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1. Geschichte der neuesten Revolution - S. V

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
V Es ist noch ein Geringes, was es aufhält; der Abfall schmückt sich noch mit dem Namen des Liberalismus; aber immer mehr offenbart er sich in seinem wahren Wesen, und immer sichtbarer wiederholen sich alle die Erscheinungen, welche der Revolution von 1848 vorangingen und sie be- gleiteten. Und der Feind ist nun kühn genug geworden, den Umsturz aller göttlichen Ordnungen, die Herrschaft von unten, die Verherrlichung des Menschen, als des Urquells aller Macht auf Erden, mit Verachtung der Majestät des allerhöchsten Gottes, des Schöpfers und Herrn Himmels und der Erde, frei und laut zu verkündigen. Im Rausche des ersten Revolutionssturmes geschieht Manches, was die wiederkehrende Besinnung nicht ferner zu behaupten wagt, aber in unfern Tagen ist mit kühlem Blute, mit vollem Selbstbewußtscin wider alles göttliche und menschliche Recht thatsächlich dem Volke das Recht beigelcgt worden, nach unbeschränkter menschlicher Willkühr über sich selbst zu be- stimmen, und in Folge von solchen, unter einer despotischen Schreckensherrschaft abgehaltenen Volksabstimmung sind die von Gott verordnetcn rechtmäßigen Fürsten und Obrigkeiten verjagt worden. Und wie der König zu Assyrien spricht (Jes. 9, 13.): „Ich habe die Länder anders getheilt und ihr Einkommen geraubt, und wie ein Mächtiger die Ein- wohner zu Boden geworfen, und meine Hand hat gefunden die Völker, wie ein Vogelnest, daß ich habe alle Lande zu- sammengerafft, wie man Eier aufrafft, die verlassen sind, da niemand eine Feder reget, oder den Schnabel aufsperret und zischet;" so hat auch der mächtige Repräsentant und Verfechter dieses antichristischcn Princips schon angefangen, die Länder anders zu theilen, und zu- sammen zu raffen, wie man Eier aufrafft, die verlassen sind, und es hat niemand eine Feder geregt, oder den Schnabel aufgcsperret und gczischet. Es ist ja so leicht begreiflich, daß diese antichristische Erhebung des Men- schen über alles göttliche Recht und Ordnung nicht allein die Rache dessen, der ha spricht: „Ich will meine Ehre

2. Geschichte der neuesten Revolution - S. 13

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
13 hoher Begeisterung und froher Hoffnungen getrieben hat. Die Greuel der erftcn französischen Revolution hatten Allen, welche ihr Herz nicht muthwillig gegen die Stimme der Wahrheit verstockten, gezeigt, was aus der Welt ohne Gott und Christum werden müsse und von welchen dämonischen, grundstürzendcn Machten die Volksgeister bewegt werden, wenn sie nicht mehr den hohem Ordnungen Gottes _ in Staat und Kirche gehorchen wollen. Die Freiheit, Gleich- heit und Brüderlichkeit, welche die Revolution den Franzo- sen wie den benachbarten Völkern verheißen hatte, war in die härteste Knechtschaft und Zwingherrschaft umgeschlagen und hatte der Welt genugsam bewiesen, welche Freiheit und Gleichheit man aus solchen Händen zu empfangen habe. Dagegen hatten die Kämpfer für nationale Freiheit und Un- abhängigkeit in ihrer Begeisterung („Mit Gott für König und Vaterland") ihr Vertrauen auf die Hülfe des Herrn gesetzt, und der zweimalige Sieg hatte dieses Vertrauen herr- lich gerechtfertigt. Als daher die Stifter des heiligen Bun- des erklärten, daß sie, fern von jener alten verderbten Po- litik, fortan in der Verwaltung ihrer Staaten all ihr Thun auf die erhabenen Wahrheiten der Religion gründen woll- ten; mochten wohl manche Staatsmänner über die in der Politik bisher unerhörte Sprache lächeln und auch diesem Bunde nur das Schicksal anderer heiliger Bündnisse der Vorzeit prophezeihen, aber dennoch mußte man in dem aus der Rührung einer großen Zeit stammenden Ideal eine ewige Wahrheit und Weissagung erkennen. Freilich mußte das sehr bedenklich erscheinen, was der kaum wiederhergestellte Papst Pius Vii. that. Wiewohl er es nicht verschmäht hatte, durch ketzerische Waffen wie- der auf den heiligen Stuhl gehoben zu werden, so protestile er dennoch gegen die Beschlüsse des Wiener Kongresses, suchte die alten Grundsätze des Papstthums von Neuem geltend zu machen, stellte den Orden der Jesuiten, der un- ter Katholiken und Protestanten so viel Unheil angerichtct hatte, wieder her und erklärte die protestantischen Bibelgesell- schaften für eine Pest. Damit stellte sich das Papstthum zu der ganzen Entwickelung der neuen Zeit in einen un- versöhnlichen Gegensatz, und indem cs mit starrem Geist mittelalterlicher Priesterherrschaft an dem Alten, aber auch oft Veralteten und Abgelebten festhielt und sich allen, auch den berechtigtsten Reformen in Staat und Kirche widersetzte, brach gerade im römischen Süden Europas, zunächst in

