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1. Neuere Geschichte - S. 29

1895 - Leipzig : Reisland
— 29 — nach ihm gezückt, als ein anderer ihn zurückhielt mit den Worten: „Nicht hier am Altar, Bruder! Er wird uns nicht entwischen!" Da erschien der Adel der Umgegend und trieb die Strelitzen auseinander. Die Aufrührer unterwarfen sich demütig. Die Rädelsführer wurden hingerichtet, 30 an der Zahl, die übrigen begnadigt. Natalie zog sich mit ihrem 15jährigen Sohne nach dem Dorfe Preobraschenskoi zurück. Hier versammelte Peter Knaben gleichen Alters um sich, mit denen er Soldaten spielte. Sophie sah das Spiel gern, weil $eter dadurch, wie sie meinte, von ernsteren Geschäften abgelenkt würde. Aber bald merkte sie, wie gefährlich ihr diese Potefchni (Spielkameraden) werden könnten. Sie beschloß, Peter zu ermorden. Dieser sammelte ein kleines Heer um sich, und Sophie wagte es nicht, ihn anzugreifen. Sie mußte sich ihm unterwerfen und in ein Kloster gehen. So war Peter Alleinherrscher (1689—1725), denn fein schwacher Bruder Iwan, der noch den Zarentitel führte, starb bald darauf. Jetzt bildete er sich nun aus feinen Potefchni ein Heer nach europäischer Weise. Die Bildung einer Seemacht sollte folgen. Peter reiste 1693 nach Archangel am weißen Meere und suchte den Handel zu beleben. Als er 1694 wieder hinkam, hatte er die Freude, mit mehreren russischen Schiffen in See gehen zu können. Zwei Jahre später (1696) entriß er den Türken die wichtige Stadt Asow und verjagte mit seiner Flotte die türkischen Schiffe vom Donfluffe. 2. Peters Reise nach Holland. Um seine Kenntnisse zu bereichern und alles Gute in den europäischen Staaten selbst kennen zu lernen, rüstete Peter 1697 eine große Gesandtschaft aus. Da er selbst unerkannt bleiben wollte, so ging er unter dem Titel eines Oberkommandeurs mit. Die Reise ging über Riga nach Königsberg, wo der Kursürst Friedrich Iii. von Brandenburg die Gesandtschaft in feierlicher Audienz empfing. Peter war auch dabei. Alle Hofleute erkannten ihn sogleich an feiner hohen Gestalt und an dem Blitze feiner rollenden Augen. Der Kurfürst gab sich alle Mühe, ihn durch allerlei Festlichkeiten zu unterhalten. Mit großer Wißbegier besuchte Peter die Handwerker und Künstler, besonders die Bernsteindrechsler. Von Königsberg reifte er über Berlin und Hannover nach Amsterdam. Nachdem er hier die Werkstätten der Künstler und Handwerker genau kennen gelernt hatte, begab er sich in das Dorf Saardam, wo großer Schiffsbau getrieben wurde. Um auch diesen kennen zu lernen, ließ er sich unerkannt unter dem Namen Michaelow unter die dortigen Schiffszimmerleute

