— 29 —
nach ihm gezückt, als ein anderer ihn zurückhielt mit den Worten: „Nicht hier am Altar, Bruder! Er wird uns nicht entwischen!" Da erschien der Adel der Umgegend und trieb die Strelitzen auseinander. Die Aufrührer unterwarfen sich demütig. Die Rädelsführer wurden hingerichtet, 30 an der Zahl, die übrigen begnadigt.
Natalie zog sich mit ihrem 15jährigen Sohne nach dem Dorfe Preobraschenskoi zurück. Hier versammelte Peter Knaben gleichen Alters um sich, mit denen er Soldaten spielte. Sophie sah das Spiel gern, weil $eter dadurch, wie sie meinte, von ernsteren Geschäften abgelenkt würde. Aber bald merkte sie, wie gefährlich ihr diese Potefchni (Spielkameraden) werden könnten. Sie beschloß, Peter zu ermorden. Dieser sammelte ein kleines Heer um sich, und Sophie wagte es nicht, ihn anzugreifen. Sie mußte sich ihm unterwerfen und in ein Kloster gehen. So war Peter Alleinherrscher (1689—1725), denn fein schwacher Bruder Iwan, der noch den Zarentitel führte, starb bald darauf.
Jetzt bildete er sich nun aus feinen Potefchni ein Heer nach europäischer Weise. Die Bildung einer Seemacht sollte folgen. Peter reiste 1693 nach Archangel am weißen Meere und suchte den Handel zu beleben. Als er 1694 wieder hinkam, hatte er die Freude, mit mehreren russischen Schiffen in See gehen zu können. Zwei Jahre später (1696) entriß er den Türken die wichtige Stadt Asow und verjagte mit seiner Flotte die türkischen Schiffe vom Donfluffe.
2. Peters Reise nach Holland. Um seine Kenntnisse zu bereichern und alles Gute in den europäischen Staaten selbst kennen zu lernen, rüstete Peter 1697 eine große Gesandtschaft aus. Da er selbst unerkannt bleiben wollte, so ging er unter dem Titel eines Oberkommandeurs mit. Die Reise ging über Riga nach Königsberg, wo der Kursürst Friedrich Iii. von Brandenburg die Gesandtschaft in feierlicher Audienz empfing. Peter war auch dabei. Alle Hofleute erkannten ihn sogleich an feiner hohen Gestalt und an dem Blitze feiner rollenden Augen. Der Kurfürst gab sich alle Mühe, ihn durch allerlei Festlichkeiten zu unterhalten. Mit großer Wißbegier besuchte Peter die Handwerker und Künstler, besonders die Bernsteindrechsler. Von Königsberg reifte er über Berlin und Hannover nach Amsterdam. Nachdem er hier die Werkstätten der Künstler und Handwerker genau kennen gelernt hatte, begab er sich in das Dorf Saardam, wo großer Schiffsbau getrieben wurde. Um auch diesen kennen zu lernen, ließ er sich unerkannt unter dem Namen Michaelow unter die dortigen Schiffszimmerleute
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Natalie Peter Peter Peter_Alleinherrscher Iwan Peter Peters Peter_1697 Friedrich_Iii Friedrich Peter Königsberg Michaelow
Extrahierte Ortsnamen: Holland Riga Königsberg Brandenburg Berlin Hannover Amsterdam Dorf_Saardam
— 45 —
Kunst und Wissenschaft den bereitwilligsten Besörberer und freigebigsten Unterstützer.
