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1. Geschichtsbilder für die Mittelstufe höherer Mädchenschulen - S. 6

1896 - Berlin : Rentel
sie schnell wie ein Vogel durch die Luft fliegen und bei den Sterblichen erscheinen. Kreya galt bei den alten Deutschen als Göttin der Liebe und Ehe. Ihr war der Freitag (d. i. der Tag der Freya) geheiligt, an welchem bei unsern Vorfahren die Hochzeiten stattfanden. Auf einem mit Katzen bespannten Wagen fuhr sie einher, und noch heute sagt man, wenn die Braut schönes Hochzeitswetter hat: ,,Die hat die Katzen gut gefüttert/'' was soviel bedeutet: ,,Die hat den Tieren der Liebesgöttin Gutes erwiesen." Freya erschien aber auch kriegerisch; denn sie war die Anführerin der Walküren, an deren Spitze sie in die Schlacht ritt. Ihr gehörte die Hälfte der Gefallenen, die sie in ihre Himmelsburg brachte. Frauen und Jungfrauen glaubten, nach dem Tode zit Freya zu kommen. 4. Die Gr-göttm Nerthus. Werthirs in Asenheim. Bei den alten Deutschen wurde auch eine Göttin Namens Nerthus verehrt, die man heute mitunter Hertha nennt. Da sie von herrlichem Wüchse war, und auch auf ihrem Antlitz der Liebreiz thronte, so wurde sie von Wodan neben feiner Gemahlin Frigg znr Gattin erkoren. Er erteilte ihr die Herrschaft über die Erde und nannte sie Jörd, d. h. Gebieterin der Erde. Sie fühlte sich aber iu Aseu-heim nicht glücklich; denn sie hatte eine unbeschreibliche Sehnsucht nach ihrer Heimat, der Erde. Da ihr Kummer sich immer mehr steigerte, fühlte Odin Mitleid und entließ sie in Frieden. Werthus auf Orden. Sie zog nun nach einer schönen Insel*) im Nordmeer und herrschte von hier aus über die Bewohner der Erde. Ihre Wohnung war in einem geheimnisvollen, heiligen Haine, in dessen Mitte ein tiefer Lee von dunkler Farbe lag, der daher auch der schwarze See hieß. Auf ihrem Wagen, welcher mit geweihten Kühen befpannt war, zog sie zuweilen durch die Länder und beglückte die Menschen. Wohin das Fuhrwerk, von Priestern begleitet, kam, wurden der Göttin Feste gefeiert, und überall herrschte Friede und Freude. Arbeit und Waffengetümmel ruhten, und jede Streitigkeit hörte *) Wo diese Insel lag, ist nicht bekannt.

2. Geschichtsbilder für die Mittelstufe höherer Mädchenschulen - S. 5

1896 - Berlin : Rentel
wohnen hier in Stilen, wo goldene Tische und Bänke stehen. Sie trinken Met und gedenken vergangener Zeiten. Die Bösen aber kommen in das Land der Finsternis, der Schrecken und ewigen Pein. Manche von ihnen waten im schlammigen Bette eines reißenden Stromes, der scharfe Schwerter fortwälzt, welche die Menschen verwunden. Andere Unglückliche werden von blutgierigen Tieren angefallen und zerfleischt. Wimmern, Wehklagen und Schmerzgeheul berühren hier das Ohr. — Hel muß mit den Verstorbenen bis an das Ende der Welt ausharren; dann aber — so lautet eilte Weissagung — wird sich der böse Gott Loki an die Spitze der ganzen Unterwelt stellen und zum Kampfe gegen Asenheim ziehen. 3. Irigg und fmjil Krigg in Walhall. Die oberste und geliebteste Gemahlin Odins war nach der nordischen Götterlehre Frigg. Sie war die Königin aller Göttinnen und wohnte in dem schönsten Palast aller Asinnen,*) Fensaal genannt. Man verehrte sie als die Göttin der Ehe und des heiligen Herdes. Wenn die Götter Rat hielten, so saß sie an Odins Seite. Ebenso empfing sie mit ihm zugleich die in der Schlacht Gefallenen. Vereint mit den Walküren bewirtete sie die Helden und reichte ihnen den köstlichen Met aus dem mit Silber beschlagenen Trinkhorn. Alle Schicksale der Menschen waren ihr bekannt, sowie die Sprachen aller Tiere; ja, sie wußte sogar das Rauschen und Säuseln der Baumwipfel zu deuten. Wenn Frigg die Göttinnen in ihrem Palast versammelte, legte sie ihren schönsten Schmuck an. Ihr kostbarstes Kleinod aber war ein blitzendes Halsgeschmeide, von Zwergen kunstvoll verfertigt. Krigg bei den Menschen. Auf einem mit zwei Luchsen oder Katzen bespannten Wagen durchfuhr sie die Luft, um auf Erden schöne und gute Frauen zu besuchen. Oft aber ritt sie auf einem Eber, der silberne Borsten trug. Wo sie auf demselben bei den Menschen weilte, da wurde es niemals völlig 9tacht, soviel Glanz ging von dem Tiere ans. Auch ein prächtiges Falkengewand besaß die Göttin; legte sie dasselbe an, so konnte *) 91 sinnen — Göltn nen. Äsen = Götter.

