkennen glaubte und auch richtig erkannte.
2. Die Anfänge der deutschen Krise.
Der preußische Verfaffungsftreit hatte sich in den ersten Monaten des Jahres 1863 mit ermüdender Langweiligkeit fortgesponnen. Wie Lassalle vorausgesagt hatte, erwies sich das bloße parlamentarische Reden als völlig ohnmächtig, das verfassungswidrige Regiment lahmzulegen. Bismarck tat in der auswärtigen wie in der inneren Politik, was ihm beliebte, und schickte das lärmende Parlament im Mai 1863 einfach nach Hause.
Nun organisierte die fortschrittliche Opposition große Volksfeste, wo sie sich in prahlenden Worten der Siege rühmte,
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Stimmen: es waren 130 000 Stimmen weniger als bei den Attentatswahlen, aber keinem Gegner fiel es ein, auf diesen Unterschied zu pochen. Die allgemeine Bestürzung im bürgerlichen Lager bestätigte die historische Tatsache, daß die Sozialdemokratie sich als unbesiegbar erwiesen habe, wenn sie, seit drei Jahren mit allen Gewaltmitteln gehetzt, unterdrückt und verfolgt, dennoch ein Heer von mehr als dreimalhunderttausend Köpfen mustern konnte. Durch die Stichwahlen kam sie dann auch wieder in den Besitz von zwölf Mandaten, derselben Zahl, die sie vor dem Erlatz des Sozialistengesetzes behauptet hatte.
5. Die milde Praxis.
Auch sonst fielen die Reichstagswahlen von 1881 ungünstig für Bismarck aus. Seine nationalliberale Schutztruppe hatte sich im Jahre 1380 gespalten; unter dem Namen der Sezessionisten splitterte sich eine Fraktion der „geärgerten Freihändler" ab, die politisch lendenlahm genug blieb, aber für neue Erhöhungen des Zolltarifs nicht zu haben war. Sie näherte sich wieder der Fortschrittspartei, und beide Fraktionen gewannen über 100 Mandate, so daß Bismarck sowohl die konservativ-nationalliberale wie die konservativ-ultramontane Mehrheit verlor.
Er spielte den tiefgekränkten Biedermann: um der Bourgeoisie willen habe er das Sozialistengesetz erlassen, das die Arbeiterklasse gegen ihn erbittere. Nun aber mache die Bourgeoisie gemeinsame Arbeit mit den Arbeitern, ihren wirtschaftlichen Erbfeinden, deren unbequeme Ansprüche auf ökonomischem Gebiete sie nach wie vor zu vereiteln suche, während das Sozialistengesetz die Arbeiter hindere, die ihnen wohlwollenden Absichten der Regierung zu würdigen. Das sei eine angenehme Lage für die Bourgeoisie, solange sie vorhalte. Aber die Regierung werde durch die Befriedigung der gerechten Arbeiterforderungen den gesunden Kern der sozialistischen Idee verwirklichen und dann sei das Sozialistengesetz überflüssig.
So begannen die Jahre der „milden Praxis", der Versuche, die Sozialdemokratie nicht mehr bloß mit der Peitsche, sondern auch mit dem Zuckerbrot zu zähmen, auf dem Wege der Korruption zu erreichen, was auf dem Wege der Gewalt mißlungen war. Am 17. November 1881 wurde der neue Reichstag mit einer kaiserlichen Botschaft eröffnet, die ein Krankenkassen- und Unfallversicherungsgesetz ankündigte und für deren finanzielle Durchführung das Tabaksmonopol
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