3. Geschichte der neuesten Revolution - S. 48

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
48 diese ewigen Zänkereien, die Zerrissenheit der Kammer in feindselige Parteien bewirkten endlich, daß das ganze par- lamentarische Wesen in den Augen des Volks tief herabge- würdigt wurde. Ja, ein großer Theil der Franzosen, überdrü- ßig der Freiheit durch ihre Ausartung in Frechheit und Ungebundenheit, begierig nach Ruhe nach den fieberhaften Aufregungen der Demokratie und den unermüdlichen Sor- gen der Zukunft, gelangte zu der Ansicht, daß nur die Abschaffung jeder berathenden Versammlung, das vollkom- mene Schweigen der Presse und eine unumschränkte Regie- rungsform Frankreich der Ruhe und dem Glück zurückge- den würden. Diese Sehnsucht nach einer festen Gewaltherr- schaft wurde noch vermehrt, als man die Zahl der Sozia- listen wachsen sah; denn als im Mai 1850 in der Haupt- stadt eine Ersatzwahl nöthig wurde, gelang es denselben, den geistreichen, aber sittenlosen Romanschreiber Eugen Sue in die Nationalversammlung zu bringen. Das führte zu strengem Maßregeln: zur Eintheilung Frankreichs in vier große Militärdivisionen, wodurch die Gewalt in die Hände weniger ergebener Generale kam, zur Auflösung der Mobilgarde, zur Beschränkung des Stimmrechts, zur Auf- hebung des Vereinsrechts, zu einem neuen Unterrichtsge- setz, nach welchem die oberste Leitung des Schul- und Un- terrichtöwesens der Universität entzogen und zwischen der Kirche und dem Staat getheilt wurde, da selbst nach des liberalen Thiers Ausspruch nur die christliche Kirche, als die Inhaberin der göttlich geoffenbarten Wahrheit, und die christliche Schule den hercinbrechenden Irrlehren des staats- feindlichen Sozialismus einen Damm entgegensetzen könne. In allen diesen Dingen ging der Präsident mit der Kammer noch Hand in Hand; allein der innere Zwiespalt zwischen den beiden Gewalten trat immer mehr hervor, als er zu verschiedenen Malen Erhöhung seines Gehaltes ver- langte. Auch gingen schon Gerüchte um von einem Staats- streich, von einem Umsturz der Verfassungen durch den Prä- sidenten. Die Führer der altmonarchischen Parteien droh- ten mit Aehnlichem und unternahmen Pilgerfahrten zum Herzog von Bordeaux nach Wiesbaden und zur Familie Orleans nach Claremont. Eine Fusion, eine Vereinigung und Versöhnung der ältern mit der jüngern bourbonischen Linie wurde in Aussicht gestellt. Das brachte die geheimen Pläne Ludwig Napoleons zur Reife. Die Truppen, die man 1830 und 1848 als Besiegte behandelt hatte, wurden

