füllung gegangen sind, wie das durch ihn gegründete Reich
auf Erden sich auszubreiten begonnen, und die Menschen
durch ihn zur Gemeinschaft mit Gokt zurückgeführt sind.
Beide Testamente verhalten sich zu einander, wie Verheißung
und Erfüllung, wie Anfang und Vollendung, wie Dämme-
rung und Tageslicht, wie Zucht und Gnade, wie Gesetz
und Evangelium.
Es ist euch bekannt, wie die Bücher sowohl des alten
als des neuen Testamentes theils Geschichtsbücher sind,
welche die Geschichte des Reiches Gottes, theils Lehrbü-
cher, welche die von Gott geoffenbarte Lehre, theils pro-
phetische Bücher, welche die Verheißungen des von Gott
den Menschen zugedachten Heils enthalten. Ihr müßt hie-
bei aber wohl beachten, daß in den Geschichtsbüchern auch
Lehre und Weissagung, in den Lehrbüchern ebenfalls Weis-
sagung nebst Geschichte, und in den prophetischen Büchern
auch wieder Geschichte und Lehre häufig vorkommt; denn das
Wort Gottes sondert nicht, wie die Menschen sondern, vielmehr
sucht es immer auf allerlei Weise uns zur Erkenntniß des
uns geschenkten Heils zu führen. Diese verschiedenen Bü-
cher haben nicht von Anfang an sich in der Vereinigung be-
funden, in welcher die Bibel sie jetzt zeigt; die Verfasser
derselben lebten zu sehr verschiedenen Zeiten; die Sammlung
und Zusammenstellung der biblischen Bücher ist aber eben so
sehr unter der besondern Leitung Gottes geschehen, als ihre
Abfassung, so daß wir ganz gewiß sein können, wir haben
darin das wahrhaftige Wort Gottes. Man nennt diejenigen
Bücher der Schrift, über deren göttlichen Ursprung die Kirche
nie Zweifel gehabt hat, kanonische. Diese Benennung
kommt her von dem griechischen Worte Kanon, welches so viel
als Richtschnur heißt, und es soll dadurch angezeigt werden,
daß die danach benannten Bücher die Richtschnur unsers
Glaubens bilden sollen. Diejenigen Lehren daher, welche
mit ihrem Inhalte nicht übereinstimmen, sollen wir nicht
glauben und annehmen. In unseren Bibeln finden sich außer
den kanonischen auch noch die sogenannten apokryphi-
schen Bücher; das sind solche, deren göttlicher Ursprung
verborgen oder unbekannt ist; diese sind wohl gut und nütz-
lich zu lesen, aber man kann nach ihnen nicht entscheiden,
ob eine Lehre wahr und göttlich sei. Was aber in einem
jeden einzelnen von diesen, wie von den kanonischen Büchern
beider Testamente steht, das sollt ihr jetzt hören.
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
21
übrigen heiligen Schriften gleich geachtet sind, weshalb sogar
von einigen Christen gegenwärtiger Zeit eine Trennung der-
selben von unsrer Bibel in Vorschlag gebracht und auch
ausgeführt ist. Wenn nun auch hin und wieder einige Un-
richtigkeiten in denselben vorkommen, so sind sie doch, wie
schon Luther geurtheilt hat, gut und nützlich zu lesen, theils,
weil sie über den Zustand des jüdischen Volks zwischen den
letzten Propheten und der Erscheinung Jesu Christi uns wich-
tige Aufschlüsse geben, theils, weil sie viele nachahmungs-
würdige Crempel und gute Lehren enthalten.
Das Buch Judith erzählt die Geschichte einer Jüdin,
welche durch ihren Heldenmuth ihre Vaterstadt Bethulia be-
sreiete, die von Holofernes, — angeblich ein Feldherr Ne-
bucadnezars, — belagert wurde. Es stellt das gläubige
Israel im Kriegsstande dar.
Das Buch der Weisheit enthält nur eine Nachah-
mung der Sprüche Salomos, aber es ist nicht von Salomo,
sondern von einem unbekannten Verfasser, der nach der Sitte
der damaligen Zeit Salomos Namen zur Empfehlung seiner
Lehren gebrauchte. Das Buch lobt die himmlische Weisheit
und zeigt, wie sie von den Gottlosen zu ihrem eignen Ver-
derben verachtet wird, wie die Frommen, welche sie lieben,
zwar um ihretwillen in dieser Welt viel leiden müssen, aber
doch wahrhaft glücklich durch sie werden hier und dort.
