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geführt' wurde. 3m nahen Walde legten sie ihm Rittermeider an, setzten ihn aus ein Pferd und brachten ihn auf ein einsames Berg* schloß, die Wartburg. Alle Welt meinte, Luther sei tot. Seine Feinde jagten: „Den hat der Teufel geholt." Aber es ging ihm auf der Wartburg ganz wohl. (Er hieß dort Junker Jörg, trug einen ritterlichen Waffenrock, ließ sich den Bart wachsen, streifte durch den Wald am Schloßberg und machte zuzeiten wohl auch Jagden mit.
6. Die Bibelübersetzung. Rber seines Berufes blieb Cuther auf der Wartburg stets eingedenk. „Ich wollte," schrieb er, „für die (Ehre des göttlichen Wortes lieber auf glühenden Kohlen brennen, als hier in der Einsamkeit leben und verfaulen." (Er studierte Tag und Nacht und ließ manche kräftige Schrift erscheinen, worin er das Papsttum angriff und die Widersacher der Reformation widerlegte. Da merkte die Welt, daß der Gottesmann noch am Leben sei; aber den (Drt konnte niemand erfahren. Das Hllerroichtigftc aber, was Luther auf der Wartburg begann, war seine Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache. Diese Bibelübersetzung wurde das beste Rüstzeug für die Ausbreitung der neuen Lehre; denn dadurch wurde das göttliche Wort in seiner ganzen Kraft und Herrlichkeit allem Volke zugänglich.
7. Rückkehr nach Wittenberg. Unterdessen brach unter Luthers Anhängern in Wittenberg allerlei Unordnung und Schwärmerei aus. Da ward ihm bange, sein großes Reformationswerk könne auf falsche Wege geraten. (Er verließ schon nach zehn Monaten die Wartburg und kehrte, trotz Bann und Acht, plötzlich nach Wittenberg zurück. Dort gelang es der Macht seiner predigt, die Ordnung wieder herzustellen.
8. Der Bauernkrieg (1525). Seit dem 13. Jahrhundert waren die früher freien Bauern immer mehr in Abhängigkeit von den adligen oder geistlichen Grundherren geraten, die ihnen Schutz und Freiheit von Kriegsdiensten gewährten (s. Nr. 23, 1). viele waren Leibeigene der Großen geworden und mußten diesen „fronden und zehnten", d. H. unentgeltlich Arbeiten verrichten und den zehnten Teil ihrer (Erträgnisse an (Betreibe und Vieh abgeben. Dazu wurden sie von den Herren hart und grausam behandelt. Ais Luther mit seiner Lehre von geistiger Freiheit auftrat, meinten die Bauern, es sei ihnen damit auch Freiheit von allen ihren Plagen und drückenden Verpflichtungen gepredigt. Schon vorher hatten sie sich hin und wieder empört; nun aber rotteten sie sich in großen Scharen zusammen, vornehmlich in Schwaben und Franken. Anfänglich waren ihre Forderungen an die
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bewogen oder abgesetzt. Dann sollte, namentlich auf verlangen der Deutschen, eine gründliche Kirchenverbesserung vorgenommen werden, eine Reformation an Haupt und Gliedern, wie man es nannte. Allein der neue Papst, der von der Versammlung gewählt worden war, wußte die Reformation zu hintertreiben: es blieb bei den bisherigen Mißständen. Ja, die Versammlung lud noch eine schwere Schuld auf sich durch den Frevel, den sie an dem furchtlosen Hus verübte.
