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1. Realienbuch - S. XI

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
xt angewendet werden. Die Kleidung bestand aus einem wollenen Uuterkleide ohne Ärmel und einem runden oder viereckigen Stück Tuch. Man ging in der Regel barfuß; nur im Kriege banden sich die Männer eine Sohle unter den Fuß. Alle Tage einmal hatten die Männer ein gemeinschaftliches Mahl auf dem Markte. Das Hauptgericht war eine schwarze Suppe, die aus Blut und Schweinefleisch bestand und nur mit Essig und Salz gewürzt war. Davon mußte jeder eine be- stimmte Portion essen. Einst kostete ein auswärtiger König das Mahl. Man fragte ihn, wie es geschmeckt habe. „Nicht gut," antwortete er. „Das glaube ich wohl," sagte der Koch, „denn es hat am Gewürz gefehlt: an Arbeit, Hunger und Durst. Das ist die Würze des Mahls für die Spartaner." 6. Erziehung der Jugend. Die Kinder sah Lykurg als Eigentum des Staates an. Darum hatte nach ihm der Staat das Recht, sie zu erziehen. Vor allem kam es ihm darauf an, sie kräftig und gewandt zu machen und zum Ge- horsam zu gewöhnen. Schwächliche Kinder wurden gleich nach der Geburt in eine Felsschlucht geworfen, wo sie verhungern mußten. Die Gesunden blieben bis zum siebenten Jahr bei der Mutter, dann kamen sie in öffentliche Gebäude und unter strenge Aufsicht. Hier wurden Übungen im Laufen, Springen, Ringen, Speer- und Diskuswerfen vorgenommen und Waffentünze aufgeführt. Die Küaben gingen alle nackt und schliefen an der Erde auf Heu oder Stroh. Täglich mußten sie in einem Flusse baden. Ihre Kost war so kärglich, daß sie kaum satt wurden. Das Stehlen war ihnen als Übung in der Kriegslist erlaubt. Wer sich aber dabei ertappen ließ, wurde mit Geißeln blutig gepeitscht. Dies geschah auch jährlich einmal mit allen Knaben in einem Tempel. Dabei durften sie keinen Laut hören lassen, ja nicht einmal die Miene verziehen. Manche sanken ohne Klagelaut tot nieder. Dem Greise mußte jeder Jüngling die größte Achtung er- weisen. Trat ein Greis ein, so mußte der Jüngling aufstehen; wurde er gefragt, so mußte er eine kurze und bündige Antwort geben. Außerdem hatte jeder Er- wachsene das Recht, einen ungezogenen Buben auf der Straße zu züchtigen. 2. Rniegsckiensl. Mit dem zwanzigsten Jahre trat der Jüngling in das Heer. Im Alter von 30 Jahren wurde er den Vollbürgern zugezählt. Diese lebten allezeit „wie im Kriege und im Lager". Je 15 Mann bildeten eine Zelt- oder Tischgenoffenschaft. Bis zum 60. Jahre war jeder dienstpstichtig. — Vor dem Auszuge zu einem Kriege bekränzten die Spartaner das Haupt, salbten das Haar und legten ein purpurnes Gewand an, damit das Blut darauf nicht zu sehen sein sollte. Die Gefallenen wurden mit Olivenzweigen bekränzt und mit großen Ehren bestattet. Den Feigen bedeckte Schande sein Leben lang. „Mit ihm oder auf ihm!" sagte eine Mutter zu ihrem Sohne, als sie ihm den Schild übergab, mit dem er in den Krieg ziehen wollte. Und als eine andere Mutter hörte, daß ihr Sohn zwar gesiegt habe, im Kampfe aber gefallen sei, sagte sie: „Nun, dazu habe ich ihn ja geboren und erzogen, daß er für sein Vaterland zu sterben wisse." 6. Oie oiympilcben Spiele. Alle vier Jahre feierte ganz Griechenland in Olympia zu Ehren des Gottes Zeus ein großes Fest. Zu dieser Zeit war Friede im ganzen Lande, und aus allen Gegenden strömten die Menschen zu dem Feste herbei. Da wurden dann dem „Vater der Götter und Menschen" Opfer gebracht und Loblieder gesungen.