2. Neuere Geschichte - S. 45

1895 - Leipzig : Reisland
— 45 — Kunst und Wissenschaft den bereitwilligsten Besörberer und freigebigsten Unterstützer. Orbnung und rastlose Thätigkeit waren die Grnubznge seines Lebens; jede Stunbe hatte ihre Bestimmung. Um 4 Uhr des Morgens staub er aus. Er kleibete sich ohne frembe Hilfe an und ging dann an den Schreibtisch, auf welchem erbte in der Nacht eingegangenen Briefe fanb. Die wichtigeren las er selbst; aus den übrigen mußten die Kabinettsräte kurze Auszüge machen. Nachbem er die Berichte seiner Abjutanten angehört hatte, trank er Kaffee und griff zu seiner Flöte. Wohl zwei Stnnben lang spazierte er blasenb auf und ab. Sobald er die Flöte weglegte, traten die Kabiuettsräte mit ihren Auszügen ein. Er sagte ihnen, was aufbebe Eingabe geantwortet werben sollte, schrieb auch oft selbst einige kurze Worte an den Raub. Nach Beenbignng der Geschäfte nahm er ein Buch zur Hand ober schrieb Briefe. Mit dem Schlage zwölf ging er zur Tafel, bei der es an Leckerbissen nicht fehlen bürste, und bereu Küchenzettel er jcbcn_ Morgen bitrchsah. Wichtiger aber waren ihm noch die geistigen Genüsse, und seine Tischgesellschaften finb berühmt geworben. Er wählte bazn seine geistreichsten und gebildetsten Offiziere und die berühmtesten Gelehrten. Der König war mit feiner fließenben Sprache, seiner Belesenheit und seinem Witz stets der Mittelpunkt der Unterhaltung. Nach der Tasel blies er wieber eine halbe Stunbe auf der Flöte. Dann unterzeichnete er die unter-beffen im Kabinett verfaßten Briefe, trank Kaffee und besah seine Anlagen. Die Stunden von 4 bis 6 waren seinen schriftstellerischen Arbeiten gewibmet. Von 6 bis 7 Uhr war Konzert, bei dem bloß ansübenbe Künstler zugelassen würden. Dann folgte die Abenbmahlzeit, die oft bis Mitternacht währte, und bei welcher es an munterer Unterhaltung nicht fehlte. Diese bestimmte Lebeusorbnung erlitt nur durch Reisen oder Truppenmusterungen eine Unterbrechung. Große Sorgfalt widmete Friedrich deu Künsten und Wissenschaften. Er baute das Opernhaus in Berlin und ließ die Sänger und Tänzer aus Italien kommen. Die ^Bibliothek wurde vermehrt und eine Münzsammlung augelegt. In Italien wurden Gemälde und alte Bildwerke angekauft, Berlin und Potsdam durch nene Gebäude, das Jnvalidenhaus, die katholische Kirche, deu Dom und das Sommerschloß Sanssouci verschönert. , , Durch beit siebenjährigen Krieg, in welchem sich Fnebnch gegen halb Europa siegreich verteidigt hatte, war Preußen in die Reihe der europäischen Großmächte eingetreten. Die Haupt-

3. Bd. 11 - S. 370

1846 - Braunschweig : Westermann
368 Zweites Hauptstück. ten Feuer vou allen Ecken der Nebenstraßen begrüßt, daß der General, um nicht einen zu großen Theil seiner Mannschaft aufzuopfern, es vorzieht, den weiten Umweg über die südlichen Boulevards zu machen, um die Tuile- rien wieder zu gewinnen. Er geht über die Brücke von Austerlitz und laßt auf dem Bastillenplatze nur die Cuirassicre und eine Abtheilung Lanciers zurück. Wahrend die Truppen des Generals de St. Chamans sich allmälig ganz von jenen belebteren Stattheilen entfernten, die der Schauplatz des Kampfes waren, traf auf dem Bastillenplatzc das lloste Linienregimeut ein, welches von seiner Caserne her kam und, mit den zurückgebliebenen Reitern vereinigt, die Richtung durch die Rue St. Antoine nach dem Hotel de Bille einschlug. Der Marsch war lang und blutig; in allen Nebenstraßen und in nicht allzu weiten Zwischenräumen auch in der Hauptstraße waren Barricaden errichtet, von denen unsichtbare Feinde ein mörderisches Feuer unterhielten. Aus allen Fenstern regnete cs Steine, Ziegel, Flaschen, Töpfe und Haus- geräth auf die Truppen. So wie eine Barricade genommen war, verschwan- den die Vertheidiger, indem sich ihnen die Thüren der Häuser öffneten, die hinter ihnen sogleich wieder verschlossen wurden. Jeder Schritt mußte er- kämpft werden, und als endlich die Kirche St. Gervais erreicht war, erkannte der Befehlshaber die Unmöglichkeit, auf dem geraden Wege weiter vorzubrin- gen. Er ließ daher unter dem Schutze eines Scheinangriffes, den die Lan- ciers mit bewunderungswürdiger Aufopferung ausführten, links abschwenken und gewann den Quai de la Grove, auf dem er ohne weitere Anfechtung zum Hotel de Bille gelangte. Hier hatte der Kampf inzwischen die ernsteste Ge- stalt angenommen. Alle Häuser waren mit Bewaffneten gefüllt, und es wurde aus allen Fenstern auf die Garden gefeuert, die auf dem Platze stan- den. Die längst erwartete Verstärkung war daher im höchsten Grade will- kommen, aber die Hülfe, die sie bringen sollte, erwies sich als sehr unzurei- chend. Die Truppen, die auf ihrem Marsche durch die Rue St. Antoine schweren Verlust erlitten, waren halb für das Volk gewonnen. In den 9luf¡: „Es lebe die Charte!" der sie vor jeder Barricade empfing, war der andere: „Es lebe die Linie!" gemischt. Die Soldaten, die wohl verstanden, daß das Volk sie nicht als Feinde betrachte, weigerten sich länger gegen dasselbe zu fechten; sie wurden daher in den Hof des Hotel de Ville gewiesen und ihnen die Patronen abgenommen, welche unter die Garden vertheilt wurden, die treuer zu der Sache des Königthumes hielten. Eine Abtheilung Schwei-

