-Vielfachste Leben, um seinen hartbedrängten Unterthanen die Steuern zu vermindern ; die höchst ärgerlichen Verschwendungen des Hofes, zu denen die Prachtliebe der Königin nicht wenig beitrug, blieben nach wie vor. Da offenbarte im Jahre 1786 der Finanzminister Colonne dem Könige, daß für das nächste Jahr das ungeheure Deficit von 145 Mill. Franks bevorstehe. Zugleich drang er in Ludwig, sich an die Nation zu wenden, und die Notabeln, d. i. einen Ausschuß der Reichsstände, nach Versailles zu berufen, um mit diesen zu überlegen, wie die Ausgaben und Einnahmen ins Gleichgewicht gebracht werden könnten. Ludwig folgte dem Rate, aber die Versammlung kam zu keinem günstigen Resultate. Reifer, ein geschickter Finanzbeamter, schlug dem Könige vor, die Reichsstünde, d. i. Abgeordnete ans allen Ständen, zu berufen (Adel, Geistlichkeit und Bürger), eine Versammlung, wie sie seit 1614 nicht stattgefunden hatte. Der König fügte sich darein, und so kamen die Einberufenen am 4. Mai 1789 zu Versailles zusammen, 300 Abgeordnete vom Adel, ebensoviel von der Geistlichkeit und 600 vom dritten Stande.
Anfänglich ging noch alles ruhig ab. Adel und Geistlichkeit waren aber unzufrieden, den dritten Stand an ihrer Seite zu haben, und hatten auch wenig Lust, große Opfer für das Land zu bringen. Als nun der dritte Stand verlangte, daß nach Köpfen abgestimmt werden sollte, und nicht nach Ständen, so entbrannte ein heftiger Streit; der dritte Stand trennte sich von den beiden übrigen und erklärte sich aus den Rat des Abbe Sieyes zur konstituierenden (verfassunggebenden) Nationalversammlung. Mehrere Abgeordnete des Adels und der Geistlichkeit verzichteten auf ihre Vorrechte und schlossen sich dem dritten Stande an. Als die Versammlung ihren Sitzungssaal geschlossen fand, zog sie nach dem Ballhause und legte einen Eid ab, daß sie nicht eher auseinander gehen wollte, als bis man durch eine neue Verfassung einen besseren Zustand des Reiches begründet habe.
Der König begab sich nun selbst in die Versammlung, erklärte sein Mißfallen über das Geschehene und befahl zugleich, sie möchte am folgenden Tage nach Ständen geordnet ihre Sitzungen wieder beginnen. Adel und Geistlichkeit gehorchten, der dritte Stand aber setzte seine Beratungen fort. Nun erschien der königliche Großceremoniemneister und wiederholte den gemessenen Besehl des Königs. Da erhob sich Gras Mirabeau, ein Mann von seltenem Talent, aber sittlich verkommen, und rief: „Gehen Sie und sagen Sie denen, die Sie schicken, daß wir hier im Namen des Volkes ver-
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Extrahierte Ortsnamen: Ludwig Versailles Versailles
Autor: Rosenhagen, G., Kaemmel, Otto, Becher, Wilhelm
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Neuzeit, Neuere Geschichte
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4. Deutschland unter Maximilian I. 1493—1519.
Neichsresormversnche durch Berthold von Mainz und Friedrich von Sachsen: ^ 1495 Reichskammergericht. 1505 Reichsmatrikel. 1512 Kreiseinteilung, aber keine Herstellung einer leistungsfähigen Reichsgewalt bei Steigerung der fürstlichen Macht (Eindringen des römischen Rechts, Aufkommen der Landsknechte).
1499 Tatsächliche Trennung der Schweizer vom Reiche. — Aufsteigen der stabte mit der Ausbildung der Geldwirtschaft, Sinken des Landadels und der Bauernschaften, Beginn unruhiger Bewegungen im Landvolke.
Zunehmende Verweltlichung und Veräußerlichung der Kirche bei gesteigerter Macht über das gesamte geistliche und geistige Leben.