Orbnung und rastlose Thätigkeit waren die Grnubznge seines Lebens; jede Stunbe hatte ihre Bestimmung. Um 4 Uhr des Morgens staub er aus. Er kleibete sich ohne frembe Hilfe an und ging dann an den Schreibtisch, auf welchem erbte in der Nacht eingegangenen Briefe fanb. Die wichtigeren las er selbst; aus den übrigen mußten die Kabinettsräte kurze Auszüge machen. Nachbem er die Berichte seiner Abjutanten angehört hatte, trank er Kaffee und griff zu seiner Flöte. Wohl zwei Stnnben lang spazierte er blasenb auf und ab. Sobald er die Flöte weglegte, traten die Kabiuettsräte mit ihren Auszügen ein. Er sagte ihnen, was aufbebe Eingabe geantwortet werben sollte, schrieb auch oft selbst einige kurze Worte an den Raub. Nach Beenbignng der Geschäfte nahm er ein Buch zur Hand ober schrieb Briefe. Mit dem Schlage zwölf ging er zur Tafel, bei der es an Leckerbissen nicht fehlen bürste, und bereu Küchenzettel er jcbcn_ Morgen bitrchsah. Wichtiger aber waren ihm noch die geistigen Genüsse, und seine Tischgesellschaften finb berühmt geworben. Er wählte bazn seine geistreichsten und gebildetsten Offiziere und die berühmtesten Gelehrten. Der König war mit feiner fließenben Sprache, seiner Belesenheit und seinem Witz stets der Mittelpunkt der Unterhaltung. Nach der Tasel blies er wieber eine halbe Stunbe auf der Flöte. Dann unterzeichnete er die unter-beffen im Kabinett verfaßten Briefe, trank Kaffee und besah seine Anlagen. Die Stunden von 4 bis 6 waren seinen schriftstellerischen Arbeiten gewibmet. Von 6 bis 7 Uhr war Konzert, bei dem bloß ansübenbe Künstler zugelassen würden. Dann folgte die Abenbmahlzeit, die oft bis Mitternacht währte, und bei welcher es an munterer Unterhaltung nicht fehlte. Diese bestimmte Lebeusorbnung erlitt nur durch Reisen oder Truppenmusterungen eine Unterbrechung.
Große Sorgfalt widmete Friedrich deu Künsten und Wissenschaften. Er baute das Opernhaus in Berlin und ließ die Sänger und Tänzer aus Italien kommen. Die ^Bibliothek wurde vermehrt und eine Münzsammlung augelegt. In Italien wurden Gemälde und alte Bildwerke angekauft, Berlin und Potsdam durch nene Gebäude, das Jnvalidenhaus, die katholische Kirche, deu Dom und das Sommerschloß Sanssouci verschönert. , ,
Durch beit siebenjährigen Krieg, in welchem sich Fnebnch gegen halb Europa siegreich verteidigt hatte, war Preußen in die Reihe der europäischen Großmächte eingetreten. Die Haupt-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Italien Italien Berlin Potsdam Sanssouci Europa
368
Zweites Hauptstück.
ten Feuer vou allen Ecken der Nebenstraßen begrüßt, daß der General, um
nicht einen zu großen Theil seiner Mannschaft aufzuopfern, es vorzieht,
den weiten Umweg über die südlichen Boulevards zu machen, um die Tuile-
rien wieder zu gewinnen. Er geht über die Brücke von Austerlitz und laßt
auf dem Bastillenplatze nur die Cuirassicre und eine Abtheilung Lanciers
zurück. Wahrend die Truppen des Generals de St. Chamans sich allmälig
ganz von jenen belebteren Stattheilen entfernten, die der Schauplatz des
Kampfes waren, traf auf dem Bastillenplatzc das lloste Linienregimeut ein,
welches von seiner Caserne her kam und, mit den zurückgebliebenen Reitern
vereinigt, die Richtung durch die Rue St. Antoine nach dem Hotel de Bille
einschlug. Der Marsch war lang und blutig; in allen Nebenstraßen und in
nicht allzu weiten Zwischenräumen auch in der Hauptstraße waren Barricaden
errichtet, von denen unsichtbare Feinde ein mörderisches Feuer unterhielten.