4. fjus auf dem Scheiterhaufen (1415). Hus war vor die Versammlung geladen worden, um sich wegen seiner Lehre zu verantworten. Der Kaiser hatte ihm einen Geleitbrief erteilt, der ihm Schutz auf der Reise und sichere Heimkehr versprach. So zog er festen Mutes nach Konstanz. Aber kaum dort angekommen, wurde er ins Gefängnis geworfen. Der Kaiser gedachte seines Wortes und verlangte Hussens Befreiung. Rber die Bischöfe bestanden darauf, daß er gefangen gehalten würde. „Hus", antworteten sie, „ist ein Ketzer, und einem Ketzer darf man nicht das wort halten." Das Wort „Ketzer" schreckte den deutschen Kaiser, und er ließ treulos seinen Schützling im Stich. Bald darauf wurde Hus vor die Versammlung geführt. „Deine Lehre ist ketzerisch," rief man ihm zu, „schwöre sie ab I" Rber Hus erwiderte: „Wenn ihr mich aus der Heiligen Schrift eines Irrtums überführet, so will ich gern widerrufen; wo nicht, so bleibe ich meinem Glauben getreu bis in den Tod." Darauf wurde das Urteil gefällt: Tod auf dem Scheiterhaufen! Man zog ihm feine Priesterkleidung aus und setzte ihm eine papierne Mütze auf, darauf waren drei Teufel gemalt mit der Umschrift: „(Erzhetzer." Doch Hus sprach: „Mein Herr Jesus Christus hat für mich armen sündigen Menschen eine noch viel schwerere Dornenkrone bis zu seinem schmählichen Tode am Kreuze getragen." Nun wurde er auf den Richtplatz vor die Stadt geführt. Betend näherte er sich dem Holzstoß. „Herr Jesu," sprach er laut, „ich leide demütig diesen grausamen Tod um deinetwillen und bitte dich, allen meinen Feinden zu vergeben." Dann wurde er an einen Pfahl gebunden und bis an den Hals mit Stroh und Holz umlegt. Rls der Holzstoß angezündet war, betete er zweimal: „Jesus Christus, du Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich mein!" Das waren seine letzten Oorte; denn der Wind trieb ihm den Rauch so sehr ins Gesicht, daß er rasch erstickte. Seine Rsche wurde in den Rhein gestreut. 3m folgenden Jahre starb an demselben Orte, wo Hus verbrannt worden war, Quch sein Freund und ctnh änger Hieronymus von Prag den Feuertod.
5. Der Hussitenkrieg. Die Treulosigkeit des Kaisers und das
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11. Heinrich Iv.
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und hatte nur die Macht der Kirche im Auge. Adalbert war heiter und prachtliebend; auch er wollte die Macht des Erzbistums mehren und geriet dadurch in Kmpfe mit den umwohnenden schsischen Groen.
Seinen Ha gegen diese Pflanzte er in Heinrichs Herz. Sonst war er ein tchtiger Mann.
(/-Das Ansehen des Reiches wahrte er gegen die alten Feinde des Reiches, die Ungarn. I
Adalbert setzte es durch, da Heinrich schon mit fnfzehn Jahren fr mndig erklrt wurde; dadurch gewann er noch mehr an Einflu.
Aber nicht lauge; deun die deutschen Fürsten ntigten Heinrich, diesen Ratgeber zu entfernen.
Doch seine Ratschlge hatte der junge König nicht vergessen. Vor allem wollte er die Sachsen unter die Knigsmacht beugen. Er be-bcn ad)fen-handelte diesen Volksstamm daher herrisch und baute sich im Sachsen-lande Burgeu, deren festeste die Harzburg war. Das bermtige Ve-nehmen der Ritter, die sich in des Knigs Umgebung befanden, erbitterte die umwohnenden Bauern und Edlen. Es entstand ein Aufruhr, die Sachsen vertrieben ihren Zwingherrn und brachen seine Burgen. Heinrich fand wenig Hilfe, als er die Aufstndischen zchtigen wollte. Er wendete sich sogar an den Papst, der gern die Gelegenheit ergriff, den Schiedsrichter zu spielen. Aber er konnte sich nicht mit ihm verstndigen.
Papst Gregor Vii. gab vielmehr den Sachsen recht und verhngte der den Kaiser, der ihn absetzen wollte, die hchste kirchliche Strafe, den Bann^"""'
^Llnd die deutschen Fürsten, die einen mchtigen Kaiser nicht haben reu*bvn-wollten, stellten sich auf die Seite des Papstes. Sie erklrten, der Heinrich iv. Schwabenherzog Rudolf, des Knigs Schwager, an der Spitze, ihrem Könige, einen andern whlen zu mssen, wenn er sich nicht binnen Jahresfrist vom Banne lse. Hierdurch zwangen sie Heinrich Iv., mitten im Winter der die schneebedeckten Alpen nach Italien zum Papste zu ziehen, um sich mit diesem zu vershnen. Alles verlie ihn in seiner Not;
nur eine Treue zeigte sich strker als der drohende Tod. Bald nach seiner Mndigkeitserklrung war Heinrich gentigt worden, sich mit der Tochter des Markgrafen von Susa, namens Berta, zu vermhlen. Lauge Zeit hatte er sich widerwillig von der ihm aufgedrungenen Gemahlin abgewendet und wollte sich von ihr trennen. Im Unglck erst lernte er sie lieben,
als sie mit weiblicher Traij ihm durch alles Ungemach folgte.