Das Buch Tobia erzählt die Geschichte eineö from-
men Juden in der assyrischen Gefangenschaft, der seinen Glau-
bensgenossen viel Gutes that, aber viele Trübsale zu erdul-
den hatte, und blind wurde. Sein frommer Sohn, den der
Vater mit einem wichtigen Auftrage in eine ferne Gegend
schickt, erfährt auf der Reise den besondern Schutz Gottes,
kehrt mit Glück und Segen und einem Mittel zurück, wo-
durch sein Vater das Gesicht wieder erhält. Die unmuthige
Erzählung stellt das gläubige Israel im Hausstande dar, und
gibt die wichtige Lehre, daß, wer Gott vertraut, die Hilfe
Gottes auch zur rechten Zeit und auf wunderbare Weise
erfährt.
Jefus, der Sohn Sirachs, hat die köstlichen Per-
len seiner vielumfassenden Sinn-und Sittensprüche, Lehren
und Betrachtungen, welche den Salomonischen an bewährter
Weisheit nicht weit nachstehen, etwa 200 Jahr v. Chr. G.
zusammengereihet, und sein Enkel hat den hebräischen Tert
des Buches ins Griechische übersetzt.
Das Buch Baruch enthält ein Sendschreiben von Kla-
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26
liläa und zuletzt noch ein Mal in Jerusalem, wo er von
ihnen Abschied nahm und sichtbar vor ihnen auffuhr gen
Himmel mit der Versicherung, daß er bei ihnen sein werde
alle Tage bis an der Welt Ende.
Diese einzige, wunderbarste und glorreichste Geschichte
Jesu Christi, welche die Hoffnung aller vergangenen und
zukünftigen Zeiten bildet, ist verzeichnet von den Evange-
listen Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.
Alle Vier berichten dieselbe in übereinstimmender Weise, je-
doch so, daß ein Jeder derselben einen besondern Zweck ver-
folgt und den Andern ergänzt; die in den Evangelien vor-
kommenden Widersprüche sind daher nur scheinbar; und lie-
fern einen nur um so stärkern Beweis von der Wahrheit der
evangelischen Geschichte. Matthäus, der auch Levi hieß
(Mark. 2, 14. Luk. 5, 27.), war einer der zwölf Jünger
Jesu, früher ein Zöllner. (Matth. 9, 9.) Sein Evangelium
ist wahrscheinlich das älteste unter den vieren und ursprüng-
lich in hebräischer Sprache geschrieben. Er will durch seine
Erzählung den Beweis liefern, daß der Mensch Jesus von
Nazareth der göttliche Messias sei. Markus hieß auch
Johannes (Apg. 12, 12. 25. 13, 13. 15, 37.) und war
ein Schüler und Gehilfe des Petrus, der ihn deßwegen sei-
nen Sohn nennt, (l Petr. 5, 13.) Aus dessen Mitihei-
lungen und mit Benutzung des Evangeliums Matthäi hat
er das Leben des Herrn in kurzen kräftigen Zügen, mit
Hinweglassung der Jugendgeschichte, wahrscheinlich zu Rom
für die dortigen Christen dargestellt. Lukas, von Antiochia
in Syrien, seines Standes wahrscheinlich ein Arzt (Col. 4,
14.), war ein Gehilfe und Reisegefährte des Apostels Pau-
lus (2 Tim. 4, 11. Apg. 16, 19. 29, 5. 6. 13.) und
soll sein Evangelium 29 Jahre nach der Himmelfahrt dès
Herrn in Macedonien geschrieben haben. Ec ist der genaue
Forscher, der gebildete, planmäßige und überall ergänzende
Geschichtsschreiber. Johannes ist der Lieblingsjünger und
Verwandte Jesu, Sohn des Fischers Zebedäus und der Sa-
lome, Bruder des Jakob^s, aus Galiläa gebürtig. Er soll
die Mutter des Herrn, s» lange sie nach dessen Tode ge-
lebt, nämlich 15 Jahre, zu Jerusalem verpflegt haben. Her-
nach hielt er sich in Kleinasien auf, wo er den in der Of-
fenbarung genannten sieben Gemeinden vorstand und größten-
iheils zu Ephesus wohnte, Hon da wurde er unter dem
römischen Kaiser Domitianus arf die benachbarte Insel Pat-
mos verwiesen, wo er die Offerffarung empfing. Hierauf
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Extrahierte Personennamen: Jesu_Christi Markus Lukas Johannes Matthäus Markus Johannes Lukas Apostels Johannes Fischers_Zebedäus Domitianus
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Jesu Nazareth Rom Antiochia Syrien Macedonien Galiläa Kleinasien Ephesus
28
stehliche Hand des Herrn; er wird ans einem Saulus ein
Paulus. Er ist das auserwählte Rüstzeug, welches den
Namen des Herrn zu den Heiden bringen soll; eine neue
Zeit beginnt für das Reich Gottes; immer reicher und voll-
ständiger entfaltet sich die Erfüllung der göttlichen Verhei-
ßungen. Petrus bahnt dem großen Apostel der Heiden den
Weg. Er, wie alle Apostel, den Sinn ihres Volkes thei-
lend, scheut jede Berührung mit den abgöttischen Heiden.
