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1. Geschichte der neuesten Revolution - S. 10

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
10 Gleichheit der bürgerlichen und politischen Rechte und ent- hielt außer andern die wichtige Verheißung, daß in allen Bundesstaaten eine landständische Verfassung stattfinden und gleichförmige Verfügungen über die Preßfreiheit getroffen werden sollten. Wie wenig nun auch diese neue, unter den Einflüssen des Auslandes entstandene Verfassung geeignet zu sein schien, Deutschlands Einheit, Größe, Macht und Wohlfahrt zu voller Entwickelung kommen zu lassen; so war dennoch nach den Zeiten der Ohnmacht, der Schande und tiefsten Erniedrigung auch diese Gestaltung der Dinge in Deutschland bei treuer und weiser Verwirklichung der in der Bundesakte den Völkern gemachten Zusicherungen noch als ein großes Glück, als der Anfang einer neuen aufstei- genden Bewegung zu betrachten. Während die kleinern norddeutschen Staaten ihre alten Ständeverfassungen beibe- hielten, wurden in den süddeutschen Staaten konstitutionelle Verfassungen eingeführt. Auch König Friedrich Wil- helm Iii. von Preußen hatte in der berühmten Kabincts- ordre vom 22. Mai 1815 die Einführung von Reichs- ständen verheißen, nachmals aber, durch manche Erschei- nungen der Zeit bedenklich gemacht und in der konstitu- tionellen Staatsform für Preußens Einheit und Macht Gefahr ahnend, sich auf die Einführung von blos bera- thenden Provinzialständen beschränkt. Ueberhaupt kam auch in Preußen der Staatsgrundsatz des österreichischen Staatskanzlers Fürstert von Metternich immer mehr in Geltrurg, nach welchem Aufrechterhaltung alles Dessen, was vorhanden ist, als höchstes Ziel einer weisen Politik be- zeichnet wurde. Selbst Männer, wie Arndt, Jahn u. A., deren Wort und Beispiel in den Zeiten der Roth von so großer Wirkung gewesen, wurden nun als Förderer ge- fährlicher Neuerungen vor Gericht gestellt, ihrer Aemter entsetzt, von der Polizei überwacht. Daher fehlte es auch in Deutschland nach der franzö- sischen Julirevolution nicht ganz an revolutionären Bewe- gungen, namentlich in Braun schweig, in den König- reichen Sachsen und Hannover, im Kurfürstenthum Hessen-Kassel, und auch in diesen Ländern wurden ge- mäß den Volkswünschen und -Bedürfnissen ähnliche Verfas- sungen bewilligt, wie sie Bayern, Württemberg und andere Staaten schon länger besaßen. In den beiden größer» Staaten jedoch blieb es nach der Julirevolution verhältniß- mäßig ruhig, zumal da in Preußen dein unumschränkten