2. Realienbuch - S. 17

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
17 — 6. Der Kampf gegen die Menden. Um seine Reiter noch besser ein- zuüben, bekämpfte Heinrich die Wenden, die oft die östliche Grenze des Sachsen- landes beunruhigten. Als Heinrich 927 mit seinem Heere über die Elbe ging, zogen sich die Wenden eiligst in ihre Hauptstadt Brennabor (Brandenburg) zurück, wohin ihnen die Sachsen wegen der vielen Sümpfe nicht folgen konnten. Schon triumphierten die Wenden. Plötzlich trat jedoch Frost ein, und Heinrichs Scharen drangen auf dem Eise bis unter die Mauern der Stadt vor. Nach kurzer Belagerung mußten sich die Wenden ergeben. Auch andere slawische Stämme unterwarf Heinrich; er griff sogar Böhmen an und drang bis Prag vor. Da drohte ein Aufstand alles zu vernichten. Die Empörer wurden aber in der blutigen Schlacht bei Lenzen 929 besiegt. Um die Grenze zu sichern, gründete Heinrich die Nordmark und die Burg Meißen. Durch diese Erfolge wurde die Macht des Königs bedeutend erweitert und die Elbe für Deutschland gewonnen. 7. §ieg über die Dngarn. 933. Die neun Jahre des Waffenstillstandes 933 waren zu Ende. Als nun wiederum die Gesandten der Ungarn erschienen, die Abgabe einzufordern, verweigerte sie ihnen Heinrich. Racheschnanbend zogen die Gesandten heim. Bald verkündeten brennende Dörfer den Einfall der Ungar- horden. Heinrich rief alle streitbaren Männer zusammen und stellte sich den Ungarn bei Riade, in der Nähe von Merseburg, entgegen. Den Kriegern voran schwebte die Fahne mit dem Bilde des Erzengels Michael. Als die Un- garn aber die dichtgefchlosfenen Reihen der deutschen Reiter erblickten, jagten sie eiligst davon, so daß nur wenige von ihnen getötet oder gefangen genommen 936 werden konnten. — Heinrich starb 936 und wurde zu Quedlinburg begraben. Vor ihm drohte das Reich in einzelne Herzogtümer anseinanderzufallen. Heinrich hat durch die königliche Macht die deutschen Stämme zusammengehalten. Sein Nachfolger konnte dieses Band festigen. r. Otto der Große. 936—973. 1. Krönung. Nach dem Tode Heinrichs versammelten sich die deutschen Fürsten und wählten seinen Sohn Otto zum Könige. Bald darauf begab er sich nach Aachen, um sich in der alten Kaiserburg Karls d. Gr. krönen zu lassen. Hier setzte er sich auf den marmornen Thron Karls d. Gr. und empfing von den Fürsten den Huldigungseid. Alsdann begab er sich in den Dom; dort über- reichte ihm der Erzbischof von Mainz das Königsschwert, den Mantel mit goldenen Spangen und das Zepter (den Stab), salbte ihn mit Öl und setzte ihm die Krone aufs Haupt. Bei dem Festmahle bedienten ihn die Herzöge. Eberhard von Franken war Truchseß und stellte die Speisen auf den Tisch; der Herzog von Schwaben diente als Mundschenk; der Herzog von Bayern war Marschall und hatte als solcher für die Unterkunft der Ritter und ihrer Pferde zu sorgen; der Herzog von Lothringen ordnete als Kämmerer (Schatzmeister, Vermögens- verwalter) die ganze Feier. 2. Otto bebt die königlid>e Macbt. Otto war bestrebt, die königliche Macht fest in seine Hand zu bekommen und die Selbständigkeit der Herzöge zu beschränken. Das reizte aber die Großen zu offener Empörung. Der unzufriedene Herzog Eberhard von Franken verband sich mit Ottos jüngerem Bruder Heinrich und dem Herzoge Giselbert von Lothringen znm Kampfe gegen den König.

3. Realienbuch - S. 30

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30 und mit ihrem hölzernen Hakenpfluge nur leichten Boden bearbeiten konnten. Die Grundherren wollten aber Nutzen aus ihrem Lande ziehen und zinsende Bauern haben. Albrecht der Bär, Heinrich der Löwe, pommersche, holsteinische, ja sogar schlesische und polnische Fürsten, Mönchs- und Ritterorden riefen den deutschen Bauer über die Grenze. Viele Bauern, die sich daheim nicht wohl fühlten und ihr Los verbessern wollten, folgten gern dem Rufe ins menschenarme Slawen- land, wo in weiten Gebieten prächtiger Boden des deutschen Pfluges wartete. Sollte eine Gemeinde gegründet werden, so übertrug der Grundherr ein Gebiet, das für ein Dorf ausreichte, einem Unternehmer. Dieser führte Ansiedler herbei und verteilte das Land. In der Nähe eines Baches oder an einer sonst geeigneten Stelle steckte er die Straße ab und zerlegte das Land zu beiden Seiten in große Stücke. Jeder Bauer, der ein solches Stück erhielt, baute sein Haus an die Straße, so daß er seinen ganzen Acker hinter seinem Gehöft hatte. So entstanden die langgestreckten Dörfer. Mitunter setzten sich auch Kolonisten in verlassenen slawischen Iiunddörfern fest. Der Unternehmer bekam für seine Mühe ein großes Stück, meist 7« der Dorfflur, wurde Bauernmeister oder Schult- heiß und hatte das Recht, eine Mühle, Schenke oder Fleischbank anzulegen. Der Bauer blieb zinsfrei, bis sein Gut ertragfähig war, d. h. bis Wald, Heide und Sumpf urbar gemacht waren. 3. Zuäckle. In den Slawenländern entstanden im 13. Jahrhundert auch Städte mit rein deutscher Bevölkerung. In Holstein wurde auf den Trümmern einer slawischen Stadt Lübeck gebaut, die erste Stadt an der Ostsee. Durch den Handel, den sie im Bunde mit dem deutschen Ritterorden trieb, erblühte sie zur mächtigsten Stadt im Norden. Bald folgten dort Rostock, Greifswald, Stettin, Kolberg, Danzig. In Schlesien entstanden Breslau, Liegnitz, Glog au, in Böhmen Pilsen u. a. In Polen sind überhaupt erst durch die Deutschen Städte gegründet. Die deutsche Besiedelung des Ostens erreichte ihren Höhepunkt in der „kaiserlosen, schrecklichen Zeit". 4. Erfolg. Brandenburg, Mecklenburg, Schlesien, die Lausitz, Pommern, Preußen und die ganze Ostseeküste wurden dem Deutschtum zurückgewonnen. Selbst in Böhmen, Mähren, Ungarn und Steiermark wohnten Tausende von Deutschen. — So haben alle Stände an diesem größten Werke des deutschen Volkes im Mittelalter gearbeitet, von dem später die Schöpfung des preußischen Staates und damit des neuen Deutschen Reiches ausgehen konnte. Vii. Zeit der beginnenden Auflösung des Reiches. i. Rudolf von Habsburg. 1273—1291. 1. fauttrecfrt. Von 1254—1273 hatte das deutsche Reich keinen Kaiser. Da gab's weder Gesetz noch Recht im Landes der Starke siel über den Schwachen her und nahm ihm Hab und Gut, ja wohl gar das Leben. Es war niemand da, den Übeltäter zu strafen und den Schwachen zu beschützen; ein jeder war auf sich selbst angewiesen. Das war die schlimme Zeit des Faustrechts. Besonders übel hausten damals die Raubritter. 2. nuäotts Maki. Um den traurigen Zuständen des Reiches ein Ende zu machen, beschlossen die Kurfürsten mit Ausnahme Ottokars von Böhmen, den Grafen Rudolf von Habsburg (im Aargau in der Schweiz) zum König zu wählen. An Land und Leuten war er nicht so reich wie die deutschen Herzöge,

