176
1305 seinen Sitz nach Avignon verlegte („babylonische Gefangenschaft" 1305—77) und die Päpste ihren Einfluß auf die politischen Berhält-nisse in Deutschland verloren.
2. Er strebte nach Vergrößerung seiner Hausmacht. Doch vergebens suchte er Holland und Thüringen zu gewinnen. Böhmen kam vorübergehend in seine Gewalt.
Albrecht wurde von seinem Neffen Johann Parricida 1308 ermordet.
Historisches über die Kämpfe in der Schweiz. In den sogenannten Waldstätten Schwyz, Uri, Unterwalden hatte sich ein freier Bauernstand erhalten. Seit dem 12. Jahrhunderte hatten jedoch die Grafen von Habsburg Vogteirechte in diesen Landgemeinden erworben. Aber der Freiheitssinn der Bevölkerung stellte sich ihnen entgegen, und Friedrich Ii. stellte die Reichsunmittelbarkeit wieder her. Zwar wußte Rudols von Habsburg die alten Vogteirechte wiederzugewinnen, aber nach seinem Tode traten die Waldstätte zu einer Eidgenossenschaft zusammen, deren Freiheiten Adolf von Nassau und Albrecht anerkannten. (Sagen von dem Drucke der österreichischen Vögte, vom Schwure auf dem Rütli, von Tell.)
Iv. Heinrich Vii. von Luxemburg, 1308—1313. Er war
ein Lehnsträger der französischen Krone und wurde vou der geistlichen Partei gewählt.
1. Gründung einer Hausmacht. In Böhmen hatte sich eine mit der Regierung des Königs (Heinrich von Kärnthen) unzufriedene Adelspartei gebildet, welche Heinrich Vii. die Krone anbot. Dieser belehnte damit seinen eigenen Sohn Johann, den er mit einer böhmischen Prinzessin vermählte.
2. Sein Zug nach Italien. Bon den romantischen Jdecen des Rittertums durchdrungen, begeisterte sich Heinrich noch einmal für die mit der deutschen Krone sich verbindende Anschauung von der Herrschaft der Welt. Daher unternahm er einen Zng nach Italien, um dort das kaiserliche Ansehen wieder herzustellen. Bon den italienischen Patrioten, besonders von dem Dichter Dante Alighieri, begrüßt, erwarb er iu Mailand die lombardische Krone und stellte auch die Kaiserwürde nach 62jähriger Unterbrechung wieder her, 1312. Aber er konnte die Guelfeu, mit welchem Namen jetzt die republikanische Partei bezeichnet wurde, nicht unterwerfen, und als er sich zu einem Feldzuge gegen Neapel rüstete, starb er.
V. Ariedrich von Österreich, 1314—1330, und Ludwig
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Extrahierte Ortsnamen: Avignon Deutschland Holland Schweiz Schwyz Habsburg Nassau Luxemburg Italien Italien Mailand Neapel
I 2
Hohes Gefühl
der herzustellen, muß man sich seines Herkommens erin-
nern, die es auflegt; man muß sich seiner Ahnen erin-
nern , weil sie Beyspiele für uns sind; und man darf
nie glauben, ihr Ruhm seye ein Erbcheil, das wir ru-
hig genießen können. Alsdann leben die Väter unter
ihren Enkeln wieder auf; die Sehnucht nach großen
Thaten, ein neuer Eifer für den Staat und die wahre
Liebe der vaterländischen Tugend lodert in Aller Herzen
empor.
