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1. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 81

1890 - Gotha : Perthes
81 sie an Stärke und Geschick zu übertreffen, doch Odysseus legte neue Pfeile auf die Armbrust und schoß drei der ärgsten Schreier nieder. Natürlich tobten die übrigen um so lauter, doch Odysseus sagte ihnen in herben Worten, wer er sei und daß er sie für ihren Übermut strafen wolle. Jetzt baten sie um Verzeihung und boten Ersatz des verzehrten Gutes, doch Odysseus schoß einen nach dem anderen nieder, sein Sohn und der Sauhirte schleuderten Spieße, und wenn die Freier auf diese Weise auch Wurfwaffen erhielten und sich hinter Tischen bargen wie hinter Schilden, so fielen sie doch allesamt einer nach dem andern. Hierauf mußten die Mägde die Leichen in den Hof schaffen, wo man sie verbrannte, und den Saal scheuern, der ja voll Sblut war. Dann ließ Odysseus seiner Gemahlin melden, Odysseus sei angekommen und unten in der Halle. Sie wollte es nicht glauben und sandte eine Dienerin, um sich den Fremden anzusehen und ihn auszuforschen. Diese Dienerin, die sehr alt war und den jungen Odysseus gepflegt hatte, trat sehr vorsichtig auf und bezweifelte vieles, was ihr der Fremdling erzählte. Da sprach dieser endlich: „Du mußt wissen, daß ich einst als Jüngling von einem Eber am Schenkel stark verwundet ward und lange krank lag, wahrend du mich pflegtest. Nun siehe her, ich kann dir die alte Narbe zeigen, an welcher du erkennen wirst, daß ich Odysseus bin." Mit diesen Worten zeigte er die Narbe, und die Dienerin fiel freudig vor ihm nieder, weil sie in ihm ihren alten Herrn wieder erkannte. Dann eilte sie zur Penelope mit der Nachricht, Odysseus, der lange Erwartete, sei gekommen und befinde sich unten im Saal, um sie zu empfangen. Penelope, die so oft getäuscht war durch falsche Nachrichten, glaubte der alten Dienerin nicht, ging zwar in die Halle hinab, wo sich der Fremdling befand, setzte sich ihm gegenüber auf einen Schemel und sah ihn scharf an, ob er wirklich ihr Gemahl sei. Noch immer zweifelte sie. Da Körner, Die Kämpfe im Altertum. g

2. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 155

1890 - Gotha : Perthes
155 drei große Straßen in die Byrsa, den Sitz des Reichtums und der alten Kaufrnannsfarnilien. Hier waren die Häuser sieben bis acht Stock hoch und mit einem platten Dache versehen. In diesem Stadtteil erhob sich ein rasender Kampf. Haus für Haus wurde verteidigt und erst nach vielem Blutvergießen erobert. Man durchbrach die Mauern und kämpfte von Zimmer zu Zimmer, dann von Stockwerk zu Stockwerk bis hinaus aufs platte Dach, wo man Bretter oder Balken über die Straße nach dem gegenüber stehenden Hause legte, um dort den Kampf fortzusetzen. Bei diesem verzweifelten Widerstände kamen die Römer nur langsam vorwärts, behielten aber die Oberhand. Denn in der Stadt herrschte furchtbare Hungersnot, man nährte sich bereits von Leichen, wollte aber trotzdem von Übergabe nichts wissen, auch hatte Hasdrubal an römischen Gefangenen solche Grausamkeiten verübt, daß von Übergabe nicht die Rede sein konnte, weil die Römer alsdann würden Rache genommen haben. Nachdem die Römer in tagelangen mörderischen Kämpfen unter vielem Blutvergießen einen Teil der Altstadt erobert hatten, ergriffen sie ein anderes Mittel, dem Gemetzel ein Ende zu machen. Sie zündeten die eroberten Häuser an, und da die Karthager vor den Flammen zurückwichen, folgten ihnen rasch die Römer, rissen die Häuser nieder und errichteten aus der ungeheuren Schuttmasse einen Wall gegen die Mauer und Citadelle. Dabei begingen sie, wie der Augenzeuge Polybius berichtet, unglaubliche Grausamkeiten, weil der heftige Widerstand der Karthager sie in Wut brachte. Denn sie begruben absichtlich Verwundete und Lebende unter dem Schutt. Auf diese Weise drangen die Römer in die Altstadt ein, wo nun jeder sein Leben zu retten suchte. Da kamen Priester flehend mit Wafsenstillstandszeichen und baten um das Leben, was Säpio jedem der Herauskommenden

3. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 95

1890 - Gotha : Perthes
I1 95 griechische Städte zerstört, deren Bevölkerung umgebracht oder als Sklaven verkauft. Als z. B. Selinus nach nenntägigem Verzweiflungskampfe siel, wobei 16 000 Einwohner getötet, 5000 als Sklaven verkauft wurden, verstümmelten die karthagischen Söldlinge sogar die Leichen der Besiegten und schmückten sich mit den abgehauenen Gliedern der Erschlagenen. In Himera wurden 3000 Gefangene niedergemacht und die ganze Stadt zerstört, und dasselbe Schicksal traf Selinus. Diese Aus-mordung und Verwüstung Volk- und bildungsreicher Städte charakterisiert die Herzlosigkeit der habgierigen Karthager, der Engländer ihrer Zeit. Nicht minder schlimm erging es dem zwischen Weingärten und Olivenwäldern gelegenen reichen und üppigen Akragas oder Agrigent, welches 200 000 Einwohner zählte. Diese wehrten sich zwar herzhaft gegen die karthagischen Söldner, aber als man ihnen die Zufuhr abschnitt, so daß Hungersnot ausbrach, wanderten in kalter Winternacht viele Einwohner aus, viele ermordeten sich, um nicht vom Feinde zutode gemartert zu werden, oder verbrannten sich in den angezündeten Tempeln. Agrigent galt nächst Syrakus für die größte und prachtvollste Stadt der Insel und hatte eine merkwürdige Bauart, denn die Häuser zogen sich an einer durch Schluchten und Thäler gespaltenen Hügelreihe hinan, auf deren höchstem Gipfel im Nordosten die schwer zugängliche Stadtburg mit dem Zeus- und Athenetempel stand. Dieser Zeustempel galt für das größte Gotteshaus der Insel, denn er maß 340 Fuß in die Länge, 60 Fuß in die Breite und 120 Fuß in die Höhe. Seine Säulen besaßen einen so gewaltigen Umfang, daß sich in ihre Schaftkehlen ein Mann stellen konnte. Die Flächen des Mauerwerks hatte man mit halberhabenen Bildern gefüllt, welche Scenen aus dem Gigantenkampfe und dem Trojanischen Kriege darstellten. Die Menge der Statuen, Gemälde und Grab-

4. Die weltgeschichtlichen Kämpfe des Altertums - S. 210

1890 - Gotha : Perthes
210 nun seine Maschinen gegen die Mauer vorrücken und auf dem vom Schutte gereinigten Boden des einspringenden Winkels aus Weiden geflochtene Schirmwände, hohe hölzerne Türme und Schilddächer mit Mauerbrechern Herstellen; da machten die Belagerer einen Ausfall, unterstützt von den Geschützen der Türme und Mauer, brannten die Schirmwände und einen Turm nieder und wichen erst, Fackeln und Waffen wegwerfend, als Alexander mit seiner Garde erschien. Die Maschinen setzten also ihre Arbeit fort. Da machte der Athener Ephialtes, der Alexanders wegen ans seiner Vaterstadt flüchten nutzte und in persischen Diensten stand, einen Ausfall, warf Pechkränze und Feuerbrände auf die Maschinen, ward dagegen von den hohen Belagerungstürmen mit einem Hagel von Geschossen und Steinen überschüttet, von Alexander selbst angegriffen und zum Weichen gebracht, wobei er selbst fiel und viele feiner Streiter auf der Flucht über den Schutt der eingestürzten Mauer und in den engen Thoreingängen niedergemacht wurden. Unterdessen hatte ein anderer Kriegshaufeu nach einer andern Seite der Stadt hin einen Ausfall unternommen, ward aber nach hartem Kampfe zurückgetrieben, und da man nur über eine enge Brücke in die Stadt gelangen konnte und diese Brücke sich mit Flüchtlingen überfüllte, so brach sie zusammen, stürzten viele Städter in den Graben, wo sie sich gegenseitig erdrückten, oder von den Mace-doniern mit Speeren erstochen wurden. Beängstigt durch diese wilde Flucht der Ihrigen, schlossen die Städter den Eingang zur Stadt, damit nicht etwa auch Macedonter denselben benutzten, und wurden nun die waffen- und wehrlosen Städter vor dem verschlossenen Thore von den Macedontern niedergemacht. In der Nacht wollten die Macedonier die Stadt erstürmen, aber Alexander ließ zum Rückzüge blasen, weil er sicher auf die Übergabe der Stadt rechnete, denn er zählte nur 40 Tote, der Feind dagegen über 1000.

