das berüchtigte Restitutionsedikt, nach welchem bte Protestanten alle seit dem Passaner Vertrage eingezogenen Kircheu-aüter Stifte, Klöster rc. den Katholiken zurückgeben sollten; die Reformierten sollten gar nicht gebulbet, die Lutheraner aber von den katholischen Fürsten zur katholischen Religion angehalten werben. Zur Durchführung dieser Verorbnung behielt der
Kaiser sein Heer bei.
Inzwischen erhoben sich laute Klageu über bte furchtbaren
Greuel der Soldaten Wallensteins und über bte Erpressungen seiner Feldherren, die auf Kosten der armen Bauern stch bereicherten. Katholiken wie Protestanten beklagten stch über die Willkür Wallensteins. Als bethet im Jahre 1630 tn Reaensbnra Ferbinanb seinen ersten Reichstag hielt, drangen alle unter dem Vorgänge Maximilians von Bayern auf bte Absetzung Wallensteins. Mit Wiberstreben gtng der Kotier darauf ein. Als jenem die Gesandten bett Beschluß verkündeten, wußte er schon von allem. Er bedauerte den Kaiser, gehorchte aber in stolzer Ruhe und zog sich aus seine Güter tu Böhmen zurück, wohl voraussehend daß balb eine Zeit kommen werbe, wo man seiner wieber bedürfe. Auch Mecklenburg würde
ihm genommen.
2. Wallensteins Wiedererhebung. Nun waren bte schwedischen Waffen unter Gustav Aböls überall siegreich, und nach der Schlacht bei Breitenfelb (1631) und der Eroberung Bayerns lagen biefem die kaiserlichen Erbstaaten onen. Nur ein Mattn war es, welcher jetzt helfen konnte: Wallenstetn. An biesen schwer beleibigteu Helben wenbete stch der Kaiser.
Wallenstein lebte zurückgezogen in kaiserlicher Pracht. Sechzig Ebelknaben, in hellblauen Samt mit Golb gekleidet, bebienten ihn. Er hatte Kammerherren, von denen einige des Kaisers Dienst verlassen hatten. Eine Leibwache von 50 Hellebardieren stand in seinem Schloßhofe. 300 auserlesene Pferde fraßen in seinen Ställen aus marmornen Krippen. Er gab die glänzendsten Feste, doch blieb er stets ernst und ftufter. Er sprach wenig und beobachtete mit argwöhnischem Bucke
die Anwesenden. _ , . ,
Der Kaiser schickte Gesandte au Wattenstetu, bte thu bewegen sollten, ein neues Heer zu werben. Der gekränkte Feldheer wies anfangs alle Anträge ab und blieb kalt und gleich -cüttig. Endlich, nach langem Bitten, versprach er, binnen drei Monaten ein Heer zu werben. Kaum war es ruchbar geworden, daß Wallenftein wieder ins Feld ziehen wollte, so strömten die Krieger scharenweise feinen Fahnen zu. Bauern verließen den Pflug, Handwerker die Werkstatt, um auf leichtere
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Extrahierte Personennamen: Reaensbnra_Ferbinanb Maximilians_von_Bayern Maximilians Gustav_Aböls Gustav
— 100 —
Gesang Max Schneckenburgers: „Lieb Vaterland, magst ruhig sein; fest steht und treu die Wacht am Rhein!" Die aber nicht mit hinaus in den Krieg ziehen konnten, Kinder, Frauen und Jungfrauen, arbeiteten zu Hause aufs eifrigste für die Pflege der Verwundeten. Unsere treffliche Heeresorganisation behütete uns vor
v. Moltke
einem Überfalle und führte die deutschen Heere unter ihren ausgezeichneten Führern zu glorreichen Siegen. Von früh Ins spat waren der König, Graf Bismarck, sein „treuer Korporal" Kriegsminister o. Roon und der schweigsame Schlachtensmner v. Mo Ute thätig Tag und Nacht trugen die schnaubenden Dampfrosse die
Roon.
Sternmetz. Vogel v. Falkenstem.
Truppen an den Rhein. Es wurden drei igeere ausgestellt: Die
erfte Armee unter dem General ». Steinmetz stand tu der Geaeud »im Saarlonis und Saarbrücken; sie bestand imr aus Preußen. Die zweite Armee, Preußen, Heften und s°ch,-n, jährte der Prinz Friedrich Karl: sie stand bet Zwecbrncken.