Die alten Völker ermunterten einander um die Wette,
durch das Andenken an den Heldenmuth ihrer Voräl-
tern, zur Wachtsamkeit in den Tagen des Friedens und
der Ruhe, und zur Unerschrockenheit in den Zeiten der
Noth. Die Korinther sagen bey dem Thucydides:
„eure Väter sind auf rauhen und ungebahnten Wegen
zur Tugend emporgestiegen, ihr Beyspiel soll euch stets
gegenwärtig bleiben, ihr sollt durch Reichthum und Un-
mäßigkeit nicht verlieren, was Arbeit und Armuth ge-
wonnen haben!" — „Erinnert euch, daß ihr Römer
seyd!" — riefen die Feldherren des alten Roms ihren
Legionen zu. Diese kurze Rede machte sie bey den schwer-
sten Unternehmungen unermüdet, bey den blutigsten
Schlachten unerschrocken. Sie bezwangen mit dem Ge-
danken an die Tapferkeit ihrer Vater, und mit der je-
dem Bürger eingeprägten hohen Est^lhung von den
Vorrechten und der unfehlbar zu erwartenden Größe des
ewigen Ruhmes die Welt. —
Eben dieser Stolz gab einst dem Schweizer, Volke
den Muth, das Joch mit Kraft zu zerbrechen, das
Tyrannen ihm auf den Nacken gelegt hatten; eine Hand-
voll Hlrten errang ihm die Freyheit. Das Andenken
an diese Hirten sprach in den Herzen der tapfern
Berner bey Laupen; der kleine Haufe trat, mit der Zu-
versicht, des Schweizer-Namens nicht unwürdig zu
sterben, gegen den Feind. Das Andenken an diese Hir-
ten brannte in den Herzen der 1200 Schweizer, die un-
weit Basel 40,000 Franzosen angriffen, einen großen
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i4 Hohes Gefühl
getrieben, wenn sie die Bildnisse ihrer großen Vor.vä-
rer bey gewissen feyerlichen Anlässen erblickte.
4()4*
Die Deutschen sind von den ältesten Zeiten her
wegen ihrer Aufrichtigkeit und Redlichkeit berühmt, und
sie hielten es für eine Ehre, so zu denken. Zwey Für-
sten der Friesen (welche einen Stamm der deutschen
Nation ausmachten) kamen einst nach Rom, um den
Kaiser Nero um die Erlaubniß zu bitten, daß ihre
Landsleute in den von ihnen urbar gemachten Bezirken
jenseit des Rheines sich häuslich niederlassen dürften.
Man führte sie daselbst unter andern in einen der größ-
ten Schauplätze, damit sie sich von der Menge des rö-
mischen Volkes einen Begriff machen könnten. Hier er/
blickten sie, als ihnen die ganze Einrichtung erklärt wurde,
einige Ausländer auf den Sitzen der Senatoren. Als
sie äuf ihr Befragen, wer diese wären, erfuhren, man
erweise diese Ehre den Abgesandten solcher Nationen,
welche sich durch Tapferkeit und Treue gegen die Rö-
mer hervorgethan hätten, riefen sie sogleich aus: „Kein
Volk übertrifft die Deutschen an Tapferkeit oder Treue!"
und setzten sich ohne weitere Umstände unter die Sena-
toren. Und diese Freyheit, die sie sich nahmen, wurde
wohl aufgenommen. —
4o5.
Der berühmte deutsche Ritter, Ulrich von Hut-
ten, gab einen sehr sprechenden Beweis seines edeln Na-
tionalstolzes, als der Engländer Lee den berühmten
Erasmus von Rotterdam mit einer beißenden
Schmähschrift verfolgte, in welcher nebenher auch über-
haupt von dem deutschen Namen nicht zum besten ge-
sprochen wurde. Huttens Zorn entbrannte; die Sache
des Vaterlandes war seine eigene. Er schrieb an Lee,
verlangte ernstlich von ihm, daß er seine Schmähschrift
sogleich öffentlich zurücknehmen, oder gewärtig seyn sollte.
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Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Mädchen
306
Viii. Das Papstthum.
Königreich Jerusalem ist, nach 88jährigembestände,
von Saladin, dein Sultan von Egypten und Syrien,
gestürzt worden. Man kann wohl eine gerechte Sün-
denstrafe darin erblicken, denn die dortigen Christen
wohnten und wandelten zwar auf heiligem Boden, wie
wenig aber heiligte er sie selbst! Sie hegten unter sich
stete Uneinigkeit und Zwietracht, selbst die Johanniter
und Templer haderten eifersüchtig miteinander, und Laien
und Geistliche führten ein abscheulich zuckt- und sittenloses
Leben.