3. Geschichtsbilder für die Mittelstufe höherer Mädchenschulen - S. 7

1896 - Berlin : Rentel
auf, so lange die Göttin anwesend war. Ward diese jedoch des Umganges mit den Sterblichen müde, so wurde sie von den Priestern zurück in den Hain gebracht. Dort badete man Wagen, Tücher, die Kühe, ja die Göttin selbst sorgfältig im See. 5. Holda und Bertha. Kokda. Unsere norddeutschen Vorfahren verehrten eine Göttin, welche Holda, d. h. die Gute und Gnädige, hieß. Da man annimmt, daß sie gleichbedeutend mit der Himmelskönigin ist, so wird sie auch wohl Frigg-Holda genannt. Sie galt als eine freundliche, hilfebringende Frau, die zuweilen, wie die Göttin Nerthns, auf Erden wandelte, um besonders die guten und fleißigen Frauen zu belohnen, die nachlässigen aber zu bestrafen. Um die Fastnachtszeit, wenn die Frauen an den Abenden zu spinnen aufhörten, zog sie durch das Land. Fleißigen Spinnerinnen schenkte sie dann Spindeln, auf denen das gesponnene Garn sich wunderbar vermehrte und deren Besitzerinnen reich machte, während sie den trügen den noch vorhandenen Flachs anzündete. Sie bewohnte tiefe Brunnen, Seeen oder finstere Gebirge. — Wenn es in der Welt schneite, so hieß es, Frau Holle (Holda) mache ihr Bett, dessen Federn umherfliegen. War aber an schönen Tagen der Himmel mit weißen Wölkchen bedeckt, dann trieb, wie man meinte, Frau Holle ihre Schafe aus, und daher werden noch heute die weißen Wolken Schäfchen genannt. Wertßa. Ähnlich, wie in Norddeutschland Holda, wurde in Süddeutschland Bertha oder Berchta verehrt, die auch mutmaßlich gleichbedeutend mit der nordischen Frigg ist. Bertha bedeutet die Leuchtende, Glänzende. Sie erschien in weißem Gewände, und von ihrem goldenen Haar wallte ein weißer Schleier herab. Als ,,weiße Frau" offenbarte sie sich den Menschen, um ihnen zukünftige Dinge zu verkünden. Daher stammt der Aberglaube, daß die weiße Frau mitunter noch heute am preußischen Königshofe erscheine, um einen plötzlichen Todesfall oder ein anderes Unglück zu verkündigen. Am Tage der heiligen drei Könige (6. Januar), welcher der Berthatag hieß, feierte man ihr ein Fest und brachte Opfer; denn an diesem Tage besuchte sie die Haushaltungen und prüfte den Fleiß der