2. Geschichte der neuesten Revolution - S. 47

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
47 Bordeaur, den man angelogen hatte, der Befehl zum Thei- len sei aus Paris gekommen. Sogleich, erzählt man, ging er zum Ortsvorsteher und verlangte des Nachbars Wiese; der aber sagte ihm: „Du kommst zu spat, schon hat Einer nicht nur die Wiese Deines Nachbars, sondern auch Dei- nen Garten verlangt." Wüthend schrie der Bauer: „Mei- nen Garten? Ich hole die Muskete und will dem Kerl zeigen, wo er her ist." — Insbesondere aber reizte der Um- stand, daß der Präsident die neue römische Republik durch französische Waffen unterdrückte, Len Zorn der (Lozialisten- partei in der Kammer. Als daher am 12. Mai 1849 ein Antrag ihres Führers Ledru-Rollin auf Anklage des Prä- sidenten und seiner Minister in der Kammer durchfiel, mach- ten die Mitglieder der äußersten Linken am folgenden Tage einen Versuch, sich als Nationalversammlung zu konftitui- ren und erließen ein Manifest an Volk und Heer. Durch große Massen verstärkt, zogen sie nach dem Palast des Prä- sidenten, dem Elysse, und nach dem Palast Bourbon, wo die Nationalversammlung ihren Sitz hatte. In der Mar- tinsstraßc stiegen Barrikaden empor. Allein der General Changarnier schlug auch diesmal den Aufstand schnell nie- der. Die Führer oder Theilnchmer desselben wurden zum Theil verhaftet und dcportirt, zum Theil flohen sie, wie Ledru-Rollin, nach England. Paris wurde in Belagerungs- zustand erklärt, die Presse immer mehr beschränkt und die erschrockene Kammer lieh dem Präsidenten bereitwillig ihren Arm zur Unterdrückung der republikanischen Freiheiten. Nach der ersten Vertagung der Kammer im August 1849 unternahm der Präsident, um sich populär zu ma- chen, Reisen in die Provinzen, hielt Ansprachen an Beamte und Korporationen und, während die wiederversammelte Kammer sich durch tumultuarische Auftritte bei allen gut- gesinnten Bürgern und durch ihre reaktionären Maßregeln bei den Republikanern um alles Ansehen brachte, suchten seine Anhänger in besondern öffentlichen Blättern und durch die Gründung der bonapartistischen „Gesellschaft vom 10. Dezember" ihn als die einzige Stütze Frankreichs, als den Retter vor den Greueln der Anarchie darzuftellen. Er selbst umgab sich am 31. Oktober 1849 mit einem ganz bonapartiftisch gesinnten Ministerium und stellte eine Menge ihm ergebener Präsekte und Beamten an. Dagegen dauerten in der Kammer die Zänkereien und Partcistrcitigkeiten fort und hinderten das Zustandekommen weiser Gesetze. Aber

3. Geschichte der neuesten Revolution - S. 21

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
21 Iv. Die französische Februarrevolution (24. Fe- bruar 1848). Da fuhr der Herr hernieder, daß er sähe die Stadt und Thurm, die die Menschenkinder baueten. l Mos. 1t, 5. 1. Der Umsturz des Aukitljrones. Die Littnaljme der Huilerien. Die Sitzungen der Kammern in Paris vom Jahr 1847 hatten sehr stürmisch geendigt. Die Mehrzahl der Abge- ordneten hatte nichts wissen wollen von den geheimen Schä- den der Regierung und Verwaltung, welche man aufgedeckt, von den Umtrieben und Bestechungen bei den Wahlen, die man enthüllt hatte. Da kamen die Mitglieder der Oppo- sitionspartei in den Kammern auf den Gedanken, öffentliche Gastmählcr oder Banketts zu veranstalten und durch die dabei gehaltenen Reden die Nothwendigkeit einer Wahlre- form in großem Volkskrcisen zu verkündigen. Das Ban- kett im Chateau Rouge bei Paris machte den Anfang und fand bei den Reformfreunden solchen Anklang, daß kurz nach einander in Paris und ganz Frankreich zahlreiche Reformbankette gehalten wurden, bei welchen die sonst ge- wöhnlich auf den König ausgebrachten Lebehochs entweder ganz wegblieben oder von dem donnernden Gesänge des berüchtigten Freiheitslieds der Marseillaise übertönt wurden. In kurzer Zeit durchlief, wie eine Flamme, die Aufregung alle Provinzen, und allenthalben ertönte der Ruf nach Re- formen. Der König selbst sah in den politischen Gastmäh- lern nur ein ohnmächtiges Revolutionsstreben, und als einige seiner Rathgeber iin Ministerrath schüchterne Bedenk- lichkeiten äußerten, sprach er: „Gehen Sie doch, meine Herren; ist es an mir. Ihnen Muth einzusprechen? Glau- den Sie, es sei so leicht eine Regierung umzustoßen, an deren Begründung wir 17 Jahre lang gearbeitet haben? Die Schikanen und Kabalen einiger ehrgeiziger Wirr- und Stru- delköpfe werden an unserer Festigkeit zerschellen." Als daher Anfang Februar 1848 die Kammern eröffnet wurden, ließ er in der Thronrede folgenden zurechtweisenden Paragra- phen einflicßen: „Meine Herren, je weiter ich im Leben vorrücke, desto eifriger widme ich, was mir Gott an Kraft und Thätigkeit verliehen und noch vergönnt, dem Dienste Frankreichs, der Obhut seiner Interessen, seiner Würde und Wohlfahrt. Bei der Aufregung, welche feindselige und blinde Leidenschaften anfachen, beseelt und stärkt mich sine Ueberzeugung: nämlich die, daß wir in der konstitu-

