271
Dörfern und Flecken bedeckt; überall drängten sich Wohnungen, Tempel und die
Denkmäler des Gedeihens, des Überflusses, der Gesittung und Bildung. — Der
Griechen Unternehmungsgeist, ihr Sinn und ihre Kraft höhlten an diesen Küsten
tiefe Häfen aus, trockneten pesthauchende Sümpfe und bedeckten die ver-
ödeten Gewässer mit ihren Schiffen, deren Flaggen alle damals bekannten Meere
beherrschten. Was ist geworden aus all' diesem in der Spanne Zeit von andert-
halb Jahrtausenden? Von den meisten Orten der Vorzeit kennt man ihre Stätte
nicht mehr. Wilde Thiere hausen in den Ruinen der Paläste der Könige; Heerden
weiden auf der Schwelle der eingestürzten Tempel, und auf der unwirthlichen
Höhe, von welcher Zeus seine Blitze schleuderte, horstet der Adler nur noch.
Versumpft sind die Küsten und hauchen Seuchen aus; die Häfen sind verschlämmt
oder vertrocknet; die wenige Städte gleichen Skeletten; die allgemeine Armuth
ist an die Stelle des Reichthums, Mangel und Entbehrung sind an die des Über-
m flusses getreten; das ganze Land, einst der Schauplatz so vieler Pracht, ist ein
Bild der Verödung und des Elendes.
^Visàkrllànastraxsn! —
Zeichnen und Beschreiben! —
16. Ungarn.
Ungarn ist ein großes, weitläufiges Kesselland, rings umher
von Gebirgen, den Karpathen, Alpen u. s. w. umgeben. Die
Flüsse dieses Kessels sind die Donau und die Theiß, die Draü
und die Sau. Alle vier Flüsse führt daher auch Ungarn in seinem
Wappen. — Die beiden Hauptflüsse, die Theiß und die Donau,
Lahnen durch den Kesselrand des Landes an drei Stellen Thore oder
Eingänge, durch welche von jeher Völkerströmungen stattfanden:
im Westen bei Preßburg, im Süden bei Belgrad und im Osten
bei den Quellen der Theiß.
Durch das Haupthor bei Preßburg kam Ungarn mit dem
Westen Europa's in Berührung. Zu diesem Thore hinaus ritten
die Hunnen, um Westeuropa zu verwüsten, — zu diesem Thore hinaus
zogen die wilden Schaaren der Magyaren (Ungarn), um Deutschland
zu quälen. Zu eben diesem Thore hinaus strömten die Türken, um
Wien zu belagern. Herein kamen in dieses Thor die Deutschen,
insbesondere unter Karl dem Großen, — dann unter vielen Heer-
führern und Kaisern, um die Verwüstungen der Ungarn zu strafen und
sie aus räuberischen Nomaden zu seßhaften Bürgern zu machen, —
hier herein pilgerten die Kreuzfahrer zum heiligen Lande, — hier
herein kamen die Österreicher, ihre Erbrechte geltend zu machen, —
und die Franzosen unter ihrem großen Kaiser, um in Ungarn
Österreich zu bezwingen. Durch dieses Thor kam den Ungarn das
Christenthum, der Städtebau, die Kultur, das Deutschthum.
Hier liegen in der Ebene zu beiden Seiten der Karpathen, in den
Raaber Flächen die unzähligen ungarisch-deutschen Schlachtfelder.
Durch das zweite Hauptthor, bei Belgrad, rückten die römischen
Kaiser. Auf eben dieser großen Hauptstraße ergossen sich die ungestümen
Schaaren der Türken und verbreiteten sich von Belgrad aus auf die
ungarischen Viehtriften. Zu diesem Thore hinaus zogen die Un-
garn, die Österreicher, um gegen die Türken zu streiten. Um
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
401
24. Columbus und die Entdeckung von Amerika.
(1492.)
Schon im Alterthume galt das ferne Indien für das Land der Wunder.
Tiefe Weisheit, unübertreffliche Kunstwerke, vor allem aber unermeßliche Reich-
thümer suchte man dort. Doch kannte man bis zum 15. Jahrhundert n. Chr.
keinen andem Weg dahin, um die Schätze jenes Landes zu beziehen, als den
langwierigen und durch Beduinen unsicher» Landweg über Ägypten und
Abessynien. Schon mancher denkende Kopf hatte sich die Frage aufgeworfen,
ob nicht Afrika unten in eine Spitze auslaufe, und ob man nicht durch Um-
schiffung desselben schneller und ungehinderter nach Indien müsse gelangen können?