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Extrahierte Personennamen: Max_Schneckenburgers Max Graf_Bismarck Roon Friedrich_Karl Friedrich Karl
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Zweites Hauptstück.
der schimpflichen Niederlage der Garden ergriffen, keines klaren Gedankens
mächtig war. Er wandte steh an einen Hauptmann und fragte ihn, wie
viel Leute er verloren habe. „Viele, Königliche Hoheit!" antwortete der
schmerzlich bewegte Kriegsmann, dem eine dicke Thräne die Wange hinunter-
rollte. „Sie haben deren noch genug. Sie haben deren noch genug!" ver-
setzte der Prinz, der in seine gewöhnliche Zerstreuung zurückgefallen war und
schon wieder vergessen hatte, was er sagen wollte. Die Truppen kamen zu
St. Cloud in dem traurigsten Zustande an: aufgelöst durch die Hitze, er-
schöpft durch Hunger und Durst und dreitägige Anstrengungen, gebeugt durch
den unglücklichen Ausgang eines Kampfes gegen die eigenen Brüder, Lands-
leute, Mitbürger. Sic mußten in dem Parke des königlichen Schlosses
Biwacht halten, wo allmälig für ihre dringendsten Bedürfnisse gesorgt wurde,
wo aber Alles, was sie sahen und hörten, nur dazu beitrug, ihre Stim-
mung noch tiefer hcrabzudrückcn. In dem Hofe standen die Pferde gesattelt,
die Wagen bespannt; alle Vorbereitungen waren getroffen, das Leben des
Königs und der königlichen Familie bei dem ersten Anschein einer Gefahr
durch die eiligste Flucht zu retten. Die Dienerschaft rannte unstät hin und
wieder. Die Zöglinge der adligen Militairschule zu St. Chr waren herbei-
geeilt, um für ihren Monarchen zu sterben, und vermehrten durch ihren kin-
dischen Eifer nur die allgemeine Verwirrung. Es war fünf Uhr des Nach-
mittags, als der Marquis von Sàonville, der sich seit dem Morgen im
Schlosse befand, vor den König gerufen wurde. „Es ist zu spät, S6mon-
ville!" sagte ihm Karlx. Der Marquis erfuhr, daß der König endlich sich
zur Nachgiebigkeit entschlossen habe. Der Baron von Vitrolles und Graf
d'argout erboten sich, ihn nach Paris zu begleiten, um mit ihm die freudige
Botschaft zu überbringen.
Die drei Herren, denen cs, jedem von seinem Standpunkte aus, ernst-
lich darum zu thun war, die Monarchie zu retten, warfen sich in einen
Wagen und fuhren im besten Vertrauen auf den Erfolg ihrer Sendung mit
aller Eile, welche die Kräfte feuriger Rosse gestatteten, nach Paris. Unter-
wegs rief Herr von Eeiuonville, der dem Volke durch die Annahme seiner
Sprache schmeicheln wollte, allen Vorübergehenden zu:, „Die Ordonnanzen
sind zurückgenommen, die Minister sind zum T........ gejagt!" Von den Bar-
rieren bis zum Erevcplatze wurde die Fahrt der Unterhändler ein wahrer
Triumphzug; kenn die Aufregung des alten Herrn, der ganz außer sich war,
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101
Der Thronwechsel in Frankreich.
ernsten Schmerze der unermeßlichen Menge. An der Gruft, welche die sterb-
lichen Reste des großen Todten aufnahm, wurden mehrere Reden gehalten.
„Begrüßen wir,,, rief Casimir Pürier aus, „begrüßen wir zum letzten Male
im Namen des Vaterlandes, im Namen der Beredsamkeit, im Namen der
heiligen Freundschaft den berühmten Krieger, Bürger, Redner, Staatsmann,
der sich so verdient um sie alle gemacht hat! " Im Verfolge seiner Rede cr-
erinnerte Casimir Pürier an das traurige Loos der Wittwe, die der Verstor-
bene, von allen Mitteln entblößt, mit fünf unmündigen Kindern zurückge-
lassen, und forderte die Anwesenden auf, an die Hinterbliebenen die Schuld
der Nation abzutragen. „Fa, das wollen wir," war von allen Seiten ein-
stimmige Antwort. In den Geschäftszimmern der liberalen Tagblätter wurden
Listen aufgelegt, in welche die Unterzeichnung von Beitragen zu jedem, auch
dem geringsten Belaufe, aufgenommen wurde, um dem zu früh Dahingeschie-
denen ein Denkmal zu errichten und seinen Kindern eine unabhängige Zu-
kunft zu sichern. Zn wenigen Monaten war die Summe von einer Million
Franken zusammengebracht. Der Herzog von Orleans, der sich in der Vor-
ahnung einer stürmischen Zukunft um die Volksgunst zu bewerben anfing,
nachdem er von der Gunst des Königs Alles erlangt, was diese gewähren
konnte, hatte 10,000 Franken gezeichnet. Casimir Pürier das Doppelte;
der im Besitze fürstlichen Reichthums auf mehr als fürstliche Weise freigebige
Banquier Lafitte das Fünffache.