5. Deutsche Prosa - S. 202

1900 - Gera : Hofmann
202 Hermann Hettner. Nähen und Krankenpflege in fremden Häusern das Ihrige zur Auf- rechterhaltung und Förderung des kleinen Hausstandes beizutragen. Wer von Dresden nach Kamenz geht, betrete den dicht an der Straße liegenden Kirchhof zu Pulsnitz. Sogleich am Eingang desselben, an der rechten Seite findet er ein Grab, das die sterblichen Reste von Rietschels Eltern umschließt. Der Sohn hat in kindlicher Liebe das Grab mit deren Porträtreliefs geschmückt. Es sind ehrsame, schlichte, tüchtige Bürgergesichter; der Vater hat ganz und gar die Gesichtszüge seines Sohnes, nur herber und derber. Schöner und tiefempfundener hat wohl nie ein Sohn seine Eltern verherrlicht. Die Formengebung ist, wie es in der Natur Rietschels lag, und wie es gerade hier dem Stoff so durch- aus angemessen war, in der scharfen Individualisierung der altdeutschen Meister gehalten, aber geläutert und gehoben durch das feinste plastische Stilgefühl, durchglüht von der liebevollsten Wärme und Innigkeit. Der Trieb zur bildenden Kunst erwachte im Knaben schon früh. Bereits in das vierte Jahr fallen die ersten Versuche zu zeichnen. Für Vater und Sohn war es die höchste Freude, wenn es gelang, einige Pfennige zum Ankauf eines Bilderbogens zu erübrigen. Ein glücklicher Zufall fügte es, daß in dem kleinen Städtchen ein freilich sehr unzu- länglicher Zeichenlehrer, Namens Köhler, lebte, der den talentvollen Knaben unentgeltlich in seinen Unterricht aufnahm. Bald wurde aus dem Schüler der bereitwilligste Gehilfe. Noch jetzt befinden sich auf dem Schießhause zu Pulsnitz einige Scheiben, welche Rietschel in jener Zeit gemeinsam mit seinem Lehrer für das Prämienschießen malte. Rietschel wurde das Factotum für alle Dinge, wo Pinsel und Farbe nötig waren; er malte Modelltücher zum Sticken, kleine Transparente mit Tempel und Opferflammen zu Geburtstagsgeschenken, Wappen und Schilder, Stammbücher und Neujahrswünsche und konnte mit diesem Erwerb schon manches Scherflein in den Haushalt der Eltern legen. Der Unterricht, welchen der Knabe genoß, war der gewöhnliche Unter- richt der Elementarschule; doch durfte er den lateinischen Stunden, welche der Prediger seinen Söhnen erteilte, beiwohnen. Rietschel hat mir mehrmals mit leuchtenden Augen erzählt, wie in dieser engen Jugendzeit die Poesie, die in ihm wohnte, vornehmlich durch die biblischen Psalmen in ihm geweckt und genährt wurde. Nun war die Zeit gekommen, da es galt, einen selbständigen Lebensberuf zu wählen. Gegen die Wahl eines Handwerks sträubte sich seine ganze Seele; er wußte, daß ihm dann keine Muße bleibe, weder für feine Lieblingsneigung des Malens, noch für seinen unaus- löschlichen Drang nach innerer Ausbildung. Eine Zeit lang dachte er daran Schullehrer zu werden; ein geliebter Lehrer riet ab im Hinblick auf die kümmerliche Lage, mit welcher leider auch jetzt noch immer die