Als er nach Italien zum Papste zog, begleitete sie ihn. Es war im harten Winter, die Berge der Alpen starrten vor eisigem Frost und
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Heinrichs Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gregor_Vii Gregor Heinrich_iv Heinrich Schwabenherzog_Rudolf Rudolf Heinrich_Iv. Heinrich_Iv. Heinrich Heinrich Berta
564 Xxv. §. 2. Die Revolutionen in England und der Deismus.
Parlament war weder mit ihm noch unter sich selber einmüthig. Ka-
tholiken und Royalisten tauchten überall wieder auf, Verschwörungen
gegen sein Leben mehrten sich von Jahr zu Jahr. Als er 1658 starb,
hatte er wohl Frieden mit seinem Gott, aber auch die demüthigende
Aussicht, daß das Werk seines Lebens vor Gott nichts Anderes als
Holz, Heu und Stoppeln gewesen sei und schnell vom Feuer verzehrt
werde. Der flüchtige Königssohn Karl Ii. ward wieder auf den
Thron gesetzt, aber er brachte zu der Unzuverlässigkeit und Charakter-
losigkeit seines Vaters noch ein stärkeres Liebäugeln mit dem Katho-
lieismus und eine schmachvoll ausschweifende Sittenlosigkeit mit hinzu,
so daß seine Regierung unter unablässigen Stürmen verlief. Er starb
1685, und sein Bruder und Nachfolger Jakob Ii., der geradezu zur
katholischen Kirche übertrat, ward vom Thron ausgeschlossen und nur
seinen protestantischen Familiengliedern die Nachfolge gestattet (1688).
So hatte denn Europa in England das erste Beispiel des revolu-
tionären Umsturzes eines Königsthrones und der Hinrichtung eines recht-
mäßig angestammten Königs durch die rücksichtslose Gewaltherrschaft
einer Volksmasse. So schrecklich ein solcher Vorgang an sich ist, so
ward er doch hier noch schrecklicher dadurch, daß er von einem prote-
stantischen, besonnenen, rechtseifrigen Volke geübt ward, noch schrecklicher,
weil er als die Frucht einer religiösen Begeisterung, als das Ergebniß
einer besondern göttlichen Erleuchtung erscheinen wollte. Auch die Hol-
länder hatten sich von ihrem Fürsten lvsgerissen und sich eine republi-
kanische Verfassung gegeben, und es ist wohl unzweifelhaft, daß das
glückliche Gelingen ihres Abfalls und das rasche Aufblühen und Ge-
deihen der holländischen Republik viel zu den Entschlüssen der englischen
Republikaner beigetragen hat. Aber die Sachen lagen doch in Holland
ganz anders. Es war ein Glied des deutschen Reichskörpers, und wollte
es vor der Hand auch bleiben, es blieb unter seinen altgewohnten Obrig-
keiten, als es dem fremdländischen Oberherrn, der sich in einen Feind
des Landes verwandelt hatte, den Gehorsam versagte. In England
dagegen stürzte man die bestehenden Gewalten gänzlich um, setzte ganz
neue und andersartige ein und sprach dem Volke das Recht zu, über
seinen König zu richten und sich selbst eine Regierung zu bestimmen
nach eignem Belieben. In Frankreich während der Regierung
Heinrich's Iii. und Iv. hatten die Jesuiten den verhängnißvollen
Gundsatz von der Volkssouverainetüt zuerst aufgebracht. Jetzt
las man auch in protestantischen Schriften, man hörte es von den pro-
testantischen Kanzeln Englands, daß das Königthum keineswegs von
Gottes Gnaden herrühre, sondern von Volkes Gnaden. Die schreck-
lichen Stichwörter Freiheit und Gleichheit danken ihren Ursprung
den levellistischen Banden Cromwell's. Die alten Forderungen aus
den Bauernkriegen der deutschen Reformationszeit tauchten wieder auf.