4. Geschichte der neuesten Revolution - S. 22

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
22 — tionellen Monarchie, in der Einigkeit der hohen Staatsge- waiten die sichern Mittel besitzen, jene Hindernisse alle weg- zuräumen und den moralischen und materiellen Interessen un- sers lieben Vaterlandes Genüge zu leisten." Bald sollte es sich zeigen, wie König Ludwig Philipp Fleisch für seinen Arm hielt, als er sein Vertrauen nicht auf Gott und sein gu- tes Recht setzte, sondern von konstitutionellen Staatsformen er- wartete, daß sie dem Feuerstrom der Empörung eine Schranke setzen und seinen Thron vor dem Umsturz sichern sollten. Zwar stimmte die Mehrzahl der Deputirtenkammer nach Illtägigen stürmischen Debatten in ihrer Adresse oder Antwort auf die Thronrede der Meinung des Königs und sci- nerminister bei und erklärte, daß nur feindselige Leiden- schaften oder b l i n d e G e l üstc die Aufregung im ganzen Lande hervorgebracht hätten; aber die Opposition in Masse ent- hielt sich der Abstimmung und beschloß, den parlamentari- schen Kampf auf einem andern Felde fortzusetzcn. Dazu schienen nun großartige Reformbankctte ein geeignetes Mit- tel, um auf das Volk und die öffentliche Meinung-zu wir- ken. Da aber der Minister des Innern, Herr Duchatel, im Laufe der Adreßverhandlungen erklärt hatte, die Regierung werde, kraft eines Gesetzes von i 790, alle Reformbankette in Zukunft verbieten, so wollten die Männer der Bewegung innerhalb und außerhalb der Kammer gegen diese, wie sie glaubten, ungerechtfertigte Beschränkung des Vcreinigungs- rechts durch einen ernsten aber friedlichen Widerstandsact prokestiren. In einem Wahlbezirke von Paris wurde ein großes Reforinbankett ungeordnet, aber vom Polizeikom- missar des Stadtviertels auf hohem Befehl untersagt. Man beschloß, an dieses Verbot sich nickt zu kehren, und N2 Deputirle uird 3 Pairs erklärten, sich zu deinsclben be- geben zu wollen (19. Februar). Diese Nachricht versetzte ganz Paris m Bewegung ' und unter allen Klassen des Volks, Handwerkern, Arbeitern, großen und kleinen Fabri- kanten und Geschäftsleuten entstand eine ungemeine Aufre- grurg und Unruhe, Gerüchte von anrückendcn Truppen lie- fen durch die Stadt, und Alles war darauf gespannt zu wis- sen, wie diese Kundgebung der Unzufriedenheit mit der Re- gierung ablaufen würde. Zehntausend Nationalgardisten hatten sich aus freien Stücken erboten, die Bankettgäste zu schützen, die Zöglinge der hohen Schulen wollten sich dem großen Zrrge der Gäste mitten durch die Stadt nach dem Bankettzelte in der Versailler Straße anschließen.