4. Geschichtsbilder für die Mittelstufe höherer Mädchenschulen - S. 8

1896 - Berlin : Rentel
— 8 — Mädchen am Spinnrade. Die Göttin war von großer Liebenswürdigkeit und besaß alle Eigenschaften einer guten Hausfrau. 6. Thor oder Donar. Wors Herkunft und Herrschaft. Odins kraftvollster Sohn ist ^hor oder Donar, der Donnergott. Seine Mutter ist die Erde. An Stärke können sich mit ihm nur Riesen messen. Das Haar seines Hauptes und der wallende Bart sind feuerrot. Gr fährt auf einem mit zwei Böcken bespannten Wagen durch die Wolken. Wenn die Räder über die Himmelsbrücke rollen, so donnert es, und Blitze zucken durch die Luft. Thor sendet den Fluren erquickenden Regen und läßt die Saaten und Früchte des Feldes gedeihen. Nach Donar ist der Donnerstag benannt. Chors Kleinodien. Thor besaß drei Kleinodien, die seine Kraft erhöhten. Zunächst machte ihn ein Hammer bei Göttern und Menschen berühmt. Derselbe traf stets das Ziel und kehrte darauf in die Hand des Donnerers zurück. Vor den Schlägen dieser Waffe zitterten die Riesen; denn schon manchem zerschmetterten sie das Haupt. Ferner hatte Thor ein Paar eiserne Handschuhe. Zog er dieselben auf, so wurde der Hammer ihm in der Hand so leicht, wie^ ein gewöhnlicher Schmiedehammer. Ein drittes Kleinod bestand in einem Wundergürtel. Sobald Donar denselben anlegte, verdoppelte sich seine Körperkraft. 7. Kalder. Walders Wräuure. Der geliebtefte Sohn Odins und Friggs hieß Balder. Lieblich war das Licht seiner Augen, und Anmut wohnte ans seinem Antlitz. Sein Palast hieß Silberblick, und nie vernahm hier das Ohr ein rauhes Scheltwort. Götter und Menschen liebten ihn, und seinen Worten lauschte alles mit Wohlgefallen. Einst wurde er von bösen Träumen erschreckt, die ihm Unheil verkündeten. Da erhob sich ein Wehklagen unter den Göttern, und Frigg ließ sich nicht trösten. Odin aber ritt zu dem zauberkundigen Riesenweibe Wala, die nicht weit vor den Thoren der Hel wohnte, und sprach zu ihr: „Sage mir, weise Wala, wer von den Göttern und Menschenkindern ist der erste, der sterben muß?" Die Antwort lautete: „Nicht lange, und Balder wird ins dunkle Reich der Toten ein-