4. Geschichte der neuesten Revolution - S. 22

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
22 — tionellen Monarchie, in der Einigkeit der hohen Staatsge- waiten die sichern Mittel besitzen, jene Hindernisse alle weg- zuräumen und den moralischen und materiellen Interessen un- sers lieben Vaterlandes Genüge zu leisten." Bald sollte es sich zeigen, wie König Ludwig Philipp Fleisch für seinen Arm hielt, als er sein Vertrauen nicht auf Gott und sein gu- tes Recht setzte, sondern von konstitutionellen Staatsformen er- wartete, daß sie dem Feuerstrom der Empörung eine Schranke setzen und seinen Thron vor dem Umsturz sichern sollten. Zwar stimmte die Mehrzahl der Deputirtenkammer nach Illtägigen stürmischen Debatten in ihrer Adresse oder Antwort auf die Thronrede der Meinung des Königs und sci- nerminister bei und erklärte, daß nur feindselige Leiden- schaften oder b l i n d e G e l üstc die Aufregung im ganzen Lande hervorgebracht hätten; aber die Opposition in Masse ent- hielt sich der Abstimmung und beschloß, den parlamentari- schen Kampf auf einem andern Felde fortzusetzcn. Dazu schienen nun großartige Reformbankctte ein geeignetes Mit- tel, um auf das Volk und die öffentliche Meinung-zu wir- ken. Da aber der Minister des Innern, Herr Duchatel, im Laufe der Adreßverhandlungen erklärt hatte, die Regierung werde, kraft eines Gesetzes von i 790, alle Reformbankette in Zukunft verbieten, so wollten die Männer der Bewegung innerhalb und außerhalb der Kammer gegen diese, wie sie glaubten, ungerechtfertigte Beschränkung des Vcreinigungs- rechts durch einen ernsten aber friedlichen Widerstandsact prokestiren. In einem Wahlbezirke von Paris wurde ein großes Reforinbankett ungeordnet, aber vom Polizeikom- missar des Stadtviertels auf hohem Befehl untersagt. Man beschloß, an dieses Verbot sich nickt zu kehren, und N2 Deputirle uird 3 Pairs erklärten, sich zu deinsclben be- geben zu wollen (19. Februar). Diese Nachricht versetzte ganz Paris m Bewegung ' und unter allen Klassen des Volks, Handwerkern, Arbeitern, großen und kleinen Fabri- kanten und Geschäftsleuten entstand eine ungemeine Aufre- grurg und Unruhe, Gerüchte von anrückendcn Truppen lie- fen durch die Stadt, und Alles war darauf gespannt zu wis- sen, wie diese Kundgebung der Unzufriedenheit mit der Re- gierung ablaufen würde. Zehntausend Nationalgardisten hatten sich aus freien Stücken erboten, die Bankettgäste zu schützen, die Zöglinge der hohen Schulen wollten sich dem großen Zrrge der Gäste mitten durch die Stadt nach dem Bankettzelte in der Versailler Straße anschließen.

