294
Neueste Geschichte. 5. Periode.
gelang es, über 2000 Christen zu retten, obwohl er nicht hindern
konnte, daß eine noch größere Zahl hingeschlachtet wurde.
Man kann sich denken, daß diese Mordscenen, sobald sie in
Europa bekannt wurden, einen Schrei des Entsetzens hervorriefen.
Frankreich und Rußland, beide Wohl nicht ohne politische Hinter-
gedanken, zeigten sich sogleich bereit, zur Rettung der bedrängten
Christen einzuschreiten, und um dieses Einschreiten zu hindern,
bot die Pforte jetzt endlich alle Energie auf, die sie besaß. Man
sandte Fuad Pascha mit einer ansehnlichen Heeresmacht nach
Syrien, welcher ein furchtbares Blutgericht über die Schuldigen
verhängte, dem unter andern auch der ehemalige Commandant
von Damascus zum Opfer fiel. Gleichwohl kam es im August
zu neuen Christenverfolgungen in Balbek und in der Nähe von
St. Jean d'acre, und die europäischen Mächte kamen daher in
Paris am 3. August untereinander dahin überein, daß eine euro-
päische Executionsarmee in der Stärke von l 2,000 Mann nach
Syrien abgehen sollte, um im Verein mit den türkischen Streit-
kräften die Ruhe wieder herzustellen. — Dies geschah auch, und
die Drusen wurden zerstreut und in die Gebirge verfolgt; die
Franzosen zogen herauf, gern oder ungern, an den bestimmten Termi-
nen ab und die Pforte einigte sich mit den europäischen Mächten
über die künftige Verwaltung Syriens.
Indem wir uns jetzt von Asien, der Culturstätte der alten
Welt, abwenden, um Amerika — „die neue Welt" in den Kreis
unserer Betrachtung zu ziehen, haben wir noch kurz der Bemü-
hungen zu gedenken, um die Verkehrswege zwischen Europa und
Asien abzukürzen, oder zu sichern. Zwei Pläne, ein französischer
und ein englischer, rivalisiren um den Vorzug.
Es ist noch nicht lange her, daß die weite Reise von Eng-
land nach Indien, die früher um das Cap der guten Hoffnung
ging und ein halbes Jahr und darüber zu ihrer Vollendung be-
durfte, durch Benutzung des Ueberlandweges um ein Bedeu-
tendes gekürzt ward (Lieutenant Wag Horn im I. 1824). Indeß
kam diese Verkürzung doch nur dem Postverkehr zu Gute, der
Waarenverkehr blieb immer noch auf die alte Straße um das
Cap der guten Hoffnung herum verwiesen. Da tauchte in Eng-
land das Project einer Euphrat-Eisenbahn auf, während in
Frankreich das Project des Suez-Kanals protegirt wird,
welcher durch Durchstechung der Landenge von Suez das Mittel-
meer mit dem rothen Meere verbinden soll. Die beiden End-
punkte des projectirten Kanals sind die Bucht von Pelusium
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Fuad_Pascha Damascus August Jean_d'acre August
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Syrien Balbek Paris Syrien Syriens Asien Amerika Europa Asien Indien Frankreich Suez
Lage der Christen in der Türkei.
273
thümer; der Frage dagegen, welche den angeblichen Entstehungs-
grund des verheerenden und opferreichen Krieges gegeben hatte,
ward im Frieden zwar gedacht, aber nur in so fern, als die con-
trahirenden Mächte sich auf Mittheilung des Hat-Humayun
vom 18. Februar, wodurch die Pforte mindestens den guten
Willen gezeigt hatte: die Lage der Christen in der Türkei
sicher zu stellen und ihnen eine Art Gleichberechtigung zu gewäh-
ren, mit Befriedigung bezogen.
Der Friede ward, als man erst seine Bedingungen erfuhr,
in ganz Europa ziemlich kalt aufgenommen; man hatte größere
Resultate erwartet, d. h. eine stärkere Demüthigung Rußlands,
obwohl durch dessen Zurückweisung von der Donau und die Neu-
tralisation des Schwarzen Meeres einerseits, so w'e durch An-
knüpfung der Pforte an das System des europäischen Gleichge-
wichts andererseits sowohl die Anstrengungen eines ganzen Jahr-
hunderts für Rußland verloren gingen, als auch die drohende
Aggressivftellung desselben gegen die Türkei aufgehoben, also das
europäische Interesse des Krieges vollkommen befriedigt ward.