Aus allen Fenstern regnete cs Steine, Ziegel, Flaschen, Töpfe und Haus-
geräth auf die Truppen. So wie eine Barricade genommen war, verschwan-
den die Vertheidiger, indem sich ihnen die Thüren der Häuser öffneten, die
hinter ihnen sogleich wieder verschlossen wurden. Jeder Schritt mußte er-
kämpft werden, und als endlich die Kirche St. Gervais erreicht war, erkannte
der Befehlshaber die Unmöglichkeit, auf dem geraden Wege weiter vorzubrin-
gen. Er ließ daher unter dem Schutze eines Scheinangriffes, den die Lan-
ciers mit bewunderungswürdiger Aufopferung ausführten, links abschwenken
und gewann den Quai de la Grove, auf dem er ohne weitere Anfechtung zum
Hotel de Bille gelangte. Hier hatte der Kampf inzwischen die ernsteste Ge-
stalt angenommen. Alle Häuser waren mit Bewaffneten gefüllt, und es
wurde aus allen Fenstern auf die Garden gefeuert, die auf dem Platze stan-
den. Die längst erwartete Verstärkung war daher im höchsten Grade will-
kommen, aber die Hülfe, die sie bringen sollte, erwies sich als sehr unzurei-
chend. Die Truppen, die auf ihrem Marsche durch die Rue St. Antoine
schweren Verlust erlitten, waren halb für das Volk gewonnen. In den 9luf¡:
„Es lebe die Charte!" der sie vor jeder Barricade empfing, war der andere:
„Es lebe die Linie!" gemischt. Die Soldaten, die wohl verstanden, daß
das Volk sie nicht als Feinde betrachte, weigerten sich länger gegen dasselbe
zu fechten; sie wurden daher in den Hof des Hotel de Ville gewiesen und
ihnen die Patronen abgenommen, welche unter die Garden vertheilt wurden,
die treuer zu der Sache des Königthumes hielten. Eine Abtheilung Schwei-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Die drei Tage.
385
ßen, welche in die nächsten Umgebungen der königlichen Schlösser ausmünde-
ten, waren Geschütze gerichtet, bereit, die Angreifenden mit Kartätschen
niederzuschmettern. Um die Truppen zu ermuthigen, war noch in der Nacht
ein Tagesbefehl erlassen worden, der sie für ihr pflichttreues Verhalten be-
lobte und ihnen zur Belohnung für Len folgenden Tag die Vcrtheilung eines
andcrthalbmonatlichen Soldes versprach. Aus dem Kriegsministerium war
der Befehl ergangen, die Lager von Luneville und St. Omer aufzulösen und
die in denselben vereinigten Truppen in Eilmärschen nach Paris rücken zu
lassen. Aber schon war die Telegraphenlinie unterbrochen; ein Invalide mit
einem hölzernen Beine mußte die Depesche bis nach Ecouen tragen, damit
sic von dort weiter befördert würde.
Auf der andern Seite war das Volk, unter dem sich gegen Abend be-
reits einige Entmuthigung zu verbreiten anfing, da alle seine Anstrengungen
an den ehernen Wällen der Garde scheiterten, zu neuer Hoffnung belebt wor-
den, als es sich zeigte, daß man doch nicht vergebens gekämpft hatte, daß
der größte Theil der Stadt vom Feinde befreit und daß dieser aus dem An-
griffe in die Vertheidigung zurückgedrängt war. Zahlreiche Haufen zogen
aus den Vorstädten in dichten Reihen die Boulevards hinab, andere drangen
längs der Quais gegen das Louvre vor, und alle Straßen zwischen den Bou-
levards und den Quais füllten sich allmälig mit kampflustigen Schaaren,
welche theils die Barricade» besetzten, theils den Stellungen zueilten, die
noch von den königlichen Truppen eingenommen waren. Während sich auf
diese Weise Alles zur Erneuerung des erbittertesten Kampfes anschickte, begab
sich ein einfacher Bürger, der Broncrfabrikaut Galle, der viel für den Hof
arbeitete, in die Tuilerscn, wo er durch die Vermittlung eines ihm dem Na-