Dem gegenüber Entstehung einer neuen weltlichen Bildung mit dem Eindringen des Humanismus seit ca. 1450, der eine Reform des Schulwesens erstrebte, eine nationale Geschichtsschreibung und eine Erneuerung der exakten Wissenschaften hervorrief und das theologische Studium im Gegensatze zur Scholastik neu belebte. Erasmus, die Erfurter Humanisten, Reuchlm und die Reitchliniftenfehbe 1510—1516. Die Epistolae obscurorum vivorum (Ulrich von Hutten).
Volkstümliche Bewegungen gegen die Mißbrauche der Kirche in Literatur und Kunst.
Ii. Die deutsche Reformation und Kaiser Kart V. 1547-1555.
1. Martin Luther gegenüber Papst und Kaiser 1517—1521.
1483 10. November Luther in Eisleben geboren. 1501 Luther tu Erfurt. 1505 Augustiner. 1502 Universität Wittenberg gegrünbet. 1508 Luther in Wittenberg Professor der Philosophie und Pre-biger an der Schloßkirche. 1511 Luther in Rom. 1517 31. Oktober Luthers 95 Thesen gegen bett Ablaß. 1518 Luther in Augsburg vor dem Karbinal Cajetanns.
1519 12. Januar Tod Kaiser Maximilians I. Kurfürst Friedrich von Sachsen Reichsvikar im Norben.
1519 Philipp Melanchthon in Wittenberg. Juni nnb Juli Disputatiou
in Leipzig zwischen Luther und Eck. Luther und Hutten.
28. Juni Karl V. Kaiser.
1520 Luthers große reformatorische Schriften. 20. Dezember Verbrennung
der päpstlichen Bulle.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Eisleben Erfurt Wittenberg Wittenberg Rom Luthers Augsburg Karbinal_Cajetanns Norben Wittenberg Leipzig
17
Der Widerstand der Polen, an deren Spitze Koscinsko, der Waffengefhrte Washingtons, trat, erlag dem Schwerte a wqr der Russen, und es folgte die d r i t t e und letzte Teilung. Willenlos unterschrieb der letzte Polenknig Stanislaus Poniatowski zu Grodno die Urkunde der den Untergang seines Reiches. Preußen erhielt das (bis 1807) ihm verbliebene Gebiet zwischen Weichsel und Memel mit Warschau; der die Stadt, vor deren Toren einst der Groe Kurfürst gesiegt hatte, breitete jetzt seine Schwingen der preuische Adler. In den Rest des Landes teilten sich Rußland und Osterreich. Der angebliche Weheruf des im Kampfe strzenden Koscisko: Polens Ende?" war erfllt.
An Zwietracht war das einst so mchtige Reich der Piasten- und Jagellonenknige, seit zwei Jahrhunderten ein unseliges Wahlreich, zugrunde gegangen.
Was gewann Preußen durch die 1. Teilung? Worin besteht die Schwche eines Wahlreiches gegenber der Erbmonarchie?
Welche Frstinnen der Neuzeit spielen vor Katharina Ii. eine Rolle?
20 Bonapartes Zug nach gypten. Unbezwungen und un-vershnlich stand noch das meerbeherrschende England der franzsi-schen Republik gegenber. Nur der See konnte es getroffen werden. Um es daher von dem wichtigen Indien abzuschneiden, fate Bona-parte den verwegenen Plan, den Krieg nach dem Lande der Pyra-miden zu verlegen. Notgedrungen stimmte das Direk- - wqq torium zu, und im Mai lichtete eine franzsische Flotte in aller Stille die Anker; sie umfate gegen vierhundert Schiffe und trug mehr als dreiigtausend der besten Soldaten der See. Aber niemand, selbst keiner der Generale wute, wohin die Fahrt sich richtete; es ging dem Heere, wie einst den Griechensldnern im Dienste des Prinzen Cyrus. Verwundert sahen die Soldaten, da auch ein Kreis von Gelehrten und Zeichnern mit an Bord war.
Die Fahrt ging nach Osten. Die Flotte lief in den Hafen von Malta ein, und ohne da eine Kanone donnerte, fiel die Felsen-feste der Johanniterritter in Bonapartes Gewalt; ein franzsischer Ritter spielte den Verrter. Viertausend Mann blieben als Be-satzung zurck, dann hie es: weiter!" Am ersten Julitage tauchte die Kste von gypten mit den Moscheen von Alexandrien aus: nun schauten die Soldaten das Ziel der geheimnisvollen Fahrt.