Speciell freilich ging nur Frankreich triumphirend aus
der allgemeinen Verwickelung hervor, indem es nicht blos aus
dem Zustand einer für dasselbe demüthigenden Jsolirung, in
welchem es sich vor dem Kriege befunden hatte, heraustrat, son-
dern auch durch die erstaunliche Entfaltung seiner militairischen
Hülfsmittel, wie durch die geschickte Benutzung der wechselnden
Constellationen sich unbestritten zur tonangebenden Macht erho-
den hatte, so daß fortan Paris der Mittelpunkt aller politischen
Fluctuationen ward.
Jedenfalls hat der Friede vom 30. März einen umgestal-
tenden Einfluß auf die allgemeine Politik geübt, welcher selbst
die augenblicklichen Verhältnisse überdauern muß.
Die Revolutionen des letzten Jahrhunderts hatten das ganze
europäische System dadurch gestört, daß sie an Stelle der Jn-
teressenfragen, welche früher über die Allianzen entschie-
den, die Principienfragen setzten, welche, nachdem sie die
ersten Coalitionen inspirirt hatten, selbst das Kaiserreich über-
dauerten und eine Art Mißtrauensbund gegen Frankreich her-
stellten.
Die Restauration wollte die Folgen desselben vereiteln, in-
dem sie sich gerade der Macht anschloß, welche die Seele jenes
Bundes war, wodurch aber in Europa wie im Orient die so
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 13. Ausl.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Donau Frankreich Frankreich Europa
Englisch - persischer Krieg.
275
daß England im orientalischen Kriege auch ein speciell englisches
Interesse verfocht, da es in Asien seine indischen Besitzungen
gegen das Vorrücken Rußlands zu sichern gedachte. Beide Staa-
ten haben seit langer Zeit das Bewußtsein, daß sie um die Herr-
schaft über Asien früher oder später die Waffenentscheidung an-
rufen müssen und beachten daher mit argwöhnischem Auge jede
Vergrößerung des gegnerischen Machteinflusses. Beide Staaten
wetteifern daher hauptsächlich in dem Bestreben, in Persien vor-
wiegenden Einfluß zu erlangen, und da es Rußland während des
orientalischen Krieges gelungen war, am Hofe von Teheran Eng-
land den Rang abzulaufen, so war vorauszusehen, daß sich
schwere Verwickelungen daraus ergeben würden. Zerwürfnisse
rein persönlicher Art zwischen dem persischen Hofe und dem eng-
lischen Gesandten führten zu einer Unterbrechung des diplomati-
schen Verkehrs und ein glücklicher Feldzug Persiens gegen Herat,
welches die Straße nach Indien beherrscht, zum Kriege. Indeß ge-
lang es auch hier der französischen Vermittelung, die Flamme im
Keime zu ersticken, wozu sich die Gelegenheit durch eine nach
Paris geschickte persische Gesandtschaft ergab, an deren Spitze
Feruk Chan stand. Zwischen ihm und dem englischen Gesand-
ten daselbst kam es zu Unterhandlungen, welche endlich zum
Frieden führten (4. März 1857), dessen Hauptbedingungen fol-
gende sind: die Engländer räumen das persische Gebiet (sie hat-
ten bereits die Insel Karrak besetzt und Buschir erobert) und die
Perser Herat und ganz Afghanistan; der Schah entsagt allen
Souverainetätsansprüchen auf Herat so wie auf die Landschaften
Afghanistans, erkennt deren Unabhängigkeit an und verpflichtet
sich, niemals eine Einmischung in die innern Angelegenheiten
derselben zu versuchen; England verzichtet auf das Schutzrecht
über persische Unterthanen, die britische Gesandtschaft kehrt nach
Teheran zurück und wird dort feierlich empfangen; beide Theile
werden sich künftig gegenseitig auf dem Fuße der meistbegünstig-
ten Nation behandeln.