Im 14. und 15. Jahrhunderte waren die Portugiesen die unternehmendsten
Seefahrer, und König Johann Ii. sandte einen kühnen Mann, Bartholomäus
Diaz, zur Entdeckung dieses Seeweges nach Indien aus. Wirklich erblickte er
die äußerste Spitze von Afrika, und in froher Ahnung gab ihr der König den
Namen „Vorgebirge der guten Hoffnung", überzeugt, daß es jetzt nicht
mehr schwer halten müsse, das ersehnte Indien aufzufinden (1486).
In eben der Zeit kam ein anderer Mann auf einen noch kühneren Gedanken:
„Wie," dachte er, „ist nicht die Erde eine Kugel? Lesen wir nicht in den alten
Retsebeschreibungen, daß Indien sich in unermeßlicher Weite gegen Osten erstreckt?
und muß man daher nicht, wenn man gerade nach Westen segelt, am Ende auf
dasselbe treffen? Ja, haben nicht portugiesische Seefahrer Leichname von ganz
eigenthümlicher Körperbildung, künstlich bearbeitetes Holz und unbekanntes Rohr
von Westen her auf den Wellen treiben sehen? Und wie, das sollte nicht auf
ein Land im Westen deuten? Dieser ungeheure Ocean sollte eine solche Waffer-
wüste, und alles Land nur auf die eine Halbkugel zusammengedrängt sein?" Je
mehr er darüber nachsann, desto mehr wurde er von der Richtigkeit seiner Ver-
muthung überzeugt; und er beschloß, Hand an die Ausführung zu legen.
Christoph Columbus — dies ist der Name des merkwürdigen Mannes —
war in Genua geboren. Schon als Knabe widmete er sich dem Seemannsberufe.
Doch bald überzeugte sich sein höher strebender Sinn, daß er ohne Kenntniß der
Geometrie, Stern- und Erdkunde nur ein gemeiner Schiffer bleiben würde,
und er widmete sich diesen Wiffenschaften voll Eifer. Von seinem 14. Jahre an
war er beständig zur See; in einigen Gefechten legte er Beweise großen Muthes
und unerschrockener Geistesgegenwart ab.
Auf portugiesischen Schiffen machte er mehrere Entdeckungsreisen mit, und galt
bald bei allen Kundigen für einen Seefahrer ^der wenige seines Gleichen hätte.
Seiner Vaterstadt Genua wollte er den Ertheil und die Ehre seines Unter-
nehmens zuwenden, aber theils scheute man die Kosten der Ausrüstung der hierzu
nöthigen Schiffe, theils sah man in den Vorschlägen des Columbus nur über-
spannte Ideen, und nannte ihn einen Plänemacher. In Lissabon gtngs
ihm nicht bester; seinen Bruder sandte er nach England, während er selbst dem
spanischen Hofe sein Unternehmen zu empfehlen suchte. Aber man hielt ihn
für einen Träumer, und einer meinte sogar in seiner Weisheit, wenn man da so
weit herumsegeln wollte, so müßte man ja zuletzt immer tiefer und tiefer hinun-
tergleiten und könnte dann am Ende den Wafferberg nicht wieder hinauf! Endlich
nach 5 Jahre langem Harren gelang es einem Freunde des Columbus, die edle
Jsabella, Königin von Spanien und Gemahlin Ferdinand des Katho-
lischen, dahin zu vermögen, daß sie dem Columbus drei Schiffe übergab. In
einem Vertrage wurde feierlich festgesetzt, daß Columbus zum Großadmiral aller
neuen Meere und zum Unterkönig aller Länder und Inseln, die er entdecken
würde, ernannt sei, daß ihm der zehnte Theil aller Einkünfte gehören, und daß
alle diese Würden und Vortheile auf seine Erben übergehen sollten. Die Schiffe
warm ziemlich mittelmäßig und klein, 120 Personen machten die ganze Beman-
nung aus, und die meisten von ihnen ließen sich nur ungern auf dieses, wie es
schien, tollkühne Unternehmen ein.
Am 3. August des Jahres 1492, kurz vor Sonnenaufgang, stieß die kleine
Flotte vom Lande ab, in Gegenwart unzähliger Zuschauer. Lange folgten die
Ha«Sers' Lesebuch kür Oberkl Kaibol. Ausgabe. 26
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Columbus Johann Bartholomäus
Diaz Christoph_Columbus Ferdinand Columbus August
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Indien Afrika Indien Indien Afrika Indien Indien Genua Genua Lissabon England Wafferberg Spanien Oberkl_Kaibol