4. Bd. 11 - S. 387

1846 - Braunschweig : Westermann
Die drei Tage. 385 ßen, welche in die nächsten Umgebungen der königlichen Schlösser ausmünde- ten, waren Geschütze gerichtet, bereit, die Angreifenden mit Kartätschen niederzuschmettern. Um die Truppen zu ermuthigen, war noch in der Nacht ein Tagesbefehl erlassen worden, der sie für ihr pflichttreues Verhalten be- lobte und ihnen zur Belohnung für Len folgenden Tag die Vcrtheilung eines andcrthalbmonatlichen Soldes versprach. Aus dem Kriegsministerium war der Befehl ergangen, die Lager von Luneville und St. Omer aufzulösen und die in denselben vereinigten Truppen in Eilmärschen nach Paris rücken zu lassen. Aber schon war die Telegraphenlinie unterbrochen; ein Invalide mit einem hölzernen Beine mußte die Depesche bis nach Ecouen tragen, damit sic von dort weiter befördert würde. Auf der andern Seite war das Volk, unter dem sich gegen Abend be- reits einige Entmuthigung zu verbreiten anfing, da alle seine Anstrengungen an den ehernen Wällen der Garde scheiterten, zu neuer Hoffnung belebt wor- den, als es sich zeigte, daß man doch nicht vergebens gekämpft hatte, daß der größte Theil der Stadt vom Feinde befreit und daß dieser aus dem An- griffe in die Vertheidigung zurückgedrängt war. Zahlreiche Haufen zogen aus den Vorstädten in dichten Reihen die Boulevards hinab, andere drangen längs der Quais gegen das Louvre vor, und alle Straßen zwischen den Bou- levards und den Quais füllten sich allmälig mit kampflustigen Schaaren, welche theils die Barricade» besetzten, theils den Stellungen zueilten, die noch von den königlichen Truppen eingenommen waren. Während sich auf diese Weise Alles zur Erneuerung des erbittertesten Kampfes anschickte, begab sich ein einfacher Bürger, der Broncrfabrikaut Galle, der viel für den Hof arbeitete, in die Tuilerscn, wo er durch die Vermittlung eines ihm dem Na- men nach nicht bekannten vornehmen Herrn Einlaß erhielt, um dem Herzoge von Nagusa Vorstellungen zu machen. Er hatte wenige Augenblicke vorher gesehen, wie ein Schweizer von dem Balcon eines dcr Häuser, welche die königlichen Truppen in dcr Nue St. Honoré besetzt hielten, einen unbewaff- neten Menschen auf der Straße niederschoß, der ruhig seines Weges ging. Er fragte den Marschall unerschrocken, wie er die entsetzlichen Befehle habe geben können, die Paris seit zwei Tagen mit Blut überschwemmten? „Ihre Trup- pen," sagte er, „schießen in der Nue St. Honore aus friedliche Bürger; können Sie denn nichts thun, um solchen Abscheulichkeiten ein Ende zu machen?" — „Sie beleidigen mich, mein Herr," erwiderte dcr Herzog von v. Rottcck, allg. Gesch. Xi. Hernies' Suppl. Ii. 25