Damals herrschte dort der untüchtige König Guido
von Lusignan. Als er, sich aufraffend, gegen den in's
christliche Gebiet eingebrochenen Saladin zog, ward er
von seinem Vasallen Raymund, dem Herrn von Tri-
polis, schändlich verrathen und verlassen. So erlitt er
bei Tiberias eine gänzliche Niederlage und gerieth
selbst mit vielen Edlen in Gefangenschaft. Nun gieng ein
christlicher Ort nach dem andern in die Hände des Sie-
gers, bis am 3. Okt. 1187 auch Jerusalem fiel und das
goldene Kreuz auf der Spitze der Tempelkirche unter dem
Jammergehenl der Christen herabgeworfen wurde. Doch
verfuhr Saladin weit milder mit den Christen als ihre
Vorfahren einst mit den Muhammedanern; er that keinem
ein Leid an seinem Leben.
Aber daß die heilige Stadt, daß das heilige Grab
verloren sei, das klang dock der Abendländischen Chri-
stenheit allzu traurig und schaurig, und Hohe und Niedere
entbrannten vor Begierde, sie wieder zu erstreiten und
den neuen Kreuzzug zu machen, zu welchem der Papst
mit den dringendsten Worten aufforderte. Die Könige
von England und Frankreich, welche sich eben im
Kriege gegen einander befanden, schlossen Friede und
verbanden sich zum gemeinsamen Zug. Und der greise
Barbarossa will auch nickt dahintenbleiben, frommen Sin-
nes will er die Reihe seiner Thaten mit dem heiligen
Kriege beschließen. Sv wurde der Dritte größere
Krenzzng ausgeführt.
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Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Mädchen
1 10 Iii. Die Zeit der bedrängten Kirche.
uigftens aiux öffentliche Cultus des Heidenthums. Jetzt
halte das Christenthum und in den Hauptlehreu noch
rein erhalten den vollständigsten äußern Sieg
erlangt.
Wenn Theodosius auch in seinem Eifer gegen das
Götzenwesen zu unrechten Mitteln, zu fleischlichen Waffen
griff, so meinte er es doch nur gut, wie mit den Christen,
so mit den Heiden. Er war aufrichtig fromm. Und wie
demüthig dieser hohe Herrscher, wie furchtlos aber auch
ein Diener der Kirche, davon ein schönes Beispiel. Der
Kaiser hatte einmal in aufwallendem Zorn über den Mord
mehrerer Offiziere ein grausames Blutbad unter dem Volk
zu Thessalonich anrichten lassen. Nicht lange nachher wollte
er die Kirche zu Mailand besuchen. Da stellte sich
aber der dortige Bischof Ambrosius unter die Kirch-
thüre und verweigerte ihm den Eintritt: er könne seine
blutbefleckten Hände nicht uugesühut zu Gott erheben,
erst müsse er Buße thun um seine Missethat. Und der
große Kaiser zieht seinen Purpur aus, fällt auf sei» An-
gesicht und betet: Meine Seele liegt im Staub rc., —
während sei» Volk umher weint. Und erst nachdem er
gelobte Besserung monatelang treu gehalten, wird er wie-
der in die Kirche aufgenommen.
Er starb 395 selig im Herrn. Das Reich hinterließ
er seinen zwei jungen Söhnen Area diu s und Hono-
ri us. Jener sollte den Osten, dieser den Westen beherr-
schen. Von dem au theilte sich der römische Staat für
immer in ein M orgenlä n di sch es und Abendlän-
disches Kaiserthum. Wir erinnern uns an Nebukadnezars
Traumbild, B. l, S. 13t. Noch wolle gemerkt werden,
daß das Morgenländische Kaiserthum auch das Grie-
ch i sch e oder auch das Byzantinische, das Abend-
ländische auch das Lateinische heißt. —
Ihr habt, theure Leser, in diesem Paragraphen von
zwei ausgezeichneten Bischöfen gehört. Ich muß hier
überhaupt noch die berühmtesten Kirchenlehrer
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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104
Iii. Die Zeit der bedrängten Kirche.
welcher bei seiner Irrlehre beharrte, wurde eins der Kirche
gestoßen. Allein der verschmitzte Mensch mit geläufiger
Zunge wußte sich noch immer einen Anhang zu'erbalten,
so daß der leidige Zwiespalt in der Kirche fortdauerte.
