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1. Geschichte der neuesten Revolution - S. 41

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
41 direkter, allgemeiner Abstimmung von allen, nicht unter ein- undzwanzig Jahren alten Franzosen auf je drei Jahre ge- wählt werden sollte. Indessen war die große Partei der _ sozialistischen Schreckensmänner zwar überwunden, aber nicht vernichtet. In der Nationalversammlung war Ledru-Rollin ihr her- vorragendster Führer. Sie schrieen über Reaktion und setz- ten ihre Wühlereien insgeheim fort. Das erschreckte alle Besitzenden; der ungewisse Zustand der Dinge drückte wie ein schwerer Alp auf Handel und Verkehr und brachte den Namen der Republik überhaupt und ihre Träger in großen Mißkredit. Man sehnte sich nach einem Manne, der, wie einst Napoleon Bonaparte, die losgclassene Furie der Revolution wieder bändigen könnte. Die monarchischen Parteien begannen sich wieder zu regen: die Legitimisten, Orleanisten, Bonapartisten. Am rührigsten waren die Letz- tem. Sie richteten ihre Blicke auf einen Mann, der durch den Gang der nachfolgenden Ereignisse so wichtig geworden ist, daß wir etwas länger bei ihm verweilen müssen. Die- ser Mann war der Prinz Ludwig Napoleon Bona- parte, des Kaisers Napoleon Neffe und Erbe. Er war geboren zu Paris am 20. April 1808 als der dritte Sohn des damaligen Königs Ludwig Bona- parte von Holland und der Königin Hortensie gcb. Grä- fin von Beauharnais, Napoleons Stieftochter. Nach der Verbannung der Familie. Bonaparte aus Frankreich lebte er mit seiner, von ihrem, nunmehr den Namen eines Grafen von St. Leu führenden Gatten, geschiedenen Mutter. zu Augsburg, später im Kanton Thurgau in der Schweiz. Während seine Mutter auf Schloß Arencirberg in stiller Zurückgezogenheit als Wohlthäterin der Armen lebte, folgte er seiner Neigung für militärische Studien und schrieb so- gar „ein Handbuch der Artillerie", welches von Männern des Fachs gerühmt wird. Als die französische Julirevolu- tion seine Hoffnung, die kaiserliche Familie nach Frankreich berufen zu sehen, nicht erfüllte, nahm er mit seinem altern Bruder Theil an einem bewaffneten Aufstande im Kirchenstaate und erkrankte, nachdem sein Bruder auf der Flucht gestorben war, in Ankona. Dort war er nahe daran, den Oestcrreichern in die Hände zu fallen, als ihn seine Mutter mit eigener großen Lebensgefahr rettete und über Paris und England nach dem Thurgau zurückführte. Dort erhielt er von den noch im Aufstande begriffenen Polen »

2. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 299

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
299 herausbringen, als „Pardon!" dachte aber: „es würde nicht Viel helfen!" Der Leser denkt vielleicht auch, jetzt wird der Fran- zose den Husaren zusammenhauen, und freuet sich schon darauf. Allein das könnte mit der Wahrheit nicht bestehen. Denn wenn das Herz bewegt ist, und vor Schmerz fast brechen will, mag der Mensch keine Rache nehmen. Da ist ihm die Rache zu klein und verächtlich, sondern er denkt: Wir sind in Gottes Hand, und will nicht Böses mit Bö- sem vergelten. So dachte der Franzose auch, und sagte: „Daß Du mich mißhandelt hast, das verzeihe ich Dir; daß Du meine Eltern mißhandelt und zu armen Leuten gemacht hast, das werden Dir meine Eltern verzeihen; daß Du meine Schwester in den Brunnen geworfen hast und ist nimmer davon gekommen, das verzeihe Dir Gott!" — Mit diesen Worten ging er fort, ohne dem Husaren das Geringste zu Leide zu thun, und es ward ihm in seinem Herzen wieder wohl. Dem Husaren aber war es nachher zu Muthe, als wenn er vor dem jüngsten Gericht gestanden hätte, und hätte keinen guten Bescheid bekommen. Denn er halte von dieser Zeit an keine ruhige Stunde mehr, und soll nach einem Vierteljahr gestorben sein. Merke: Man muß in der Fremde Nichts thun, worüber man sich daheim nicht darf finden lassen. Merke: Es gibt Unthaten, über welche kein Gras wächst. Hebn. 47. Ein guter Sohn, der im Glücke sich nicht seiner geringen Eltern schämt. In dem Regiment des berühmten, von Friedrich dem Großen hoch geehrten Generals von Ziethen, stand auch ein Rittmeister, mit Namen Kurzhagen. ' Er war klug, tapfer und hatte ein kindliches Gemüth. Seine Eltern waren arme Landleute im Mecklenburgischen. Mit dem Verdienstorden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in Parchim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wieder zu sehen, und erwarteten ihn auf dem Markte. Wie er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und umarmte sie unter Freu- denthränen. Bald darauf mußten sie zu ihm ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vornehme Gäste hatte.

3. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 306

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
306 iente Knospe hervor, auf die sich der Thau des Himmels reichlicher niedersenkt. Das Kind, von welchem hier erzählt werden soll, war eins von denen, von welchen es heißet: ,,Seine Seele ge- fällt Gott wohl, darum eilet er mit ihm aus diesem bösen Leben." Es war, da es starb, noch nicht neun Jahr alt. Ein frommer Prediger, der das Kind im Leben und- im Sterben gekannt, Christian Gerber, erzählt von ihm also: Die kleine Rosina war das einzige Kind sehr armer, aber gottesfürchtiger Eltern. Der Vater lebte als Tagelöh- ner zu Nickern, in der Pfarrei Lockwitz bei Dresden. Er hatte zwar ein eigen Häuslein, aber Nichts darinnen, als was seine Hände von Tag zu Tag, von Woche zu Woche erwarben, so Viel als eben zur Nahrung und Kleidung für ihn und die Seinen' hinreichte. Aber diese seine fleißigen Hände hatten nicht blos gelernt zu arbeiten, sondern auch sich gern zum Gebet zu falten; er betete oft und aus Her- zensgründe mit den Seinen, denn er war fromm. Dieser gute Vater war erst dreißig Jahr alt, da führte ihn Gott zum Krankenlager, von welchem er nicht wieder aufstand. Die Krankheit dauerte einige Wochen. Der Pfarrer Ger- der und sein adjungirter Hohn besuchten ihn oft in seinen letzten Tagen, um ihn zu trösten und zu stärken. Ihm sel- der war der Trost nicht so vonnöthen als seiner armen Frau; denn er war ruhig und gottergeben; die Frau aber sollte von dem lieben Mann und Versorger scheiden, und es war weder Geld noch Brot in dem Hause, als was mitleidige Seelen in's Haus brachten. In dieser Zeit der Leiden war das Töchterlcin des Tagelöhners, damals noch nicht acht Jahr alt, den armen Eltern zum besondern Trost. Wenn der Seelsorger weg war, blieb das Kind an des Vaiers Bette sitzen, sang ihm Lieder vor und betete ihm die Sprüche, die es vom Pfarrer gehört oder in der Schule ge- lernt hatte. Der Vater starb. — Die Wittwe trauerte sehr um ih- • reu frommen, fleißigen Ehemann, und weinte oft viel. Da tröstete das Mägdlein immer die Mutter, wenn sie diese so weinen sah, mit schönen Troftsprüchen aus der heil. Schrift, die sie in der Schule gehört hatte, oder mit Versen auö guten christlichen Liedern, z. B. mit dem Vers aus dem kinderfrommen Liede des Hans Sachs: „Warum betrübst du dich, mein Herz," mit dem Vers: ,„Äch Gott, du bist

4. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 307

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
307 Noch heut' so reich, als du bist gewesen ewiglich; mein Ver- trauen steht ganz zu dir," und mit dem Vers aus Paul Gerhard's Liede: „Schickt uns Gott ein Kreuz zu tra- gen, dringt herein Angst und Pein, sollt' ich drum verza- gen?" Ober sie sagte zu der sorgenden Mutter: Liebe Mut- ter, weine nur nicht; wir wollen recht beten und arbeiten; wenn ich aus der Schule komme, will ich fleißig Strohhüte flechten; der liebe Gott wird uns nicht verlassen!" — So verging fast ein Jahr nach des Vaters Tode; die Wittwe hielt mit ihrem einzigen Kinde sparsam und treulich Haus, und Beide hatten durch Gottes Segen keinen Mangel. Das Magdlein ging fleißig zur Schule, flocht-nach der Schule eben so fleißig Stroh zu Hüten; seine einzige äußerliche Un- terhaltung und Freude war eine Henne, die sich die kleine Waise vom Küchlein auferzogen und mit den abgesparten Brotkrumen ernährt hatte. Eines Tages, in der Erntezeit, geht die Mutter zu einem Bauer in dem nächsten Dorfe, um bei diesem Hafer rechen zu helfen; das Mägdlein aber geht nach seiner Gewohnheit in die Schule, und setzt sich, sobald es nach Hause gekommen, vor die Thür seiner Hütte hin, um Stroh zu Hüten zu flechten. Da kommt ein Nach- barsmädchen von zwölf Jahren, ein Kind von sehr wilder Art, und will Rosinen nöthigen, mit ihr herumzusprin- gen und Muthwillen zu treiben. Die kleine, fromme Waise will das nicht. Hierüber erzürnt, reißt sie das stärkere Nach- barsmädchen zu Boden, und knieet ihr auf den Leib, bis das Kind vor Schmerzen laut aufschreit. Als die Mutter des Abends von der Arbeit nach Hause kommt, klagt ihr die Kleine, was ihr geschehen sei. Die Mutter aber meint, es werde ihr wohl nicht viel Schaden gethan haben, und geht mit dem Kinde schlafen. Am Morgen aber klagt dieses sehr über Schmerz in seinem Leibe, kann schon nicht mehr auf- stehen, und auch durch die von einem guten Arzte in Dres- den gebrauchten Arzeneimittel werden die Schmerzen nicht gelindert, sondern immer nur größer. Da bittet das Mägd- lein seine Mutter, sie solle ihm doch den Seelsorger holen lassen, daß er mit ihr bete wie mit ihrem Vater, denn sie werde sterben. Die Mutter sagt: „Mein liebes Kind, wen hätte dann ich? Du bist noch mein Trost. Du wirst ja nicht sterben wollen!" — Das Kind antwortet: „Liebe Mutter, Gott muß Euer Trost sein; vertrauet nur ihm! Wisset Ihr nicht, wie wir singen: „„Weil du mein Gott und Tröster bist, dein Kind du wirst verlassen nicht?" " Lasset nur den Herrn 20* »

5. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 311

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
311 53. Franziska. In einem unscheinbaren Dörfchen am Rhein saß eines Abends, als es schon dunkeln wollte, ein armer junger Mann, ein Weber, noch an dem Webstuhl und dachte während der Arbeit unter andern an den König Hiskias, hernach an Vater und Mutter, denen ihr Lebensfaden auch schon von der Spule abgelaufen war, hernach an den Groß- vater selig, dem er einst auch noch auf den Knieen gesessen und an das Grab gefolgt war, und war so vertieft in sei- nen Gedanken und in seiner Arbeit, daß er gar Nichts davon merkte, wie eine schöne Kutsche mit vier stattlichen Schim- meln vor seinem Häuslein anfuhr und stille hielt. Als aber Etwas an dem Schlosse der Thür drückte, und ein holdcö ju- gendliches Wesen trat herein von weiblichem Ansehen mit wal- lenden schönen Haarlocken, und in einem langen himmelblauen Gewand; und das freundliche Wesen fragte ihn mit mildem Ton und Blick: „Kennst Du mich, Heinrich?" da war ihm, als ob er aus einem tiefen Schlaf aufführe, und war so erschrocken, daß er nicht reden konnte. Tenn er meinte, es sei ihm ein Engel erschienen, und es war auch so Etwas von der Art, nämlich seine Schwester Franziska, aber sie le-bte noch. Einst hatten sie manches Körblein voll Holz barfmß mit einander aufgelesen, manches Biusenkörbchen voll Erdbeeren am Sonntag mit einander gepflückt und in die Stadt getragen, und auf dem Heimwege ein Stücklcin Brot mit einander gegessen, und Jedes aß Wenig davon, da- mit das Andere genug bekäme. Als aber nach des Vatrrs Tode die Armuth und das Handwerk die Brüder aus der elterlichen Hütte in die Fremde geführt hatte, blieb Fran- ziska allein bei der alten gebrechlichen Mutter zurück, und pflegte ihrer also, daß sie dieselbe von dem kärglichen Ver- dienst ernährte, den sie in einer Spinnfabrik erwarb, und in den langen schlaflosen Nächten mit ihr wachte und aus einem alten zerrissenen Buche aus Holland erzählte, von den schönen Häusern, von den großen Schiffen, von der grau- samen Seeschlacht bei Doggersbank, und ertrug das Alter und die Wunderlichkeit der kranken Frau mit kindlicher Ge- duld. Einmal aber früh um zwei Uhr sagte die Mütter: „Bete mit mir, meine Tochter. Diese Nacht hat für mich keinen Morgen mehr auf dieser Welt!" Da betete und schluchzte und küßte das arme Kind die sterbende Mutter, und die Mutter sagte: „Gott segne dich und sei" — und

6. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 312

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
312 nahm die letzte Hälfte ihres Muttersegens: „und sei dein Begleiter!" mit sich in die Ewigkeit. Als aber die Mutter begraben und Franziska in das leere Haus zurückgekommen war, und betete und weinte, und dachte, was jetzt aus ihr werden solle, sagte Etwas in ihrem Inwendigen zu ihr; „Geh nach Holland!" und ihr Haupt und ihr Blick richtete sich langsam und sinnend empor, und die letzte Thrä- ne für diesmal blieb ihr in dem blauen Auge stehen. Als sie von Dorf zu Stadt, und von Stadt zu Dorf betend und bettelnd und Gott vertrauend nach Holland gekommen war, und so Viel ersammelt hatte, daß sie sich ein sauberes Kleid- lein kaufen konnte, in Rotterdam, als sie einsam und ver- lassen durch die wimmelnden Straßen wandelte, sagte wieder Etwas in ihrem Inwendigen zu ihr: „Geh in selbiges Haus dort mit den vergoldeten Gittern am Fenster." Als sie aber durch den Hausgang an der mar- mornen Treppe vorbei in den Hof gekommen war, denn sie hoffte zuerst Jemand anzutreffen, ehe sie an einer Stuben- thür anpochte, da stand eine betagte freundliche Frau von vornehmem Ansehen in dem Hofe, und fütterte das Geflü- gel, die Hähne, die Tauben und die Pfauen. „Was willst Du hier, mein Kind?" Franziska faßte ein Herz zu der vornehmen freundlichen Frau, und erzählte ihr ihre ganze Geschichte. „Ich bin auch ein armes Hühn- lein, das Eures Brotes bedarf," sagte Franziska, und bat sie um Dienst. Die Frau aber gewann Zutrauen zu der Bescheidenheit und Unschuld und zu dem nassen Auge des Mädchens, und sagte: „Sei zufrieden, mein Kind, Gott wird Dir den Segen Deiner Mutter nicht schuldig bleiben. Ich will Dir Dienst geben und für Dich sorgen, wenn Du brav bist." Denn die Frau dachte: „Wer kann wissen, ob nicht der liebe Gott mich bestimmt hat, ihre Vergelterin zu sein!" und sie war eines reichen Rotterdamer Kaufmanns Wittwe, von Geburt aber eine Engländerin. Also wurde Franziska zuerst Hausmagd, und als sie gut und treu er- funden ward, wurde sie Stubenmagd, und ihre Gebieterin gewann sie lieb, und als sie immer feiner und verständiger wurde, wurde sie Kammerjungfer. Aber jetzt ist sie noch nicht Alles, was sie wird. Im Frühling, als die Rosen blühten, kam aus Genua ein Vetter der vornehmen Frau, ein junger Engländer, zu ihr auf Besuch nach Rotterdam, er besuchte sie fast alle Jahre um diese Zeit, und als sie Eins und das Andere hinüber und herüber redeten, und der Vetter er-

7. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 330

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
330 ks fast gar nicht geschneiet; erst am 5. und am Abend die- ses Tages kam Sturm dazu, wodurch das Gestöber so hef- tig wurde, als man es selten sieht. Vier Pulk Kosacken fanden den Weg um die Stadt, den sie ziehen sollten, ver- schneiet, und warfen sich nun in die Stadt hinein, blieben aber alle in dem Theile derselben, der ihnen am Nächsten war, und der ziemlich weit von dem größeren Theile entfernt lag. Darum wurden dort die Häuser mit Soldaten überladen, so daß wohl 60 biö 70 Mann sich in mehrere der Woh- nungen einquartirten, die um das Haus der alten frommen Frau lagen; und schrecklich gings da zu. Warum aber der wilden Fremdlige Keiner auch nur an das Fenster der ar- men Frau zu ihrer größten Verwunderung klopfte, das fand sich erst am andern Morgen. Der Glaube hatte ihr gehol- fen. Wer glaubt, dem hält der Herr oft ganz wörtlich Wort. Wirklich hatte Gott in der Nacht eine Mauer um das Haus der Frau gebauet; ein mannshoher Schneeberg zog sich vor dem Hause her, daß die Kosacken wohl hatten von ihm wegbleiben müssen. „Siehst Du nun," sagte die Großmutter zum Enkel, „daß Gott auch eine Mauer um uns bauen kann?" Der Enkel staunte den Schneeberg an und schämte sich seines Unglaubens. 80. Die Kuh und der gesegnete Kirchgang. In unsrem Dorfe, erzählte eine fromme, Gott vertrauende Mutter ihren Kindern, wohnte eine arme Wittwe mit fünf Kindern, die war sehr arm, und ernährte sich kümmerlich mit ihrer Hände Arbeit. Es gelang ihr Anfangs zwar wohl, und sie konnte jährlich von ihrem kleinen Felde ziemlich ein- ernten; am übrigen Hausbedarf fehlt es uuch nicht gänzlich. Allein eines Jahres mißrieth die Frucht, und dazu starb ihr die einzige Kuh, die sie hatte. Da saß sie nun mit ihren fünf Kindern und hatte Nichts zu brechen und zu beißen. Darüber wurde sie mißmuthig, und sprach in der Unge- duld ihres Herzens: „Betteln mag ich nicht; Arbeit und Fleiß nützen mir Nichts; es wäre mir besser, ich stürbe. Als sie nun so mit ihrem Kummer da saß, hörte sie von Ferne das Geläute aus dem Dorfe, und das Getön war ihr ganz erquicklich; denn so, dachte sie, wird man mir bald zu Grabe läuten. Darauf trat ihr Töchterlein in die Kam- mer und sagte: „Mutter, sie läuten im Dorfe, willst Du nicht in die Kirche gehen? Ich will das Haus wohl hüten." Dies sagte das gutartige Kind, weil die Mutter sonst alle

8. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 334

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
334 betest. Thue also, mein Söhnchen, und fahre fort. Wenn ich heim komme, will ich Dir einen hübschen Jahrmarkt mit- bringen. Ich weiß einen hübschen, lustigen Garten, da ge- hen viele Kinder innen, haben güldene Röcklein an, und lesen schöne Aepfel unter den Bäumen, und Birnen, Kir- schen, Spillinge und Pflaumen auf, singen, springen und sind fröhlich; haben auch schöne kleine Pferdlein mit gülde- nen Zäumen und silbernen Sätteln. Da fragte ich den Mann, deß der Garten ist, weß die Kinder wären? Da sprach er: „Es sind die Kinder, die gerne beten, lernen und fromm sind." Da sprach ich: „Lieber Mann, ich habe auch ein Söhnchen, heißt Hänschen Luther; dürfte Der nicht auch in den Garten kommen, daß er auch solche schöne Birnen und Aepfel essen möchte, und solche feine Pferdlein reiten, und mit diesen Kindern spielen?" Da sprach der Mann: „Wenn er gerne betet, auch tanzen und mit kleinen Arm- brüsten schießen." Und er zeigte mir dort eine feine Wiese im Garten, zum Tanzen zugerichtet, da hingen eitel güldene Pfeifen, Pauken und feine silberne Armbrüste; aber es war noch früh, daß die Kinder noch nicht gegessen hatten, darum konnte ich des Tanzens nicht erharren und sprach zu dem Manne: „Ach, lieber Herr! ich will flugs hingehen, und das Alles meinem lieben Söhnlein Hänschen schreiben, daß er ja fleißig bete, wohl lerne und fromm sei, auf daß er auch in diesen Garten komme; ab'er er hat eine Muhme Lene, die muß er mitbringen. Da sprach der Mann: „Es soll sein, gehe hin und schreibe ihm also." Darum, liebes Söhnlein Hänschen, lerne und bete ja gettost und sage es Lippus und Josten auch, daß sie auch lernen und beten, so werdet Ihr mit einander in den Garten kommen. Hiermit sei dem lieben allmächtigen Gott befohlen. 1530. 84. Kulichan. Es war einmal ein König in Persien, der hieß Kulichan, ein rechter Unhold gegen die Menschen. Den Mongolen, seinen Nachbarn, fiel er in's Land und nahm ihnen Alles weg, was sie hatten, und schleppte es nach Persien. Die eroberten Schätze machten ihn nicht besser, und er wüthete noch ärger als vorher. Als er's nun so gar arg machte, vergaßen einige Große des Landes ihrer Pflicht, machten einen Aufruhr, setzten ihm das Messer an die Kehle. Da hätte er's gern besser gehabt, schrie und flehte: „Barmherzig- keit, Barmherzigkeit!" Die Aufrührer aber gaben ihm zur

9. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 255

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
255 brermädchen, und den Milchmann und die Gartenfrau auch. Und als es still schweigt, rauscht schon der Wind und die Tropfen fallen gegen die Fensterscheiben. Die Kleine aber wundert sich und spricht mit leuchtenden Augen: „Das hat mal schnell geholfen!" 2. T/as denrstth ige Kind. Melanchthon, Luthers Freund, hatte ein Töchterlein; die war ein gar holdseliges frommes Kind. Als sie aber einmal weggegangen, und über die Gebühr lange ausgeblieben war, fragte sie der Vater, was sie der Mutter nun wohl sagen wolle, wenn diese sie tüchtig ausschelte. „Nichts," entgcg- nete das Kind; und das machte dem Vater eine sonderliche Freude, denn böse Kinder wissen immer Viel zu sagen, wenn sie gescholten werden um ihres Ungehorsams willen. « 3. Die Verzeihung. Sophie, ein sechsjähriges Mädchen, saß einst vor der Hausthür und spielte. Sie hatte ihr ganzes kleines Kuchen- geschirr vor sich, backte und kochte nach Herzenslust und war so recht vergnügt. — Da kam ihr Bruder Anton, setzte sich lachend zu ihr und sprach: Nun, da du so schöne Kuchen ge- backen hast, will ich mich zu Gaste bitten! Hiermit griff er nach den Tellerchen und ließ zwei der schönsten zur Erde fallen. Jetzt nahm er auch die übrigen Schüsseln, schüttete alles, was daraus war, weg, und verdarb seiner guten Schwe- ster die ganze Freude. Sophiens Augen füllten sich mit Thränen, allein kein böses Wort entschlüpfte ihrem Munde. Sie sammelte die Scherben der zerbrochenen Teller, packte Alles zusammen und ging still ins Haus zurück. Anton lief auch fort, und kam erst zur Essenszeit wieder, weil er fürchtete, Sophie habe ihn seines Muthwillens wegen bei den Eltern verklagt. Aber auch dies hatte die gute Schwester nicht gethan; Anton bekam al|o keine Strafe. — Am Abend umarmte er sein Schwesterchen, weinte und sagte: Sophie, du bist doch besser als ich! Es war recht schlecht von mir, daß ich dein Spiel verdarb, und du hast nicht einmal darüber gescholten, sondern mir so gerne verziehen. Willst du mir einen Gefallen thun, so nimm von mir dies schöne Pennal, welches dir neulich so wohl gefiel. Thue es nur, dann erst bin ich wieder vollkom- men ruhig. — Sophie nahm das Geschenk an und sagte: Sei nur zufrieden, lieber Anton, ich bin ja nie böse mit dir l

10. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 258

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
258 ßen Sünder aus Schweden, welchen eure Eltern in ihrer Einfalt den großen König von Schweden nennen. Dann beschenkte er die Kinder und ließ sie beten. 9. Das gottselige Kind. In einer ehrbaren und fröhlichen Gesellschaft junger Leute ward das bekannte Königsspiel zur Kurzweil hervor- gesucht, da dann unter andern von dem durch's Loos erwähl- ten Könige einem Kinde geboten ward, daß es seinem alten Vater, der zugegen war, neunerlei Ehre anthun sollte. Däs that es nun ohne langes Bedenken auf folgende Weise: 1) sagte es: Mein liebster Vater, ich danke euch für alles Gute, das ihr mir von Kind auf erwiesen, für alle Sorge und Mühe, die ihr meinethalben gehabt, und für alle Unkosten, die ihr von dem, was ihr durch euren sauren Schweiß und Arbeit erworben, auf mich und meine Wohlfahrt verwandt habt. 2) Küsset es ihm die Hand mit Bezeugung der Dank- barkeit für alle väterliche wohlgemeinte Züchtigung. 3) Weil eben Aepfel auf dem Tische waren, nahm's einen, schalet und zertheilt ihn, und bot die Hälfte dem Vater dar mit dem Erbieten, wenn es einmal mit Gottes Segen zu einem Stück- lein Brots kommen und es der Vater bedürfen sollte, daß es gern mit ihm theilen wollte. 4) Bücket es sich, löset ihm die Schuh auf, zog sie aus und setzt ihm Pantoffeln hin, dabei meldend, daß ihm kein Dienst, seinem Vater zu erwei- sen, gering und verächtlich sein sollte. 5) Weil es etwas spät auf dem Abend, suchte es ibm seine Nachtgeräthe und legt es ihm mit holdseligen Geberden hin. 6) Bot es ihm einen frischen Trunk zum Schlaftrunk. 7) Hielt es dem Vater seine Backen dar mit Begehren, daß er darauf schla- gen sollte, zu bedeuten, daß es willig wäre, noch anjetzo alle väterliche Erinnerung, und wenn sie auch mit Schlägen geschehen sollte, zu erdulden. 8) Unterstund es sich, den Vater mit dem Stuhl aufzuheben und von der Stelle zu versetzen, anzuzeigen, wie bereit es wäre, da es nöthig, den alten, schwachen Vater zu heben und zu tragen. 9) Kniet es nieder und begehrte den väterlichen Segen, welchen es auch empfing, dabei aber dem Vater vor Freuden die Au- gen übergingen. Gotthold hörte und sah dieses und sprach: Nun bekenne ich, daß ich mein Lebelang kein lieblicher Spiel gesehen habe. Wenn ihr also spielt, wie tugendvoll muß dann euer Ernst sein? hier spielen die Engel mit, und der Höchste siehet zu und freuet sich. Mein Gott, ich halte für
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