5. Geschichte der neuesten Revolution - S. 24

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
24 lebe die Reform! Nieder mit Guizot!" Da erschien Nach- mittags um 3 Uhr in der ebenfalls stürmisch aufgeregten Kammer Guizot mit der Botschaft, daß der König den Gra- fen Mols habe rufen lassen, um ihn mit der Bildung ei- nes neuen Kabinets zu beauftragen. Die Wahlreform sollte gewährt sein. Adjutanten des Königs flogen nach allen Seiten hin, um diese Nachricht weiter zu verbreiten, welche dem lebhafter und blutiger werdenden Aufstande Ein- halt thun sollte. Sie wurde überall mit Jubel aufgenom- nen, aus den Fenstern und von den Balkons wehten Tü- cher, das Feuern zwischen den Linientruppen und den Auf- ständischen ruhte, die meisten Barrikaden witrden verlassen. Nachmittags um 5 Uhr gewährten die Boulevards den nämlichen Anblick, wie an großen Volksfesttagen, so ruhig wogten Massen neugieriger Spaziergänger auf und ab, und als der Abend zu grauen anfing, bot die fast überall festlich erleuchtete Stadt einen zauberischen Anblick dar. Da trat ein Ereigniß ein, welches plötzlich die Scene veränderte. Es mochte gegen 10 Uhr sein, als unter don- nerndem Gesang der Marseillaise, unter Trommelwirbel, wehenden Fahnen und Fackelschein ein Volkshaufen von etwa 2000 Mann, der hauptsächlich aus Arbeitern der Vor- städte bestand, in guter Ordnung auf dem Boulevard der Jtaliäncr erschien, durch neuen Zuwachs immer mehr an- schwoll und zuletzt mit einer Kolonne sich vereinigte, welche dem Justizminister Hebert ein Pereat (Nieder mit ihm!) gebracht hatte. Diese Kolonne war die Bande des Repu- blikaners Lag ränge aus Lyon, die auf den Barrikaden des Quartiers St. Martin einen Theil des Tages über gekämpft batte. Sie bestand aus lauter Blousenmännern mit aufgekrämptcn Hemdärmeln und entblößten Brüsten, Gesicht und Hände von Pulver geschwärzt, durchweg mit Flinten, Säbeln oder Piken bewaffnet. Fackeln und eine rothe Fahne wurden voraus getragen. Vor dem Hotel der aus- wärtigen Angelegenheiten, Guizot's Wohnung, stieß die vorderste Kolonne des Zugs auf ein Bataillon des 14. Regiments, welches, im Viereck ausgestellt, den Durchzug verwehrte. Der Mann mic der rothen Fahne und einige Fackelträger gingen trotzig auf das Bataillon los, schwenk- ten die Fahne und die Fackeln hin und her, und das Pferd des kommandirenden Offiziers fing an sich zu bäumen. Die vorderste Reihe der Truppen gerieth in Unordnung, das Viereck that sich auf und der Offizier nahm mitten da-

6. Geschichte der neuesten Revolution - S. 25

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
25 rin seinen Platz. Plötzlich hoben und senkten sich die Ge- wehre, ein Schuß fiel, man sagt aus dein Garteil des Ho- tels, und ein langer Knall krachte hinterher. Einige fünf- zig Todte und Verwundete stürzten nieder. Unter wildem Geschrei stob die Menge auseinander und ergoß sich durch alle Stadtthcile mit dem Ruf: „Zu den Waffen! Wir sind verrathen! Man mordet uns!" Die kleine Kolonne republikanischer Blousenmänner, die vor dem Pelotonfeuer zurückgewichen war, kam unter einem fruchtbaren Rachcge- schrei nach der Blutstatte zurück, lud ein Dutzend Leichname auf einen Karren und zog unter Mordgeschrei und Wuth- geheul durch die Straßen. Inzwischen erloschen an den Häusern die Lampen, aus allen Ecken und Winkeln huschten Bewaffnete hervor, wie auf ein geheimes Machtgebot thürinten sich die Pflastersteine zu Barrikaden empor und auf allen Kirchthürmen läuteten die Sturmglocken, während die Empörer hier und da mit den Truppenpatrouillen Flintenschüsse wechselten. Als der Morgen des verhängnißvollen 24. Februar anbrach, war Paris bewaffnet bis an die Zähne, anderthalbtausend wohk- vertheidigte Barrikaden starrten den königlichen Truppen entgegen, die Revolte von gestern hatte sich in eine Revolution verwandelt. Dies war das Werk der Ver- schwornen der'geheimen, militärisch eingerichteten Gesell- schaften, welche, nachdem sie den Vorgang vor dem Hotel Guizots wahrscheinlich selbst hervorgerufen, ihn schnell zum Losbrechen benutzten, ihre Abtheilungen gu den Waffen rie- fen, die Häuser nach Waffen durchsuchten und die Waffen- läden plünderten, die Gläser- und Flaschenmagazine aus- lcerten und ihre Vorräthe über die Straßen streuten, um sie der Reiterei unzugänglich zu machen, und die Menge der übrigen Gesinnungslosen theils mit sich fortrissen theils zwangen, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen. Im Schloß der Tuilericn wußte man wenig oder nichts von dem, was in der Stadt vorging, und die Truppen be- hielten ihre Stellung bei. Nachdem Graf Molo es abge- lehnt hatte, ein neues Ministerium zu bilden, ließ der Kö- nig um Mitternacht den Herrn Thiers, eins der Häup- ter der Widerstandspartci in der Kammer, rufen, der sich auch bereit erklärte, mit Odilon-Barrot, Rem usai und Duvergier de Heu renne ein Kabinet zu bilden; Marschall Bugeaud sollte an die Spitze der bewaffneten Macht treten, doch wollte das neue Ministerium dies nicht