5. Geschichte der neuesten Revolution - S. 24

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
24 lebe die Reform! Nieder mit Guizot!" Da erschien Nach- mittags um 3 Uhr in der ebenfalls stürmisch aufgeregten Kammer Guizot mit der Botschaft, daß der König den Gra- fen Mols habe rufen lassen, um ihn mit der Bildung ei- nes neuen Kabinets zu beauftragen. Die Wahlreform sollte gewährt sein. Adjutanten des Königs flogen nach allen Seiten hin, um diese Nachricht weiter zu verbreiten, welche dem lebhafter und blutiger werdenden Aufstande Ein- halt thun sollte. Sie wurde überall mit Jubel aufgenom- nen, aus den Fenstern und von den Balkons wehten Tü- cher, das Feuern zwischen den Linientruppen und den Auf- ständischen ruhte, die meisten Barrikaden witrden verlassen. Nachmittags um 5 Uhr gewährten die Boulevards den nämlichen Anblick, wie an großen Volksfesttagen, so ruhig wogten Massen neugieriger Spaziergänger auf und ab, und als der Abend zu grauen anfing, bot die fast überall festlich erleuchtete Stadt einen zauberischen Anblick dar. Da trat ein Ereigniß ein, welches plötzlich die Scene veränderte. Es mochte gegen 10 Uhr sein, als unter don- nerndem Gesang der Marseillaise, unter Trommelwirbel, wehenden Fahnen und Fackelschein ein Volkshaufen von etwa 2000 Mann, der hauptsächlich aus Arbeitern der Vor- städte bestand, in guter Ordnung auf dem Boulevard der Jtaliäncr erschien, durch neuen Zuwachs immer mehr an- schwoll und zuletzt mit einer Kolonne sich vereinigte, welche dem Justizminister Hebert ein Pereat (Nieder mit ihm!) gebracht hatte. Diese Kolonne war die Bande des Repu- blikaners Lag ränge aus Lyon, die auf den Barrikaden des Quartiers St. Martin einen Theil des Tages über gekämpft batte. Sie bestand aus lauter Blousenmännern mit aufgekrämptcn Hemdärmeln und entblößten Brüsten, Gesicht und Hände von Pulver geschwärzt, durchweg mit Flinten, Säbeln oder Piken bewaffnet. Fackeln und eine rothe Fahne wurden voraus getragen. Vor dem Hotel der aus- wärtigen Angelegenheiten, Guizot's Wohnung, stieß die vorderste Kolonne des Zugs auf ein Bataillon des 14. Regiments, welches, im Viereck ausgestellt, den Durchzug verwehrte. Der Mann mic der rothen Fahne und einige Fackelträger gingen trotzig auf das Bataillon los, schwenk- ten die Fahne und die Fackeln hin und her, und das Pferd des kommandirenden Offiziers fing an sich zu bäumen. Die vorderste Reihe der Truppen gerieth in Unordnung, das Viereck that sich auf und der Offizier nahm mitten da-

6. Geschichte der neuesten Revolution - S. 25

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
25 rin seinen Platz. Plötzlich hoben und senkten sich die Ge- wehre, ein Schuß fiel, man sagt aus dein Garteil des Ho- tels, und ein langer Knall krachte hinterher. Einige fünf- zig Todte und Verwundete stürzten nieder. Unter wildem Geschrei stob die Menge auseinander und ergoß sich durch alle Stadtthcile mit dem Ruf: „Zu den Waffen! Wir sind verrathen! Man mordet uns!" Die kleine Kolonne republikanischer Blousenmänner, die vor dem Pelotonfeuer zurückgewichen war, kam unter einem fruchtbaren Rachcge- schrei nach der Blutstatte zurück, lud ein Dutzend Leichname auf einen Karren und zog unter Mordgeschrei und Wuth- geheul durch die Straßen. Inzwischen erloschen an den Häusern die Lampen, aus allen Ecken und Winkeln huschten Bewaffnete hervor, wie auf ein geheimes Machtgebot thürinten sich die Pflastersteine zu Barrikaden empor und auf allen Kirchthürmen läuteten die Sturmglocken, während die Empörer hier und da mit den Truppenpatrouillen Flintenschüsse wechselten. Als der Morgen des verhängnißvollen 24. Februar anbrach, war Paris bewaffnet bis an die Zähne, anderthalbtausend wohk- vertheidigte Barrikaden starrten den königlichen Truppen entgegen, die Revolte von gestern hatte sich in eine Revolution verwandelt. Dies war das Werk der Ver- schwornen der'geheimen, militärisch eingerichteten Gesell- schaften, welche, nachdem sie den Vorgang vor dem Hotel Guizots wahrscheinlich selbst hervorgerufen, ihn schnell zum Losbrechen benutzten, ihre Abtheilungen gu den Waffen rie- fen, die Häuser nach Waffen durchsuchten und die Waffen- läden plünderten, die Gläser- und Flaschenmagazine aus- lcerten und ihre Vorräthe über die Straßen streuten, um sie der Reiterei unzugänglich zu machen, und die Menge der übrigen Gesinnungslosen theils mit sich fortrissen theils zwangen, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen. Im Schloß der Tuilericn wußte man wenig oder nichts von dem, was in der Stadt vorging, und die Truppen be- hielten ihre Stellung bei. Nachdem Graf Molo es abge- lehnt hatte, ein neues Ministerium zu bilden, ließ der Kö- nig um Mitternacht den Herrn Thiers, eins der Häup- ter der Widerstandspartci in der Kammer, rufen, der sich auch bereit erklärte, mit Odilon-Barrot, Rem usai und Duvergier de Heu renne ein Kabinet zu bilden; Marschall Bugeaud sollte an die Spitze der bewaffneten Macht treten, doch wollte das neue Ministerium dies nicht