Da ist es uns, als wenn wir auch den zweiten jener unreinen Geister
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Extrahierte Personennamen: Karl_Ii Karl Jakob_Ii
Extrahierte Ortsnamen: England Europa England Holland England Frankreich Englands Gottes Gnaden
Iv. §. 3. Jsrael's Ankunft zumfi Verderben für die Cananitcr.
33
Ihnen gegenüber fteht die wilde, kriegerische Ast arte und der Alles
verderbende und verschlingende Moloch. Diesem Verderber, kein
Moloch, wurden die schrecklichen Feueropfer gebracht, die Kinder,
welche in den Armen des glühenden Götzenbildes verbrannt wurden.
Von tiefem gräßlichen cananitischen Götzendienst sagt die Schrift Ps.
106, 37 f.: sie dieneten ihren Götzen und opferten ihre Söhne und
Töchter den Teufeln, und vergossen unschuldiges Blut, das Blut ihrer
Söhne und Töchter, die fte^opferten den Götzen Canaan's, daß das
Land von Blutschulden beflecket ward. Vor diesem Greuelwesen war-
net der Herr die Israeliten 5 Mos. 18, 9—12; „Du sollst nicht thun
den Greuel dieser Völker, daß nicht unter dir gefunden werde der sei-
nen Sohn oder Tochter durch's Feuer gehen lasset, oder ein Weissager,
oder ein Tagewähler oder der auf Vogelgeschrei achtet, oder ein Zau-
berer oder Beschwörer oder Wahrsager oder Zeichendeuter oder der die
Todten frage. Denn um solcher Greuel willen vertreibt sie der Herr
dein Gott vor dir her." Wohin die Phönizier kommen und sich nieder-
lassen, sei es zu Lande oder zur See, dahin verpflanzen sie diesen
schrecklichen Götzendienst. Nicht ohne Schauder berichten eine große
Anzahl heidnischer Schriftsteller von dem grauenhaften Verbrennen der
Kinder auf den phönizischen Colonieen in Afrika, Spanien u. s. w.
Der in Tyrus am meisten verehrte Gott hieß Melkarth (beiden
Griechen Herakles) und war eine Zusammenfassung des Baal und
Moloch-, wie solche bei den Asiaten häufiger vorkommt. Er stellt die
Sonne dar in ihrer wohlthätigen und lebenerweckenden, aber auch in
ihrer versengenden und zerstörenden Kraft. Ihm gegenüber steht die
Astarte, die finstere, strenge, schweigende Göttin, die durch Ver-
stümmelung und Entmannung verehrt wurde, die Nacht- und Mond-
göttin. Aber der Melkarth verfolgt sie mit seiner glühenden Leiden-
schaft nach Westen hin bis an das Ende der Erde. Da endlich ergiebt sie
sich ihm und nun wird aus der finstern Ast arte die lockende Asch er a,
die Geburtsgöttin, die ganz besonders in Sidon und auf der von Si-
doniern besetzten Insel Cypern verehrt wurde. Diese Asch er a (von
Luther gewöhnlich „Hain" übersetzt) ist recht eigentlich die Göttin der
Wollust. In ihren Tempeln wurden die ekelhaften Orgien gefeiert, da
Weiber und Jungfrauen (aus Frömmigkeit!) ihre Keuschheit opferten
und durch wollüstige Fleischesfeier sich dem Dienst dieser Hurengöttin
weihetcn. Das Alte Testament ist voll von Warnungen an die Israeli-
ten, sich vor der Nachahmung solcher Greuel zu hüten, und voll trauriger
Beispiele, daß sie es nicht gethan (Rieht. 2, 13. 3, 7. 6, 25. 10, 6.
1 Sam. 7, 3. 12, 10 u. s. w.).
§. 3. Jsrael's Ankunft zum Verderben für die
Cananiter.
Nach der langen Läuterungszeit in der Wüste kam das Volk
Israel von Osten her an die Grenzen Canaan's, ungefähr da, wo
der Jordan sich in's todte Meer ergießt. Erst diesseit des Jordan
sollte ihr Nachewerk an den Cananitern beginnen, denn erst da be-
v. Rvhden, Leitfaden. 3
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Extrahierte Personennamen: Luther
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Spanien Tyrus Sidon Cypern Israel
Xi. §. l. Alerander's Aufgabe.