Späterhin verstellte er sich, als ob er seine Lehre geändert
habe, und ließ den Kaiser durch feine Freunde auf die
Meinung bringen, daß er sich gar nicht mehr im Wider-
sprüche mit der Kirchenlehre befinde. Da bewog Con-
stautin die Mehrzahl der Bischöfe, ihn wieder als recht-
gläubigen Christen anzuerkennen. Es war im Jahr 336,
als er z» Coustantinopel feierlich wieder in die Kirche
aufgenommen werden sollte. Tags zuvor geht er mit
einigen seiner Anhänger stolz durch die Gassen der Stadt;
da treibt ihn ein Bedürfniß, sich an einen heimlichen
Ort zu entfernen, er kommt nicht zu seinen Freunden
zurück, und als sie sich nach ihm umsehen, finden sie ihn
ftarnodt an dem Orte; er hat zugleich sein Eingeweide aus-
geschüttet. Darin saben viele ein Gottesgericht, und wohl
auch der Kaiser selbst, dessen Seele nahe am Aus-
gang stand.
Als Constantin 65 Jahre alt war, fühlte er, von
einer Krankheit ergriffen, sein nahendes Ende. Jetzt erst
ließ er sich taufen. Er hatte das Sakrament, wahrschein-
lich in der irrigen Meinung, daß die nach der Taufe be-
gangenen Sünden nicht mehr vergeben würden, erst so
spät empfangen wollen. Nach dem heil. Bade zog er
seinen kaiserlichen Pnrpurmantel nicht mehr an. sondern
blieb in seinem weißen Taufkleide, des Abrufs in die
himmlische Heimath gewärtig. Bald darauf verschied er
im Bekenntniß zu Christo und in freudiger Zuversicht
auf ibn, 337. Er wurde nach seinem Wunsch in der
Apostelkirche zu Coustantinopel begraben.
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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364
Viii. Das Papstthum.
welche nie ganz aufhören kann, aber manchmal sehr
unsichtbar wird, noch stark und tröstlich vor Augen zu
einer Zeit, wo die herrschende so schrecklich verderbt war.
Hier wurde aber auch der verderbten Kirche vorgehalten,
wozu sie sich selbst reinigen und erneuern sollie; aber sie
verhärtete sich dagegen. Der Erzbischof von Lyon wider-
setzte sich dem Wesen und Treiben der Waldenser, und
der Papst that sie, als er sie nicht in einen „katholischen
Orden" umwandeln konnte, als Ketzer in den Bann.
Es ergiengen über sie dieselben schweren Verfolgungen
wie über die gleich zu besprechenden Albigenser; sie wank-
ten aber in ihrem gute» Glauben und Bekenntnisse nicht.
Viele wurden getödtet, die Uebrigen aus Frankreich
vertriebe», auf daß der himmlische Same auch in
andere Gegenden der Erde getragen werde. In den
Waldthälern Piemonts sind heutzutage noch Waldeu-
sische Gemeinden zu finden mit der lautern Bibel-
lehre und in der Einfachheit des apostolischen Lebens. —
Mit diesen rechten Christen darf eine andere gleich-
zeitige Sekte in einer westlichern Gegend des südlichen
Frankreichs nicht verwechselt werden, die der Albigen-
ser. Dieselben hatten wohl manches mit den Elstern
gemein, aber nicht so reine Lehre; ihr Christenthnm
hegte gn osti sck - manichäische (s. Iii, 6.) Irrthümer.