Außer diesem englisch-persischen Kriege erhielten noch
zwei andere, mit der orientalischen Frage mittelbar zusammen-
hängende Fragen Europa eine Zeit lang in Spannung: die
griechische und neapolitanische. Die Regierungen von Nea-
pel und Griechenland hatten nämlich wegen ihrer Politik
offener oder versteckter Feindseligkeit gegen die Westmächte, diese
in hohem Grade gegen sich aufgebracht. In Griechenland war
18*
j:
/
r
r
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land]]
Extrahierte Personennamen: Feruk_Chan
Extrahierte Ortsnamen: England Asien Persien Teheran_Eng- Indien Paris Afghanistan Afghanistans England Teheran Europa Griechenland Griechenland
276
Neueste Geschichte. 5. Periode.
es zu einem offenen Ausbruch gekommen, dessen Absicht auf eine
Vergrößerung des Staatsgebiets durch die türkischen Provinzen
Epirus und Thessalien gerichtet war und bei dem Zusammen-
hange der gräco- slavischen Bevölkerung den Charakter einer
äußerst gefährlichen Diversion zu Gunsten der Russen annehmen
konnte. Der seit langer Zeit vorbereitete Aufstand brach in
Epirus in den ersten Tagen des Januars 1854 aus, die tür-
kische Grenze ward an verschiedenen Punkten überschritten, und
gewisse Demonstrationen, welche in Athen begünstigt oder doch
geduldet wurden, zeigten, daß selbst der Hof sich mit ansschwei-
fenden Plänen der Wiederherstellung eines byzantinischen Kai-
serthums trug. Da die Warnungen der Diplomatie keinen Er-
folg hatten, wurden Gewaltmaßregeln ergriffen. Mitte Mai
überreichten die Gesandten Englands und Frankreichs der Re-
gierung des Königs von Griechenland zwei dem Inhalt nach
gleiche Noten, welche wirksame Maßregeln gegen die Theilnahme
griechischer Unterthanen an kriegerischen Uebergriffen auf türki-
sches Gebiet und eine bindende Erklärung, daß Griechenland
in dem damaligen Kriege zwischen Rußland und der Türkei neu-
tral bleiben werde, verlangten. Da eine solche Verpflichtung
nicht erfolgte, erschienen am Abend des 25. Mai sechszehn fran-
zösisch-englische Dampfer im Hafen von Piräus, besetzten die da-
selbst liegenden griechischen Kriegsschiffe, von denen sie die grie-
chische Flagge entfernten, und setzten ungefähr 3000 Mann ans
Land, die in der Unigebnng des Piräus ihr Lager aufschlugen.
Die jetzt erklärte Bereitwilligkeit der Regierung konnte gegen
diese Occnpation nichts mehr helfen; doch kam man unter Ver-
mittelung des preußischen Gesandten, Herrn von Thile, über-
ein, daß- die Truppen außerhalb des Piräus bei den Anhöhen
Munychia ihr Lager aufschlagen und nur die Quarantaineanstalt
besetzen sollten, der König dagegen die Gesandten der Westmächte
in einer Audienz empfangen, ihnen vom Thron herab das Ver-
sprechen geben, sich neutral verhalten zu wollen, und ein neues
Ministerium einsetzen sollte. Dies geschah; indeß wurden die
Aufständischen, bei der Ohnmacht der Regierung und der Neigung
der Bevölkerung zu Räubereien, nur sehr allmälig zur Ruhe ge-
bracht, ohne daß die öffentliche Sicherheit überhaupt in einer
zufriedenstellenden Weise befestigt ward. Daraus entnahmen die
Westmächte Veranlassung, auch nach wieder hergestelltem Frieden
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
Zerwürfnisse Neapels mit England und Frankreich. 277
die Occupation fortdauern zu lassen, bis endlich Allfang 1857
der Abzug der englisch-französischen Truppen gewährt ward.