Ein Gesicht vom Herrn aber belehrt ihn, daß er ohne Be-
denken zu dem Heiden Cornelius, der ihn auf göttlichen An-
trieb zu sich fordern läßt, eingehen soll; er predigt ihm und
seinem ganzen Hause Christum, und da auch diese Heiden
das göttliche Siegel des Glaubens, die Gabe des heiligen
Geistes, empfangen, zweifelt er, und bald auch die anderen
Apostel und Gläubigen nicht mehr, daß auch die Heiden
Theil haben sollen am Reiche Gottes, und fasten Beschlüsse,
wie es in Zukunft mit den aus dem Heidenthum Uebertre-
tenden ztl halten fei. Zu Antiochien aber in Syrien sam-
melte sich die erste Christengemeinde, welche auch bekehrte Hei-
den in ihrem Schooße hatte. Dem Paulus indeß war es
vorbehalten, die Menge der Heiden ins Netz des Evange-
liums zu ziehen. Er gesellte sich zu verschiedenen Zeilen
mehrere Begleiter zu, als: Barnabas, Markus, Lukas, Ti-
molheus, Titus, Silas, Apollo und Andere. In Begleitung
Dieser hat er drei große Missionsreisen gemacht fast in alle
Gegenden der damals bekannten Welt. Die erste (i. I. 45.)
ging über Cypern nach Kleinasien hin, auf welcher die Vor-
fälle in Lystra und Derbe besondere Beachtung verdienen
(Apg. 13, 14.); die zweite (i. I. 53.) erweckt insbesondere
unsere Theilnahme, weil sie dem von uns bewohnten Welt-
theile das Licht des Evangeliums brachte, indem sie den Apo-
stel über Kleinasien nach Europa führte, und zwar zunächst
nach Macedonien; die Bekehrung einer Lydia, eines Kerker-
meisters zu Philippi (Apg. 16.), die Aufnahme, welche der
Apostel in Theffalonich, dann zu Athen und zu Korinth fand
(Apg. 17, 18.), sind das Merkwürdigste von dieser Reise.
Nachdem der Apostel ein und ein halbes Jahr in Korinth ge-
wesen war, ging er über Ephesus nach Jerusalem zum Fest,
trat von hier seine dritte Missionsreise (i. I. 57.) durch
Kleinasien an und verweilte zwei Jahre lang in Ephesus
(Apg. 18, 11 —Is. 20.), wo er Gelegenheit fand, seine
Wirksamkeit auf die ganze umliegende Gegend auszudehnen.
