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12. Der Verstand ist im^Menschen zu Haus,
wie der Funken im Stein;
er schlägt nicht von sich selbst heraus,
er will herausgeschlagen sein. Rückert.
208. Drei Rätsel.
i.
1. Auf einer großen Weide gehen
viel tausend Schafe silberweiß;
wie wir sie heute wandeln sehen,
sah sie der allerältste Greis.
2. Sie altern nie und trinken Leben
ans einem unerschöpften Born;
ein Hirt ist ihnen zugegeben
mit schön gebognem Silberhorn.
3. Er treibt sic aus zu goldnen Thoren,
er überzählt sie jede Nacht,
und hat der Lämmer keins verloren,
so oft er auch den Weg vollbracht.
4. Ein treuer Hund hilft sie ihm leiten,
ein muntrer Widder geht voran.
Die Herde, kannst du sie mir deuten,
und auch den Hirten zeig mir an!
Ii.
1. Bon Perlen baut sich eine Brücke
hoch über einen grauen See;
sie baut sich auf im Augenblicke,
und schwindelnd steigt sie in die Höh.
2. Der höchsten Schiffe höchste Masten
ziehn unter ihrem Bogen hin,
sie selber trug noch keine Lasten
und scheint, wie du ihr nahst, zu fliehn
3. Sie wird erst mit dem Strom und schwindet,
sowie des Wassers Flut versiegt.
So sprich, wo sich die Brücke findet,
und wer sie künstlich hat gefügt?
Iii.
Ich wohn' in einem steinernen Haus,
da lieg' ich verborgen und schlafe;
doch ich trete hervor, ich eile heraus,
gefordert mit eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein,
mich kann dein Athen: bezwingen,
ein Regentropfen schon saugt mich ein;
doch mir wachsen im Siege die Schwingen;
wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt,
erwachs' ich zum furchtbar':: Gebieter der Welt.
Schiller.
200. Adventslied.
'ein König kommt in niedere Hüllen,
ihn trägt der kostbar':: Es'lin Füllen,
empfang' ihn froh, Jerusalem!
Trag' ihm entgegen Friedenspalmen,
bestreu' den Pfad mit grünen Halmen!
so ist's dem Herren angenehm.
3.
Dein Reich ist nicht von dieser Erden,
doch aller Erde Reiche werden
dem, das du gründest, Unterthan.
Bewaffnet mit des Glaubens Worten
zieht deine Schaar nach den vier Orten
der Welt hinaus und macht dir Bahn.
2.
O mächt'ger Herrscher ohne Heere,
gewalt'ger Kämpfer ohne Speere,
o Friedensfürst von großer Macht!
Es wollen dir der Erde Herren
den Weg zu deinem Throne sperren,
doch du gewinnst ihn ohne Schlacht.
4.
Und wo du kommest hergezogen,
da ebnen sich des Meeres Wogen,
es schweigt der Sturm, von dir bedroht.
Du kommst, auf den empörten Triften
des Lebens neuen Bund zu stiften
und schlägst in Fessel Sünd' und Tod.
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9. Roland das Schwert zur Seite band,
Herrn Milans starkes Waffen,
die Lanze nahm er in die Hand
und that den Schild aufraffen.
Herrn Milans Roß bestieg er dann
und ritt ganz sachte durch den Tann,
den Vater nicht zu wecken.
10. Und als er kam zur Felsenwand,
da sprach der Ries mit Lachen:
„Was will doch dieser kleine Fant
auf solchem Rosse machen?
Sein Schwert ist zwier so lang als er,
vom Rosse zieht ihn schier der Speer,
der Schild will ihn erdrücken."
11. Jung Roland rief: „Wohlauf zum Streit!
dich reuet noch dein Necken.
Hab' ich die Tartsche lang und breit,
kann sie mich besser decken;
ein kleiner Mann, ein großes Pferd,
ein kurzer Arm, ein langes Schwert,
muß eins dem andern helfen."