Die Zerwürfnisse Neapels mit den beiden Westmächten ent-
sprangen aus der russenfreundlichen Gesinnung des dortigen
Hofes, welcher sowohl dem russisch-amerikanischen Vertrage bei-
trat, durch welchen die Austheilung von Kaperbriefen während
des Krieges sanctionirt ward, als auch Verbote gegen die Aus-
fuhr von Lebensmitteln erließ, worunter lediglich die Westmächte
zu leiden hatten. Hierzu kamen Reibungen zwischen der neapo-
litanischen Polizei und dem Personal der englischen Gesandtschaft,
und Mißachtung maritimer Convenienz gegen ein im Hafen von
Messina liegendes französisches Kriegsschiff. Zwar versuchte die
neapolitanische Regierung den dadurch heraufbeschworenen Sturm
durch Concessionen, wie man sie begehrte, zu beschwören, was
auch für den Augenblick gelang; aber in Folge der auf dem pa-
riser Congreß zur Sprache gelangten „italienischen Frage" konn-
ten die Westmächte nicht umhin, auch dem neapolitanischen Hofe
Maßregeln der Milde und Gerechtigkeit im Interesse der Ruhe
Italiens anzuempfehlen. Diese Anempfehlung verursachte in
Neapel große Aufregung und der Hof, heimlich auf die Unter-
stützung Oestreichs rechnend, wies standhaft jede derartige Vor-
stellung, welche er als einen Eingriff in die Souverainetätsrechte
ansah, zurück.*) In Folge der hieraus sich anspinnenden Ver-
*) König Ferdinand, von der revolntionairen Presse „König Bomba" ge-
nannt, weil er den Straßenaufstand energisch niederzuschlagen verstand, hatte ein
klares Bewußtsein seiner Stellung der Revolution und den liberalen Velleitäten
gegenüber. Als ihm einst Louis Philipp anrieth, in die Wege des Liberalismus
einzulenken und sich Frankreich zu nähern, erwiderte er:
„Ich würde mich gern dem Frankreich Ew. M. anschließen; aber ich bin
durch Verträge und frühere Allianzen, gebunden, welchen ich um so mehr treu
bleiben muß, als sie uns gerade in den Leidenstageu meiner Familie zu Hülfe
kamen. Um mich dem Frankreich Ew. M. zu nähern — wenn dieses ein
Prinzip sein soll — müßte ich das Grundgesetz unserer Regierung umstoßen
und mich in die Politik der Jacobiner stürzen, um deren Willen mein Volk
mehr als einmal treulos gegen das Haus seiner Könige ward. — Die Freiheit
ist dem Geschlecht der Bourbonen verhängnißvoll und ich meinerseits bin fest
entschlossen, dem Schicksal Ludwigs Xvi. und Karls X. aus dem Wege zu ge-
hen. Mein Volk beugt sich der Gewalt und gehorcht; wehe! wenn es sich un-
ter dem Einstuß dieser Träume erhöbe, welche sich sehr schön in den Reden der
Philosophen ausnehmen, aber in der Praxis unmöglich sind.
Mit Gottes Hülfe werde ich meinem Volke das Glück einer ehrenhaften
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand Louis_Philipp_anrieth Philipp Ludwigs_Xvi Ludwigs Karls
Extrahierte Ortsnamen: Neapels England Frankreich Neapels Messina Italiens Neapel Frankreich Frankreich Frankreich Karls
Eisenbahnprojecte in Centralamerika.
301
unüberwindliche Hindernisse gezeigt. Ebenso wellig scheint sich
eine andere in mehr nordwestlicher Richtung am Isthmus von
Darien versuchte Passage, nämlich zwischen denk Golf von San
Miguel und dem Cap Corrientes mit Benutzung des Rio Savana
günstig zu erweisen, obwohl die Untersuchungen hier noch nicht
abgeschlossen sind.
Was die verschiedenen Eisenbahnprosecte betrifft, so ist
zuvörderst der bereits vollendeten Eisenbahn über den Isth-
mus von Panama zu gedenken, als der ersten Berbindungs-
linie zwischen beiden Oceanen. Indeß, sowohl das äußerst mu
gesunde Terrain, als auch die unvorteilhafte geographische Lage
für Reisende nach dem Norden, werden sich bei einer bestehenden
Concurrenz dieser Route immer höchst nachtheilig erweisen. Man
sieht dies schon jetzt, wo die Auswanderermassen nach Califor-
nien (man schätzt die jährlichen Wanderungen zwischen den
atlantischen Staatell und Californien in beibeu Richtungen auf
circa 150,000 Menschen) trotz aller Mangelhaftigkeit, Unbequem-
lichkeit und Unsicherheit des Transits zwischen Greytown und
San Juan del Sur, dieser mehr nördlich gelegenen Route, welche
zugleich durch größtelktheils gesundes Land führt, den Vorzug
einräumen. Auch über den Jsthlnus voll Tehuantepec war
schon einmal die Herstellung einer Eisenbahn zur Verbindung
beider Oceane beschlossen, aber das Project ist ins Stocken ge-
kommen; ein drittes Project aber, welches beu prachtvollen Golf
von Vocca del Toro an der atlalltischen Küste mit dem Golfe
Dulce an der Westküste verbinden sollte, scheiterte weniger all
den Localverhältnissen als an dem Mangel kaufmännischen Ge-
schicks der Unternehmer.