5. Bd. 11 - S. 355

1846 - Braunschweig : Westermann
- 333 Die drei Ta ge- auseinanderzusprengen. Mehrere Personen wurden überritten; das Volk ließ sich jedoch nicht einschüchtern, sondern gerieth nur in um so größere Wuth. Von allen Seiten wurde das wilde Geschrei erhoben: „Nieder mit den Gensdar- mcn!" und da sich ein Haus in der Nähe befand, welches im Baue begriffen war, so regnete es bald nicht bloß auf die Gensdarmen, sondern auch auf die Truppen der königlichen Garde, die längs des Palais Nöyal ausgestellt waren, einen Hagel von Steinen. Lange bewahrten die Truppen ungeachtet dieser Herausforderung eine ruhige unerschütterliche Haltung. Der befehligende Officier forderte den Pplizeicommissair des Viertels auf, den gesetzlichen Auf- ruf zu erlassen, um alle friedlichen Bürger zum Auseinandergehen zu ermah- nen. Da aber inzwischen die Gensdarmen im Gedränge bereits von ihrer Waffe Gebrauch gemacht hatten, so weigerte der Polizeibeamte sich, der an ihn gerichteten Aufforderung nachzukommen. Erst jetzt ertheilte ein Bataillons- chef, nachdem er sich mit einem Officier des Gcneralstabs besprochen, seinen Leuten den Befehl zu feuern. Die Volkshaufen zogen sich hierauf in die be- nachbarten Straßen zurück; mehrere Todte und Schwerverwnndete lagen auf dem Platze. In der unmittelbaren Nähe des Palais Noyal war damit die Ruhe hergestellt; durch alle Straßen erging aber der Ruf: „Rache! Rache! Zu den Waffen!" Der Leichnam eines Weibes, das entweder im Gedränge erstickt oder auf andere Weise umgekommen war, wurde unter wildem Rache- geschrei ans den Börsenplatz getragen und in der Vorhalle des Theaters des Nouveautes niedergelegt. Neue Zusammenrottungen bildeten sich; zahlreiche Volkshaufen drangen durch die Nne St. Honore gegen den Platz des Palais Royal vor. Eine Abtheilung der Garde, die von der Magdalencnkirche her- kam, verlegte ihnen den Weg und zerstreute sie durch einmaliges Feuern. Ein Fremder, der aus dem Fenster seines Hütels mit einer Jagdflinte auf die Truppen schoß, wurde durch eine Kugel getödtct. Dasselbe Schicksal er- fuhr ein Bürger, der die Unvorsichtigkeit beging, sich am Fenster zu zeigen. Die erbitterten Haufen, welche durch die Straßen zogen, fingen jetzt auf verschiedenen Punkten an, die Laden der Gewehrfabrikanten zu erbrechen, um sich zu bewaffnen; auf der Rue St. Honore, auf der Rnc Richelieu und auf mehreren anderen Straßen in geringer Entfernung von den Truppen, deren Bewegungen man hemmen wollte, wurden durch umgestürzte Wagen, schweres Hausgeräthe und aufgehäufte Pflastersteine Barricaden errichtet, die zwar verlaßen wurden, sowie eine Trnppenabtheilung heranrückte, um sie zu v. Roltcck, allg. Gesch. Xi. Hermes Suppl. Ii. 23