Unverzglich erfolgte die Landung. Die alte, reiche Alexander-stadt wurde erstrmt; dann ging es gegen Kairo. Von Hitze und Durst auf dem gewaltigen Wstenmarsche vllig erschpft, er-reichte das Heer am 21. Juli die Pyramiden. In ihrer Nhe lagerte ein Reiterheer der im Lande schaltenden Mameluken. Fran-zosen," rief Bonaparte seinen Soldaten pomphaft zu, heute werdet
Zurbonsen, Geschichte fr Lyzeen und Hhere Mdchenschulen, Teil Vi. 2
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Desaix selber lie in der Schlacht sein Leben. Mit Glck stritt im selben Jahr auch der franzsische General Morean bei Hohenlinden in Bayern.
In dem lothringischen Stdtchen L n n 6 v i l l e kam es zum Frieden. Er besttigte die Abmachung von Campo Formio. Das ganze linke Rheinufer, 66 000 Quadratkilometer -j oa * mit 4 Millionen Einwohnern, fiel endgltig an Frankreich; der Rhein bis zur Mitte der Strmung sollte fortan die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich sein. Gleich dem Mnster von Straburg, das seit 120 Jahren den Welschen gehrte, war nun auch der Clner Dom französisch. Germania trauerte.
Wann war schon in alter Zeit der Rhein Deutschlands (Germaniens) Grenze?
28 Gebietsvernderungen in Deutschland. Den Ausgleich fr die Landverluste deutscher Fürsten auf dem linken Rheinufer bestimmte eine Reichsdeputation, d. h. ein Ausschu des Reichstages zu Regensburg. Die wirkliche Entscheidung aber lag während der langen Vorverhandlungen in den Hnden des Ersten Konsuls, und in unwrdiger Weise drngten sich, um die Gunst des franzsischen Machthabers wetteifernd, deutsche Fürsten und Frstengesandte in seinen Vorzimmern zu Paris. Am - or\o 15. Februar 1803, gerade 40 Jahre nach dem Hubertsburger Frieden, kam der Haupt [be] schlu in Regensburg zustande. Es war der Schicksalstag des alten Reiches.
Die geistlichen Gebiete (bis auf das Kurfrstentum Mainz und die Besitzungen des Johanniter- und des Deutschordens), ins-gesamt 93 500 Quadratkilometer, wurden skularisiert, d. h. von der weltlichen Macht eingezogen und als Entschdigungsgut ver-teilt. Ebenso fielen die kleineren frstlichen Staatsgebiete und fast alle Reichsstdte (bis auf 6) der Verteilung anheim.
Die Zahl der Einzelstaaten wurde dadurch von etwa 270 auf den siebenten Teil verringert. In nationaler und wirtschaftlicher Hinsicht war das allerdings fr Deutschland ein groer Segen. Und wie die protestantischen Bevlkerungen an kirchlicher Freiheit ge-wannen, so hrte mit der Aufhebung der geistlichen Stifter auch das Vorrecht auf die hohen kirchlichen Stellen auf, das der Adel Jahr-hunderte hindurch zum Schaden der katholischen Kirche beansprucht hatte; segensreicher konnte sich diese jetzt nach innen entwickeln.
Am bedeutendsten, um etwa das Fnffache, wurde Preußen entschdigt, das Napoleon an sich zu fesseln suchte; besonders die Bistmer Hildesheim und Paderborn nebst einem Teile von Mnster, sowie Erfurt mit dem Eichsfelde fielen dem Staate zu.
Welche Gebiete hatte Brandenburg im Westflischen Frieden
erhalten?
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63 000 Mann. Um die gefgigen Fürsten zu belohnen, beraubte Napoleon etwa 70 kleinere deutsche Staatsgebiete ihrer Selbstndig-fett und verteilte sie unter die Bundesgenossen". Kanzler des Bundes wurde als Frstprimas" der frhere Kurfürst von Mainz (Karl von Dalberg); Bayern und Wrttemberg wurden zu K n i g -reichen, Baden und Hessen-Darmstadt zu Groherzog-t m e r n erhoben.
Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung?" So klagte mit Recht der Titel einer vaterlndischen Schrift. Ihren Verbreiter, ' den Buchhndler Palm von Nrnberg, traf auf Napoleons Befehl der Tod durch Pulver und Blei.
Der Bau des tausendjhrigen Heiligen Rmischen Reiches" war nunmehr zerstrt; Reichstag und Reichskammergericht gingen ohne Sang und Klang auseinander. Kaiser Franz selber, der sich schon 1 1804 Kaiser von Osterreich" nannte, legte am 6. August
lou Krone Karls des Groen, deren Glanz lngst erblichen war, nieder. Wir erklären," so verkndete er, durch Gegenwrtiges, da wir das Band, das uns bis jetzt mit dem deutschen Staatskrper vereinigt, als aufgelst und das Amt und die Wrde eines Kaisers als erloschen betrachten: da wir uns dadurch als aller Ver-Kindlichkeiten gegen das Deutsche Reich entledigt ansehen: da wir die Kaiserkrone, welche wir bis hierher getragen haben, niederlegen und auf die Regierung, mit der wir im Namen des Reiches beauftragt waren, verzichten." Gleichgltig las man im Volke die Abdankung und ging seinem Tagewerke nach.
Welche deutschen Frstenbnde treten vor dem Rheinbunde in der Neuzeit (16., 17., 18. Jahrhundert) auf?
Wann war das alte Kaisertum gestiftet, wann erneuert worden? Welche waren die groen Kaisergeschlechter des Mittelalters? die macht-vollsten Kaiser? Wer ist zuletzt vom Papste zum Kaiser gekrnt, wer hat zuerst den Titel Erwhlter Rmischer Kaiser" gefhrt?
Preuens Sturz.
27. Friedrich Wilhelm Iii-, 17971840. Schwer war die Erbschaft, die der dritte Friedrich Wilhelm, des zweiten Sohn, im Jahre 1797 bernahm. Zwar hatte sich der preuische Staat durch die Erwerbungen aus der zweiten und dritten Teilung Polens bedeutend vergrert, aber die gut deutschen Besitzungen am Rhein waren durch den Frieden von Basel verloren gegangen. Die Hlfte des Staatsgebietes war jetzt slawisches Land, jeder dritte Einwohner polnisch, und der deutsche Charakter Preuens schien gefhrdet. Der Geist Friedrichs des Groen lebte nicht mehr in der Verwaltung;
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Extrahierte Ortsnamen: Mainz Wrttemberg Baden Hessen-Darmstadt Deutschland Napoleons Karls Polens Rhein Basel
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mit den etwaigen nderungen einverstanden, so erteilt er seine end-gltige Anerkennung (Sanktion); sodann vollzieht der Kaiser im Namen des Bundesrates die Ausfertigung des Gesetzes und lt es im Reichsanzeiger" verffentlichen.
138, Die Reichsverwaltung. Die oberste Leitung der Reichs-geschfte fhrt der vom Kaiser ernannte Reichskanzler. Er hat auch den Vorsitz im Bundesrate und trgt die Veranwortuug fr alle kaiserlichen Erlasse, die er daher gegenzeichnen mu. Aus-genommen sind nur militrische Erlasse. In seiner Hand liegt die Leitung der auswrtigen Politik, d. h. der Beziehungen des Reiches zu fremden Staaten. Er ist auch Vertreter Preuens im Bundes-rate und daher in der Regel zugleich preuischer Ministerprsident.
Smtliche Reichsbehrden sind dem Kanzler untergeordnet. Statt Ministerien gibt es acht oberste Reichsmter; je ein Staatssekretr mit Ministerrang steht an ihrer Spitze. Besonders wichtig ist das Auswrtige Amt, dem die Botschafter und Gesandten, sowie als Vertreter der deutschen Wirtschaftsinteressen die Konsuln im Auslande unterstehen; andere Reichsmter verwalten Kolonien, Marine, Justiz, Finanzen, Post und Eisenbahnwesen des Reiches. Die Militrangelegenheiten werden von dem preuischen Kriegsminister geleitet.
Welche Kanzlermter gab es im alten Reiche?
Drei Kaiser und Könige.