Ein Aufruhr vertrieb ihn jedoch; er ging im Frühling des
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Extrahierte Personennamen: Apostel Apostel Cornelius Apostel Barnabas Markus Lukas Titus Silas Lydia Apostel Apostel
32
rend seines zweimaligen Aufenthalts in dieser Stadt war
es dem Paulus aber doch gelungen, eine ansehnliche Ge-
meinde hier zu sammeln. Die verführerischen Umgebungen
nebst mehreren jüdischgesinnten Jrrlehrern, die in die Ge-
meinde eindrangen, säeten lauter Unkraut unter derselben
aus. Es entstanden Spaltungen und Partheiungen; der
Eine schloß sich an diesen, der Andere an jenen Apostel und
Lehrer an; die Judenchristen verachteten die Heidenchristen,
diese mißbrauchten ihre Freiheit jenen zum Aergerniß; es ka-
men einzelne Bergehen der Unzucht vor, wie sie unter den
Heiden nicht erhört waren, ohne daß man sie strafte; man
processirte vor den Nichterstühlen der Heiden; man nahm
Antheil an ihrem Götzendienst; selbst in den kirchlichen Ver-
sammlungen und bei den Liebeömahlen ereigneten sich Un-
ordnungen aller Art, die nicht zu dulden waren; der Un-
glaube zog sogar einzelne Grundlehren des Christenthums,
wie die Lehre von der Auferstehung, in Zweifel. Der Apo-
stel erhielt Nachricht von diesen betrübenden Vorgängen, als
er in Ephesus lange Zeit verweilte; und von hier aus, kurz
ehe er diese Stadt verlassen wollte (1 Kor. 16, 5.), etwa
im Jahre 59 nach Chr. G., schrieb er unsern ersten Brief
an die Korinther, in welchem ec mit väterlichem Ernste
und Strenge alle die erwähnten Ungehörigkeiten rügt, und
dadurch den Acker von Unkraut zu reinigen sucht, daß er zur
Eintracht, Demuth und Selbstverleugnung, zur Keuschheit,
zur weisen Beschränkung der christlichen Freiheit, zu guter
Ordnung, zur Wohlanständigkeit, zur Liebe, als der besten
der geistlichen Gaben, und zur Beständigkeit im rechten christ-
lichen Glauben ermahnt. In Macedonten, wohin der Apo-
stel vor. Ephesus gereiset war, erhielt er durch Titus Nach-
richt von'rem Eindrücke, den sein Schreiben auf die Korin-
ther gemacht hatte. Dieser war im Ganzen ein günstiger
gewesen; die Günther hatten sich reuig gezeigt und die
Rathschläge des Apfels meistens befolgt, aber die bösen
Jrrlehrer, die nur das Ihre suchten, fuhren fort, den Apo-
stel zu verkleinern und sein Amtsansehen zu beeinträchtigen.
Da schrieb er seinen zweiten Brief an die Korinther.
Hier tröstet er mit mildem freundlichen Herzen die Reuigen,
aber mit heiligem unerschütterlichen Ernste, wiewohl in tief-
ster Demuth, vertheidigt er gegen seine Verleumder und Wi-
dersacher seine Rechtschaffenheit, wie die Würde seines ho-
hen Amtes, weiset zur Besteigung seines guten Rechts auf
seine Leiden und herrlichen Offenbarungen hin, und ermahnt
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Apostel Demuth Titus Günther Demuth
33
zur Mildthätigkeit, zur Beharrlichkeit in der Buße und im
Glauben.
Der Brief an die Galater, welchen der Apostel eben-
falls, wie den ersten an die Korinther, etwa im Jahre 58,
von Ephesus aus schrieb, ist ein würdiges Seitenstück zu
dem Briefe an die Römer. Die Galater wohnten in Klein-
asien und waren die Nachkommen eines Schwarms ausge-
wanderter Gallier, welche etwa drittehalbhundert Jahre vor
Chr. G. sich hier niedergelassen und mit griechischen Ein-
wohnern vermischt hatten; ein einfaches, gmmüthiges, aber
leicht bewegtes Völkchen, welches der Apostel auf seinen mehr-
maligen Reisen durch Kleinasien öfter besucht, und welches
ihn in höchster Liebe aufgenommen hatte. (Gal. 4, 14. 15.)
Aber unbeständig, wie sie waren, hatten sie sich nur zu bald
und zu sehr jenen jüdischen Jrrlehrern hingegeben, die wir
schon in Korinth bemerkten, und die überall, und auch hier
das Ansehen des großen Heidenapostels zu verkleinern und
das jüdische Gesetz den Gläubigen wieder aufzubürden trach-
teten. Der Apostel muß auch in diesem Briefe zuerst wie-
der sein apostolisches Ansehen vertheidigen; dann aber bittet
er mit Allem, was die brünstige Liebe zu erlöseten Seelen
ihm nur eingibt, die Galater, sich nicht wieder unter das
knechtische Joch des Gesetzes fangen zu lassen, weil durch
kein Werk des Gesetzes, durch kein menschliches Verdienst .
und Thun, sondern allein durch den lebendigen, in Liebe
thätigen Glauben an Jesum Christum Gerechtigkeit und Se-
ligkeit erlangt werde.