7. Geschichte der neuesten Revolution - S. 28

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
28 tauschte, brach die vor Zorn bleiche Königin gegen Thiers in die Worte aus: „Sie haben den Thron zerschmettert; Sie haben die Volksleidenschaften zu einem Brand ange- facht, dessen Lohe über die Monarchie zusammenschlägt. Sie sind ein Undankbarer und verdienten keinen so guten König." Zur Herzogin von Orleans, welche die Hände vor das Gesicht hielt und schluchzte, sagte der König: „Helene, Sie bleiben!" — Der kleine Graf von Paris (geb. 1838) horchte verwundert auf Alles, was gesprochen wurde; sein Bruder, der Herzog von Chartres, weinte jämmerlich. Als die fliehende Königsfamilie, aus 15 Personen bestehend, durch das große Thor des Tuilerienpalastes nach dem Kon- kordienplatz heraustrat, konnten die königlichen Wagen vor den Schüssen der Aufständischen schon das Schloß nicht mehr erreichen, und man mußte zu den kleinen Wagen seine Zuflucht nehmen, welche im Hofe zum Dienste der Adju- tanten bereit standen. Am Fuße des Obelisken, auf dem- selben Platze, wo ehemals die Guillotine stand, auf welcher das Haupt seines Vaters gefallen war, stiegen Ludwig Philipp und Marie Amalie in einen dieser kleinen Wagen. Eine Abtheilung Kürassiere begleitete den König nach St. Cloud. Aber auch die Nachricht von der Abdankung des Königs und der Flucht des greisen Königspaars brachte die Fluthen des Aufruhrs nicht zum Stillstehen, und dem General La- uro rici ère, der mit der schriftlichen Abdankung des Königs in der Hand an die Barrikade der Straße St. Honorè. heransprengte, rief man zu: „Kehren Sie um, General; die Abdankung genügt uns nicht mehr, wir wollen den Sturz der Dynastie." Um dieselbe Stunde wurde das Palais-Royal erstürmt und man hörte den allgemeinen Ruf: „Nach den Tuilerien!" Hier gab der Herzog von Nemours, überzeugt von der Erfolglosigkeit des Wider- standes, den Truppen den Befehl zum Rückzug, und eine Viertelstunde später stürzte das bewaffnete Volk gleichzeitig vom Hof und vom Garten her in den Palast, wie ein wilder Strom durch die Gemächer sich wälzend und Alles, was ihm in den Weg trat, verheerend und zermalmend. Getäfel, Spiegel, Kronleuchter, Vorhänge, Tapeten, Tep- piche, Gardinen, Alles wurde zerschlagen, zerrissen, zum Fenster hinausgeworfen. Im Thronsaale sprang ein Mann, eine rothe Fahne in der Hand, auf den Thron, wischte seine schmutzigen, nägclbeschlagenen Schuhe draus ab und