139. Der Lebensabend Wilhelms I. Nach der Heimkehr aus dem ruhmreichen Kriege gegen Frankreich war es dem greisen Kaiser noch 17 Jahre lang vergnnt, von dem eisernen Kanzler" untersttzt, die Geschicke des deutschen Volkes zu leiten. Er war der erste Fürst seiner Zeit, und mit Ehrfurcht schauten, wie einst die Germanenvlker zu Theoderich dem Groen, so die Nationen Europas zu dem Schirmer des europischen Friedens empor. Zwei seltene Feste waren ihm noch beschieden: 1879, ein Jahr nach den schrecklichen Mordanschlgen zweier wahnwitzigen Menschen gegen ihn, feierte er mit seiner Gemahlin die goldene Hochzeit, und am 22. Mrz 1887 erlebte er seinen 90. Geburtstag. Nie zuvor hatte das deutsche Volk einen glnzenderen Tag geschaut als dieses Ehren-fest; die meisten Fürsten Europas entboten dem greisen Helden persnlich ihre Glckwnsche in Berlin. Wie ein Vermchtnis fr das Vaterland klangen des Kaisers Dankesworte: Nach so manchen Wechselfllen meines Lebens blicke ich jetzt in meinem Alter mit Stolz und Befriedigung auf die groen Wandlungen, welche die ruhmvolle
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europas Europas Berlin
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handelte, aber ihm sollte sehr bald klar werden, daß es sich bei diesem Handel nicht um theologische Ketzereien, sondern um sehr reale Jnterefsenkämpse handelte.
4. Luther, Münzer, hulten.
Sobald die Thesen Luthers das Signal zum offenen Kampfe gegen Rom gegeben hatten, vereinfachte sich der bunte Wirrwarr der deutschen Interessenkämpfe, indem sich die verschiedenen Klassen und Klassenfraktionen in drei große Lager schieden, das konservativ-katholische, das bürgerlich-reforma-torische und das plebejisch-revolutionäre.
In dem konservativ-katholischen Lager sammelten sich alle Elemente, die an der Erhaltung des Bestehenden interessiert waren, an ihrer Spitze der Kaiser. So tief war die mittelalterliche Reichsgewalt in Deutschland gesunken, daß sich bei der Kaiserwahl von 1519 der französische und der spanische König um die Krone gerauft hatten; von den sieben Kurfürsten, denen die Wahl oblag, hatten sich fast alle, bald durch französisches, bald durch spanisches Gold bestechen lassen; endlich siegte der spanische König Karl, der aus dem Hause Habsburg stammte und zugleich Herr der österreichischen Erblande war. Sowohl als spanischer König wie als Herr der österreichischen Erblande hatte er das dringendste Interesse, nicht mit Rom zu brechen; er hat Rom durch seine Söldner stürmen lassen, um den Papst seinem Willen zu unterwerfen, aber der päpstlichen Kirche konnte er nicht absagen, da sie sein stärkstes Herrschaftsmittel sowohl in Spanien wie in den österreichischen Erblanden war. Deshalb blieb Kaiser Karl V. ein entschlossener Gegner der deutschen Reformation, wobei er sich aus die geistlichen und einen Teil der weltlichen Fürsten, den reichen Adel, die aristokratische Fraktion der Geistlichkeit und das städtische Patriziat stützen konnte.
Diesem katholisch-konservativen Lager gegenüber stand nun die große Masse der Nation, die sich in leidenschaftlicher Empörung gegen die päpstliche Ausbeutung erhob. Sie spaltete sich aber sehr bald in zwei Lager, in deren einem sich die besitzenden Elemente der Opposition zusammenfanden, die Masse des niederen Adels, die Zunftbürger und ein Teil der weltlichen Fürsten, die sich durch Konfiskation der geistlichen Güter zu bereichern hofften und auch die Gelegenheit auszunutzen gedachten, sich von Kaiser und Reich noch immer unabhängiger zu machen. Diese bürgerlich-gemäßigte Partei wollte sich wohl vom Joche der päpstlichen Ausbeutung befreien, aber
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anzutasten, aber der Rat von Allstätt vertrieb ihn. Münzer ging zunächst nach Mühlhausen, dann nach Nürnberg; aus beiden Orten wurde er wieder vertrieben, und nun siedelte er nach Süddeutschland über, als eifriger Schürer der Gärung, die einen baldigen gewaltigen Ausbruch der Bauernklasse verkündete.