7. Geschichte der neuesten Revolution - S. 28

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
28 tauschte, brach die vor Zorn bleiche Königin gegen Thiers in die Worte aus: „Sie haben den Thron zerschmettert; Sie haben die Volksleidenschaften zu einem Brand ange- facht, dessen Lohe über die Monarchie zusammenschlägt. Sie sind ein Undankbarer und verdienten keinen so guten König." Zur Herzogin von Orleans, welche die Hände vor das Gesicht hielt und schluchzte, sagte der König: „Helene, Sie bleiben!" — Der kleine Graf von Paris (geb. 1838) horchte verwundert auf Alles, was gesprochen wurde; sein Bruder, der Herzog von Chartres, weinte jämmerlich. Als die fliehende Königsfamilie, aus 15 Personen bestehend, durch das große Thor des Tuilerienpalastes nach dem Kon- kordienplatz heraustrat, konnten die königlichen Wagen vor den Schüssen der Aufständischen schon das Schloß nicht mehr erreichen, und man mußte zu den kleinen Wagen seine Zuflucht nehmen, welche im Hofe zum Dienste der Adju- tanten bereit standen. Am Fuße des Obelisken, auf dem- selben Platze, wo ehemals die Guillotine stand, auf welcher das Haupt seines Vaters gefallen war, stiegen Ludwig Philipp und Marie Amalie in einen dieser kleinen Wagen. Eine Abtheilung Kürassiere begleitete den König nach St. Cloud. Aber auch die Nachricht von der Abdankung des Königs und der Flucht des greisen Königspaars brachte die Fluthen des Aufruhrs nicht zum Stillstehen, und dem General La- uro rici ère, der mit der schriftlichen Abdankung des Königs in der Hand an die Barrikade der Straße St. Honorè. heransprengte, rief man zu: „Kehren Sie um, General; die Abdankung genügt uns nicht mehr, wir wollen den Sturz der Dynastie." Um dieselbe Stunde wurde das Palais-Royal erstürmt und man hörte den allgemeinen Ruf: „Nach den Tuilerien!" Hier gab der Herzog von Nemours, überzeugt von der Erfolglosigkeit des Wider- standes, den Truppen den Befehl zum Rückzug, und eine Viertelstunde später stürzte das bewaffnete Volk gleichzeitig vom Hof und vom Garten her in den Palast, wie ein wilder Strom durch die Gemächer sich wälzend und Alles, was ihm in den Weg trat, verheerend und zermalmend. Getäfel, Spiegel, Kronleuchter, Vorhänge, Tapeten, Tep- piche, Gardinen, Alles wurde zerschlagen, zerrissen, zum Fenster hinausgeworfen. Im Thronsaale sprang ein Mann, eine rothe Fahne in der Hand, auf den Thron, wischte seine schmutzigen, nägclbeschlagenen Schuhe draus ab und