5. Geschichte der Griechen und Römer - S. 5

1896 - Berlin : Rentel
begleiten sie; beide sind geflügelte Boten der Liebe. Eros ist mit Bogen und Pfeil bewaffnet: wen er ins Herz trifft, fühlt dasselbe von Liebes-gram verzehrt. 9. Ares (Mars) ist der Gott des Krieges; wie der Ruf von 10000 Kriegern schallt sein Kriegsgeschrei, wenn er, Entsetzen verbreitend, durch die Schlacht hinstürmt. Eris (Zwietracht) folgt ihm. 10. Hermes (Merkur), der Götterbote, trägt Flügel an Fuß und Mütze und eilt mit Blitzesschnelle zur Erde. Er ist der Beschützer der Kaufleute. 11; Hestia Cvesta), die Göttin der Häuslichkeit, hat geschworen, für ewige Zeit eine Jungfrau zu bleiben. Ihr ist das Feuer auf dem Herde ge-wecht. 12 Demeter (Ceres), ist die Mutter der fruchtbringenden Erde. — Diese zwölf Unsterblichen wohnen auf dem Olymp in glänzendem ' Saale; Nektar und Ambrosia sind ihre Speisen. Oft auch kommen sie zur Erde herab und beglücken mit ihrem Umgange die schwachen Sterblichen. Ihre von sterblichen Müttern geborenen Söhne rüsten sie mit höherer Kraft aus; als Helden (Heroen) wirken diese zum Heile der Menschheit, um nach ihrem Tode in die Versammlung der Götter einzutreten. Herkules (Herakles) und Theseus sind die gefeiertsten unter ihnen. Andere Gottheiten. Neun Musen pflegen die Künste und Wissenschaften, drei Grazien alle Anmut und Schönheit; in jedem Baume, in jeder Quelle, in jedem Haine lauschen Nymphen, die oft den Sterblichen mit ihrem Anblick überraschen. Drei ernste Göttinnen, die Parzen, sind es, welche über das Leben des Menschen wachen. Es hat geendet, wenn die Hand der einen unerbittlich mit der Schere den Lebensfaden abschneidet. Furchtbar aber sind die Eumeniden (Furien), die Rächerinnen des Bösen, welche nach jedem, von Menschen begangenen Frevel der Unterwelt entsteigen und mit geschwungener Fackel und gezücktem Dolch, statt Haaren das Haupt von Nattern umzischt, den Verbrecher verfolgen und ruhelos jagen, bis er seinem Verhängnis verfallen. Denn furchtbar waltet Nemesis über den Bösen, und noch jenseits dauern die Qualen derselben. Das Schattenreich (Hades, Orcus) ist ein von schwarzen Schatten umhüllter Ort. Sieben Ströme umrauschen ihn. An deren Ufern empfängt die abgeschiedenen Seelen (bleiche, luftige Schatten) Charon, der Fährmann, und setzt sie gegen ein Fährgeld (das der Leiche zwischen die Zahne gesteckt wurde) hinüber. Aus dem Fluß Lethe trinken sie Vergessenheit und schwanken an dem den Eingang bewachenden dreiköpfigen Höllenhund Cerberus vorüber, um vor Plutos Thron von den unbestechlichen 8u empfangen. Fällt dies günstig aus, so wandern sie nach Elysium, dem Wohnsitz der Seligen. Das Los der Verdammten f?rtarug a6er schrecklich, wie wir später in der Geschichte von Odysfeus, welcher einst in die Unterwelt hinabstieg, hören werden. 3. Die Orakel. allgemeinen. Die alten Griechen glaubten, daß die Go ter dem Menschen an einzelnen Orten die Zukunft offenbarten. Diese Mitteilungen der Götter, welche durch die Priester gedeutet wurden nannte man Orakel. Ursprünglich waren die Orakel dazu bestimmt, die Menschen zu ermahnen und auf den Weg der Tugend zu führen. Später aber wurde viel Unfug damit getrieben. Meistens wurden die Orakelsprüche von^den Priestern so in Dunkel gehüllt, daß immer ein verschiedener Sinn möglich war. . Delphische Orakel. Unter den griechischen Orakeln war das zu Delphi das angesehenste und einflußreichste. Delphi, eine kleine Stadt 1

6. Geschichte der Griechen und Römer - S. 46

1896 - Berlin : Rentel
sande und der Asche und verhärtete nachher zu einem blanken, durchsichtigen Steine, den man Glas nannte. Die Bereitung desselben brachte später gro-ßenmewinn; denn es wurde im Handel den Edelsteinen im Werte gleich geachtet Ein Phönizisches Handelsschiff. Die Religion der Phönizier war Vielgötterei. Baal, der Herr des Himmels, wurde auf Höhen angebetet. Seine Gemahlin Aschera wardie Erdgöttin und wurde unter grünen Bäumen verehrt. Moloch galt als Sonnengott. Vor seinem Tempel stand eine eherne Bildsäule des Gottes, in dessen glühende Arme man Kinder zum Opfer legte, worauf dieselben in den glühenden, hohlen Leib rollten. Astarte war die keusche Mondgöttin. Melkarth (Herkules) war der Stammgott der Tyrer und Schutzgott des Handels und der Schiffahrt. Geschichte. David und Salomo hielten mit dem lyrischen Könige Hi-r am Freundschaft. — Daß bei den Phöniziern die Baukunst sehr ausgebildet war, bewies der herrliche Tempel zu Jerusalem, den Salomo durch phönizische Künstler ausführen ließ, die ihm Hiram sandte. — Nebnkadnezar, König von Babel, zog (600 v. Chr.) gegen Sidon und Tyrus. Sidon eroberte er leicht. Tyrus aber nahm er erst nach 13jähriger Belagerung ein; doch fand er nur leere Häuser, weil die Bewohner fast alle nach einer vor der Küste liegenden Insel geflüchtet waren. Hier bauten sie Neutyrus. Diese Stadt wurde später durch Alexander den Großen zerstört. 26. Die alten Babylonier. Wohnsitz. Die Babylonier wohnten zwischen dem untern Laufe des Euphrat und Tigris. Diese beiden Ströme bewässerten jährlich die zwischen ihnen liegende Ebene Sinear, wodurch das Land ungemein fruchtbar wurde. Nimrod, ein gewaltiger Jäger, ist der Stifter des babylonischen Reiches.