Vorher jedoch brach ein Ausstand des niederen Adels, der Ritterschaft aus, im Herbste 1522. Seine Führer waren Franz v. (Sickingen und Ulrich v. Hutten (1488—1523), durch deren populär gebliebene Namen doch nicht der innerlich reaktionäre Charakter ihrer Schilderhebung verdunkelt werden darf. Der glühende Haß, den Hutten und Sickingen gegen Fürsten und Pfaffen hegten, und ihre ebenso glühende Begeisterung für die Wiederherstellung eines nationalen Reiches machte sie in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Lieblingen der deutschen Bourgeoisie, die von ähnlichen Stimmungen beseelt war. Allein das Reich, das Hutten und Sickingen wiederherstellen wollten, war das mittelalterliche Reich: eine Art Adelsdemokratie mit einem machtlosen Kaiser an der Spitze, mit Ausrottung der Fürsten, aber auch der Städte und mit fortdauernder Unterdrückung der Bauernklasse. Gegen dies Ideal stellten nicht nur die Städte, sondern selbst die Fürsten einen historischen Fortschritt dar. Bedeutete die Fürstenherrschaft auch die Zersplitterung Deutschlands, so faßte sie doch innerhalb der Zersplitterung die nationalen Kräfte bis zu einem gewissen Grade zusammen, während die junkerliche Demokratie, die Hutten und Sickingen vertraten, zu jener junkerlichen Anarchie geworden wäre, an der Polen elend untergegangen ist.
Der Aufstand des niederen Adels war von vornherein verloren; die Städte dachten nicht daran, ihn zu unterstützen, und ebenso wenig die Bauern; damit hatten die Fürsten leichtes Spiel. Sickingens Burgen wurden schnell erstürmt und gebrochen; er selbst fiel bei der Belagerung seiner Veste Landstuhl, und Hutten starb wenige Monate später, im September 1523, als Flüchtling auf der Insel Ufnau im Züricher See.
5. Der Dauernkrieg und die Wiedertäufer.
Anderthalb Jahr nach Huttens Tode brach der große Bauernkrieg aus. Die wachsende Not, die mit der Umwandlung der Natural- in die Geldwirtschaft über die bäuerliche Klasse gekommen war, hatte jeit dem Jahre 1476 eine Reihe
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Extrahierte Personennamen: Franz_v Franz Ulrich_v Sickingens
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den Preis, daß ihnen die arbeitenden Klassen des Volkes zur beliebigen Plünderung überlassen würden. Die Schmarotzer des Hofadels zerstörten für die unsinnigsten Verschwendungs-zwecke den erarbeiteten Wohlstand der Nation, unterstützt von den Schmarotzern des Hofpfaffentums, auf dessen Betrieb Ludwig Xiv. die gewerbfleihigsten Bewohner des Landes, die Hugenotten, ebenso vertrieb, wie Philipp Ii. die Mauren vertrieben hatte.
Immer aber war Frankreich noch die vorherrschende Macht auf dem europäischen Kontinente; nur in Oesterreich, das sich von der Niederlage des Dreißigjährigen Krieges durch glänzende Siege über die Türken erholt hatte, besaß es einen ebenbürtigen Nebenbuhler; im Anfange des 18. Jahrhunderts zerfleischten sich beide Mächte in einer ganzen Reihe mörderischer Schlachten um das Recht, den spanischen Thron zu besetzen.
Im Norden Europas sank Schweden schnell von der vorübergehenden Großmachtstellung herab, die es sich durch die Ausräubung Deutschlands geschaffen hatte, während Polen in feudaler Anarchie verkam. Polen war durch die Verlegung der Welthandelswege von den Ufern des Mittelländischen Meeres an die Gestade des Atlantischen Ozeans noch schwerer geschädigt worden als Italien und Deutschland; es war dann zwar die Kornkammer der westeuropäischen Völker geworden, allein die polnischen Junker hatten sich des Getreidehandels zu bemächtigen und die Ansammlung des Kaufmannskapitals zu hindern gewußt, das die historische Voraussetzung der modernen Entwickelung war. Sie würgten die polnischen Städte ab und hielten durch die tolle Verschwendung der in ihre eigenen Taschen fließenden Handelsprofite das Land gewaltsam im feudalen Sumpfe fest. Ueber Schweden und Polen aber erhob sich eine neue Macht in Rußland, einem barbarischen Erobererstaate, den der Zar Peter so weit europäisierte, daß er für ein eroberndes Vordringen nach Westen befähigt wurde.