6. Teil 16 - S. 419

1806 - Gotha : Ettinger
4la rierschützen feuerten, ein Lager aufschlagen. Friedrich hielt es zur Sicherheit desselben für nöthig, die sogenannten Steinberge zu besetzen. Der alce General von Netzow wollte diesen Auftrag nicht übernehmen, weil die Oestreicher schon zuvorgekommen waren. Er gerieth darüber in Ungnade. Friedrichs Stellung war nun sehr gefährlich. Der rechte preussische Flügel war von dem östrei- chischen Lager nicht weiter, als ein Kanonen- schuß, entfernt. Doch Friedrich war von seinen Feinden noch nie, am wenigsten aber von Daun, angegriffen worden. Er erwar- tete daher auch jetzt keinen Angriff. Indes- sen hatte der auf verschanzten Anhöhen ste- hende Daun zu einem vorrhetlhaften An- griffe noch nie eine so günstige Gelegenheit gehabt. Auch wurde er von Lascy, Laudon, und andern Generalen, sehr dringend dazu aufgefordert. Die täglichen Neckereyen der Croaten konnten sehr gut dienen, denselben zu verbergen. Der behutsame Daun ließ, um den König zu täuschen, gleichsam als wenn er sich selbst vor einer Ueberrumpelung fürchtete, vor seinem Lager Verschanzungen aufführen; er ließ den Wald vor seinem Um Dd 2 ken

7. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 65

1890 - Gotha : Behrend
Der Schwarzwald und seine Bewohner. 65 die Bäume auf den Riesen ihre Fahrt beginnen, sieht man dort die Berge brennen. Jene brennenden Berge sind eine Folge der eigentüm- lichen, auch im Odenwald verbreiteten Waldwirtschaft, die nur Düngung durch Aschenbildung sowie die Zerstörung vieles Unkrauts bezweckt, indem den Stöcken und Wurzeln des Holzes dadurch kein Schaden ge- schieht. Eichen, Haseln, Birken und anderer Stockschlag bilden den Bestand, der alle 15—20 Jahre abgetrieben wird. Die Eichen werden im Frühling geschält, um die Lohe zu benutzen, geeignete Hasel- und Birkenruten zu Reisen und Seilen ausgesucht; alles dünne Reis mit dem Laube bleibt an Ort und Stelle liegen, um während des Sommers zu trocknen. Im September beginnt das Anzünden; 4—5 Männer mit langen Stangen und Haken wälzen die Feuerwelle nach und nach den ganzen Berg herab. Da im Kinzigthal und seinen Seitenthälern all die Abhänge der Granitkuppen mit Niederwald bedeckt sind und der Prozeß des Abbrennens sich in regelmäßigen Zeiträumen für jede Stelle wiederholt, so ist es begreiflich, daß zur Brennzeit allerorten Flammen auflodern und Rauch emporsteigt, der zuweilen als ein feiner, bläulicher Dunst alle Thäler durchzieht. In den Waldungen findet die Schwarzwälder Bevölkerung seit langer Zeit ihren ergiebigsten Nahrungszweig. Das Kohlen des Holzes, das Teerschwelen und Harzreißen gewährt ihr neben der Flößerarbeit Beschäftigung und Unterhalt, und wer kennt nicht die Schwarzwälder Holzschnitzereien, die von der Kunstfertigkeit der Bewohner ein redendes Zeugnis ablegen? wer nicht die Holzuhren, die sie kunstreich zu ver- fertigen wissen? Keine Industrie ist bei den aufgeweckten Söhnen des Gebirges so beliebt als diese, und nichts vermag sie mehr an ihre Heimat zu fesselu als dieser Erwerbszweig. Die Uhrenfabrikation, hauptsächlich in den badischen Amtsbezirken Triberg, Neustadt, Villingen und Hornberg heimisch, beschäftigte im Jahre 1308 etwa 1000 Uhrmacher, 3000 Nebenarbeiter und 900 Händler; die Zahl der gefertigten Uhren wurde auf 200.000 Stück zu einem Wert von 300,000 Gulden geschützt. Eine von der badischen Regierung 1847 veranstaltete Zählung ergab 1568 Uhrmacher, 2566 Gehilfen ohne die Frauen und Kinder, welche bei manchen Arbeiten mithelfen. Zum Verkauf der Uhren hatte der Verfertiger, der in der Haupt- fache doch Landwirt blieb, nur wenig Gelegenheit; es bedurfte not- wendig eines Zwischenhändlers, der von den zerstreut wohnenden Uhr- machern die einzelnen Arbeiten zusammenkaufte und sie im großen oder kleinen wieder an auswärtige Abnehmer lieferte. Mit dem Empor- wachsen der Industrie fanden sich auch solche Zwischenhändler, die den Namen „Packer" führen, sie bemächtigten sich bald des ganzen Uhren- Handels und kauften bei den Verfertigern zu geringen Preisen ein; und da sie nun den Handel ganz in ihren Händen hatten, so war es ihnen ein Leichtes, die Preise herabzudrücken und die Uhrmacher ihnen gegen- über in ein vollkommenes Abhängigkeitsverhältnis zu bringen, so daß Meyer, Lesebuch der Erdkunde Iii. 5

8. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 93

1890 - Gotha : Behrend
Der Odenwald. 93 hott er nor gfrogt vun haus zu haus: „hängt nergens dann e stern heraus?" Er is e tapprer ritter gewest; in norde, süde, ost un west hott er gefrogt in anem fort: „is nett e bär odr e löwe dort?" Er is e seltsamer krist gewest; in norde, süde, ost un west hott er bei tag, hott er bei nacht zum kreiz sein stille gang gemacht. Sei name is in stadt un land bei grosse herrn gar gut bekannt: ze finne is er immer gewest in de drei könig am allerbest; jez is er tot un schämt sich wohl, so gehts seine brüder allemohl. Einen eigenen und nicht immer günstigen Einfluß üben die Kirch- spielsverhältnisse auf die Odenwälder aus. Der von der Mutterkirche oft weit entfernt wohnende Teil der Bevölkerung findet seine häufig einzige Unterhaltung in dem sogenannten Kirchgange; neben der Kirche befindet sich aber meist das Wirtshaus, und oft wird in diesem ver- dorben, was in jener Gutes bewirkt werden sollte. Der Odenwälder liebt vor allem Wald und Feld; seine Wohnung ist darum nicht immer gerade bequem gebaut. Seine Stube ist niedrig, nicht gerade hell, von den Leuchtspäueu, die vielfach noch statt des Lichtes gebraucht werden, schwarz geräuchert, im Winter stark geheizt und wird selten gelüftet. Der nächste Platz am Ofen gebührt dem Großvater oder der Großmutter, der zweite auf der Ofenbank dem Vater, welcher seine Frau gegen Bekannte nur beim Vornamen nennt; gegen Fremde gebraucht die Frau das Wort „Er", um ihren Mann zu bezeichnen, und dieser hat für seine Frau gegen Fremde die Bezeichnung „Mein". Der Charakter des Landvolks ist ein seltsames Gemisch aus Treuherzigkeit und Pfiffigkeit, gesunder Natur und Grobheit, ehrlicher Einfalt und zurückhaltendem Wesen; fast in jedem Dorf herrscht eins oder das andere dieser Elemente vor. Ungeachtet ihrer Armut haben die Odenwälder indes ein zufriedenes Gemüt, bei aller Arbeit eine lebhafte Phantasie, wie die vielen in ihrem Munde lebenden Sagen bezeugen. Da sie in ihren Bergen nur wenig mit der übrigen Welt in Berührung kommen, so hat die Verfeinerung unserer Zeit verhältnismäßig noch wenig über ihre altdeutschen Sitten vermocht. Fast überall kommt man dem Fremden mit traulicher Gastfreundschaft entgegen. In ihren Gebirgen konnten sich auch die altdeutschen unteilbaren Hubengüter noch lange erhalten. Erst durch Einwanderung von außen her erschienen nach und nach mehr Beisassen, die seither nur auf dem Grundeigentum eines Hübeners und meist in einer demselben gehörigen Behausung wohnten; die wenigen Beisassen, die etwa vorher in den Ortschaften mit einem eigentümlichen kleinen Besitze erschienen, hatten Teile am Gemeingute inne, und hierzu

9. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 388

1890 - Gotha : Behrend
388 Bilder aus der norddeutschen Tiefebene. waren, für die Gesundheit gewonnen. Zugleich wurden die „Dnrtiche", die in die Wände der Wohnungen gelegten ungesunden Schlafräume, überall entfernt und die Wintervorrüte an Kartoffeln, Wurzeln (Möhren) und Rübeu, welche früher in den hohlen Räumen unter den Bettstellen aufbewahrt worden waren, und neben denen außerdem uoch hohe, mit Sauerkraut und eingemachten Vietsbohnen angefüllte Fässer standen und höchst unangenehme und ungesunde Gerüche verbreiteten, in die Keller- räume der neben den alten Wohnhäusern neu erbauten Speicher ab- geführt. Noch vor 30 Jahren war ein Schornstein auf den Dächern der Bauernhäuser eine seltene Erscheinung. Die Anlegung der Schorn- steine erzwang wohl mehr die Notwendigkeit, als die Mode oder Rück- sicht auf die Gesundheit. Denn die Holzfeuerung begann infolge der schlechten Bewirtschaftung der Bauernforsten immer seltener und zu- gleich mit der Torffeuerung teurer zu werden; dagegen sind die Er- Zeugnisse alter und neuer Kohlenbergwerke durch die Herstellung besserer Verkehrswege leicht und im Verhältnis billig zu erlaugeu. Bei An- uahme der Kohlenheizung aber war die Anlage der Schornsteine durch- aus geboten, und es entstand dadurch eine vollständige Umwälzung an dem alten bäuerlichen Feuerherde. Der große „Rahmeu", welcher, über dem Herde augebracht, die Feuersgefahr nach oben hin abwehren sollte, verschwand zuerst, daun auch der breite aufgemauerte Herd mit der eisernen „Brandplatte", auf welcher meistens das Urteil Salomonis oder der Besuch der Königin von Saba in Relief dargestellt waren, und mit dem gewaltigeu „Ween- (Wende-) Haken" , an welchem der große Kessel und Topf hingen und bequem dem Feuer zugeschoben werden konnten, und eine Kochmaschine trat an deren Platz. Der Herdraum ist jetzt um vieles freier, heller und reiner geworden: ob auch gemüt- licher, bezweifle ich. Es hatte die hell aufflackernde Herdflamme, wenn sie den Eintretenden begrüßte und das Gesicht der um sie schaffenden Hausfrau beleuchtete, etwas sehr Anheimelndes, ja Feierliches. Bei reger Phantasie konnte man in dem Herde mit dem flackernden Feuer einen Altar und iu der Hausfrau die opfernde Priesterin sich vorstellen. Auch war die Herdstelle früher ein gefuchter Aufenthalts- ort für die Bewohner des Hauses und die vorsprechenden - Nachbarn. In der Wohnstube verschwand der alte Ofen, welcher von draußen ge- heizt wurde, mit feiner das springende westfälische Pferd zeigenden Vorderplatte und den runden, von den sich daran erwärmenden Händen blankgescheuerten Messingknöpfen, und auch hier trat ein moderner, für Kohlenheizung, aber auch zugleich zum Kochen eingerichteter Ofen an seinen Platz. Es wird nun leider, vorzüglich während der Wintermonate, der Bequemlichkeit und Billigkeit wegen das Kochen in diesem Ofen betrieben und infolge der sich dabei entwickelnden Dämpfe die Luft ver- dorben und der Aufenthalt in den Wohnstuben, die auch jetzt noch nur mangelhaft gelüftet werden können, ungesund. Auch die Güte des West- fälischen Schinkens, der früher über und zur Seite der Herdstelle ge- räuchert wurde, hat feit Einführung der neuen Heizungsmethode und der Steinkohle als Feuerungsmaterial anstatt des Holzes sehr verloren.

10. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 65

1890 - Gotha : Behrend
Kijew. 65 Weinbrennerei sind sehr verbreitet. Die Stadt zerfällt in zwei ihrem Charakter wie ihrer Lage nach ganz gesonderte Teile: die untere Stadt, „Podol", die dicht an den Fluß herantritt, hat meist unan- sehnliche schmutzige Gassen und größtenteils hölzerne Häuser. Hier treiben die Händler, darunter viele Juden, und die Schiffer ihr Wesen. Der aristokratische Stadtteil liegt aus hohem Berge. Hier finden wir viele stattliche Gebäude, wie die „Wladimir-Universität," ein kolossales Gebäude, wie es bisher keine andere russische Universität be- sitzt, und die bedeutendsten Kirchen der Stadt, vor allen die berühmte Sophien-Kathedrale. An einem der am schönsten gelegenen Punkte aber, dort wo nach einer alten Sage der Apostel Andreas um das Jahr 40 nach Christus das Kreuz pflanzte, ist von der Kaiserin Elisabeth eine kleine zierliche Kirche ausgeführt worden. Von hier aus schaut das Auge über die untere Stadt hinweg das Dnjepr-Thal hinab. Den Dnjepr hinab gleiten zahlreiche Kähne in raschem Tempo; die Strömung ist reißend. Aber auch der Blick in die oberste Stadt ist ein erquickender. Das dichte Laub der Eichen, des Ahorns, der Pappeln und Akazien, das die Stadt umkränzt, wirkt in wohlthueudster Weise. Werden wir schon durch die Baumarten daran erinnert, daß wir uns im südlichen Rußland befinden, so bringt ein Gang durch die Straßen der oberen Stadt dies uns zu noch deutlicherem Bewußtsein: an den Fenstern Jalousieen; vor den Hotels und Kaffeehäusern Stühle und Tische, durch große leinene Zeltdächer gegen die heiße Julisonne geschützt; das herrliche Obst, darunter Melonen und Arbusen (Wasser- melouen), an den Straßenecken zu wohlseilen Preisen ausgeboten; die Trinkhallen, in denen Soda- und Selterswasser gereicht wird, weit häufiger als in Petersburg und Moskau. Die Bevölkerung von Kijew hat bereits eine ganz andere Physiognomie als die Moskaus. Man merkt sogleich, daß man im Lande der Kleinrussen ist. Auch vielen Polen begegnet man. Ungefähr eine Stunde von Kijew, stromabwärts, befindet sich der besuchteste Wallfahrtsort des Reichs, das „Kijewsche Höhlenkloster," das um die Mitte des elften Jahrhunderts durch den heiligen Antonius, welcher längere Zeit in Konstantinopel nud auf dem Berge Athos ge- weilt hatte, seinen Ursprung empfing. Man kann sich kaum einen düstereren Gang denken als den durch diese Katakomben. Zuerst steigt man in einem mit Glas gedeckten Korridor Hunderte von Stufen zur ersten Kapelle hinab. Zur Rechten und zur Linken kniet eine nnge- heure Menge von meist verkrüppelten Bettlern. Sie flehen, ihre ver- stümmelten Gliedmaßen vorweisend, die mildthätig gestimmten Wall- jahrer um ein Almosen an. Das Gemurmel, welches uns auf den ersten Stufen empfing, verwandelt sich, je weiter wir gehen, in ein immer lauter werdendes wüstes Geschrei, welches das Schauerliche der Situation noch erhöht. Endlich sind wir am Eingang in die eigent- lichen Höhlen angekommen und zünden uns Wachskerzen an. Ehe wir den unheimlichen Gang antreten, sällt unser Blick auf ein drastisches Fresko-Bild, auf welchem viele Teufel arme Menfchenseelen peinigen. Meyer, Lesebuch der Erdkunde Ii. 5
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