7. Teil 3 - S. 49

1906 - Berlin : Klinkhardt
49 So warf ich mich denn geduldig neben der Tür auf einen Kaufen Heu, während seitwärts auf der Hühnerleiter der Hahn mit seinen Kennen im Traume kakelte und von den Rühen her der Strich des Melkens eintönig hervorklang, nur mitunter durch einen Zuruf unterbrochen, wenn die Bläß oder die Schwarze etwa nicht ordnungsmäßig standhielten. Endlich mit schwerem Timer und heißem Gesicht trat Lena in den Leuchtkreis der Laterne und bot mir freundlich guten Abend. Sie war von kleiner Statur; ihre Gesichtszüge — sie mochte in meiner Rnabenzeit etwas über dreißig Jahre zählen — ließen er- kennen, daß sie einst ungewöhnlich wohlgebildet gewesen sein mußten; aber die Blattern hatten das Rindergesicht auf das unbarmherzigste zerrissen, als wenn, nach dem Bolkswitz, der Teufel Erbsen daraus gedroschen hätte. Sie selber meinte freilich, am Ende müsse sie noch eitel werden; denn „so'n Bildhauerarbeid ward nu nahgrad wat Rares!" Nur die schönen braunen Augen blickten unversehrt, und sie gehören mit zu den Sternen, die über meiner Rindheit standen, und mitunter in dunklen Stunden glaube ich sie noch jetzt zu sehen, obgleich auch sie erloschen sind. 2. Mährend nun Lena den Milchverkauf besorgte, hatte „Bader" den Rühen ihr letztes Mutter vorgeworfen, „Moder" in ihrem Troge den Teig zusammengeballt und sorgsam zugedeckt; ich selbst war schon vorher in die Wohnstube gewiesen, in jenen engen, aber trau- lichen Raum, in welchen! ich die schönsten Geschichten meines Lebens gehört habe. Fast immer, so wenigstens scheint es mir jetzt, blühten hier auf den Fensterbrettern die roten Winterlevkojen; meine Blicke aber gingen nach dem eisernen Beilager-Ofen, der an der wand gegenüber zwischen den beiden verhangenen Alkovenbetten stand und für mich einen Gegenstand der anziehendsten Betrachtung bildete. Es gefiel mir, daß sich auf der vordersten Platte, wie nach einen! Dürer- schen Holzschnitt, die Verkündigung Mariä dargestellt zeigte und daß er an den Seiten und oben an beiden Ecken mit blankpolierten Messingknöpfen geziert war, welche ich, aller Warnung unerachtet, nicht unterlassen konnte, vielfach abzuschrauben und mir fast ebenso oft aus die Füße zu werfen. Er strömte aber auch, was nicht jeder Gfen von sich sagen kann, einen leckeren Duft aus, welcher, mit dem der Levkojen vermischt, noch jetzt in meiner Erinnerung diesen Raun! erfüllt, und war überdies allezeit von einer sanften Hausmusik um- geben. Das erstere hatte seinen Grund in einer Schüssel, je nach- dem init Waffeln, jdfesfernüssen oder Bratäpfeln gefüllt, die unfehl- bar unter dem blanken Messingstülp aus der Ofenplatte warm