Der Brief an die Epheser, welchen der Apostel etwa
im Jahre 64 nach Chr. G. in Rom während seiner Gefan-
genschaft schrieb, ist zunächst zwar an die Epheser, die Bewoh-
ner einer großen, reichen Handelsstadt in Kleinasien, bei
denen der Apostel so lange und unter so großen Trübsalen
weilte (Apg. 19. 1 Cor. 15, 32.), gerichtet; er ist aber
eigentlich ein Nmlaussschreiben, welches von mehreren apo-
stolischen Gemeinden gelesen werden sollte. Diese werden
von dem Apostel nachdrücklich an ihren vormaligen trostlosen
Zustand als Heiden, dann an das große Heil, was ihnen
im Evangelio geworden, erinnert, und endlich feierlich er-
mahnt, die Einigkeit im Geiste, zu welcher sie durch ihren
Einen allerheiligsten Glauben berufen seien, zu bewahren,
und als Glieder Eines Leibes an Dem, der das Haupt ist,
immerfort zu wachsen. Allerlei köstliche Ermahnungen an-
K! n d e r f r e u n i>, 3. Auff. 3
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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34
derer Art, sonderlich an Eheleute, Eltern und Kinder, Her-
ren und Knechte, und ein mächtiger Ausruf zum Kampfe
für das Reich Goltes beschließen den Brief.
Der Brief an die Philip per ist anzusehen als die
Ansprache eines zärtlichen Vaters, der unter vieler Trüb-
sal und großen Gefahren seinen guten Kindern aus der wei-
ten Ferne ein Wort der Liebe und Ermahnung zuruft. Phi-
lippi war eine der Hauptstädte von Maeedonien, und wie
der Apostel hier das Evangelium gegründet, steht Apg. 16.
Die Phtlipper hatten den Apostel sehr lieb, hatten ihm vor
allen anderen Gemeinden sprechende Beweise dieser Liebe ge-
geben (Phil. 4, Is.. 16.); und er nennt sie seine Freude und
Krone. (Phil. 4, 1.) Sie hatten den innigsten Antheil an
den Trübsalen genommen, welche er als Gefangener in Rom
erdulden mußte, und einen Freund des Apostels, den Epa-
phroditus, ihm gesandt, daß sie erführen, wie es ihm ginge.
Dem gibt er bei seiner Rückkehr unsern Brief nun mit.
Er erzählt den Philippern darin von seinen Leiden und
Hoffnungen, er ermuntert sie zur Eintracht, zur Liebe und
Demuth nach dem Vorbilde Christi, muß aber auch sie war-
nen vor den Jrrlehrern, und schließt mtt Ermahnungen,
Danksagungen und Grüßen.
Der Brief an die Colosser. Die Stadt Colossä lag
in der Landschaft Pyrygien von Kleinasien, deren Bewoh-
ner sich von jeher durch eine besondere Neigung zur Schwär-
merei auszeichneten. Die dortige Gemeinde war nicht von
dem Apostel, sondern vornämlich durch einen gewissen Epa-
phras gestiftet. (Col. 1, 7.) Auch in diese Gemeinde hatten
verschiedene Jrrlehrer Eingang gefunden, welche theils die
äußeren Gebräuche des jüdischen Gesetzes mit Aengstlichkeit
beobachtet wissen wollten, theils allerlei schwärmerische Leh-
ren aufbrachten, in welchen das Heil von strengen körper-
lichen Uebungen und Entsagungen abhängig gemacht wurde.
(K. 2, 8. 20—23.) Sie sind es hauptsächlich, vor wel-
chen der Apostel in diesem Briefe warnt. Ec verweiset die
Colosser dagegen auf Christum, als den Inbegriff aller Ge-
heimnisse der Weisheit und Erkenntniß, als den Grund aller
Vollkommenheit, neben welchem alle Menschenlehre und Men-
schensatzung nur Wahn und Trug ist. Ec ermahnt, an ihm,
als dem göttlichen Haupte, allein festzuhalten, allem Andern
abzusterben, und das neue Leben in Christo durch treue Be-
obachtung seiner klaren und offenbaren Gebote zu bewähren.
Dieser Brief hat viel Aehnlichkeit mit dem an die Epheser,
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35
und der Apostel hat ihn auch aus seiner Gefangenschaft in
Nom geschrieben.