8. Geschichte der neuesten Revolution - S. 33

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
33 in einem engen Zimmer des zweiten Stocks an einem un- ansehnlichen Tische festen Platz zu fassen, um von hier aus zwei Proklamationen an das Volk zu erlassen. In der ersten ward die Republik proklamirt, mit Vorbehalt der Genehmigung des Volks, welches sofort befragt werden sollte, und die Regierung der Nation durch sich selbst ver- heißen. Die Negierung Frankreichs sollte fortan eine demo- kratische sein und die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zum leitenden Grundsatz, das „Volk" zum Wahlspruch und rur Losung haben. In der zweiten wurden D u p o n t als Präsident der neuen Regierung, die provisorischen Minister und andere Beschlüsse zur Wiederherstellung der Ordnung und des Verkehrs verkündigt. Von den Stufen des Stadt- hauses kündigte Louis Blanc dem auf dem Greveplatze versammelten Volke an, daß die provisorische Regierung die Republik wolle. Bei dieser Nachricht erscholl unermeßlicher Jubel von allen Seiten des Platzes und eine Salve von Freudenschüssen krachte in die Luft. Paris, das eben noch einen grausenerrcgenden Anblick dargeboten hatte und wo man überall auf Leichen, zerbrochene Gewehre, umgestürztc Wagen, hohe Barrikaden stieß, war am Abend des 24. Fe- bruar, wie am Tage vorher, allenthalben erleuchtet und Tausende von Neugierigen durchzogen jubelnd die Straßen, in ihrem Leichtsinn nicht bedenkend, auf welchem Vulkan sie wandelten. 3. Was die Uepubük Frankreich brachte. So hatten den Julithron drei Tage aufgerichtet und drei Tage wieder umgeworfen. Die Kunde von der Er- richtung der Republik durchlief in Sturmeseile ganz Frank- reich und bald ging aus allen Theilen des durch jene Kunde überraschten Reichs der provisorischen Regierung die Erklä- rung zu, daß man die neue Regierungöform anerkenne. Zwar traf die Negierung eiligst Anstalten, eine National- versammlung einzuberufen, um mit ihr das Weitere zu be- stimmen; aber die Folgen dieser neuen großen Staatsum- wälzung waren zunächst sehr traurig. Angst und Schre- cken bemächtigten sich der meisten Gemüther, welche sich der ersten französischen Revolution erinnerten als einer Zeit der Schreckensherrschaft, in welcher mehr unschuldiges Blut ver- gossen worden war, als während der vielen Jahrhunderte der alten Monarchie. Handel und Gewerbe geriethen we- gen Mangels an Vertrauen in Stocken, Tausende von Fa- Vtsch. d. neuesten Revol. Z

9. Geschichte der neuesten Revolution - S. 62

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
62 kann der König, als unehrenvoll für seine braven Truppen, nicht gewähren. Da entsteht ein neues, stärkeres Hin- und Herwogen, während gleichzeitig die Kavalerie das Volk et- was ^zurückdrängt und mehr Infanterie aus den Portalen des Schlosses hervortritt. Durch Zufall entladen sich ein paar Gewehre auf das Volk. Das wurden wieder verhäng- nißvolle Schüsse und kamen den Männern des Umsturzes, deil Sendlingen der revolutionären Propaganda, deren un- heimliche Gestalten wie Geister aus dem Abgrunde damals bei allen Volksbewegungen zu sehen waren, wie gerufen. Jetzt weicht Alles zurück; aber jene Aufwiegler rennen, «Mord! Verrath! zu den Waffen!" schreiend, durch die Straßen und schüren das Feuer der Empörung. Eine aus- gehängte Fahne mit dem Worte: „Mißverständniß!" wird nicht mehr beachtet. Schnell erheben sich Barrikaden, Waffenlädcn werden geplündert und es folgt eine Nacht des Schreckens, in welcher zwischen den Aufständischen und den treuen, aber wenig zahlreichen Truppen des Königs bis zur Erschöpfung der letztem gekämpft wird. Der Kampf begann bald nach 3 Uhr an der Ecke der Oberwall- und Jägerstraße, wo die erste Barrikade sich er- hob. Zwei Droschken, eine Kutsche, das Schilderhaus vom Bankgebäude, die Rinnsteinbrücken und einige Fässer dien- ten rasch zur Aufführung des Baues, der, wie überall in der Stadt, mit ftaunenswürdiger Geschicklichkeit zu Stande gebracht wurde, ein Beweis, daß wohl fremde, im Barrika- denbau erfahrene Revolutionsmänner sich zu Führern der Aufständischen aufgeworfen hatten. Bis gegen 5 Uhr Nach- mittags war die ganze Stadt, auch in den entlegensten Thei- len, mit Barrikaden überdeckt, die in manchen Straßen bis in die ersten Stockwerke hineinragten. In trauriger Verblen- dung nahmen auch Studenten an diesem Straßenkampfe Theil und steckten die schwarz-roth-goldene Kokarde auf. Hunderte von Arbeitern aus den Maschinenbauwerkstätten schlossen sich den Empörern an. Dächer wurden abgedeckt und zur Vertheidigung mit Körben voll Steinen angefüllt. Selbst Sträflinge wurden aus einem Arbeitshause, dem s. g. Ochsenkopf, befreit, um die sich dort bildenden Revolu- tionshaufen zu vermehren. Wie damals allerwärts, so fehlte es auch in Berlin nicht an den Polen, jenen Zug- vögeln der Revolution, die auf solche Weise ihr Vaterland wieder zu gewinnen wähnten. So erschien am Alerander- platz eine eigenthümliche Schaar unter der Anführung eines