Welcher Verbindungsweg auch immer gewählt werden mag,
immer kann er seinem Zwecke nur unter Voraussetzung vollkom
mener Sicherheit entsprechen, welche die Staaten, in deren Ter-
ritorien die projectirten Linien fallen, nicht gewähren können.
Die Nordamerikaner werden also von der Nothwendigkeit dahin
gedrängt werden, Eroberungen zu machen, mindestens die Aus-
gangspunkte der Verbindung in ihre Gewalt zu bekommen, sei
es auf dem Wege des Kaufs oder der Annexation; da es aber
ebenso gewiß ist, daß ein solcher Verbindungsweg der beiden
Oceane in der Hand eines kräftigen Volks den Welthandel mehr
oder weniger beherrschen muß, so begegnen die Pläne der Ulüon
in Centralainerika dem mehr oder weniger hinter vorgeschobenen
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Personennamen: Vocca
Extrahierte Ortsnamen: Centralamerika San
Miguel Panama Califor- Californien Centralainerika
302 Neueste Geschichte. 5. Periode.
Fragen untergeordneten oder localen Interesses versteckten Wider-
stände Englands.
Seilt Handelsinteresse wird hier ebenso stark bedroht, als in
Aegypten durch den projectirten Suez-Kanal. Indeß wird die
„Centralamerikanische Frage" aus eine oder die andere Art, jeden-
falls friedlich gelöst werden; denn einen Krieg zwischen Nord-
amerika und England kann man als ein Ding der Unmöglichkeit
für alle Zukntlst betrachten. Dagegen haben die intiern Verhält-
nisse der Vereinigten Staaten-Republik zu einer Krise geführt,
welche eineu nahen Zerfall dieses großen Staatswesens befürchten
lassen. Nachdem die Partei der Sklavenhalter mit der Wahl
Buchauatt's zum Präsidenten (4. Nov. 1856) einen letzten
großen Sieg erfochten, rief sie durch die brutale Art, wie sie
denselben ausbeutete, eine allgemeine Reaction hervor und die
Erbitterung zwischen Norden und Süden erreichte eine solche
Höhe, daß eine Aussöhnung nicht mehr möglich schien. Noch
einmal rafften die Parteien alle ihre Kräfte zusammen bei der
neuen Präsidentenwahl und die Partei der Republikaner setzte
ihren Candidaten Abraham Lincoln*) durch. Die Partei,
deren Candidat Lincoln war, hatte sich erst in den letzten Jahren
herausgebildet und ihre Grundsätze sind in dem von dem neuen
Präsidenten verkündeten Programm klar ausgesprochen. „Die
Sklaverei — heißt es daselbst — ist eine heimische Institution
innerhalb der Staaten, die sie wünschen und sie existirt im Be-
reich der Staaten unabhängig von der Controle des Congresses.
Der Congreß hat die oberste gesetzgebende Gewalt über alle
*) Abraham Lincoln wurde am 12. Febr. 1809 in der Grafschaft Har-
tem, Kentucky, geboren; sein Vater starb früh und hinterließ die Seinigen in
bitterster Armuth, so daß Abraham wenig oder gar keine Erziehung genoß. Er
hat sein ganzes Leben lang etwa 6—8 Alónate hindurch Schulunterricht genossen
und war der Reihe nach Feldarbeiter, Holzhauer und Ruderknecht aus dem Mis-
sissippi. Im I. 1830 finden wir ihn im Staate Illinois, wo er sich als Tage-
löhner seinen Lebensunterhalt verdient. Später machte er als Freiwilliger den
Krieg gegen die Indianer von Florida mit und zeichnete sich so sehr aus, daß
er zum Capitaiu befördert wurde. Im I. 1832 trat er zum ersten Male als
Candidat für die Legislatur des Staates auf, fiel aber mit seiner Bewerbung
durch. Erst ein Jahr später ward er gewählt. Er widmete sich jetzt dem Stu-
dium des Rechts, wurde in kurzer Zeit Advocat und prakticirte mit großem Er-
folg. Von 1816—49 saß er als Mitglied des Congresses; von da ab lebte er
wieder ausschließlich seiner Profession; im I. 1856 aber stand sein Name an der
Spitze der Wähler von Illinois, welche in Opposition gegen Buchanan für Fre-
mont stimmten.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Abraham Lincoln Abraham_Lincoln Abraham Abraham Holzhauer Buchanan
Extrahierte Ortsnamen: Englands England Vereinigten_Staaten-Republik Congresses Kentucky Illinois Florida Illinois
304
Neueste Geschichte. 5. Periode.