8. Teil 3 - S. 68

1906 - Berlin : Klinkhardt
68 welche diese Erinnerungen, wenn sie einmal längere Zeit erloschen schienen, wieder rütteln, wecken und anfachen. Es war schon über die Mitte des Oktobers hinaus, als ich noch mit einem großen Tagelöhnertrnpp auf der großen Kartofselbreite vor dem kleinen Hagen hockte. Rodemaschinen gab's damals noch nicht; die jüngeren Frauen, sowie die Burschen und Männer rodeten mit der dreizackigen Grepe, und die alten Frauen mit den Kindern lasen die Kartoffeln auf, indem sie auf den Knien hinter den Rodern her- rutschten, mochte der Boden trocken oder naß sein. Wenn dann die Stürme, die sich vor dem Hagenwalde stießen und gleichsam stauten, den Regen und Reif zwischen uns peitschten und ich in meinem dürf- tigen Leinenrocke schwarz und blau fror und keinen Finger mehr krumm machen konnte, dann haben mich die drei Alten allemal eng zwischen sich genommen, mich rechts und links gedrückt und gewärmt und mir alles vor der Hand weggelesen. „Deine Mutter hat uns auch oft was Gutes getan," sagten sie uni) erzählten so viel und mit so viel Liebe und Anhänglichkeit von der Teuern, daß auch der schlimmste Tag, daß selbst Eis und Schnee das Glücksgefühl in meinem Herzen nicht auszulöschen vermochten. So war es eigentlich die Mutter, die mich wärmte, mich tröstete; sie hatte sich in den Herzen der Frauen ein Kapital gesammelt, von dem ich nun die Zinsen zog. Ach, welch ein Segen ist doch eine gute Mutter! Wie nach Sonnenuntergang der Abendhimmel noch lange in milder, schöner Glut steht, so steht das Andenken einer edlen Mutter noch lange vor den Augen der Lebenden, und der Segen ihres Lebens strahlt nach ihrem Tode noch viel länger fort in dem Leben ihrer Kinder. Friedesinchens Lebenslauf, 4.-6. Aufl., 1901. Sohnrey. 48. Die Exekution.*) „Ider da wiederbringt den Deserteur, dreißig preußische Taler sein Douceur!"**) Vorgetrommelt ward's der Kompanei. — Pfeifend in die Trommel-Melodei aber macht ein jeder Kam'rad sich seinen Text noch zu absonderlich, als da lautet: „Dreißig Schweden mir, aber sechsmal Gassenlaufen dir — *) Ausführung eines Strafbefehls. **) spr. Dußöhr = Belohnung.

9. Teil 3 - S. 178

1906 - Berlin : Klinkhardt
178 105. Die Moose. überall im Reiche der Gewächse, welche den Schemel der Füße Gottes schmücken, findet der Sinn für Schönheit reiche Nahrung. Aus allen Pfianzengebilden leuchtet der empfindenden Seele bei näherer Betrachtung Anmut und Lieblichkeit entgegen. Wir können nicht sagen, welche unter den Pflanzen die schönste sei; denn jede ist schön in ihrer eigentümlichen Weise, von dem ge- ringsten Moospflänzchen an bis zu dem Weinstock und der königlichen Palme, und jede Pslanzenart wird immer schöner, je näher wir sie kennen, je deutlicher das eigentümliche innere Leben und ihre Aus- gabe im Haushalte der Natur uns vor die Seele tritt. Anmut, Eben- maß und Harmonie zur Darstellung eines eigentümlichen sinnigen Gottesgedankens finden wir in jeder Pflanzenfamilie. Man betrachte z. B. die bescheidenen Moose. 2. Aus den Fugen der Felsblöcke, über welche die klare Quelle perlt, sprossen die winzigen Moospflänzchen in wundervoller Zartheit und Frische. Im Silberschaume des Wasserfalles baden liebliche Wassermoose ihre lebensgrünen Blättchen, und wo nur ein Tröpflein Himmelstau den starren Felsen benetzt, da umkränzen zarte Gräschen und Moose und genügsame Flechten die öden Riffe. Selbst in den düsteren, kühlen Domen überhängender Felsen, wohin kein Strahl der Sonne dringt, sind die Wände mit Moosen und Flechten ge- schmückt. In den grünen Teppichen, welche den feuchten Waldgrund bedecken, schlingen unzählige gesellige Moospflänzchen ihre zierlichen Blätter brüderlich ineinander, um in die große Harmonie des Lebens zum Lobe des Ewigen einzustimmen. 3. Genügsam in ihren Bedürfnissen, unermüdlich in ihrem ein- trächtigen, bescheidenen Zusammenwirken, vereinen sie ihre kleinen unscheinbaren Kräfte zu einem unschätzbaren Dienste im Haushalte der Natur. Die Moosdecke schützt den Bergwald und die benachbarten Fruchtgefilde vor dem Ausdorren durch die Angriffe der Sonne und des Windes; sie entlocken wie ein mächtiger Saugschwamm den vor- überziehenden Wolken ihre Feuchtigkeit und ziehen wie eine Schar von anbetenden Seelen den Segen des Himmels herab, indem sie den Boden der Erde in beständigen Verkehr setzen mit der Schatzkammer der Atmosphäre. Fällt der Regen in Strömen auf die Berglehne nieder, so fängt das Moosgewebe die Fluten des Himmels auf, bricht ihre Gewalt,