8. Geschichte der neuesten Revolution - S. 33

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
33 in einem engen Zimmer des zweiten Stocks an einem un- ansehnlichen Tische festen Platz zu fassen, um von hier aus zwei Proklamationen an das Volk zu erlassen. In der ersten ward die Republik proklamirt, mit Vorbehalt der Genehmigung des Volks, welches sofort befragt werden sollte, und die Regierung der Nation durch sich selbst ver- heißen. Die Negierung Frankreichs sollte fortan eine demo- kratische sein und die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zum leitenden Grundsatz, das „Volk" zum Wahlspruch und rur Losung haben. In der zweiten wurden D u p o n t als Präsident der neuen Regierung, die provisorischen Minister und andere Beschlüsse zur Wiederherstellung der Ordnung und des Verkehrs verkündigt. Von den Stufen des Stadt- hauses kündigte Louis Blanc dem auf dem Greveplatze versammelten Volke an, daß die provisorische Regierung die Republik wolle. Bei dieser Nachricht erscholl unermeßlicher Jubel von allen Seiten des Platzes und eine Salve von Freudenschüssen krachte in die Luft. Paris, das eben noch einen grausenerrcgenden Anblick dargeboten hatte und wo man überall auf Leichen, zerbrochene Gewehre, umgestürztc Wagen, hohe Barrikaden stieß, war am Abend des 24. Fe- bruar, wie am Tage vorher, allenthalben erleuchtet und Tausende von Neugierigen durchzogen jubelnd die Straßen, in ihrem Leichtsinn nicht bedenkend, auf welchem Vulkan sie wandelten. 3. Was die Uepubük Frankreich brachte. So hatten den Julithron drei Tage aufgerichtet und drei Tage wieder umgeworfen. Die Kunde von der Er- richtung der Republik durchlief in Sturmeseile ganz Frank- reich und bald ging aus allen Theilen des durch jene Kunde überraschten Reichs der provisorischen Regierung die Erklä- rung zu, daß man die neue Regierungöform anerkenne. Zwar traf die Negierung eiligst Anstalten, eine National- versammlung einzuberufen, um mit ihr das Weitere zu be- stimmen; aber die Folgen dieser neuen großen Staatsum- wälzung waren zunächst sehr traurig. Angst und Schre- cken bemächtigten sich der meisten Gemüther, welche sich der ersten französischen Revolution erinnerten als einer Zeit der Schreckensherrschaft, in welcher mehr unschuldiges Blut ver- gossen worden war, als während der vielen Jahrhunderte der alten Monarchie. Handel und Gewerbe geriethen we- gen Mangels an Vertrauen in Stocken, Tausende von Fa- Vtsch. d. neuesten Revol. Z

9. Geschichte der neuesten Revolution - S. 61

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
61 derung des stehenden Heeres und Volksbewaffnung mit freier Wahl der Führer, allgemeine deutsche Volksvertretung und schleunigste Einberufung des Vereinigten Landtags. Als diese stürinischen und immer revolutionärer sich gebärdenden Versammlungen endlich verboten wurden, kam es am 13. März schon zu Reibungen mit Polizei und Militär, am 15. zu Barrikaden, am 16. gab's bereits Todte im Kampfe. Der König versprach inveß Berufung des Ver- einigten Landtags auf den 27. April. Das schien Vielen schon zu lange verschoben. Da kamen die Nachrichten von den Vorgängen in Wien an, und am 17. März erschien eine Deputation des Gemeinderaths zu Köln am Rhein, welche am Morgen des 18. von dem Könige im Schloß empfangen wurde, in Gegenwart des Prinzen von Preu- ßen. Der Sprecher derselben, Bürgermeister von Wittgen- stein, schilderte mit ergreifenden Worten den Zustand der so erregten und von den Freiheitsideen nach französischem Zu- schnitt begeisterten Rheinprovinz und gab nicht undeutlich zu verstehen, daß die Rheinländer von Preußen abfallen könnten, wenn ihren Forderungen nicht schleunigst gewill- fahrt würde. Der König sagte in großer Bewegung, aber auf außerordentlich huldvolle Weise der Deputation Preß- freiheit, Einberufung des Landtags schon zum 1. April, ferner Bürgerbewaffnung, größer» Wirkungskreis der Stände, im Innern mehr Freiheit zu. Er werde sich selbst an die Spitze der Bewegung stellen. Eine Proklamation erschien mit diesen Zusagen und mit der Verheißung der Vertretung der Völker beim deutschen Bunde. Das war mehr, als noch vor wenigen Tagen die kühnste Phantasie zu hoffen ge- wagt hatte. Ungeheure Volksmasscn drängen sich zum kö- niglichen Schloß, um dem König zu danken; unter der Be- völkerung herrscht allgemeiner Jubel und man bereitet fuf den Abend eine allgemeine Illumination vor. Der König selbst erscheint zwei Mal auf dem Balkon des Schlosses, wo er von unten durch einen tausendstimmigen Jubelruf der Bürger begrüßt wird. Das geschah den 18. März Nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr. Bürgerschützen pflan- zen auf dem gegenüberliegenden Balkon des Schloßplatzes die preußische Fahne auf, wozu auf der einen Seite Bei- fall geklatscht wird, während man auf der andern die deut- sche Nationalfahne in Schwarz-Roth-Gold verlangt. Plötz- lich erschallt inmitten des Jubels der anhaltende unheimliche Ruft „Fort mit dem Militär! Das Militär zurück!" Das