men nach nicht bekannten vornehmen Herrn Einlaß erhielt, um dem Herzoge
von Nagusa Vorstellungen zu machen. Er hatte wenige Augenblicke vorher
gesehen, wie ein Schweizer von dem Balcon eines dcr Häuser, welche die
königlichen Truppen in dcr Nue St. Honoré besetzt hielten, einen unbewaff-
neten Menschen auf der Straße niederschoß, der ruhig seines Weges ging. Er
fragte den Marschall unerschrocken, wie er die entsetzlichen Befehle habe geben
können, die Paris seit zwei Tagen mit Blut überschwemmten? „Ihre Trup-
pen," sagte er, „schießen in der Nue St. Honore aus friedliche Bürger;
können Sie denn nichts thun, um solchen Abscheulichkeiten ein Ende zu
machen?" — „Sie beleidigen mich, mein Herr," erwiderte dcr Herzog von
v. Rottcck, allg. Gesch. Xi. Hernies' Suppl. Ii. 25
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
-
333
Die drei Ta
ge-
auseinanderzusprengen. Mehrere Personen wurden überritten; das Volk ließ
sich jedoch nicht einschüchtern, sondern gerieth nur in um so größere Wuth. Von
allen Seiten wurde das wilde Geschrei erhoben: „Nieder mit den Gensdar-
mcn!" und da sich ein Haus in der Nähe befand, welches im Baue begriffen
war, so regnete es bald nicht bloß auf die Gensdarmen, sondern auch auf
die Truppen der königlichen Garde, die längs des Palais Nöyal ausgestellt
waren, einen Hagel von Steinen. Lange bewahrten die Truppen ungeachtet
dieser Herausforderung eine ruhige unerschütterliche Haltung. Der befehligende
Officier forderte den Pplizeicommissair des Viertels auf, den gesetzlichen Auf-
ruf zu erlassen, um alle friedlichen Bürger zum Auseinandergehen zu ermah-
nen. Da aber inzwischen die Gensdarmen im Gedränge bereits von ihrer
Waffe Gebrauch gemacht hatten, so weigerte der Polizeibeamte sich, der an
ihn gerichteten Aufforderung nachzukommen. Erst jetzt ertheilte ein Bataillons-
chef, nachdem er sich mit einem Officier des Gcneralstabs besprochen, seinen
Leuten den Befehl zu feuern. Die Volkshaufen zogen sich hierauf in die be-
nachbarten Straßen zurück; mehrere Todte und Schwerverwnndete lagen auf
dem Platze. In der unmittelbaren Nähe des Palais Noyal war damit die
Ruhe hergestellt; durch alle Straßen erging aber der Ruf: „Rache! Rache!
Zu den Waffen!" Der Leichnam eines Weibes, das entweder im Gedränge
erstickt oder auf andere Weise umgekommen war, wurde unter wildem Rache-
geschrei ans den Börsenplatz getragen und in der Vorhalle des Theaters des
Nouveautes niedergelegt. Neue Zusammenrottungen bildeten sich; zahlreiche
Volkshaufen drangen durch die Nne St. Honore gegen den Platz des Palais
Royal vor. Eine Abtheilung der Garde, die von der Magdalencnkirche her-
kam, verlegte ihnen den Weg und zerstreute sie durch einmaliges Feuern.
Ein Fremder, der aus dem Fenster seines Hütels mit einer Jagdflinte auf
die Truppen schoß, wurde durch eine Kugel getödtct. Dasselbe Schicksal er-
fuhr ein Bürger, der die Unvorsichtigkeit beging, sich am Fenster zu zeigen.
Die erbitterten Haufen, welche durch die Straßen zogen, fingen jetzt auf
verschiedenen Punkten an, die Laden der Gewehrfabrikanten zu erbrechen, um
sich zu bewaffnen; auf der Rue St. Honore, auf der Rnc Richelieu und
auf mehreren anderen Straßen in geringer Entfernung von den Truppen,
deren Bewegungen man hemmen wollte, wurden durch umgestürzte Wagen,
schweres Hausgeräthe und aufgehäufte Pflastersteine Barricaden errichtet, die
zwar verlaßen wurden, sowie eine Trnppenabtheilung heranrückte, um sie zu
v. Roltcck, allg. Gesch. Xi. Hermes Suppl. Ii. 23
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei]]
359
Die drei Tage.
