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1. Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen - S. 319

1914 - Nürnberg : Korn
319 zum Himmel erhob, und wie jetzt dieselben Töne des Posthorns ihm das Geständnis abpreßten. Still, ohne laute Klage, nur mit leisem Weh im Herzen, hatte sich der Zug den Berg hinan bewegt; mit zitternder Seele, Tränen in den Augen, laut das Unheil beklagend, kehrten viele heim. Zwei Menschen waren auf ewig aus der Genossenschaft der Menschen geschieden. «uerba-h. 256. Die Femgerichte. Außerordentliche Zeiten wie jene, wo alles gegeneinander kämpfte, der Kaiser gegen den Papst, die Fürsten gegen den Kaiser, die Ritter gegen den Bürger, und wiederum Glieder eines Standes sich befehdeten, — solche Zeiten machten auch außer- ordentliche Mittel nötig um das Recht und die Gerechtigkeit zu schützen. Im Mittelalter bestanden durch ganz Deutschland furchtbare heimliche Gerichte, die grobe Verbrecher aller Art vor ihren Richterstuhl zogen und, wenn sie sich nicht genügend rechtfertigen konnten, mit dem Tode bestraften. Es war gefähr- lich sich vor ihnen zu stellen, und noch gefährlicher sich auf ihre Vorladung nicht einzufinden. Ihren ersten und vornehmsten Sitz hatten jene Gerichte in Westfalen, darum hießen sie auch die Westfälischen Freigerichle; den Namen „Femgerichte" hatten sie aber von dem altdeutschen „verfemen," das heißt soviel als: verbannen, verfluchen. Das Femgericht bestand aus einem Freigrafen und einer Anzahl Freischöpppen oder Beisitzer, die man auch „Wissende" nannte, weil sie um die Geheimnisse der heiligen Feme wußten. Solcher Beisitzer mußten mindestens 14 sein; gewöhnlich aber betrug ihre Zahl das Doppelte. Man rechnet, daß in ganz Deutschland über 100 000 Wissende waren; ihrer Wachsamkeit und Beobachtung konnte sich niemand entziehen. Jeder Freigraf und Freischöppe mußte im Westfälischen „auf roter Erde" be- lehrt und beeidigt worden sein. Der Eid, den man ihnen ab- nahm zur Sicherung ihrer Verschwiegenheit, war furchtbar. Er begann: „Ich schwöre die heilige Feme halten zu helfen und zu verhehlen vor Weib und Kind, vor Vater und Mutter, vor Schwester und Bruder, vor Feuer und Wind, vor allem, was die Sonne bescheiut, der Regen benetzt, vor allem, was zwischen Himmel und Erde ist." Ein Schöppe, der das Geheimnis verriet, wurde ergriffen und dann mußten ihm vorn die Hände zusammengebunden und ein Tuch vor die Augen gehängt werden;

2. Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen - S. 320

1914 - Nürnberg : Korn
320 hierauf sollte man ihn auf einen Bock werfen, ihm einen drei- strängigen Strick um den Hals winden und ihn sieben Fuß höher hängen als einen verfemten Missetäter oder Dieb. Sämtliche Freistühle waren von der Gerichtsbarkeit und Aufsicht d«r ein- zelnen Landesherren frei; sie erkannten nur den Kaiser als ihr Oberhaupt, machten ihn gleich nach seiner Krönung zu ihrem Mitwissenden und richteten unter kaiserlichem Ansehen. Von Westfalen batten sie sich über ganz Deutschland verbreitet. Frei- grasen und Freischöppen erkannten sich an gewissen Zeichen. Hatte jemand einen Raub oder Mord begangen, war er der Zauberei oder Ketzerei verdächtig, so hatte er Ursache genug, vor dem furchtbaren Richterstuhl der Wissenden zu zittern, selbst dann, wenn er vor seinem ordentlichen Richter der Strafe schon entgangen war. Er wurde von einem der Freischöppen dem heimlichen Gerichte angezeigt, der zugleich mit einem Eide be- ichwor, daß das Verbrechen wirklich begangen sei. Die Vor- ladung geschah aber nicht öffentlich, sondern wurde des Nachts vor dem Tore oder der Haustür des Beklagten angeschlagen. Dieser mußte sich dann zur bestimmten Zeit an dem bestimmten Orte einfinden; es wartete seiner schon ein Abgeordneter der heiligen Feme, der ihn mit verbundenen Augen an den geheimen Ort führte, wo die Richter versammelt waren. Gemeiniglich hielten sie ihre Sitzungen des Nachts in einem dichten Walde oder in einer Höhle oder in einem unterirdischen Gewölbe. Hier saßen sie vermummt bei schwachem Lichte in schauerlichem Halb- dunkel und tiefe Stille herrschte ringsumher. Der Freigraf allein erhob seine Stimme, hielt dem Vorgeladenen das Ver- brechen vor, dessen er angeklagt war, und forderte ihn auf, sich zu verteidigen. Konnte er sich mit Grund verantworten, so wurde er freigesprochen und ebenso geheimnisvoll, als er gekom- men war, wieder zurückgeführt. Wurde er aber seiner Schvld überwiesen, so ward er zum Tode verurteilt. Noch in derselben Stunde, sobald er sein Gebet gesprochen und seine Seele Gott empfohlen hatte, stieß man ihn mit einem Dolche nieder oder knüpfte ihn an einem Baume auf. Gewöhnlich verrichtete der jüngste Schöppe das Henkeramt; ein Dolch, in den Baum ge- stoßen, sagte, daß die heilige Feme gerichtet habe; sonst aber erfuhr niemand, wer der Henker gewesen sei. Stellte sich der Angeklagte nicht auf das erste Mal, so wurde die Vorladung noch zweimal wiederholt. Blieb er auch das dritte Mal aus, so folgte die Verurteilung und einige der Freischöppen erhielten den Auftrag, das Strafgericht zu voll-

3. Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen - S. 321

1914 - Nürnberg : Korn
321 ziehen. Von nun an wurde er von unsichtbaren Händen verfolgt bis an seinen Tod. Die Sitzungen der Feme wurden aber nicht immer heimlich, sie wurden auch manchmal öffentlich gehalten; doch immer erschienen die Wissenden vermummt. Um Mitternacht versammelten sie sich auf dem Kirchhofe des Ortes, wo sie gesonnen waren, Gericht zu halten. Mit Anbruch des Tages verkündete dann das Geläute aller Glocken den erschrockenen Einwohnern die Ankunft ihrer furchtbaren Gäste. Alles, groß und klein, mußte sich hinaus ins freie Feld begeben und sich in einem großen Kreise niederlassen. Der Freigraf saß mit seinen Schöppen in der Mitte und vor ihm lagen neue Stricke und ein Dolch. Befand sich nun einer im Kreise, der im Ruf eines Mordes oder Diebstahls oder sonst eines Verbrechens stand, so trat ein Schöppe zu ihm und sagte ihm ins Ohr: „Freund, es ist anderswo ebensogut Brot essen wie hier." Das hieß: hast du kein gutes Gewissen, so stehe auf und gehe, solange es noch Zeit ist. Der Mensch konnte nun, wenn er sich schuldig fühlte, ungehindert in die weite Welt gehen; aber sein Vermögen mußte zurückbleiben. Berührte der Schöppe einen zum dritten Male mit seinem Stabe, so war dies ein Zeichen, daß er des Ver- brechens nicht allein verdächtig sondern auch überwiesen sei. Er wurde dann gebunden und ohne weitere Umstände an den nächsten Baum geknüpft. So empfing mancher Bösewicht, der durch Bestechung oder mächtige Freunde den Händen der Gerechtigkeit entgangen war, durch das unbestechliche heimliche Gericht doch den verdienten Lohn. Man kann sich aber denken, wie viele schuldlose Menschen auch aus Rache, Bosheit und Gewinnsucht von ihren Feinden fälschlich angeklagt und ein Opfer ihrer Tücke wurden. Manche Unglückliche wurden kurzweg zum Tode verurteilt und erst, nachdem sie aufgeknüpft waren, nahm man sich die Mühe zu untersuchen, ob sie es verdient hatten. In dem Maße, als sich in diese Inquisition (peinliche Untersuchung) der Gerechtigkeit Mißbräuche und Leidenschaften mischten, verloren die Femgerichte ihre Achtung und ward der Wunsch nach ihrer Aufhebung rege. Als die Landesfürsien mit den Städten sich zu besserer Gerechtig-- keitspflege vereinigten, wurden die Freistühle ohnehin unnütz. Dennoch erhielten sich die Femgerichte bis zu Ansang des sech- zehnten Jahrhunderts. Das letzte soll zu Celle im Hannöverischen im Jahre 1568 gehalten worden sein. Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert waren sie am furchtbarsten. «nib-. Lesebuch für Mittel- rmd Oberklsflrn. 91
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