4. Realienbuch - S. 35

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
35 an die Stelle solcher Lieferungen Abgaben in Geld, die Zins oder Stellern genannt wurden. Maliche hörige Bauern mußten am Hofe die Öfen heizen, Brot backen, Bier brauen, Holz fpalteu, Nachtwachen leisten und Botengänge verrichten. Zuweilen auch mußte der Bauer mit feinem Gespann für den Herrn arbeiten und ihm Holz, Mehl und Steine herbeifahren, seinen Acker bestellen oder die Ernte besorgen. Gar keine Freiheit hatten die Hörigen oder Leib- eigenen (Knechte und Mägde), die kein Land bekamen, sondern in Küche, Stall und auf dem Felde, auch wohl als Handwerker beschäftigt wurden. Der Herr konnte sie verkaufen. Ohne seine Erlaubnis durften sie sich nicht verheiraten. Ihre Kinder waren wieder leibeigen. 2. Blütezeit. Dem Bauer ging es im 12. und 13. Jahrhundert recht gut. Die Ritter lebten ihren ritterlichen Neigungen. Infolge besserer Bewirt- schaftung des Bodens wurde der Ertrag gesteigert, aber der Zins war nicht ge- stiegen. Weinberge wurden gepflegt, und neue Gemüsesorten kamen ins Land. Auf den Viehmärkten konnte der Bauer seine Ware teuer verkaufen. Der Bauer wurde wohlhabend. Auf seinen Festen ging es lustig zu. Er kleidete sich gut, trug sogar Waffen. Wenn ein Unfreier an eineln Kreuzzug teilnahm, erlangte er die Freiheit, desgleichen, wenn er sich in der Stadt niederließ. Viele junge Leute wanderten auch über die Elbe in die Slawenländer aus und gründeten dort eine neue Heimat als freie Bauern. Die Grnndherren mußten deshalb ihre Leute gut behandeln, wenn sie Arbeitskräfte genug behalten wollten. 3. Vauernelenck. Das änderte sich aber im 14. und 15. Jahrhundert. Die Auswanderungen in östliche Gebiete hörten ans. Auch die Städte hatten Pfahlbürger genug. Die Bauerngüter wurden bei Vererbung in immer kleinere Stücke geteilt. Wer keinen Grund und Boden erhielt, wurde völlig leibeigen. Die adeligen Herren gerieten selbst in Not und verlangten mehr Abgaben und Fronden. Der Bauer mußte Schulden machen und geriet in die Hände von Wucherern, die ihn um Hab und Gut brachten. Die Ausbeutung verstanden auch viele Ritter. Sie erhöhten die Abgaben, bis die Bauern eine so große Schuldenlast hatten, daß sie froh waren, wenn ihnen der Gutsherr den Hof abkaufte und sie als Leibeigene in seinen Dienst nahm. Damals war der Bauer ein recht armer Mann. Kaum hatte er Zeit, sein kleines Feld git bestellen; denn er mußte zwei bis vier Tage in der Woche mit seinem Gespann für den Herrn arbeiten. Veranstaltete der Gutsherr eine Jagd, so war der Bauer verpflichtet, Treiberdienste zu tun, stellen- weise auch noch, das erlegte Wild meilenweit wegzufahren. Dazu kam, daß ihm seine Ernte oft von dem zahllosen Wilde fast ganz vernichtet wurde. Wehe ihm, wenn er sich's einfallen ließ, ein Stück Wild zu fangen! Die schlimmsten Feinde des Bauern waren die fremden Ritter. Wenn diese mit einem Herrn in Fehde lagen, so überfielen sie meist dessen Bauern, trieben ihnen das Vieh von der Weide und steckten ihnen Haus und Hof in Brand. So kamen die Bauern nicht aus ihrem Elend heraus. 4. Vauernkriege. S. 45. 2. Städte im Mittelalter. 1. entitehung. Im 10. Jahrhundert gab es in Deutschland noch fast gar keine Städte. Die von den Römern am Rhein und an der Donau errichteten Befestigungen waren zur Zeit der Völkerwanderung vernichtet, dann notdürftig wieder ausgebaut und