6. Bd. 11 - S. 361

1846 - Braunschweig : Westermann
359 Die drei Tage. Gebäudes zurückgezogen; die Thore waren verschlossen. Eine Zeitlang ver- weilte die Menge, unschlüssig, was sie thun sollte, auf dem Platze; endlich wurden unter dem Rufe: „Es lebe die Charte!" die Thore eingeschla- gen; die Stürmenden drangen ein, entwaffneten die wachthabenden Sol- daten, erstiegen den Thurm, von dem sogleich die Sturmglocke erschallte, und pflanzten auf demselben eine dreifarbige Fahne auf, die mit einem schwarzen Flor umwunden war. Schon waren einzelne National- gardisten in Uniform unter die tobenden Massen gemischt; aber sie waren in geringer Zahl und offenbar mehr von der Bewegung fort- gerissen, als daß sie selbst diese geleitet hätten. Don dem andern User der Seine dröhnte das ticstönende Sturmgeläute der großen Glocke von Notre- Dame herüber, die hellere Glocke von St. Severin antwortete in der Nähe, und aus der Ferne wurde von allen Thürmen dumpfes Geläute vernommen, welches die Bürger zu den Waffen rief. Bald rückte eine Abtheilung Truppen längs des Quai Lepelleticr gegen den Grdveplatz vor; es entspann sich ein lebhaftes Gewehrfeuer; das Detaschement, welches in unzureichender Zahl war, wurde zurückgeschlagen. Eine zweite Abtheilung, die zur Unterstützung nachrückte, vermochte eben so wenig auszurichten. Während auf diese Weise der Kampf um das Stadthaus begann, hatte derselbe bereits auf allen Punkten von Paris, wo die bewaffnete Macht und das Volk sich gegenüberstand, seinen Anfang genommen. Die Wuth hatte sich zuerst gegen die äußeren Abzeichen der königlichen Gewalt gekehrt, die überall, wo dieselben sich fanden, — an den öffentlichen Gebäuden, auf den Schildern der Hoflieferanten und Fabri- kanten, auf den Wagen der Post, — verwischt oder zertrümmert wurden. Die schwächeren Militairpostcn, die zum Schutze öffentlicher Anstalten aufge- stellt waren, wurden aufgehoben und entwaffnet. In allen Straßen hörte man den Ruf: „Es lebe die Charte!" der von Männern aus den gebildeten Ständen erhoben und von den Tausenden der arbeitenden Volksclassen wie- derholt wurde, die zwar keine genaue Vorstellung davon hatten, um was es sich handelte, aber wohl fühlten, daß eine große Ungerechtigkeit gegen das Land und gegen das Volk begangen seyn mußte, wenn der Handwerker seine Wcrkstätte, der Student seine Bücher, der vornehme Herr seinen Salon verließ, um auf die Straße zu stürzen und im Kampfe gegen die Truppen der Regierung sein Leben auf das Spiel zu setzen. Auch fehlte es nicht an einem Zeichen, wel- ches Allen, dem Vornehmsten wie dem Geringsten, gleich verständlich war.