Gebäudes zurückgezogen; die Thore waren verschlossen. Eine Zeitlang ver-
weilte die Menge, unschlüssig, was sie thun sollte, auf dem Platze; endlich
wurden unter dem Rufe: „Es lebe die Charte!" die Thore eingeschla-
gen; die Stürmenden drangen ein, entwaffneten die wachthabenden Sol-
daten, erstiegen den Thurm, von dem sogleich die Sturmglocke erschallte,
und pflanzten auf demselben eine dreifarbige Fahne auf, die mit
einem schwarzen Flor umwunden war. Schon waren einzelne National-
gardisten in Uniform unter die tobenden Massen gemischt; aber sie
waren in geringer Zahl und offenbar mehr von der Bewegung fort-
gerissen, als daß sie selbst diese geleitet hätten. Don dem andern User der
Seine dröhnte das ticstönende Sturmgeläute der großen Glocke von Notre-
Dame herüber, die hellere Glocke von St. Severin antwortete in der Nähe,
und aus der Ferne wurde von allen Thürmen dumpfes Geläute vernommen,
welches die Bürger zu den Waffen rief. Bald rückte eine Abtheilung Truppen
längs des Quai Lepelleticr gegen den Grdveplatz vor; es entspann sich ein
lebhaftes Gewehrfeuer; das Detaschement, welches in unzureichender Zahl
war, wurde zurückgeschlagen. Eine zweite Abtheilung, die zur Unterstützung
nachrückte, vermochte eben so wenig auszurichten. Während auf diese Weise
der Kampf um das Stadthaus begann, hatte derselbe bereits auf allen Punkten
von Paris, wo die bewaffnete Macht und das Volk sich gegenüberstand, seinen
Anfang genommen. Die Wuth hatte sich zuerst gegen die äußeren Abzeichen
der königlichen Gewalt gekehrt, die überall, wo dieselben sich fanden, — an
den öffentlichen Gebäuden, auf den Schildern der Hoflieferanten und Fabri-
kanten, auf den Wagen der Post, — verwischt oder zertrümmert wurden.
Die schwächeren Militairpostcn, die zum Schutze öffentlicher Anstalten aufge-
stellt waren, wurden aufgehoben und entwaffnet. In allen Straßen hörte
man den Ruf: „Es lebe die Charte!" der von Männern aus den gebildeten
Ständen erhoben und von den Tausenden der arbeitenden Volksclassen wie-
derholt wurde, die zwar keine genaue Vorstellung davon hatten, um was es
sich handelte, aber wohl fühlten, daß eine große Ungerechtigkeit gegen das Land
und gegen das Volk begangen seyn mußte, wenn der Handwerker seine Wcrkstätte,
der Student seine Bücher, der vornehme Herr seinen Salon verließ, um auf
die Straße zu stürzen und im Kampfe gegen die Truppen der Regierung sein
Leben auf das Spiel zu setzen. Auch fehlte es nicht an einem Zeichen, wel-
ches Allen, dem Vornehmsten wie dem Geringsten, gleich verständlich war.
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
381
Die drei Tage.
Obristlieutcnant Maillardoz drang durch die breite Nue de la Monnaie ohne
Schwierigkeit bis zu der Ecke von St. Eustache vor, statt aber hier in die
Nue Montmartre hinein zu schwenken, um nach dem Marchs des Jnnoccnts
zu ziehen, setzte er seinen Weg durch die gerade vor ihm sich eröffnende Nue
Montorgucil fort. Hier wurde er von allen Seiten mit Flintenschüssen em-
pfangen, und erst, als er bis zu der Querstraße Nue Mandar gekommen
war, welche die Nue Montorgucil und die Nue Montmartre verbindet, er-
kannte er seinen Irrthum. Er wollte jetzt durch die Nue Mandar die Nue
Montmartre wieder gewinnen, mußte aber, um den Durchmarsch zu erzwingen,
eine Barricadc stürmen, die mit furchtbarer Hartnäckigkeit vertheidigt wurde.