12. Der Riese mit der Stange schlug
anslangend in die Weite;
jung Roland schwenkte schnell genug
sein Roß noch auf die Seite.
Die Lanz' er auf den Riesen schwang,
doch von dem Wunderschilde sprang
auf Roland sie zurücke.
13. Jung Roland nahm in großer Hast
das Schwert in beide Hände;
der Riese nach dem seinen faßt;
er war zu unbeheude:
mit flinkem Hiebe schlug Roland
ihm unterm Schild die linke Hand,
daß Hand und Schild entrollten.
14. Dem Riesen schwand der Mut dahin,
wie ihm der Schild entrissen;
das Kleinod, das ihm Kraft verliehn,
mußt' er mit Schmerzen missen.
Zwar lief er gleich dem Schilde nach,
doch Roland in das Knie ihn stach,
daß er zu Boden stürzte.
15. Roland ihn bei den Haaren griff,
hieb ihm das Haupt herunter;
ein großer Strom von Blute lief
ins tiefe Thal hinunter.
Und aus des Todten Schild hernach
Roland das lichte Kleinod brach
und freute sich am Glanze.
16. Daun barg er's unterm Kleide gut
und ging zu einer Quelle;
da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.
Zurücke ritt der jung' Roland
dahin, wo er den Vater fand,
noch schlafend bei der Eiche.
17. Er legt' sich an des Vaters Seit',
vom Schlafe selbst bezwungen,
bis in der kühlen Abendzeit
Herr Milon aufgesprungen:
„Wach'auf, wach' auf,mein Sohn Roland!
Nimm Schild und Lanze schnell zur
Hand,
daß wir den Riesen suchen!"
18. Sie stiegen auf und eilten sehr,
zu schweifen in der Wilde;
Roland ritt hinterm Vater her
mit dessen Speer und Schilde.
Sie kamen bald zu jener Statt',
wo Roland jüngst gestritten hätt';
der Riese lag im Blute.
19. Roland kaum seinen Augen glaubt',
als nicht mehr war zu schauen
die linke Hand, dazu das Haupt,
so er ihm abgehauen,
nicht mehr des Riesen Schwert und Speer,
auch nicht sein Schild und Harnisch mehr,
nur Rumpf und blut'ge Glieder.
20. Milon besah den großen Rumpf:
„Was ist das für 'ne Leiche!
Man sieht noch am zerhauuen Stumpf,
wie mächtig war die Eiche.
Das ist der Riese; frag' ich mehr?
Verschlafen hab' ich Sieg und Ehr';
drum muß ich ewig trauern." —
21. Zu Aachen vor dem Schlosse stund
der König Karl gar bange:
„Sind meine Helden wohl gesund?
sie weilen allzu lange.
Doch seh' ich recht, auf Köuigswort!
so reitet Herzog Haimou dort,
des Riesen Haupt am Speere."
22. Herr Haimon ritt in trübem Mut,
und mit gesenktem Spieße
legt' er das Haupt, besprengt mit Blut,
dem König vor die Füße:
„Ich fand den Kopf im wilden Hag,
und fünfzig Schritte weiter lag
des Riesen Rumpf am Boden."
23. Bald auch der Erzbischof Tnrpiu
den Riesendhandschuh brachte,
die ungefüge Hand noch drin;
er zog sie aus und lachte:
„Das ist ein schön Reliquienstllck,
ich bring' es aus dem Wald zurück,
fand es schon zugehauen."
24. Der Herzog Naims von Baierland
kam mit des Riesen Stange:
„Schaut an, was ich im Walde fand!
ein Waffen, stark und lange.
Wohl schwitz' ich von dem schweren
Druck;
hei! bairisch Bier, ein guter Schluck,
sollt' mir gar köstlich munden!"