139
Xi. Aufrichtung und Zerspaltung des griechischen Welt-
reichs. Mischung der orientalischen und der griechischen
Welt. '
Motto: Ein Sauerteig wird unter das Mebl gemengt —
ein neuer Wein wird in die Schläuche gefüllt.
8. I. Alerander's Aufgabe.
Jetzt war die Zeit gekommen, wo das Gesicht, welches Daniel
200 Jahre zuvor gesehen hatte von dem Ziegenbock mit dem großen
Horn, der von Westen herkam und den gewaltigen Widder, nämlich
den König von Medien und Persien, zerstieß und zerstampfte (Dan. 8),
in Erfüllung gehen sollte. Die Stunde war gekommen, wo der
Herr Abrechnung hielt mit der gesummten orientalischen Weltmacht,
und wo es auch bei dem Perserreich hieß wie einst bei dem unterge-
henden Babylon: gezahlt, gewogen und zu leicht befunden. Als
Schirm und umschließende Behausung des zersprengten und nur in
einem elenden Rest noch im gelobten Lande selbständig erscheinenden
Gotteövolks hatte sich das Perserreich freilich bewährt, und in dieser
Beziehung seine Aufgabe erfüllt. Aber die andere Aufgabe, näm-
lich zu erkennen den großen König, der in seiner Mitte Platz ge-
nommen und mit seinen Knechten auch sein Gesetz und seine Ver-
heißungen unter den 127 Völkern Persiens ausgestreut hatte, ihm
die Ehre zu geben, zu merken auf seine Wunderwege und seine ge-
heimnißvollen Rathschlüsse, zu horchen auf die reinen und heiligen
Gebote des mosaischen Sittengesetzes und die eignen verderbten Sitten
im Lichte göttlicher Offenbarung als sündlich und schändlich zu er-
kennen, die Gemüther hinzulenken aus die großen Aufgaben des
menschlichen Geistes und sie mit Sehnsucht zu erfüllen nach einer
Wendung der Dinge, da der Geist aus der Sklaverei der Sinnen-
lust und der Lüge und Eitelkeit Errettung finde — das Alles war
dem weichlichen, lüsternen, knechtischen, trägen Sinn des Orientalen
kaum als Ausgabe zum Bewußtsein gekommen, geschweige denn er-
füllt. Da ward das Volk herbeigerufen, welches Gott der Herr
nicht bloß mit den reichsten Naturanlagen ausgestattet, sondern auch
zur Darstellung des Schönsten und Besten geführt hatte, was der
Menschengeist, der noch nicht unter die unmittelbare und offenbare
göttliche Leitung und Einwirkung gestellt ist, zu leisten vermag. Die
höchste Erhebung des natürlichen Menschengeistes war in den vorhin
genannten griechischen Philosophen zu Tage getreten, und der Schü-
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174 Xiii. §. 4. Neu hinzukvmmende Bestandtheile und deren Einordnung rc.
verliehen, und nur durch gottlose Verletzung alles Heiligen gebrochen
werden konnten.
Das Verdienst, die verschiedenen Bestandtheile des römischen Volks
durch den festen Kitt einer sorgfältig abgemessenen gemeinsamen Cul-
tusordnung stärker als bisher mit einander verbunden und in gewissem
Maße zu einem geordneten Ganzen gemacht zu haben, wird dem Nach-
folger desromulus zugeschrieben, dem Sabiner Numa Pompilius,
der eine vierzigjährige weise und friedliche Regierung geführt haben
soll. Er hatte vor allen Dingen sich selbst mit einem geheimnißvollen
Heiligenschein zu umgeben gewußt, indem er mit einer Gottheit in en-
gem und vertraulichem Verkehr zu stehen vorgab. So fanden die von
ihm geschriebenen Ritualbücher und die von ihm zur allgemeinen Ver-
ehrung aufgestellten Gottheiten, sammt den von ihm eingesetzten Prie-
stercollegien willige Aufnahme, und das Beispiel seiner eignen gewissen-
haften und gottesfürchtigen Haltung wirkte vielleicht noch mehr als
seine Anordnungen. Er stellte aber neben den Gottheiten, welche jede
Tribus, jede Curie, jede Gens für sich allein verehrten, insonderheit
drei allgemeine Hauptgottheiten auf, den Jupiter, den Mars und
Quirinus, deren Verehrung ein besonderes Priestercollegium in
Obacht nahm. Neben diesen stand noch als der Gott alles Anfangs