Endlich erreichte er seinen Zweck, aber nicht ohne eine gute Anzahl seiner
tapfersten Leute verloren zu haben. Hierauf marschirte er unter beständigem
Feuern die Nue Montmartre hinab nach dein Marchö des Jnnoccnts, wo er
sich mit dem General Quinsonnas vereinigte und mit diesem sich der Seine
zuwandte, längs der er glücklich nach dem Quai de l'ecole zurückgelangte.
Um die Bataillone auf dem Gröveplatze, mit denen die Verbindung gleichfalls
unterbrochen war, durch eine ähnliche Entsendung zu befreien, fehlte cs an
Truppen; General Talon blieb daher sich selbst überlassen und mußte den
ganzen Nachmittag hindurch bis zum Einbrüche der Nacht einen schweren
Kampf bestehen, der auf beiden Seiten viele Menschen kostete. Was den
Truppen aber empsindlichcr wurde, als die stürmischesten Angriffe der Pariser,
war der Mangel an jeder Art von Verpflegung, den eine unverantwortliche
Nachlässigkeit der Kriegsverwaltung verschuldete. Herr von Champagny, der
im Namen des Fürsten von Polignac die Verwaltung leitete, war ohne alle
Nachrichten gelassen, und hatte daher auch die erforderlichen Vorkehrungen
nicht treffm können. Zwar gelang es ihm, mit Hülfe der Vorräthe, die im
Hotel der Invaliden gehäuft waren, die nöthigen Anstalten in der Eile her-
zustellen; als es sich aber darum handelte, die für die Truppen bestimmten
Lebensmittel diesen zuzuführen, zeigte cs sich, daß dies unmöglich fiel, weil
alle Verbindungen unterbrochen waren. So mußte also auch noch der Hunger
hinzukommen, um die Truppen zu cntmuthigen, die sich mit ehrcnwerther Auf-
opferung für die königliche Sache schlugen. Dadurch allein wäre, auch ohne den
ausdrücklichen Befehl des Königs, der Herzog von Nagusa zuletzt genöthigt gewe-
sen, seine Macht um die Tuilcrien zusammenzuziehen und den Parisern den größ-
ten Theil des Terrains zu überlassen, das er ihnen den Tag über streitig gemacht.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung]]
384
Zweites Hauptstück.
Die Nacht hatte sich düster und schweigend über die Stadt gebreitet, die
den Tag über der Schauplatz des wildesten Getöses, des blutigsten Kampfes ge-
wesen war. Die Mehrzahl der Streitenden hatte sich, 'von den Anstrengun-
gen des Tages erschöpft, zur Ruhe begeben; aber in den Stadttheilen, die
dem Louvre und den Tuilerien zunächst gelegen waren, und in denen man da-
her am Morgen den ersten Angriff erwarten mußte, kannte man keine Ruhe.