10. Teil 3 - S. 219

1906 - Berlin : Klinkhardt
219 vorhandenen Schnees. Auch hier findet derselbe Vorgang statt, den wir vorhin an dem Versuche kennen gelernt haben. Ist nämlich die Schneemasse mächtig genug geworden, um durch ihren Druck die untersten Schneeschichten zu schmelzen, so fließt das hierbei entstehende Wasser hervor. Es wird aber, sobald es dem Druck entwichen ist, sogleich wieder fest und bildet nun als Eis einen Saum, der die Schneemasse nach unten hin verlängert. Neuer Schneefall erzeugt wiederum neuen Druck, neues Schmelzen und Herausfließen des Schmelzwasfers, welches sogleich von neuem erstarrt, sobald es dem Druck entzogen ist. So schiebt sich die Eismasse immer weiter hervor und reicht als Gletscher weit über die eigentliche Schneegrenze hinab. Die Last der Eismasse ruht dabei auf einer dünnen Wasserschicht und gleitet auf ihr herab mit einer Geschwindigkeit, welche von ganz ge- ringen Werten bis zu mehreren Metern täglich betragen kann. Wo sich ein Fels als Hindernis entgegenstellt, wird er entweder fort- geschoben oder durch die Schmiegsamkeit des Eises umgangen. Nur das von Sonnenstrahlung und Sommerwärme bewirkte Abschmelzen setzt dem Vorrücken des Gletschers ein Ziel. Deutsche Revue, 1901. Prof. vr. Y. Aörristein. 122. Die Welt unter den Füßen. 33dm rosigen Schein der Morgenröte hat unser Ballon die Erde verlassen; sie schien unter uns zu versinken. Das weite Häuser- meer Berlins liegt zu unsern Füßen. Aus den unzähligen Essen der Fabriken entquillt schmutziger (Hualm und breitet seinen ungesunden Schleier über die Wohnstätten der Menschen, während wir hier oben die reine, köstliche Morgenluft atmen. Weit über die Stadt hinaus reicht unser Blick. Im Süden schimmern die Spreeseen aus dem bläulichen Dunst der Wälder hervor. Im Westen blinkt hinter dem Grunewald die Havel, deren §auf bis über Potsdam hinaus deut- lich sichtbar ist. Im Norden verschwimmt der Horizont hinter der blaugrünen Fläche der Schorsheide, während im Osten bereits alles durch das nahende Tagesgestirn entflammt ist. Mitten in diesem farbenreichen Bilde, dessen Begrenzungen sich wie die Ränder einer Schale nach oben wölben, liegt die Millionenstadt, mit einem Blick zu umfassen. Klar und scharf heben sich die Häusergevierte mit ihren schornsteinartigen Höfen, die Straßen und Plätze ab, aus denen das §eben jetzt erwacht. Wie ein großer park unterbricht der Tier- garten das Einerlei des Häusermeeres, aus dem die zahlreichen
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