der doppelköpfige Janus, dessen Tempel oder Thorhalle geöffnet blieb,
so lange der Krieg dauerte. Weil aber dies eroberungssüchtige Volk
nicht ohne Krieg leben konnte, so stand er beständig offen, drei ganz
kurze Zeiträume ausgenommen, von denen der erste in die Regierung
des Numa Pompilius selber fiel. Ein nicht minder wichtiger Ver-
einigungspunkt für alle römischen Stämme war der Dienst der Vesta,
der Göttin des heimischen Heerdfeuers und Hüterin der Reichskleino-
dien. Für sie ward das Collegium der vestalischen Priesterinnen ge-
stiftet, der heiligen Jungfrauen, die bei schwerer Strafe das heilige
Feuer beständig brennend erhalten mußten. Am wichtigsten aber war
das Collegimn der Augurn, der Zeichendeuter, welche aus dem Vo-
gelflug, aus den Himmelserscheinungen, aus den Eingeweiden der
Opferthiere, aus der Freßgier der Hühner und tausend kleinen Dingen
den Willen der Götter erkannten und bestimmten. Diese Männer hiel-
ten den Staat wie den Einzelnen mit tausend ehernen Banden des
Aberglaubens gefesselt. Was immer gethan werden mochte, in Krieg
und Frieden, zu Hause oder draußen, das mußte erst durch gute Vorbe-
deutungen als den Göttern wohlgefällig erkannt sein. Ein verkehrter
Tritt, ein Straucheln, ein plötzlicher Ruf, eine unwillkommene Ant-
wort, ein begegnendes Thier, kurz eine Zufälligkeit, ein Nichts, das
als unglückweissagendes Omen galt, setzte die eiserne Römerseele in
Schrecken und hielt sie zurück von den wichtigsten und folgenreichsten
Unternehmungen. Das war das Gängelband, an welchem der Ein-
zelne und das ganze Volk sich leiten ließ, und kluge Leiter wußten es
trefflich zum Zusammenhalt des Ganzen zu gebrauchen.
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129
Zu König Heinrich des Vierten Zeiten ritt ein Bäuerlein vom Lande
her des Weges nach Paris. Nicht mehr weit von der Stadt gesellte sich
zu ihm ein anderer, gar stattlicher Reiter, welcher der König war, und
sein kleines Gefolge blieb absichtlich in einiger Entfernung zurück. „Woher
des Landes, guter Freund?" — „Da und da her." — „Ihr habt wohl
Geschäfte in Paris?" — „Das und das, auch möchte ich unsern guten
König einmal sehen, der so väterlich sein Volk liebt." — Da lächelte der
König und sagte: „Dazu kann euch heute Gelegenheit werden." — „Aber
wenn ich auch nur wüßte, welcher es ist unter den vielen, wenn ich ihn
sehe!" — Der König sagte: „Dafür ist Rat. Ihr dürft nur acht geben,
welcher den Hut allein auf dem Kopfe behält, wenn die andern ehrerbietig
ihr Haupt entblößen." — Also ritten sie mit einander in Paris ein, und
zwar das Bäuerlein hübsch auf der rechten Seite des Königs. Denn das
kann nie fehlen: was die liebe Einfalt Ungeschicktes thun kann, sei es gute
Meinung oder Zufall, das thut sie. Aber ein gerader und nnverkünstelter
Bauersmann, was er thut und sagt, das thut und sagt er mit ganzer
Seele, und ficht nicht um sich, was geschieht, wenn's ihn nicht angeht.
Also gab auch der unsrige dem König auf seine Fragen nach dem Landban,
nach seinen Kindern, und ob er auch alle Sonntage ein Huhn im Topfe
habe, gesprächige Antwort und merkte lange nichts. Endlich aber, als er
doch sah, wie sich alle Fenster öffneten, und alle Straßen mit Leuten sich
füllten, und alles rechts und links answich und ehrerbietig das Haupt ent-
blößt hatte, ging ihm ein Licht auf. „Herr!" sagte er und schaute seinen
unbekannten Begleiter mit Bedenklichkeit und Zweifel an, „entweder seid
ihr der König oder ich bin's, denn wir zwei haben noch allein die Hüte
auf dem Kopf." Da lächelte der König und sagte: „Ich bin's. Wenn
ihr euer Rößlein eingestellt und eure Geschäfte besorgt habt," sagte er, „so
kommt zu mir in mein Schloß. Ich will euch alsdann mit einem Mittags-
süpplein aufwarten und euch auch meinen Ludwig zeigen."