Alles arbeitete an den Barricaden; Arbeiter, "Handwerker, junge Männer
aus allen Ständen waren die ganze Nacht hindurch thätig, um das Pflaster
aufzureißen, Gräben zu ziehen, Verrammelungen und Verschanzungen aufzu-
führen, die an den wichtigsten Punkten fest genug waren, um selbst dem
Feuer des schweren Geschützes Widerstand zu leisten. Dabei verfuhr man,
durch ein richtiges Naturgefühl geleitet, mit solchem Geschick, daß die aus-
gezeichnetesten Ingenieurs wenig zu bessern gefunden hätten. In den Haupt-
straßen, die ihrer ganzen Länge nach von dem Geschütze bestrichen werden
konnten, wurden nur wenige, obschon die stärksten Barricaden angelegt, weil
man wohl wußte, daß man hinter denselben gegen die im Bogen geschleuder-
ten Granaten doch nicht gesichert war. Dagegen waren alle Nebenstraßen
mit der neuen Art von Verschanzungen ganz bedeckt, so daß die Truppen,
wenn sic auch in die Hauptstraße eindrangen, sich in dieser von allen Seiten
einem Kreuzfeuer ausgesetzt sahen, gegen welches sie sich unmöglich zu halten
vermochten. Mit Tagesanbruch begann der durch die Nacht unterbrochene
Kainpf von neuem; aber derselbe hatte jetzt bereits eine sehr veränderte Ge-
stalt gewonnen. Jene Stadtviertel im Innern mit engen, gewundenen
Straßen, in denen die arbeitende Bevölkerung dicht gedrängt bei einander
wohnt, und die Tages vorher der Schauplatz der blutigsten Gefechte gewesen,
waren von den Truppen geräumt. Diese hatten sich in die unmittelbare
Nähe des Louvre und der Tuilerien zurückgezogen und nahmen hier eine ver-
theidigende Stellung ein. Zwei Bataillone Schweizer hielten das Louvre be-
setzt; auf dem Carrousselplatze, aus dem Platze Ludwigs Xv., auf dem Bou-
levard de la Madeleine standen die Garden, die zugleich den innern Hof des
Palais Royal inne hatten, und mehrere Posten in der Rue St. Hvnorö
behaupteten. Die Linicntruppcn waren auf dem Vendomeplatzc und im Garten
Der Tuilerien aufgestellt, wo sic am wenigsten einer Berührung mit den an-
drängenden Volksmassen ausgesetzt waren, auf die einzelne Abtheilungen bei
wiederholten Gelegenheiten zu feuern sich geweigert hatten. Gegen alle Stra-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Die drei Tage.
398
Posten, welcher das Gefängniß Montaigu in der Nähe des Pantheon bewachte,
leistete das Versprechen, nicht auf das Volk zu feuern. Das Pulvermagazin
bei dem Jardin des Plantes wurde in Besitz genommen, ohne daß die Wachen
den geringsten Widerstand geleistet hätten. Das Pulver wurde nach dem
Platze des Odeons gebracht, wo eine Menge Studenten und Arbeiter unter
der Leitung einiger alten Soldaten damit beschäftigt waren, Patronen zu ver-
fertigen. Auf der Place St. Sulpiee in der Nähe war eine Kugelgießerci
angelegt, der man alles Blei und Zinn zuführte, dessen mau habhaft werden
konnte. Zu einem ernstlichen Kampfe kam cs auf dem linken Seineufer nur
um den Besitz der Caserne auf der Straße von Babylon, die von einer Ab-
theilung Schweizer besetzt war. Drei Colonncn, deren jede etwa zwei- bis
dreihundert Mann stark war, rückten von dem Platze des Odeons gegen die
Caserne an, die erste gegen die Vorderseite auf der Nue de Babyloue, die
andere gegen den Eingang auf der Nue Plumet und die dritte gegen die
Gärten, welche von der Seite der situe de Monsieur an die Caserne stießen.
Die beiden ersten Colonnen vermochten sich der Caserne kaum zu nähern,
weil alle Fenster mit Matratzen verhängt waren, hinter denen ein wohlge-
nährtes Gcwehrfeuer gegen die Angreifenden unterhalten wurde. Die dritte
Colonne wurde, als sie in die Gärten einzudringen versuchte, durch ein mör-
derisches Gcwehrfeuer empfangen, das von einem im Bau begriffenen Hause
kam, in dem die Schweizer sich festgesetzt hatten. Sie wich in Unordnung
zurück, nachdem einige der Vordersten gefallen waren. Bald waren die Schwei-
zer aber genöthigt, das unvollendete Gebäude, das ihnen zum Stützpunkte
diente, zu verlassen, weil aus den Fenstern der benachbarten Häuser auf sie
geschossen wurde. Die Angreifenden bemächtigten sich der Gärten, so wie sie
das Dach eines auf der anderen Seite an die Caserne stoßenden Hauses ein-
nahmen. Ungeachtet der Unerschrockenheit, mit der sie sich dem Feuer der
Schweizer aussetzten, hatten sie jedoch wenig Aussicht, den verzweifelten Wi-
derstand der Vertheidiger zu überwältigen, als ein Arbeiter auf den Gedanken
siel, den Eingang in die Caserne durch Feuer zu erzwingen. Es wurde Stroh
vor das Thor getragen und dieses in Brand gesteckt. Jetzt hieß es unter
den Schweizern: „Nette sich, wer kann!" Die meisten entkamen mitten durch
die Flintenschüsse, die von allen Seiten auf sie gerichtet wurden ; die anderen,
die weder fliehen konnten, noch sich ergeben wollten, wurden gctödtet; unter
diesen ihr Anführer, der Major Dufay.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
398
Zweites Hauptstück.