10. Geschichte der neuesten Revolution - S. 62

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
62 kann der König, als unehrenvoll für seine braven Truppen, nicht gewähren. Da entsteht ein neues, stärkeres Hin- und Herwogen, während gleichzeitig die Kavalerie das Volk et- was ^zurückdrängt und mehr Infanterie aus den Portalen des Schlosses hervortritt. Durch Zufall entladen sich ein paar Gewehre auf das Volk. Das wurden wieder verhäng- nißvolle Schüsse und kamen den Männern des Umsturzes, deil Sendlingen der revolutionären Propaganda, deren un- heimliche Gestalten wie Geister aus dem Abgrunde damals bei allen Volksbewegungen zu sehen waren, wie gerufen. Jetzt weicht Alles zurück; aber jene Aufwiegler rennen, «Mord! Verrath! zu den Waffen!" schreiend, durch die Straßen und schüren das Feuer der Empörung. Eine aus- gehängte Fahne mit dem Worte: „Mißverständniß!" wird nicht mehr beachtet. Schnell erheben sich Barrikaden, Waffenlädcn werden geplündert und es folgt eine Nacht des Schreckens, in welcher zwischen den Aufständischen und den treuen, aber wenig zahlreichen Truppen des Königs bis zur Erschöpfung der letztem gekämpft wird. Der Kampf begann bald nach 3 Uhr an der Ecke der Oberwall- und Jägerstraße, wo die erste Barrikade sich er- hob. Zwei Droschken, eine Kutsche, das Schilderhaus vom Bankgebäude, die Rinnsteinbrücken und einige Fässer dien- ten rasch zur Aufführung des Baues, der, wie überall in der Stadt, mit ftaunenswürdiger Geschicklichkeit zu Stande gebracht wurde, ein Beweis, daß wohl fremde, im Barrika- denbau erfahrene Revolutionsmänner sich zu Führern der Aufständischen aufgeworfen hatten. Bis gegen 5 Uhr Nach- mittags war die ganze Stadt, auch in den entlegensten Thei- len, mit Barrikaden überdeckt, die in manchen Straßen bis in die ersten Stockwerke hineinragten. In trauriger Verblen- dung nahmen auch Studenten an diesem Straßenkampfe Theil und steckten die schwarz-roth-goldene Kokarde auf. Hunderte von Arbeitern aus den Maschinenbauwerkstätten schlossen sich den Empörern an. Dächer wurden abgedeckt und zur Vertheidigung mit Körben voll Steinen angefüllt. Selbst Sträflinge wurden aus einem Arbeitshause, dem s. g. Ochsenkopf, befreit, um die sich dort bildenden Revolu- tionshaufen zu vermehren. Wie damals allerwärts, so fehlte es auch in Berlin nicht an den Polen, jenen Zug- vögeln der Revolution, die auf solche Weise ihr Vaterland wieder zu gewinnen wähnten. So erschien am Alerander- platz eine eigenthümliche Schaar unter der Anführung eines
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