Die beiden Briefe an die Thessalonicher sind von
allen Briefen des Apostels die frühesten; sie sind beide bald
nach einander von Korinth aus, etwa in den Jahren 54
und 55 n. Chr. G., geschrieben. Thessalonich war eine aru-
fehnliche Handelsstadt in Macedonie». Auf seiner zweiten
Missionsreise berührte der Apostel diesen Ort. Sein Evan-
gelium fand hier die herrlichste Aufnahme; aber die darüber
aufgebrachten Juden erregten einen Auflauf unter dem Pö-
bel und Paulus mußte fliehen. (Apg. 17.) Er hatte nur
kurze Zeit hler weilen können; und wie verlangte ihn nun,
die kaum gebornen Kindleni mit der Milch des Evangeliums
zu nähren und zu starken! Er hatte zwar bereits Kunde er-
halten von ihrer Beständigkeit im Glauben und in der Liebe
unter den Trübsalen, die sie umgaben (1 Thess. 3, 6.); er
ist nun so froh des guten Anfangs und Fortgangs, den das
Evangelium unter ihnen gehabt hat: aber Eines macht ihn
besorgt. Als Menschen, welche den himmlischen Dingen sich
ganz zugewandt hatten, schienen sie doch ihren irdischen Be-
ruf in etwas zu vernachlässigen, und über Dinge grübeln
zu wollen, die Gott sich zu wissen vorbehalten, namentlich
über die Wiederkunft Christi, die sie für ganz nahe hielten.
Der Apostel gibt ihnen den nöthigen Aufschluß über diese
Lehre, besonders aber sucht er als ein weiser Ralhgeber ihre
Gemüther auf die ihnen zunächst obliegenden Pflichten, die
Wachsamkeit und die Treue in ihrem himmlischen und irdi-
schen Berufe, in beiden Briefen hinzuweisen.
Die beiden Briefe an den Timotheus unterscheiden
sich dadurch von den anderen Briefen des Apostels, daß sie
nicht an ganze Gemeinden, sondern an einen einzelnen Mann,
geschrieben sind, Dieser war Timotheus, der fromme Sohn
einer frommen Mutter und Großmutter (2 Tim. 1, 5.), der
zärtlich geliebte und allezeit treu erfundene Gefährte und
Gehilfe des Apostels (Apg. 16, 1—3.), der auch ihn nicht
verließ, da er in Rom gefangen saß (Col. 1, 1. Phil. 1, 1.),
und bei ihm beharret sein soll bis zum Tode. Seiner geist-
lichen Fürsorge hatte er die Gemeinde zu Ephesus anver-
traut, in der der Apostel so lange geweilt; da Timotheus
aber noch sehr jung war, so wollte ec ihm durch sein Schrei-
den theils das nöthige Ansehen und Vollmacht verschaffen,
theils ihm aber aus dem Schatze seiner reichen Erfahrung
auch eine Anleitung geben, wie er sein wichtiges Amt auf
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Apostel Apostels Apostel Christi Apostel Apostels Apostels Phil Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Korinth Thessalonich Rom Ephesus
37
ist, und zur ernsten Vorbereitung auf den zuversichtlich zu er-
wartenden Tag des Herrn ermahnt werden sollen.
Die drei Briefe des Johannes sind ein schönes Ver-
mächtniß, welches der ebenfalls aus der evangelischen Ge-
schichte uns genugsam bekannte (Joh. 1, 36. 37. Luc. 9,
49. 54. Matth. 20, 20. Marc. 3, 3. Matth. 17, 1. 26, 37.
Joh. 18, 15. 19, 27. Apg. 3,4. 8, 14.) Lieblingsjünger
des Herrn außer seinem Evangelium uns noch hinterlassen
hat. Er hat sie in seinem hohen Alter von Ephesus aus,
wo er seinen Wohnsitz aufgeschlagen, geschrieben, und zwar
den ersten an mehrere Christengemeinden in Asien. Hoch und
süß klingt hier die Stimme der Liebe, die Gott selber ist. Er,
der Aelteste der Gemeinde, locket, leitet ab von der Welt, und
hin zum Licht und Leben. Er warnt väterlich die Kindlein,
zu bewahren die Salbung, die sie empfangen haben, und
sich zu hüten vor dem Geiste des Widerchrists, der da läug-
net Jesum Christ, in das Fleisch gekommen, denn wer den
Sohn làugnet, hat auch den Vater nicht. Er warnt, sich zu
hüten vor den Jrrlehrern, und zu bleiben in der Liebe Got-
tes und in der brüderlichen Liebe. Der zweite Brief ist an
eine edle Frau, Namens Kyria, die wahrscheinlich ein Amt
bei der christlichen Gemeinde bekleidete, gerichtet, und der
dritte an einen gewissen Gajus, beide auch voll des war-
men Hauches inniger Liebe und zärtlicher Warnung vor den
Verführern.