Die Mehrzahl der Sieger war aus den niedrigsten Volksclassen und von
den unentbehrlichsten Bedürfnissen des Lebens entblößt; Kostbarkeiten lagen
vor ihnen ausgebreitet, nach denen sie nur die Hand ausstrecken durften, um
sich für lange Zeit gegen den Mangel zu sichern. Aber so sehr waren alle
von dem Gefühle ihrer Würde als Kämpfer für das, was sie als die Volks-
freiheit betrachteten, durchdrungen, daß sie sich für entehrt gehalten hätten,
wenn in ihnen auch nur ein Gedanke an persönliche Bereicherung aufgestiegen
wäre. Viele der Eingedrnngenen suchten sich irgend etwas zuzueignen, was
sie als ein Andenken an den merkwürdigsten Tag ihres Lebens behalten woll-
ten ; Einzelne waren leichtfertig genug, sich in die Gewände der Prinzessinnen
zu hüllen, und schritten in der tollsten Vermummung einher; aber cs wurde
sorgfältig darauf geachtet, daß kein Gegenstand von Werth entfremdet wurde.
Ein unglücklicher junger Mensch, der durch den Anblick der, wie er glaubte,
herrenlos gewordenen Reichthümer geblendet, ein silbernes Geräth von weni-
gen Franken am Werthe an sich nahm, wurde nach kurzem Verhör auf der
Stelle erschossen. Kurze Zeit vorher, che das Louvre und die Tuilcrien ge-
nommen wurden, waren andere Volkshaufen in den erzbischöflichen Palast in
der Cit6 eingedrungen, weil man den Trcubruch Karls X. eben so sehr,
wie seinen altmonarchischen Vorurthcilen, dem Einflüsse der Geistlichkeit und
besonders dem Einflüsse des Erzbischofs von Paris, Latil, zuschrieb. Hier
wurde furchtbarer gehaust, als in den königlichen Schlössern, indem nichts
der Zerstörung entging, was durch Menschenhände zu vernichten war. Prie-
sterliche Anzüge und Abzeichen, Kleinode und Kostbarkeiten aller Art, die
werthvollsten Bücher und Hausgeräthe wurden in die Seine geworfen; aber
geplündert wurde so wenig, wie in den Tuilcrien.
Mit dem Falle der königlichen Schlösser und der Flucht der Truppen,
die sie vertheidigten, war zwar der Sieg des Volkes entschieden, aber der
Kampf in Paris doch nicht sogleich beendigt. In der Rne de Nohan war bei
der Räumung der Tuilcrien eine Compagnie der Garde zurückgeblieben, die
sich dem Thsatre franjáis gegenüber in einem Eckhause festgesetzt hatte, um
die Verbindung zwischen dem Schlosse und dem Palais Royal offen zu er-
halten. Auch den Hofraum des Palais Royal, wie den Platz vor demselben,
hielten die Truppen noch besetzt; und von dem Vcndomcplatze, auf dem zwei
Regimenter der Linie standen, zogen die Reihen der Garde sich über die Rue
de la Paix und den Boulevard des Capucines bis zu der Magdalcnenkirche.
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]