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Extrahierte Personennamen: Roland Milans_Roß Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Roland Karl Karl Haimou Haimon Tnrpiu Naims_von_Baierland
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er Bären lebendig erjagte und zun^ Spott an die Bäume hing. Doch
auch er fand trotz seines rastlosen Snchens nirgends die geraubte Jung-
frau.^ .Da verfolgte einmal sein treuester Hund eine seltsame Spur, und
Siegfried jagte ihm eifrig nach, ohne an Schlaf oder Trank und Speise
zu denken, bis er endlich am vierten Tage in einen wilden, unwegsamen
Wald geriet und sich völlig verirrte. Hier wäre er wohl verloren gewesen
trotz aller seiner Stärke; aber als er laut über sein Mißgeschick klagte,
kam der Zwergkönig Engel ans kohlschwarzem Rosse daher. Sein Kleid
war von weißer Seide und mit Gold durchwirkt; auf dem Haupte trug
er eine prachtvolle Krone mit so glänzenden Edelsteinen, daß der dunkle
Wald davon erleuchtet ward. Er begrüßte Siegfried freundlich, als ob er
ihn lange gekannt hätte, dann aber gebot er ihm schnell zu fliehen, weil
ganz in der Nähe ein Drache hause, der eine schöne Jungfrau gefangen
halte; „wenn dieser dich erblickt," sagte er, „so mußt du dein junges Leben
in diesem Walde verlieren." Da freute sich Siegfried, der gefangenen
Kriemhild so nahe zu sein, und er erklärte dem Zwerge, daß er gerade ge-
kommen sei, um sie zu befreien, aber erschrocken rief Engel: „Du willst
dich solches Dinges unterfangen? Hättest du auch den halben Erdkreis be-
zwungen, so würde dir das doch nichts helfen; die Jungfrau müßtest du
hier auf dem Felsen lassen. Denn den Schlüssel zu demselben bewahrt
der Riese Knperan, und ehe du auf die Höhe gelangtest, müßtest du mit
ihm einen Kamps bestehen, wie er auf Erden noch nicht gekämpft worden
ist." Gerade dies aber lockte den kühnen Siegfried, und was auch der
gute Engel sagte, um ihn zu warnen, so blieb er doch fest entschlossen, die
geraubte Kriemhild aus allen Gefahren zu erretten.
3. Wie Siegfried den Riesen besiegte.
Nun führte der Zwerg den Helden an die Seite des Felsens, wo des
Riesen Behausung war. Siegfried rief laut in die Höhle hinein. Sofort
trat Kuperan hervor, bewaffnet mit einer weit über die Bäume hinaus
ragenden Stange von Stahl, deren vier Kanten messerscharf waren und
die einen Klang gab wie eine Kirchenglocke. „Was willst du, junger Bursch,
in diesem Walde?" sprach der Riese. „Ich will die Jungfrau erlösen,"
antwortete Siegfried, „welche auf diesem Felsen gefangen sitzt." „Hoho!"
sagte jener, „du kleiner Wicht, da müßtest du erst noch einige Ellen wachsen."
Jetzt holte der Riese mit seiner Stange aus, um Siegfried niederzu-
schlagen; aber dieser sprang schnell und gewandt fünf Klafter weit zurück,
und sausend fuhr die Stange tief in die Erde hinein. Ehe Kuperan sie
aber wieder herausgezogen hatte, sprang Siegfried hinzu und schlug ihm
mit seinem scharfen Schwerte fürchterliche Wunden. Von Schmerz über-
wältigt, ließ der Riese seine Stange fahren und floh in die Höhle zurück.
Aber bald trat er schrecklich bewaffnet wieder hervor. Ein goldener
Harnisch deckte seine Brust; an der Seite trug er ein riesiges', scharfes
Schwert, in der Linken aber einen Schild so groß wie ein Thor und einen
Schuh dick, und auf dem Haupte hatte er einen Helm von hartem Stahl,
der leuchtete wie der Glanz der Sonne aus den Meereswellen. Und nun
begann wieder der harte Kampf zwischen den beiden. Laut hallten die
Schläge durch den dunklen Wald, und die Funken stoben aus den Helmen,
daß die Finsternis davon erhellt ward. Aber Siegfried unterlief das lange
Schwert des Riesen und hieb ihm den Panzer in Stücke und brachte dem
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