7. Bd. 11 - S. 383

1846 - Braunschweig : Westermann
381 Die drei Tage. Obristlieutcnant Maillardoz drang durch die breite Nue de la Monnaie ohne Schwierigkeit bis zu der Ecke von St. Eustache vor, statt aber hier in die Nue Montmartre hinein zu schwenken, um nach dem Marchs des Jnnoccnts zu ziehen, setzte er seinen Weg durch die gerade vor ihm sich eröffnende Nue Montorgucil fort. Hier wurde er von allen Seiten mit Flintenschüssen em- pfangen, und erst, als er bis zu der Querstraße Nue Mandar gekommen war, welche die Nue Montorgucil und die Nue Montmartre verbindet, er- kannte er seinen Irrthum. Er wollte jetzt durch die Nue Mandar die Nue Montmartre wieder gewinnen, mußte aber, um den Durchmarsch zu erzwingen, eine Barricadc stürmen, die mit furchtbarer Hartnäckigkeit vertheidigt wurde. Endlich erreichte er seinen Zweck, aber nicht ohne eine gute Anzahl seiner tapfersten Leute verloren zu haben. Hierauf marschirte er unter beständigem Feuern die Nue Montmartre hinab nach dein Marchö des Jnnoccnts, wo er sich mit dem General Quinsonnas vereinigte und mit diesem sich der Seine zuwandte, längs der er glücklich nach dem Quai de l'ecole zurückgelangte. Um die Bataillone auf dem Gröveplatze, mit denen die Verbindung gleichfalls unterbrochen war, durch eine ähnliche Entsendung zu befreien, fehlte cs an Truppen; General Talon blieb daher sich selbst überlassen und mußte den ganzen Nachmittag hindurch bis zum Einbrüche der Nacht einen schweren Kampf bestehen, der auf beiden Seiten viele Menschen kostete. Was den Truppen aber empsindlichcr wurde, als die stürmischesten Angriffe der Pariser, war der Mangel an jeder Art von Verpflegung, den eine unverantwortliche Nachlässigkeit der Kriegsverwaltung verschuldete. Herr von Champagny, der im Namen des Fürsten von Polignac die Verwaltung leitete, war ohne alle Nachrichten gelassen, und hatte daher auch die erforderlichen Vorkehrungen nicht treffm können. Zwar gelang es ihm, mit Hülfe der Vorräthe, die im Hotel der Invaliden gehäuft waren, die nöthigen Anstalten in der Eile her- zustellen; als es sich aber darum handelte, die für die Truppen bestimmten Lebensmittel diesen zuzuführen, zeigte cs sich, daß dies unmöglich fiel, weil alle Verbindungen unterbrochen waren. So mußte also auch noch der Hunger hinzukommen, um die Truppen zu cntmuthigen, die sich mit ehrcnwerther Auf- opferung für die königliche Sache schlugen. Dadurch allein wäre, auch ohne den ausdrücklichen Befehl des Königs, der Herzog von Nagusa zuletzt genöthigt gewe- sen, seine Macht um die Tuilcrien zusammenzuziehen und den Parisern den größ- ten Theil des Terrains zu überlassen, das er ihnen den Tag über streitig gemacht.