Von dieser Geschichte rührt das Sprichwort her, wenn jemand in einer
Gesellschaft aus Vergessenheit oder Unverstand den Hut allein auf dem
Kopfe behält, daß man ihn fragt: „Seid ihr der König oder der Bauer?"
Hebel.
187. Untreue.
Eine Maus wäre gern über ein Wasser gewesen, konnte aber
nicht und bat darum einen Frosch um Rat und Hilfe. Der Frosch
war ein Schalk und sprach zur Maus: „Binde deinen Fuss an meinen
Fuss, so will ich schwimmen und dich hinüber ziehen.“ Da sie nun
aufs Wasser kamen, tauchte der Frosch unter und wollte (he Maus
ertränken. Indem aber die Maus sich wehrt und arbeitet, fliegt ein
Habicht daher und erhascht die Maus, zieht den Frosch mit heraus
und frisst sie beide.
Sieh dich vor, mit wem du handelst. Die Welt ist falsch und
Untreuen voll; denn welcher Freund es dem andern vermag, der
steckt ihn in den Sack. Doch schlägt Untreue allezeit ihren eigenen
Herrn, wie dem Frosch hier geschieht. Luther.
Helmri ch, Vaterländ. Lesebuch. g
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340
die Stirn an die Wand seines Palastes und rief aus: „O Varus, Varus,
gib mir meine Legionen wieder." Ganz Rom war voll Entsetzens vor
den Deutschen und glaubte mit jedem Tage, sie kämen in ungeheuren Heer-
scharen, wie einst die Cimbern und Teutonen, gen Welschland heran. Im
Lande Gallien und am Rheine ward zur Notwehr gerüstet. Grundlose
Furcht! Nicht an Eroberung dachten die Sieger, die theure Freiheit er-
kämpft zu haben, war ihnen genug. Stolz legten sie die Hände in den
Schoß, als sie die Zwingburgen im Lande gebrochen, als an dem Rheine
kein Römer mehr zu schauen war. Duller.
3. vie Christenverfolgungen.
Der Herr hat zu seinen Jüngern gesagt: „Wäret ihr von der
Welt, so hätte die Welt das Ihre lieh. Weil ihr aber nicht von der
Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, so hasset
euch die Welt.“ So geschah es denn auch. Anfangs wurden die
Christen von den Juden verfolgt, wie davon die Apostelgeschichte
erzählt. Nach der Zerstörung Jerusalems 'wüteten die Heiden gegen
die Christen mit furchtbaren Martern. Sie wurden durchs Schwert
getödtet, mit Feuer verbrannt, von wilden Thieren zerrissen, in Flüssen
ersäuft, in siedendes Öl oder Pech gesenkt, mit Pech bestrichen und
dann angezündet, gekreuzigt und zerschlagen; viele liess man in
dumpfen Kerkern hinschmachten. Da ist mancher, bei dem der Same
des Evangeliums nicht Wurzel hatte, abgefallen und hat Christum
verleugnet. Aber die meisten Christen haben ihr irdisches Leben
willig dargegeben, um das ewige zu erlangen. Das vergossene Märtyrer-
blut aber ist der Same der Kirche geworden. Wenn die Heiden die
hohe Freudigkeit sahen, mit der die Christen in den Tod gingen, so
staunten sie wohl und dachten: Der Christenglaube muss doch der
rechte sein.
Die heidnischen Verfolgungen begann der Kaiser Nero im Jahre 64.
Er liess die Stadt Rom anzünden; das gab einen furchtbaren Brand.
Als das Volk darüber unmuts wurde, gab er vor, die Christen hätten
es gethan. Nun wurden diese ergriffen und gekreuzigt, den Hunden
vorgeworfen, mit brennbaren Stoffen bestrichen und nachts angezündet.
Damals priesen auch die beiden grossen Apostel Paulus und Petrus
den Herrn mit ihrem Tode. — Drittehalb Jahrhunderte dauerten die
Christenverfolgungen. Die letzte und grausamste fand unter dem
Kaiser Diocletian, der vom Jahre 284 bis 305 regierte, statt. Noch
einmal floss Märtyrerblut; es war das von 30 Bekennern, die im
Jahre 310 im gelobten Lande enthauptet wurden. Da erhörte der
Herr das Seufzen seiner Kirche, und es ward stille vor ihm.