5. Realienbuch - S. 36

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
36 in den Normannen- und Ungarnkämpfen zum Teil wieder zerstört und verfallen. Wir finden überall bäuerliche Verhältnisse. Das Bedürfnis, sich gegen Feinde zu schützen, trieb zur Anlage von befestigten Plätzen. Um die Königspfalzen, Bischofssitze, bei einem Kloster siedelten sich Hörige im Dienste ihrer Herren an. Dazu kamen auch Freie: Bauern und Handwerker. Die ganze Ansiedlung wurde mit Mauer und Graben umgeben. Man nannte sie Burg und ihre Bewohner Bürger. Solche befestigten Plätze waren aber noch keine Städte mit eigener Obrigkeit und eigenem Recht. Die städtische Entwicklung hat erst der Handel bewirkt. Die Märkte wurden in die Burgen verlegt, und der König verlieh solchen Orten das Marktrecht, d. h. seinen besonderen königlichen Schutz. Ein Burggraf oder Schultheiß stand im Namen des Königs dem Marktgericht vor und richtete mit den Schöffen in allen Marktsachen. Aus diesem Gericht entstand der Rat der Stadt. Er erweiterte nach und nach seine Rechte und konnte schließlich auch über Leben und Tod der Bürger richten. Außer dem Gerichtswesen bekamen die Städte dann auch das Heer- und Steuerwesen in ihre Hand. Die reich gewordenen Städte strebten darnach, sich von ihrem Grafen oder Bischof frei zu machen und nur den Kaiser über sich zu haben. Gelang ihnen das, so waren sie freie Reichsstädte, die anderen hießen Landstädte. Die Blütezeit der Städte beginnt im 13. und 14. Jahrhundert. 2. Ausleben. Die Städte waren zum Schutze gegen die Feinde mit einer hohen, oft doppelten Mauer umgeben, auf der sich runde, eckige oder spitze Wehr- türme befanden. An einzelnen Stellen führten durch die Mauern in die Stadt enge Tore, die nachts durch mächtige Torflügel geschloffen wurden. Der Raum innerhalb der Mauern wurde sorgfältig ausgenutzt. Darum waren die Straßen eng, die Häuser hoch. Obere Stockwerke baute man oft mehrere Fuß breit über das untere heraus, so daß man über sich den blauen Himmel kaum sehen konnte. Meistens standen die Giebel nach der Straße hin. Die krummen Straßen waren ungepflastert. Da fast alle Bürger Ackerbau trieben und Vieh hielten, lag der Düngerhaufen neben dem Hause. Des Morgens tutete der Hirt die Kühe zu- sammen und trieb sie auf die gemeinschaftliche Weide. Schweine liefen frei auf den Straßen umher. Bei schlechtem Wetter konnte man sich kaum durch den Schlamm und die Pfützen hindurcharbeiten. Die Unreinlichkeit verdarb die Luft und das Wasser. Ansteckende Krankheiten, ja Pest und Aussatz forderten viele Opfer. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts wütete der „schwarze Tod", eine furchtbare Pest, in Westeuropa. Große Städte verloren oft mehr als die Hälfte ihrer Einwohner. Die Häuser waren meist aus Holz gebaut und mit Schindeln oder Stroh gedeckt. Brach in einem Hause Feuer aus, so verbreitete es sich oft schnell über ganze Straßen und Stadtteile und legte sie in Schutt und Asche. Reiche Leute bauten sich große und schöne Häuser, die Kinder und Enkel noch verschönerten. Am Marktplatze, der mit einem Brunnen geziert war, lag das stattliche Rathaus, daneben das Kaufhaus, wo die Kaufleute ihre Waren feilboten. Besonders schön waren die Kirchen mit ihren weithin sichtbaren Türmen, an denen frommer Eifer viele Jahrzehnte unter großen Opfern baute. Der Cölner Dom, der Straßburger und Ulmer Münster sind Zeugen von der Größe und Kraft des städtischen Bürgertums. 3. Verwobner. Wer in der Stadt wohnte, war frei. „Stadtluft macht frei", sagte man. Wenn ein Höriger Jahr und Tag in der Stadt gelebt hatte, so konnte sein Herr keinen Anspruch mehr auf ihn erheben. Die vornehmsten und reichsten Biirger bildeten die Geschlechter oder Patrizier. In ihren Händen lag die Verwaltung der Stadt. Nach langen, blutigen Kämpfen erreichten die Handwerker, daß auch sie Sitz und Stimme im Rat erhielten.