8. Bd. 11 - S. 386

1846 - Braunschweig : Westermann
384 Zweites Hauptstück. Die Nacht hatte sich düster und schweigend über die Stadt gebreitet, die den Tag über der Schauplatz des wildesten Getöses, des blutigsten Kampfes ge- wesen war. Die Mehrzahl der Streitenden hatte sich, 'von den Anstrengun- gen des Tages erschöpft, zur Ruhe begeben; aber in den Stadttheilen, die dem Louvre und den Tuilerien zunächst gelegen waren, und in denen man da- her am Morgen den ersten Angriff erwarten mußte, kannte man keine Ruhe. Alles arbeitete an den Barricaden; Arbeiter, "Handwerker, junge Männer aus allen Ständen waren die ganze Nacht hindurch thätig, um das Pflaster aufzureißen, Gräben zu ziehen, Verrammelungen und Verschanzungen aufzu- führen, die an den wichtigsten Punkten fest genug waren, um selbst dem Feuer des schweren Geschützes Widerstand zu leisten. Dabei verfuhr man, durch ein richtiges Naturgefühl geleitet, mit solchem Geschick, daß die aus- gezeichnetesten Ingenieurs wenig zu bessern gefunden hätten. In den Haupt- straßen, die ihrer ganzen Länge nach von dem Geschütze bestrichen werden konnten, wurden nur wenige, obschon die stärksten Barricaden angelegt, weil man wohl wußte, daß man hinter denselben gegen die im Bogen geschleuder- ten Granaten doch nicht gesichert war. Dagegen waren alle Nebenstraßen mit der neuen Art von Verschanzungen ganz bedeckt, so daß die Truppen, wenn sic auch in die Hauptstraße eindrangen, sich in dieser von allen Seiten einem Kreuzfeuer ausgesetzt sahen, gegen welches sie sich unmöglich zu halten vermochten. Mit Tagesanbruch begann der durch die Nacht unterbrochene Kainpf von neuem; aber derselbe hatte jetzt bereits eine sehr veränderte Ge- stalt gewonnen. Jene Stadtviertel im Innern mit engen, gewundenen Straßen, in denen die arbeitende Bevölkerung dicht gedrängt bei einander wohnt, und die Tages vorher der Schauplatz der blutigsten Gefechte gewesen, waren von den Truppen geräumt. Diese hatten sich in die unmittelbare Nähe des Louvre und der Tuilerien zurückgezogen und nahmen hier eine ver- theidigende Stellung ein. Zwei Bataillone Schweizer hielten das Louvre be- setzt; auf dem Carrousselplatze, aus dem Platze Ludwigs Xv., auf dem Bou- levard de la Madeleine standen die Garden, die zugleich den innern Hof des Palais Royal inne hatten, und mehrere Posten in der Rue St. Hvnorö behaupteten. Die Linicntruppcn waren auf dem Vendomeplatzc und im Garten Der Tuilerien aufgestellt, wo sic am wenigsten einer Berührung mit den an- drängenden Volksmassen ausgesetzt waren, auf die einzelne Abtheilungen bei wiederholten Gelegenheiten zu feuern sich geweigert hatten. Gegen alle Stra-

9. Bd. 11 - S. 397

1846 - Braunschweig : Westermann
Die drei Tage. 398 Posten, welcher das Gefängniß Montaigu in der Nähe des Pantheon bewachte, leistete das Versprechen, nicht auf das Volk zu feuern. Das Pulvermagazin bei dem Jardin des Plantes wurde in Besitz genommen, ohne daß die Wachen den geringsten Widerstand geleistet hätten. Das Pulver wurde nach dem Platze des Odeons gebracht, wo eine Menge Studenten und Arbeiter unter der Leitung einiger alten Soldaten damit beschäftigt waren, Patronen zu ver- fertigen. Auf der Place St. Sulpiee in der Nähe war eine Kugelgießerci angelegt, der man alles Blei und Zinn zuführte, dessen mau habhaft werden konnte. Zu einem ernstlichen Kampfe kam cs auf dem linken Seineufer nur um den Besitz der Caserne auf der Straße von Babylon, die von einer Ab- theilung Schweizer besetzt war. Drei Colonncn, deren jede etwa zwei- bis dreihundert Mann stark war, rückten von dem Platze des Odeons gegen die Caserne an, die erste gegen die Vorderseite auf der Nue de Babyloue, die andere gegen den Eingang auf der Nue Plumet und die dritte gegen die Gärten, welche von der Seite der situe de Monsieur an die Caserne stießen. Die beiden ersten Colonnen vermochten sich der Caserne kaum zu nähern, weil alle Fenster mit Matratzen verhängt waren, hinter denen ein wohlge- nährtes Gcwehrfeuer gegen die Angreifenden unterhalten wurde. Die dritte Colonne wurde, als sie in die Gärten einzudringen versuchte, durch ein mör- derisches Gcwehrfeuer empfangen, das von einem im Bau begriffenen Hause kam, in dem die Schweizer sich festgesetzt hatten. Sie wich in Unordnung zurück, nachdem einige der Vordersten gefallen waren. Bald waren die Schwei- zer aber genöthigt, das unvollendete Gebäude, das ihnen zum Stützpunkte diente, zu verlassen, weil aus den Fenstern der benachbarten Häuser auf sie geschossen wurde. Die Angreifenden bemächtigten sich der Gärten, so wie sie das Dach eines auf der anderen Seite an die Caserne stoßenden Hauses ein- nahmen. Ungeachtet der Unerschrockenheit, mit der sie sich dem Feuer der Schweizer aussetzten, hatten sie jedoch wenig Aussicht, den verzweifelten Wi- derstand der Vertheidiger zu überwältigen, als ein Arbeiter auf den Gedanken siel, den Eingang in die Caserne durch Feuer zu erzwingen. Es wurde Stroh vor das Thor getragen und dieses in Brand gesteckt. Jetzt hieß es unter den Schweizern: „Nette sich, wer kann!" Die meisten entkamen mitten durch die Flintenschüsse, die von allen Seiten auf sie gerichtet wurden ; die anderen, die weder fliehen konnten, noch sich ergeben wollten, wurden gctödtet; unter diesen ihr Anführer, der Major Dufay.