Zwischen Frankreich und Rußland, von beiden gleich schwer bedroht, lag nun das Deutsche Reich in seiner jämmerlichen Verfassung, ausgeraubt und verfault, zerrissen in dreihundert Souveränitäten. Alle Einrichtungen des Reichs waren in hoffnungslosem Verfall. Der Kaiser besaß fast nur noch das Recht, Adelstitel zu verleihen; der Reichstag in Regensburg war ein Gesandtenkongreß, der seine Zeit mit dem nichtigsten Klatsch und Kram vertrödelte, das Reichskammergericht in Wetzlar die berüchtigste Verschleppungsanstalt in Europa und das Reichsheer ein verlotterter Haufe von Vogelscheuchen.
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2. Der preußische Staat.
Beherrscht wurde Deutschland in diesem Zeitraum von den souveränen Landesobrigkeiten, in erster Reihe den Fürsten, die so wenig fähig wie gewillt waren, die nationalen Interessen zu fördern oder auch nur zu schützen.
In der ganzen Weltgeschichte gibt es vielleicht keine Klasse, die so lange Zeit so arm an Geist und Kraft und so überschwenglich reich an menschlicher Verworfenheit gewesen ist, wie die deutschen Fürsten des 17. und 18. Jahrhunderts. Schamlos entartet, wälzten sie sich in allen Lastern und Sünden. Ihr souveränes Recht, Bündnisse mit dem Auslande zu schließen, mißbrauchten sie dazu, Fleisch und Blut ihrer Untertanen an ausländische Despoten als Futter für Pulver zu verkaufen, um die Mittel für einen prahlerischen Luxus, für einen sinnlosen Aufwand zu gewinnen, durch die sie mit dem französischen Könige zu wetteifern versuchten.
Es gab aber keine Klasse in Deutschland, die dieser fürstlichen Winkeltyrannei einen wirksamen Widerstand hätte entgegensetzen können oder wollen. Die Junker verlotterten mit den Fürsten als deren Kammerherren oder auch Kammerdiener oder auch Kuppler; die Bauern vegetierten unter einem furchtbaren Drucke mehr als daß sie lebten, und auch die Städte verfielen in dem Maße, wie das deutsche Handwerk, der deutsche Handel und die deutsche Industrie verfielen.
Einzelne Städte gab es wohl, in denen sich Reste des früheren Wohlstands erhalten hatten, wie Hamburg und Leipzig, in den zahlreichen Residenzstädten des fürstenreichen Deutschlands ging es kaum weniger liederlich her, als an den Fürstenhöfen selbst. Sie waren nur da, um der fürstlichen Allmacht einen prunkenden Hintergrund zu geben; jeder kommunalen Selbständigkeit entkleidet, wurden sie von kriechenden Höflingen, servilen Beamten, brutalen Soldaten und auskändifchen Abenteurern überschwemmt. Demnach konnte sich keine bürgerliche Bildung urwüchsig entfalten; was davon in Deutschland vorhanden war, kam aus dem Auslande und war von der Gnade der Fürsten abhängig, denen auch die freiesten Köpfe der Zeit, wie Leibniz und Thomasius, in unwürdiger Weise schmeicheln mußten, um überhaupt geduldet zu werden.
Nach der Behauptung der bürgerlichen Geschichtsschreibung soll nun aber doch e i n deutscher Staat und e i n deutsches Fürstenhaus den rettenden Weg aus dieser nationalen Misere gezeigt haben, nämlich der preußische Staat und das hohen-zollernsche Fürstenhaus. Es gibt darüber zwei Legenden, von
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Extrahierte Personennamen: Leibniz Thomasius
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Hamburg Leipzig Deutschlands Deutschland