Der Papst sandte zuerst Schaaren Mönche über sie, um
sie auf gütlichem Wege von ihrer Ketzerei in den Schooß
der Kirche zurückzuführen; als aber diese nichts ausrich-
teten, so ließ er (Innoceuz Iii.) den Kreuzzug gegen
sie predigen, 1205. Wohl hieß es immer: „die Kirche
trinkt kein Blut!" Nun freilich, der Papst und der
Klerus zückte den Degen nicht selbst; der französische
Gras von Montfort führte ein Kreuzheer gegen die
Ketzer, und Geistliche waren ja wohl nur dabei, um die
Krieger mit heiliger Rede zu entflammen. Indessen nahm
sich der mächtige Graf von Toulonse der Verfolgten,
seiner Unterthanen, an; Adel und Volk in seinem ganzen
Gebiete greift zu den Waffen. So ereignete sich der
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Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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§ 10. Die christliche Kirche vom 5. zum 7. Jahrh. 151
rade die Bibel, er schlug sie auf und seine Augen sielen
zuerst auf die Worte Rom. 13, 13: „Lasset uns ehr-
bar lich wandeln a ls a m Tage, nicht in Fressen
undsaufen, nicht i n K a m m e r n u n d U n z u ch t re."
Sie schnitten tief in sein Herz ein, und von Stund an
entsagte er seinem schlechten Lebenswandel und gab sich
dem Dienste Jesu hin zur unbeschreiblichen Freude lind
Wonne seiner erhörten Mutter. Es ist sehr bemerkens-
werth, daß er dem Herrn im herzlichen Glauben zufiel,
sobald er sich von seinem S ü n d e n l e b e n geschieden hatte;
denn dieses ist eben der Hauptgrund des Unglaubens
der Kinder dieser Welt. Und im Glauben an den all-
mächtigen Sohn Gottes wurde er ein ganz neuer
Mensch, also daß er im Bewußtsein seiner ewigen Ver-
dorbenheit sich selber „ein Wunder der Gnad e" Gottes
nennt. Mit dem regsten Eifer forschte er jetzt in Gottes
Wort, und bei seinen seltenen Gaben erlangte er ein un-
gewöhnlich hohes und tiefes Verständniß der göttlichen
Wahrheit. Ob seines heiligen Wandels und seiner aus-
nehmenden Gottesgelehrtheit wurde er a. 396 zum Bischöfe
von Hi pp o in Afrika erwählt, woselbst er nun 34 Jahre
lang in höchstem und weit über sein Bisthum hinaus-
gehendem Segen wirkte. Gott machte ihn zu einem ganz
auserlesenen Rüstzeuge und großen Licht der Kirche für
alle Zeit. Von den Aposteln an bis eins Luther
ist kein größerer Gottesgelehrter aufgestanden
als Augustin. Er hat viel Herrliches geschrieben, z. E.
seine ,,Konfessionen oder Bekenntnisse", sein Buch
,,vom G otte ssta ate". Am preiswürdigsten ist aber
seine Vertheidigung der biblischen Lehre von der
göttlichen Gnade wider einen damals dagegen auf-
tretenden argen Irrthum, davon wir sogleich hören wer-
den. Der herrliche Mann starb 430 zu Hippo, eben als
-die schrecklichen Va nda len (§ 3) diese Stadt belager-
ten; die Gräuel der Verwüstung an seinem Bischofssitze
durfte er nicht mehr erleben. —
Es war ein Britischer Mönch, Namens Pelagius,
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Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Mädchen
258
Viii. Das Papstthum.
mehr war man in der christlichen Kirche neben roher
Fleischlichkeit auf eine falsche Geistlichkeit (Kol. 2, 18.)