in den amtlichen Sphären Stellenjägerei und eine Corruption,
wie sie kaum in einem der alten Staaten Europas jemals zu
finden gewesen. — Jetzt wird die Republik auf die erste schwere
Probe gestellt —- wie sie dieselbe bestehen wird, kann keine mensch-
liche Weisheit voraussehen.
149. Europa nach dem Pariser Frieden.
Der Abschluß des Pariser Friedens schiert eine neue Periode
geistiger und materieller Wohlfahrt für Europa einweihen zu
sollen. Schon während des Krieges hatte man annehmen zu
dürfen geglaubt, daß die humanen Interessen der europäischen
Culturstaaten die lediglich politischett Gesichtspunkte überwuchern
müßte, und obwohl man nicht verkennen konnte, daß dem von
den Westmachten erhobenen Feldgeschrei: Civilisation! — ein gut
Theil Heuchelei anklebte, machten sich doch die Cultur-Interessen
während des Krieges so weit geltend, daß die rigorose Praxis
des seitherigen Seerechts ausgeschlossen blieb und auf dem Pari-
ser Congreß mit dem Friedensvertrage auch eine Convention über
die Grundsätze des Seerechts, welche künftig Geltung haben soll-
ten, zu Stande kam. Vermöge derselben ward dem Handel zur
See die liberalste Behandlung auch in Kriegszeiten gesichert.
Kaum aber war die Kunde über die von Seiten Rußlands
erfolgte Annahme der östreichischen Propositionen in die Oessent-
lichkeit gedrungen, so stürzte sich ganz Europa, ohne nur den
förmlichen Friedensschluß abzuwarten, mit einer wahrhaft fiebe-
rischen Hast in das weite Gebiet der Speculation; industrielle
Projecte aller Art tauchten auf, von riesigem Umfange, mitunter
aus die losesten Voraussetzungen gebaut, daher von ungewissem
Erfolge, aber eben so eifrig ergriffen, als ob sie die solideste
Grundlage hätten; denn die gleichzeitig auftauchenden Banken
oder Geldleihinstitute versprachen ja eine nicht zu erschöpfende
Fülle von Kapital.
Natürlich blieben die Täuschungen nicht aus und mit dem
Schmerz über erlittene Verluste verband sich vielfach das bittere
Gefühl der Beschämung über die handgreiflichen Täuschungen,
welchen man erlegen war; so daß man die ganze, plötzlich in
Fluß gerathene, finanzielle und commercielle Bewegung in Bausch
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Ortsnamen: Europas Europa Europa Oessent- Europa
342
Neueste Geschichte. 5. Periode.
struction des Ministeriums und Wiedereinsetzung der ungarischen
Hofkanzlei, an deren Spitze Freiherr von Vay trat. — Indes-
sen fehlte viel, daß Ungarn sich hiermit befriedigt erklärte. Man
sah, daß die Regierung nachgab und glaubte, daß sie nichts mehr
verweigern könne. Die gemäßigten und besonnenen Patrioten
wurden von den Fanatikern verdrängt, welche nichts, was in der
Zeit von 1849 bis auf die Gegenwart geschehen, als rechtsbestän-
dig gelten lassen, sondern kurzweg den Zustand der Dinge von
1848 wieder hergestellt wissen wollten. Es trat eine vollständige
Anarchie ein, welche sich darin symbolisirte, daß man gleich nach
dem Bekanntwerden des kaiserlichen Diploms überall den Doppel-
adler herunter riß. Die Regierung schritt nicht ein, man schien
Ungarn sich selbst überlassen zu wollen. Vielleicht glaubte man,
der Uebermuth würde sich mit der Zeit austoben; doch hat sich
diese Hoffnung bis jetzt nicht bewährt; vielmehr geht das Bestre-
den der exaltirten Partei offenbar dahin, Ungarn aus dem staat-
lichen Verband Oestreichs ganz herauszureißen und höchstens eine
Personal-Union zu gestatten, was den Verfall Oestreichs zur
Folge haben würde.