10. Bd. 11 - S. 400

1846 - Braunschweig : Westermann
398 Zweites Hauptstück. Die Mehrzahl der Sieger war aus den niedrigsten Volksclassen und von den unentbehrlichsten Bedürfnissen des Lebens entblößt; Kostbarkeiten lagen vor ihnen ausgebreitet, nach denen sie nur die Hand ausstrecken durften, um sich für lange Zeit gegen den Mangel zu sichern. Aber so sehr waren alle von dem Gefühle ihrer Würde als Kämpfer für das, was sie als die Volks- freiheit betrachteten, durchdrungen, daß sie sich für entehrt gehalten hätten, wenn in ihnen auch nur ein Gedanke an persönliche Bereicherung aufgestiegen wäre. Viele der Eingedrnngenen suchten sich irgend etwas zuzueignen, was sie als ein Andenken an den merkwürdigsten Tag ihres Lebens behalten woll- ten ; Einzelne waren leichtfertig genug, sich in die Gewände der Prinzessinnen zu hüllen, und schritten in der tollsten Vermummung einher; aber cs wurde sorgfältig darauf geachtet, daß kein Gegenstand von Werth entfremdet wurde. Ein unglücklicher junger Mensch, der durch den Anblick der, wie er glaubte, herrenlos gewordenen Reichthümer geblendet, ein silbernes Geräth von weni- gen Franken am Werthe an sich nahm, wurde nach kurzem Verhör auf der Stelle erschossen. Kurze Zeit vorher, che das Louvre und die Tuilcrien ge- nommen wurden, waren andere Volkshaufen in den erzbischöflichen Palast in der Cit6 eingedrungen, weil man den Trcubruch Karls X. eben so sehr, wie seinen altmonarchischen Vorurthcilen, dem Einflüsse der Geistlichkeit und besonders dem Einflüsse des Erzbischofs von Paris, Latil, zuschrieb. Hier wurde furchtbarer gehaust, als in den königlichen Schlössern, indem nichts der Zerstörung entging, was durch Menschenhände zu vernichten war. Prie- sterliche Anzüge und Abzeichen, Kleinode und Kostbarkeiten aller Art, die werthvollsten Bücher und Hausgeräthe wurden in die Seine geworfen; aber geplündert wurde so wenig, wie in den Tuilcrien. Mit dem Falle der königlichen Schlösser und der Flucht der Truppen, die sie vertheidigten, war zwar der Sieg des Volkes entschieden, aber der Kampf in Paris doch nicht sogleich beendigt. In der Rne de Nohan war bei der Räumung der Tuilcrien eine Compagnie der Garde zurückgeblieben, die sich dem Thsatre franjáis gegenüber in einem Eckhause festgesetzt hatte, um die Verbindung zwischen dem Schlosse und dem Palais Royal offen zu er- halten. Auch den Hofraum des Palais Royal, wie den Platz vor demselben, hielten die Truppen noch besetzt; und von dem Vcndomcplatze, auf dem zwei Regimenter der Linie standen, zogen die Reihen der Garde sich über die Rue de la Paix und den Boulevard des Capucines bis zu der Magdalcnenkirche.
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