6. Realienbuch - S. 80

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
80 8. Hach Paris. Mit großer Hast eilten nun die Franzosen dem Rhein zu. Blücher aber setzte ihnen nach. In der Neujahrsnacht überschritt er bei Caub den Rhein. Unter fortwährenden Kämpfen rückten die Verbündeten langsam vor, gerade ans Paris los. Am 30. März wurde es erobert, und schon am nächsten Tage (31. März) zogen die Verbündeten in die Stadt ein. Napoleon > aber wurde abgesetzt und nach der Insel Elba verwiesen. 9. Napoleons iuückkekr. In Frankreich war Ludwig Xviii. König geworden. Die Franzosen waren jedoch sehr unzufrieden mit ihm. Als Napoleon das erfuhr, hatte er keine Ruhe mehr auf Elba und kehrte mit seiner Garde nach Frankreich zurück. Überall wurde er jubelnd aufgenommen, und in kurzer Zeit stand ihm ein Heer von 200000 Mann zur Seite. Eiligst rüstete nun Preußen, und Blücher erhielt den Oberbefehl. Auch England schickte ein Heer unter Wellington. 1816 10. Ligny. (16. Juni 1815.) Auf belgischem Boden, bei Ligny, stieß Blücher mit dem Feinde zusammen. Wellington war noch nicht heran, und Blücher mußte den Kampf allein aufnehmen. Überall feuerte er die Truppen an. „Vor- wärts, Kinder!" rief er, „wir müssen was getan haben, ehe die Engländer kommen!" Aber die Engländer, auf deren Hilfe Blücher rechnete, kamen nicht; sie hatten selbst gegen ein französisches Korps zu kämpfen. So mußte Blücher endlich trotz aller Tapferkeit das Dorf aufgeben und sich zurückziehen. Während des hin und her wogenden Kampfes kam Blücher selbst in Lebensgefahr. Sein Pferd erhielt einen Schuß und stürzte mit ihm nieder. „Nostiz, nun bin ich verloren!" rief er seinem Adjutanten zu. Dieser sprang sofort vom Pferde, riß den Degen aus der Scheide und hielt treue Wacht neben seinem Herrn. Die Franzosen jagten vorüber und wieder zurück, aber sie bemerkten Blücher nicht. Endlich nahten Preußen und zogen ihn unter dem Pferde hervor. Schnell bestieg er ein frisches Pferd und jagte davon. 18- 11. Vette-^Uiance. (18. Juni.) Jetzt wandte sich Napoleon gegen die $uni Engländer. Wellington hatte bei Waterloo, Napoleon hinter dem Meierhofe Belle-Alliance Stellung genommen. Sogleich schickte Wellington zu Blücher und ließ ihn bitten, ihm zwei Heereshaufen zu schicken. Dieser ließ ihm sagen: „Nicht nur mit zwei Abteilungen, sondern mit meiner ganzen Armee will ich kommen." Gegen Mittag begann die Schlacht. Mit äußerster Gewalt versuchte Napoleon, die Reihen der Engländer zu durchbrechen, aber diese leisteten trotz der Übermacht tapferen Widerstand. Schon war es 4 Uhr. Das Heer war erschöpft. Ungeduldig nach der Uhr sehend, rief Wellington aus: „Ich wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen!" Blücher hatte den Tag vorher infolge des Sturzes vom Pferde im Bette bleiben müssen. Als er dann Wellington zu Hilfe eilen und auf das Pferd steigen wollte, fühlte er heftige Schmerzen. Sein Arzt wollte ihn einreiben; er aber sagte: „Ach was, noch erst schmieren! Ob ich heute balsamiert oder un- balsamiert in die andere Welt gehe, das wird wohl auf eins herauskommen." Dann ging's vorwärts. Der Regen floß in Strömen herab. „Das sind unsere Verbündeten von der Katzbach," rief Blücher, „da sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Die Wagen und Kanonen konnten in dem weichen Boden aber nur langsam fortkommen. Von Wellington kamen Boten über Boten, und überall feuerte Blücher die Truppen an. „Es geht nicht mehr!" riefen ihm die er-