Der Brief an die Hebräer, dessen Verfasser nicht
ausdrücklich genannt ist, ist wahrscheinlich ein Werk des
Apostels Paulus; man bat ihn aber auch Barnabas, Lukas,
Apollos und anderen apostolischen Männern zugeschrieben.
Wenn die Hebräer als die Empfänger des Briefes in der
Ueberschrift genannt werden, so sind darunter Christen aus
dem Judenthum zu verstehen, gleichviel ob sie in Palästina
oder den Heidenländern wohnten. Wir haben schon öfter
zu bemerken Gelegenheit gehabt, daß diese sehr geneigt wa-
ren, das doch nun aufgehobene Judenthum mit seinen äußer-
lich glänzenden Anstalten und Gebräuchen noch festzuhalten
und zu überschätzen. Der Zweck des Briefes ist, zu zeigen,
wie Christus, der wahre Mittler zwischen Gott und den Men-
schen, höher sei, als alle himmlische Wesen und- göttliche
Gesandte, mehr, als Mose und alle Priester und Propheten
des alteir Testaments, wie er sei der göttliche Hohepriester
des neuen Bundes, und aller Gottesdienst des alten Bun-
des nur Vorbild feiner vollkommenen und ewigen Versöh-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Luc Matth Marc Matth Jesum_Christ Namens_Kyria Gajus Apostels Paulus Barnabas Lukas Apollos Christus
39
wunderbaren Gesichten diese Offenbarung des endlichen Sie-
ges der Wahrheit über alle Lüge, des Lichts über die Finster-
niß, des Triumphes Jesu Christi über Juden - und Heiden-
thum, über Well und Satan geworden; und würdig schließt
dieses prophetische Buch die Sammlung der biblischen Bü-
cher mit einer erhebenden Aussicht in die ewige Stadt Got-
tes, welche den Gläubigen bereitet ist, und mit dem sehn-
suchtsvollen Rufe: «Ja, Herr Jesu, komm!»
Ii.
Kurze Uebersicht
über die Geschichte der christlichen Kirche.
§. 1. Die apostolische Zeit.
Seitdem die Sünde in die Welt gekommen war, hatte
es Gott darauf angelegt, den armen Menschen auch wieder
von der Sünde zu helfen, damit sie hier glücklich und dort
selig würden. Zu diesem Zwecke hat er in den frühesten
Zeilen eine Kirche gegründet, d. h. eine solche Anstalt, in
welcher die Menschen unter seiner unmittelbaren Leitung für
ein göttliches und seliges Leben erzogen werden sollten. Die
erste Kirche war die jüdische. Diese war nur für Ein Volk
bestimmt; sie sollte nur eine Vorbereitung für eine andere
sein, nach der keine mehr kommen sollte. Diese ist die christ-
liche Kirche. Sie ist von Dem gestiftet, auf welchen jene
Kirche in allen ihren Führungen, Einrichtungen, Verhei-
ßungen und Hoffnungen hat hindeuten müssen, von Jesu
Christo, dem Sohne Gottes, in welchem Gott sichtbar auf
Erden erschien, dem Heilande der Welt, der eine ewige Er-
lösung von Sünde und Tod für die Menschen erfunden hat.
Nachdem er durch sein Leben, Sterben und Auferstehen das
große Werk unserer Versöhnung mit Gott vollbracht hatte,
sandte er den heiligen Geist, welcher seine Jünger in den
Stand setzte, in heiliger Weisheit und göttlicher Kraft das
Evangelium zu verkündigen, und welcher nun anfing durch
dieß Evangelium alle Menschen auf Erden zu berufen, zu
sammeln, zu erleuchten, zu Christo zu führen, und die Be-
kehrten bei ihm zu erhalten im rechten einigen Glauben..
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Extrahierte Personennamen: Jesu_Christi Jesu Jesu
Christo Christo