Indeß war die Regierung nicht gesonnen, sich auf diesem
Wege ins Verderben reißen zu lassen; die Februar-Patente
(26. Februar 1861) stellten die Grundzüge einer Verfassung sowohl
für die einzelnen Kronländer als für den Gesammtstaat, für
welchen das Einheitsprincip festgehalten ward, auf und beriefen
zum 2. April einen Reichs rath nach Wien. Zugleich ward
Schmerling in das Ministerium gezogen, welches in dem Erz-
herzog Rainer seinen Präsidenten erhielt. — Gleichwohl blieb
Ungarn in seiner Oppositionsstellung und weigerte sich, Depu-
tirte in den Reichsrath zu senden, geberdete sich überhaupt in
einer Weise, welche deutlich zeigte, daß es nicht daran dachte,
Frieden mit der östreichischen Regierung zu machen, sondern von
allen thatsächlichen Verhältnissen abstrahirend, die früheren Zu-
stände herzustellen.
Aber man verrechnete sich; denn die Regierung, auf dem
Wege nothwendiger Reformen fortschreitend, fand die ener-
gischste Unterstützung des Reichsraths und dessen Zustimmung,
als sie den Pesther Landtag auflöste und ihren festen Willen er-
klärte, den Ungern zwar nichts von der ihnen zugestandenen
Autonomie zu nehmen, aber Recht und Ordnung wieder her-
zustellen.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Der italienische Krieg.
307
Aber diese Ideen, sollen sie segenbringend sich über den
Erdball ausdehnen, müssen eine von der Cultur bereitete Stätte
finden, sie haben zu ihrer Voraussetzung — friedlich geordnete
Zustände, welche zunächst das Ergebniß der Gewalt, in der
humanen Gesittung dauernde Wurzel fassen. —
Indessen waren die Hoffnungen auf eine lange Epoche des
Friedens und ruhiger Entwickelung zu vorzeitig gefaßt, vielmehr
war gerade auf dem Pariser Congreß schon, wie sich später zei-
gen sollte, der Same zu künftigen Thaten ausgestreut worden,
welche große und beklagenswerthe Erschütterungen im Gefolge
haben sollten.
Ein Neujahrswort des Kaisers Louis Napoleon reichte
hin, um die friedlichen Anstrengungen der Industrie, des Han-
dels und des Verkehrs auf Jahre hinaus ins Stocken zu bringen.
159. Der italienische Krieg.
Der orientalische Krieg hatte die Allianzen Europas ge-
sprengt und dem französischen Kaiser eine Stellung gegeben,
welche ihn befähigte, bestimmend in die Geschicke Europas ein-
zugreifen; die politische Initiative lag in seiner Hand. Rußland
voll Groll gegen Oestreich und England schien die alten Allianz-
projecte Alexanders und Napoleons I. wieder hervorsuchen zu
wollen; England, gedemüthigt durch die klägliche Rolle, welche
es neben Frankreich im orientalischen Kriege gespielt hatte und
zugleich in seiner freien Action durch den indischen Aufstand ge-
hemmt, mußte sich an die Bundesgenossenschaft Frankreichs klam-
mern, um dasselbe nicht zum Feinde zu haben, und zwischen Oest-
reich und Preußen trat die alte Rivalität der deutschen Frage,
um diese beiden Staaten, obwohl sie durch die Natur der Ver-
hältnisse auf einander angewiesen sind, zu keiner Verständigung
kommen zu lassen.
In einem solchen Verfalle des europäischen Staatensystems
lag für Louis Napoleon eine nur zu verführerische Aufforderung,
jetzt, nachdem Rußland gedemüthigt war, ein Aehnliches auch
mit Oestreich zu versuchen. Die Veranlassung gab die Lage
der Dinge in Italien und der Anspruch, welchen sich Sardi-
nien durch seine Theilnahme am Krimkriege auf die Dankbarkeit
der Westmächte erworben hatte.
Im Vertrauen hierauf hatte Graf Cavour, der Bevollmäch-
tigte Sardiniens, bereits auf dem Pariser Kongresse die italie-
20*
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien]]
TM Hauptwörter (200): [T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Louis_Napoleon Napoleon Alexanders Napoleons_I. Louis_Napoleon Napoleon Graf_Cavour
Extrahierte Ortsnamen: Europas Europas England Napoleons England Frankreich Frankreichs Oest- Italien