7. Realienbuch - S. 52

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
52 dem Galgen gießen, mit Hilfe des Teufels vergrabene Schätze finden, Tag und Stunde seines Todes bestimmen und vieles andere. Durch das Bündnis mit dem Teufel sollten Hexen bösen Zauber verüben, Menschen und Tiere krank machen oder Ungewitter, Hagel und Unfruchtbarkeit des Feldes herbeiführen können. Die Hexenprozesse, die schon im 15. Jahrhundert aufgekommen waren, wurden jetzt mit neuem Eifer betrieben. Mit un- glaublicher Grausamkeit wurden Kinder und Greise, Gelehrte und Ratsherren, besonders aber Frauen gefoltert und dann verbrannt. Über 100000 Menschen sind diesem Schicksal verfallen. Erst im Zeitalter Friedrichs des Großen endete dieser wahnsinnige Greuel. d) Verwelschung Deutschlands. Durch den langen Krieg wurde der gerade, biedere Sinn des deutschen Volkes gebrochen. Sein stolzes Selbstbewußtsein war ge- schwunden. Mit Bewunderung staunte man alles Fremde an, und bald galt es für fein, alles Fremde nachzuäffen. So fing man damals an, sich nach französischer Mode zu kleiden. Die Männer bedeckten ihr Haupt mit einer langen Lockenperücke, und die Frauen erschienen im weiten Reisrocke mit engen Schnürleibern. — Die deutsche Sprache wurde mit französischen und lateinischen Brocken gemischt. Lange Zeit galt es in Deutsch- land für gebildet, möglichst viele Fremdwörter zu gebrauchen. e) Verfall des Deutschen Reiches. Durch den Westfälischen Frieden wurde die Einheit des deutschen Volkes fast vernichtet. Die kaiserliche Macht sank zum Schatten herab, während die Macht der Einzelstaaten bedeutend verstärkt wurde. Ohne Zustimmung des Reichstages (mit 240 Stimmen) konnte der Kaiser weder über Krieg und Frieden be- schließen noch Gesetze erlassen oder ein Heer ausrüsten. Die etwa 360 weltlichen und geistlichen Fürsten und unmittelbaren Reichsstädte dagegen, aus denen sich Deutschland zusammensetzte, waren jetzt selbständige Herren geworden; sie konnten Krieg führen und Frieden und Bündnisse schließen, ganz wie es ihnen beliebte, nur nicht gegen Kaiser und Reich. Somit war Deutschland in viele kleine Länder zerfallen, die nur noch lose durch den Kaiser zusammengehalten wurden. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit schwand immer mehr, und im Auslande sah man nur mit Hohn auf das ohnmächtige, zerrissene deutsche Reich. Diese Ohnmacht Deutschlands machte sich besonders Frankreich zunutze, indem es seine Grenzen auf Kosten Deutschlands zu erweitern suchte. Die deutschen Kaiser, vor allem darauf bedacht, ihre österreichischen Besitzungen zu vergrößern, schützten das Reich nur, wenn sie sich selbst Vorteil davon versprachen. In dieser Nacht leuchtete nur ein Hoffnungsstern: das Geschlecht der Hohenzollern, das in Brandenburg mächtig emporstrebte. X. Gründung des brandenburgiich^preu^ischen Staates» i. Die (Bark Brandenburg» 1134 1. Hlbrccbt der Bär. 1134 schenkte Kaiser Lothar dem Grafen Albrecht aus dem Hause der Anhaltiner die Nord mark. Sie umfaßte damals haupt- sächlich nur einen Landstrich westlich der Elbe (die heutige Altmark). In Branden- burg herrschte der Wendenfürst Pribislaw. Dieser ließ sich taufen, und da er kinderlos war, setzte er Albrecht zum Erben seines Landes ein. Nach seinem Tode nahm Albrecht Brandenburg in Besitz. Jazzo aber, ein Verwandter Pribis- laws, machte ihm das Land streitig. Durch Verrat drang er in die Hauptstadt ein, wurde jedoch vertrieben und besiegt, und bald war Albrecht Herr des Wenden- landes bis zur Oder hin. Er verlegte seinen Sitz von Salzwedel nach Branden- burg und nannte sich „Markgraf von Brandenburg". Die Götzen der Heiden ließ er vernichten, ihre Tempel aber in christliche Kirchen umwandeln. Um das Land urbar zu machen, zog er aus Holland und vom Rhein Ansiedler herbei. Durch diese wurden Dörfer angelegt, Sümpfe ausgetrocknet und deutsche mitten und christlicher Sinn im Lande ausgebreitet. 2. Raubritter irs der sßarfo. Nach Albrechts Tode kam Brandenburg 1356 im Laufe der Zeit noch an viele Herren. 1356 wurde es durch die „Goldene

8. Realienbuch - S. 82

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82 maligen geistlichen Gebiete von Cöln und Trier, sowie andere kleinere Gebiete zugesprochen, so daß hier eine neue Provinz, die Rheinprovinz, gebildet werden konnte. — Das deutsche Kaisertum konnte nicht wieder hergestellt werden. Die beiden Großmächte Österreich und Preußen und noch 37 Staaten vereinigten sich zum Deutschen Bunde. Die gemeinsamen Angelegenheiten desselben verwaltete der Bundestag zu Frankfurt am Main, der aus Vertretern der Regierungen bestand. Österreich führte den Vorsitz. Über die erhoffte Volksvertretung wurde bestimmt: „In allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden." Die Vaterlandsfreunde mußten also weiter warten und hoffen auf ein einheitliches deutsches Reich und auf Mitwirkung des Volkes bei der Gesetzgebung. g) Die Fric-enszeit von M5—18^0. Friedrich Wilhelm Iii. suchte die Kriegswunden in seinem Lande zu heilen, und bald nahm die Landwirtschaft einen kräftigen Aufschwung. Die Ablösung der Erb- untertänigkeit machte Fortschritte. Als Entschädigung mußten die Bauern den Lehns- herren den 25fachen Betrag der jährlichen Dienstleistung zahlen. Die Regierung erleichterte ihnen die Zahlung, indem sie das Geld lieh und allmähliche Rückzahlung gestattete. Wiese und Wald, die bis dahin gemeinsam benutzt wurden, verteilte man an die Ge- meindeglieder, und statt der zerstreut liegenden Ackerstreifen erhielt jeder größere Stücke (Koppeln). Die Dreifelderwirtschaft hörte auf, weil der Klee- und Kartoffelbau eine Brache unnötig machte. Neben der Weidefütterung führte man die Stallfütterung ein. Die Naturwissenschaft lehrte die verschiedenen Bodenarten richtig behandeln und düngen, um die Erträge zu erhöhen. Das wirtschaftliche Leben wurde durch die Einführung von Dampfmaschinen völlig umgestaltet. Zahlreiche Fabriken, die den Dampf als trei- bende Kraft benutzten, beschäftigten Tausende von Arbeitern. So bildete sich neben dem Adels-, Bürger- und Bauernstand ein vierter, der Arbeiterstand aus. 1825 entstand eine regelmäßige Dampfschiffahrt auf dem Rhein. Die erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth wurde 1835 dem Betriebe übergeben. Von großer Wichtigkeit war die 1634 Gründung des Deutschen Zollvereins (1834). Bis dahin war nämlich die Einfuhr der Waren aus einem Bundesstaat in den anderen nur gegen Zoll gestattet. Das war ungemein lästig und hemmte den Handel sehr. Durch den Zollverein hörte der Zoll auf, und nun blühte der Handel bald kräftig empor. Der Zollverein war das erste Band, das Preußen um die deutschen Länder schlang, und bereitete die künftige Einigung vor. Um das Land besser verwalten zu können, teilte man es in Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise. An die Spitze der Provinz wurde ein Oberpräsident, an die Spitze eines Regierungsbezirks eine Regierung, deren Vorsitzender der Regierungspräsident ist, und an die Spitze eines Kreises der Landrat gesetzt. Sehr viel Gewicht legte Friedrich Wilhelm Iii. auf die Bildung des Volkes. Deshalb gründete er viele neue Schulen. Auch führte er die allgemeine Schulpflicht ein. — Wie er selber ein frommes Herz hatte, so suchte er auch in seinem Volke kirchlichen Sinn und wahre Gottesfurcht zu verbreiten. „Ich möchte/' sagte er einmal, „um vieles nicht über ein Volk herrschen, das keine Religion hätte." 1817 1817 vereinigten sich auf seinen Wunsch die Lutherischen und Reformierten zur evan- gelischen Union. Xiii. Gründung des neuen Deutschen Reiches, i. fmdricb Mlbelm Iv. 1840—1861. 1. Verfassungsfrage. In fast allen Ländern regierten damals die Fürsten nach ihrem eigenen Willen. Sie gaben Gesetze und legten Steuern auf, ohne die Meinung des Volkes zu hören. (Unbeschränkte Monarchie.) Auch in Preußen war das der Fall. Nachdem aber das Volk in den Freiheitskriegen fein Blut