gerathen. Doch war diese Ansicht durchaus nicht allge-
mein, und viele Geistliche, höhere und niedere, lebten
immer noch in dem nrältesten, von Gott selbst eingesetzten
Stande der heiligen Ehe. Darum als nun Hildebrand
auf einmal mit seinem Gesetze kam, „jeder unverheirathete
Geistliche müsse ehelos zu bleiben geloben und jeder ver-
heirathete müsse sein Weib von sich thun, und verbannt
sei jeder Priester, der dieß Gesetz breche, und jeder Laie,
der bei einem solchen noch Messe höre oder beichte," da
entstand im Clerus eine ungeheure Erregung. Man nannte
es „ein widerchristliches, lästerliches Gebot," „eine Teu-
fclslehre" nach der Schrift 1 Tim. 3, 2. 4, 3.; Bischöfe
redeten ihren Pfarrern zu, nun gerade sich zu verhei-
rathen; eine ganze Synode zu Paris erklärte die Feinde
des von Gott gestifteten Ehestandes für „Ketzer". Aber
der Mann von eiserner Festigkeit ließ sich nichts beirren,
und — das Volk trat auf feine Seite und half ihm
kräftiglich seine „Teufelslehre" durchsetzen. In diesem
erwachte plötzlich ein wüthiger Eifer gegen die Priester-
ehe; es schimpfte, schlug und steinigte die verheiratheten
Geistlichen, es drang in die Pfarrhöfe ein und warf die
ehrbaren Pfarrfrauen als schlechte Dirnen hinaus. Hilde-
brand siegte glänzend, wiewohl es doch noch weit über
ihn hinaus dauerte, bis der Priestercölibat allenthalben
und ohne Ausnahme bestand.
Hier brechen wir einstweilen von dem Manne ab;
bald wird er uns wieder und in seiner ganzen finstern
Größe und Gewaltigkeit vor Augen treten.
8 2.
Die noch folgenden Fränkischen Kaiser.
Meine lieben Leser werden schon gemerkt haben, daß
ich mit dem Hildebrand der deutschen Geschichte,
die den Hanptslrom meiner Erzählnug bildet, ein wenig
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Huldreich Zwingli.
73
seiner Wohnung auf dem Stiftplatze sammelte sich das Kriegsvolk. Das Pferd, welches ihn tragen sollte, ward herbeigeführt; er schnallte sich den Panzer um und sprach nun zu seiner treuen Frau: „Die Stunde ist gekommen, daß wir uns trennen! Es sei so! Der Herr will es so! Er sei mit dir, mit mir und mit den Unsern!" Und als er sie zum letzten Mal in seine Arme schloß und sie vor Schmerz kaum sprechen konnte, blickte sie weinend gen Himmel und fragte: „Und wir sehen uns wieder?" — „Wenn der Herr es will!" antwortete Zwingli voll festen Vertrauens, „sein Wille geschehe!" — „Und was bringst du zurück, wenn du kömmst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Dann küßte er die Kleinen, riß sich los und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit gepreßtem Herzen nach, und als er um die Ecke der Straße bog und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte — da hatten sich beide hienieden das letzte Mal gesehen.
Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen Kammer auf die Kniee und betete zu dem, der im Gebete Kraft giebt: „Vater, nicht mein, dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekommen sei.
. Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappel, zwischen Zürich und Zug, am südlichen Abhange des Albis, zur Schlacht gekommen, die Züricher wurden von der Uebermacht der katholischen Cantons besiegt; auch Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wunden bedeckt, sein Pferd getödtet; zuletzt sank er selbst nieder. Eben erst hatte er einem Sterbenden trostreiche Worte zugerufen. Mehrere der Feinde umstanden den edlen Mann, der mit heiterm Gesicht, den Blick gen Himmel gerichtet, dalag, und fragten ihn, ob er einen Beichtiger verlange? Da er dies, so wie die Anrufung der Heiligen, die man ihm zumuthete, ablehnte, rief ihm der Haupt-mann Vockinger aus Unterwalden zu: „So mußt du sterben, du hartnäckiger Ketzer!" und durchstach sein treues Herz. Erst nach der That erkannte man ihn, und nun strömten auf die Nachricht, der Ketzer Zwingli liege draußen erschlagen, Unzählige herbei und starrten mit wahrer Schadenfreude die Leiche des braven Mannes an. Nur ein Einziger zeigte Gefühl, ein Eonventual; ihm traten die Thränen in die Augen und gerührt sprach er: „Welches auch dein Glaube gewesen ist, ich weiß, daß du ein frommer Eidgenosse warst. Gott sei deiner Seele gnädig!" Der Leichnam wurde noch
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Zwingli Anna Anna Anna Cappel Zwingli