10. Geschichte der neuesten Revolution - S. 64

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
64 cher und grauenvoller war der Eindruck, welchen das fort- dauernde Toben des Aufruhrs in den Gemüthern Aller her- vorbringen mußte, welchen der Aufruhr ein Greuel ist. Handwerker, Arbeiter und Tagelöhner, die man für das Luftgebilde von Freiheit und Gleichheit leicht fanatisiren und verführen konnte, bildeten die große Mehrzahl der Kam- pfenden. Verdächtige Mitglieder der Gesellschaft, die im Trüben fischen wollten, hatten sich darunter gemischt. Die eigentlichen Leiter der Bewegung lauerten, Unheil brütend, im Hintergründe. Um sich Waffen zu verschaffen, plün- derte man die Waffen- und Pulvervorräthe der Kaufleute und durchsuchte die Wohnungen der Offiziere. Während die Empörer, durch die hochgethürmten Barrikaden gedeckt, aus dem Hinterhalt kämpften, setzten sich die tteuen Trup- pen des Königs dem Barrikadenfeuer und den Steinwürfen von den Dächern auf die für sie verderblichste Weise aus, wodurch oft ganze Glieder durch Steine und Schüsse nieder- gestreckt wurden, ehe sie nur überhaupt zu einem Angriff gelangen konnten. Eine Hauptftätte mörderischen Kampfes war die Ge- gend am Aleranderplatz, in den mehrere Straßen ausmün- den und wo sich drei Barrikaden von kolossaler Bauart erhoben hatten. Hier waren nicht nur Büchsenschützen, sondern auch zwei Kanonen aufgestellt, welche man aus dem Schützenhause herbeigeholt hatte. Dort war es auch, wo mehrere Mitglieder der berliner Schützengilde, hinter einer Dachrinne versteckt, so sicher und immer nach gegenseitiger Verabredung schossen, daß sie selten den Mann, auf wel- chen sie zielten, verfehlten. Was sonst nur im Kriege ge- gen erbitterte Feinde zu geschehen pflegt, das geschah hier mit kaltem Blute gegen pflichttreue Soldaten, die nicht etwa für schnödes Geld geworbene Söldlinge, sondern Kinder des eignen Landes und Volkes waren! Ein Versuch, das Gebäude des Königsstädtischen Theaters hier in Brand zu stecken und den Schrecken und die Verwirrung durch das entfesselte Element noch zu vermehren, wurde durch noch rechtzeitig ankominende Truppenverstärkungen vereitelt. In- dessen loderten an verschiedenen andern Stellen der Stadt Brände empor; man trug sich mit dem Gerücht, daß alle königlichen Gebäude in Asche gelegt werden sollten, und die Feuerlohe, die sich in langen Streifen über den Horizont der Stadt hinwegwälzte, fügte zu dm Schrecknissen der
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