9. Realienbuch - S. 60

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
60 Sturz gewannen unwürdige Schmeichler das Vertrauen des Königs und suchten sich in ihren Ämtern zu bereichern. Leider wurde auch das französische Wesen bei Hofe eingeführt. Man kleidete sich französisch, sprach französisch und ahmte überhaupt alle französischen Sitten und Gebräuche nach. 2. Friedrich 3hubelm I. 1713—1740* 1. Sparsam heit. Friedrich Wilhelm haßte Pracht und Aufwand und alles französische Wesen. Von den 100 Hofbeamten seines Vaters behielt er nur 12. Über 100 Luxuspferde, viele Prachtwagen sowie die Perlen und Edelsteine ver- kaufte er und bezahlte davon die vorhandenen Schulden. Er trug die Uniform eines Obersten und vertauschte die Wolkenperücke mit dem steifen Zopfe. Durch ihn ist es bei den Fürsten Sitte geworden, Uniform zu tragen. Von Kunst und Wissenschaft hielt der König nicht viel, weil er ihren Nutzen nicht einsah. 2. Strenge. Der König war von früh bis spät unausgesetzt tätig. Eine solche Tätigkeit verlangte er auch von allen seinen Beamten. Wehe, wenn jemand seine Schuldigkeit nicht tat! Den Torschreiber in Potsdam, der die Bauern des Morgens vor dem Tore warten ließ, prügelte er mit den Worten: „Guten Morgen, Herr Torschreiber!" höchst eigenhändig aus dem Bette heraus. Seine Minister und Räte mußten im Sommer um 7, im Winter um 8 Uhr bei ihm erscheinen. „Wir bezahlen sie, daß sie arbeiten sollen," sagte der König. Un- redliche Beamte ließ er hängen, gleichviel ob vornehm oder gering. So schuf der König ein Beamtentum, das sich durch Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Spar- samkeit auszeichnete. Tagediebe und Müßiggänger waren ihm besonders zuwider. Sah er irgendwo einen Arbeiter auf dem Felde oder bei einem Bau müßig stehen, so gebrauchte er ohne weiteres seinen Stock. 3. Fürsorge für ckas k)eer. Das Hanptbestreben des Königs war, eine große, schlagfertige Armee zu haben; denn er erkannte, daß er den Feinden des Königreichs dadurch am meisten Achtung einflößen konnte. Deshalb ver- größerte er das Heer allmählich auf 83000 Mann. Die Soldaten wurden im In- und Auslande geworben; doch setzte der König bereits fest, daß alle Ein- wohner des Landes zum Militärdienste verpflichtet sein sollten. Nur die Aöhne der Adeligen und die ältesten Söhne der Hof- und Fabrikbesitzer waren frei. Alle dienstfähigen Mannschaften wurden in eine Liste eingetragen, und diejenigen, die noch nicht zu den Fahnen einberufen waren, mußten als Abzeichen eine rote Halsbinde tragen. So legte der König bereits den Keim zur allgemeinen Wehr- pflicht, und mit Recht bezeichnete ihn Kaiser Wilhelm I. als den eigentlichen Schöpfer der preußischen Ärmee. Eine besondere Vorliebe zeigte er für die „langen Kerle". Von diesen bildete er sich in Potsdam ein Leibregiment, das aus 2500 solchen Riesen bestand. Im ersten Gliede maß keiner unter 1,87 m, und der eine Flügelmann hatte sogar 2,57 m. Mit List und Gewalt ließ er diese Riesen aus allen Ländern durch seine Werber zusammenholen. Aber er bezahlte sie gut, nannte sie seine „lieben, blauen Kinder" und sorgte väterlich für sie. Dieses Leibregiment diente zugleich als Musterregiment. Alle Neuerungen im Heere wurden hier erst versucht, ehe sie bei den übrigen Regimentern eingeführt wurden. Der Exerziermeister des Königs war der „alte Dessauer"; dieser hat den eisernen Lade- stock eingeführt, zuerst den Gleichschritt geübt und es dahin gebracht, daß sämtliche Übungen gemeinschaftlich ausgeführt wurden, so daß in der ganzen Reihe nur ein Griff