Nach Westermeier.
4. Der Sieg der Kirche.
Der Wut der römischen Kaiser gelang es nicht, die Kirche des Herrn
zu zerstören; im Gegentheil, sic mußten sich vor der Macht des Herrn
beugen. Er erweckte einen Mann, durch welchen er das Heidentum zu
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Die grössten Korallenfabriken sind in Marseille, und die in Stücke
zerschnittenen Röhren werden vornehmlich zu roten Perlen verarbeitet.
Illustr. Thierreich.
36. Aufgußthiere oder Infusorien.
So wie das Weltmeer von Fischen wimmelt, so schwimmen anch in
einem jeden Wassertröpschen zahllose Thierchen, die sich darin freudig, wie
in einem großen See regen und bewegen. Auch in anderen Flüssigkeiten
finden fick) solche: im Blut und Eingeweide der Menschen und Thiere, im
Schleim der Zähne, im Essig, im Sauerteig, im Kleister, am häufigsten
jedoch in solchem Wasser, das einige Zeit in der Sonnenwürme gestanden
hat. Wenn man nur einen Tropfen verdorbenen Essig an eine Nadel-
spitze hängt und vor das Vergrößerungsglas bringt, so sieht man zahllose
kleine Schlangen und Aale, wie feine Fäden, vorn und hinten zugespitzt,
die sich bald langsam, bald schnell hin- und herschlängeln, einander ver-
folgen und bekämpfen. Und alle diese Thierchen haben unterscheidbare Körper-
theile, und an den meisten hat man schon Mund, Magen, Eingeweide und
selbst äußere Gliedmaßen entdeckt.
Wovon aber leben diese Thiere in einem Wassertropfen, der ihnen
wie ein Meer ist? — Thierchen, welche manchmal Millionen mal kleiner
sind, als ein Sandkorn? Unser Auge reicht in das Unendliche dieser Welt
nicht hinaus. Aber es mögen dennoch viel kleinere Wesen leben, die ihnen
zur Speise dienen, Wesen, zu deren Entdeckung das Auge des Sterblichen
anch mit allen Hilfsmitteln nie gelangen wird.
In ihren Gestalten und in der Art, sich zu bewegen, sind die Thierchen
sehr verschieden. Einige, wie das Scheibenthierchen, erscheinen als eine
dünne Haut, welche nach allen Richtungen hin sanft durch die Flüssigkeit
gleitet; andere, wie das Kugelthierchen, sind kugelig, und ihre Bewe-
gungen bestehen in einem beständigen und schnellen Rollen um ihre Achse,
wobei sie häufig auf derselben Stelle stehen bleiben; die Räder thierchen
haben rings um sich her kleine Fäserchen, gleich dem Bilde der Sonne mit
ihren Strahlen, und kreisen mit ihnen wie ein Rad um sich selber; der
Anderling ändert häufig seine Gestalt: das eine Mal schrumpft er zu
einer Kugel zusammen, das andere Mal streckt er sich wie ein langes
Band aus.
Um gleichsam eine ganze Welt von lebendigen Wesen ins Dasein zu
rufen, darf man nur auf Blätter, Gras, Blumen u. dergl. etwas Wasser
gießen und es der Sonne aussetzen oder sonst in die Wärme bringen.
Bald wird eine Zersetzung im Wasser vor sich gehen, eine Gührung oder
Fäulnis; aber das, was wir Fäulnis nennen, ist nur der Hervortritt neuen
Lebens. Millionen Geschöpfe sind entstanden. Woher sie kommen, wohin
sie verschwinden, wozu sie dienen — wer dringt in dieses göttliche Geheim-
nis? Aber auch das Kleinste in dem Weltall ist so unentbehrlich, als das
Größte; und die Sonne, welche viele tausend mal größer ist als die Erde,
ist dem Allvater des Lebens kein wichtigerer Gegenstand, als das kleinste
von den Thierchen, deren tausend beisammen in einem Wassertropfen ihre
Herberge finden. Wie gering und nichtig sind die größten Werke des
Menschen gegen die unscheinbarsten Werke unseres Schöpfers.
Hegener.
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