Wie engherzig und beschränkt auch die Grundsätze waren, denen- Villüle
in seiner innern Verwaltung folgte, so muß man ihm doch die Gerechtigkeit
widerfahren lassen, daß er in den Beziehungen Frankreichs zum Auslande,
sobald er nicht gezwungen war, seine eigenen Ansichten fremden Eingebungen
unterzuordnen, die wahren Interessen seines Vaterlandes wohl wahrzuneh-
men wußte; hauptsächlich vielleicht gerade deshalb, weil er, jeder Auffassung
von einem höhern Gesichtspunkte unzugänglich, die Dinge am liebsten von
der Seite des zunächst liegenden, mit Händen zu greifenden Vortheiles nahm.
Zu dem Kriege in Spanien war er wider Willen gedrängt worden; nach der
Befreiung Ferdinands Vii. bot er Alles auf, um den unwürdigen, nur von
den Gefühlen der Rache beseelten Fürsten zu der Annahme einer verständigen,
gemäßigt freisinnigen Regicrungswcise zu bestimmen; nicht sowohl aus Vor-
liebe für die liberalen Ideen, als weil er überzeugt war, daß nur auf die-
sem Wege sich in Spanien ein festgcordnetcr Zustand der Dinge begründen
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61
Der Thronwechsel in Frankreich.
schaftlichcnheftigkeit: „Nur dadurch, daß man den König hintcrgangen hat."
rief er ans,, „ist man im Stande, in seinem Namen einen so unseligen Ge-
setzentwurf vorzulegen; der ministerielle Entwurf untergrabt den öffentlichen
Credit, er richtet den Rentner zu Grunde, dem man die Früchte seiner Er-
sparnisse entreißt. Man sagt, die Rentner hätten das Recht, die Heimzah-
lung ihrer Capitalien zu verlangen; sie mögen das Recht haben, aber man
weiß wohl, daß sie dasselbe nicht ausüben können, weil sie vereinzelt sind
und.fürchten müssen, während mehrerer Monate ihre Zinsen einzubüßen; und
wenn ihnen ihre Capitalien zurückgezahlt würden, würden sic sich dann nicht
ärmer finden, als vorher, da sic dieselben nicht mehr zu den Zinsen anlegen
können, die der Staat ihnen zu zahlen versprochen? In der Wirklichkeit
macht der Staat einen Banqucroute zu einem Fünftheil; unser legitimer
Souvcrain kann einen solchen Mißbrauch der Gewalt nicht billigen. Man
nimmt die Emigrantcnentschädigung zum Vorwände, aber wie? Wir haben
die Schulden der Revolution bezahlt, und wir sollten außer Stande seyn,
die Schnld der Legitimität abzutragen? Nicht durch neue Ungerechtigkeiten
macht man die alten wieder gut, und die unglückliche Treue wird lieber noch
lange mit Selbstverleugnung ihr edles Mißgeschick tragen, als über eine Ent-
schädigung crröthen, die sie aus Kosten einer anderen Classe der Nation er-
hielte." Der liberale Banquier Humann, sonst ein entschiedener Widersacher
der Regierung, nahm sich des Gesetzentwurfes an, von dem er behauptete,
daß derselbe, sobald er zur Ausführung käme, eines der großen Ereignisse
der Restauration seyn, und unter den glorreichen Thaten der Monarchie eine
Stelle einnehmen werde. „Ich unterstütze die vorgeschlagene Maßregel," sagte
er, „weil das Wohl des Landes sie verlangt; der Staat wie der Privat-
mann thut wohl, wenn er sich von seinen Lasten, befreit, sobald er es ver-
mag." „Der Staat," entgegnete Casimir Pericr, „befindet sich seinen Gläu-
bigern gegenüber nicht in der Lage eines gewöhnlichen Schuldners. Die
Regierung wäre in der Unmöglichkeit, allen Rentcninhabern ihre Capitalien
zurückzuzahlen, sobald diese es verlangten; sie will ihren Gläubigern nur
Furcht einjagen, um den Schrecken ihrer Einbildungskraft auszubeuten. Der
ganze Zweck des Planes ist, eine Summe von 500 Millionen, die den Rcn-
tenbcsitzcrn geraubt wird, zur willkürlichen Verfügung der Minister zu stellen;
diese bieten sie einer Classe von Franzosen, mit denen sie cs nicht wagen,
sich in einen persönlichen Kamps einzulassen, und sie wissen nicht, daß diese
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