10. Realienbuch - S. 71

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
71 2. Die französische Revolution* 1. Ursache der Revolution. Im Jahre 1789 brach in Frankreich eine schreckliche 1789 Revolntion ans. Dnrch Verschwendung und endlose Kriege hatten nämlich Ludwig Xiv. und Ludwig Xv. das Land mit einer unerträglichen Schuldenlast beladen. Dazu kam noch, daß die vielen Millionen, die der Staat alljährlich nötig hatte, ganz allem von den Bürgern und Bauern aufgebracht werden mußten; denn der Adel und die Geistlichkeit, die gerade den größten Teil des Grund und Bodens inne hatten, waren von jeder Ab- gabe befreit. Aber damit noch nicht genug. Der Bauer hatte auch noch für den Adel die schwersten Frondienste zu leisten; für Brücken und Wege mußte er ihm allerorten Zoll zahlen, das Getreide durfte er nur in seiner Mühle mahlen, das Brot nur in seinem Ofen backen. Die Landleute lebten daher im größten Elend. Tausende nährten sich von Raub und Diebstahl; über eine Million trieb sich bettelnd im Lande umher. Dazu nahmen Roheit und Unsittlichkeit immer mehr zu, und der Glaube an Gott erschien den meisten wie ein albernes Märchen. 2. Ausbruch. Unter Ludwig Xvi. kam die Revolution zum Ausbruch. Er mußte büßen, was seine Vorgänger gesündigt Hatten. Alle Not und alles Elend sollte er ver- schuldet Haben. In Paris war die Aufregung fürchterlich. Bewaffnete Pöbelhaufen durch- zogen Paris. Die Soldaten des Königs weigerten sich, auf die Aufrührer zu schießen, und schlossen mit ihnen Freundschaft. Jetzt brach der Ausruhr offen hervor. Die Sturmglocken wurden geläutet, und jeder griff zu den Waffen. Der König versuchte, in einem Post- wagen zu entfliehen, wurde aber auf einer Haltestelle vom Postmeister erkannt und von der Bürgergarde nach Paris zurückgebracht. Hier setzte man ihn ab und erklärte Frank- reich für eine Republik. Der König Friedrich Wilhelm Ii. von Preußen wollte dem Könige Ludwig Xvi. beistehen und vereinigte sich zu diesem Zwecke mit dem Kaiser. Unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig rückten die Heere der Verbündeten über den Rhein (1792), aber sie vermochten nichts auszurichten und mußten sich wieder an den Rhein zurückziehen. Dnrch diesen Feldzug war das Ansehen des preußischen Heeres bedenklich gesunken. In Frankreich aber wurde der Aufruhr immer größer. Die christliche Religion wurde abgeschafft und ein lasterhaftes Weib als Göttin der Vernunft verehrt. 1793 fiel des Königs Haupt durch Henkershand, und neun Monate später wurde auch seine Ge- mahlin, Marie Antoinette, hingerichtet. 3. Schreckenszeit. Der Ruf: „Freiheit und Gleichheit!" erscholl jetzt überall, auf den Straßen und in den Versammlungen. Aber gerade die Männer, die dieses Wort fortwährend im Munde hatten, waren die scheußlichsten Tyrannen: Marat, Danton, Robespierre u. a. Fast jeden Tag wurden 30—40 Personen — einigemale sogar Kinder — hingerichtet. Zeugen hörte man gar nicht an. Wer nur ein Wort des Miß- fallens über das Schreckensregiment äußerte, war reif für das Fallbeil (Guillotine). So wurde auch ein Dienstmädchen zum Schaffot geführt, weil es gesagt hatte, zur Zeit des Königs sei es doch besser gewesen, ein andermal ein Vater, weil sein Sohn ausgewandert war. Niemand war seines Lebens sicher. Die Scharfrichter waren kaum imstande, die Menge der Verurteilten abzuschlachten. Endlich aber wurden auch die Rädelsführer vom Gericht Gottes ereilt. Marat wurde im Bade erdolcht. Danton und Robespierre endeten unter der Guillotine. 4. Beginn des neuen Zeitalters. Durch die Revolution wurden die Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit abgeschafft, und die Leibeigenschaft der Bauern wurde aufgehoben. Die Bauern hatten ihrem Herrn keine Frondienste mehr zu leisten und der Kirche nicht mehr den Zehnten zu entrichten. In den Städten wurde der Zunft- und Junungszwaug aufgehoben und jedem Bürger volle Gewerbefreiheit gestattet. Die Steuern wurden nach Besitz und Vermögen verteilt und die höchsten Militärstellen jedem Bürger zugänglich gemacht. — Aber das viele,unschuldig vergossene Blut sollte nicht ungerächt bleiben.
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